Nigeria – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Fri, 29 Jun 2018 16:24:16 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.6.2 Afrikas Teams bei der WM: Kein Rückschritt trotz Debakel https://ballverliebt.eu/2018/06/29/wm-2018-bilanz-aegypten-marokko-tunesien-senegal-nigeria/ https://ballverliebt.eu/2018/06/29/wm-2018-bilanz-aegypten-marokko-tunesien-senegal-nigeria/#comments Fri, 29 Jun 2018 12:13:19 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=14904 Afrikas Teams bei der WM: Kein Rückschritt trotz Debakel weiterlesen ]]> Es ist paradox: Einerseits sind erstmals seit 1982 alle afrikanischen Teilnehmer in der Vorrunde gescheitert. Andererseits war es dennoch kein Rückschritt. Wir blicken auf die fünf Teams des ersten Kontinents, für den die WM in Russland vorbei ist. Die reine Punkte-Ausbeute ist mit 11 Punkten aus 15 Spielen fast gleich wie jede bei den letzten paar Turnieren – vor vier Jahren waren es zwölf Zähler gewesen.

Anders, als es in der Vergangenheit üblich war, zerfleischten sich die Teams diesmal nicht in aller Öffentlichkeit selbst – die Ägypter hielten die Spannungen zumindest bis nach dem letzten Spiel unter der Decke. Die Gründe, warum es nach Marokko (1986), Kamerun (1990), Nigeria (1994 und 1998), dem Senegal (2002), Ghana (2006 und 2010) sowie Nigeria und Algerien (2014) diesmal kein afrikansiches Team geschafft hat, liegen diesmal nicht an amateurhafter Organisation, einer korrputen Funktionärs-Kaste und individualistischen Ego-Shootern der Marke Eto’o im Spielerkader.

Die Reorganisation der Setzliste bei der Auslosung aber hat keinen Kontinent so hart getroffen wie Afrika. Dass erstmals nach FIFA-Ranking und nicht nach Geographie gelost wurde, bescherte Marokko und Tunesien Gruppen, aus denen sie realistischerweise unmöglich rauskommen konnten. Nach Papierform wäre das auf Nigeria genauso zugetroffen.

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LINK-TIPP: Afrikas Teams bei der WM 2014 in Brasilien.

Senegal: Simpel, solide, mit Potenzial

Aliou Cissé, der einzige schwarzafrikanische Teamchef bei dieser WM, hatte im Vorfeld einige System-Experimente absolviert, beim Turnier selbst spielte er aber in allen drei Spielen mit einem recht handelsüblichen 4-4-1-1 durch. Auch das Spielprinzip war relativ simpel: Umsichtige und körperstarke Innenverteidigung mit Koulibaly und Sané, kampfstarke Mittelfeld-Zentrale mit den England-Legionären Gueye, N’Diaye und Kouyaté, und nach vorne das Tempo und die Dribblings von Sarr und (vor allem) Sadio Mané.

Die Lions de la Téranga sind eine gut organisierte, sehr solide Mannschaft. Die Kehrseite der Medaille: Das Team ist auch relativ berechenbar und im offensiven Umschalten oft nicht konsequent genug. Das nützte Kolumbien im letzten Spiel – da konnte der Senegal nicht die nötigen Chancen kreieren.

Zeitweise war auch das Mitelfeld ein wenig offen (wie beim 2:2 gegen Japan) und obwohl er eine grundsätzlich recht ordentliche Figur abgegeben hat, war es auch ein Patzer des in Guinea spielenden Keepers Khadim N’Diaye gegen Japan, der zum Aus beigetragen hat. Am Ende waren es weder Punkte noch Tore, sondern zwei gelbe Karten gegenüber Japan, die den Unterschied zwischen Achtelfinale und Vorrunden-Aus gemacht haben.

Dennoch: Man darf mit dem ersten Auftritt auf der ganz großen Bühne seit 16 Jahren zufrieden sein. Das Team hat auf jeden Fall noch einen WM-Zyklus drin. Spieler wie Niang, Sarr und Wagué sind noch sehr jung und haben Entwicklungspotenzial. Für Aliou Cissé, der seit 2015 Teamchef ist, steht nun ein Afrikacup-Viertelfinale 2017 (Elferschießen-Aus gegen den späteren Sieger Kamerun) und eine sehr anständige WM-Gruppenphase zu Buche.

Nigeria: Gegen den Ball gut, mit Ball – naja

Das Team aus Nigeria verließ sich fast ausschließlich auf die defensive Stabilität. Gernot Rohr fehlte auch das Mittelfeld-Personal für ein gezieltes, offensives Ballbesitzspiel.

Der routinierte Ex-Chelsea-Spieler John Obi Mikel, der talentierte Wilfred Ndidi von Leicester, der auch noch sehr junge Oghenekaro Etebo (der vom spanischen Absteiger Las Palmas zum englischen Absteiger Stoke wechselt): Gut im Spiel gegen den Ball, aber nicht gerade kreative Köpfe.

Selbst gegen Kroatien, als Mikel nominell einen Zehner im 4-2-3-1 spielte, war dies eher als Abwehr-Maßnahme gegen Modric und Rakitic gedacht, nicht als Spielgestalter (was Mikel, bei aller Routine, nicht kann). Das 3-5-2, das gegen Island und Argentinien zum Einsatz kam, betonte die Stärken des Teams: Defensive Disziplin, Robustheit, Umschaltspiel.

Man wurde nur aus einem Eckball, einem Elfmeter, einem genialen Moment von Messi und einmal einer schlecht verteidigten Flanke bezwungen. Wie vor vier Jahren unter dem mittlerweile verstorbenen Trainer Stephen Keshi gilt aber auch 2018: Selbst ein Spiel aufziehen kann Nigeria nicht, und als Argentinien am Ende blind anrannte, gab es auch keinerlei offensive Entlastung.

Die Schwäche der Argentinier ermöglichte es Nigeria, in einer laut Papierform nicht zu überstehenden Gruppe nach dem Achtelfinale zu greifen. Es hat nicht ganz gereicht – aber man blieb ein fairer Verlierer und zerrüttete sich nicht intern. Und man hat nun den Kamerun als punktbestes afrikanisches Team der WM-Geschichte überholt. Immerhin.

Marokko: Spielerisch großartig, aber kein Stürmer

Hervé Renard heißt nicht nur „Fuchs“, er ist auch einer. Der Franzose, der schon Sambia und die Elfenbeinküste zu Afrikacup-Triumphen geführt hat, machte aus Marokkos Team in Rekordzeit die sicherlich aufregendste Mannschaft auf dem ganzen Kontinent. Vor ein paar Jahren war Marokko ein No-Name-Team, das außer einem Serie-A-Spielgestalter und einem Premier-League-Stürmer (Kharja und Chamakh) nichts hatte.

Heute ist Marokko ein Team, das alles hat – nur keinen Stürmer. Der wild rotierende Mittelfeld-Wirbel, der eine Halbzeit lang über den Iran hinweg fegte, war atemberaubend. Der Wille, mit dem man gegen Portugal den Ausgleich jagte, war beeindruckend. Und die Coolness, mit der man als bereits eliminiertes Team Spanien beinahe besiegt hätte, bestätigte den starken Eindruck, den Marokko hinterlassen hat.

Hätte Marokko am Ende sieben Punkte auf dem Konto gehabt und wäre Gruppensieger geworden – niemand hätte sagen können, es wäre unverdient gewesen. Aber: Trotz aller Dominanz wurde gegen den Iran und Portugal kein eigenes Tor erzielt und jeweils 0:1 verloren. Weder El Kaabi noch Boutaïb sorgten für die nötige Präsenz im Strafraum. Und so reichte es eben nicht zu sieben Punkten, sondern nur zu einem.

Anders als beim Senegal oder Nigeria ist diese marokkanische Mannschaft aber am Ende ihres Zyklus angekommen. Bis auf den hochveranlagten, aber schwierigen Hakim Ziyech von Ajax und Real-Madrid-Nachwuchs-Linksverteidiger Achraf Hakimi ist das komplette Team an die 30 Jahre alt oder schon drüber. Schade eigentlich.

Tunesien: Mit wehenden Fahnen, aber auch Pech

Erst war da die Auslosung, die den Tunesiern in der Gruppe Belgien und England beschert hat. Das war ein wenig Pech – denn so war das Vorrunden-Aus schon mehr oder weniger programmiert.

Und es kam auch noch Verletzungspech dazu. Der Kreuzbandriss von Kaptiän und Spielgestalter Youssef Msakni im Mai. Dann die Verletzung von Torhüter Moutaz Hassen im ersten Spiel. Die von Rechtsverteidiger Bronn im zweiten Spiel. Die von Ersatzkeeper Ben-Mustapha vor dem dritten Spiel. Die Tunesier konnten einem wirklich leid tun.

Dafür ließen sie sich nie entmutigen, und das ist ihnen hoch anzurechnen. Nach einer halben Stunde Verwirrung gegen England stellte man taktisch um, hielt bis zur Nachspielzeit das 1:1. Gegen Belgien bekam man zwar die Bude angefüllt, aber versteckte sich nicht und spielte mit. Ja, das war sicher ein wenig naiv. Aber Tunesien ging lieber mit fliegenden Fahnen unter, anstatt sich nur devot die zwei Niederlagen abzuholen.

Mit der selbstbewussten und vorwärtsgewandten Spielanlage zeigte auch Teamchef Nabil Maâloul, das er durchaus etwas bewegen kann, wenn er das Spielermaterial dazu hat. Beim Asien-Cup 2015 betreute er die völligen Blindgänger aus Kuwait, die selbst 5-Meter-Pass kaum auf die Reihe bekamen, bei drei Vorrunden-Niederlagen. Als eines von wenigen Teams switchte Tunesine zwischen mehreren Systemen (Grundlage war ein 4-1-4-1, zweite Halbzeit gegen England war es ein 5-3-2, gegen Belgien ein klares 4-2-3-1).

Die Belohnung für all das war der hochverdiente 2:1-Sieg zum Abschluss gegen Panama – nach einem frühen Rückstand. Es war der erste volle Erfolg nach 13 sieglosen WM-Spielen seit 1978. Die (in Europa überwiegend völlig unbekannten) Spieler sind auch durch die Bank noch so jung, dass dieses Team noch einige Jahre zusammenbleiben kann.

Ägypten: Harmlos auf dem Feld, unruhig im Umfeld

Nur Ägypten ist wirklich auf ganzer Linie gescheitert. Die Hoffnungen, dass Mo Salah dem Team den verblassten Glanz von drei Afrikacup-Siegen in Folge (2006, 2008, 2010) im Alleingang wieder zurückgibt, waren maßlos überzogen. Wahrscheinlich hätte das selbst ein vollkommen fitter Salah nicht geschafft. Drei Wochen nach der Schulterverletzung im Champions-League-Finale erzielte Salah zwar die einzigen beiden Tore. Die beste Leistung zeigte Ägypten aber im ersten Spiel gegen Uruguay, als Salah noch fehlte.

Die ägyptische Liga, von deren beiden Spitzenklubs Zamalek und Al-Ahly sich das Grundkorsett des Teams rekrutiert, ist laut Ranking die stärkste in ganz Afrika. Aber am Weg nach vorne fehlte es dem Nationalteam schon massiv an Tempo, Idee und Alternativen zum Plan „Gib Salah den Ball, der wird’s schon richten.“ Fünf der ohnehin nur acht Tore (in sechs Spielen) in der Qualifikationsgruppe hat Salah erzielt, ein weiteres hat er aufgelegt.

Wenn dann auch noch atmosphärische Störungen hinzu kommen, wie sie im ägyptischen Lager in Grosny im Nachgang des Turniers bekannt wurden, kommt man denn selbst in der leichtesten der acht Gruppen mit null Punkten aus dem Turnier heraus. Héctor Cúper, der Ägypten als erster Trainer nach dem großen Hasan Shehata wieder zu einigermaßen sinnvollen Resultaten geführt hat, wurde gleich nach dem 1:2 im letzten Spiel gegen Saudi Arabien entlassen.

Wer hat gefehlt?

Nicht dabei waren von den großen Namen der amtierende Afrikameister Kamerun, deren Vorgänger aus der Elfenbeinküste, dazu Ghana, Algerien und auch Südafrika. Sie haben den Cut zum Teil deutlich verpasst.

In Algerien hat nach der Trennung von Christian Gourcuff (der  Vahid Halilhodzic nach dem WM-Achtelfinale 2014 nachgefolgt war) wieder Chaos eingesetzt, man hat in den letzten zwei Jahren drei Teamchefs verbraucht und hat aktuell gar keinen – zudem steht alsbald ein Generationswechsel an. Von Schalkes Nabil Bentaleb abgesehen, gibt es aber kaum vielversprechende Talente.

Auch die Elfenbeinküste hat derzeit keinen Nationaltrainer. Der aus seiner Zeit als Belgien-Coach berüchtigte Marc Wilmots die Qualifikation gegen den gerissenen Renard und dessen Marokkaner verbockt und wurde entlassen, ein kolportiertes Interesse an Frank de Boer war offiziell nicht vorhanden. Aktuell leitet U-21-Teamchef Ibrahim Kamara das Team. Nach dem Ende der Generation um Drogba und die Touré-Brüder sind die Hoffnungsträger nundSerge Aurier (Tottenham), Franck Kessié (Milan) und Eric Bailly (Man Utd). Es fehlt aber ein wenig an der Breite.

Das selbe Problem hat auch der neue Kamerun-Teamchef, die Spieler-Legende Rigobert Song. Der Titel beim Afrikacup 2017 sieht mittlerweile eher wie ein Ausrutscher nach oben aus. Song hat einige starke Spieler zur Verfügung (Aboubakar von Porto, Zambo-Anguissa und N’Jie von Marseille und dem in China spielenden 2017er-Shooting-Star Bassogog), aber wie bei den Ivorern gibt es sonst nicht mehr als Durchschnitts-Qualität.

James Kwesi Appiah, der Ghana bei der WM 2014 eher suboptimal geführt hatte, ist seit einem Jahr wiederum Teamchef, konnte die schon unter Vorgänger Avram Grant verhaute WM-Quali aber nicht mehr retten – die Resultate dort und in Testspielen (2:0 gegen Japan, 1:1 gegen Ägypten, 3:0 gegen Saudi-Arabien) sehen aber okay aus. Unter ihm ist auch der Ex-Lustenauer Raphael Dwamena zum Teamspieler geworden.

Und Südafrika wird wohl so lange nicht aus der Talsohle kommen, solange niemand aus der gut organisierten und finanziell realtiv soliden, sportlich aber bestenfalls mittelmäßigen heimischen Liga den Sprung nach Europa wagt. Seit der WM von 2002 hat sich die Bafana Bafana für keine WM auf sportlichem Weg qualifizieren können, beim Afrikacup war man im gleichen Zeitraum nur einmal im Viertelfinale, aber gleich dreimal nicht qualifziert.

So geht es weiter

Im Sommer 2019, also in genau einem Jahr, steigt im Kamerun der erste Afrikacup nach der Turnierreform: Erstmals werden 24 statt wie bisher 16 Teams dabei sein, dazu wird das traditionell im Jänner bzw. Februar ausgetratene Turnier in den Juni verlegt. Die Qualifikation dafür (zwölf Vierergruppen, in denen jeweils die Top-2 das Ticket buchen) hat bereits mit einem Spieltag begonnen. Im September geht’s weiter.

Mit der Erweiterung ist quasi sichergestellt, dass keiner der großen Namen das Turnier verpassen wird. In den letzten Jahren hatten stets vermeintliche Favoriten die Qualifikation in den Sand gesetzt – wie Ägypten (2012, 2013, 2015), Nigeria (2012, 2015), Kamerun (2012, 2013), Algerien (2012), Südafrika (2010, 2012) und der Senegal (2010, 2013).

Die Erweiterung würde es theoretisch erlauben, dass Teams bzw. Trainer längerfristig etwas aufbauen können, ohne bei einem verpassten Afrikacup gefeuert zu werden und gleich wieder bei Null anfangen zu müssen. Die allgemeine Qualität des Turniers wird vermutlich nicht dramatisch sinken. Zum einen waren schon die letzten vier, fünf Turnier phasenweise kaum anzusehen, zum anderen besteht zwischen den Teams auf den Rängen 10 bis 25 in Afrika kaum ein nennenswerter Niveau-Unterschied.

Andererseits – und das ist beispielsweise im arabischen Raum ähnlich – wird die Chance zum langfristigen Aufbau so oder so nicht ergriffen. Der letzte Trainer, der in einem großen Land über mehrere Jahre hinweg arbeiten durfte, war Hasan Shehata in den Nuller-Jahren in Ägypten.

Das wird nun auch für den Senegal mit Cissé, für Nigeria mir Rohr, für Marokko mit Renard und für Tunesien mit Maâloul die größte Frage in der mittelfristigen Zukunft sein: Dürfen sie weitermachen?

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Afrika bei der WM 2014: Super-Ansätze und Super-Chaos – einmal mehr https://ballverliebt.eu/2014/07/01/super-ansaetze-und-super-chaos-bei-afrikas-teams-einmal-mehr/ https://ballverliebt.eu/2014/07/01/super-ansaetze-und-super-chaos-bei-afrikas-teams-einmal-mehr/#comments Tue, 01 Jul 2014 10:25:22 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10362 Afrika bei der WM 2014: Super-Ansätze und Super-Chaos – einmal mehr weiterlesen ]]> Man würde es ja so gerne sagen. Dass das Klischee vom afrikanischen Fußball, der sich durch amateurhafte und/oder korrupte Funktionäre, vorsintflutliche Strukturen, haarsträubende Fehler und ungesunder Team-Hierarchien selbst aus dem Rennen nimmt, nicht mehr stimmen würde. Das Traurige ist nur: Bei dieser WM haben vier von fünf afrikanischen Teilnehmer wieder ein unerschütterliches Talent dafür gezeigt, sich selbst ins Bein zu schießen. Manche mehr als andere natürlich, und schließlich schafften ja auch erstmals zwei CAF-Teams den Sprung ins Achtelfinale.

Das war aber eher starken Trainern zu verdanken, die ein funktionierendes Team formten und das Chaos im Umfeld abzuschirmen versuchten. Aber keiner generellen Trendwende.

Algerien: Geringer Beinschuss-Faktor

Die rühmliche Ausnahme bildete ausgerechnet jenes Team aus dem afrikansichen Quartett, von dem man sich m Vorfeld am wenigsten erwartet hatte. Weil es sich in der Quali extrem schwer tat und es jenes Team ist, von dem einem die wenigsten Spieler geläufig sind. Aber schon in unserer Abschluss-Analyse nach dem letzten Afrika-Cup sagten wir nach dem algerischen Vorrunden-Aus

„Algerien machte schon ziemlich viel richtig. Ein gutklassiger Kader mit vielen Spielern aus europäischen Top-Ligen, mit Vahid Halilhodzic ein guter Teamchef. Dazu eine aktive Spielanlage und das Bemühen, das Spiel selbst zu gestalten. Aber halt keinen, der die Tore schießt. Bis auf die Stürmerposition hat man einen deutlich besseren Fußball gezeigt hatte als zumindest vier der Viertelfinalisten.“

Algerien: Eigeninitiative, Teamwork, präzise taktische Vorbereitung. Bravo!
Algerien: Eigeninitiative, Teamwork, präzise taktische Vorbereitung. Bravo!

Was soll man sagen: Nun fielen auch die Tore. Obwohl es nicht so gut begann, mit einer für Halilhodzic ungewöhnlich defensiven Herangehensweise gegen Belgien, die am Ende auch bestraft wurde und die ihm heftige Kritik einbrachte. Die algerische Öffentlichkeit verlangte fliegende Fahnen, der Verband entschloss sich nach diesem Spiel, nach der WM nicht mit Halilhodzic weiterzumachen. Der einzige Unruheherd bei den Wüstenfüchsen – und nichts, was es in ähnlicher Form nicht auch außerhalb Afrikas gäbe.

Zumal Algerien dann gegen Südkorea alles auspackte, was man kann. Exzellente Technik, flinke Spieler, eine aktive Spielanlage und erstaunlicherweise auch sehr guter Abschluss. Wie überhaupt es Halilhodzic exzellent verstand, seine Mannschaft sehr gut auf den Gegner einzustellen. Dazu passte das Teamgefüge, keiner der vermeintlichen Stars scherte aus, jeder stellte sich immer voll und ganz in den Dienst der Mannschaft. Der erstmalige Achtelfinal-Einzug war der verdiente Lohn.

Und auch die Deutschen irritierte man völlig. Man kappte das schnelle Passspiel mit geschickten, kurzen Pressingläufen, zog das funktionierende Konzept eisenhart durch und wurde am Ende nur von einem praktisch nicht zu verteidigenden Geniestreich von André Schürrle geschlagen.

Wie sehr es im Team stimmt und wie gut die Spieler das Erreichte einordnen können, wurde nach dem Achtelfinale klar: Alle herzten ihren scheidenden Teamchef und auch im den Interviews überwog der Stolz über die großartige WM schon der Enttäuschung über das knappe Aus.

Nigeria: Großer Beinschuss-Faktor, aber starker Trainer

Mit Afrikameister Nigeria schaffte es noch ein weiteres CAF-Team über die Gruppenphase hinaus. Ganz ähnlich wie bei Algerien ist auch bei den Super Eagles ein überwiegend junger Kader unterwegs, in dem die Stinkstiefel aussortiert wurden (wie Taye Taiwo) oder erfolgreich ins Teamgefüge integriert (Yobo, Odemwingie). Der Grund dafür, dass das klappte, hat einen Namen: Stephen Keshi.

Denn was hinter den Kulissen passierte, spottete mal wieder jeder Beschreibung. Da boykottierten die Spieler das Training, weil sie die Achtelfinal-Prämien sofort haben wollten – aus alter Erfahrung, weil sie wussten, dass sie der Verband sonst einbehält. Am Ende zahlte der Staatspräsident und die offizielle FIFA-Prämien werden mal wieder in den Kassen der Funktionäre verschwinden. Keshi ist den Verbands-Oberen schon lange ein Dorn im Auge, weil er nicht, so wie andere einheimische Trainer in der Vergangenheit, kuschte – sondern jeden Missstand offen ansprach und anprangerte. Nur der Erfolg bewahrte dem unbequemen Keshi vor seiner Entlassung.

Nigiera:
Nigiera: Junge Truppe, klares Konzept, aber etwas einfallslos in der eigenen Spielgestaltung.

Dass er nun, nach einem schönen Erfolg – und das ist das Erreichen des Achtelfinals in jedem Fall – selbst den Hut nimmt, ist nur konsequent. Wie schon beim Triumph beim Afrika-Cup war die Spielanlage eher reaktiv und fußte auf schnelles Umschalten, gute Versorgung der Flügel und das Spiel aus einer guten Defensive heraus. Das geht, weil Vincent Enyeama (seinen Fehlern im Achtelfinale gegen Frankreich zum Trotz) ein Torhüter auf hohem internationalen Niveau ist und weil der alte Yobo den früh verletzten Godfrey Oboabona umsichtig ersetzte.

Nur gegen den sehr destruktiven Iran, als man gezwungen war, das Spiel selbst zu gestalten, agierte man etwas hilflos.

Aber sonst war das sehr okay. Auch das Fehlen von Stamm-Linksverteidiger Elderson Echiejile fiel nicht so sehr ins Gewicht, weil Juwon Oshaniwa einen guten Job machte. Der einzige, der wirklich abfiel, war John Obi Mikel: Der Mann von Chelsea spielte ein fürchterliches Turnier, produzierte Fehlpässe am laufenden Band, brachte nach vorne überhaupt nichts und war nach hinten zuweilen ein ziemliches Risiko.

Wie die Zukunftsprognose für Nigeria aussieht, hängt davon ab, ob es wieder einen ähnlich starken Charakter auf der Trainerbank geben wird wie Stephen Keshi. Das Talent, in den nächsten Jahren noch einiges zu erreichen, hat der ausgesprochen junge Kader allemal.

Wie man den nigerianischen Verband kennt, wird sich dieser aber davor hüten, wieder einen starken Mann zu installieren, der sich so bedingungslos vor die Mannschaft stellt. Ist schlecht fürs Geschäft.

Côte d’Ivoire: Hauptsächlich sportlicher Beinschuss-Faktor

Mit einem unglaublich dämlichen Elfmeter in der Nachspielzeit der letzten Gruppenpartie verdaddelten die Ivorer ihren sicher scheinenden Platz in der Runde der letzten 16. Was aber eigentlich wieder nur perfekt in die jüngere Geschichte der „Elefanten“ passt. Die fraglos talentierteste Ansammlung von Spielern in der Geschichte des ivorischen Fußballs hat noch immer einen Weg gefunden, grandios zu scheitern.

Côte d'Ivoire:
Côte d’Ivoire: Ausgeglichen ordentlich besetztes Team, aber wieder  bezwang man sich selbst.

Statt seit dem Durchbruch von Didier Drogba, den Touré-Brüdern so um 2004 herum einen Afrika-Titel nach dem anderen einzusacken und bei einer WM mal zumindest ins Viertelfinale zu kommen, stehen nun drei Vorrunden-Ausscheiden und kein einziger Afrika-Titel zu Buche.

Dabei hatte man auch diesmal alles in der eigenen Hand, hätte die nötige Qualität dazu gehabt und auch der Verband ist einer der besonneneren am afrikanischen Kontinent – er hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, als man etwa nach dem Viertelfinal-Aus im Afrikacup 2010 Vahid Halilhodzic in einer Panik-Aktion feuerte und Sven-Göran Eriksson, der das Teamgefüge nicht kannte, bei der WM ohne Chance war.

Nein, man hielt gegen die massive Kritik von Fans und Medien nach dem letzten Kontinental-Turnier an Sabri Lamouchi fest und versuchte, Ruhe und Geschlossenheit zu demonstrieren. Durchaus nicht un-erfolgreich. Lamouchi traute sich, den schon deutlich altersmüden Drogba auf die Joker-Rolle zu degradieren, sein „Ersatz“ Bony gab ihm mit zwei Toren in den drei Spielen auch durchaus recht.

Mit Serge Aurier hatte man einen der besseren Rechtsverteidiger im Turnier, mit Barry einen der bessern afrikanischen Torhüter. Auch abseits des Platzes machte man einen durchaus geschlossenen Eindruck. Und trotzdem hat es wieder nicht funktioniert.

Schön langsam gehen einem da die Erklärungen aus.

Ghana: Sehr hoher Beinschuss-Faktor

Vor vier Jahren waren die Black Stars nur eine von Luis Suárez‘ mittlerweile bedenklich vielen unsportlichen Aktionen bzw. einen verwandelten Elfmeter vom Halbfinale entfernt. Schlechter ist die Mannschaft, rein vom Potenzial her, seit dem Turnier in Südafrika nicht geworden. Aber Teamchef James Kwesi Appiah hat genau das, was sein nigerianischer Kollege Keshi geschafft hat, nicht auf die Reihe bekommen: Er verzichtete nicht auf die Stinkstiefel.

Ganz im Gegenteil: Mit der Nominierung des als äußerst schwierig bekannten Kevin-Prince Boateng – der seit der letzten WM ja nie für Ghana gespielt hat – machte sich Appiah ein Fass auf, das meilenweit gegen den Wind nach Fäulnis roch. Eine Entscheidung, die noch seltsamer wird, wenn man bedenkt, dass Appiah den gebürtigen Berliner im ersten Spiel auf die Bank setzte. Ungeschickt. Und zu allem Unglück ging die Partie gegen die USA dann auch noch verloren.

Ghana
Ghana: Gute Mannschaft, interessantes Konzept, aber zwischenmenschliche Problemfälle.

Spätestens da war das Tischtuch zerrissen. Gegen die Deutschen spielte Boateng zwar von Beginn an, wirklich zu funktionieren begann das ghanaische Konzept aber erst, als er wieder ausgewechselt worden war. Vor dem letzten Gruppen-Match gegen Portugal eskalierte der Streit, Boateng und sein Buddy Muntari wurden suspendiert. Und trotz allem Chaos fehlte bis zu zehn Minuten vor Schluss nur ein Tor, um trotz allem das Achtelfinale zu erreichen.

Weil das Konzept und die beteiligten Spieler durchaus gut und interessant waren und von der Raumaufteilung her an jene von Red Bull Salzburg erinnert. Ein Absicherer vor der Abwehr, vier extrem hoch stehende Offensiv-Kräfte und konsequent nach vorne preschende Außenverteidiger. Gegen die USA war man fast 90 Minuten das deutlich dominierende Team, Deutschland hatte man am Rande der Niederlage und gegen Portugal kosteten nur zwei haarsträubende individuelle Fehler den Sieg.

Dumm gelaufen für James Kwesi Appiah. Nicht seine taktischen Entscheidungen kosteten die nächste Runde, sondern seine personellen schon vor dem Turnier. Eine verschenkte Chance.

Kamerun: Extremer Beinschuss-Faktor

Er hat um seine Machtlosigkeit gewusst, das war schnell deutlich. Volker Finke wusste, dass er dem Chaos in seiner Mannschaft, in seinem Verband und im ganzen Umfeld hilflos ausgeliefert war. Seine Körpersprache zeigte während des ganzen, für Kamerun einmal mehr sehr kurzen Turniers die innere Emigration, in die sich Finke zurückgezogen hatte. Er ließ die WM über sich ergehen.

Weil Kamerun wie schon in den letzten Jahren in der Geiselhaft von Samuel Eto’o steckt. Egal, wer Trainer ist, egal, wer die Mitspieler sind: Der Rekordtorjäger bestimmt alles und ist der Hauptgrund dafür, dass die „Unzähmbaren Löwen“ tatsächlich unzähmbar sind – für ihre Trainer. Egal, ob die nun Finke heißen, Clemende, Le Guen, Pfister, Haan oder Schäfer. Niemand bekam die Macht eingeräumt, für professionelle Bedingungen zu sorgen. Das war schon vor Eto’o so und hat sich mit dem Ego-Shooter nur noch verstärkt.

Seit dem Viertelfinal-Einzug 1990 hat Kamerun bei fünf WM-Teilnahmen noch genau ein einziges Spiel gewonnen – 2002 gegen jene verunsicherten Saudis, die ein paar Tage davor 0:8 gegen Deutschland verloren hatten. Bei den letzten beiden Afrika-Meisterschaften war Kamerun nicht mal unter den 16 qualifizierten Teams. Und die WM erreichte man nur, weil Togo keine gelben Karten zusammenzählen konnte.

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Kamerun: Ein Desaster. Undiszipliniert, passiv, unwillig und zerstritten. Der arme Volker Finke.

Und auch auf dem Feld stimmte praktisch gar nichts. Teams von Volker Finke, vor allem jene in Freiburg, waren immer bekannt für eine extrem aktive Spielanlage, für Pressing, für flinke Angriffe und einen guten Teamgeist. All das war bei Kamerun nicht erkennbar.

Gegen Mexiko stand man nur doof in der Gegend herum und übte nicht den geringsten Druck auf den ballführenden Gegner aus. Gegen Kroatien fing man mit dem giftigen Aboubakar statt des verletzten Eto’o vorne zwar vielversprechend an, dafür passte hinten nichts, Song flog mit einer Aktion vom Platz, für die selbst ein Einzeller zu intelligent wäre, und dann gerieten auch noch Benoit Assou-Ekotto und Benjamin Moukandjo aneinander. Gegen Brasilien ging’s nur noch um Schadensbegrenzung.

Kamerun vereinte bei dieser WM (wie auch schon bei der letzten, als man auch alle drei Spiele verlor) alle negativen Klischees über den afrikanischen Fußball. Anzeichen auf Besserung gibt es keine.

Nächste Kontinental-Meisterschaft: Jänner 2015 in Marokko

Erstmals haben zwei afrikanische Teams das Achtelfinale erreicht und zwei weitere hatten realistische Chancen und hätten es beinahe geschafft. Eine umso erstaunlichere Quote, wenn man bedenkt, wie unglaublich niveaulos der letzte Afrikacup von anderthalb Jahren war. Was aber auch nur zeigt: Das sportliche Potenzial für erfolgreiches Abschneidens auf der großen Bühne wäre ja absolut da, aber immer noch verhindern vor allem Unprofessionalität außerhalb des Platzes gute Resultate.

Das Traurige ist: Selbst das ausgesprochen gute Abschneiden von Algerien, das gute von Nigeria und das Potenzial der Ivorer und von Ghana reicht nicht als Versprechen dafür, dass es jetzt auch gut weitergeht. Nigeria wird vermutlich wieder im Chaos versinken, wenn Keshi nicht mehr Teamchef ist. Bei den Ivorern steht ein Generationswechsel an, bei Ghana gibt es zu viele Egomanen und wie Christian Gourcuff bei Algerien das Werk von Vahid Halilhodzic weiterführt, kann auch keiner beurteilen.

Die Gefahr besteht, dass alles wieder in der Dahinwurschtelei versinkt, auch bei jenen Teams, die eigentlich auf einem guten Weg sind. So etwas wie „benefit of the doubt“ gibt es bei den Erfahrungen, die man mit afrikanischen Teams in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, ja leider nicht.

(phe)

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Confed-Cup 2013: Wenig bedeutendes Turnier, sehr bedeutende Erkenntnisse https://ballverliebt.eu/2013/07/02/confed-cup-2013-wenig-bedeutendes-turnier-sehr-bedeutende-erkenntnisse/ https://ballverliebt.eu/2013/07/02/confed-cup-2013-wenig-bedeutendes-turnier-sehr-bedeutende-erkenntnisse/#comments Tue, 02 Jul 2013 00:04:57 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8953 Confed-Cup 2013: Wenig bedeutendes Turnier, sehr bedeutende Erkenntnisse weiterlesen ]]> Ja, das hat durchaus Spaß gemacht. Eine ziemliche Dichte an ziemlich feinen Teams, in einem Turnier, dass war weltweite Aufmerksamkeit, aber vergleichsweise geringe Bedeutung hat. Das Resultat: Ein ausgesprochen gutklassiges Turnier mit vielen unterhaltsamen Spielen, aber (vom Gastgeber abgesehen) ohne den Druck des Gewinnen-Müssens. Ein Jahr vor der WM also eine Gelegenheit zu probieren und Erkenntnisse zu sammeln. Nicht unbedingt nur taktische, auch solche das Klima betreffend.

1.: Brasilien ist auf einem guten Weg

Grundformation von Brasilien beim Confed-Cup 2013
Grundformation beim Confed-Cup 2013

Wie viel der Sieg beim Confed-Cup im geschichtlichen Großen Granzen wert ist, darüber lässt sich trefflich diskutieren. Sicher ist aber: Gastgeber Brasilien ist sportlich auf bestem Weg, für die Heim-WM in einem Jahr gerüstet zu sein. Das Duo Thiago Silva/David Luiz in der Innenverteidigung ist auf Nationalteam-Ebene womöglich das beste der Welt, mit Marcelo und Dani Alves kommt man zumindest bei den acht teilnehmenden Nationen dem Ideal der zwei guten Außenverteidiger am Nächsten, das Mittelfeld-Zentrum hält dicht, nach vorne gibt es mit Neymar und Oscar einiges an Talent – wiewohl die beiden ihr bestmögliches Zusammenspiel noch nicht gezeigt haben.

Hauptmerkmal der Seleção unter Luiz Felipe Scolari ist vor allem die extrem druckvolle Anfangsphase in jeder Partie gewesen. Japan und Mexiko geriet da schon vorentscheidend ins Hintertreffen, Spanien im Finale musste auch einem frühen Rückstand hinterherlaufen. Allen Spielen gemein war aber auch, dass Brasilien die Intensität nach dieser starken Anfangsphase – mit dem Finale als Ausnahme – danach deutlich zurückschraubte. Man cruiste, wenn möglich auf der frühen Führung im Halbgas-Modus dem Sieg entgegen. Gegen Japan und Mexiko klappte das, gegen Italien (wo es kein schnelles Tor gab) nicht, auch Uruguay überstand diese Phase im Semifinale.

Brasilien bei der Copa América 2011
Brasilien bei der Copa América 2011

Vergleicht man die Truppe mit jener, die vor zwei Jahren bei der Copa América – wo es nach einer mühsamen Gruppenphase das Aus im Viertelfinale gegeben hatte – so erkennt man vieles nicht mehr wieder. Nicht nur personell. Beim Turnier in Argentinien machte die Seleção unter Mano Menezes nicht nur einen seltsam langsamen und uninspirierten Eindruck, sondern ließ vor allem zwei Dinge komplett vermissen: Kompaktheit im Mittelfeld und Breite im Spiel nach vorne.

„Zu wenig Bewegung, zu wenig Tempo, sehr statisches Spiel und vor allem: Ein zu großer Abstand, bzw. zu wenig Kontakte zwischen den sechs Spielern hinten und den vier vorne“, analysierten wir im ersten Gruppenspiel, dem 0:0 gegen Venezuela.

„Weil die Brasilianer wieder ein veritables Loch zwischen defensivem Mittelfeld und Offensivreihe ließen, hatten die drei Paraguayer im Mittelkreis das Zentrum sehr gut unter Kontrolle, weil wiederum nur Ramires einen Link zwischen der Defensive und Ganso und Co. darstellte. Auch von den Außenverteidigern kam wieder gar nichts“, hieß es in der Analyse vom zweiten Gruppenspiel, einem 2:2 gegen Paraguay.

„Das brasilianische Spiel verfiel in den alten Trott: Wenig Breite, viel Platz zwischen Defensive und Offensive und ein Offensiv-Quartett, dass nicht gut harmonierte, wenn der Ball doch einmal vorne war“, im Viertelfinale gegen Paraguay – das letztlich im Elferschießen verloren wurde.

Im zentralen Mittelfeld ist von der Copa 2011 keiner mehr übrig: Luiz Gustavo sorgt für Umsicht und defensive Stabilität, Paulinho – die große Entdeckung des Turniers – für den Schub nach vorne, und Oscar versuchte, sich durch extrem viel Laufarbeit immer anspielbar zu machen. Scolari packte also vor allem körperliche Präsenz ins Zentrum. Während Marcelo auf der linken AV-Position ein Fixpunkt ist, kämpft Scolari rechts hinten mit den gleichen Problemen wie seit Jahren: Dani Alves performt in der Seleção einfach nicht, Maicon ist längst endgültig kein Thema mehr, und viele Alternativen hat Scolari nicht.

Die rechte Seite mit einem schwachen Dani Alves und dem ebenfalls nicht überzeugenden Hulk ist der wohl größte Schwachpunkt, den es für die WM noch zu beheben gilt. Im Tor ist Júlio César immer noch ein guter Mann, aber nicht mehr der Weltklasse-Keeper vergangener Tage. Und bei allem Respekt vor seiner sehr ansprechenden Performance bei diesem Turnier: Brasilien hatte auch schon mal bessere Mittelstürmer als Fred. Der noch dazu der einzige echte, gelernte Mittelstürmer im ganzen Kader war.

2. Pressing- und ballbesitzorientierte Europäer werden’s schwer haben.

Grundformation von Spanien
Grundformation von Spanien

Man sollte sehr vorsichtig sein, Spanien nach einem mauen Turnier und nach den Vernichtungen von Real und vor allem Barcelona im CL-Semifinale schon abschreiben zu wollen. Immerhin wurde die U-21 gerade einmal mehr Europameister.

Aber: Der Confed-Cup zeigte sehr wohl, dass es für Teams, die ihr Spiel auf Pressing und Ballbesitz anlegen, vor allem aufgrund der klimatischen Bedingungen – heiß und schwül – sehr schwer sein wird. Vor allem, wenn man bedenkt, dass den Top-Klubs aus Spanien und Deutschland, deren Nationalteams so spielen, wieder eine lange Saison mit vielen Europacup-Partien bevorsteht.

Spanien war körperlich im Halbfinale gegen Italien schon schwer am Limit und im Finale dann komplett tot, obwohl man in der Gruppenphase das billige Trainingsspielchen gegen Tahiti hatte, anstatt drei echte Ernstkämpfe absolvieren zu müssen. Angesichts dieser Erkenntnisse gilt es, bei der WM danach zu trachten, nach zwei Gruppenspielen den Aufstieg geschafft zu haben und Verlängerungen in der K.o.-Phase auf jeden Fall zu vermeiden. Vor allem für Teams aus den hinteren Gruppen, also E bis H, wäre eine Verlängerung wohl tödlich, weil diese Teams im weiteren Turnierverlauf immer einen Tag weniger zur Regeneration haben als jene aus den vorderen Gruppen.

Darauf gilt es sich vor allem eben für Deutschland und für Spanien, aber auch für Bosnien und Holland einzustellen, will man wirklich eine Chance auf den Titel haben. Denn würde im Viertelfinale etwa die ohnehin starke Truppe aus Kolumbien, die Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit noch dazu wie kaum eine zweite kennt, und man ist physisch schon derart bedient wie Spanien beim Confed-Cup schon nach zwei ernsthaft geführten Spielen, wird garantiert Schluss sein.

3.: Reaktive Teams aus Europa dürften im Vorteil sein

Auch, wenn sich Italien im Gruppenspiel gegen Japan – dem wohl aufregendsten bei diesem Turnier – nicht so besonders geschickt anstellte, ist es dennoch so, dass man die Italiener groß auf der Rechnung haben muss. Weil Prandelli bei seinem Team, anders als etwa Del Bosque mit Spanien, aus einer Vielzahl von Systemen (4-3-2-1 gegen Mexiko und Japan, 4-4-1-1 gegen Brasilien, 3-4-2-1 gegen Spanien und wieder 4-3-2-1 gegen Uruguay), Formationen und Taktiken wählen kann, einige extrem vielseitige Spieler zur Verfügung hat (Marchisio, Giaccherini, De Rossi, etc.) sich dabei am Gegner orientiert und überhaupt kein Problem damit hat, selbst das Spiel nicht zu machen.

Dreimal verwendete Italien das 4-3-2-1
Dreimal verwendete Italien das 4-3-2-1

Weil Italien in der Regel nicht bzw. nur wenig presst, was vor allem gegen Spanien im Halbfinale auffällig war, spart das Team einiges an Kraft. Durch den relativ breiten Kader und angesichts der Tatsache, dass Prandelli zu regelmäßigen Umstellungen neigt – mal spielte Marchisio, mal Aquilani, gegenüber wechselten sich Giaccherini und Candreva ab, Pirlo bekam immer wieder seine Pausen, durch die Wechsel zwischen Dreier- und Viererkette auch Barzagli bzw. Bonucci – bekommen viele Akteure auch im Regelfall ihre Downtime.

Dass das Klima reaktive Mannschaften bevorzugt, kann aber auch für andere europäische Mannschaften von Vorteil sein. Hodgsons England fällt einem da spontan ein, auch die Schweizer. Die Portugiesen, sollten sie sich qualifizieren, könnten das auch.

Sicher ist nur: Vor allem für die europäischen Teams wird das Wetter ein ganz entscheidender Punkt werden.

4.: Südamerikanische Dominanz zu erwarten

Schon in Südafrika trumpften vor allem die südamerikanischen Teams „hinter“ Brasilien und Argentinien auf. Uruguay erreichte das Halbfinale, Paraguay das Viertelfinale, Chile das Achtelfinale (und scheiterte dort an Brasilien). Mit Spaniens 2:1 gegen Chile  gab es bis zum Achtelfinale in 19 Spielen gegen nicht-südamerikanische Teams nur eine einzige Niederlage.

Auch Uruguay zeigte sich vom System her flexibel
Auch Uruguay zeigte sich vom System her flexibel

Eine ähnliche Dominanz darf man auch nächstes Jahr erwarten – nicht nur, weil es einige richtig gute Teams aus den Conmebol-Verband sein werden, die teilnehmen, sondern auch, weil diese die klimatischen Bedingungen einfach gewöhnt sind.

Dabei ist Uruguay, trotz des Semifinales beim Confed-Cup, nicht mal der heißeste Kandidat. Óscar Tabárez ist zwar immer noch ein interessanter Trainer, dem Flexibilität in Systemfragen sehr wichtig ist – er switchte zwischen Dreier- und Viererkette, zwischen zwei und drei Stürmern, zwischen flachem und etwas windschief-rautenförmigen Mittelfeld. Aber das Team ist tendenziell überaltert und über den Zenit, den es 2010 und 2011 erreichte, schon ein wenig hinaus. Es ist seither sehr wenig frisches Blut und neuer Konkurrenzkampf in den Kader gekommen.

Zu wenige Tore: Mexiko
Zu wenige Tore: Mexiko

Aber das sehr gut funktionierende Team aus Kolumbien um die Neo-Monegassen Falcao und James Rodríguez und dem hochinteressanten Teamchef José Néstor Pekerman kann durchaus ein Kandidat für das Semifinale sein. Auch Chile, mit Jorge Sampaoli ebenso mit einem aufregenden Trainer im Amt, ist einiges zuzutrauen.

Die Kenntnis um das Klima wäre grundsätzlich auch bei Mexiko vorhanden. Dort scheitert es aber an anderer Stelle: Das Team von Juan Manuel de la Torre ist erstens ziemlich eindimensional, vom 4-4-1-1 mit Giovani als hängender Spitze geht er nicht ab – wiewohl in den U-Teams etwa durchaus eher mit Dreierkette agiert wird. Und, zweitens, ist Mexiko bei aller Spielstärke, erschreckend harmlos vor dem Tor. Nur drei in sechs Quali-Finalrundenspielen, in den ersten zweieinhalb Spielen beim Confed-Cup nur ein Elfer-Tor. Obwohl mehr als genug Chancen dagewesen wären.

5.: Japan kann viel, muss es sich aber auch zutrauen

Japan: Personell seit 2011 unverändert
Japan: Personell seit 2011 unverändert

Wer vom ziemlich flachen Auftritt Japans beim Auftakt-0:3 gegen Brasilien enttäuscht war, wurde im zweiten Spiel gegen Italien wieder in die Realität versetzt: Wie schon beim Asien-Cup, den Japan nach Strich und Faden zerlegte, zeigte sich das Team von Alberto Zaccheroni (auch er so ein feiner Trainer!) von seiner guten Seite: Ramba-Zamba-Tempofußball, mit viel Vertrauen in das eigene Können.

Wie den Mexikanern fehlt es aber auch Japan an den Toren. Maeda ist ein fleißiger Arbeiter, aber kein Goalgetter, Mike Havenaar fehlt da auch die internationale Klasse. Interessantes Detail: Obwohl es einige neue Alternativen in europäischen Top-Ligen gibt, vor allem in Deutschland, ist es beim Confed-Cup die exakt gleiche Grundformation gewesen wie vor zweieinhalb Jahren beim Asien-Cup. Heißt: Die Mannschaft ist eingespielt, kenn sich in- und auswendig. Sie kann auch bei der WM aufzeigen, wenn Zac einen Weg findet, mit dem Klima umzugehen und wenn sich die Japaner auch wirklich etwas zutrauen.

6.: Die Afrikaner werden wieder früh heimfahen. Das wird aber nicht am Klima liegen.

Nigeria hat fraglos Potenzial. Nicht so viel, um in der K.o.-Runde bei der WM weit zu kommen. Nein, sie werden froh sein müssen, die Vorrunde zu überstehen. Aber immerhin ist man in Nigeria mit Stephen Keshi auf einem guten Weg – sportlich.

Nigeria fehlten zwei wichtige Spieler
Nigeria fehlten zwei wichtige Spieler

Man war gegen Uruguay auf Augenhöhe, traute sich gegen Spanien im Mittelfeld zu attackieren. Zudem ist man noch stärker, wenn mit Victor Moses von Chelsea und Mittelstürmer Emmanuel Emenike von Spartak Moskau, die verletzt fehlten. Linksaußen Nnamdi Oduamadi zeigte durchaus auf, der in Italien spielende 22-Jährige ist eine der Entdeckungen dieses Turniers. Die Qualifikation für die WM sollte gelingen (wenn es auch ziemlich wahrscheinlich nicht besonders glanzvoll geschehen wird) und es ist auch kein Afrika-Cup mehr im Weg, nach dem afrikanische Verbände ja gerne den Panik-Button drücken.

Doch obwohl auch Côte d’Ivoire an sich die Qualität hätte, zumindest ordentlich abzuschneiden, ist nicht zu erwarten, dass alle fünf afrikanischen Teilnehmer im kommenden Jahr zu den „Geläuterten“ gehören wird. Was nach dem Afrika-Cup Anfang des Jahres galt, gilt nämlich natürlich weiterhin: So lange die nationalen Verbände nicht professionell arbeiten, können sich die Teams sportlich nicht entwickeln. Nicht zuletzt stritt man auch in Nigeria auch vor diesem Turnier mal wieder um die Prämien.

Und der sportliche Wert der allermeisten Teams aus Afrika ist, das wurde beim von Nigeria gewonnen Turnier deutlich, jämmerlich. Weshalb man davon ausgehen kann, dass sich der größte Teil dss Quintetts nächstes Jahr sehr schnell wieder von der WM verabschieden wird. Und es wird nichts mit dem Klima zu tun haben.

7.: Tahiti – ein witziger Farbtupfer

Immerhin: Tahiti schon ein Tor
Immerhin: Tahiti schoss ein Tor

Dass die mit dem längst aufs sportliche Altenteil des griechischen Mittelständlers Panthrakikos geschobenen Marama Vahirua verstärkte Hobbykicker-Auswahl aus Tahiti die Bude dreimal angefüllt bekommen würde, war von vornherein klar. Ob man die Bilanz von 1:24 Toren jetzt als Erfolg sehen möchte oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen. Zum Vergleich: Bei der U-20-WM vor vier Jahren kam man mit 0:21 Toren davon.

Man wusste um die Chancenlosigkeit und präsentierte sich als witziger Farbtupfer. Teamchef Eddy Etaeta ließ alle drei Torhüter je ein Spiel ran, gegen Nigeria gab es sogar ein Tor. Die Grundausrichtung war mit dem 5-4-1 klar defensiv, aufgrund des eklatanten Klasse-Unterschieds half das aber natürlich auch wenig.

Aber die Teilnahme kann Tahiti keiner mehr nehmen, mit einem Spiel gegen Spanien vor 71.800 Zuschauern im Maracanã. Dass es 0:10 verloren wurde, was soll’s. Marama Vahirua übrigens hat seine Karriere nach dem Turnier beendet.

Fazit: Feines Turnier mit interessanten Erkenntnissen

Das Turnier hat einige schöne Spiele produziert und einen schönen Überblick über die allgemeinen Formkurven gegeben. Vor allem Italien hat einiges ausprobiert. Spanien wird sich etwas überlegen müssen, in Richtung WM. Die nachrückenden Teams wie Mexiko und Japan haben ihre Möglichkeiten angedeutet, mehr aber (noch?) nicht.

In jedem Fall aber ist dieser Confed-Cup ein Plädoyer dafür gewesen, dieses Turnier nicht mehr per se zu belächeln, weil es ja sportlich um nicht allzu viel geht. Dazu war der Unterhaltungswert zu hoch und die Erkenntnisse daraus zu bedeutend.

(phe)

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Afrika-Cup 2013: Unter den Blinden ist der Einäugige König https://ballverliebt.eu/2013/02/12/afrika-cup-2013-unter-den-blinden-ist-der-einaugige-konig/ https://ballverliebt.eu/2013/02/12/afrika-cup-2013-unter-den-blinden-ist-der-einaugige-konig/#respond Tue, 12 Feb 2013 02:40:40 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8338 Afrika-Cup 2013: Unter den Blinden ist der Einäugige König weiterlesen ]]> Zu sagen, es wäre nicht so besonders prickelnd gewesen, ist ein handfestes Understatement. Nein – was den Zuschauern beim Afrika-Cup 2013 in Südafrika geboten wurde, war zuweilen von einer erschreckenden Erbärmlichkeit. Das war nicht nur kein Fortschritt, das war ein ordentlicher Rückschritt. Zumindest, was die spielerische Note anging. Das Problem, dass dem zu Grunde liegt, ist ein typisch afrikanisches: Chaos im Umfeld. Letztlich warf mit Stephen Keshi selbst der Teamchef von Champion Nigeria entnervt von fehlender Rückendeckung vom Verband zunächst das Handtuch. Ballverliebt analysiert.

Ballverliebt-Allstars vom Afrika-Cup 2013
Ballverliebt-Allstars vom Afrika-Cup 2013

In nur einem Jahr von „Nicht qualifiziert“ bis „Afrika-Meister“! Nigeria schoss nicht nur von Null auf Hundert, sondern setzte dabei auch ähnlich viele symbolische Zeichen, wie das der Sensations-Titel von Sambia im letzten Jahr getan hatte. Die Message ist die selbe: Ein Verband, der den Trainer halbwegs in Ruhe lässt und dafür sorgt, dass es keinen Streit um die Prämien gibt; ein ausgeglichen besetzter Kader, in dem im Zweifel Teamfähigkeit mehr zählt als fußballerische Qualität; und ein halbwegs funktionierendes Konzept im Spiel nach vorne.

Die Grundformation von Nigeria
Die Grundformation von Nigeria

Das alles brachte Nigeria am Besten zusammen. Ausgerechnet. War doch das Team vom Olympiasieger 1996 in den letzten 15 Jahren immer ein Garant für Trouble all the way. Aber Stephen Keshi sortierte alle Stinkstiefel von Odemwingie bis Taye Taiwo aus. Er lud nur Spieler ein, die er für teamfähig hielt. Dabei waren auch einige aus jener Mannschaft, die in Kolumbien 2011 bei der U-20-WM aufzeigten und ins Viertelfinale kamen – wie IV Kenneth Omeruo und Flügel-Joker Ahmed Musa.

Das taktische Konzept war nicht besonders kompliziert, funktionierte aber. Ein körperlich extrem robustes Mittelfeld-Trio im 4-3-3, das die nach innen ziehende Flügelstürmer bedient, während die Außenverteidiger nach vorne preschen und für die Breite sorgen. That’s about it.

Das war nicht so schlecht – in fact, es war das klar Beste des Turnieres – aber von Weltklasse reden wir hier beileibe nicht. In diesem Turnier hat es gereicht, immerhin. Und es ist zudem auch ein Ausruf an die anderen Länder: Ihr braucht nicht krampfhaft einen europäischen Trainer. Die afrikanischen haben auch Qualität.

Als Team muss man funktionieren…

Burkina Faso vertraute mit Paul Put einem Belgier, der nur deshalb in Afrika arbeitet, weil er in der Heimat in einen Skandal um Spielmanipulationen beteiligt ist. Dass Put aber auch ein durchaus patenter Trainer ist, zeigte er in diesem Turnier. Wie bei Nigeria galt auch hier: It’s not very fancy, but it works.

Die Grundformation von Burkina Faso
Die Grundformation von Burkina Faso

Die Burkinabé scheiterten letztes Jahr sang- und klanglos mit drei Niederlagen, weil es der damalige Teamchef Paulo Duarte schwer an der nötigen Flexibilität mangelt. Put vertraute auf fast exakt dasselbe Personal, aber er verpasste dem Team ein klares Konzept nach vorne: Während das defensive Zentrum strikt defensiv ausgerichtet ist, marschieren die Außenverteidiger nach vorne, unterstützen die Flügelstürmer. Dazu ein extrem flexibler und beweglicher Zehner hinter einer aktiven Spitze. So machte Burkina Faso (mit Ausnahme des 4:0 gegen Äthiopien, als der Gegner einbach) zwar nicht viele Tore, bekam aber auch recht wenige.

Und weil auch hier der Teamgeist stimmte und man sich nicht als Ansammlung von Individualisten verstand, führte der Weg für Pitroipa und Co. bis ins Finale. Der größte Erfolg in der Geschichte des Verbands.

…dann braucht’s nur noch ein Konzept

Zu den vielen Teams, wo’s nicht nach Wunsch lief, später mehr. Vorher gilt es noch die beiden weiteren positiven Überraschungen des Turniers zu würdigen. Bei beiden stimmte das Mannschafts-Gefüge. Und beide hatten ein klares Konzept.

Die Grundformation von Kap Verde
Die Grundformation von Kap Verde

Zum einen natürlich der Debütant aus Kap Verde. Im Konzept von Teamchef Lucio Antunes beginnt die Abwehr-Arbeit beim Positionsspiel der Offensiv-Reihe im 4-3-3. Diese pressen zwar nicht extrem auf die gegnerische Spieleröffnung, sondern kappen durch ihr flaches und enges Positionsspiel die Passwege für die Spieleröffnung der anderen Mannschaft – ganz ähnlich, wie es etwa auch John Herdman beim kanadischen Frauen-Nationalteam mit macht. Herdman brachte das Konzept die olympische Bronze-Medaille, Antunes beinahe ins Semifinale des Afrika-Cups.

Auch, wenn man im Viertelfinale als klar besseres Team gegen Ghana verlor, zeigte man doch, dass man Kamerun nicht aus Zufall in der Qualifikation eliminiert hatte. Der Plafond dürfte damit zwar erreicht sein, aber Antunes und seine Spieler demonstrierte eindrucksvoll, was man mit einem Konzept – und natürlich auch einem Grundmaß an individueller Klasse – herauszuholen ist.

Die Grundformation von Äthiopien
Die Grundformation von Äthiopien

Diese individuelle Klasse und die internationale Erfahrung fehlte dem Team aus Äthiopien komplett, weshalb es letztlich „nur“ einen Punkt gab. Aber wie das Team von Sewnet Bishaw auftrat, war bemerkenswert. Der Plan war, den Gegner kommen zu lassen und nach Ballgewinn überfallsartig umzuschalten und mit schnellen, kurzen Pässen den Gegner beim Stellen der Abwehr zu verwirren. Schnelle Lochpässe sah das Konzept kaum vor.

Dass man aufgrund von Ausschlüssen und Wechseln alle drei Torhüter einsetzt und dennoch im letzten Spiel sogar noch ein Feldspieler in den Kasten muss, mag der fehlenden Routine und der Übermotivation geschuldet sein. Es sollte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass Äthiopien ein Musterbeispiel ist, wie es geht: Teamgeist, ein klares Konzept und ein Teamchef, der in Ruhe arbeiten kann.

Vor allem aber war es ausgerechnet die international unroutinierste Truppe von allen, die das beste Umschaltverhalten von Defensive auf Offensive zeigte. Was ein ganz mieses Licht auf viele andere Teams wirft.

Die Grundformation von Mali
Die Grundformation von Mali

Während Mali zum zweiten Mal hintereinander Dritter wurde. Dabei aber, wie schon letztes Jahr, keinerlei Glanz verbreitete. Die diesmal vom jungen Franzosen Patrice Carteron gecoachte Truppe unterschiedet sich kaum von jener aus dem letzten Jahr. Auch diesmal war die körperliche Robustheit Trumpf, um die Gegner vom eigenen Tor wegzuhalten.

Innerhalb dieses Konzeptes profitiert die Mannschaft durchaus davon, dass die Flügelspieler Modibo Maiga und Samba Diakité nicht mehr, wie letztes Jahr noch, in Frankreich spielen, sondern im Stahlbad der Premier League. Die Last des Gestaltens lag wiederum hauptsächlich bei Seydou Keita. Der ist ein sehr guter Achter, aber kein wirklicher Spielmacher. Entsprechend un-filigran war Mali dann auch. Aber äußerst stabil – auch psychisch. Bei afrikanischen Mannschaften ja nichts selbstverständliches.

Der da vorne wird’s schon richten

Bei vielen anderen galt: Safety first. Vor allem bei Außenseitern und vor allem bei Teams von Verbänden, die mit dem Begriff „Kontinuität“ nicht so richtig viel anfangen können.

In vielen Ländern haben Teamchefs eine Halbwertszeit von deutlich unter einem Jahr. Zwei, drei Testspiele, oft auf mangelhaftem Geläuf, dann soll’s beim Afrika-Cup sofort funktionieren, und wenn’s das erwartbarerweise nicht tut, setzt man einfach den nächsten, zumeist europäischen, Trainer auf die Bank. Von Nachhaltigkeit braucht man da gar nicht erst anfangen zu reden – schon kurzfristige Spielkultur stellt sich da nicht sein. Wie auch? Wenn der Trainer weiß, dass schnelle Ergebnisse gefragt sind, wird erstmal an einer stabilen Defensive gearbeitet. Weil das einfach leichter und schneller geht. Dass es oft jahrelanger Aufbauarbeit bedarf, um einer Nationalmannschaft das spielerische Handwerkszeug mitzugeben, um ein Spiel selbst aufzuziehen, sieht man nicht zuletzt derzeit in Österreich mit Marcel Koller.

Die Grundformation von Togo
Die Grundformation von Togo

Weshalb auch hier gilt: Unter den Blinden in der Einäugige König. Oder anders formuliert: Wer vorne einen Emmanuel Adebayor hat, kann es sich leisten, dass sonst auf dem Weg nach vorne überhaupt nichts los ist. Didier Six, der achte Teamchef seit Togos WM-Teilnahme vor sieben Jahren, ließ seine Mannschaft mit langen Bällen seinen Superstar anspielen, während zwei, maximal drei Spieler gemächlich aufrückten und der Rest hinten dem Ball nachwinkte und Adebayor alles Gute wünschte.

Das brachte Togo immerhin ins Viertelfinale, war aber weniger dem eigenen Glanz zu verdanken, als mehr der Tatsache, dass es andere nicht viel besser machten, aber keinen Superstürmer vorne hatten.

Die Grundformation von Angola
Die Grundformation von Angola

Ein ähnliches Konzept verfolgte auch Angola. Vorne einen starken Stürmer hinstellen, der die Bälle halten und auch selbst verwerten kann. Die Erkenntnisse des letzten Turniers bestätigten sich aber: Die starke Zeit von Angola, als man bei der WM und in drei Afrikacup-Viertelfinals hintereinander, ist vorbei. Die Stützen von einst hören auf, und es kommt kaum etwas nach, weil die meisten nachrückenden Spieler im eigenen Saft einer heimischen Liga schmoren, die zwar hervorragend zahlt, aber sportlich keinen echten Wert hat. Da konnte selbst ein an sich guter Stürmer wie Manucho nichts mehr retten.

Die Grundformation von Tunesien
Die Grundformation von Tunesien

Tunesien hingegen hat nicht einmal einen Stürmer von Format. An sich nicht schlimm. Aber Sami Trabelsi ist zwar schon in seinem zweiten Afrika-Cup Teamchef seines Heimatlandes, gegenüber dem letzten Auftritt war dieses Turnier kein Schritt nach vorne. Letztes Jahr gab’s, angetrieben von den starken Msakni und Ifa, den Einzug ins Viertelfinale. Mehr Konzept als damals war diesmal nicht zu erkennen, dafür hatten Msakni und Ifa keine Gala-Form. Die Folge: Es kam überhaupt kein Tempo, überhaupt kein Zug, überhaupt kein Druck in die Mannschaft. Aus dem Mittelfeld kamen keine Impulse. Und Saber Khalifa ist eben kein Emmanuel Adebayor. Die logische Folge: Das Aus in der Vorrunde. Konsequenz: Sami Trabelsi ist zurückgetreten. Und kam damit vermutlich nur seiner Entlassung zuvor.

Denn natürlich braucht es grundsätzlich Kontinuität auf dem Trainerposten. Aber wenn nicht der Funken einer Weiterentwicklung zu erkennen ist, bringt alles Festhalten am Teamchef nichts.

Ebenfalls auffällig: Alle diese Teams spielen mit einem 4-3-3, dem Mode-System dieses Afrika-Cups. Am Inhaltlichen mangelte es aber allen. Sei es, dass das Mittelfeld-Trio kein Tempo reinbrachte (Tunesien) oder dass die Außenverteidiger zu wenig machten (Togo) – man hatte den Eindruck, die Trainer lassen halt ein 4-3-3 spielen, weil’s grade Mode ist oder weil Gernot Rohr damit letztes Jahr guten Erfolg hatte.

Tore schießen: Schon schwer.

Rohr war 2012 Teamchef von Gabun und führte ein talentiertes, aufregendes Team beinahe ins Semifinale, scheiterte erst im Elferschießen an Mali. Und ließ eben in einem klaren 4-3-3 spielen. Ähnlich, wie es nicht nur die Hälfte des aktuellen Felds tat, sondern eben auch er selbst wieder. Diesmal als Teamchef des Niger.

Die Grundformation des Niger
Die Grundformation des Niger

Die Unterschiede: Zum einen drehte Rohr gegenüber seiner Zeit in Gabun das Mittelfeld-Dreieck um, und zum anderen fehlt es den Nigrern schlicht an der individuellen Klasse, die letztes Jahr etwa ein Pierre-Emerick Aubameyang mitbrachte. Man muss jedoch sagen, dass man hier den Schwung der letztjährigen Teilnahme mitgenommen hat, sichtlich einen Schritt nach vorne gemacht hat, ist kompakter, in sich gewachsener.

Was auch an Rohr liegt, der ein Gespür dafür haben dürfte, aus wenig viel zu machen. Die Spieler kommen immer mehr zu afrikanischen Spitzenklubs vor allem aus Tunesien. Eine Schwäche konnte Rohr aber nicht beheben: Die unglaubliche Harmlosigkeit vor dem Tor. Ihren treffsichersten Spieler, Moussa Maazou, stelte Rohr auf den Flügel. Dort sorgte er zwar für Betrieb, aber nicht für Torgefahr. Die Nigrer holten beim 0:0 gegen die D.R. Kongo zwar ihren ersten Punkt, blieben aber in allen drei Spielen torlos.

Die Grundformation von Algerien
Die Grundformation von Algerien

Algerien spielte auf deutlich höherem Niveau, scheiterte aber ebenso an der eigenen Harmlosigkeit. Was schade ist, denn sonst machte Algerien schon ziemlich viel richtig. Ein gutklassiger Kader mit vielen Spielern aus europäischen Top-Ligen, mit Vahid Halilhodzic ein guter Teamchef. Dazu eine aktive Spielanlage und das Bemühen, das Spiel selbst zu gestalten. Aber halt keinen, der die Tore schießt. Gegen Tunesien hätte man einen Kantersieg feiern müssen, verlor aber 0:1. Gegen Togo drückte man und drückte man auf den Ausgleich, kassierte dann in der Nachspielzeit das 0:2. Womit das Aus schon besiegelt war – obwohl man bis auf die Stürmerposition einen deutlich besseren Fußball gezeigt hatte als zumindest vier der Viertelfinalisten.

Nachhaltigkeit vor/nach dem Heimturnier?

Eine ganz besondere Ärmlichkeit an spielerischem Niveau zeigten hingegen das Heimteam bei diesem Turnier und jenes beim nächsten, also Südafrika und Marokko.

Die Grundformation von Marokko
Die Grundformation von Marokko

Den Marokkanern bringt es zwei Jahre, ehe man selbst den Afrika-Cup ausrichtet, überhaupt nichts, sich auf die Verletzung von Younes Belhanda auszureden. Sein Ersatz Abdelaziz Barrada war noch der beste in einer marokkanischen Mannschaft, in der sonst recht wenig passte. Vor allem Spieleröffnung und -aufbau waren von lähmender Langsamkeit, quälender Phantasielosigkeit und erschütternder Planlosigkeit geprägt. Es wurde verschleppt, statt schnell gemacht. Es war furchtbar.

Wie soll das weitergehen bei Marokko? In zwei Jahren steht eben das Heimturnier an. Vermutlich wird es so kommen wie meistens in Afrika: Man wird acht Monate vor dem Turnier in einem Anfall von akuter Panik den Teamchef tauschen – noch ist Rachid Taoussi im Amt – schnell schnell irgendeinen routinierten, semi-bekannten Europäer oder einen nationalen Feuerwehrmann holen, das Turnier so halbwegs über die Bühne bringen, und danach so weiter wurschteln wie davor. Nachhaltigkeit: Null.

Es sei denn, die Marokkaner lernen von Nigeria. Kann man ja auch nie ausschließen.

Die Grundformation von Südafrika
Die Grundformation von Südafrika

Viel lernen muss auch Südafrika noch. Konnte man vor zweieinhalb Jahren bei der WM noch sagen, dass das Turnier für die relativ junge Mannschaft noch etwas zu früh kam, muss man nun konstatieren: Schrecklich! Nicht nur, dass man sich keinen Millimeter nach vorne entwickelt hat, nein, es wird immer noch schlimmer.

Es gibt nicht einmal eine Ahnung von Spielkultur. Man ist heillos damit überfordert, über das Mittelfeld einen eigenen Angriff aufzubauen. Dean Furman etwa, einziger Weißer in der Stammformation, ist zwar ein vorbildlicher Kämpfer. Aber, mit Verlaub, es hat einen Grund, warum er nur dritte Liga spielt, in England. Katlego Mphela, seit Jahren konstanter Torschütze in der sportlich selbst im afrikanischen Vergleich komplett wertlosen südafrikanischen Liga, trifft nichts. Phala und Parker bringen keine vernünftige Flanke zu Stande. Einziges Mittel, um vor das Tor zu kommen: Langer Hafer von ganz hinten, und dann Hoffen und Beten.

Der Veranstalter hat sich nur mit Wucht und Wille ins Viertelfinale durchgemogelt. Aber inhaltlich war Südafrika, traurig aber wahr, in einem schlechten Turnier die schlechteste Mannschaft.

Wenn sich Qualität selbst schlägt

Ein Aus im Viertelfinale ist für den Gastgeber durchaus achtbar – für den großen Turnierfavoriten aber nichts weniger als eine absolute sportliche Katastrophe. Die sich die Ivorer aber zu einhundert Prozent selbst zuzuschreiben haben. Denn man zeigte von dem, was man eigentlich kann, wenig bis gar nichts.

Die Grundformation der Côte d'Ivoire
Die Grundformation der Côte d’Ivoire

Wo war etwa das extrem effektive Mittelfeld-Pressing, das Teamchef Sabri Lamouchi beim souveränen und nie gefährdete 3:0-Testsieg in Österreich spielen ließ? Nichts davon zu sehen. Und das kann auch nicht mit Erwartungsdruck zu tun haben, mit Nervosität in einer so dermaßen routinierten Mannschaft auch nicht.

Wie schon letztes Jahr unter François Zahoui spielte man nun auch unter Lamouchi langsam und abwartend, ohne viel Initiative zu zeigen. Vor allem aber kann man Lamouchi eines anlasten: Seine Personalentscheidungen. Ya-Konan kann aus dem Mittelfeld extrem gefährlich sein, er spielte kaum. Gradel ist flink und wendig; aber beim Turnier spielte der sich seit Jahren auf dem absteigenden Ast befindende Kalou. Lacina Traoré hatte in der Vorbereitung schon gut in die Mannschaft gefunden, Lamouchi ließ ihn nur einmal von Beginn an ran.

Und als es dringend nötig war, konnte man den Schalter nicht von Abwarten auf Angreifen umlegen. Diese Generation der Ivorer hat keinen Titel gewonnen. Vermutlich hielt man an den lebenden Denkmälern aber zu lange fest. Ein Schnitt, wie ihn Nigeria vollführte, ist bei den Ivorern unumgänglich. Er kann aber nur funktionieren, wenn der Teamchef – wer immer es sein wird – vom Verband die Rückendeckung bekommt, die notwendig ist, wenn man Nationalhelden auf das Altenteil schieben muss.

Die Grundformation von Ghana
Die Grundformation von Ghana

Während für Ghana einen ähnlichen Weg wie Nigeria gegangen ist: Einen einheimischen Trainer installieren und sich von Stinkstiefeln wie Inkoom und den Ayew-Brüdern trennen. Der Unterschied zu Nigeria: Bei Ghana klappte es nicht. Weil Asamoah Gyan vorne zu wenig mitarbeitete. Weil sich bei Isaac Vorsah jetzt zeigt, was schon länger auffällt – nämlich, dass er maßlos überschätzt wird. Dass John Paintsil seine beste Zeit längst hinter sich hat. Und vor allem: Dass sich die Jungen schon weiter wähnen, als sie sind. Badu und Rabiu, die U-20-Weltmeister von 2009, waren keine wirkliche Hilfe. Lediglich Mubarak Wakaso und Christian Atsu, die als Flügelstürmer einiges an Schwung brachten, wussten zu gefallen – wie auch Albert Adomah. Der ist mit seinen 25 Jahren aber schon zu alt, um wirklich noch auf den internationalen Durchbruch hoffen zu dürfen.

Ansonsten hat John Appiah aber noch nicht den Schlüssel gefunden, den sein nigerianischer Kollege Keshi schon gefunden hat. Wenn er die richtigen Schlüsse aus diesem Turnier zieht und weitermachen darf, kann man im Lager von Ghana aber viel aus diesem Turnier mitnehmen.

Die Grundformation der D.R. Kongo
Die Grundformation der D.R. Kongo

Die richtigen Spieler, aber nicht die nötige Ruhe im Umfeld hatte indes die D.R. Kongo auf Lager. Streit um die Prämien, Streik-Drohungen, Rücktritt von Teamchef Le Roy zwei Tage vorm ersten Spiel, Rückkehr von Le Roy am Tag vor dem Auftakt – der mutigen Aufholjagd beim 2:2 gegen Ghana zum Trotz, das konnte nicht gutgehen.

Was wirklich schade ist, denn mit diesem Kader wäre auch das Semifinale nicht unrealistisch gewesen. Vor allem, weil mit Youssouf Mulumbu und Cedric Makiadi zwei absolute Könner auf im zentralen Mittelfeld die Fäden ziehen konnten. Dazu kennt sich das Gerippe der Mannschaft von TP Mazembe, einer der besten Klubmannschaften des Kontinents, in- und auswendig.

Aber vor allem im letzten Gruppenspiel wurde deutlich, dass man vor dem Turnier gestritten hatte, anstatt sich zielgerichtet vorzubereiten. Zu viel wollte Dieumerci Mbokani alleine machen, zu wenig spielte man zusammen, nicht kompakt genug war das Auftreten. So gab’s das Aus in der Vorrunde.

Ein klarer Fall eines Verbandes, der den sportlichen Erfolg verhindert, statt ihn fördert.

Und der Titelverteidiger?

Das muss sich der sambische Verband nicht vorwerfen. Letztes Jahr wurde Sambia zum Vorbild, indem man mit einer eingeschworenen Truppe ohne Stars, aber mit einem klaren Konzept und einem Trainer, der arbeiten darf, sensationell den Titel holte. Diesmal verlor man zwar kein Spiel, aber man gewann auch keines. Der Titelverteidiger scheiterte in der Vorrunde.

Die Grundformation von Sambia
Die Grundformation von Sambia

Die große Stärke von Sambia war 2012 das unglaublich explosive Umschalten von Defensive auf Offensive, mit dem man aus einer sicheren Abwehr heraus die Gegner zermürbte. Dazu gab es ein sehr fluides Mittelfeld, das kaum Fehler machte und Stürmer, die kaum Chancen brauchten. Kein Team hatte beim Turnier letztes Jahr so wenig Torschüsse zu verzeichnen als Sambia. Und doch holte man den Titel.

All das fehlte Sambia diesmal. Man war im Rampenlicht, das ist ungewohnt. Man musste sich nichts mehr beweisen, man hatte auch nicht den emotionalen Antrieb, den es 2012 gegeben hatte.

Jedenfalls fehlte der Punch aus dem Mittelfeld komplett. Dieser wäre aber notwendig gewesen, weil die Gegner den Titelverteidiger kommen ließen. Anders als letztes Jahr, als man ja selbst der große Außenseiter war. Rainford Kalaba, überragender Spieler beim Titelgewinn, tauchte unter. Und die Stürmer schossen einfach keine Tore.

Gegen Äthiopien wäre man beinahe von den eigenen Waffen, dem schnellen Umschalten, besiegt worden. Gegen Nigeria verwandelte bezeichnenderweise Keeper Mweene den späten Elfer zum Ausgleich. Und als es gegen Burkina Faso unbedingt einen Sieg brauchte, fehlte es an der Durchschlagskraft.

Dennoch: In der WM-Quali schaut es für Sambia gut aus und mit Ghana hat man dort einen Gruppengegner, dem es selbst gerade nicht so gut geht. Und es ist dem sambischen Verband durchaus zuzutrauen, Hervé Renard nicht zu feuern, sondern mit dem ebenso gewieften wie schwierigen Franzosen weiter zu machen.

Es wäre wieder mal ein Signal an den restlichen Kontinent.

Fazit: Sportlich war’s nicht schön. Nigerias Signale sind das schon.

Ohne Frage: Von allen kontinentalen Meistern – Spanien, Uruguay, Japan, Mexiko – ist Nigeria (von Ozeanien-Meister Tahiti natürlich abgesehen) mit Abstand die schwächste Mannschaft. Das generelle Niveau des Turnieres war schlecht. Aber dennoch gehen von dem Titelgewinn der jungen nigerianischen Mannschaft mit ihrem Trainer Stephen Keshi positive Signale aus. Es gibt den einen oder anderen afrikanischen Verband, der’s kapiert hat – Keshis Rücktritt legt allerdings den Verdacht nahe, dass Nigeria nicht dazu gehören dürfte. Sein Rücktritt vom Rücktritt sagt: Liebe Freunde, reißt euch zusammen.

Das Chaos bei vielen anderen – auch etwa bei Kamerun, Ägypten und Senegal, die gar nicht dabei waren – sorgt mit seinem kurzsichtigen Denken dafür, dass die Lücke von den „kleineren“ Teams zur kontinentalen Spitze kleiner wird. Das ist aber kein Zeichen für gestiegene Qualität, im Gegenteil, sondern im Falle Afrikas ist es eine Nivellierung auf äußerst bescheidenem Level. Die Hilflosigkeit mancher Mannschaften macht es möglich, dass eine intelligent spielende Truppe wie jene aus Kap Verde beinahe ins Semifinale einzieht und sich das absolut verdient.

Die echte Weltspitze enteilt den afrikanischen Teams dabei immer mehr. Erst, wenn die Länder mit dem größten Potential ihre Probleme auf die Reihe kriegen – wie etwa Nigeria auf einem guten Weg ist – kann sich das ändern. Zumal dann immer noch die Leistungslücke geschlossen werden muss.

Und der Afrika-Cup 2013 hat gezeigt: Das kann dauern.

(phe)

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Nigeria das reifere und kompaktere Team – verdientes 1:0 im Afrikacup-Finale! https://ballverliebt.eu/2013/02/10/nigeria-das-reifere-und-kompaktere-team-verdientes-10-im-afrikacup-finale/ https://ballverliebt.eu/2013/02/10/nigeria-das-reifere-und-kompaktere-team-verdientes-10-im-afrikacup-finale/#comments Sun, 10 Feb 2013 22:01:58 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8332 Nigeria das reifere und kompaktere Team – verdientes 1:0 im Afrikacup-Finale! weiterlesen ]]> Ein Geniestreich von Sunday Mba kurz vor der Pause sorgte für das entscheidende Tor. Und Teamchef Stephen Keshi sorgte dafür, dass Nigeria im Endspiel des Afrika-Cups die Schwächen des Gegners, Überraschungs-Finalist Burkina Faso, geschickt ausnützte. Dass es alles andere als ein Feuerwerk war, passt zum Turnier. Dass Nigeria dieses Spiel und damit den Titel gewann, ist dabei zweifellos korrekt – man zeigte sich als reifere Mannschaft.

Nigeria - Burkina Faso 1:0 (1:0)
Nigeria – Burkina Faso 1:0 (1:0)

Nicht, dass Nigeria etwas Außergewöhnliches macht. Und sie sind auch sicher kein Team auf Weltklasse-Niveau. Nur: Was die Truppe von Teamchef Stephen Keshi gemacht hat, machte sie nicht schlecht – und in einem zumeist auf erschreckend erbärmlichem Niveau gespielten Afrika-Cup reichte das aus.

In der Zentrale…

Im Finale gegen Überraschungs-Team Burkina Faso setzte Keshi, wie schon im ganzen Turnier, auf ein 4-3-3 mit zwei tiefer stehenden Akteuren im Mittelfeld (Mikel und Onazi) und einem höher agierenden Spieler (Mba). Das sind alles keine echten Gestalter im klassischen Sinn, sondern Spieler, den den Ballbesitz kontrollieren können und relativ wenige Fehlpässe spielen. In diesem Finale kam ihnen die Raumaufteilung des Gegners noch zusätzlich entgegen.

Denn ihr belgischer Trainer Paul Put lässt die Burkinabé in einm 4-2-3-1 spielen, in dem es nicht nur in diesem Spiel, sondern schon im ganzen Turnierverlauf, ein verhältnismäßig großes Loch zwischen den sechs defensiven Spielern und den vier offensiven gibt. Das glich man im Turnierverlauf dadurch aus, dass die Sechser (vor allem Djakaridja Koné) ein Gespür dafür hat, wann er aufrücken muss; und dadurch, dass die Außenverteidiger Koffi und Panandetiguiri recht häufig den Vorwärtsgang einlegten. Und, weil die Klasse der Gegner oft auch einfach nicht gut war.

…hat Nigeria klare Vorteile

Das heißt: Während bei den Burkinabé zwei zentrale Mittelfeld-Spieler recht tief stehen und einer (Kaboré, in diesem Fall, es war im Turnierverlauf auch desöfteren Pitroipa) sehr hoch, verstand es das zentrale Trio bei Nigeria sehr gut, sich im freien Raum dazwischen breit zu machen. Ein weiterer Vorteil der Super Eagles war in dieser Zone des Spielfeldes auch die körperliche Überlegenheit. Die Spieler aus Burkina Faso hatten in den Zweikämpfen kaum eine Chance.

Mit dieser absoluten Dominanz im Zentrum konnte Nigeria ohne echte Probleme die Flügelstürmer in Szene setzen – das war die Hauptaufgabe dieses Trios. Sunday Mba ist nicht so sehr der Spielgestalter hinter einer Solo-Spitze, sondern eher ein Arbeiter auf dem Feld. So wurden die meisten Angriffe der Nigerianer über die ins Zentrum ziehenden Moses und Brown aufgezogen, mit Mittelstürmer Uche eher als Köder denn als echten Vollstrecker. Das wäre Emmanuel Emenike gewesen, aber der fehlte verletzt. Der verdiente Führungstreffer durch Mba kurz vor der Pause war letztlich eine starke Einzelaktion.

Flügelstürmer neutralisieren Gegner

Auch, wenn nicht immer allzu viel Torgefahr ausgestrahlt wurde, so drückten Moses und Brown immerhin die sonst so aktiven Außenverteidiger der Burkinabé hinten fest. Damit beraubten die Nigerianer ihren Gegnern einer enormen Waffe und die offensiven Flügelspieler von Burkina Faso – der extra-schmächtige, wendige Pitroipa und der extra-bullige, kraftvolle Nakoulma – mussten viel alleine machen.

Vor allem Nakoulma hatte gegen Elderson Echiejile – fraglos den besten Linksverteidiger des Turniers – eine undankbare Aufgabe. Der Polen-Legionär zog sich aber durchaus achtbar aus der Affäre und verhinderte damit immerhin, dass Echiejile auf seiner Außenbahn auf- und abwetzt, wie er das vor allem im Semifinale gegen Mali gemacht hat. Das nahm wiederum Moses einiges von seiner Gefahr.

Großer Flaw bei Burkina Faso: Das Umschalten

Die Unterlegenheit im Zentrum und die Schwierigkeiten im Flügelspiel hätte Burkina Faso aber womöglich noch umspielen können, wenn da nicht das größte Problem gewesen wäre: Das Umschalten. Sowohl von Offensive auf Defensive, als auch umgekehrt. Zumeist spielten bei den Burkinabé zwei Teams – die sechs hinten und die vier vorne.

Das offensiv-Quartett zeigte ein (wenn auch recht zahmes) Pressing auf die nigerianischen Innenverteidiger, aber diese hatten damit kaum Probleme, weil bei Burkina Faso aus dem Rückraum niemand aufrückte. Genauso war es bei schnellen Gegenstößen, wo es im letzten Drittel des Spielfelds einfach an den personellen Optionen fehlte. Genauso rückte aber auch bei Ballverlusten aus dem Offensiv-Quartett von Burkina Faso niemand konsequent zurück. Die Folge war, dass Nigeria oft massive Räume zur Verfügung hatte.

Da das Umschalten und Nachrücken bei fast allen Teams dieses Turniers eine ganz massive Schwäche war, ist es nur folgerichtig, dass das auch im Finale ein ziemlich offensichtlicher Punkt war.

Mehr Zug zum Tor nach guter Umstellung

Nach einer Stunde stellte Paul Put innerhalb seines Systems um. Kaboré, vom Naturell her eher ein Achter als ein Zehner, rückte von der Zehn zurück, dafür übernahm Pitroipa die zentral-offensive Rolle, der für Rouamba eingewechselte Sanou übernahm die rechte Angriffsseite, Nakoulma ging nach links. Eine gute Umstellung, weil Kaboré deutlich höher stand als Rouamba vor ihm und Nigeria so einen gutklassigen Gegenspieler im Zentrum dazu bekam.

Zudem ließen sich die Super Eagles in dieser Phase zurückfallen und lauerten auf schnelle Gegenstöße. Diese Gelegenheiten boten sich auch einige Male, aber wirklich fertig gespielt wurden sie in den seltensten Fällen. Mit einem fünften offensiven Spieler und dem Mute der Verzweiflung gehörte die Schlussphase eher den Burkinabé – die beste Chance hatte Sanou mit einem Schuss, denn Enyeama nur mit Mühe am langen Eck vorbei ablenken konnte.

Doch auch in dieser Phase gelang es Burkina Faso zu selten, die Außenverteidiger ins Angriffsspiel mit einzuschalten. Somit blieben die meisten ihrer Angriffe recht vorhersehrbar. Und Nigeria brachte das 1:0 ohne noch groß ins Zittern zu kommen, über die Zeit.

Fazit: Die reifere Mannschaft siegt verdient

Wie gesagt: Nigeria ist weit davon entfernt, eine Weltklasse-Mannschaft zu sein. Aber Stephen Keshi verpasste seiner Truppe ein funktionierendes Konzept, mit dem man die Schwachpunkte des Finalgegners – das Loch im Zentrum und das Umschalten – gut nützte und die Stärken von Burkina Faso – das Flügelspiel – geschickt neutralisierte. Das, verbunden mit dem sehenswerten Tor von Sunday Mba (der übrigens in der nigerianischen Liga spielt), sorgte für einen verdienten Sieg.

Womöglich hätte es anders laufen können, wenn Paul Put sein Team von Anfang an mit einem echten Achter spielen hätte lassen, denn mit Kaboré in dieser Position spielte Burkina Faso in der Schlussphase deutlich flüssiger. Was aber nichts daran ändert, dass das reifere und auch bessere Team verdient gewonnen hat.

Nicht nur das Finale, sondern das ganze Turnier.

(phe)

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Scouting-Bericht vom U-20-Afrikacup: Mögliche ÖFB-Gegner in Kolumbien! https://ballverliebt.eu/2011/04/22/scouting-bericht-vom-u-20-afrikacup-mogliche-ofb-gegner-in-kolumbien/ https://ballverliebt.eu/2011/04/22/scouting-bericht-vom-u-20-afrikacup-mogliche-ofb-gegner-in-kolumbien/#respond Thu, 21 Apr 2011 22:38:43 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4615 Scouting-Bericht vom U-20-Afrikacup: Mögliche ÖFB-Gegner in Kolumbien! weiterlesen ]]> Vier afrikanische Teams fahren zur U-20-WM in Kolumbien – und sind dort allesamt mögliche Gegner des ÖFB-Teams. Mali und Kamerun haben sich beim Junioren-Afrikacup in Johannesburg schon für die WM qualifiziert. Und während Gambia einen guten Eindruck hinterließ, müssen Promis wie Nigeria, Ägypten und Titelverteidiger Ghana noch zittern!

Gruppe A: Mali beeindruckt, Ägypten und Südafrika weniger

Ägypten - Mali 0:1

Mali steht bereits als Qualifikant fest: Nach dem Pflichtsieg gegen Lesotho schlug das Team auch Ägypten. Etwas überraschend, weil die Jung-Phaonen eigentlich höher eingeschätzt waren. Und natürlich, weil Sturmspitze Kalifa Coulibaly schon nach zehn Minuten mit Rot vom Platz musste.

Erstaunlich war, dass die Malier auch danach die Ordnung nicht verloren und mit einem 4-4-1 weiterspielten, als wäre nichts gewesen. Klar hatte Ägypten mehr Ballbesitz, aber den technisch starken Nordafrikanern fehlte es am Plan nach vorne. So war das alles schrecklich harmlos und das gute Kollektiv aus Mali – erwähnenswert vielleicht Fantamandy Diarra – kamen durch einen Freistoß von Kapitan Amara Konaté tatsächlich noch zu einem 1:0-Sieg, der nicht mal unverdient war.

Erwähnenswert bei Ägypten ist, dass die U-20 nicht mit dem 3-5-2 spielt, mit dem die Großen unter Hasan Shehata zuletzt drei Afrikacups in Serie gewannen, sondern mit einem 4-3-3, aus dem vor alem Salah nicht nur von der linken Seite aus Gefahr zu erzeugen versuchte, sondern immer wieder auch zentral aus der Etappe. Beizukommen ist den Ägyptern mit konsequentem Spiel über die Außen, frühem Attackieren und wenig Platz in der eigenen Defensive.

Südafrika-Lesotho 2:1

Ägypten braucht nun im abschließenden Gruppenspiel noch ein Remis gegen Gastgeber Südafrika, um trotzdem ins Halbfinale zu kommen und damit das Ticket für Kolumbien zu lösen. Das ist sicherlich machbar, denn beeindruckt hat das „Amajita“ genannte Team bei der Revanche gegen Lesotho nicht. Zur Erklärung: Eigentlich kippte die kleine Enklave Südafrika aus der Qualifikation, aber wegen des Krieges musste der geplante Ausrichter Libyen ersetzt werden – eben mit Südafrika.

Der Gastgeber spielt ein sehr enges 4-1-3-2, in dem sich sehr viel auf Kapitän Philani Khwela stützt. Der Underdog hielt mit einiger Aggressivität dagegen, letztlich setzte sich aber die indivuelle Überlegenheit der Südafrikaner in diesem Spiel durch. Ob es freilich reicht, um die Ägypter zu schlagen, ist ein ganz anderes Kapitel.

Das kompletteste Team in dieser Gruppe ist ohne Zweifel jenes aus Mali, Ägypten ist wohl etwas stärker einzuschätzen als Südafrika. Lesotho ist nach der zweiten Niederlage schon aus dem Rennen.

 

Gruppe B: Kamerun durch, Ghana vor dem Aus, Gambia stark

Gambia-Ghana 1:1

Von den Namen her ist die Gruppe B die attraktivere – aber was drei der vier Mannschaften ih ihren jeweils zweiten Gruppenspielen zeigten, kommt da nicht ganz mit. Vor allem der amtierende U-20-Weltmeister steht mehr als nur mit dem Rücken zur Wand.

Ghana hat das erste Spiel gegen Nigeria verloren und war gegen Gambia zwar klarer Favorit, wurde dem aber nicht gerecht. Die Mittelfeldraute im 4-4-2 erwies sich gegen die vor allem über die Flügel sehr starken Gambier (wir erinnern uns, Gambia flog 2007 im Achtelfinale nur knapp gegen Österreich raus) als falsches Rezept – Gambia überrannte die Flanken der Black Satellites. Besonders Saikou Gassama von Real Saragossa und Omar Colley (der vor einem Wechsel in die MLS zu Kansas City steht) taten sich da hervor, ein sensationelles Tor von Baboucarr Jammeh – ein Drehschuss aus spitzem Winkel – brachte das verdiente 1:0 nach einer halben Stunde.

Doch eben jender Jammeh ging kurz vor der Halbzeit aus vollem Lauf mit zwei gestreckten Beinen in Kniehöhe auf gemeingefährliche Art und Weise in einen Zweikampf und sah dafür zu Recht die rote Karte.

Doch wie schon Mali brachte auch das Gambia überhaupt nicht aus der Ruhe: Es wurde einfach mit 4-1-3-1 weitergespielt und dem ganz deutlich nicht so starken Jahrgang aus Ghana fiel nichts ein, um den Gegner wirklich in Bedrängnis zu bringen. Erst in den letzten fünf Minuten geriet Gambia ins Schwimmen, nachdem Ghana das 1:1 erzielt hatte. Das entstand aber nicht wegen der Unterzahl, sondern weil eine Flanke des aufgeückten Linksverteidigers Alhassan Masawudu schlecht verteidigt wurde.

Kamerun-Nigeria 1:0

Für die Gambier (die in der Quali übrigens die Ivorer eliminiert hatten) war das späte Gegentor bitter – denn nun muss im abschließenden Gruppenspiel gegen Nigeria ein Sieg her – und wenn Ghana gegen Kamerun gewinnt, muss der Erfolg der Gambier auch noch höher ausfallen, der schlechteren Tordifferenz wegen.

Unmöglich ist das aber keineswegs, weil die Nigerianer gegen Kamerun keinen ungschlagbaren Eindruck machten – im Gegenteil. Die Flying Eagles (also die Junioren der Super Eagles) spielten bei der 0:1-Niederlage ein etwas schiefes 4-4-2, in dem Envoh aus dem rechten Mittelfeld eher einen Rechtsaußen gibt, während Ajagun sich links eher zurückhielt; Nwofor kam von der halblinken Seite.

Sie alle hatte die umsichtige Defensive aus Kamerun um Yaya Banana (der in Tunesien spielt) und Franck Kom gut im Griff, in der Offensive läuft viel über Edgar Salli auf der rechten Seite. Vorne sorgte Franck Ohandza, der sein Geld kurioserweise in Thailand verdient, für Torgefahr, er machte in diesem Spiel das goldene Tor, das für das Semifinale und somit für Kolumbien reicht.

Diese Mannschaft aus Kamerun zeigt eher Minimalisten-Fußball: Hinten nur schwer zu überwinden, nach vorne nicht übertrieben angsteinflößend, aber wenn man hinten gut steht, reicht nun mal oft auch ein einzelnes Tor.

Fazit: Mali und Kamerun sind nicht umsonst jene beiden Teams, die sich schon qualifiziert haben. Alle anderen potentiellen Gegner in Kolumbien muss man zwar zweifellos ernst nehmen, fürchten muss man sich vor denen aber nicht. Sofern man bei Gambia die extrem starken Flügel aus dem Spiel nehmen kann.

Was extrem auffällig ist: Vermeintliche Außenseiter wie Mali oder Gambia tun sich durch gute taktische Herangehensweise hervor und machen somit eventuelle Nachteile im Talent wett. Vor allem die Teams aus Nigeria und Ghana dürfen da durchaus als warnendes Beispiel gelten. Die Raute von Ghana funktioniert gegen starke Flügel, wie sie Gambia hat, überhaupt nicht und Nigeria verlässt sich – wie die A-Mannschaft – zu sehr auf Einzelspieler.

(phe)

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Ein Fleck für den Weltmeister https://ballverliebt.eu/2010/06/26/ein-fleck-fur-den-weltmeister/ https://ballverliebt.eu/2010/06/26/ein-fleck-fur-den-weltmeister/#comments Sat, 26 Jun 2010 10:27:10 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2376 Ein Fleck für den Weltmeister weiterlesen ]]> Die Vorrunde ist geschlagen! Keines der Teams, welches das Achtelfinale wirklich verdient gehabt hätte, hat es verpasst. ballverliebt verteilt den 32 Teilnehmern Noten – und wenig überraschend gibt es für die beiden Finalisten von 2006 einen glatten Fleck…

1

Argentinien – Drei sichere Siege verdienen sich natürlich einen Einser, aber wirklich getestet wurden die Gauchos noch nicht. Die dämliche Performance gegen Griechenland könnte heilsam sein, oder ein Vorzeichen.

Chile – Das wohl aufregendste Team der Vorrunde wäre beinahe an seiner mangelhaften Chancenverwertung gescheitert, zieht aber absolut verdient ins Achtelfinale ein. Und auch wenn dort Schluss sein dürfte, es ist ein erfreulicher Auftitt.

Japan – Viel erwartet haben die Japaner selbst nicht, umso mehr haben sie sich selbst und auch die Beobachter erstaunt. Mit klarer taktischer Ausrichtung und hoher Disziplin geht’s zu Recht ins Achtelfinale.

Neuseeland – Die wahre Sensation dieses Turniers! Die All Whites wären schon zufrieden gewesen, nicht allzu sehr verprügelt zu werden. Und am Ende blieben sie sogar ungeschlagen! Das verdient sich einen Einser mit Sternchen.

Niederlande – Die Holländer haben die besten Voraussetzungen für ein ganz großes Turnier: Drei leichte Siege, ohne annähernd an die Grenzen gehen zu müssen, und absolute Ruhe im und um das Team. Heißer Tipp!

Spanien – Es macht wahre Champions aus, im Krisenfall die absolute Ruhe zu bewahren und sich nicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Der Europameister erholte sich wunderbar vom Schweiz-Schock, kam durch und macht vor allem mental einen absolut stabilen Eindruck.

Uruguay – Zugegeben, das ist kein Party-Fußball. Aber die Urus machten in der Defensive staubtrocken ihren Job und vorne schlagen Forlán und Co. zu, wenn es nötig ist. Da ist noch einiges möglich.

2

Brasilien – Ohne Probleme die schwere Gruppe überstanden, aber noch nicht begeisternd: Die Seleção musste noch nicht ihre volles Potential ausschöpfen. Es sah bislang aber schon recht abgebrüht aus.

Deutschland – Die junge Truppe zeigte sich spielstark und behielt vor allem die Nerven, als es zum Alles-oder-Nichts-Spiel kam. Die Pleite gegen die Serben hat man sich selbst zuzuschreiben. Für den ganz großen Wurf wird es aber nicht reichen.

Mexiko – Den Franzosen haben sie eine Lehrstunde erteilt, die Mexikaner, die anderen beiden Spiele waren ebenfalls in Ordnung. Aber das letzte Stück zu einem Topteam fehlt dann doch noch.

Slowenien – Ohne Zweifel, die Ergebnisse waren besser als die Leistung tatsächlich war. Dennoch zeigten die Slowenen, dass ihre Qualifikation kein Zufall war, und fast hätte es ja sogar zum Achtelfinale gereicht.

USA – Für die Amerikaner scheint Südafrika ein guter Boden zu sein. Mit großem Kampfgeist retten sich die US-Boys ins Achtelfinale, und zwar völlig verdient. Und dort muss noch nicht Schluss sein.

3

Algerien – kaum eine Mannschaft zeigte sich in der Defensive derart sicher wie die Algerier, allerdings war auch kein eine andere vorne so derart harmlos. Für ihr Potential waren die Resultate aber in Ordnung.

Australien – Die Socceroos haben sich von Spiel zu Spiel gesteigert, und haben vom Auftaktspiel abgesehen nicht enttäuscht. Mehr war in dieser Mannschaft aber nicht mehr drin.

Ghana – Die Black Stars wurden ihrem Ruf als solidestes Team Afrikas gerecht und ziehen als einzige Mannschaft ihres Kontinents eine Runde weiter. Dennoch: Vorne war’s zu harmlos, der Aufstieg ist eher glücklich.

Honduras – Dass die Mittelamerikaner keine Chance haben würden, war klar. Dass sie sich eher unglücklich vor des Gegners Tor anstellen, war ersichtlich. Dass sie sich dennoch für ihr Potential ganz ordentlich dabei waren, kann aber auch nicht geleugnet werden.

Paraguay – Ja, am Ende steht der Gruppensieg. Aber war das bisher wirklich überzeugend? Vom starken Spiel gegen die Slowaken abgesehen, ist Paraguay bis hierhin fraglos noch unter den Möglichkeiten geblieben.

Portugal – Wirklich überzeugend waren Cristiano Ronaldo und Co. ja nur beim 7:0 gegen Nordkorea. Was das Team wirklich kann, wurde aber noch nicht klar. Das Achtelfinale gegen Spanien gibt darüber sicher Aufschluss.

Südafrika – Dem Gastgeber fehlte es schlicht an der Qualität, um die Vorrunde zu überstehen. Ich im Rahmen ihrer Möglichkeiten haben sie sich ordentlich präsentiert und müssen sich nicht schämen.

4

Côte d’Ivoire – Dass sie’s drauf haben, zeigten sie gegen Nordkorea. Aber das Spiel gegen Portugal gingen die Elefanten zu zaghaft an, jenes gegen Brasilien mit allzu viel Einsatz. Da wäre sicherlich mehr möglich gewesen.

Dänemark – Dem guten Spiel gegen Kamerun zum Trotz reicht es verdient nicht. Zu bieder das Auftreten der Mannschaft, zu harmlos nach vorne, und am Ende versagten dem eigentlich routinierten Team auch noch die Nerven.

England – Ein Glück, dass die Slowenen den Ausgleich nicht mehr geschafft haben, denn über ein Ausscheiden hätte sich in England keiner beschweren dürfen. Immerhin haben die Three Lions im entscheidenden Spiel das Resultat erbracht.

Nigeria – Es war schon wesentlich besser als beim haarsträubenden Afrikacup, aber die Super Eagles müssen sich das Aus mehr dummen Fehlern (die Rote gegen Griechenland, die verpassten Chancen gegen Südkorea) als fehlendem Potential zuschreiben.

Nordkorea – die Abwehrleistung gegen die Brasilianer war durchaus beeindruckend, aber danach trat die geheimnisvolle Mannschaft nur noch als Panikorchester auf. WM-Reife? Na, in vier Jahren vielleicht. Diesmal noch nicht.

Schweiz – Trotz des überraschenden (und glücklichen) Sieges gegen Spanien fahren die Eidgenossen zu Recht nach Hause. Ohne jede Kreativität und Esprit versprühten die Schweizer eher Langeweile und Biederkeit.

Serbien – Arbeitsverweigerung im ersten Spiel, schlechte Chancenverwertung im dritten. Das reicht richtigerweise nicht für ein Weiterkommen, dem Sieg gegen die Deutschen zum Trotz.

Slowakei – Der WM-Debütant war der großen Bühne in den ersten zwei Spielen deutlich nicht gewachsen und profitierte im Dritten von der unsagbaren Schwäche des Gegners. Das Achtelfinale ist wohl doch mehr, als diesem Team zusteht.

Südkorea – Dem überzeugenden Auftritt gegen Griechenland folgte nicht mehr viel, die Asiaten schlichen sich eher ins Achtelfinale. Ein schöner Erfolg, aber ob wirklich noch mehr möglich ist?

5

Frankreich – Schlimmer kann man sich nicht präsentieren. Kopflos auf dem Platz, chaotisch im Umfeld. Als ob sich der Finalist von vor vier Jahren selbst für die umstrittene Qualifikation bestrafen wollte.

Griechenland – Eigentlich ist die Schande noch größer als vor zwei Jahren. Denn die Griechen zeigten gegen Nigeria, dass sie eine starke Offensive hätten. Leider hatte Rehhagel wohl eine Allergie dagegen und Spaß daran, dass man sein Team hasst.

Italien – Es hat sich ja in den letzten Jahren schon abgezeichnet. Aber dass es so schlimm werden sollte? Dem Titelverteidiger fehlte es kurz gesagt an allem. Hinten löchrig, in der Mitte ideenlos, vorne ein Lüfterl. Mehr hat dieses Team nicht mehr drin.

Kamerun – Den Auftritt der Löwen kann man ohne Umschweife als genauso missraten bezeichnen wie den der Franzosen, denn die Ansammlung von Individuen hat sich zu hundert Prozent selbst aus dem Turnier genommen.

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Day 12 / B – Angst vorm Gewinnen https://ballverliebt.eu/2010/06/23/day-12-b-angst-vorm-gewinnen/ https://ballverliebt.eu/2010/06/23/day-12-b-angst-vorm-gewinnen/#comments Wed, 23 Jun 2010 00:57:43 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2323 Day 12 / B – Angst vorm Gewinnen weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Tag 12 – Gruppe B | „Ich hab Angst“ – und zwar vorm Gewinnen. Das war den drei Beteiligten im Kampf um Platz zwei deutlich anzumerken: Die Griechen, die ein 0:2 verwalteten. Die Nigerianer, die beste Chancen vergaben. Und die Koreaner, die sich letztlich ins Achtelfinale zitterten.

Argentinien – Griechenland 2:0 (0:0)

Argentinien - Griechenland 2:0

Für die de facto schon als Gruppensiege feststehenden Argentinier war es ein Testspiel – Maradona konnte einige Reservisten einsetzen. Etwa Bolatti (statt Mascherano), Clemete Rodríguez (links hinten statt Heinze), Otamendi (rechts hinten statt des gesperrten Jonás Gutiérrez), dazu Kun Agüero und Diego Milito statt Higuaín und Tévez; auch Di María bekam eine Pause. Argentinien spielte in einem 4-3-3, mit Bolatti im Zentrum, Messi kam eher von der rechten Flanke. „Eher“ deswegen, weil die Gauchos die Flanken eigentlich behandelt haben wie eine verbotene Zone – alles, alles, wirklich alles drängte sich gegen die vielbeinige griechische Defensive in die Mitte. Die Hellenen hatten so nicht die geringste Mühe, das zu verteidigen.

Rehhagel schickte seine Mannschaft, wie schon zu Beginn gegen Nigeria, mit einem 3-4-2-1 auf das Feld – diesmal mit Samaras als Ein-Mann-Team jenseits der Mittellinie; Karagounis und Katsouranis nominell dahinter, Vyntra rechts und Torosidis links; dazu Papastathopoulos und Tziolis im Zentrum gemeinsam gegen Messi. Der argentinische Zehner bekam ordentlich auf die Socken, um ihn nur ja nicht ins Spiel kommen zu lassen. Ansonsten schafften es die Griechen, dass sich die Argetinier auf den Füßen standen – Verón und Bolatti, Agüero und Milito. Das Resultat: Ballbesitz ohne Ende (und IV Burdisso musste die komplette erste Hälfte in keinen einzigen Zweikampf), aber erschreckend wenig Produktives. Sehr viel dämlicher kann man gegen eine Dreierkette eigentlich nicht spielen.

In der argentinischen Kabine muss dann jemand ein Machtwort gesprochen haben, denn das Spiel der Gauchos wurde nach dem Seitenwechsel deutlich breiter. Clemente Rodríguez und sogar dem gelernte Innenverteidiger Nicolás Otamendi gelang es nun, die Präsenz auf den Flanken zu erhöhen – alleine, das Tempo fehlte. So rückten Torosidis und Vyntra schnell zurück. Messi ließ sich nun oft sogar hinter Verón zurückfallen, holte sich die Bälle von hinten, aber es fehlte ihm im Mittelfeld an tauglichen Partnern zum Doppelpass. Dass es einen Eckball brauchte, um die Griechen zu bestrafen, überrascht ob des mangelnden Tempos und der spielerischen Armut, welche die Albicelete erstaunlicherweise offenbarten, nicht.

Gut, für die Argentinier ging es um nichts mehr, insofern können sie diese uninspirierte Leistung wegstecken. Dass allerdings die Grichen, obwohl sie ob des Zwischenstandes in der Parallelpartie zum Siegen verdammt waren, vom Defensivkonzept zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise abrückten, ist eigentilch ein Skandal und einer WM nicht würdig. Samaras war von der ersten bis zur letzten Sekunde in der gegnerischen Hälfte komplett auf sich alleine gestellt, der junge Ninis war kaum mehr als moralische Unterstützung – weil die beiden anderen Neuen, Patsatzoglou und Spiropoulos, immer noch die Defensive verstärken sollten. Das ist umso trauriger, weil die Griechen ja gegen Nigeria gezeigt haben, was für einen wunderbaren Offensivfußball sie zeigen können, wenn sie denn nur wollten.

Fazit: Die Argentinier spielten es in der ersten Hälfte zu viel über die Mitte, in der zweiten immer noch mit zu wenig Tempo. Von den neuen konnte sich nur Clemente Rodríguez aufdrängen. Dass die Griechen selbst dann noch auf Halten spielten, als sie schon dringend gewinnen mussten, ist extrem enttäuschend und so geht die Niederlage und das Turnier-Aus absolut in Ordnung.

————————

Nigeria – Südkorea 2:2 (1:1)

Nigeria - Südkorea 2:2

Die Koreaner (bei denen Cha wieder für Oh als RV zurückkam) hätten auf Halten spielen können, ihnen hätte eine Punkteteilung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Weiterkommen gereicht – alleine, zwei schlimme individuelle Schnitzer ließen dieses Vorhaben schnell scheitern. Lee Young-Pyo (der im erstern Spiel schon Schwächen offenbarte, die von den Argentiniern erstaunlicherweise ungenützt blieben) ließ eine Flanke von Odiah zu, die nie hätte kommen dürfen, und Cha verlor in der Mitte den Zweikampf gegen Uche, den er nie hätte verlieren dürfen, kläglich. Und schon stand’s 1:0 für Nigeria.

Die Afrikaner waren an vier Positionen verändert (der gelernte IV Afolabi links hinten für Taiwo, Ayila für Haruna im DM, Obasi zurück für den gesperrten Kaita im RM, und der alte Kanu statt Odemwingie vorne), blieb aber bei seinem 4-4-1-1. Die Führung gab den Nigerianern sichtlich Aufwind, und die Koreaner schafften es nicht, aus dem Spiel heraus die gut stehenden Gegner auszuspielen. Etuhu und Ayila machten die Mitte gut (und robust) zu und Park Ji-Sung wurde auf links so gut in Schach gehalten, dass er immer wieder in die Mitte oder gar nach rechts auswich. Zudem traute sich Lee Young-Pyo nach seinem Fehler einige Zeit nicht mehr nach vorne, weil er nicht von Odiah und Obasi weiterhin überlaufen werden wollte. Auch RV Cha nagte an seinem Fehler und brauchte einige Zeit, sich freizuschwimmen. So drängte das Spiel der Koreaner immer mehr in die Mitte, wo nicht viel Platz war. Viel zu selten versuchten sie es gegen die eher unbeweglichen Yobo und vor allem Shittu in der IV mit Tempo. Chancen gab’s nur aus Standards, da wurden jedoch erstaunliche Schwächen bei den Nigerianern sichtbar. Die schließlich auch zum 1:1 führten.

Bei Nigeria ging viel über die schnellen Außen Obasi und Uche, sie verzettelten sich nur, wenn es über die Mitte mit Bremsklotz Kanu ging. Er verschleppte das dringend notwendige Tempo immer wieder, sodass Aiyegbeni vorne nicht viele Bälle sah, die er von Kanu in sinnvollem Zustand aufbereitet bekam. Kein Wunder also, dass Kanu nach einer Stunde mit Martins einer zweiten echten Sturmspitze weichen musste – was natürlich auch daran lag, dass Südkorea mittlerweile durch eine weitere Standardsituation mit 2:1 in Führung gegangen war.

Koreas Teamchef Huh nahm daraufhin mit Yeom seinen zentralen Offensivspieler hinaus und brachte dafür den Sechser Kim Nam-Il – absichern war angesagt. Durch die Ausgangspotition (Korea reicht ein Remis, Nigeria muss gewinnen) waren es nun natürlich die Afrikaner, die sich daran machten, das Spiel nach vorne zu tragen. Durchaus mit einigem Erfolg, denn die Außenverteidiger Lee und vor allem Cha machten einen sichtlich schwachen Eindruck. Vor dem Tausenprozenter etwa, den Aiyegbeni zwei Minuten vor seinem Elfmetertor zum 2:2 aus einem Meter am Tor vorbeischob, schlief Cha zum wiederholten Male. Erstaunlicherweise war es neben Cha und Lee Young-Pyo noch ein dritter absoluter Routinier, der das völlig sinnlose Elferfoul beging: Wie die beiden Außen war auch Kim Nam-Il schon vor acht Jahren dabei, als es ins Semfinale ging.

Doch auch auf der anderen Seite schwamm die Defensive fleißig. In der Halbzeit war Afolabi für Yobo ins Zentrum gerückt, dafür der eingewechselte Echéjilé nach rechts gegangen – und bis auf den recht sicheren Neuen hatte da hinten keiner echtes WM-Format. Den Koreanern fehlte es allerdings an der Klasse, diese großen Schwächen auszunützen. Genau diese fehlte aber auch den Nigerianern, die in einer nicht besonders hochklassigen, aber dramatischen und spannenden Schlussphase diverse Chancen zum Sieg, und damit zum Achtelfinaleinzug, liegen ließen.

Fazit: Die Koreaner nützten erneut zwei Standards für die Tore, hatten aber extremes Glück, dass die Nigerianer vor dem Tor einfach viel zu viele Torchancen leichtfertig verballerten. Nigeria hätte dank der mit Abstand besten Turnierleistung den Sieg gegen zu harmlose Koreaner verdient gehabt, diesen allerdings selbst verspielt.

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Das war die Gruppe B: Favorit Argentinien war mit der schwachen Konkurrenz doch ein wenig unterfordert – zwei gute (aber nicht überragende) und eine mäßige Leistung reichten zu drei ungefährdeten Siegen. Und das, obwohl Messi zwar bemüht war, ihm aber noch nichts wirklich außergewöhnliches gelungen ist. Was diese Argentinier leisten können, wenn sie gegen eine Weltklassemannschaft spielt, lässt sich absolut noch nicht abschätzen, aber der taktisch schwache bis dämliche Auftritt gegen die Griechen könnte ein Indikator dafür sein, dass noch nicht alles Gold ist, was glänzt.

Die Konkurrenz lieferte sich ein Scheckenrennen um den zweiten Gruppenplatz. Am Ende schaffte es, wie von vielen erwartet worden war, die Mannschaft aus Südkorea – allerdings weniger wegen der eigenen Stärke, sondern eher, weil die anderen beiden noch blinder waren. Man darf nicht vergessen, wie die Tore fielen: Drei Freistöße, zwei derbe Abwehrfehler der Gegner. Aus dem Spiel heraus? Naja. Im Achtelfinale gegen Uruguay ist das Team so der krasse Außenseiter. Das Pech von Nigeria war es, zum einen gegen die Griechen einen saublöden Ausschluss hinnehmen zu müssen und dann zum anderen gegen die Koreaner die besten Chancen zu vernebeln. Lars Lagerbäck verpasste dem Team die Struktur, die beim Afrikacup gefehlt hatte, das Aus hat man sich aber dennoch selbst zuzuschreiben. Unnötig war es in jedem Fall.

Unnötig war mit absoluter Sicherheit auch der Auftritt von Griechenland. Zwar zeigten die Hellenen gegen Nigeria, dass sie schönen Offensivfußball zeigen könnten, aber die Spiele gegen Südkorea und Argentinien waren gerpägt von übervollen Hosen und einer Feigheit, die jeder Beschreibung spottet. Nicht einmal, als das Team gegen echt nicht besonders motivierte Gauchos unbedingt gewinnen musste, wurde am Defensivkonzept gerüttelt. Ein Glück, dass diese Maßnahmen nicht auch noch belohnt wurden – zumindest versuchen hätte man es können.

(phe)

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Day 7 – Hollywood https://ballverliebt.eu/2010/06/18/day-7-hollywood/ https://ballverliebt.eu/2010/06/18/day-7-hollywood/#respond Fri, 18 Jun 2010 00:40:40 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2264 Day 7 – Hollywood weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Tag 7 | Argentinien dreht Südkorea einmal auf links. Die Mexikaner führen die Franzosen vor, indem sie ihnen zeigen, wie variables Offensivspiel geht. Und, eigentlich unglaublich: Griechenland spielt mit zehn Nigerianern Hollywood und erdrückt diese in offensivem Dauerdruck!

Argentinien – Südkorea 4:1 (2:1)

Argentinien - Südkorea 4:1

Maradona veränderte sein Team gegenüber dem 1:0 über Nigeria nur geringfügig – Maxi Rodríguez kam für den angeschlagenen Verón in die Mannschaft. Nicht verändert hat sich aber die windschiefe Formation: Jonás Gutiérrez war wieder der Alleinunterhalter auf der rechten Seite, was ihm diesmal aber wesentlich weniger gelang als gegen Nigeria – weil er auch sehr wenig Unterstützung hatte, denn Tévez spielte diesmal vermehrt über die linke Seite.

So war das argentinische Spiel ganz extrem linkslastig: Mit einem deutlich verbesserten Di María, der ja nun mit Tévez einen Mitspieler auf seiner Seite vor sich hatte, dazu Messi noch einen zweiten Aufbauspieler, der viel über diese Seite kam, plus Higuaín, der als Sturmspitze im Zentrum wartete. Auf der anderen Seite aber: Nichts. Nur Jonás Gutiérrez, der ein armer Hund war; zwar oft den Ball hatte, aber wenig damit anfangen konnte. Kein Wunder also, dass kein einziges der vier Tore mit seiner Seiter auch nur das geringste zu tun hatte.

Umso erstaunlicher aber, dass es die Südkoreaner diesmal nie vermochten, dieses Manko auch nur im Ansatz auszunützen. Zumal Park Ji-Sung diesmal nicht direkt in der Mittelfeld-Zentrale spielte, sondern in einem 4-4-1-1 vorgerrückt hinter Park Chu-Yong aufgestellt war. Was negative Folgen hatte: Messi konnte sich problemlos bis auf die Sechserposition zurückfallen lassen, sich dort die Bälle holen, und mit schnellen Solo-Läufen oder via Doppelpass mit Mascherano und/oder Maxi Rodríguez den flinken Weg nach vorne suchen konnte. Die koranische Defensivabteiltung stand diesen Aktionen oft eher hilflos gegenüber. Dass Demichelis mit seinem peinlichen Leichtsinnsfehler das Gegentor verschuldete, sorgte dafür, dass die Argentinier in der zweiten Hälfte noch wach bleiben musste. Was der verletzungsbedingte Ausfall von Samuel bedeuten könnte, wurde nicht klar, zu harmlos waren die Koreaner.

Zudem nützten die robuten Argentinier ihre physische Überlegenheit bei Standardsituationen und profitierten auch von Unzulänglichkeiten der Südkoreaner im Stellungsspiel. Das Eigentor zum 0:1 mag noch Pech gewesen sein, das Abwehrverhalten beim 0:2 war aber schon sehr mangelhaft. Enttäuschend war die Leistung der Koreaner als Ganzes, auch nachdem Teamchef Huh in der Pause den jungen Ki rausnahm und dafür den routinierteren Kim Nam-Il brachte. Damit brachte er zwar etwas Beruhigung ins defensive Mittelfeld, beraubte sich aber der Optionen nach vorne, weil der 33-Jährige im Spielaufbau nicht den Schwung des 21-jährigen Ki mitbringt.

Eine Viertelstunde vor Schluss reagierte die argentinische Bank auf die zunehmende Wirkungslosigkeit von Tévez auf der linken Seite und brachte Kun Agüero – eine Maßnahme, die sich sofort bezahlt machte. Agüero unterstützte Messi in der Zentrale und zog die beiden Bilderbuch-Konter mit seinem jungen Kollegen gemeinsam auf und ermöglichte Hugaín seinen Hattrick – worauf sich dieser zehn Minuten vor dem Schluss seinen Abgangsapplaus abholen durfte.

Fazit: Die Argentinier gewinnen vierdient, weil sie die Schwächen der Koreaner ausnützten und offensiv einfach deutlich mehr Power hatten, zwei Standards und zwei wunderschöne Konter abschlossen. Interessant wird, wie das Spiel ohne den gelbgesperrten Jonás Gutiérrez aussehen wird – der mutmaßliche Back-up Otamendi kann das in dieser Form nicht spielen. Die Koreaner brauchen nun ein Erfolgserlebnis gegen Nigeria, das sollte aber trotz der hohen Niederlage möglich sein – vor allem nachdem die Nigerianer gegen die Griechen genau gar nichts zeigen konnten.

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Griechenland – Nigeria 2:1 (1:1)

Griechenland - Nigeria 2:1

Wer hätte das gedacht? Maurermeister Otto Rehhagel entdeckt auf seine alten Tage sogar noch den Offensiv-Fußball! Auch, wenn’s einen Anlass wie den saublöden Ausschluss des Nigerianers Sani Kaita brauchte. Denn Rehhagel ließ mit einem immer noch eher vorsichtigen 3-5-2 beginnen, mit drei echten Innenverteidigern (Kyrgiakos, Papadopoulos und Papastathopoulos), dazu gelernte Außenverteitiger im Mittelfeld (Vyntra rechts und Torosidis links), einem klassischen Sechser (Tziolis), zwei potentiellen Spielgestaltern im Halbfeld (Karagounis und Katsouranis), einem offensiven Freigeist (Salpingidis) und einer statischen Sturmspitze (Gekas). Das Mittelfeld versuchte, den Nigerianern mittels Pressing die Zeit für den Spielaufbau zu nehmen, was ganz gut gelang. Selbst wurden die Griechen aber auch nicht torgefährlich.

Die Nigerianer wurden von Lars Lagerbäck diesmal mit einem 4-4-1-1 auf den Platz geschickt, vorne mit Centerstürmer Aiyegbeni und mit Odemwingie als hängende Spitze; Kalu Uche rutsche im linken Mittelfeld für Obasi in die Mannschaft. Schon früh auffällig: Die Außenverteidiger Taiwo und Odiah rückten extrem weit in die Zentrale, wodurch sie den Griechen außen viel Platz gaben, den diese aber nicht nützen konnten. Da weder die Nigerianer ein Mittel gegen das griechische Pressing fanden, noch die Griechen gegen die bullige Abwehr, die in der Zentrale Gekas zu viert zustellte, verlief das Spiel eine halbe Stunde lang ziemlich dröge, von Nigerias Freistoß-Zufallstor zum 1:0 aus heiterem Himmel (wieder war es Vyntra, der mit einem individuellen Fehler diesen verursachte – er verschuldete schon gegen Südkorea ein Gegentor) einmal abgesehen. Als aber in der 33. Minute mit Sani Kaita der rechte Mittelfeld-Mann der Nigerianer zu Recht ausgeschlossen wurde, setzte Rehhagel alles auf eine Karte.

Er brachte sofort mit Samaras einen schnellen, kopfballstarken Stürmer für Papastathopoulos aus der Dreier-Abwehrkette und stellte nominell auf ein 4-3-3 um, dass sich in der Praxis aber eher als 2-5-3 darstellte. Heißt: Nur noch zwei Verteidiger hinten, das Fünfer-Mittelfeld wie gehabt, und vorne Samaras als ständiger Unruheherd zu Salpingidis und Gekas dazu. Zudem blühte der zuvor unsichtbar Katsouranis auf, Karagounis fing das Spiel nun auch tatsächlich zu lenken an. Die Folge: Die nigerianische Defensive, welche die Flanken immer noch bereitwillig herschenkte, sah mit sich einem Dauerdruck wütend anrennender Griechen konfrontiert, den man in dieser Form noch nie gesehen hat. Dass die Hellenen noch vor der Pause den Ausgleich erzwingen konnten, war wichtig und da schon überfällig.

Lagerbäck reagierte in der Pause und brachte für Odemwinige nun Obasi, der das durch den Ausschluss entstandene Loch rechts stopfen und Konter einleiten sollte. Das funktionierte einmal ganz gut, nur scheiterte er am starken griechischen Schlussmann Tzorvas. Auf der anderen Seite war es der überragende Torhüter Enyeama, der mit sehenswerten Paraden das 1:1 für die nun im Grunde hoffnungslos unterlegenen Afrikaner rettete. Dass ein klarer Fehler von ihm – er ließ einen Schuss prallen, Torosidis staubte ab – zum 1:2 führte, ist bitter für ihn, aber ohne seine Glanzleistungen zuvor wäre dieses hochverdiente Tor schon viel früher gefallen.

Fazit: Unglaublich, aber wahr – Die Griechen überzeugten mit druckvollem Power-Offensivfußball gegen, zugegeben, numerisch unterlegene Nigerianer. Das Pech der Griechen: Nun wartet Argentinien. Die Nigerianer fanden schon mit elf Spielern offensiv nicht statt und hatten über das Spiel gesehen nicht den Funken einer Chance. Ohne klare Leistungssteigerung werden die Super Eagles auch gegen Südkorea keine haben.

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Frankreich – Mexiko 0:2 (0:0)

Frankreich - Mexiko 0:2

Die Zeit war für Frankreichs Teamchef Domenech nach dem enttäuschenden 0:0 gegen Uruguay gekommen, etwas umzustellen. Und er tat es: Der enttäuschende Gourcuff raus, Ribéry nominell von links in die Mitte, dafür Malouda neu ins Team nach links. So sah es auf dem Papier aus, aber die vier offensiven Kräfte der Franzosen – eben Malouda und Ribéry, dazu Govou rechts und Anelka in der Spitze – rochierten sehr viel. Vor allem Ribéry tauchte eigentlich überall auf, aber auch Anelka ging mitunter auf links, dafür Govou in die Mitte und Malouda blieb etwas zurück. Das sah alles ganz gefällig (wenn auch mitunter etwa unkoordiniert) aus, brachte aber nicht den gewünschten Effekt – sprich, echte Torgefahr.

Diese entwickelten schon viel eher die Mexikaner, obwohl diese ihre Grundausrichtung eher in Abwarten und Gegner kommen lassen bestand. Zu Beginn des Spiels klappte das noch nicht, weil alle Konterbemühungen über den von den Franzosen zugestellten Mittelkreis gingen – also, entweder von außen in die Zentrale, oder gleich von dort ausgehend. Das besserte sich aber mit Fortdauer der ersten Hälfte, als vor allem Salcído auf links immer öfter unter konsequenter Umgehung der Zentrale den Weg nach vorne suchte (weil er ob des praktisch inexistenten Govou auch jede Menge Zeit dazu hatte), dort unterstützt von den wieselflinken Vela und Giovani.

Dass Aguirre aus seiner mexikanischen Mannschaft im Gegensatz zu Domenech aus der seinen eine in sich funktionierende Mannschaft geformt hat, zeigte sich spätestens nach einer halben Stunde, als der starke Vela mit einer Hamstring-Verletzung ausgetauscht werden musste. Pablo Barrera nahm seinen Platz im Team ohne Reibungsverluste ein; Giovani übernahm halt vorne etwas mehr Verantwortung. So war der 21-Jährige zunächste der klare Boss im mexikanischen Angriff, denn Guille Franco war hauptsächlich mit Wortgefechten mit dem Schiedsrichter zu Gange. Dass Aguierre ihn nicht zur Halbzeit in der Kabine ließ, ist schon ein wenig verwunderlich.

Dafür nahm Domenech den lauffreudigen, aber unglücklichen Anelka raus und brachte für ihn Gignac – und schwächte so seine Mannschaft vorentscheidend. Denn Gignac stand nur vorne drin und wartete auf Anspeiele (und versiebte die wenigen, die kamen, kläglich). Ribéry ging nun auf links, war dort bei Osorio aber gut aufgehoben, Malouda ging in die Mitte und zeigte, dass er sich dort nicht wohl fühlt. Der wie im ersten Spiel unterirdische Govou durfte noch bis zur 69. Minute weitertraben, ehe er ausgewechselt wurde – aber nicht für den gedemütigten Henry, sondern für Valbuena. Der genauso wirkunggslos blieb wie Govou.

Denn die französische Mannschaft implodierte nach der Pause regelrecht. Keinerlei Laufbereitschaft war mehr erkennbar, kein Einsatz für den Mitspieler, kein Aufbäumen, nichts. Aguirre erkannte das natürlich und brachte für den defensiven Juárez Stürmer-Jungstar Hernández, weil er sah, dass ein Sieg gegen eine solche französische Mannschaft absolute Pflicht war. Diese Maßnahme fruchtete: Hernández erzielte prompt das 1:0, nachdem die Franzosen vergeblich auf Abseits gespielt hatten. Im Grunde war das Spiel entschieden, da konnte es sich Aguirre sogar leisten, die Immobilie Blanco zu bringen. Er wuchtete seinen massigen Körper noch eine halbe Stunde durch die Gegend und verwertete den Elfmeter zum 2:0, als die Entscheidung im Grunde längst gefallen war.

Denn die Mexikaner spielten nun vollends Hollywood mit Frankreich – hinten sicherten nur noch Osorio, Moreno und Rodríguez ab, sie standen dabei extrem hoch und hatten gegen die einfallslosen und statischen Franzosen keine Mühe. Davor teilten sich Torrado und Márquez die Spieleröffnung, Salcído rückte von links hinten endgültig ins linke offensive Mittelfeld, rechts übernahm diese Rolle Barrera, der junge Hernández spielte zentral, Giovani überall und Blanco war vorne die Spitze. Und aus dieser Grundformation rochierten die Mexikaner, dass es nur so eine Freude war und sich die Franzosen hinten und vorne nicht mehr auskannten. Das Elferfoul der heillos überforderten Abwehr vor dem 2:0 war die logische Folge.

Fazit: Die Franzosen fingen engagiert an, aber spätestens die Leistung in der zweiten Hälfte ist selbst mit „Bankrotterklärung“ fast noch zu wohlwollend beschrieben. Die Mexikaner erkannten dies und verarschten das französische Team gegen Ende regelrecht. So sind sie ein Kandidat für das Viertelfinale – mindestens.

(phe)

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Schwedischer Fallschirm für die Super-Adler https://ballverliebt.eu/2010/04/29/schwedischer-fallschirm-fur-die-super-adler/ https://ballverliebt.eu/2010/04/29/schwedischer-fallschirm-fur-die-super-adler/#respond Thu, 29 Apr 2010 18:13:27 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=1966 Schwedischer Fallschirm für die Super-Adler weiterlesen ]]> WM-SERIE, Teil 19: NIGERIA | Aneinander vorbei und ohne Teamgeist – so spielte Nigeria zuletzt, auch beim Afrika-Cup. Hölzern und statisch – so spielte das schwedische Team noch unter dem neuen Teamchef der Westafrikaner, Lars Lagerbäck. Das klingt nicht viel versprechend.

Ein Desater, schrecklich, nicht mitanzusehen – Beobachter aus aller Welt waren bei den Spielen von Nigeria beim Afrika-Cup im vergangenen Jänner in Angola schockiert. Ohne jede Leidenschaft, ohne ein nennenswertes Mittelfeld und ohne erkannbaren Spielwitz stolperten die „Super Eagles“ über den Platz. Dass sie im Viertelfinale mit einer Leistung, die mit „Arbeitsverweigerung“ wohl am treffendsten beschrieben ist, gegen das Überraschungsteam aus Sambia nach einem erbärmlichen 0:0 dann im Elfmeterschießen sogar noch weitergekommen sind, war purer Hohn.

Darum kann und darf es auch nicht verwundern, dass Teamchef Shaibu Amodu trotz des dritten Platzes nach dem Turnier mit einem ordentlichen Fußtritt aus dem Amt befördert wurde – er schaffte es nicht, das fraglos vorhandenen Potential auch nur annähernd auszuschöpfen. Dass sein Nachfolger der Schwede Lars Lagerbäck ist, der nach elf Jahren als Teamchef seines Landes gerade vor ein paar Monaten erst nach verpasster Qualifikation seinen Posten geräumt hatte, mutet angesichts der Umstände allerdings schon ein wenig überraschend an.

Denn den Nigerianern fehlte es, und das war deutlich zu erkennen, nicht am System oder an der Ordnung im Spiel. Die war klar ersichtlich und absolut nicht das Problem. Dieses stellte sich eher in überzogenem Egiosmus, aufreizender Lustlosigkeit oder schlicht unterirdischer Performance der einzelnen Spieler dar, und im mangelhaft ausgeprägten Zusammenspiel. Nun ist aber gerade Lagerbäck ein Trainer, der – typisch nordländisch – sehr auf Organistation und Ordnung im Spiel seiner Mannschaft wert legte. Ob das bei den erfolgreichen schwedischen Auftritten bei der WM2002 und der Euro2004 war, oder dem weniger gelungenen von der Euro2008: Schweden spielte immer ein eher statisches System. Der Unterschied war das Alter und die Leistungsfähigkeit der Spieler, welches das Lagerbäck’sche 4-1-3-2 nicht mehr mit ausreichend Leben füllen konnte. Aber nicht die mentale Einstellung.

Nun kommt also ein Trainer daher, der den Nigerianern das einzige beibringen kann, was objektiv ohnehin gepasst hat. Der Verdacht liegt Nahe, dass der schon öfters in Personalfragen eher konfuse Verband schnell handelte, nur um des Handelns Willen. Das hat schon beim Import von Berti Vogts und dessen Co-Trainer-Spezis Häßler und Stein nicht geklappt. Das hat auch 2002 nicht geklappt, als auch schon nach dem Afrika-Cup eben jener Shaibu Amodu gehen musste, der auch jetzt gestanzt wurde – nur, um unter dem hastig einberufenen Festus Onigbinde bei der WM in Asien mit blutleeren Auftritten Schiffbruch zu erleiden.

Blutleer waren aber auch die schwedischen Spieler der letzten Jahre – das Dilemma wird sichtbar. Waren die „Super Eagles“ in den Neunziger Jahren mit den Achtelfinal-Einzügen 1994 und 1998 sowie dem Olympiasieg von Atlanta 1996 die Nachfolger von Kamerun als bestes Team Afrikas, war die Bruchlandung, die auf die schwache WM von 2002 folgte, umso härter. In ihrer Arroganz nahmen sie bei der Ausscheidung für die Endrunde in Deutschland die Angolaner so lange nicht ernst, bis es zu spät war. In der Qualifikation für Südafrika fehlte schon die sportliche Potenz, das Ticket wurde nur durch einen sensationellen Umfaller von Konkurrent Tunesien bei Underdog Mosambik gelöst, buchstäblich in letzter Sekunde.

Der Afrika-Cup legte aber die eklatanten Schwächen dann schonungslos offen: Nigeria verfügt de facto über kein Mittelfeld. Es gibt einen recht anständigen Torwart, ganz gute Verteidiger, und eine Fülle an Stürmern mit großem Potential. Aber dazwischen? Nichts. Ein John Oki Mikel ist von seinem Naturell her weder ein Spieler, der mit großer Präsenz auf dem Spielfeld Ansprüche auf eine Chef-Rolle erfüllen könnte, noch ist er von seiner Spielweise jemand, der das Spiel gestalten und seinen Stempel aufdrücken kann. So bleibt die Offensivlast an den Außenverteidigern und den Außenstürmern hängen. Wenn diese allerdings ihr Tagwerk verweigern, so wie Linksaußen Odemwingie in Angola, steht nach vorne alles still.

Das ist auch ein Dilemma für Lagerbäck. Er wird sich schon alleine aufgrund des Spielermaterials schwer tun, vom 4-3-3, wie es Adomu spielen ließ, auf sein schwedisches 4-1-3-2 umzustellen. Dazu bräuchte er zumindest zwei gelernte offensive Mittelfeldspieler von halbwegs internationalem Format – er hat aber keinen einzigen. Dafür könnte er problemlos zwei Sturmspitzen finden! Wechselt Lagerbäck auf zwei Stoßstürmer, sind dies vermutlich Yakubu Aiyegbeni, der seit vielen Jahren in England spielt, und ein beliebiger Partner. Hier fiele die Entscheidung wohl zwischen den Deutschland-Legionären Obafemi Martins (Wolfsburg) und Chinedu Obasi (Hoffenheim), wobei Martins die bessere Saison spielt, aber auch der besser Joker wäre. Odemwingie hat sich mit seinen Auftritten beim Afrika-Cup sicherlich keinen Gefallen getan, was sein Standing beim neuen Teamchef betrifft. Und Altmeister Nwankwo Kanu wird, wenn überhaupt, wohl eher nur als Maskottchen mitfahren, weniger als echte Alternative.

In Adomus 4-3-3 spielten Aiyegbeni (oder Martins) zentral, Odemwingie links und Obasi rechts, waren aber eben oft sehr auf sich alleine gestellt. Eine mutige Variante wäre, zu zwei Stürmern noch zwei weitere gelernte solche ins Mittelfeld zu geben – also etwa Aiyegbeni und Martins vorne, sowie Odemwingie (oder Victor Nsofor) UND Obasi dann auf den Seiten im Mittelfeld. Da Lagerbäck-Fußball aber grundsätzlich immer eher vorsichtiger Fußball war, ist das wohl nur die Brechstangen-Notlösung.

Wahrscheinlicher ist da schon, dass er weiterhin auf eine Solospitze baut und die Flügelstürmer ins Mittelfeld zurück zieht – zumal das auch der Defensivstärke der Mannschaft eher entgegen käme. So sind in der Zentrale zwei klassische Sechser vorgesehen, hier gibt’s – im Gegensatz zur offensiven Zentrale – wieder einige taugliche Kandidaten. Sani Kaita, der beim russischen Aufsteiger Vladikavkas spielt, und Yusuf Ayila, der seit vielen Jahren bei Dynamo Kiew sein Geld verdient, haben ihr Handwerk in den recht defensiv orientierten Ligen in Osteuropa recht gut gelernt. Erste Alternative wäre Dickson Etuhu, der bei Fulham eine recht ansprechende Saison spielt. Und in der Mitte eben John Obi Mikel von Chelsea, der ohne dominante Figuren wie Lampard, Ballack oder Joe Cole (die ein Spiel schultern könnten) neben sich aber eher wie ein Verwalter spielt, weniger als ein Ansager.

Und hinten, da steht die humorlose und recht sichere Viererkette vor dem für afrikanische Verhältnisse recht ordentlichen Torhüter Vincent Enyama. Das Klischee vom unsicheren afrikanischen Torhüter ist zwar ein trauriges, aber der Afrika-Cup hat gezeigt, dass es leider nicht von Ungefähr kommt – Enyeama, der in Israel bei Hapoel Tel-Aviv die unumstrittene Nummer eins ist, stellt da eine solide Ausnahme dar. Vor ihm in der Zentrale sind die Premier-League-Verteidiger Joseph Yobo (Everton) und Danny Shittu (Bolton) die favorisierten Innenverteidiger; mit Nwaneri, Apam oder eventuell sogar dem Salzburger Afolabi gibt es aber Alternativen. Etwas dünner wird die Sache hingegen außen. Yusuf Mohamad (rechts) war im Jänner einer der wenigen, die nicht völlig abfielen; links wurde Taye Taiwo, Stammspieler vom angehenden französischen Meister Olympique Marseille, zuletzt vom unbekannteren Elderson Echiéjilé von Stade Rennes verdrängt. Das kann aber unter dem neuen Teamchef schon wieder ganz anders ein.

Objektiv betrachtet haben die Nigerianer – anders als vor acht Jahren, als sie mit England, Argentinien und Schweden drei echt schwere Gegner bekamen – diesmal das Glück gehabt, einer eher leichteren Gruppe zugelost zu werden. Zumindest gegen die Griechen im zweiten Spiel sind die „Super Eagles“ kein Außenseiter. Zu diesem Zeitpunkt ist das Spiel gegen die unberechenbaren Argentinier aber schon Geschichte, und starten die Westafrikaner hier mit einer Niederlage, könnte die Luft in der Gruppe schon recht dünn werden. Und bei einer Pleite auch gegen die Griechen könnte das letzte Spiel gegen Südkorea schon nur noch kosmetischen Wert haben.

Vor acht Jahren machte Nigeria einen sportlich wenig aufregenden Eindruck. Beim Afrikacup vor wenigen Monaten einen erschreckend harmlosen, wie schon in der Qualifikation für Südafrika. Und ein kühler Nordländer soll dem Team flammenden Teamgeist vermitteln? Na, mal sehen.

Wahrscheinlicher ist es, dass die „Super Eagles“ auch diesmal nicht so super sind – und der schwedische Fallschirm die Bruchlandung nicht stoppen wird können.

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NIGERIA
ganz in grün, adidas – Platzierung im ELO-Ranking: 28.

Spiele in Südafrika:
Argentinien (Nachmittagsspiel Sa 12/06 in Johannesburg/E)
Griechenland (Nachmittagsspiel Do 17/06 in Bloemfontein)
Südkorea (Abendspiel Di 22/06 in Durban)

TEAM: Tor: Dele Aiyenugba (26, Bnei-Yehuda), Austin Ejide (26, H. Petach-Tikva), Vincent Enyeama (27, H. Tel-Aviv). Abwehr: Rabiu Afolabi (30, Salzburg), Onyekachi Apam (23, Nizza), Elderson Echiéjilé (22, Rennes), Yusuf Mohamad (26, Sion), Obinna Nwaneri (28, Sion), Chidi Odiah (26, ZSKA Moskau), Taye Taiwo (25, Marseille), Danny Shittu (29, Bolton), Joseph Yobo (29, Everton). Mittelfeld: Yussuf Ayila (25, Dynamo Kiew), Dickson Etuhu (28, Fulham), Sani Kaita (24, Vladikavkas), John Obi Mikel (23, Chelsea), Seyi Olofinjana (29, Hull), Kalu Uche (27, Almería). Angriff: Yakubu Aiyegbeni (27, Everton), Nwankwo Kanu (33, Portsmouth), Obafemi Martins (25, Wolfsburg), Victor Nsofor-Obinna (23, Málaga), Chinedu Obasi (24, Hoffenheim), Peter Odemwingie (28, Lok Moskau), Ikechukwu Uche (26, Saragossa).

Teamchef: Lars Lagerbäck (61, Schwede, seit Februar 2010)

Qualifikation: 2:0 gegen Südafrika, 1:0 in Sierra Leone, 1:0 in und 2:0 gegen Äquatorialguinea, 1:0 in Südafrika, 4:1 gegen Sierra Leone. 0:0 in Mosambik, 3:0 gegen Kenia, 0:0 und 2:2 gegen Tunesien, 1:0 gegen Mosambik, 3:2 in Kenia.

Endrundenteilnahmen: 3 (1994 und 98 Achtelfinale, 2002 Vorrunde)

>> Ballverliebt-WM-Serie
Gruppe A: Südafrika, Mexiko, Uruguay, Frankreich
Gruppe B: Argentinien, Nigeria, Südkorea, Griechenland
Gruppe C: England, USA, Algerien, Slowenien
Gruppe D: Deutschland, Australien, Serbien, Ghana
Gruppe E: Holland, Dänemark, Japan, Kamerun
Gruppe F: Italien, Paraguay, Neuseeland, Slowakei
Gruppe G: Brasilien, Nordkorea, Côte d’Ivoire, Portugal
Gruppe H: Spanien, Schweiz, Honduras, Chile

* Die Platzierung im ELO-Ranking bezieht sich auf den Zeitpunkt der Auslosung

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