Dieses erste Spiel unter dem neuen Teamchef Franco Foda lässt einen irgendwie mit ein paar Fragezeichen zurück. Gute Unterhaltung war der etwas glückliche 2:1-Sieg gegen Uruguay nicht, die erste Hälfte war furchtbar, die zweite überwiegend ganz gut. Aber mehr als ein gegenseitiges Abtasten und Kennenlernen von Team und Trainer war dieser erste Lehrgang und auch das erste Match unter Foda natürlich nicht – und viele Fragen bleiben logischerweise vorerst auch noch unbeantwortet.
Die Zusammensetzung von Fodas erstem Kader ließ eher ein System mit Dreier-Abwehr vermuten. Die Realität war aber ein 4-4-2 mit dem einzigen Rechts- und dem einzigen Linksverteidiger im Aufgebot – Bauer und Ulmer.
Eine Hälfte wie vor zehn Jahren
Ein, klassisches flaches 4-4-2 kam im Nationalteam unter Koller nur sehr punktuell zum Einsatz (Constantini verwendete es in seinem ersten Jahr als Teamchef 2009 zuletzt auf längerer Basis), und selbst Foda hat sein einstiges Stamm-System schon längere Zeit nicht mehr verwendet. So wirkte die erste Hälfte des ÖFB-Teams auch irgendwie wie vor zehn Jahren; altbacken und etwas ratlos.
Baumgartlinger und Grillitsch konnten im zentralen Mittelfeld nichts gestalten, weil zwischen ihnen und dem nächstvorderen Spieler meist drei, vier Uruguayer platziert waren. Es blieb der Weg über die Außenspieler, in der Passmap spricht man von einer „U-Form“: Viel Passverkehr in der Abwehrkette und zwischen den Außenverteidigern und ihren Mittelfeld-Außen, wenig Konstruktives aus dem Zentrum, praktisch keine Bälle für die beiden Stürmer.
Die Mittelfeld-Außen Sabitzer und Kainz viel damit beschäftigt, einzurücken und die Halbfelder gegen den gegnerischen Aufbau zuzumachen. Ein Pressing wie vor allem in der Frühphase der Koller-Ära war überhaupt nicht mehr vorhanden.
Uruguays flexibles Mittelfeld
Die Urus spielten aus einer 4-1-4-1-Grundordnung heraus, dieses wurde aber flexibel interpretiert: Giorgian de Arrascaeta rückte von der linken Seite situativ in den Angriff neben Cavani auf; auch wechselte er mit Jonathan Urretaviscaya zuweilen sie Seiten. Fix blieb nur das Zentrum mit Sechser Vecino und den ihn flankierenden Jungspunden Betancur (20) und Valverde (19). Diese drei riegelten die Passwege durch das Zentrum ab.
Im Aufbau wurde in der Regeln zunächst der kurze, sichere Pass gesucht – meist tat sich Uruguay damit aber schwer, weil die Österreicher schnell beim Passempfänger waren und so einen geordneten Aufbau von Uruguay ganz gut verhinderten. Häufig spielte Uruguay daher lange Diagonalbälle in die Schnittstelle zwischen ÖFB-LV Ulmer und IV Dragovic – oder, wie bei Cavanis Tor zum 1:1-Ausgleich, auf die linke Angriffsseite, wo Bauer zu weit eingerückt war.
Uruguay erarbeitete sich neben dem Tor – das vom ÖFB-Team von A bis Z horrend schlecht verteidigt war – noch zwei, drei weitere sehr gute Chancen. Vor allem Hereingaben in den Rückraum waren ein Mittel, das Österreichs Defensive öfters in Verlegenheit brachte. Dass es zur Halbzeit 1:1 stand, schmeichelte Österreich.
Umstellung zur Pause fruchtet
Foda hatte erkannt, dass das flache 4-4-2 null Torgefahr brachte (die frühe Führung durch Sabitzer war auch nur durch einen seltsamen Ausflug von Uru-Keeper Martín Silva möglich), und wechselte die Raumaufteilung für die zweite Hälfte. Arnautovic, der seine Stärken als abgeschnittene Sturmspitze zuvor überhaupt nicht einbringen konnte, spielte nun auf seiner Stammposition im linken Mittelfeld, dafür übernahm Kainz (und zehn Minuten später Louis Schaub) die Zehn in einem 4-2-3-1.
Nun hatten die drei Uruguayer im Zentrum einen dritten Spieler zu beachtet, wodurch sich mehr Räume und mehr Passoptionen für Baumgartlinger und Grillitsch ergaben. Zudem rückte oftmals Baumgartlinger oder (eher) Grillitsch neben Schaub auf; diese gegenüber der ersten Hälfte deutlich gesteigerte Mobilität stellte Uruguay vor Probleme.
Vor allem Grillitsch zeigte in dieser Phase erneut eine großartige Leistung: Er erkennt Räume und sich ergebende Passwege, verteilt die Bälle ungemein intelligent. Wenn der Hoffenheim-Legionär am Ball ist, kann man sich fast sicher sein, dass die folgende Aktion Hand und Fuß hat.
Tabárez reagiert
Das ÖFB-Team wurde zwar nicht torgefährlich, hatte aber das Zentrum im Griff und damit Uruguay an der kurzen Leine. Uruguays Langzeit-Teamchef Óscar Tabárez sah sich das veränderte Geschehen 20 Minuten lang an und reagierte dann.
Aus dem 4-1-4-1 wurde ein 4-3-1-2, womit Uruguay wieder Überzahl im Zentrum hatte. Mit dem österreichischen Schwung war es damit wiederum vorbei, zumal wenig später auch Grillitsch ausgewechselt wurde und die vielen personellen Änderungen generell den Spielfluss brachen.
Die Gäste waren in der Schlussphase dem Siegtreffer wiederum näher als das ÖFB-Team. Aber es war eine Freistoß-Flanke von Louis Schaub, die sich hinter dem verdutzten Martín Silva, Keeper von Brasiliens Erstliga-Klub Vasco da Gama, ins Tor senkte.
Fazit: Ausbaufähig
Die Vorstellung beim ersten Spiel von Marcel Koller war bemüht, aber unausgewogen. Jene bei der Constantini-Premiere war furchtbar, obwohl es einen Sieg gab. Das erste Spiel der Amtszeit von Franco Foda war auch keine Offenbarung, vor allem die erste Halbzeit war Anlass zur Verwunderung: Was dieses flache 4-4-2 sollte, ist rätselhaft.
Foda zeigte aber die grundsätzliche Bereitschaft zu taktischen Umstellungen, auch ohne das Personal dafür zwingend tauschen zu müssen. Die Änderungen für die zweite Hälfte waren die richtigen Antworten auf ein nicht funktionierendes System. So zog man die Initiative im Spiel auf seine Seite – zumindest für eine halbe Stunde. Dass es einen Sieg gab, ist für das öffentliche Standing von Foda sicher von Vorteil.
Im Trainingslager ging es in erster Linie darum, dass sich Spieler und Trainerteam kennen lernen und ein Gefühl füreinander entwickeln. Das Spiel war wohl kaum mehr als ein erster Testlauf für Foda, wie sich das Team in einem Match coachen lässt, das muss sich alles noch ein wenig finden. Ist völlig normal. Wie alle Seiten beteuern, ist die Chemie durchaus in Ordnung, das ist ein gutes Zeichen. Wenn Alaba, Ilsanker und Hinteregger wieder fit sind, hat er auch mehr Alternativen, womöglich ist auch Prödl noch ein Thema.
Viele Fragen hat diese erste Trainingswoche und das erste Spiel unter Franco Foda aber auch (logischerweise) nicht beantwortet bzw. beantworten können. Etwa, ob es ein bevorzugtes System gibt (wie unter Koller) oder dieses von Spiel zu Spiel angepasst wird (wie bei Sturm unter Foda). Oder, wo der Teamchef gedenkt, David Alaba einzusetzen – neben dem diesmal eher durchschnittlichen Baumgartlinger gab Florian Grillitsch ein nächstes, starkes Statement für sich im Mittelfeld-Zentrum ab.
Auch, ob das Pressing ein Mittel ist/bleibt oder ob man sich unter Foda weiter davon verabschiedet, werden erst andere Spiele gegen andere Gegner und mit womöglich anderem Personal zeigen können. Ob Lindner die Nummer eins im Tor bleibt, ist sicherlich ebenso noch offen.
Am 19. März kommt das ÖFB-Team das nächste Mal für einen Lehrgang zusammen. In den beiden Ende März geplanten Testspielen wird man vermutlich schon ein wenig mehr erkennen können, wohin Foda die Nationalmannschaft steuern will.