Vorschau: Ein nettes Freundschaftsspiel

Das ÖFB-Team hat sich also zu einem 2:1-Sieg gegen Litauen gewürgt – dank der gütigen Mithilfe des belgischen Schiedsrichters, der Schiemers Schwächeanfall mit einem verfrühten Weihnachtsgeschenk in Form eines Elfmeters belohnte. Schön mitanzusehen war das gerade nach der Pause nicht, vor allem angesichts der Tatsache, dass man gegen die dann recht sortiert auftretenden, aber doch eher biederen Litauer kein echtes Mittel fand.

Was ich nicht nur, aber auch auf die zu defensiv ausgelegte Rolle von Thomas Prager zurückführe. Der so formstarke LASK-Spielmacher musste de facto einen defensiven Mittelfeldspieler geben. Doppelt falsch: Erstens wäre Prager offensiv zentral hinter den Spitzen besser aufgehoben gewesen, zweitens brauche ich, bei allem Respekt vor Litauen, keine Doppelsechs wenn ich dieses Spiel gewinnen will. Man muss sich auch ein bissi was trauen. Zudem ist und bleibt Schiemer eine Karikatur von einem Außenverteidiger – aber wenn Constantini sich den Luxus erlauben will, auf einen solchen im Kader überhaupt zu verzichten, darf man sich nicht wundern. Schiemer war über weite Strecken des Spiels nur physisch anwesend, wirklich teilgenommen daran hat er kaum.

Der dritte Gruppenplatz ist nun also fixiert, und das Aufrücken vom fünften in den dritten Lostopf für die nächste Auslosung ist so gut wie fix. Das ist erfreulich und somit ist das eigentliche, in Zahlen ausdrückbare Ziel dieser Qualifikation erfüllt worden – eine Abschlussbilanz wird es in ausführlicherer Form nach dem Frankreich-Spiel geben.

Und das ist genau das Stichwort: Frankreich. Auf das Team wartet jetzt noch ein nettes Spiel vor 80.000 Zuschauern im Stade de France. Ja, es zählt noch zur Qualifikationsgruppe – aber weder für die Franzosen noch für uns kann sich am Ausgang der Gruppe noch irgend etwas ändern. Damit erfüllt die Partie den Tatbestand eines im Grunde belanglosen Freundschaftsspiels. Dass man dieses Spiel aber nicht abschenken sollte und auch nicht wird, ist dem Ehrgeiz der jungen Generation zu verdanken. Hier gilt der Grundsatz von Sturm, Rapid und der Austria in der Europa League: Holt man was, isses schön; verliert man, isses auch nicht schlimm – Hauptsache, man hat was gelernt.

Damit zur voraussichtlichen Aufstellung. Im Tor wird wie gewohnt der in starker Form spielende Helge Payer stehen, davor ist wie (ohne die verletzten Prödl und Pogatetz) gewohnt mit Aleks Dragovic und Paul Scharner zu rechnen. Auf den Außenpositionen gibt es Änderungen zum Litauen-Spiel: Links wird der in Innsbruck gelbgesperrte Christian Fuchs auflaufen, der bei Bochum von der Verletzung seines LV-Konkurrenten Philipp Bönig profitierte und zuletzt wieder durch gute Leistungen auf sich aufmerksam machte. Rechts ist geplant, dass statt dem diesmal gesperrten Schiemer Besiktas-Legionär Ekrem Dag zu seinem Teamdebüt kommt. Der ist zwar auch kein gelernter Außenverteidiger, schlechtes Gefühl habe ich beim ihm aber aufgrund seiner außerordentlichen taktischen Flexibilität da nicht.

Der gegen Litauen etwas fahrige Yasin Pehilvan ist im defensiven Mittelfeld natürlich gesetzt, ihm zur Seite wird als tatsächlicher Partner in der Doppelsechs (anders als dem alibimäßig als offensiver angekündigten Prager) Jules Baumgartlinger gestellt. Das ist auswärts gegen eine starke Mannschaft wie Frankreich nachzuvollziehen und auch nicht weiter zu kritisieren.

In der Defensive ist also nicht mehr mit großen Überraschungen zu rechnen, das steht alles ziemilch. Sehr viel wackeliger sind da schon Prognosen, wenn es um die Abteilung Attacke geht. Denn ob Constantini drei offensive Mittelfeldspieler plus Solospitze bringt, oder mit einem Sturmduo beginnt, ist so genau nicht vorherzusagen. Bei der eher defensiv zu erwartenden Grundausrichtung wäre es eigentlich logisch, das Mittelfeld mit einem fünften Mann zu stärken und vorne entweder einen Prellbock Marke Janko hinzustellen, oder aber (wie Sturm das vor allem international recht erfolgreich macht, seit Mario Haas verletzt ist), mit Daniel Beichler (wahlweise auch Roman Wallner) einen kleinen, spielstarken. Da das zu erwartende französische IV-Duo Gallas/Evra nicht zu den körperlich größten, aber technisch eher beschlageneren Gespannen zählt, würde sich ein Kopfball-Typ wie Janko in diesem Fall eher anbieten.

Die Offensivpositionen im Mittelfeld könnten dann der wieder genesene Jakob Jantscher (links) und Veli Kavlak (rechts) übernehmen, bzw. wiederum Prager oder Beichler in der Zentrale – als drei eher kleine, aber schnelle und wendige Spieler. Erfolg und Misserfolg einer solchen Variante könnte auch damit zusammenhängen, welche zwei Kandidaten bei den Franzosen die zentralen Defensivpositionen im Mittelfeld einnehmen – die kleinen, flinken Lass Diarra und Patrice Evra, oder der etwas robustere Jeremy Toulalan (je nachdem, ob Domenech etwas experimentiert oder die Einsergarnitur aufs Feld schickt). Zuletzt spielte Evra hinten zentral und Toulalan und Diarra im defensiven Mittelfeld. Sollte sich Contantini für ein 4-4-2 wie gegen Litauen entscheiden, wird er wirderum auf ein ungleiches Stürmer-Duo zurückgreifen, also am Ehesten wieder Janko und Wallner (eventuell auch Beichler). In diesem Fall würde Jakob Jantscher auf links im Mittelfeld und wahrscheinlich Veli Kavlak auf der rechten Seite spielen.

Es lohnt auch noch ein kleiner Blick auf die französische Mannschaft. Nimmt man als Referenz ihr Spiel in Serbien vor etwa einem Monat, liefen die Bleus mit einem 4-3-3 aufs Feld. Drei Stürmer (Torschützenkönig Gignac zentral, dazu Henry links und Anelka rechts als echte Flügelstürmer), im Mittelfeld ein Offensiver (Gourcuff) mit zwei Abfangjägern (Toulalan und Diarra), und hinten mit einer normalen Viererkette. Auch im Heimspiel gegen die Färöer am Samstag, das die Franzosen locker mit 5:0 gewannen, war dies die Ausrichtung. So ist die Prognose, dass es auch gegen Österreich so sein wird, keine gewagte. Darum wäre es sicherlich nicht von Nachteil, im Mittelfeld auf Überzahl zu gehen und das Spiel mit einem 4-2-3-1 anzugehen.

Sprich: Payer – Dag, Scharner, Dragovic, Fuchs – Kavlak, Baumgartlinger, Beichler, Pehlivan, Jantscher – Janko

Ein Wort noch zu David Alaba: Ich hatte ja schon länger im Gefühl, dass das letzte Spiel, in dem es vermutlich um nichts mehr gehen würde, ein guter Zeitpunkt wäre. Schließlich ist das nächste Pflichtspiel erst im kommenden September, nach der Weltmeisterschaft, und da ist es gut und richtig, wenn man eventuellen Begehrlichkeiten von seiten des nigerianischen Verbandes gleich einmal Vorschub leistet. In der 88. Minute einwechseln, und das Thema Alaba ist erst einmal erledigt. Richtig so, dann kann man seine (bislang recht erfreuliche Entwicklung) weiter abwarten.

(phe)

PS: Im Übrigen sei an dieser Stelle noch an diesen äußerst intelligenten Artikel im Standard erinnert, und das dazugehörige Buch kann ich auch nur empfehlen, ich habe es verschlungen.

Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.