Samstag ist Fußball. Samstag ist Ligatag in England. Heute mit einem direkten Aufeinandertreffen der momentan wahrscheinlich besten Mannschaften der Welt: Arsenal gegen Manchester United hieß es kurz nach dem Mittagessen. Kurze Version? Hat gehalten was es versprochen hat. Vier Tore, viele Chancen und beide mussten Punkte lassen, was die Meisterschaft noch spannender werden lässt – was will man mehr?
Ein in taktischer Hinsicht interessantes Spiel natürlich. Ich hab mir besonders einen Aspekt der defensiven Systeme genauer angesehen. Wie attackieren die Mannschaften? Herausgekommen sind ein paar erstaunliche Unterschiede. Natürlich: Beide Mannschaften versuchen in erster Linie Überzahl in Ballnähe herzustellen (anders als bei Wigan gegen Chelsea, aber dazu später), aber auf durchaus unterschiedliche Weise, mit unterschiedlichen Ergebnissen (beide Systeme sind selbstverständlich höchsteffektiv). Das Spiel hat mich in dieser Hinsicht sehr fasziniert: Beide Trainer haben keine wirklich defensive Mannschaft auflaufen lassen (darum gab es auch eine Vielzahl an Chancen), und trotzdem boten beide starke Abwehrleistungen.
Arsenal schafft es beeindruckend, fast das gesamte Spiel über immer eine flexibel agierende Dreier-Linie auf einen Angreifer zukommen zu lassen. Verschiebt sich das Spiel, wechseln in nahezu perfekter Flüssigkeit auch die Akteure dieser Linie. Besonders effektiv erweist sich das im Mittelfeld, weil meistens noch ein vierter Spieler dahintersteht. Gegen eine solche Abschirmung ist ein Kurzpassspiel ziemlich unmöglich. In wirkliche Probleme kam die Abwehr eigentlich vor allem dann, wenn diese defensive Grundformation irgendwo nicht eingehalten werden konnte, weil ManU zu schnell spielte. Auf Dauer wird das für die einzelnen Spieler natürlich anstrengend – gerade gegen Ende habe ich dieses System nicht mehr sehr oft entdeckt. Könnte natürlich auch daran gelegen haben, dass man nach dem 1:2 mehr riskieren musste. Überzahl herstellen ist auch das Motto an den Flanken. Kommt jemand über die Außenseite wird er sofort sowohl vom Außenverteidiger als auch vom jeweiligen Mittelfeldspieler attackiert. Damit zieht Arsene Wenger zwar aus dem kritischen Bereich in der Mitte vor dem Tor einen Spieler ab, es kommen aber nicht ganz so viele Flanken hin.
Manchester United setzt auf mehr Menpower – lässt fünf bis sechs Spieler in zwei Linien Richtung ballführenden Angreifer paralellverschieben und macht die Räume sehr eng. Des senkt den Aufwand für den Einzelnen und verdichtet das Spiel für den Angreifer (der ja in diesem Spiel fast immer einer mit der Qualität ist, einen Verteidiger überspielen zu können) natürlich noch mehr, zieht aber wertvolle Ressourcen von anderen Teilen des Felds. Diese Taktik erscheint mir deshalb anfälliger für weite Bälle. Und tatsächlich entstand aus einem solchen Lupfer über beide Reihen der erste Treffer von Arsenal.
Noch ein kurzer Einwurf zur in Österreich gängigen Meinung, man könne jungen Spielern (und zwar wirklich jungen, nicht „österreichisch jungen„) keine Verantwortung zumuten. Die Schlüsselspieler bei diesem großen Match waren Ronaldo (22), Rooney (22), Fabregas (20) und Adebayor (23).
Im zweiten Spiel des Tages, Wigan Athletic gegen Chelsea (0:2), fehlte mir ein solches erkennbares System völlig. Beide Teams suchten die 1 gegen 1 Situationen. In der (flauen) ersten Hälfte führte das dazu, dass die sehr destruktiv eingestellten „Latics“ gegen die zweikampfstärkeren Chelsea-Spieler einfach abgestunken sind. Wigan, mit einer 4-3-2-1-Pyramide angetretenen, vernachlässigte es vollkommen, Überzahl herzustellen. Vor allem an den Außenpositionen im Mittelfeld blieb Chelsea dehalb immer wieder genug Platz um steile Flanken in den Strafraum zu spielen, und auch in der Mitte blieb ein Loch hinter den beiden zurückhängenden Spitzen. Aus diesem resultierten dann auch beide frühen Gegentore (11. und 17. Minute). In der zweiten Hälfte ließ Chelsea (heute gar nicht in Spiellaune und ähnlich auf Effektivität bedacht wie unter Mourinho) Wigan das Spiel machen. Das zog die beiden zurückhängenden Spitzen (u.a. einen ordentlich spielenden Paul Scharner) mehr nach vorne, sodass der Stürmer Bent nicht mehr ganz alleine dastand. Mit etwas Glück hätte das Konzept aufgehen können. Wigan war die klar dominierende Mannschaft, konnte aber mit den wenigen wirklichen Torchancen keinen zählbaren Erfolg erzielen, sodass schlussendlich in einer nett anzusehenden zweiten Hälfte doch der letzte Tick an Spannung fehlte.
Und dann war noch Blackburn gegen Liverpool (5. gegen 6.; 0:0), dazu wollte ich aber nichts mehr schreiben sondern mich einfach nur berieseln lassen. Geprägt war das Spiel von starken Defensivleistungen in engmaschig geknüpften Verteidigungsystemen. Nur jeweils am Ende der Halbzeiten gab es Druckphasen. Blackburn schoss in der ersten Hälfte nicht genau genug (nur zwei Mal die Stange), Liverpool scheiterte im zweiten Durchgang vier Mal (vor allem am super haltenden B’burn-Keeper Friedel). Am Ende ein verdientes Remis, hätte aber sicher ein paar Tore gebraucht.
PS: Ja, der Blumenau hat mich zur Skizze motiviert.
PPS: Hier gibts eine Live-Berichterstattung vom Spitzenspiel. Sowas werd ich demnächst auch mal probieren.