Gastautor Andreas Lindinger beschäftigt sich mit den jüngsten Meldungen rund um weitgehende Kooperationen zwischen Red Bull Salzburg und aktuellen Regionalligavereinen. Er befürchtet einen Attraktivitätsverlust und unlösare sportliche Interessenskonflikte und fordert ÖFB und Bundesliga auf, solchem Treiben ein Ende zu setzen.
Die Lizenzschacher zwischen Pasching und Austria Kärnten bzw. Schwanenstadt und Wiener Neustadt zählen wohl zu den dunkelsten Kapiteln des österreichischen Fußballs im vergangenen Jahrzehnt. Die Bundesliga wollte solch einer sportlichen Farce eigentlich einen Riegel vorschieben, doch nun schickt sich Red Bull an, ebendiese Bestimmungen der Bundesliga zu umgehen.
Carpe Diem Niederalm auf dem Weg in die Bundesliga
Zur Vorgeschichte: Vor einem halben Jahr gab es bereits erste Überlegungen zwischen Red Bull und dem Regionalligisten USK Anif, um die Red Bull Juniors getarnt als USK Anif (bzw. umgetauft in „Carpe Diem Niederalm“) in den Profifußball zu befördern, einzig die Sommerpause schien damals zu kurz um dieses medial leider wenig beachtete Vorhaben zu konkretisieren.
Doch nun hat sich der USK Anif, laut eigener Website übrigens ein „bodenständiger Verein, der dem allgemeinen Glamour des Fußballs nicht unterliegt“, dazu entschlossen, die Kooperation mit Red Bull weiter umzusetzen und den Steigbügelhalter für die Rückkehr der Red Bull Juniors in den Profifußball zu mimen. Ziel ist es, dass der USK Anif spätestens in der nächsten Saison als als Carpe Diem getarnte Red Bull Juniors in die Erste Liga aufsteigt, um dort wohl vor einer Handvoll Zuschauer im 30.000 Zuschauer fassenden Salzburger Stadion zu spielen.
Doppelt hält besser: Anif, Pasching, … Who’s next?
Da aber weder der Meistertitel in der Regionalliga West noch die darauffolgende Aufstiegsrelegation planbar ist, hat man bei Red Bull nachgelegt: Neben Anif wird es eine solche Kooperation auch mit dem FC Pasching geben, schließlich müssen ja alle in ganz Österreich und darüber hinaus aufgekauften Talente irgendwo geparkt werden.
Ebenso wie in Anif soll auch in Pasching, das sich momentan noch auf einem Abstiegsplatz der Regionalliga Mitte befindet, im Frühjahr die Weichen gestellt werden, um kommende Saison den Aufstieg in den Profifußball ins Visier zu nehmen. Dafür ist bereits der sofortige Wechsel des Trainerduos Baumgartner/Hiden von den Red Bull Juniors zu Pasching fixiert, mehrere Spieler sollen in der Winterpause noch folgen.
Blicken wir dieser sportlichen Farce ins Auge!
Stellen wir uns also folgende Fragen: Wollen wir diese Saison verzerrte Abstiegskämpfe und nächste Saison langweilige Titelentscheidungen in den Regionalligen? Wollen wir eine sportlich wertlose Aufstiegsrelegation Anif / Red Bull Juniors gegen Pasching / Red Bull Juniors? Oder gleich eine konzerninterne Relegation falls man in Fuschl auch bei der Suche nach einem Kooperationsverein im Osten fündig wird? Wollen wir, dass zwei von zehn Erstligavereinen Red Bull Farmteams sind, die weder Zuschauer- noch Medieninteresse aufweisen, und stattdessen sportlich und medial attraktiveren Vereinen den Weg nach oben versperren?
Und wollen wir, dass sich nach Red Bull noch weitere Vereine solche Farmteams leisten und wir bald auch noch als Parndorf verkleidete Austria Amateure oder als Horn verkleidete Rapid Amateure in der Ersten Liga haben? Wollen wir, dass sämtliche Spieler aus den mit öffentlichen Steuergeldern unterstützten Akademien nur mehr in den konzerneigenen Farmteams spielen anstatt dass im Sinne einer Breitenförderung auch andere Vereine von diesen Einrichtungen profitieren?
Und etwas weiter gedacht wird klar, dass bei einer erfolgreichen Umgehung der Nichtaufstiegsmöglichkeit der Amateuermannschaften in die Erste Liga auch ein weiterer Aufstieg in die Bundesliga wohl nur eine Frage der Zeit ist. Wollen wir also wirklich, dass die als Anif oder Pasching getarnten Red Bull Juniors beispielsweise den Kampf um den Meistertitel mit wettbewerbsverzerrenden Stallduellen gegen die erste Mannschaft des Fuschler Energydrinkimperiums zur endgültigen Farce machen?
ÖFB und Bundesliga: Handeln bevor es zu spät ist!
ÖFB und Bundesliga müssen den Tatsachen rasch ins Auge blicken: Es geht hier nicht um „normale“ Kooperationen mit (zukünftigen) Zweitligavereinen wie beispielsweise jene zwischen Rapid Wien und dem FC Lustenau sondern darum, sich Regionallisten einzuverleiben, um als diese getarnt die Nichtaufstiegsregelung für Amateurmannschaften zu umgehen. Dabei werden willige (Dorf-)Vereine in den Profifußball gehievt, die eigentlich keine sportliche und wirtschaftliche Basis für ebendiesen hätte und somit die Bedeutung und Attraktivität der Ersten Liga weiter senken.
Noch ist eine Halbsaison Zeit, damit ÖFB und Bundesliga dieser Umgehung der Regularien eine klare Absage erteilen und mögliche weitere Schlupflöcher stopfen. Daneben muss auch die Transparenz über Entscheidungs- und Eigentümerverhältnisse solcher Kooperationen erhöht werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und Klarheit für die konkurrierenden Vereine mit Aufstiegsambitionen zu schaffen.
ÖFB-Präsident Windtner und Bundesliga-Präsident Rinner, melden Sie sich zu diesen Vorgängen zu Wort und handeln Sie im Sinne des österreichischen Fußballs und der zahlreichen Fußballfans, die an einem ehrlichen, attraktiven und spannenden Fußballsport in diesem Land interessiert sind! (Andreas Lindinger)