Aus und vorbei: Schwedens Umstellungen beenden Österreichs WM-Chancen

Aus der Traum! Österreich verliert 1:2 in Schweden und wird damit die Quali-Gruppe auf dem dritten Rang beenden. Obwohl das ÖFB-Team in der ersten Hälfte sehr viel richtig machte und verdient vorne war, doch Schweden reagierte richtig und drehte das Spiel. Eine Niederlage, die nicht sein hätte müssen, die aber aufzeigt, woran es noch fehlt.

Schweden - Österreich 2:1 (0:1)
Schweden – Österreich 2:1 (0:1)

Damit war eher nicht zu rechnen: Aleksandar Dragovic spielt als Sechser in einem 4-1-4-1. Als Kettenhund für Ibra? Nein: Als Balleroberer und Spieleröffner. Was in der ersten Halbzeit gut funktioniert hat. Wie überhaupt die ersten 45 Minuten aus österreichischer Sicht äußerst positiv zu bewerten sind.

Kollers 4-1-4-1 und die Rolle von Dragovic

Marcel Koller stellte Junuzovic und Alaba vor Dragovic zentral auf. Warum er das tat, wurde auch schnell klar: Die beiden pressten  hoch und aggressiv auf die beiden in der Zentrale aufgestellten Schweden, Elm und Svensson. So drückten sie die Gastgeber nach hinten, verhinderten einen geordneten Aufbau über die Mitte (in Form etwa von somit praktisch nicht vorhandenen Pässen in den Lauf von Ibrahimovic) und versuchten so, Ballgewinne in der Nähe des gegnerischen Sechzehners zu provozieren. Die ersten beiden Ziele gelangen gut, Letzteres auch aufgrund der Routine und der Absicherung durch eine sehr flache Abwehr-Vierkette nicht so sehr.

Die Gefahr, wenn die beiden Achter beide pressen, besteht im Gegenzug darin, dass hinter ihnen Platz frei wird. Das verhinderte Dragovic durch mutiges Aufrücken. So unterband er, dass Schweden durch die österreichische Pressinglinie hindurch auf Ibrahimovic und Elmander spielen konnten. Wenn Dragovic den Ball hatte, machte er keine spektakulären Dinge damit, er machte aber auch wenig verkehrt.

Erstaunlich im Bezug auf den Umgang der Schweden mit Dragovic waren zwei Dinge: Zum einen, dass es überhaupt keinen Druck gab, der auf den gelernten Innenverteidiger auf der völlig ungewohnten Position ausgeübt wurde, und zweitens, dass Ibrahimovic als hängende Spitze fast nie zentral hinter Elmander spielte, sondern immer links oder recht schräg versetzt. So ging er Dragovic aus dem Weg. Wenn der Plan war, ihn aus der Position zu ziehen und damit Raum für Elmander zu schaffen, ging er schief.

Probleme von hinten heraus

Wenn Österreich in der Abwehr den Ball hatte und es darum ging, das Spiel zu eröffnen, passierte das zumeist in Form von langen Bällen. Das ging ein-, zweimal fast gut (wie bei einem Pass auf Alaba, den Isaksson noch abfangen konnte), zumeist landeten diese Pässe aber eher im Nirwana. Über die rechte Seite mit Garics und Harnik ging ebenso relativ wenig, weil sich Schwedens RM Kacaniklic deutlich höher orientierte und auch wesentlich agiler wirkter als sein Pendant auf der anderen Seite, Seb Larsson. So fehlte es Harnik an Hilfe von Garics und damit an der Bindung zum Spiel.

Auf der anderen Seite jedoch klappte das Zusammenspiel von Fuchs und Arnautovic recht gut. Larsson konnte den beiden rwenig entgegensetzen und auch der schwedische LM Lustig  konnte den flinken Moves von Arnautovic nicht viel entgegen setzen. Am besten aber war das Spiel nach vorne, wenn der Ball bei Junuzovic und vor allem Alaba war: Dann nämlich kam sehr schnell eine Vertikalität ins Spiel, die den Schweden zusetzte.

Genauso im Übrigen wie die sehr giftige Zweikampfführung seitens der Österreicher, und auch deren Gedankenschnelligkeit. Während Österreich nach Ballverlusten schnell nachsetzte und oft auch ein Nebenmann half, ließen die Schweden nach Ballverlusten recht flink vom Gegenspieler ab und stellten sich. Dass Österreich mit einer 1:0-Führung in die Halbzeit ging, war hochverdient und man sah Förbundskapten Erik Hamrén seine Sorgen am Ende des ersten Spielabschnitts an.

Hamrén reagiert richtig

Er kam aber mit der richtigen Lösung daher, nach dem Seitenwechsel änderte Schweden nämlich einige entscheidende Punkte. Zum einen wurde Dragovic deutlich weniger Zeit am Ball gelassen. Mal bearbeitete ihn nun doch Ibrahimovic, mal schob Svensson etwas nach vorne, in jedem Fall aber konnte Dragovic nun nicht mehr so aufrücken, wie er das noch in der ersten Hälfte völlig ungehindert machen konnte.

Zum zweiten schob Schweden die Außenverteidiger weiter nach vorne. Waren Lustig und Olsson in der ersten Halbzeit praktisch immer annähernd auf einer Linie mit den Innenverteidigern, waren sie ihren Vorderleuten Larsson und Kacaniklic nun eine größere Hilfe als noch zuvor, als die Schweden hauptsächlich durch die Mitte nach vorne kommen wollten, obwohl Österreich da sehr gut zumachte.

Dadurch, dass die Schweden das Spiel breiter machten, mussten auch Alaba und Junuzovic (bzw. dann Leitgeb) mehr horizontal verschieben, um an den Außenbahnen zu helfen, was wiederum um Svensson und Elm im Zentrum mehr Zeit zum Aufbauen gab. Und als nach knapp einer halben Stunde in der zweiten Hälfte das österreichische Zentrum mürbe gespielt war, kam mit Ballverteiler Källström statt dem Balleroberer Elm einer, der das Ausnützen sollte.

Schweden klar spielbestimmend

Schlussphase
Schlussphase

Ein weiteres Element, dass zum Umschwingen des Pendels in die schwedische Richtung beitrug, war die wesentlich aggressivere Zweikampfführung nach der Pause. Hatte Österreich in diesem Bereich davor klar die Oberhand, fuhren die Schweden nun schon mal einen Härtegang nach oben – wie etwa Svensson gegen Janko. Der Ausgleich durch Olsson nach 56 Minuten war zudem hervorragend herausgespielt: Die Schweden zwangen mit ihrer guten Kombination die österreichische Defensive zu drei Richtungswechseln innerhalb von kaum fünf Sekunden, da ergibt sich bei der besten Defensive schon mal ein Loch. Vor allem, wenn mit Olsson auf einmal der Linkverteidiger im Zentrum aufraucht.

Marcel Koller brachte nach rund einer Stunde Leitgeb für Junuzovic, der nach seiner Verletzungpause deutlich noch nicht die Luft für 90 derart intensive Minuten hat. In einem ohnehin an Präsenz einbüßenden Zentrum war der Salzburg-Reservist leider kein Upgrade gegenüber Junuzovic. Das zuvor schon erlahmende Pressingspiel der beiden Achter war nunmehr de facto inexistent, auch deshalb machte es durchaus Sinn, dass Hamrén danach Källström brachte.

Auch Remis hält nicht

Schon in dieser Phase ging es nur noch darum, zumindest as Remis über die Zeit zu retten. Weimann kam für den nicht besonders auffälligen Harnik, fiel aber – wie schon gegen Irland – in erster Linie durch eine für einen Premier-League-Stammspieler erstaunlich holprige Ballbehandlung auf. Weder konnte er auf dem Flügel für Belebung sorgen, noch konnte er den durchaus ansprechend spielenden Janko nach seiner Auswechslung (ein Krampf, auch auf lange fehlende Spielpraxis zurückzuführen) adäquat ersetzen.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das Spiel auch 1:1 geendet wäre, wenn nicht Schweden einen Weltklassestürmer wie Ibrahimovic in seinen Reihen hätte. Seine starke Ballmitnahme nach dem Pass von Källström (ein Duo übrigens, das sich privat absolut nicht ausstehen kann), sein einkalter Abschluss zum 2:1 fünf Minuten vor dem Ende – die Entscheidung.

Fazit: Schwedens Umstellungen brachten mehr

Eine Halbzeit lang hat Österreich vieles richtig gemacht: Auf’s Zentrum gepresst, aktiv gespielt, gedankenschnell gehandelt, damit auch verdient in Führung. Doch auf die Umstellungen, die Schweden danach eine nach dem anderen ausgepackt hat, fehlten die adäquaten Reaktionen. Dabei kann man die Entscheidung, statt des müdegelaufenen Junuzovic ausgerechnet Leitgeb zu bringen, durchaus hinterfragen: Baumgartlinger oder Kavlak hätten wohl mehr defensive Stabilität bewirkt, Ivanschitz wohl mehr gebracht, wenn man gegen Elm und Svensson wieder proaktiv agieren hätte wollen. Mit Leitgeb gab’s weder das eine noch das andere.

Trotzdem ist der Sieg der Schweden mehr eine Sache davon, was das Trekronor-Team richtig gemacht hat, als davon, was das ÖFB-Team falsch gemacht hat. Hamrén – der in Schweden wegen seiner Zögerlichkeit und seiner mitunter fragwürdigen Enscheidungen durchaus unter Beschuss steht – hat die Problemstellen erkannt und die Spielanlage entsprechend adaptiert. Um aber etwa auf deutlich nach vorne geschobenen schwedischen Außenspieler zu reagieren, fehlt Koller auch das Personal. Wen außer Weimann hätte er bringen sollen? Einen Sabitzer kann man aufgrund seiner ihm (noch) fehlenden internationalen Erfahrung in so einer Situation nicht bringen und sich erwarten, dass er das Spiel herumreißt.

Letztlich waren die Schweden sowohl in diesem Spiel als auch über die ganze Quali nicht unbedigt ein besseres Team als jenes aus Österreich, aber ein etwas reiferes; auch von Ibrahimovic abgesehen. Leute wie Seb Larsson, Rasmus Elm oder Johan Elmander sind keine Weltbesieger, aber sie kennen solche Situation und können mit einem unerwartet auftretenden Gegner besser umgehen als ein österreichisches Team, das erstmals in dieser Lage war.

Dennoch: Die Richtung stimmt beim ÖFB-Team. Das hat diese Quali eindeutig gezeigt.

(phe)

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.