Zweimal flaches 4-4-2, zweimal die gleiche Spielanlage, zwei Teams, die die Spielgestaltung nicht direkt erfunden haben – das Match zwischen Sturm und Anderlecht war kein grandioses. Und der 2:0-Sieg der Belgier war auch keine Frage der Taktik, sondern eine von Klasse und individuellen Fehlern.
Ein Duell zwischen zwei Teams mit einem flachen 4-4-2 sieht man heutzutage im internationalen Fußball nur noch äußerst selten – bei der Partie zwischen Sturm und Anderlecht war es aber mal wieder so weit. Eine entsprechend eher eindimensionale Angelegenheit war dann die Partie auch.
Gleichförmiges Zentrum
Flaches 4-4-2 heißt in der Praxis: Ein echter Spielaufbau kann mangels eines Spielers im offensiven Zentrum nur über die Flügel aufgebaut werden. Die beiden Duos im zentralen Mittelfeld – Säumel und Weber bei Sturm, Biglia und Kljestan bei Anderlecht – standen sich so ein wenig gegenüber wie die Linemen im American Football. Sie stehen sich auf ähnliche Weise gegenüber, belauern sich, haben aber in der Gestaltung des Spiels eigentlich nicht wirklich etwas mitzureden.
Natürlich, ganz so drastisch war es nicht – vor allem der argentinische Olympiasieger Lucas Biglia zeigte seine Spielübersicht in einigen Szenen, spielte gute Pässe, versuchte den Ball schnell in die Spitze zu bringen und wurde dabei von Weber auch nicht so richtig behindert. Aber dennoch, die Musik spielte in diesem Match eindeutig auf den Flügeln.
Anderlecht im Flügel-Duell besser…
Und da hatte, was das gestalterische Element betrifft, Anderlecht die Nase vorn. Bei Sturm waren die Positionen der Außenverteidiger mit Klem und Ehrenreich eher mit der zweiten Garnitur besetzt, und die beiden hatten defensiv mit Gillet und Jovanovic auch so viel zu tun, dass ihnen die Gelegenheit und auch so ein wenig der Mut fehlte, wirklich etwas nach vorne zu machen.
Das machten Wasilewski und Safari bei den Belgiern deutlich aktiver, wodurch die Gäste ein deutlich merkbares Übergewicht auf den Flanken erarbeiten konnten. Hinzu kam, dass sich vor allem Stürmer Mbokani, der sich letzte Saison in Wolfsburg nicht hatte durchsetzen können, gut bewegte und versuchte, immer anspielbar zu sein. Burgstaller hatte mit dem Kongolesen viel Mühe.
…und daher mit Chancen-Plus
So erarbeitete sich Anderlecht in der ersten Halbzeit nach dem immer gleichen Strickmuster mehr Chancen als die Grazer: Ball von hinten auf die Flügel spielen, nach der Mittellinie nach innen ziehen und den Stürmer mit einbeziehen, zum Anschluss kommen. Das war alles nicht besonders ausgeklügelt, funktionierte aber gut, weil der Versuch, in den Raum zwischen Mittelfeld und Abwehr hineinzustoßen, immer wieder erfolgreich war – und weil Anderlecht einfach die höhere individuelle Klasse hatte.
Hinzu kam, dass es die Belgier schafften, auf den Flügeln eine Überzahl herzustellen, in dem Biglia und Kljestan gut innen zumachten und vor allem auf der Seite von Klem und Kainz dem ballführenden Grazer die Zeit und den Raum zu nehmen. So blieb als letzter Ausweg oft nur der lange Ball, der im Nirvana landete.
Grazer machen entscheidenden ersten Fehler
Mit den Gästen, die ihre Angriffe besser aufzogen und den Hausherren, die das mit einigen Ausnahmen ganz okay verteidigten, sah das Spiel so ein wenig nach einem 0:0 aus – wenn nicht Thomas Burgstaller, bei dem man schon vor der Pause in einigen Situationen ausmachen konnte, dass er an diesem Tag der schwächste Grazer war, und Silvije Cavlina im Sturm-Tor sich im Strafraum gegen Jovanovic gegenseitig behindert hätten und Gillet zum billigen 1:0 für die Belgier abstauben konnte.
Und also ob es des Schlechten nicht schon genug gewesen wäre, flog Burgstaller wenige Minuten später auch noch mit Gelb-Rot vom Platz – nach einem eher sinnlosen Foul auf Höhe der Mittellinie. Foda musste also Umstellen: Feldhofer kam statt des blassen Kainz, Szabics ging auf die linke Flanke und der kurz zuvor für Bodul eingewechselte Mario Haas blieb alleine vorne.
Sturm fehlen die Mittel
An der Spielanlage von Sturm änderte sich im Grund nicht viel, im nunmehrigen 4-4-1 gabe es halt vorne eine Anspielstation weniger. Und als sich Sturm eine Viertelstunde vor Schluss aus einem Einwurf tief in der gegnerischen Hälfte übertölpeln ließ und Suárez cool zum 2:0 einschob, war die Partie entschieden. Sturm fehlte es nun nicht nur an den Mitteln, das Ruder noch einmal herumzureißen. Sondern auch am Glauben daran, dass es noch möglich wären.
Fazit: Qualität entschied, nicht die Taktik
Das Gestalten eines Spiels gegen einen ähnlich aufgestellten Gegner haben beiden Teams ganz deutlich nicht erfunden. Das Zentrum war sowohl bei Anderlecht als auch bei Sturm eine Zone, die am Weg nach vorne eher umgangen als miteinbezogen wurde. Diese Gleichförmigkeit im Spielansatz hatte ein Spiel zur Folge, in dem sich beide Mannschaften mit den selben Mitteln zu schlagen versuchten.
So war es letztlich keine Frage der Taktik, sondern eine der Qualität und des Vermeindens von Fehlern in der eigenen Defensive, die dieses Spiel entschieden. Bei den Belgiern gab es die höhere inidviduelle Klasse, bei Sturm zwei entscheidende Schnitzer in der Abwehr – das machte den Unterschied aus.
(phe)