Österreich muss sich im letzten Länderspiel 2010 daheim Griechenland geschlagen geben. Samaras und Fotakis beweisen, dass Effizienz im Zweifelsfall vor Ballbesitz kommt und Langsamkeit keine Tugend ist.
Kein Zweifel bestand allerdings darin, dass Griechenland zwar einen neuen Trainer, aber immer noch die alte Taktik hat. Von Anfang an bewegte sich das 4-2-3-1 mit Solospitze Samaras keinen Milimeter zu weit nach vorne. Überrascht von der eigenen Statik hätte das beinahe zum Führungstreffer Österreichs (auch als 4-2-3-1 unterwegs) geführt.
Nach nicht einmal einer Minute wurde Maierhofer vor dem Strafraum gelegt und Arnautovic traf nur die Mauer. Drei Minuten darauf wurde der Sturmriese zu hart angepackt, diesmal nach einer Flanke im Strafraum. Der Schweizer Schiri Sascha Kever entschied auf Strafstoss.
Zum Elfmeterpunkt trat Geburtstagskind Florian Klein, der statt seiner selbst aber die Gäste beschenkte. Viel zu unplatziert schoß er in die linke Torhälfte, wo Tzorvas ihn abtauchend parierte. Auch für den Nachschuss reagierte der Rechtsverteidiger zu langsam, und so war die Topchance dahin.
Es folgten 10 Minuten fruchtlose Bemühungen Österreichs und solide Verteidigung der Griechen. Bis dann in Minute 16 Torossidis rechts durchbrach, mit dem Stanglpass aber keinen Abnehmer fand. Eine erste Warnung. Im Gegenzug setzte Arnautovic einen Ball aus 20 Metern neben das Tor.
Maierhofer zeigt, was er kann
Die Griechen hatten nun gemerkt, dass Angriffe und schnelle Gegenstösse über Rechts besser funktionieren (Torossidis, Kone). Denn Christian Fuchs bot wie üblich einen sehr offensiv ausgerichteten Linksverteidiger, was geeignet war um ein Loch aufzumachen und die gut spielenden Innenverteidiger mitzubeschäftigen. Der als linker Defensivmann spielende Klein hingegen nahm seine Rolle wahr wie schon beim Belgien-Spiel. Bieder und defensiv, kaum Vorstösse über die Mittellinie. Sein unmittelbarer Gegner war oft der AV Tzavellas, über den die Vorstösse auf der rechten Seite der Griechen meist liefen.
Bei den Griechen spielten also beide Aussenverteidiger wichtige Rollen in der Offensive. Bei Österreich musste die Zentrale mehr rackern. Als Ballverteiler fungierte hier hauptsächlich Junuzovic, sowie die bei Notwendigkeit oft in die Mitte rückenden Kavlak und Arnautovic.
Der eben angesprochene Neo-Bremer hatte nicht seinen besten Tag, zeigte aber neben mehr oder weniger erfolgreichen Technikeinlagen auf teamdienliches Spiel. Gleiches gilt für David Alaba, dem man jedoch die mangelnde Spielpraxis ansah – als Experiment war sein Einsatz durchaus gelungen. In der Mitte wirbelten Junuzovic und Kavlak. Insbesondere die Achse Junuzovic-Arnautovic war in der ersten Hälfte das bestimmende Element für die rotweißrote Offensive, die oft als 4-3-3 funktionierte.
Es war dann auch der heute überraschend gute Stefan Maierhofer, der vom Schwung auf Links profitierte und nicht, wie schon gesehen, fremdkörperartig vorne herumirrte. Und nicht nur dass, sondern über weite Strecken konnte er allein mit seiner Präsenz die Griechen nervös machen. Einen Freistoss von der linken Strafraumgrenze erreichte er schließlich vor Griechengoalie Tzorvas, welcher daraufhin zu Unrecht reklamierte und vom Schiedsrichter bestätigt wurde. Nach dem verschossenen Elfmeter hätte es spätestens hier 1:0 stehen müssen. Zum Unvermögen gesellte sich nun Pech.
Wenig später hatte Maierhofer gleich zwei Gelegenheiten, für ausgleichende Gerechtigkeit zu sorgen. Ein Schuss aus spitzem Winkel verfehlte das lange Eck. Und nachdem ein Fehlpass ihm eine 1 vs 2-Situation bescherte, zeigte er Nerven und vertendelte den Ball.
Führung für die Falschen
Es stand nach wie vor 0:0, es roch aber stark nach einer Führung der Gastgeber im Happel-Oval.
Geruch kann manchmal täuschen. Der in der Pause laut Abmachung für Macho eingewechselte Gratzei musste vier Minuten nach Wiederanpfiff schon hinter sich greifen. Der ebenfalls zur Pause eingewechselte Fotakis war über Rechts erfolgreich und brachte eine Flanke auf Samaras an. Die schlug im kurzen Eck ein, der am falschen Bein stehende Gratzei hatte zudem keine freie Sicht auf den Schützen und demnach auch keine Chance mehr (49′). Auch Florian Klein sah in dieser Szene nicht gut aus, denn er hätte den Torschützen eigentlich decken sollen.
Entgegen des Spielverlaufs, doch der griechischen Spieltradition folgend, führten die Südeuropäer dank ihrer ersten, echten Chance. Fairerweise muss man erwähnen, dass sie seit dem Wiederanstoss auf dieses Tor gedrängt hatten und das österreichische Kickerensemble darauf ganz und gar nicht eingestellt war.
Immerhin, Junuzovic hatte kurz darauf den Ausgleich am Fuss, als er sich nach einem Pass von Fuchs gut löste. Es folgten die Veli-Kavlak-Minuten.
Didi nimmt den Motor raus
Offenbar angespornt vom Rückstand, begann er nun damit, das Spiel nach vorne zu peitschen. Nicht nur durch entsprechende Passarbeit im Mittelfeld, sondern auch durch eigene Vorstöße. Hierzu wich er öfter auf die rechte Seite aus und vernaschte in einem Moment auch mal zwei Gegner.
Es zeigte sich nicht zum ersten Mal, dass die griechische Hintermannschaft mit schnellem Spiel leicht überfordert war.
In Minute 58 hatte Didi Constantini dann den Einfall, den eben groß aufspielenden Kavlak auszuwechseln und anstatt seiner Marc Janko zu bringen. Die Idee war wohl, die Griechen mit einem zweiten, großen Strafraumstürmer hinten noch mehr zu fordern. Österreich spielte nun ein System, das zwischen 4-1-3-2 nd 4-2-2-2 pendelte.
Der fehlende Kavlak machte sich allerdings bemerkbar. Österreich blieb weiterhin dominierend im Ballbesitz, in den griechischen Strafraum gelang der Ball jetzt aber viel seltener. Über Arnautovic und Junuzovic gelangte er vor den Strafraum, aber nicht weiter. Maierhofer war mittlerweile eine gewisse Müdigkeit anzusehen und marc Janko brauchte seine Zeit um auf Touren zu kommen.
Verzweiflungstat
Es war Christian Fuchs, der das Stalemate vor dem Strafraum löste, in dem er in Minute 67 einen Gewaltschuss aus 25 Metern ins kurze Eck wuchtete. Die Griechen hatten bereits begonnen, sich einzuigeln, und ihr 4-2-3-1 auf ein dichtes 4-3-2-1 umgestellt – mit Samaras als vereinsamte Konterspitze. Dieser Wall wäre ohne dieser erfolgreichen Verzweiflungstat vermutlich nicht knackbar gewesen, denn die Griechen verstehen es, hinten geschlossen zu stehen.
Ein Sieg war wieder machbar, Fuchs rüttelte mit einem Freistoss am Führungstreffer, setzte den Schuss aber zu genau auf Tzorvas.
Maierhofers Müdigkeit war auch dem Teamchef aufgefallen, und so schickte er Roland Linz für ihn auf den Rasen des Happel-Stadions. Auch für den blass gebliebenen Yasin Pehlivan war der Arbeitstag beendet, und der Bad Boy aus Brüssel – Paul Scharner – lief ein. Bei den Griechen ersetzt Fetfazidis Salpingidis.
Wie man die ganz und gar nicht pfeilschnelle Abwehr der Gäste knacken kann, demonstrierte das Team in der 72. Minute. Junuzuovic entkam seinem Gegner auf der rechten Seite und brachte den Ball vor Strafraumhöhe in die Mitte zu Arnautovic. Der zögerte nicht lange und schob weiter für Linz – die Griechen hatten großzügigerweise ein Loch gelassen – der aus kurzer Distanz das Tor nicht traf.
Zweimal schnell, zweimal erfolgreich
Es war dies eine der mittlerweile sehr seltenen, herausgespielten Chancen. Österreich ließ sich vom langsamen Zentralspiel der Griechen einschläfern und agierte mit fortschreitender Zeit wesentlich fehlerhafter. Das Spiel plätscherte in Harmlosigkeit dahin, bis Griechenland wieder in Führung ging.
Mit der zweiten schnellen Aktion gelang den Gästen ihr zweiter Treffer. Ein Angriff der Hausherren wurde im hinteren Mittelfeld abgefangen. Der aufgerückte Tzavellas schickte Samaras. Auf den konzentrierten sich alle drei hinten verbliebenen Defensivleute. Fotakis hatte dementsprechend viel Platz auf der rechten Seite – Fuchs war erst am Rückweg von einem Offensivausflug – und wurde mustergültig bedient. 1:2. (81′)
In Minute 83 war es dann ORF-Kommentator Michael Roscher, der einen gewaltigen Aussetzer fabrizierte. Entgegen aller Tatsachen behauptete er in einer halbpathetischen Motivationsansprache, dass Österreich in Belgien mehrmals einen Rückstand aufgeholt hätte. Nichts gegen das Versprühen von Hoffnung, aber das geht dann doch ein wenig zu weit.
Gratzei verhindert Schlimmeres
Fünf Minuten vor Schluss legte Griechen-Coach Santos erneut den Hebel um. Georgadis ersetzte Christodoulopoulos. Der war dafür gedacht, weiter Konter zu unterstützen und mache es sich im Mittelfeld bequem. Griechenland verteidigte nun ausschließlich und wartete auf die Gelegenheit zum Gegenangriff.
Die sich auch bot, weil Österreichs Spiel in der aufkommenden Hektik zwar immer weiter nach vorne orientiert war, die Ordnung aber zerfiel. Einzig und allein Gratzei ist es zu verdanken, dass sich der Rückstand in den letzten Minuten nicht vergrößerte. Erst parierte er einen Distanzschuss von Karagounis, Sekunden später musste er sich mit einer Abwehr aus wenigen Metern auszeichnen.
Der als allerletzter Joker eingewechselte Jantscher brachte noch einen Pass auf Scharner an und vergab in den letzten Sekunden des Spiels selbst eine Ausgleichschance. Es blieb beim 1:2 und einer Heimniederlage zum Abschluss des Länderspieljahr.
Fazit
Griechenland siegte, weil sie ihre wenigen Chancen gut nutzten und sicher verteidigten. Trotzdem lieferten sie kein Meisterspiel und wären zu schlagen gewesen. Österreich scheiterte zuerst an der Chancenverwertung und im späteren Verlauf an der erzeugung gefährlicher Angriffen, nachdem Constantini die treibende Kraft namens Kavlak aus dem Spiel nahm. Erst gegen Ende, als auch die Griechen langsam müde wurden und das Wechseltriple Jako, Linz und Scharner besser ins Spiel fanden, gelangen wieder brauchbare Vorstöße in den Strafraum.
Florian Klein ist aktuell ein Schwachpunkt in der Defensive, da er als AV sehr wenig nach vorne arbeitet und aktuell nicht das beste Stellungsspiel abliefert. Hier sollte man Alternativen dringend andenken. Oder noch besser, eine Versöhnung mit Garics herbeiführen, der wesentlich moderner agiert als Klein.
Tore wie das 1:2 darf man schlichtweg nicht bekommen, dass sich drei Spieler auf einen Gegner stürzen und einem weiteren somit den Raum öffnen, weist auf ein Kompetenzproblem hin. Es fehlt die Ordnung beim Rückzug.
So muss man sich summa summarum einem Gegner geschlagen geben, der bis auf Kaltschnäuzigkeit heute keine Qualitäten bewiesen hat, mit denen man nicht fertigwerden könnte.
Constantini hat zwar die Offensive mit der Herausnahme von Kavlak spürbar geschwächt, trotzdem war seine trainerische Leistung heute nicht der Hauptgrund für die Niederlage. Das Team war zu Beginn richtig eingestellt. Dem vergebenen Elfmeter und dem zu Unrecht aberkannten Tor von Maierhofer darf man wohl ein, zwei Tränen nachweinen. Doch auch ohne diesen Gelegenheiten, hätte man schon in Halbzeit eins einen Vorsprung erarbeiten können, ja sogar müssen. Der Fehler lag in der Abwehr, die sich an die Harmlosigkeit des griechischen Spiels gewohnt hatte und von zwei schnellen Angriffen zwei mal überfordert war. Die Personalie Klein muss man diskutieren, von Schiemer und Prödl muss man jedoch mehr erwarten.