Nanis Werk und Rooneys Beitrag

Einmal mehr trafen sich die Red Devils und die Blues in Old Trafford zum „Pathetic Clash“, wie Sir Alex Ferguson das 158. Manchester Derby im Vorfeld bezeichnete. Am Ende machten ein gewitzter Strippenzieher und ein spektakuläres Tor von Wayne Rooney den Unterschied. Für das Heimteam ein wichtiger Schritt Richtung Meisterschaft, für die Anderen das wohl endgültige Platzen des Titeltraums.

Manchester United - Manchester City

Eine etwas kuriose Szene leitete das Spiel ein: Bei einem Seitenlinienduell zwischen Vidic und Richards kamen nicht nur die beiden Kicker, sondern auch der unbeteiligte Linesman zu Fall. Verletzt wurde glücklicherweise niemand.

Schnell, doch nicht gefährlich

Schon in diesen ersten Minuten sah man beiden Teams den Siegeswillen an. Vorerst übernahmen die Hausherren das Kommando, trotzdem hätte sich Citys Silva in Minute 4 bereits in die Torschützenliste eintragen können. Nach sehenswerter Kurzpasskombo schickte Ex-United-Stürmer Carlos Tevez seinen Offensivkollegen Silva alleine Richtung van der Sar. Aus spitzem Winkel brachte er die Fußballkugel  zwar am niederländischen Keeper, aber auch an dessen Tor vorbei. Schrecksekunden für die Red Devils, die folgenlos blieben.

Nach fünf Minuten hielt das Heimteam bereits bei 4 Eckstössen, konnte aber noch keine Torchancen vorweisen. Der nominell als rechter Außenstürmer aufgefahrene Nani war früh auf beiden Spielfeldseiten umtriebig, und unterstützte somit öfters die Achse Evra-Giggs, die sich schnell als essentiell für die Gastgeber erwies. Eine weitere Ingredienz des Rezepts „United“ war das schnelle Überbrücken des hinteren Mittelfelds. Der Ball wanderte meist direkt von Evra zu Giggs, oder eben in die Zentrale, wo Routinier Paul Scholes zu Werke ging. Sich schnell vor den Strafraum der Citizens vorarbeiten, erwies sich als durchaus lösbare Aufgabe.

Weniger erfolgreich war man im Kreieren von Torschussmöglichkeiten. Starkes Indiz: Nach 10 Minuten war ein 20-Meter-Schuss von Nani (knapp übers Tor) die erste nennenswerte Gefahr für das Tor von Blues-Keeper Hart. Fünf Minuten später vergab Yaya Toure eine Kopfballgelegenheit nach Freistossflanke. Eben jener Spieler fungierte rechts bis halbrechts vor dem 16er von United sowohl als Ballverteiler, wie auch als technisch versierter Eindringling. Bei mittlerweile gleichen Spielanteilen – City führte nach 22 Minuten mit 51:49 in der Ballbesitzstatistik – waren die Gäste das gefährlichere Team.

Toure agierte auf seiner Position höchste effektiv, obwohl diese Abwehrseite vom Gegner nominell besser besetzt war (Evra, Vidic) als gegenüber (Smalling. O’Shea). Des Rätsels Lösung fand sich in Evras zu Beginn undiszipliniertem Abwehrverhalten. Die meist in abgefangenen Querpässen Vorstösse von Man United über die linke Seite erlaubten oft den Vorstoss in Löcher, die Evra mit seinem weiten Aufrücken hinterlassen hatte. Und weil auch Vidic häufig weit aufrückte,  zeigte die Defensive der Roten einige Unsicherheiten in der Rückwärtsbewegung. Dazu musste Anderson, der im ganzen Spiel eher unauffällig war und nicht seinen besten Tag erwischt hatte, deswegen oft hinten bleiben.

Nani entscheidet Halbzeit

Nach 25 Minuten entdeckte United langsam auch die rechte Seite als Vorstossweg, was allein der Umtriebigkeit von Nani zu verdanken war. Der als RV eingesetzt O’Shea agierte dahinter in seiner Rolle als Verteidiger solide, steuerte zum Offensivspiel aber nur wenig bei. Ähnliches gilt für Smalling, bei seinem erst 4. Saisoneinsatz in der Startformation. Grundsätzlich lief das Gros der United-Vorstösse immer noch auf der linken Seite. Milner agierte häufig zu mittig, womit Evra und Giggs ausreichend Platz zum Durchmarschieren und -passen blieb. ManCity-RV Richards benötigte daher nicht nur einmal die Unterstützung seines Nachbarn Kompany. Vor ihm ackerte Barry brav, der an diesem Abend aber nicht über sich hinaus zu wachsen vermochte. Nicht nur einmal zog er gegen Mittelfeldfreigeist Scholes den Kürzeren.

Weil das Zusammenziehen der Abwehr gut klappte, die Zusammenarbeit zwischen Richards und Kompany funktionierte und Giggs Präzision beim Querpass zu wünschen übrig ließ, passierte erst einmal wenig Brenzliges. Anderson hatte sich mit seiner unfreiwilligen Defensivrolle mittlerweile angefreundet und Smalling war warmgelaufen – auch bei Manchester United kehrte nun hinten Stabilität ein. Die Mitte der ersten Spielhälfte war geprägt durch ein schön anzusehendes Hin und Her ohne echter Torchancen. Unterbrochen wurde das Spielchen lediglich durch einen unplatzierten Kopfball von Fletcher nach einer Flanke von Giggs (34′).

Und dann knallte es plötzlich. Rooney erwischte einen flott gespielten Mondball und leitete ihn mit Mühe zu Giggs weiter. Der fackelte nicht lange und brachte den Ball in den Lauf von Nani, der sich gegen den ungeschickt agierenden Zabaleta durchsetzen konnte und das 1v1 mit Hart für sich entscheiden konnte (41′).

Es war die erste Aktion, an der Rooney deutlich wahrnehmbar beteiligt war. Der sich langsam aus der Formkrise arbeitende Stürmer hatte sich bis dato zwar brav in den Angriffaufbau eingeschalten, in seiner Funktion als Spitze aber noch nichts von Bedeutung vollbracht. Nanis Führungstreffer kippte das eher für City ausschlagende Momentum völlig. Bis zum Abpfiff nach 45+2 Minuten stand der Strafraum der Citizens unter Dauerbelagerung. Für ein 2:0 langte es nicht, immerhin verfehlte Giggs das Tor aus 25 Metern nur knapp (45′).

Dzeko trifft, oder auch nicht

Die zweite Hälfte wurde mit Elferalarm eingeleitet. Yaya Toure fiel im United Strafraum, doch wie die Zeitlupe zeigte, viel zu leicht. Am Ende hätte sich Toure auch über eine Verwarnung für eine Schwalbe nicht beschweren können.

Ansonsten setzte sich das muntere Box-to-Box-Spiel fort. Mancini sah die Zeit gekommen, um zu reagieren. Der unscheinbar gebliebene Kolarov musste für Wright-Phillips weichen (52′), wenig später stockte der Blues-Coach die Offensivabteilung zu Ungunsten der Zentrale auf (Dzeko für Milner, 60′). Akute Torgefahr brannte nach 62 Minuten auf – Fletcher schickte Giggs, der narrte die Außenverteidigung und arbeitete sich auf der linken Seite knapp bis zum Tor vor. Der zurückgeeilte Barry war schließlich als Erster bei der folgenden, kurzen Flanke und verhinderte Schlimmeres.

Ähnlich überraschend wie die Führung von United erfolgte nun der Ausgleich von City. Einem Vorstoss auf der linken Aussenbahn folgte nett anzusehendes Kurzpassspiel Richtung Zentrum. Letztlich erreichte der Ball Dzeko, der einfach mal drauf hielt. Vor ihm befand sich ein Dreierblock aus Spielern, der Ball krachte Silva auf den Buckel und wurde unerreichbar ins linke Eck von van der Sars Tor abgefälscht. Und plötzlich war alles wieder offen (65′).

Eine weitere Überraschung: Dzeko erzielte an diesem Abend nicht sein erstes Tor in der Premier League, denn der Treffer wurde Silva zuerkannt.

Ale Ferguson sah die Felle davonschwimmen und nahm Anderson aus dem Spiel. Für ihn betrat der Führende der Premier League Torschützenliste, Dimitar Berbatow, das Grün des Old Trafford. Der Bulgare ordnete sich hinter Rooney ein, kombinierte wenige Male gefällig mit Nani, blieb sonst aber wirkungslos. Ähnlich wie Rooney reichte es für ihn an diesem Abend nicht zu mehr als ein paar Verzweiflungstaten.

Während den Citizen trotz Ausgleichstreffer kein Knopf im Angriff aufging, arbeitete sich Nani unermüdlich an den beiden Seiten des Gäste-Strafraums ab. Kombinieren, Bälle verteilen, Flanken, Alleingänge. Er bildete in der zweiten Reihe, gemeinsam mit Paul Scholes, das „dynamische Duo“, auf dessen Taten der Großteil der von Man United ausgehenden Gefahr zurückging. Ryan Giggs hingegen ging langsam aber sicher die Kraft aus, und so begann der Altstar sich mehr nach hinten zu orientiere, und den Platz vor sich an Berbatow abzugeben.

Rooney

Das erwähnte Zweigespann war es auch, dass dieses Spiel entschied. So schön der Treffer von Rooney auch war (ein heißer Anwärter auf das „Tor des Jahres“ übrigens), zu einem erheblichen Teil geht er auf das Konto von Scholes und Nani.

Der Reihe nach: Ein beinahe verloren geglaubter Ball wurde von Scholes durch den Korridor in technisch brillianter Manier auf den rechts ausreissenden Nani gespielt. Der richtete sich den Ball nur kurz her und schlug eine scharfe Flanke in die Mitte. Dort begriff Rooney, dass das Leder ein wenig zu viel rückdrehendes Effet mitbrachte, und setzte zum Fallrückzieher an. Dessen perfekte Ausführung wird man im Fernsehen sicher noch öfter zu sehen bekommen und als Resultat der spektakulären Einlage schlug der Ball im langen Eck ein. Goalie Hart blieb nichts anderes übrig, als wie angewurzelt stehen zu bleiben und dem Geschoss ungläubig nachzusehen (78′).

Ob dieses Sensationstor reicht, um Rooney ganz aus seiner Formkrise zu hieven, wird sich zeigen. In seinem Gesicht spiegelte sich jedenfalls mehr als bloße Erleichterung.

12 Minuten plus Nachspielzeit waren aber noch zu spielen und der Sieg längst nicht in trockenen Tüchern. Alex Ferguson beordete sein Team weiter nach hinten, verwies Berbatow weiter in die Zentrale und nahm dafür Scholes aus dem Spiel, der sein Tagwerk mehr als erfolgreich verrichtet hatte. Die Reihe vor der Abwehr wurde mit Michael Carrick verstärkt (78′).

Letztlich entschied United die folgende Abwehrschlacht für sich, wenngleich Dzeko und Toure noch die eine oder andere brenzlige Situation provozierten. Zwei Konterversuche von Manchester United blieben ebenfalls fruchtlos.

Fazit

Natürlich, Rooneys Tor der Sonderklasse war das Highlight des Spiels. Doch so oft der Treffer auch über die Bildschirme dieser Welt flimmern wird – die Köpfe hinter Uniteds Heimsieg sind andere. Besonders zu erwähnen wäre da Ryan Giggs, der eine Stunde lang Herz und Seele der linken Seite war. Dann wäre da auch noch Paul Scholes, dessen vielseitige Arbeit in der Offensivzentrale schwer zur Überlegenheit der Gastgeber in der zweiten Spielhälfte beigetragen hatte.

Tja, und dann wäre da der Mann des Matches: Nani. Zu finden auf beiden Seiten, wichtiger Passgeber vor dem Strafraum, Torschütze zur Führung und Assistgeber zur Entscheidung. Der Portugiese, einst als Ersatz für Landsmann Cristiano Ronaldo geholt, ist aus dem Angriff der Red Devils nicht mehr wegzudenken. Mancini – der weiter auf seinen ersten Derbysieg warten muss – sollte sich das dick und fett im Notizbuch vermerken. (gp)


szólj hozzá: Mu2-1MaC