Salzburg unterliegt im Hinspiel des Champions League-Playoffs gegen Hapoel Tel-Aviv verdient mit 2:3 (1:2). Es hat nicht viel gepasst an diesem Abend in Wals-Siezenheim.
Von der ersten Minute wurde klar, dass Hapoel seine Stärke aus der Geschwindigkeit seiner Stürmer zieht. Mit dem Durchbruch von Shechter und dem daraus resultierenden Elfmeterfoul von Franz Schiemer wurden die Gastgeber auf dem falschen Fuß erwischt. Damit gelang Tel-Aviv nicht nur die Führung durch Torhüter Vincent Eneyama (3.), sondern auch das Kunststück, die sonst so verlässlichen Innenverteidiger Ibrahim Sekagya und Rabiu Afolabi nervös zu machen. Zu steif waren die beiden in der Bewegung und chancenlos im Sprintduell. Die Furcht vor dem Tempo war nahezu greifbar.
Und die Gäste kamen immer wieder dazu sie auszuspielen. Der Grund dafür war eigentlich recht banal. Sahar und Shechter positionierten sich nicht ganz vorne neben den Innenverteidigern sondern rund um Schiemer, dem armen Schwein im defensiven Mittelfeld. Er konnte sich natürlich nicht um die beiden recht breit positionierten Stürmer kümmern. Und diese kamen dann im vollen Tempo auf die Verteidigung zu.
Weil mit Dusan Svento und Christian Schwegler die beiden Außenverteidiger eher weiter vorne platziert waren, taten sich hinter ihnen weiter Räume auf. Immer wieder konnte vor allem der starke Shechter dort hineinbrechen und zog damit noch die Innenverteidigung auseinander. Das und ein paar Flügelläufe war so ziemlich der einzige Zug, den Hapoel zeigte – und er genügte.
Dass Huub Stevens etwa 65 Minuten nichts dagegen tat, muss ihm angelastet werden. Als Reaktion auf diese Situation wären mir zwei Varianten eingefallen. Svento und Schwegler zurückzubeordern und eine enge Verteidigungsvariante zu wählen wäre die eine, ist aber aufgrund der sicher offensiven Natur der beiden und den dann limitierten Angriffsoptionen eher ungeschickt. Sinnvoll wäre es gewesen Schiemer im Angriffsfall gleich ganz in die Liberoposition zurückfallen zu lassen und eine Dreier-Innenverteidigung aufzuspannen, wie das diese Grafik von Zonal Marking ganz gut zeigt:
Zusätzlich zu dieser taktischen Schwäche fiel aber eine unglaubliche Schwerfälligkeit der Salzburger auf. Abseits des Balles wurde herumgetrabt. Weder gab es hartes Pressing, noch eine schnelle Rückwärtsbewegung des Mittelfeld. Besonders auffällig war das in einer Szene, als Shechter sich im Strafraum mit Sekagya matchte. Der Verteidiger schaffte es, den Stürmer zu stellen, aber die restliche Verteidigung kam ihm nicht zu hilfe, joggte locker zurück. Diese Situation ging zwar gerade noch gut, nicht aber mehr beim zweiten Gegentreffer. Eine völlig chaotische Ordnung im Defensivspiel ließ Vermouth, den neben Shechter stärksten Hapoel-Spieler, frei flanken. In der Mitte war Sahar unbehelligt zum Einköpfen bereit.
Offensive Harmlosigkeit
Der Ausgleich davor muss als Zufallstreffer gewertet werden. Zwar gelang es Salzburg, die noch nicht in der Meisterschaft stehenden Israelis zeitweise auf ihre Abstimmungsprobleme hinzuweisen, aber echte Gefahr konnten sie kaum erzeugen. Der weite Schwegler-Einwurf aus der 28. Minute kam folgerichtig nach missglückten Klärungsversuch eines Israelis zum bemühten Nikola Pokrivac, der zog aus der Distanz voll ab und hämmerte den Ball wundervoll per linker Stange ins Tor.
Im Angriff war auch deshalb nichts zu sehen, weil Joaquin Boghossian viel zu behäbig wirkte und damit gut isoliert war. Der gut spielende Jakob Jantscher (der wie Schiemer leider im Rückspiel wegen der Gelbsperre leider fehlt), der immer wieder über die Außenbahn nach vorne zog, fand im Uruguayer keinen Abnehmber. Der kaum ins Spiel integrierte Gonzalo Zarate konnte über die rechte Seite kaum für Gefahr sorgen. Er vertändelte sich immer wieder dabei, in die Mitte zu ziehen. Nur wenn Schwegler mitkam, kam von rechts auch einmal eine Flanke zur Mitte. Mahops Einwechselung (78.) für Zarate brachte vermehrt Druck über rechts. Der Kameruner hatte die Extraportion Tempo.
Die Wechsel ziehen
Nach dem 1:3 durch Shechter (Entstehung wie gehabt und allgemein in der Grafik gezeigt) hatte Stevens genug von Boghossian und brachte Roman Wallner. Der Österreicher hat zwar Probleme mit der Abstimmung seiner Laufwege, konnte aber zumindest mehr Optionen eröffnen. Mit seiner Schnellig- und Quirligkeit setzte er der Hapoel-Hintermannschaft zu und bot seiner Hintermannschaft eine Anspielstation. Dass er die Elfermöglichkeit (67.) nach einem Foul an Jantscher eher zittrig aber doch zum 2:3 nutzte, gibt ihm hoffentlich etwas Selbstvertrauen.
In der 68. Minute brachte Stevens für Schiemer den brasilianischen Neuzugang Alan. Der von Fluminese gekommene 21-jährige wurde bei der Verpflichtung als Stürmer bezeichnet, spielte aber fortan im defensiven Mittelfeld und konnte mit seiner Geschwindigkeit Shechter wenigstens etwas entgegensetzen.
Christoph Leitgeb zeigte in dieser Phase eine erfreuliche Entwicklung und versuchte das Spiel an sich zu reissen. Er rutschte als zweiter Sechser zurück (das nunmehrige 4-2-3-1 war die vorher angesprochene, späte Reaktion von Stevens auf das Problem der israelischen Taktik). Er ging dennoch immer wieder mit nach vorne und kam dabei mit Tempo von hinten angerauscht.
Mit den drei Wechseln und dieser taktischen Änderung kam endlich Schwung und Bewegung in das Salzburger Spiel. Zweimal hätte etwa der aufgerückte Svento die Möglichkeit auf dem Fuß gehabt, traf den Ball aber beide Male nicht richtig. Dass Tel-Aviv im Konter weiter gefährlich blieb, war aufgrund des Spielstands nun eine logische Folge. Auch wenn keine weiteren Möglichkeiten mehr entstanden, war die Schlussphase der Salzburger war trotzdem ihre beste im Spiel. Sie gibt zumindest einen Funken Hoffnung für das Rückspiel am kommenden Mittwoch.
Aber es ist eher eine Mission Impossible. Salzburg enttäuschte und muss sich neben der Perspektive Europa League nach den bisherigen Saisonvorstellungen auch den Hinweis gefallen lassen, dass zum Beispiel Austria Wien ein ernstzunehmender und in der Entwicklung weiter wirkender Titelkonkurrent in Österreich wartet.
(tsc)