Südafrika 2010 – Achtelfinals 1 und 2 | Die US-Boys präsentierten sich gewohnt willensstark – die Ghanaer dafür effizient – zu kurz kam letztlich die Kreativität. Wie auch bei den Südkoreanern: Sie scheiterten gegen Uruguay letztlich an der Unfähigkeit, aus dem Spiel für Torgefahr zu sorgen.
Uruguay – Südkorea 2:1 (1:0)
Die Außenverteidiger der Koreaner erwiesen sich in den Gruppenspielen zuweilen als Schwäche – und diese suchten die Urus gleich auszunützen. Und es dauerte in der Tat nicht lange, bis das belohnt wurde: Schon in der 8. Minute große Verwirrung in der koreanischen Abwehr, RV Cha steht in der Mitte, LV Lee verliert Suárez hinter im aus den Augen, und schon stand’s 1:0 für Uruguay.
Die Südamerikaner waren wieder mit de facto drei Stürmern angetreten, mit Suárez zentral, Forlán etwas dahinter und Cavani über die rechte Seite. Mit ihrem flotten Beginn und dem frühen Tor versetzten sie Den Koreanern erst mal einen Schlag, von dem sie sich nur langsam erholten. Die Uruguayer lehnten sich mit der Führung im Rücken und dem Spiel im Griff etwas zurück und ließen den Koreanern dann aber immer mehr Ballbesitz. Sie standen im Mittelfeld allerdings so gut, dass es den Asianen lange nicht möglich war, ihr schnelles Kurzpassspiel aufzuziehen, sondern zu langen Bällen fast gezwungen waren – welche gegen die robusten Urus natürlich nicht zielführend waren.
Lediglich über die rechte Seite vergaßen Álvaro Pereira und Fucile desöfteren auf Cha, der in der Vorwärtsbewegung wesentlich stärker ist als nach hinten. So richtig drehten die Koreaner dann erst nach der Pause auf – dann aber so richtig. Die Urus standen nun sehr tief und da Cavani nun endgültig ins Mittefeld zurück wanderte, stellte sich die Formation der Uruguayer nun als recht klassisches 4-4-2 dar. Den Koranern war es nun möglich, im Zentrum ein personelles Übergewicht zu erzeugen, weil die Außenverteitiger Cha und Lee YP nun verkappte Außenstürmer spielen konnten. Der Lohn für die Bemühungen war der verdiente Ausgleich.
Doch anstatt nun in große Verwirrung zu verfallen, schalteten die Uruguayer den Schalter von einer Minute auf die andere wieder auf Offensive, womit die Koreaner nicht allzu viel anzufangen wussten. So dauerte es nicht allzu lange, ehe Suárez mit seinem wunderbaren Tor zum 2:1 den Endstand herstellte – auch, weil die Koreaner ihre letzte Chance kurz vor dem Schluss kläglich vergaben.
Fazit: Mit dem Team aus Uruguay hat die reifere Mannschaft gewonnen, die das Spielgeschehen sofort wieder in die Hand nehmen konnte, als dies nach dem Ausgleich notwendig war. Den Südkoreanern fehlte es vor allem an der Torgefahr aus dem Spiel heraus – im ganzen Turnier haben sie sich nicht ein einziges Tor aus dem Spiel selbst vorbereitet…
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USA – Ghana 1:2 n.V. (1:1, 0:1)
Die Partie begann flott und beide Teams zeigten, was sie eigentlich so drauf haben. Flott ging es hin und her, schön wurde kombiniert, die Ideen sprühten, Ghana schoss ein Tor. Kevin Prince Boateng fand spektakulär das kurze Eck, Minute 6.
Das frühe Gegentor veranlasste die US-Boys zuerst einmal eine halbe Stunde lang (mehr oder weniger gut kombiniert) nach vorne anzurennen und sich beinahe Kontertore zu fangen – Ghana dominierte und forderte Tim Howards Können mehrmals heraus (etwa ein gut angetragener Freistoß in Minute 19). Dann war etwas die Luft draussen. Bis zum Halbzeitpfiff blieben nur vereinzelte Vorstöße beider Teams, eine gefährliche Chance der USA – Findley scheiterte an Kingson – und die schwelende Gefahr der Afrikaner. Soweit, so unterhaltsam.
Dann kam Halbzeit Zwei, und exakt 17 Minuten ging es eigentlich nett weiter. Beide Teams versuchten sich wieder nach vorne zu passen, wobei die Ghanaer jetzt etwas disziplinierter auf Konterchancen warteten und weniger vorpreschten.
Schließlich schickte Feilhaber (er ließ kurz davor eine Großchance nach Zuspiel von altidore aus) den Premier League-Routinier Clint Dempsey auf die Reise in den ghanischen 16er, die von Mensah jäh beendet wurde. Der durfte letztlich froh sein, dass der Schiedsrichter seine Umräumaktion nicht als Notbremse einstufte und nur Gelb zeigte. Zum folgerichtigen Elfmeter trat dann Vorrunden-Hero Landon Donovan himself an und versenkte das Leder mit einer Mischung aus Mut und Dusel via Stange im rechten Eck. Selbst wenn sich Kingson für die richtige Seite entschieden hätte, wäre da nichts zu machen gewesen.
1:1 war nun der Stand und die Amerikaner hatten sich einmal mehr aus einem Rückstand herausgebissen. Beide Teams beschlossen aus unerfindlichen Gründen, die Vorwärtsarbeit weitgehend einzustellen. Ab und an gab es noch ein paar schlampige Kurzpässe die sowas wie kreative Offensive andeuten sollte. Aber eben nur manchmal, denn beide Teams schienen plötzlich mehr Angst vor einem Rückstand zu entwickeln als Lust auf einen Führungstreffer.
Weil beide Abwehrreihen sich als nicht übermäßig souverän bei Flanken präsentiert hatten, spiele sich am Rasen auf einmal etwas ab, was in der Sportwelt auch als „Ping-Pong“ oder „Tischtennis“ bekannt ist. Bloß mit 22 Leuten, ohne Netz und eben einem Jabulani. Der Unterhaltungswert pendelte bald gegen 0 – langsam aber sicher übermannte mich Müdigkeit vor dem TV – trotzdem lag noch Spannung in der Luft, weil ein früherer oder späterer Patzer eines Defensivteams absehbar war.
In der regulären Spielzeit sollte das aber nicht mehr passieren, stattdessen setzte man das gegenseitige Weitdreschen des Balles mit Beginn der 2×15 Verlängerungsminuten fort. Mit frühem Knalleffekt, denn es war die US-Abwehr, die zuerst aussetzte. Asamoah Gyan schnappte sich das Leder, dass Jay DeMerti und Carlos Bocanegra gnädigerweise zu zweit falsch berechnet hatten, und drückte schön zum 1:2 ab.
Der Rest ist Geschichte, weitere 27 Minuten sollte der Jabulani zumeist Langstreckenflüge durch das Stadion absolvieren – am ehesten kann man noch Ghana zugestehen, zwischendurch wirklich gespielt zu haben. Edu, in der Folgeaktion eines Feilhaber-Flachschusses in eine Horde Ghanaer, und eine Freistoßflanke konnten Kingson noch fordern. Abgesehen davon war der Wille der Amerikaner weiterhin voll intakt, nur die Mittel fehlten ihnen völlig.
Die Abwehr-Mittelfeldbrücke war in der Verlängerung völlig zerbrochen und aufgegeben, von den Prinzip-Hoffnung-Weitschlägen sollte keiner mehr die Wende bringen.
Kampfgeist ist gut, aber Kampfgeist allein kann nicht alles richten, so wie in der Gruppe mit schwächelnden Engländern (bzw. Greens Patzer im ersten Spiel), schiribeglückten Slowenen oder vorne völlig harmosen Algeriern.
Ich habe mich gefreut, dass die USA dieses Last-Minute-Tor gegen die Wüchstenfüchse vor ein paar Tagen noch geschafft haben, da ich den Teamspirit dieser Truppe sehr schätze Gleichwohl muss ich attestieren, dass das Ausscheiden heute gerechtfertigt war. Es fehlte die Kaltschnäuzigkeit, die die Ghanaer für sich wiedergefunden haben, und noch viel mehr fehlte ein Konzept gegen das Forechecking des Gegners.
Wenn Ghana vorne gefährlich und effizient bleiben kann, sind die Siegeschancen fürs Viertelfinale intakt, wenn auch als klarer Aussenseiter. Auch für die Soccerboys wäre heute mehr drinnen gewesen, trotzdem müssen sie sich für ihr Abschneiden nicht schämen. Der US-Fußball ist am aufsteigenden Ast, wenngleich es für eine echte Großmacht des Leders noch Einiges benötigt. Keep it up!
(phe/gpi)