In ihrem siebenten Turnier als Bundestrainerin war Silvia Neid erstmals mit einer Brille aufgereuzt. Das auffällige weiße Modell, passend abgestimmt zur weißen Weste des deutschen Olympia-Teams, suggerierte eine Weiterentwicklung gegenüber der inhaltlichen Kurzsichtigkeit, mit der Neid ihr Team in den letzten Jahren stets auf das Feld geführt hatte. Doch dem Turniersieg zu ihrem Abschied vom Posten zum Trotz: Noch nie haben die DFB-Frauen im Vergleich mit ihrer Gegnerschaft so steinzeitlich und im Vorwärtsgang so ideenarm agiert wie nun in Brasilien.
Wie schon beim EM-Titel 2013 hatte es völlig ausgereicht, in den entscheidenden Momenten keinen kompletten Bockmist zu fabrizieren, um am Ende jubeln zu können. Und auf individuelle Genie-Momente von Dzsenifer Marozsan zu bauen.
Nun, nach elf Jahren im Amt, verabschiedet sich Neid auf ihren neuen Posten im DFB. Ihr IV-Duo mit Saskia Bartusiak (33) und Annike Krahn (31) – gute Spielübersicht, aber technisch limitiert und langsam –, mit dem Neid eine unterschütterliche Nibelungentreue verbunden hatte, lässt das Kapitel Nationalteam ebenso hinter sich. Genau wie Melanie Behringer, mitten in ihrem zweiten Frühling. Ein recht radikaler Schnitt steht bevor. Personell zumindest. Und auch was die inhaltliche Ausrichtung angeht, ist bei Deutschland eine völlige Neukonzeption nötig.
Neids Amtszeit kann man gut in zwei Abschnitte trennen: Vor der Heim-WM 2011 und nach jenem Turnier. Davor verfügte Neid über das mit recht dramatischem Abstand beste Team der Welt, spazierte 2007 zum WM-Titel und wurde dabei nur ein einziges Mal gefordert. 2009 bei der EM sehen die Ergebnisse klarer aus als die Spiele waren (vor allem das 6:2 über England im Finale, wo der Gegner bis zur 70. Minute mithielt und erst danach komplett einbrach), aber wirklich gefährdet war dieser Titelgewinn auch nicht.
Erst überlegen sein…
Das DFB-Team profitierte von der überragenden körperlichen Konstitution seiner Spielerinnen, in sich auf die drei dominiernden Klubs jener Zeit aufteilten (Frankfurt, Potsdam und Duisburg). Und davon, dass man einfach so viel besser war als alle anderen, dass man sich gar nicht speziell taktisch auf die Konkurrenz einstellen hätte müssen.
Dann kam die Heim-WM. Hier traten Neids Defizite in taktischer Hinsicht genauso wie in puncto Teamführung erstmals offen zu Tage. Unter der immensen Erwartungshaltung der Öffentlichkeit – weltweit dominierendes Team des letzten Jahrzehnts, Heim-Turnier, großer medialer Push – und nach einem harzigen Spiel zum Auftakt vor 75.000 in Berlin gegen Kanada (2:1) überließ Neid die formschwache Birgit Prinz, beste Stürmerin und Aushängeschild des Teams, mit ihren Selbstzweifeln auf der Schlachtbank der Öffentlichkeit.
Deutschland agierte vorhersehbar, starr, wirkte von der Aufmerksamkeit gelähmt und erhielt von Neid keine erkennbare mentale Rückendeckung. Im Viertelfinale war dann erstmals ein Team da, dass sowohl wirklich gut war und dem DFB-Team auch inhaltlich überlegen – Japan. Neid hingegen blieb nach der frühen Kreuzbandverletung von Sechser Kim Kulig (der letztlich ihre vielversprechende Karriere beendete) in ihrem strikten 4-4-2, obwohl das gewechselte Personal nicht mehr passte. Japan gewann und wurde eine Woche später Weltmeister.
…dann hinterher hecheln
Damit begann der zweite Abschnitt von Neids Amtszeit. Frankreich war vom reinen Talent her an Deutschland vorbeigezogen, Schweden hatte sich konsolidiert; selbst aber war man in der Entwicklung stecken geblieben. Bei der EM 2013 spielte man eine mäßige Vorrunde, quälte sich danach auch mit etwas Glück (v.a. beim Halbfinale gegen Schweden) ins Finale, wo Gegner Norwegen gleich zwei Elfmeter verschoss und Deutschland 1:0 siegte.
Spätestens 2015 bei der WM wurde klar, dass Deutschland – im Gefühl der totalen Überlegenheit der ersten sechs Neid-Jahre – den Zug zum modernen, taktisch ausgeklügelteren Spiel komplett verpasst hatte. Es war immer noch das selbe 4-4-2 (obwohl es der DFB nun, warum auch immer, als 4-2-3-1 zu verkaufen versuchte). Es war immer noch der selbe Flügelfokus (der mit den Jahren sogar noch ärger wurde). Es waren immer noch Zweikämpfer statt Spieleröffner in der Innenverteidigung.
Ein in Identitätskrise und Grüppchen zerfallendes schwedisches Team war im Achtelfinale noch leichte Beute. Aber Frankreich und die USA zeigten in Viertel- und Halbfinale die tiefgraue Altbackenheit des Teams auf, England im kleinen Finale auch.
Experimente und Alternativen werden verweigert
Selbst in Qualifikationen zu EM und WM, die selbst eine deutsche U-19-Auswahl ohne nennenswerte Probleme erfolgreich absolvieren würde, achtete Neid daruf, jeden noch so unterlegenen Gegner möglichst zweistellig abzuschießen, anstatt gefahrlos alternative Matchpläne oder gar echte Experimente zu wagen (wie etwa England das hervorragend macht).
Auch personell gab es in den elf Jahren so gut wie keine Veränderungen, die Neid nicht von Verletzungen (vor allem vor der EM 2013) oder Rücktritten aufgezwungen worden wären. Das 4-3-3, das kurz vor Neids nunmehr letztem Turnier in Rio 2016 installiert wurde, war so gesehen eine ähnlich angenehme Überraschung wie die invers aufgestellten Außenverteidiger (Maier links statt rechts, Kemme rechts statt links). Aber im Grunde verstärkte diese Maßnahme nur die fast schon krampfhafte Verlagerung auf die Außenbahnen.
Olympia: Schlechteste Vorrunde der DFB-Geschichte
Die Folge war die schlechteste Gruppenphase, die vermutlich jemals ein deutsches Frauen-Team absolviert hat. Einem mühseligen 6:1 gegen Simbabwe folgte das Spiel gegen Australien, in dem Deutschland nach Stich und Faden hergespielt wurde. Australien agierte schneller, härter, direkter, besser im Umschalten auf die Offensive, ohne wirkliche Löcher in der Defensive. Das DFB-Team wurde hergespielt und lag zwischenzeitlich 0:2 zurück. Nur weil Australien zahlreiche Chancen auf das dritte, vierte und fünfte Tor ausließ, rettete in der Nachspielzeit ein über die Linie genudelter Eckball noch das deutsche 2:2.
Im dritten Match gegen Kanada wurde man vom überaus intelligent eingestellten Team inhaltlich ausmanövriert. Ohne die üblichen Aufbauwege und mit viel eigenem Ballbesitz kam man weder spielerisch vor das Tor, noch konnte man den Gegner hoch anpressen. Das deutsche Spiel zerfiel in Einzelaktionen und Ratlosigkeit. Man verlor 1:2.
Stets stark: Die mentale Komponente
Die sicherlich größte Stärke von Neid-Teams – vor allem nach 2011 – war die mentale Kraft. Deutschland hatte im 2013er-Halbfinale gegen Schweden praktisch null Chance. Wurde im 2015er-Viertelfinale von Frankreich nach Strich und Faden lächerlich gemacht. Man gewann beide Spiele, weil man dennoch niemals in Hektik verfiel. Es gab keine Frust-Fouls, kein äußerliches Anzeichen von Verzagtheit. So groß konnte die spielerische Ratlosigkeit gar nicht sein, dass man darüber die Nerven verlor.
Nur so gelang es dann auch, das eigentliche Schlüsselspiel bei Olympia 2016 – das Halbfinale gegen Kanada – zu gewinnen. Anders als bei der WM im eigenen Land vor einem Jahr erwartete in Rio 2016 niemand etwas von Kanada, so konnte man befreit aufspielen, gewann als einziges Team alle drei Vorrunden-Spiele und kickte im Viertelfinale Gold-Kandidat Frankreich aus dem Turnier. Als man dann als Favorit ins Halbfinale gegen Deutschland ging, war’s allerdings wieder vorbei mit der Lockerheit. Kanada agierte so verkrampft wie letztes Jahr bei der WM, Deutschland ging routiniert mit der Drucksituation um und gewann verdient.
Zehn Monate für den Neustart
Nach dem ebenso verdienten 2:1-Finalsieg gegen eine schwedische Truppe (Deutschland hatte da alle Versuche und Änderungen zurückgenommen, spielte wieder im alten 4-4-2), die zuvor den Weltmeister und den Gastgeber jeweils im Elfmeterschießen besiegt hatte, übernimmt nun Steffi Jones gemeinsam mit ihren Co-Trainern Marcus Högner und Verena Hagedorn. Es ist zu erwarten, dass Högner (der viele Jahre sehr solide Arbeit bei Bundesliga-Mittelständler Essen geleistet hat) und Hagedorn (die schon länger im DFB-Stab ist) die hauptsächliche inhaltliche Arbeit erledigen und Jones das prominente Gesicht des DFB-Teams wird.
Jones war in den Neunziger- und Nuller-Jahren als Libero bzw. im defensiven Mittelfeld eine feste Größe im Nationalteam und danach OK-Chefin der Heim-WM 2011. Sie kann aber auf keinerlei Erfahrung als Trainerin zurückgreifen – abgesehen vom letzten Jahr, als sie als „Co“ von Neid an die Mannschaft herangeführt wurde. Wenn man sie als „Franz Beckenbauer des Frauenfußballs“ bezeichnen würde, wäre das Jones gegenüber angesichts der zunehmenden Gaga-Aussagen des Kaisers unfair, ihr Werdegang innerhalb des DFB ähnelt sich aber zumindest.
Sie hat nun zehn Monate Zeit, um zwischen Rio 2016 und der EM 2017 in Holland (für die Deutschland längst qualifiziert ist) ein neues Team ohne Behringer, Bartusiak und Krahn zu formen. Das wird spannend, weil es gerade in der Innenverteidigung – von Jo Henning abgesehen – keine gibt, die Neid auch nur nominiert hat. Denkbar ist, dass Lena Goeßling vom DM in die IV zurückgeht – vor allem für den Aufbau wäre das ein dramatischer Schritt nach vorne. Außerdem hat sie für Wolfsburg schon in genau dieser Rolle agiert.
Auch was den Spielaufbau, die Anlage und die Raumaufteilung angeht, ist es durchaus denkbar, dass Jones, Högner und Hagedorn Anpassungen vornehmen, um das Team varbiabler und vielseitiger zu machen. Es werden auf jeden Fall spannende nächste Monate für das deutsche Team.
Die anderen Teams bei Rio 2016
Schweden ist mit dem Finale zwei Runden weiter gekommen, als man sich realistischerweise erwarten hatte können. Nach einem mühsamen 1:0-Auftakterfolg über Südafrika – dem einzigen Sieg in 90 Minuten im ganzen Turnier – lief man Brasilien ins offene Messer, verlor 1:5. Daraufhin schaltete Teamchefin Pia Sundhage wieder in den Survival-Modus, den man schon im Quali-Turnier gesehen hat: Defensives 4-5-1, Gegenstöße in die Schnittstellen zwischen AV und IV der Gegner mit den schnellen Schelin und Schough auf den Außen und mit den jungen Rolfö bzw. Blackstenius vorne.
Das reichte zu drei Remis gegen China (0:0), USA (1:1) und Brasilien (0:0). Es war weder besonders anregend noch besonders unterhaltsam, aber der extrem pragmatische Minimalisten-Fußball erfüllte seinen Zweck. Recht schnell nach dem verlorenen Finale freute man sich über das völlig unerwartete, gewonnene Silber, anstatt dem verpassten Gold nachzutrauen.
Nach dem WM-Desaster letztes Jahr stand Sundhage schon vor der Entlassung, die mit mehr Glück als Geschick überstandne Olympia-Quali schien ihr bestenfalls Galgenfrist zu gewähren. Nun würde sie wieder fest im Sattel sitzen, sollte sie das wollen. Die 56-Jährige, auf die medial im letzten Jahr viel (und auch zu Recht) eingeprügelt wurde, ziert sich aber noch mit einer festen, längerfristigen Zusage.
Das übers Turnier gesehen wohl beste Team war jenes aus Kanada. Alleine an der mentalen Komponente müsste John Herdman noch ein wenig feilen.
Gefallene (Mit-)Favoriten…
Die USA absolvierte bei Rio 2016 eine ziemlich souveräne Gruppenphase mit einem 1:0-Sieg über Frankreich, zerschellte dann aber im Viertelfinale am Schweden-Beton. Das auf dem Papier das schlechteste Abschneiden bei einem WM- oder Olympia-Turnier überhaupt ist aber eher nur eine verpasste Chance als wirklich ein größeres Drama. Mit einem Turnier-Sieg hätte man die kommenden drei Jahre als praktisch unantastbares Nummer-eins-Team der Welt verbracht. Bis zur WM 2019 spielen die USA kein wirklich relevantes Pflichtspiel mehr.
Dennoch: Man verfügt über den vermutlich besten Kader der Welt und hat mit Pugh, Horan und Dunn auch mit Augenmaß verjüngt, ohne an Qualität einzubüßen. Lediglich die Torhüter-Position wird 2019 womöglich nicht mehr absolute Weltklasse besetzt sein – Hope Solo arbeitet ja gerade fleißig an einem unrühmlichen Karriere-Ende.
Bei Frankreich war alles wie immer: Problemlose Vorrunde, aber fehlender Punch in der K.o.-Runde. Das 0:1 gegen die USA in der Gruppe war für sich gesehen nicht schlimm, aber es zeigte schon auf, woran man ein paar Tage später im Viertelfinale gegen Kanada gescheitert ist. Es fehlt das Selbstverständnis, wenn man einem Spielstand hinterher jagen muss. Klar: Das müssen die Französinnen, die überwiegend in Lyon spielen, im Klub so gut wie nie. Gute Spiele gewinnen sie dort 9:0, weniger gute Leistungen reichen immer noch zu lockeren 3:0-Siegen. So steht wieder einmal ein viel zu frühes Ausscheiden. Der Druck bei der Heim-WM 2019 – dann ohne Louisa Nécib, die ihre aktive Karriere beendet – wird dadurch nicht kleiner.
Brasilien fing toll an – 3:0 gegen China, 5:1 gegen Schweden. Obwohl personell nur an zwei, drei Positionen verändert, war es ein völlig anderes Team als bei der schwachen WM vor einem Jahr. Nicht nur Marta zeigte Spiellaune, auch das Pressing funktionierte, auch andere Spielerinnen – wie Beatriz oder das ZM mit Formiga und Thaisa – übernahmen Verantwortung. Aber als es darum ging, das in den entscheidenden Spielen zu zeigen, war auf einmal nicht mehr viel los. Nach einem Viertelfinale-0:0 gegen Australien im Elferschießen weitergekommen, nach einem Halbfinal-0:0 gegen Schweden im Elferschießen gescheitert, nicht komplett genug im Bronze-Spiel gegen Kanada. Man weiß also nicht so recht, wie man das Turnier aus Sicht von Brasilien einordnen soll.
…und der Rest
Australien hätte fast Geschichte geschrieben mit einem hochverdienten Sieg gegen Deutschland, die fehlende Qualität im Abschluss und zu viele vergebene Chancen waren der Sargnagel. Im Viertelfinale neutralisierte man Brasilien in einem Spiel, bei dem schon in der 10. Minute klar schien, dass noch weitere 110 Minuten kein Tor fallen würde. Olympia war für die Matildas weder eine Enttäuschung, noch ein signifikanter Schritt nach vorne: Man ist eine konstante Viertelfinal-Truppe.
Für China war Rio aber sehr wohl eine Enttäuschung, obwohl man es wie Australien ins Viertelfinale geschafft hat. Aber unter Ex-Frankreich-Coach Bruno Bini konnte China nie an das starke Quali-Turnier anknüpfen: Beim 0:3 gegen Brasilien war man nur körperlich anwesend. Gegen Südafrika gab es einen biederen Arbeitssieg. Gegen Schweden keine echten Anstrengungen, den Beton zu knacken. Und eine schwache deutsche Mannschaft baute man mit seltsamer Passivität auf.
Neuseeland hat endlich mal wieder einen Sieg bei einem großen Turnier eingefahen, das 1:0 gegen Kolumbien war aber zu wenig für das Viertelfinale; beide konnten wie erwartet Frankreich und USA keine Paroli bieten. Die Glückskinder aus Simbabwe verteidigten sich rustikal, kassierten von Deutschland nur sechs Gegentore und von Kanada gar nur drei. Das war zwar im Ganzen weit weg davon, reif für ein großes Welt-Turnier zu sein, war aber gemessen am Potenzial okay.
Ärgerlich und traurig: Vera Pauw und Hope Solo
Südafrika zog sich sehr achtbar aus der Affäre: Nur knappe Niederlagen gegen Schweden und China und ein schönes Remis gegen Brasilien. Man hätte mit großer Zuversicht in die Qualifikation für die WM 2019 gehen können, wäre da nicht der Rücktritt von Südafrikas holländischer Teamchefin Vera Pauw – sie hatte tolle Aufbauarbeit geleistet, warf nach dem Turnier aber die Brocken hin. Torhüterin Roxanne Barker ist sehr sauer, aber weniger auf Pauw, sondern auf einige ihrer Teamkolleginen:
„Unverantwortliche Spieler… Die Leute wissen nicht mal die Hälfte von dem, was Vera alles erdulden musste. Es ist furchtbar, wie ein Haufen von ,Frauen‘ sich wie fünfjährige Gören aufführen! Sobald die Trainerin sie nicht aufstellt, werfen sie ihr Spielzeug aus dem Gitterbett. Vera ist das Beste, was Südafrikas Frauenfußball jemals passiert ist und der Beweis ist der Fortschritt, den wir unter ihr gemacht haben. Wenn wir vereint aufgetreten wären, wären wir im Turnier noch weiter gekommen. Es ist eine Schande! Sie hat ihre Heimat und ihren Ehemann für zwei Jahre hinter sich gelassen, um eine bessere Zukunft für diese Mädchen zu schaffen, und diese drehen sich einfach um und verhalten sich so…“
Die andere, medial natürlich deutlich größer gespielte Personalie nach dem olympischen Turnier ist jene von Hope Solo. Die US-Torfrau hatte sich nach dem Viertelfinale in einem Field-Interview zu der Aussage herabgelassen, Schweden habe „wie ein Haufen von Feiglingen“, gespielt, „like a bunch of cowards“. Das war nicht besonders freundlich und so gut wie alle ihre Teamkolleginnen haben auch von dieser Aussage distanziert. Aber wirklich skandalös war die Aussage, noch dazu vollgepumpt mit Adrenalin ein paar Minuten nach dem Spiel, auch nicht. Jedenfalls für sich gesehen sicher kein Grund für den US-Verband, Solo für ein halbes Jahr zu sperren.
War es auch nicht. Es war nur ein willkommener Anlass.
Solo, mittlerweile 36 Jahre alt und immer noch eine der besten Torhüterinnen der Welt, ist abseits des Rasens nicht gerade unumstritten. Ihre Festnahme wegen Fahrlässiger Körperverletzung (Juni 2014) bzw. der fällige Gerichtsprozess (Jänner 2015) führten zu keiner Strafe, ihr Widerstand gegen die Staatsgewalt bei einer 1,5-Promille-Fahrt ihres damaligen Ehemannes (Februar 2015) zu einer nur 30-tägigen Sperre. Hintergrund: Ein paar Monate später war die WM, da wollte man nicht auf Solo verzichten müssen.
Nun endet ihr Vertrag mit dem US-Verband ohnehin in ein paar Monaten. Das ist die Gelegenheit, gegenüber Solo mal Konseqenz zu zeigen. Und das macht Verbands-Boss Sunil Gulati nun. Solo hat ihre (noch bis Oktober laufende) Saison beim US-Profiklub Seattle Reign – die von der Sperre nicht betroffen gewesen wäre – mittlerweile ebenfalls für beendet erklärt.
Die Vermutung liegt nahe, dass das Viertelfinale gegen Schweden ihr letztes Fußball-Pflichtspiel gewesen ist.
Ein Wort noch zum Männer-Turnier
Brasilien hat im Männer-Turnier von Rio 2016 im Finale Deutschland im Elferschießen bezwungen, Nigeria sicherte sich die Bronze-Medaille. Da es sich bei den Herren aber um ein Turnier voll mit Teams handelt, die reine Kunstprodukte sind und für das größere Narrativ im Weltfußball keine wirkliche Relevanz hat, lassen wir das hier auch mal außen vor.