Aufregend war es wirklich nicht – aber in der Verlängerung zumindest spannend: Ghana setzt sich im erwarteten Geduldsspiel gegen Tunesien durch und steht dank Mathouthis Fehler im Semifinale. Genau wie Mali: Zwar waren Seydou Keita und Co. auch gegen Gabun weit weg davon, die bessere Mannschaft zu sein. Aber man war die mit den besseren Nerven.
Ghana – Tunesien 2-1 n.V. (1-1, 1-1). 1-0 Mensah 9′ / 1-1 Khalifa 42′ / 2-1 A. Ayew 101′
Auch wenn mit John Mensahs frühem Führungstor nach einem Eckball die Vorzeichen für eine zumindest von einer Mannschaft offensiv geführtes Spiel gar nicht so schlecht standen: Das Aufeinandertreffen von Ghana und Tunesien wurde das erwartete Geduldsspiel. Kein Wunder: Beide Mannschaften machten im Turnierverlauf defensiv einen abgeklärten Eindruck, hatten aber Probleme, gegen einen eher passiven Gegner das Spiel selbst aufzuziehen.
Tunesien: Trocken, aber phantasielos
Und genau das wurde in diesem Spiel deutlich. Bei Tunesien vertraute Teamchef Sami Trabelsi wieder auf ein 4-3-1-2, in dem allerdings der nominelle Zehner Youssef Msakni so weit vorne stand, dass hinter ihm ein gigantisches Loch aufgerissen wurde, in dem sich die beiden Sechser von Ghana, Annan und Badu, gut breitmachen und das tunesische Trio vorne vom Nachschub abschneiden konnte.
Hinzu kam, dass die beiden Außenverteidiger sich nicht so recht nach vorne gehen trauten. Khalil Chammam tat da noch deutlich mehr als sein Pendant auf der rechten Seite, Bilal Ifa – was daran liegen dürfte, dass Chammams direkter Gegenspieler Andre Ayew oft nach innen zog und dort von Saihi übernommen wurde. Den Tunesiern blieben aber dennoch zumeist nur lange Bälle tief aus der eigenen Hälfte, die kaum einen Abnehmer fanden.
Ghana: Trocken, aber phantasielos
Sehr ähnlich stellte sich das Geschehen auch bei Ghana dar. Die Black Stars waren zwar wesentlich ballsicherer als ihre Kontrahenten und brachten so mehr Pässe an, aber durch die drei defensiven Mittelfeldspieler der Tunesier gab es vor allem für Kwadwo Asamoah kaum ein Durchkommen. Umso mehr, wenn sich einer der drei Stürmer – zumeist Khalifa auf Ghanas rechter Angriffsseite mit Sulley Muntari – ins Mittelfeld zurück fallen ließ.
Herausgespielte Torchancen waren somit Mangelware, gelungene Offensivaktionen ebenso, dafür wurde staubtrocken verteidigt und die defensiven Mittelfeldreihen lieferten beide Paradebeispiele für erfolgreiches Verhindern gegnerischen Angriffsspiels ab. Das war, defensivtaktisch gesehen, ziemlich gut gespielt, aber wirklich aufregend war es nicht. Daran änderte auch der eher zufällig entstandene Ausgleich der Tunesier kurz vor der Pause nichts.
Umstellung bringt kaum Änderung
Erste Bewegung in die Pattsituation, die dieses Spiel lähmte, kam erst, als Sami Trabelsi nach rund 70 Minuten einen seiner drei Defensivleute im Mittelfeld herausnahm (Saihi) und mit Jemâa einen Stürmer brachte. Damit wurde aus der tunesischen Formation ein 4-4-1-1, in dem Msakni oft nur leicht versetzt hinter Jemâa agierte. Das hieß, dass nun ein Mann weniger im Zentrum stand.
Ghana versuchte das auch prompt auszunützen, indem es mit schnelleren Pässen durch das Zentrum gehen sollte und nun auch André Ayew mehr Verantwortung im Aufbauspiel übernehmen wollte, alleine wirklich gelingen mochte es nicht. Das überschaubare Tempo und die fehlende Durchschlagskraft im Angriff schickten die Partie in die fast logische Verlängerung.
Erst in der Verlängerung geht’s rund
Wirklich aufregend wurde die Partie erst, als Tunesiens Torhüter Mathlouthi, eigentlich einer der besten Keeper des Turniers, eine harmlose und an sich viel zu weite Flanke von Badu nicht festhalten konnte und André Ayew den ihm vor die Füße gefallenen Ball in der 101. Minute zum 2:1 für Ghana über die Linie bugsierte. Nun waren die Tunesier, die in den Anfangsminuten der Verlängerung schon die klar aktivere Mannschaft gewesen waren, endgültig gefordert.
Für Dhaouadi kam nun mit Darragi ein echter Zehner, um den Druck über die Mitte zu erhöhen und um von hinten heraus eine Anspielstation im Zentrum zu haben – die gab es davor kaum. Auch der Ausschluss von Abdennour nach einem Ellbogen-Schlag konnte Tunesien natürlich nicht mehr davon abhalten, in den letzten zwanzig Minuten alles nach vorne zu werfen. Ghana brauchte auch einiges an Glück, aber die Black Stars zitterten das 2:1 über die Runden.
Fazit: Mathlouthi verhindert das Elfmeterschießen
Letztlich hat die Mannschaft mit dem größeren Potenzial und der etwas höheren Qualität gewonnen, aber aus dem Spiel heraus ist Ghana nach vorne wiederum nicht allzu viel eingefallen, um die sicher stehenden Tunesier in Bedrängnis zu bringen. Die Nordafrikaner hatten Asamoah im Zentrum gut im Griff, Muntari kam nicht zur Geltung und auch Ayew war, zumeist gedoppelt, in guten Händen. Ohne Mathlouthis Fehler wäre Ghana kaum das Siegtor gelungen, ohne den Patzer hätten aber auch die Tunesier kaum so bedingungslos alles nach vorne geworfen – ein Elferschießen war vorprogrammiert.
Aber auch die Tunesier mussten erst die Brechstange auspacken, um zu Chancen zu kommen. Die Einwechslung von Darragi, der in den 15 Minuten, die er im Spiel war, eine gute Figur gemacht hat, kam vermutlich deutlich zu spät. Groß war der Unterschied zwischen diesen Mannschaften nicht. Und Ghana muss im Semifinale gegen Sambia höllisch aufpassen – mit dem flexiblen Mittelfeld und den flinken Flügelspielern können die Sambier Ghana durchaus in Bedrängnis bringen.
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Gabun – Mali 1-1 n.V. (1-1, 0-0), 4-5 i.E. 1-0 Mouloungui 55′ / 1-1 Diabaté 83′
Es ist ja nichts Neues: Die Mannschaft aus Gabun ist eher ein langsamer Starter in Spiele. So war es auch im Viertelfinale gegen die Mannschaft aus Mali, die sich in der Gruppe als recht klar schlechtere Mannschaft gegenüber Guinea durch gewurschtelt hat und gegen die so selbstsicher auftretenden Co-Gastgeber als Außenseiter gelten musste.
Malis Teamchef Alain Giresse reagierte auf die Stärke Gabuns über die Flügel und stellte mit Samba Sow einen gelernten Defensiv-Spieler auf die rechte Mittelfeldseite, um dort Charly Moussono Einhalt zu gebieten. Wie die erneut auf Stören ausgelegte Rolle von Seydou Keita hinderte dasGabun merklich daran, ins Spiel zu kommen, und so dominierte Mali die Anfangsphase deutlich.
Mali beginnt zu schwimmen
Es dauerte rund zwanzig Minute, ehe Gabun merkte, dass Sow zwar defensiv gut stand, aber nach vorne auf der für ihn ungewohnten Position wenig brachte, und sich Moussono mehr nach vorne trauten. Zudem hatte das Angriffs-Trio nun die Abläufe in der malischen Defensive erkannt und sich darauf eingestellt, bewegte sich deutlich besser.
So kam Gabun, wie schon gegen Marokko und Tunesien, erst im Laufe der Partie dazu, das eigene Spiel aufzuziehen, dann funktionierte es aber deutlich besser. Mali begann hinten immer mehr zu schwimmen und Keita litt wieder einmal unter seiner hohen Positionierung: Gabun umging einfach das Zentrum in der Spieleröffnung.
Fehlende Struktur im Mittefeld
Je länger die Partie lief, umso mehr wurde die fehlende Struktur im Mittelfeld von Mali offensichtlich. Seltsamerweise machte vor allem das Zentrum mit Seydou Keita, Bakaye Traoré und Samba Diakité den Eindruck, so noch nie zusammen gespielt zu haben, obwohl genau dieses Trio in den zwei schwereren Gruppenspielen schon genau so aufgelaufen war.
Gabun hatte das Spiel felsenfest im Griff und als Mouloungui nach einer Stunde aus einem Freistoß heraus das 1:0 gelang, war das hoch verdient. Und Gabun blieb auch am Gas, hatte einige Chancen, den Sack schon vorzeitig zuzumachen. Der bullige Cousin, der viel unterwegs war, und die quirligen Flügelspieler waren von Mali kaum in den Griff zu bekommen, das Passspiel Gabuns war wesentlich sicherer als das von Mali und das Spiel schien trotz des eher knappen Spielstandes mehr oder weniger entschieden zu sein.
Ohne Cousin fehlt Durchschlagskraft
Bis die Auswechslung von Daniel Cousin für einen kleinen Bruch bei Gabun sorgte. Der 34-Jährige musste wohl seinem Alter Tribut zollen, auch in der Vorrunde spielte er nur eine einzige Partie durch. Fabrice do Marcolino übernahm Cousins Position in der Sturmspitze, aber ersetzen konnte er den Routinier nicht. So gab es zwar immer noch Vorstöße von Gabun, vornehmlich über die rechte Seite mit Mouele und Aubameyang, aber auf dem Weg zum Strafraum versandeten diese.
Auf der anderen Seite brachte Alain Giresse nicht nur mit Cheikh Diabaté einen echten Stürmer (Madiga, der diese Position inne hatte und nun auf den Flügel ging, spielte erstmals im Turnierverlauf ganz vorne) und mit seinen Umstellungen auch eine bessere Besetzung für die Flügel, die nun mit Adbou Traoré und eben Madiga ausgewogener besetzt waren. Es war dies die Phase, in der das Mittelfeld Malis den besten Eindruck machte und nach einem Abstimmungsfehler in Gabuns Abwehr gelang Diabaté auch der etwas überraschende Ausgleich.
Verlängerung leidet unter Müdigkeit
In der Verlängerung übernahm Gabun wieder deutlich das Kommando, nachdem Teamchef Rohr mit Palun und Mbabangoye (statt Madinda und Moubamba) neue Kräfte für das Mittelfeld gebracht hatte, das mit wachsender eigener Müdigkeit und dem wachsenden Einfluss, denn Seydou Keita auf das Spiel bekam, etwas unterzugehen drohte. Das Problem mit der fehlenden Durchschlagskraft in der Spitze blieb aber bestehen.
Mali zog sich aus der Spielgestaltung weitgehend zurück und versuchte, sich ins Elfmeterschießen zu retten. So lebte das Spiel in dieser Phase ausschließlich von der Spannung, da die Erschöpfung beider Teams und die Angst, einen entscheidenden Fehler zu machen, das Spielniveau immer dramatischer nach unten zog. Mali erreichte schließlich ohne gröbere Probleme das Ziel des Shoot-Outs – und behielt dort die Nerven.
Fazit: Glücklicher Sieg für Mali
Immer kann’s nicht gutgehen – diesmal schaffte es Gabun nicht mehr. Zwar war der Co-Gastgeber auch in seinem vierten Spiel sicher nicht die schlechtere Mannschaft, aber die verpasste es, nach der verdienten Führung nachzulegen. Ein zweites Tor hätte die Partie gegen diese Mannschaft aus Mali ohne jede Frage entschieden.
Alain Giresse hingegen kann sich glücklich schätzen: Nicht nur, dass er Gabun – jedes Team, mit dem er trotz starker Spiele etwas unglücklich vor zwei Jahren das Viertelfinale verpasst hatte – eliminiert hat. Nein, wie schon im ganzen Turnierverlauf vermochte seine Mannschaft auch in diesem Spiel als recht deutlich schlechteres Team, sich irgendwie durchzumogeln. Einmal mehr war Seydou Keita kein entscheidener Faktor, es wurde wenig Chancen herausgespielt und das Mittelfeld war oft offen wie ein Scheunentor. Aber die starke Innenverteidigung und ein wirklich guter Torhüter retteten Mali auch diesmal den Hintern.
Immerhin: Gabun hat in der WM-Quali mit Burkina Faso, Niger und Congo eine Gruppe von überschaubarer Stärke, der Platz im Play-Off (das als Gruppensieger erreicht wird) sollte mehr oder weniger gebucht sein.
(phe)