schweden – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Mon, 23 Aug 2021 10:27:50 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.1 Olympia in Japan: Wildes Turnier als große Zäsur https://ballverliebt.eu/2021/08/23/olympia-in-japan-wildes-turnier-als-grosse-zaesur/ https://ballverliebt.eu/2021/08/23/olympia-in-japan-wildes-turnier-als-grosse-zaesur/#comments Mon, 23 Aug 2021 10:27:48 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17772 Olympia in Japan: Wildes Turnier als große Zäsur weiterlesen ]]> Was für ein chaotisch-schönes Turnier – und so viele Aspekte und Storylines, die sich daraus ergeben. Nicht die WM vor zwei Jahren wird die große Generationen-Zäsur sein, auch nicht die Corona-Pandemie, die im Frauenfußball für noch viel größere Löcher gesorgt hat als bei den Männern. Sondern es ist dieses Olympia-Turnier in Japan.

Hier ist so viel Entwicklung hineinkulminiert, so viele unerwartete Twists haben sich ergeben und so viele Keimzellen für Neues sind entstanden. Vom überraschenden Gold-Gewinner Kanada bis zum erfrischenden Debütanten Sambia, von der Schwedischen Renaissance über die bröckelnde USA-Dominanz bis zum chinesischen Team, von dem nur Ruinen übrig sind.

Amerikanischer Umbruch – aber mit wem?

Eine taktische Maßnahme, die gut gemeint ist, geht nach hinten los und der Gegner bohrt die Schwächen an, nützt sie aus und gewinnt 3:0. An sich ist so etwas nicht ungewöhnlich und kann schon mal passieren. Wenn es aber dem Frauen-Team der USA passiert, das die letzten zehn Jahre beinahe nach Belieben dominiert hat, bekommt ein Match wie das allererste des haushohen Favoriten bei diesem Turnier eine geradezu seismische Dimension.

Die übelste Zurichtung des USWNT seit dem 0:4 im WM-Halbfinale von 2007 gegen Brasilien hat den Ton für das ganze restliche Turnier gesetzt, das Teamchef Vlatko Andonovski, Nachfolger von Doppel-Weltmeisterin Jill Ellis, mit massiv ramponiertem Standing hinterlässt. Was war passiert? Aus dem üblichen 4-3-3 ließ er einen der Achter auf die Zehnerposition nach vorne schieben.

Erstes Gruppenspiel: Schweden besiegt die USA 3:0 (1:0)

Dadurch wurden die Flügelstürmerinnen aber weiter nach außen gedrängt, was das üblicherweise sehr gute Zusammenspiel der Front-Three massiv behinderte. So konnte das US-Team kaum Bälle im Angriffsdrittel festmachen, gleichzeitig hetzte Schweden die per Notlösung zur Außenverteidigerin umgeschulte Stürmerin Crystal Dunn von einer defensiven Verlegenheit in die nächste.

Nach dem Katastrophen-Start schleppte man sich ins Halbfinale gegen Kanada, wo man es mit viel Kopf durch die Wand und ohne viel Zusammenspiel versuchte und ein drittes Mal im fünften Spiel ohne eigenen Treffer blieb. Gegen Australien im Bronze-Spiel rettete man ein 4:3. Und jetzt?

Morgan oder Lloyd? Rapinoe oder Heath? Press oder Williams? Vorne tauschte Andonovski wild durch. So entstand kein Rhythmus

Bei einem erfolgreichen Olympia-Turnier wäre es völlig selbstverständlich gewesen, dass dieses Team in dieser Besetzung auch die WM noch macht. Das olympische Fiasko aber – und das war dieses Turnier für die USA ohne Frage – stellt dieses Vorhaben in Frage. Einerseits.

Denn andererseits hat die einzige junge Spielerin, die in Japan wirklich Einsatzzeit bekommen hat – Verteidigerin Tierna Davidson – im Halbfinale den entscheidenden Elfmeter verschuldet und im Bronze-Spiel mit einem haarsträubenden Querpass vor dem eigenen Strafraum den zwischenzeitlichen Ausgleich ermöglicht. Catarina Macario, das von WoSo-Krösus Lyon aufgeschnappte Nachwuchs-Juwel, bekam ein paar Minuten gegen Neuseeland. Und die drittjüngste Spielerin im Kader war schon Rose Lavelle mit ihren 26 Jahren.

Das Jahr 2020 hat die NWSL coronabedingt de facto komplett verloren, damit auch junge Spielerinnen die (theoretische) Chance auf Einsatzzeit. Es kommt aber auch kaum was nach. Vom 21-köpfigen Kader, der 2018 bei der U-20-WM war und in der Vorrunde gescheitert ist, sind aktuell nur vier überhaupt Stammkräfte in der amerikanischen Liga (Smith, Hiatt, Fox und Sanchez). Mehr als steckengebliebene Talente (Pugh) und Mitläuferinnen bei Liga-Klubs ist in den Jahren davor auch nicht gewesen. Mit Carli Lloyd ist der erste Stein schon aus der Mauer gefallen. Die Heldin des WM-Triumphs von 2015, gerade 39 Jahre alt geworden, hat ihr Karriereende nach der laufenden Saison angekündigt.

Die Generation um Rapinoe, Morgan, Sauerbrunn und Co. wird die WM 2023 wohl noch machen. Aber es fühlt sich nach diesem Turnier eher nach Mangel an Alternativen an, weniger nach der historischen Chance, dass die Truppe in dieser Besetzung den historischen WM-Threepeat quasi im Vorbeigehen mitnimmt – fast genau zehn Jahre nach der Geburtsstunde dieser Generation mit „THAT Goal“ in Dresden.

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Kanada: Wie einst Portugal

2016 in Rio war Kanada das beste Team des Turniers, brachte die PS aber im Halbfinale gegen Deutschland nicht auf den Boden und musste sich mit Bronze begnügen. Der Titelgewinn nun fühlt sich ein wenig an wie jener von Portugals Herren bei der EM 2016: Eher so ein wenig für das Lebenswerk, begünstigt von äußeren Umständen, mit nicht gerade attraktivem Defensiv-Fußball und mit dem ersten großen Titel für den großen, alternden Star (damals Ronaldo, jetzt Sinclair).

Erster großer Titel: Kanada

Dabei kann das Team von Neo-Teamchefin Bev Priestman, die jünger ist als ihr Superstar Sinclair, kräftig danke sagen. Danke, dass Japan es verbockt hat und man so Gruppenzweiter wurde. Dass man damit im Viertelfinale nicht auf Schweden traf, sondern ein brasilianisches Team, dem genauso nichts einfiel wie Kanada selbst. Dass man im Halbfinale die USA traf, die das schlechteste Turnier seit sicher über einem Jahrzehnt gespielt hat. Dass Schweden im Finale zwar überlegen war, aber man eben – wie schon beim 0:0 gegen Brasilien und dem 1:0 über die USA – standhielt und im Shoot-Out die etwas weniger schlechten Elfmeter fabrizierte.

Eine Feel-Good-Story oder der Beginn einer großen Zeit für Vanessa Gilles, Jessie Fleming, Janine Beckie und Co.? Mal sehen.

Schweden: Ja, aber doch… leider nein

Ja, Schweden. „Die Farbe der Medaille mag sich gegenüber 2016 nicht verändert haben“, meinte Englands Frauenfußball-Lexikon Sophie Lawson nach dem Turnier, „aber diese beiden Teams sind Welten voneinander entfernt!“ Schweden, Finalist von Rio 2016, ist als Mitfavorit ins Turnier gegangen und setzte mit dem zuvor erwähnten 3:0 über die USA sofort ein Zeichen. Es folgte ein 4:2 über Australien, ein 2:0 der B-Elf gegen Neuseeland. Im Viertelfinale kickte man Japan aus dem Turnier. Als einziges Top-Team hatte Schweden aber sowas von abgeliefert.

Hauchdünn am verdienten Titel vorbei geschrammt

Aber was passierte dann? Es schien, als hätte man – wie Kanada 2016 – im Halbfinale plötzlich realisiert, dass man ja wirklich das beste Team war und das Gold vermeintlich zum Abholen bereit lag. Sowohl im Halbfinale gegen Australien (1:0) als auch im Finale gegen Kanada (1:1) war Schweden das bessere Team, aber die Souveränität war weg, der Schwung, die Überzeugung in sich selbst. Vielleicht auch die Puste? Alle drei Tage ein Spiel, und es ist keine junge Truppe mehr.

Das finale Elfmeterschießen war ein Clusterfuck, Caroline Seger verballerte den vermeintlich siegbringenden Schuss, gerade Seger, die große Alte Dame. Aber niemand hat gut geschossen.

Und doch, dem verpassten Titel zum Trotz, darf Schweden das olympische Turnier als Erfolg betrachten, weil man – anders als in Rio – nicht im ultra-defensiven Survival-Modus mit nur einem Sieg nach 90 Minuten zu Silber geschlichen war. Pia Sundhage hatte das Team bis 2015 kaputt gemacht und bis 2017 jegliches Leben aus der Truppe heraus gesaugt. Peter Gerhardsson hat aus dem Scherbenhaufen eine Mannschaft gemacht – nicht ohne Umwege, aber doch – die legitim als Top-3 in der Welt zu betrachten ist.

Holland: Vorne irre, aber ohne Sechser ist es schwer

Ob das auch Europameister und WM-Finalist Holland ist, kann man nicht eindeutig behaupten. Denn das Abschiedsturnier von Sarina Wiegman stand ganz im Zeichen des verletzungsbedingten Fehlens von Sechser Sherida Spitse.

So mussten die Niederlande ohne eine echte defensive Mittelfeldspielerin ran. Roord und Groenen sind spielgestaltende Achter, aber keine Balleroberer und das merkte man. Zehn Tore gegen Sambia, drei gegen Brasilien, nochmal acht gegen China. Nach vorne: Ein Hammer. Die Wahrheit ist aber auch, dass schon die drei Gegentore beim 10:3 gegen Sambia die Alarmglocken schrillen lassen mussten.

Ohne echten Sechser gab es 10 Gegentore in 4 Spielen

Eben drei Gegentore gegen Sambia und Brasilien, nochmal zwei gegen China: Ohne Deckung aus dem Mittelfeld stand die Abwehr eher hilflos da. Aniek Nouwen (die zu Chelsea geht) ist großartig in der Eröffnung, aber wenn da schnelle Gegenspielerinnen mit Tempo durch den freien Raum gelaufen kommen, waren sie und Stefanie van der Gragt machtlos.

So wurde die WM-Final-Revanche gegen die USA im Viertelfinale eben nicht eine glanzvolle Revanche und das aufgelegt beste Spiel des Turniers, sondern ein nervöses Fehlpass-Festival zweier Teams, die wussten, dass ihnen ein wichtiger Teil ihres Spiels fehlte – hier der Fels auf der Sechs, an der alles abprallt, dort das Selbstverständnis im Angriff, das durch allzu viel Rotation und eine ungewohnte Formation zerschossen wurde. Lieke Martens hatte zehn Minuten vor Schluss den Sieg am Fuß, sie verschoss aber einen Strafstoß. Es blieb beim 2:2, die USA gewann das Elfmeterschießen.

So wurde Sarina Wiegmans letztes Hurra als Bondscoach weder ein Erfolg noch ein Fehlschlag, sondern ein unbefriedigendes Was-wäre-wenn-Turnier, 23 Toren in vier Spielen zum Trotz. Mark Parsons, übernehmen Sie – und ja, die Aussicht auf den Erfolgstrainer der Portland Thorns in Europa ist überaus attraktiv. Es spricht auch für die Zugkraft des Angebotes, denn das Traineramt im Frauenfußball-Mekka Portland kann durchaus als das so ziemlich attraktivste der Welt angesehen werden.

Japan: Unter dem Druck erstarrt

Asako Takakura ist in den letzten fünf Jahren full-circle gegangen: 2016 hat sie Weltmeister-Trainer Norio Sasaki ersetzt, nachdem Olympia in Rio mit einer überalterten Truppe kläglich verpasst wurde. Ihre Aufgabe: Für Olympia in Tokio ein neues, junges, schlagkräftige Team aufbauen und dort möglichst Gold holen. Bei der WM 2019 sah das schon gut aus und man scheiterte als besseres Team mit viel Pech im Achtelfinale. Und nun? Ein Murksturnier und das Ende mit Ansage im Viertelfinale.

Der Verband hat es noch nicht offiziell bestätigt, aber die japanischen Spatzen pfeifen Takakuras Rauswurf von den Dächern. Futoshi Ikeda, ihr Nachfolger als U-20-Trainer, wird demnach auch ihr Nachfolger als Teamchef der Nadeshiko.

Was war passiert? Das 1:1 im Auftaktspiel gegen Kanada war eigentlich recht passabel. Man geriet früh in Rückstand, kann passieren, man war letztlich nur einen in der Schlussphase vergebenen Elfmeter vom Sieg entfernt. Der eigentliche Knackpunkt war das zweite Spiel gegen das Team GB. Takakura räumte völlig um: Hasegawa statt links plötzlich vorne, Einser-Stürmerin und England-Legionärin Iwabuchi nicht mal eingewechselt, dafür Sechser Hina Sugita auf der linken Außenbahn – mutmaßlich als Bremse für Englands Offensiv-Außenverteidigerin Lucy Bronze.

Das Spiel plätscherte vor sich hin und Japan war offenkundig zufrieden damit, die Britinnen zu kontrollieren, was an sich gut klappte. Bis man in der 74. Minute ein halbes Eigentor produzierte und 0:1 verlor. Damit brauchte es gegen Chile mutmaßlich einen Sieg, und es folgte eine unsagbar schlechte Vorstellung, unzusammenhängender Murks. Hasegawa war nun rechts, es spielte die dritte Linksverteidigerin im dritten Spiel, Stabilisator Nakajima blieb draußen, es ist einfach alles in sich zusammen gebrochen. Sicher ist Chile ein unguter Gegner, aber die hatten kaum Mühe, das 0:0 zu halten.

Man quälte sich zu einem späten 1:0-Sieg, aber im Viertelfinale stand Schweden da. Es gab auch tatsächlich eine vorzeigbare Leistung, sicher die beste im Turnier, aber als Japan beim Stand von 1:2 einen sehr soften Hand-Elfmeter hinnehmen und das 1:3 schlucken musste, war es vorbei.

Die Nadeshiko verfügen über sehr viel Talent und sind an guten Tagen so gut wie unschlagbar. Was Takakura aber nicht geschafft hat war, solche guten Tage regelmäßig produzieren zu lassen. Grandiose Vorstellungen wechselten sich mit kompletten Desaster-Tagen ab. Nach dem unglücklichen Punktverlust gegen Kanada drückte Takakura den Panik-Button und verunsicherte ihr Team zusätzlich. Das olympische Heim-Turnier war ein kompletter Fehlschlag.

Australien: Plötzlich gut dabei

Der Co-Gastgeber des nächsten Welt-Turnieres, der WM 2023, machte es genau anders als Japan: Vor Olympia musste man Schlimmes befürchten, aber Australien wurde mit jedem Spiel besser, gefestigter, mutiger, man stieß erstmals überhaupt in ein großes Halbfinale vor und verpasste Bronze nach einem wilden 3:4 im kleinen Finale gegen die USA nur knapp.

Australien ist immer besser geworden

Der Wechsel zum 3-4-3 vor einigen Monaten hat die davor besorgniserregend offene Defensive massiv stabilisiert, aber nach vorne ist nicht viel gegangen. Nun, mit einigen Spielen in kurzer Zeit, hat sich auch das gebessert. Es half, dass man mit dem 2:1-Sieg über Neuseeland schon nach dem ersten Match das Minimalziel Viertelfinale de facto gebucht hat. Man gab Schweden beim 2:4 einige Hausaufgaben und erreichte gegen das (zugegeben gerade in diesem Spiel sehr ambitionslose) US-Team problemlos ein 0:0. Das Viertelfinale gegen GB war aber wohl die eigentliche Geburtsstunde von Gustavsson-Australien.

Man ging zunächst in Führung, ehe England+ zwei Schnitzer nützte und 2:1 in Front ging – dann aber zu früh abstellte. Australien roch den Braten, ging aufs Ganze, glich noch aus und gewann nach Verlängerung. Und schwupps, plötzlich stand man im Halbfinale, wo man wiederum Schweden vieles abverlangte. Am Ende reichte es zwar nicht für eine Medaille, aber die Matildas gehören zu den klaren Gewinnern von Tokio.

Team GB: Muster ohne Wert

Ein britisches Team, das an sich das bessere in dem Match ist, zurecht führt, aber zu früh abschaltet und dafür bestraft wird. Klingt vertraut? Wie es Englands Herren im EM-Finale gemacht haben, hat es auch England+ beim olympischen Frauen-Turnier gemacht. Nur halt schon im Viertelfinale. Keine Medaille also.

England plus zwei Schottinnen (Little und Weir) und einer Waliserin (Ingle), die zweimal auf der Sechs startete.

Aus englischer Sicher war dieses Turnier immer ein Extra ohne Aussagekraft. Die drei Fremd-Spielerinnen, vor allem Little und Weir, werteten das Zentrum massiv auf, aber sie stehen als Schottinnen dem englischen Team danach nicht mehr zur Verfügung. Hege Riise war immer eine Interims-Lösung, zwischen dem zunehmend überforderten Phil Neville (als er zu Spezi Beckham nach Miami ging, lachten sie sich bei der FA einen Holzfuß, ihn so billig los zu sein) und Sarina Wiegman, die erst nach Tokio übernimmt.

Riise vertraute einem starken Block von Vizemeister Man City, war logisch ist, weil hier 80 Prozent der Einsatzzeit auf Engländerinnen fällt (verglichen mit 28% bei Meister Chelsea und 26% beim Dritten Arsenal); auch Caroline Weir spielt bei City. Team GB kam zu einem Arbeitssieg gegen Chile, bekam von Japan in einer 0:0-Partie den Sieg geschenkt und im letzten Gruppenspiel gegen Kanada durch ein spätes Eigentor das 1:1.

Auch gegen Australien war England+ nicht aufregend, aber grundsolide, ohne große Schnitzer, durchaus eingespielt und auf dem Weg zum Sieg. Bis man eben zu früh abdrehte und in der Verlängerung ein abgefälschtes Zufalls-Tor kassierte. Shit happens. Was bleibt? Nicht viel.

China: Blamage mit Anlauf

„Nicht viel“ ist es auch, was von den Steel Roses bleibt. „Eine Viertelfinal-Niederlage gegen die USA wäre zu verkraften. Ein Vorrunden-Aus, weil man es gegen Sambia verdaddelt hat, wäre hingegen ausgesprochen peinlich“, hieß es in unserer Turnier-Vorschau. Und China, äääh…. hat genau das geschafft. Unglaublich aber wahr: China, das stolze China, landete in seiner Gruppe sogar HINTER Sambia. Gerade mal so gegen den Debütanten nicht verloren, beim 4:4. Davor ein 0:5 gegen Brasilien. Und dann ein 2:8 gegen Holland. Acht!

Das völlig umformierte und vor allem defensiv komplett überforderte Team aus China

Olympia war für China eine Blamage mit Ansage, wiewohl das Ausmaß der sportlichen Katastrophe dann doch etwas gar extrem daher kam. Der Kader wurde für das Turnier auf den Kopf gestellt, viele neue Spielerinnen ohne internationale Erfahrung wurden nominiert und auch eingesetzt. Es gab gerade in der Offensive phasenweise gute Strecken – wie in der ersten Hälfte gegen Sambia – aber die Defensiv-Strukturen waren nicht vorhanden und vor allem gegen hohes Tempo war China heillos überfordert.

Den Sinn dahinter, neue Kräfte für ein Welt-Turnier zu nominieren, die noch nie in Nationalteam waren, wenn coronabedingt ohnehin niemand mehr als zehn Spiele in den letzten anderthalb Jahren in den Beinen hat, ist hinterfragenswert. Ebenso, ob es überhaupt die Entscheidung von Teamchef Jia Xiuquan war, zumal es heißt, er wäre kaum mehr als ein „ausführender Trainer“ ohne echte Entscheidungsgewalt. So oder so lässt einen China etwas ratlos zurück.

Brasilien: Old Girls On The Block

Wenn Pia Sundhage wirklich einen Generationswechsel bei Brasilien moderieren soll – und bei ihren bisherigen Stationen hat die Star-Trainerin diesen stets konsequent verweigert – wird er wohl bestenfalls „Step by Step“ geschehen, nicht „Tonight“. Beim olympischen Turnier war von großen Änderungen gegenüber ihrem mittlerweile verstorbenen Vorgänger Vadão nicht viel zu sehen.

Es waren die selben Namen wie immer – Himmel, sogar Formiga war mit ihren 43 Jahren immer noch dabei. Es war auch dieselbe Spielweise wie immer: Stabil im Zentrum, nach vorne auf den Außenbahnen. Immer ein wenig uninspiriert, immer getragen von individueller Qualität (vor allem von Marta, Debinha und Tamires). Immer noch ohne den echten Punch, wenn der Gegner defensiv etwas drauf hat. Das Viertelfinale gegen Kanada waren 120 nur sehr schwer ertragbare Minuten.

Das Durchschnittalter betrug 31,8 Jahre, selbst die gefühlt relativ neuen Kräfte wie Debinha und Beatriz gehen schon auf die 30 zu. Die Jungen, die beim SheBelieves-Cup im Februar mal große internationale Luft schnuppern haben dürfen, bekamen entweder Mini-Einsätze (Giovana, Julia Bianchi) oder waren gar nicht erst im Tokio-Kader dabei (Ivana Fuso, Tainara). Wo sonst, wenn nicht jetzt in Japan hätte Sundhage etwas mehr einbinden können? Angesichts des Chaos bei China war ein Vorrunden-Aus ohnehin praktisch ausgeschlossen.

Für Brasilien war es im doppelten Sinn ein verlorenes Turnier. Weder spielte man seriös um eine Medaille mit, noch trieb man die dringend nötige Verjüngung voran.

Neuseeland: Anwesend.

Neben Australien ist auch Neuseeland Ausrichter der WM in zwei Jahren und für die Ferns waren die drei Spiele in Japan ihre überhaupt ersten seit dem Corona-Ausbruch vor eineinhalb Jahren. Wie gewohnt saß man die drei Partien mehr oder weniger ab, man ließ das Spiel der überlegenen Gegner über sich ergehen (1:2 gegen Australien, 1:6 gegen die USA, 0:2 gegen Schwedens B-Elf), ohne an die eigenen Chancen zu glauben.

Erst 5-4-1, dann 4-4-2, aber stets nur auf Schadensbegrenzung aus

Mehr war angesichts der nicht vorhandenen Möglichkeiten einer Vorbereitung nicht zu erwarten, aber in den nächsten zwei Jahren wird man kräftig Gas geben müssen. Sobald der Nachfolger für Tom Sermanni in Amt und Würden ist, gibt es noch 12 Länderspiel-Fenster bis zur Endrunde. Es gilt weiterhin, dass Neuseeland eine vernünftige erste Elf stellen kann, es aber kaum Alternativen gibt. Es wird Testgegner auf Augenhöhe brauchen – also nicht die USA oder Australien, aber auch nicht Fidschi und die Salomonen, wie üblicherweise in der Qualifikation – und eine aktivere Spielidee, die man dann auch durchzieht. Nicht wie Sermanni, der bei der WM 2019 Angst vor der eigenen Courage bekommen hat.

Und: Lockerere Reisebestimmungen könnten helfen, schließlich sind von den Spielerinnen Nr. 15 aufwärts praktisch alle in Australien und Neuseeland aktiv. Beide Länder schotten sich bekanntermaßen komplett von der Corona-Außenwelt ab.

Chile: Wieder ein guter Eindruck

Auch alle drei Spielen verloren, aber einen deutlich gefestigteren Eindruck als Neuseeland hat Chile hinterlassen. Gut organisiert, für jeden Gegner eine eigene Idee – gegen Japan ging man es in einem 5-2-1-2 an, mit dem die Nadeshiko überhaupt nicht zurecht kam – und mittlerweile auch mit einer gewissen Routine auf der Weltbühne.

Chile: Unangenehm für jeden Gegner

Und natürlich verfügt Chile auch über eine Top-Torhüterin in Person von Christiane Endler. Trainer José Letelier hat weiterhin einen patente Truppe beinander, die das Maximum aus den Möglichkeiten herausholt. Der langsam etwas alternde Kader, seit dem überraschenden zweiten Platz bei der Südamerika-Meisterschaft 2018 praktisch unverändert, hat das WM-Turnier in zwei Jahren noch drin. Aber mittelfristig wird es davon abhängen, was nachkommt – sonst bleibt es eine gute Generation und Chile verschwindet wieder von der Bildfläche.

Sambia: Hinten naiv, vorne aufregend

Einen ausgesprochen erfrischenden Auftritt hat der afrikanische Vertreter aus Sambia hingelegt. Als bestenfalls fünft- oder sechstbestes Team vom Kontinent eher durch Zufall für Olympia qualifiziert, spielte man flockig-frech nach vorne. Alleine in den ersten beiden Spielen gegen Europameister Holland und das chinesische Team erzielten die flinken Stürmerinnen aus Sambia sieben (!) Tore und beinahe hätten sie gegen China sogar gewonnen.

Sambia: Flink und gefährlich vorne, ziemlich naiv hinten

Die andere Seite der Medaille war, dass man bei allem Drang nach vorne hinten oft haarsträubend offen war. Zehn Gegentore gegen Holland, nochmal vier gegen China (und alleine in der ersten Hälfte hätten es da schon fünf oder sechs sein müssen) – ja, der Grat zwischen mutig und naiv ist ein schmaler. Aber wenn schon sonst nichts, hat man sich und den Frauenfußball in der Heimat mal auf die Landkarte gebracht.

Wie es jetzt weitergeht

Corona als Ganzes und auch die damit einhergehende Olympia-Verschiebung um ein Jahr hat den ganzen Kalender ein wenig durcheinander gewirbelt.

In Europa steht im Sommer 2022 die ebenso um ein Jahr verschobene EM an. Österreich ist mit dabei und im dritten Topf, die Auslosung für die Endrunde in England erfolgt Ende Oktober. Schon davor startet im September die reguläre Qualifikation für die WM 2023 in Australien und Neuseeland. Europa hat elf Fixplätze und einen im interkontinentalen Playoff, Österreich ist in der Gruppe u.a. mit den EM-Teilnehmern England und Nordirland.

In der Nord- und Mittelamerika-Zone wurden WM-Quali für 2023 und Olymia-Quali für Paris 2024 zusammengelegt, statt in zwei separaten Turnieren ausgespielt zu werden. Wie es die Concacaf-Chefitäten geschafft haben, diese Streichung eines ganzen Turniers mit einer Steigerung an Spielen zu verkaufen, ist ein mathematischer Extrem-Stunt, auf den jeder Finanzminister dieser Welt stolz wäre.

In Asien geht es im September mit der Quali für den Asien-Cup in Indien im Jänner 2022 los, der wieder als WM-Quali (Australien plus fünf Fix-Tickets) dient. Running Gag: Nordkorea wäre nach der Doping-Sperre für 2015 und der Strafversetzung in den letzten Lostopf für 2019 nun wieder gesetzt gewesen, hat die Teilnahme aber auch schon wieder zurückgezogen.

In Afrika geht es nächstes Jahr in Marokko um die kontinentale Meisterschaft und um vier direkte WM-Tickets; das Feld wurde von acht auf zwölf Teams aufgestockt. Südamerika spielt kommendes Jahr ebenfalls kontinental-Meisterschaft/WM-Quali, wo weiß man noch nicht, aber es geht um drei Fix-Tickets. Und das mit Ozeanien wird im Sommer 2022 nur funktionieren, wenn sich an der Corona-Lage etwas ändert. Es geht um einen Platz im interkontinentalen Playoff, Neuseeland ist als WM-Gastgeber ja ohne Qualifikation mit dabei.

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Viele prominente Opfer im EM-Achtelfinale – und die zufriedenen Österreicher https://ballverliebt.eu/2021/07/01/viele-prominente-opfer-im-em-achtelfinale-und-die-zufriedenen-oesterreicher/ https://ballverliebt.eu/2021/07/01/viele-prominente-opfer-im-em-achtelfinale-und-die-zufriedenen-oesterreicher/#comments Thu, 01 Jul 2021 07:23:44 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17628 Viele prominente Opfer im EM-Achtelfinale – und die zufriedenen Österreicher weiterlesen ]]> Weltmeister Frankreich weg. Europameister Portugal weg. WM-Finalist Kroatien weg. Deutschland weg. Holland weg. Die großen Namen purzelten in überwiegend attraktiven und spannenden Achtelfinal-Spielen reihenweise aus der EM raus. Sechs der acht Teams hadern mit dem Ausscheiden an sich, eines mit der Art und Weise – nur in Österreich konnte man nach dem knappen Aus gegen Italien lächeln.

Frankreich: Zu viel Handbremse, interner Zwist

Mit zurückhaltendem Abwarten und dem Tempo von Kylian Mbappé ist Frankreich vor drei Jahren Weltmeister geworden. Genauso hatte es Treainer Didier Deschamps auch bei der EM angelegt. So kontrollierte man Deutschland beim 1:0 ohne groß gefährdet zu werden. Das 1:1 in Ungarn wurde als Resultat eines unglücklichen Spielverlaufs abgehakt, das 2:2 gegen Portugal wiederum als selbstsicheres „Nur so hoch springen wie man muss“.

Der lasche Auftritt gegen die Schweiz – bei dem man noch von der Schippe zu springen schien, um dann doch zu kollabieren – offenbarte aber nicht nur die Probleme, wenn man es scheibar allzu sehr überzeugt von der eigenen Unschlagbarkeit angeht. Es offenbarte auch große zwischenmenschliche Differenzen innerhalb des Teams: Rabiot gegen Pogba, Varane gegen Pavard, beide gegen Pogba – und alle gegen Mbappé, wie es nach seinem entscheidenden Fehlschuss im Shoot-out schien.

Was funktionert hat? Die Rückholaktion von Karim Benzema hat für je zwei Tore gegen Portugal und Frankreich gesorgt. Paul Pogba hat den Platz, der ihm im Gegensatz zum schnelleren Klubfußball geboten wurde, für einige großartige Performances gesorgt – wiewohl er gegen die Schweiz abgetaucht ist. Wie es mit Didier Deschamps weitergeht? Der Verband wird ihn nicht liefern. Und er wird nicht so abtreten wollen.

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Deutschland: Schlusspunkt nach ziellosen Jahren

„Nicht so abtreten“ wollte auch Jogi Löw nach dem peilichen Vorrunden-Aus bei der WM 2018. Der in den Sand gesetzte Generationswechsel und drei Jahre ohne erkennbare inhaltliche Entwicklungsrichtung gipfelten nun aber in einem EM-Turnier, das irgendwo zwischen „eh okay“ und „nicht besonders“ angesiedelt ist. Keine Blamage eines Vorrunden-Aus (wobei man nur knapp daran vorbeigeschrammt ist), kein Befreiungsschlag in Form einer positiven Überraschung.

Das 0:2 im Wembley, die erste Pflichtspiel-Niederlage in Englands Fußball-Nationalheiligtum seit 55 Jahren, wird den DFB schmerzen, aber es wurde damit kein möglicher EM-Titel versenkt. Bis 2018 hatte man geglaubt, dass das Team in sich so gefestigt wäre, dass es über die verloren gegangene Avantgarde-Stellung der Bundesliga erhaben wäre. Spätestens 2021 weiß man, dass Löw es nicht schaffte, dem DFB-Team in der Post-Guardiola-und-Klopp-Ära bei Bayern und Dortmund eine starke Identität zu verleihen.

In drei Jahren steht für Deutschland eine Heim-EM an. Eigentlich muss Löws Nachfolger Hansi Flick der Mannschaft aber schon bis zur WM in eineinhalb Jahren ein neues Gesicht verliehen haben.

Portugal: Ronaldo UND Bruno? Schwierig.

Ist Bruno Fernandes nun der Nachfolger von Cristiano Ronaldo als offensives Gesicht und als „Spiritus Rector“ von Portugal? Was dieses Turnier jedenfalls deutlich gemacht hat: Dass es nicht mit Ronaldo UND Bruno Fernandes geht. Ob auf der Zehn (wie in Ungarn) oder auf der Acht (wie in Deutschland) oder auf der rechten Seite (wie nach seiner Einwechslung gegen Frankreich): Das Spiel läuft an Fernandes vorbei. Manchmal hatte man das Gefühl, er wird von den Mitspielern bewusst geschnitten. Die Zahlen scheinen das zu untermauern: Wurde Renato Sanches 68 Mal pro 90 Minuten angespielt und Moutinho, der dann statt Fernandes auf der halbrechten Acht spielte, 53 Mal, waren es bei Bruno Fernandes nur 38 Mal pro 90 Minuten.

Wie seit der K.o.-Phase der EM 2016 immer war das Spiel Portugal darauf basierend, keinen Blödsinn zu machen; aber doch spürbar mehr auf Ballkontrolle ausgelegt – dafür hat man ja grundsätzlich auch Spieler, sogar mehr als genug. Dieses Überangebot sorgte für ein Ungleichgewicht, das das sichtbar Ronaldo treu ergebene Team phasenweise aus der Balance kippen ließ, vor allem, als man gegen Belgien einem Rückstand hinterher jagen musste.

Die Defensivstruktur mit einer Sechserkette hinten (Jota und Bernardo Silva rücken weit zurück) und einer Raute davor war eine interessante Variante, welche die aber gerade auf den Außenbahnen bestehende defensive Wackeligkeit nicht kaschieren konnte. So war Portugal bei dieser EM defensiv nicht immer sattelfest und offensiv berechenbar, weil fast nichts ohne Renato Sanches im Mittelfeld ging und weil alles auf Ronaldo ausgelegt war.

Kroatien: Ein Turnier zu viel

Ohne erkennbare Gegenwehr haben die Kroaten gegen England 0:1 verloren, gegen Tschechien nach einer ebenso ambitionslosen ersten Hälfte noch ein 1:1 gerettet und im entscheidenden Gruppenspiel in Schottland war es vor allem die individuelle Klasse, die zum Sieg und damit zumindest noch zum Achtelfinal-Einzug geführt hat. Dort wurde man nach dem Geschenk zur 1:0-Führung zwar durchaus mutig, aber letztlich brauchte es doch wieder spanische Einladungen, um in die Verlängerung zu kommen.

Dieses kroatische mit Luka Modrić im Herzen ist drei Jahre nach dem WM-Finale, und das hat sich schon seit einiger Zeit angedeutet, über dem Zenit. Dejan Lovren war nur noch in zwei Spielen dabei, Sime Vrsaljko wurde nach zwei Matches von Polen-Legionär Juranović verdrängt, Vida ist auch nicht mehr der Jüngste, Perišić ebenso. Dem Team fehlte es massiv an Dynamik und Spritzigkeit. Man wirkte im ganzen, nun ja… alt.

Zu den Lichtblicken gehörte Joško Gvardiol, der nun zu Leipzig gehen wird und die Lösung für die langjährige Problemstelle links hinten sein dürfte. Nikola Vlašić (23) zeigte gute Ansätze, Mario Pašalić (26, bei Atalanta eher nur Mitläufer) war auch ganz okay, Luka Ivanušec (22) durfte phasenweise neben bzw. statt Modrić Regie-Luft schnuppern. Für Nachschub ist in der nahenden Post-Modrić-Ära also gesorgt. Wie gut dieser sein wird, muss sich erst noch zeigen.

Niederlande: Hoch gehandelt, früh gefallen

Die Rückkehr zum Turnierfußball nach sieben Jahren war für die Niederlande, wenn schon sonst nichts, dann wenigstens eine Standortbestimmung. Die relativ problemlose Gruppe überstand man ohne große Schrammen, was aber auch daran lag, dass Österreich schnell die Waffen streckte und Nordmazedonien schon vor dem Match ausgeschieden war. Einem farblosen tschechischen Team im Achtelfinale begegnete man auf Augenhöhe, zumindest bis zum Ausschluss von De Ligt.

Frenkie de Jong glänzte als Verbindungsspieler zwischen Abwehr und Angriff, aber die völlige Abwesenheit von strukturierter defensiver Unterstützung für die Dreierkette in der Abwehr ließ bei aufmerksamen Beobachtern schon beim 3:2-Auftaktsieg gegen die Ukraine die Alarmglocken schrillen. Denzel Dumfries glänze als Wing-Back im Vorwärtsgang, offenbarte aber große Schwächen in der Abwehrarbeit.

Die Truppe des mittlerweile zurückgetretenen Frank de Boer war eine nicht ausgewogene Mischung aus vielen Stilelementen. Flinke Offensivkräfte, aber versehen mit dem 1,97-m-Schrank Weghorst (bzw. dem international unerfahrenen Malen). Von hinten nach vorne kombinieren mit einem klar definierten Aufbauspieler, aber ohne einen Absicherung hinter ihm. Gerne mit Breite auf den Außenbahnen, aber mit viel Luft im Rückraum. Damit gewinnt man, wenn alles soweit nach Plan läuft. Das lässt einen aber schnell umfallen, wenn man mit Unwägbarkeiten konfrontiert wird.

Schweden: Sie könnten, wenn sie wollten

Die 25 Prozent Ballbesitz, mit denen sich Schweden beim 0:0 zum Start gegen Spanien begnügte, werden in Erinnerung bleiben – zumal man dank des trickreichen Isak das Match auch 2:0 gewinnen hätte können. Das todlangweilige 1:0 gegen die Slowakei, das folgte, war die ideale Berieselung für ein Nachmittagsschläfen. Nein, eine aufregende Mannschaft ist Schweden wahrlich nicht.

Aber dass die Schweden durchaus einen gepflegten Ball spielen können, zeigten sie schon auch. Wie Emil Forsberg das Achtelfinale gegen die Ukraine an sich gerissen hat und neben seinem Tor noch zweimal Latte bzw. Stange getroffen hat, war stark – unterstützt von bemerkenswert gut gedrillten Angriffsstrukturen um ihn herum. Diese taktische Disziplin ist generell, wie schon beim Viertelfinal-Einzug bei der WM 2018, die hervorstechende Eigenschaft der Schweden. Es wird einfach getan, was getan werden muss. Im Block verteidigen gegen Spanien. Gegner überrumpeln wie gegen Polen. Selbst nach vorne gehen wie gegen die Ukraine.

Der Gruppensieg, der den Schweden durch das Last-Minute-Siegtor gegen Polen und die zwei spanischen Punktverluste in den Schoß gefallen ist, bescherte den Trekronor die Ukraine. Dass man ausschied, lag eher am Schusspech und der roten Karte in der Verlängerung, denn das schlechtere Team war man nicht. „So fühlt sich das also an“, bilanzierte Aftonbladet-Kolumnist Simon Bank, „wenn man ein Spiel dominiert, es eigentlich in der Tasche hat und es von in gelb spielenden Glücksrittern weggeschnappt bekommt. Normalerweise sind das ja Schweden…“

Wales: Am Tropf von Gareth Bale

Ein Team aus durchschnittlichen Zweitliga-Spielern und einer Handvoll Erstliga-Reservisten, am Leben gehalten von der einsatzfreudigen Omnipräsenz von Gareth Bale und der guten Balltechnik von Aaron Ramsey: Bei allem Respekt, aber viel mehr ist Wales nicht. Spielte man sich vor fünf Jahren mit einem geschickten System, in dem die beiden mit Joe Allen alle Freiheiten hatten, ins Halbfinale, war das 2021 nichts Außergewöhnliches mehr.

Wie sehr allerdings Gareth Bale im walisischen Team-Dress aufgeht, ist sehr wohl sehenswert. Er ist nicht nur auf dem Flügel zu finden, sondern rückt auch ein, lässt sich fallen, geht in den Zehnerraum oder zuweilen sogar in die Spitze; er erkennt den Raum und stößt hinein, er sieht gut postierte Mitspieler und setzt sie ein. Bales Auftritt beim überzeugenden Sieg über die Türkei wird eine der großen individuellen Leistungen bei diesem Turnier bleiben.

Nach dem etwas glücklichen 1:1 gegen die Schweiz, dem angesprochenen 2:0 gegen die Türkei und dem 0:1 gegen Italien (wo Wales in einem 5-2-1-2 mit Bale neben James in der Spitze spielte) hielt man so das Achtelfinale gegen Dänemark eine halbe Stunde lang offen; einmal in Rückstand, hatte man aber nichts mehr zuzusetzen. Nach dem Aus im Achtelfinale grämt man sich über die zwei späten Gegentore, die aus einem entschiedenen Spiel ein 0:4-Debakel werden ließen. Aber mehr als das Achtelfinale hat Wales in dieser Form auch nicht verdient.

Österreich: Die Kurve bekommen

Nach dem 0:4-Debakel im März gegen Dänemark und kreuzbiederen Vorbereitungsspielen war die Euphorie auf dem Nullpunkt und die Erwartungshaltung gering. Zumindest das Match gegen Mazedonien sollte man bitteschön gewinnen, dann hätte man sich wenigstens nicht blamiert. Dann gab es diesen 3:1-Erfolg über den Debütanten sogar. Es folgte ein 0:2 in Holland, in seiner ganzen Ideen- und Antriebslosigkeit eine geradezu erschütternde Vorstellung.

Aber das ÖFB-Team hat die Kurve noch bekommen. Man überrannte ein ukrainisches Team, das sich auf einen gemütlichen Nachmittag eingerichtet hatte, an dem ein Remis beiden Mannschaften zum Aufstieg reichen würde. Und nachdem man erstmals seit 39 Jahren die Vorrunde einer WM- oder EM-Endrunde überstanden hatte, lieferte man Italien einen großen Kampf mit offenem Visier, den man genauso gut gewinnen hätte können.

David Alaba glänzte als Linksverteidiger, indem er seinen Gegenspieler abmontierte. Grillitsch glänzte auf der Sechs, Marcel Sabitzer arbeitete viel, Konrad Laimer gefiel auf ungewohnter Position; Aleksandar Dragovic versöhnte sich dank starker Darbietungen nach seiner individuellen Katastrophe von 2016 mit der EM.

Obwohl das bloße Resultat das Erreichen des Minimalzieles war – also das Achtelfinale – kann Österreich zufrieden auf das Turnier zurückblicken, zumal nach dem Kollaps von 2016. Ob der plötzliche Mut, den Franco Foda seinen Spielern gegen die Ukraine und Italien zugestand, nun der Beginn eines Trends ist oder doch nur ein Strohfeuer, wird der anstehende WM-Quali-Herbst zeigen.

Fazit: Viele Favoriten weg, dennoch einige übrig

Da können die beiden letzten Weltmeister, der Vize-Weltmeister und der EM-Titelverteidiger den Sprung unter die letzten Acht verpassen – und es sind immer noch mit Italien, Spanien, Belgien und England vier echte Schwergewichte übrig; die sich nun mit den auf der Welle reitenden Dänen, den nimmermüden Schweizern sowie den Überraschungsgästen Ukraine und Tschechien um den Titel streiten. Europa ist ohnehin im Weltfußball in den letzten 15 Jahren so dominant wie noch nie zuvor, und dann zeigt diese EM auch noch die Tiefe auf.

Da reichen auch für große Namen gegen vermeintlich in Relation schwächere Teams wie Schweiz oder Tschechien Nachlässigkeiten, um zu Stolpern. Wenn die klare Idee von der eigenen Spielweise fehlt oder wenn ein eigentlich guter Spieler nicht ins Teamgefüge aufgenommen wird. Manche, wie Italien und Spanien, haben sich noch einmal aus dem teilweise selbstverschuldeten Sumpf herausgezogen.

Darum sind diese Mannschaften auch noch im Rennen um den EM-Titel.

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1:6-Debakel und EM-Ticket: Zwiespältige Woche für ÖFB-Frauen https://ballverliebt.eu/2021/03/01/16-debakel-und-em-ticket-zwiespaeltige-woche-fuer-oefb-frauen/ https://ballverliebt.eu/2021/03/01/16-debakel-und-em-ticket-zwiespaeltige-woche-fuer-oefb-frauen/#comments Mon, 01 Mar 2021 09:10:34 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17395 1:6-Debakel und EM-Ticket: Zwiespältige Woche für ÖFB-Frauen weiterlesen ]]> Statt den März-Turnieren gab es coronabedingt diesmal einen Februar-Länderspiel-Slot für die Frauen. Keines der traditionellen Events in Europa (wie z.B. der Algarve Cup) fand statt, dafür EM-Quali-Nachträge (die Österreich jubeln ließen), einige Trainingslager (wie auch für Österreich) und eine Handvoll Einzelspiele. Die ÖFB-Frauen kamen in Malta zusammen, kassierten dabei eine derbe 1:6-Pleite gegen den WM-Dritten Schweden und gewannen 1:0 gegen die Slowakei.

1:6 gegen Schweden

Österreich – Schweden 1:6 (1:4)

Vor etwas mehr als zwei Jahren spielten die ÖFB-Frauen ein Testspiel in Deutschland. Es endete mit einer österreichischen 1:3-Niederlage, es hätte aber genauso gut 1:7 oder noch böser enden können. Das Match in Malta gegen Schweden war das genaue Gegenteil. Ein 1:3 hätte dem Spiel entsprochen, geworden ist es ein 1:6.

Die Schwedinnen sind zwar WM-Dritter und sie haben ihre Qualitäten, aber das spielerische Gestalten eines eigenen Angriffsspiels gehört nicht dazu. Dass Österreich, in einem 4-1-4-1 aufgestellt, versuchen würde, die Spieleröffnung von Schweden durch Anlaufen zu stören, war naheliegend. Schweden spielte aber, sobald sich eine der Achter Zadrazil oder Höbinger zum Anlaufen aus dem Verbund lösten, sofort direkt oder per Doppelpass in das im Rücken entstehende Loch. „Das ist ein ganz einfacher Fußball“, so ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann, „die machen keine Fehler, kaum Ballverluste. Das ist in seiner Klarheit sehr beeindruckend.“

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Geschenkte Gegentore

Das 0:1 entstand aus einem Eckeball, das 1:3 genauso. „Tatsache ist, dass wir von der Körperlichkeit da im Nachteil sind“, sagt Fuhrmann mit einem Blick auf zierliche Persönchen wie Höbinger, Naschenweng und Wienroither – wenn da eine Sembrant daher rauscht oder, wie gegen Frankreich, die 1,87-m-Kante Wendie Renard, wird es eben finster. Auch darum wurde von reiner Raum-Deckung bei Standards auf ein gemischtes Mann-Raum-System umgestellt, aber: „Wenn ich als Verteidigerin merke, dass ich nicht zum Kopfball komme, darf wenigstens die Gegenspielerin den auch nicht erreichen.“ Davon war bei den Gegentoren nicht viel zu sehen.

Nach dem zwischenzeitlichen 1:1 durch Gini Kirchberger – auch aus einem Eckball, sollte man nicht vergessen – drehte Kathi Naschenweng ihren Korken, der Fehler bei der Ballannahme legte Rolfö quasi das 2:1 für Schweden auf. Auch später, bei 1:5, war die 23-jährige Kärntnern ursächlich beteiligt, sie war für Jakobsson vor ihrer Flanke auf Rolfö nur Geleitschutz. Insgesamt wirkte Naschenweng sehr verunsichert, auch im Spiel gegen die Slowakei. „Das waren bittere Spiele für sie, das ist natürlich nicht angenehm“, sagt Fuhrmann, aber zum Sport gehört auch, kritisiert zu werden und daraus zu wachsen.

1:0 gegen die Slowakei

Kontrolliert und mit Zug ins Angriffsdrittel zu kommen, ist schon langem ein Problem, zuletzt etwa beim letzten EM-Quali-Spiel gegen Serbien zu erkennen. Feiersinger und Dunst, die Außen gespielt haben – spielen mussten, mangels fitter Alternativen wie Julia Hickelsberger – sind von ihrem Naturell her eher im Zentrum daheim. Das merkte man vor allem beim 1:0 gegen die Slowakei, wo beide von der Außenlinie wegdrifteten, anstatt Breite zu geben, wie das die Außenspielerinnen im 2-3-2-3 von Fuhrmanns Vorgänger Dominik Thalhammer gemacht hatten.

Es gab einen Sieg, was nach dem schwer zu verkaufenden 1:6 gegen Schweden gut und wichtig war, schön im engeren Sinn war das Geholze aber nicht. Die Slowakinnen machten ein Stop-and-Go-Spiel daraus, viele robuste Zweikämpfe, viel Doppeln der österreichischen Ballführenden, viele Unterbrechungen, kein Spielfluss. So einen Auf-die-Goschen-Fußball kann die Slowakei besser und deren Trainer Peter Kopun ließ sich nach dem Spiel auch damit zitieren, dass er genau das von seinem Team sehen wollte. Er setzte übrigens drei aktuelle (Biroova, Mikolajova und Havranova) sowie eine ehemalige (Skorvankova) Österreich-Legionärin ein, weitere (Vojetkova, Lemesova, El-Dahaibiova) waren im Kader – neben der tschechischen Liga ist die österreichische in der Regel die erste, in die es junge slowakische Spielerinnen zieht.

Österreich – Slowakei 1:0 (1:0)

„Gegen Schweden haben wir einige gute Bälle gespielt, wo wir mit Flachpässen die gegnerischen Linien gebrochen haben“, sagt Fuhrmann, aber der fehlende Punch nach vorne war gegen die Slowakei offensichtlich. „Wir müssen mehr Variationen reinbringen. Vor die Kette, hinter die Kette, das ist eine Frage des Erkennens der Räume und auch der technischen Ausführung.“

Das Zentrum im Blick

Sarah Zadrazil, die am Tag des Schweden-Spiels 28 Jahre alt wurde, hat ihre Komfortzone in Potsdam – wo sie Kapitänin war und der Routinier in der verjüngten Truppe – verlassen und sich bei Bayern München einer neuen Herausforderung gestellt. „Ein mutiger Schritt, der ihren Ehrgeiz unterstreicht, auch weil Bayern ja groß eingekauft hat und sie wusste, dass sie um jeden Einsatz kämpfen wird müssen“, so Fuhrmann. Innerhalb von einem Monat hat sich Zadrazil aber bombenfest in die Starformation beim noch ohne Punktverlust an der Spitze thronenden Team festgespielt.

An ihr konnte sich die acht Jahre jüngere Marie Höbinger letzte Saison in Potsdam anhalten, das kann sie auch jetzt im Nationalteam. Ihr merkte man die fehlende Spielpraxis nach Verletzung im Oktober und langer Winterpause aber an, ihre Pässe waren oft sehr vorsichtig, viel quer, auch zurück. Die Antritte, die Fuhrmann von ihr mehr sehen will, gab es eher selten. Bei 1:0 gegen die Slowakei gelang Höbinger ihr erstes Tor im ÖFB-Trikot, immerhin.

Erkenntnis: „Vorne pressen liegt uns am Besten“

Die Verarbeitung des 1:6 war „auch emotional schwierig“, weil das Spiel „in einigen Bereichen ein Schritt nach vorne war, auch wenn man das am Resultat nicht sieht“, so Fuhrmann. Die Bedingungen waren in Ordnung, vor allem, dass man auf Rasen trainieren konnte – nicht so wie die meisten Spielerinnen in Österreich und Deutschland, wo Kunstrasen oder Schneematsch der Alltag war.

Man wollte gegen Schweden Handlungsoptionen im Spiel gegen den Ball erproben, im Mittelblock agieren und den Gegner – der gerne das Zentrum überlädt – nach Außen lenken. Die Erkenntnis? „Wenn wir vorne draufpressen, liegt uns das am Besten“, bestätigt die Teamchefin. Nichts neues – Gegner wie die Slowakei lassen das aber nicht zu und Schweden hat jede Unsauberkeit im Anlaufen eiskalt genützt.

Und im Tor? Weil die bei Arsenal spielende Manuela Zinsberger keine Einreise-Erlaubnis in Malta bekommen hat (ebenso wie die schwedischen Außenverteidigerinnen Magda Eriksson und Jonna Andersson sowie Zweiergoalie Zecira Musovic, alle von Chelsea), kamen Jasmin Pal und Kristin Krammer zu ihren Länderspiel-Debüts. Pal fehlt natürlich die kommandierende Ausstrahlung einer Zinsberger, hat bei den Ecken auch nicht direkt aufgeräumt und es waren der Nervosität geschuldete Unsicherheiten zu sehen, sie hat aber auch einen Elfmeter gehalten. Kristin Krammer durfte gegen die Slowakei ran, nachdem sich Pal beim Aufwärmen wehgetan hatte, sie erledigte ihre Sache solide, war aber auch nicht im Dauerbeschuss.

Teamchefin Fuhrmann gibt zu, dass sie auch Isabella Kresche gerne gesehen hätte, die wegen einer Handverletzung aber nicht dabei war. Dass Manuela Zinsberger auf längere Zeit die unantastbare Nummer eins bleibt, liegt aber so oder so auf der Hand.

KADER ÖSTERREICH: Tor: Vanessa Gritzner (23 Jahre, Sturm Graz, 0 Länderspiele/0 Tore), Kristin Krammer (18, Neulengbach, 0/0), Jasmin Pal (24, Sand/GER, 0/0). Abwehr: Anna Bereuter (19, St. Pölten, 0/0), Marina Georgieva (23, Sand/GER, 3/0), Virginia Kirchberger (27, Frankfurt/GER, 79/1), Katharina Naschenweng (23, Hoffenheim/GER, 17/0), Yvonne Weilharter (20, Leipzig/GER 2, 5/0), Carina Wenninger (30, Bayern/GER, 100/4), Laura Wienroither (22, Hoffenheim/GER, 8/0). Mittelfeld: Celina Degen (19, Hoffenheim II/GER 2, 0/0), Barbara Dunst (23, Frankfurt/GER, 38/4), Jasmin Eder (28, St. Pölten, 49/1), Laura Feiersinger (27, Frankfurt/GER, 79/14), Marie Höbinger (19, Potsdam/GER, 5/0), Sarah Puntigam (28, Montpellier/FRA, 105/17), Sarah Zadrazil (28, Bayern/GER, 80/11). Angriff: Nicole Billa (24, Hoffenheim/GER, 64/27), Stefanie Enzinger (30, St. Pölten, 18/1), Lisa Makas (28, St. Pölten, 63/18), Elisabeth Mayr (25, Basel/SUI, 8/0), Besi Pireci (21, Landhaus, 0/0). Teamchefin Irene Fuhrmann (40). Nicht im Kader: Zinsberger (keine Einreise-Erlaubnis), Schnaderbeck (verletzt), Aschauer (operiert), Schiechtl (verletzt), Hickelsberger (verletzt), Pinther (verletzt), Kolb (verletzt), Kresche (verletzt), Kolb (verletzt).

KADER SCHWEDEN: Tor: Jennifer Falk (27 Jahre, Häcken, 5 Länderspiele/0 Tore), Emma Holmgen (23, Eskilstuna, 0/0, Hedvig Lindahl (37, Atlético Madrid/ESP, 170/0). Abwehr: Nilla Fischer (36, Linköping, 183/23), Hanna Glas (27, Bayern/GER, 39/0), Amanda Ilestedt (28, Bayern/GER, 37/4), Emma Kullberg (29, Häcken, 2/0), Amanda Nildén (22, Eskilstuna, 0/0), Julia Roddar (29, Washington/NWSL, 7/0), Josefine Rybrink (23, Kristianstad, 0/0), Linda Sembrant (33, Juventus/ITA, 124/13). Mittelfeld: Filippa Angeldal (23, Häcken, 5/3), Hanna Bennison (18, Rosengård, 4/0), Nathalie Björn (23, Rosengård, 22/3), Rebecka Blomqvist (23, Wolfsburg/GER, 4/1), Filippa Curmark (25, Häcken, 1/1), Sofia Jakobsson (30, Real Madrid/ESP, 118/22), Johanna Kaneryd (24, Häcken, 0/0), Olivia Schough (29, Rosengård, 79/11), Caroline Seger (35, Rosengård, 209/28). Angriff: Kosovare Asllani (31, Real Madrid/ESP, 144/37), Stina Blackstenius (25, Häcken, 58/14), Rosa Kafaji (17, AIK, 0/0), Mimmi Larsson (26, Rosengård, 26/6), Hanna Lundkvist (18, Hamarby, 0/0), Lina Hurtig (25, Juventus/ITA, 34/9), Fridolina Rolfö (27, Wolfsburg/GER, 47/12). Teamchef Peter Gerhardsson (61).

KADER SLOWAKEI: Tor: Patrícia Chládeková (23, Saarbruücken/GER 2, 5/0), Lucia El-Dahaibiová (32, Altenmarkt/AUT, 37/0), Mária Korenčiová (31, Milan/ITA, 94 Länderspiele/0 Tore). Abwehr: Diana Bartovičova (27, Slavia Prag/CZE, 88/8), Monika Bytčánková (22, Slovan Bratislava, 2/0), Alexandra Bíróová (29, St. Pölten/AUT, 97/6), Patrícia Fischerová (27, Czarny Sosnowiec/POL, 75/3), Andrea Horváthová (25, Czarny Sosnowiec/POL, 34/0), Diana Lemešová (20, Altenmarkt/AUT, 0/0), Natália Miniariková (19, Myjava, 0/0), Jana Vojteková (29, Freiburg/GER, 95/13), Petra Zdechovanová (25, Rybnik/POL, 47/0). Mittelfeld: Dominika Koleničková (28, Saarbücken/GER 2, 26/1), Kristína Košíková (27, Liberec/CZE, 29/0), Mária Mikolajová (21, St. Pölten/AUT, 46/6), Lucia Ondrušová (32, Sparta Prag/CZE, 99/11), Kristína Panáková (19, Myjava, 1/0), Stela Semanová (19, Bardejov, 1/0), Dominika Škorvánková (29, Montpellier/FRA, 97/15). Angriff: Monika Havranová (23, Horn/AUT, 34/0), Patrícia Hmírová (27, Górnik Leczna/POL, 84/15), Veronika Sluková (22, Czarny Sosnowiec/POL, 30/1), Martina Šurnovská (22, Slavia Prag/CZE, 36/1). Teamchef Peter Kopúň (35).

EM-Quali: Österreich ist dabei – just about

Am letzten regulären EM-Quali-Spieltag am 1. Dezember, als die ÖFB-Frauen zu einem mühevollen 1:0 über Serbien gekommen waren, wäre der Fixplatz bei der EM schon beinahe fix gewesen – bis Finnland in der 95. Minute das 1:0-Siegtor in Schottland erzielte. Eben jenes finnische Team, das Österreich vor knapp drei Monaten in die Zitterei reingeritten hat, erlöste es nun auf die selbe Weise – mit einem 1:0-Siegtor in der 93. Minute gegen Portugal. Damit konnte Österreich im Ranking der Gruppenzweiten nicht mehr von Portugal UND Italien verdrängt werden.

Das finnische Siegtor gegen Portugal war wichtig, weil Portugal in der Folge erneut gegen Schottland gewann (und bei einem 0:0 in Helsinki damit vor Österreich gewesen wäre) und dann auch Italien 12:0 gegen Israel gewonnen hat. Das 7:0, mit dem Italien an Österreich vorbei zog, hatten die Azzurre schon zur Halbzeit beinander.

Dass gleich fünf der neun Gruppenzweiten mit einem Zähler gegen den Gruppensieger und ohne Punktverluste gegen die restlichen Gegner reinkommen, ist ein absolutes Novum und dass Österreich – noch dazu in einer Gruppe mit den starken Französinnen – hier zu den Top-3 gehört, ist hoch einzuschätzen. In sieben der acht EM-Quali-Spiele blieb Österreich zudem ohne Gegentor.

Die Schweiz, Portugal, Russland, Tschechien, die Ukraine und Überraschungs-Team Nordirland werden nun ohne Setzung zu drei Duellen gelost und ermitteln die drei restlichen EM-Teilnehmer. Da Österreich sich nun das EM-Playoff erspart, wird der nächste Länderspiel-Slot (zwischen 5. und 13. April) für ein bis zwei Länderspiele frei. Sollten es die Bedingungen einigermaßen erlauben, kann davon ausgegangen werden, dass der ÖFB sich auch zwei Matches organisieren wird.

Am 30. April wird dann die WM-Qualifikation für das Turnier in Australien und Neuseeland 2023 ausgelost. Europa hat für die auf 32 Teilnehmer erweitertete WM elf Fixplätze und einen im interkontinentalen Playoff erhalten, was doch eher am oberen Ende dessen ist, was zu erwarten war. Bei den 24er-Turnieren von 2015 und 2019 kamen acht europäische Teams durch die Qualifikation.

Österreich ist im inner-europäischen Ranking auf Platz 12, was einem sicheren Platz im zweiten Lostopf entspricht. Wie genau die UEFA die WM-Teilnehmern von 2023 ermitteln wird, hat sie noch nicht bekannt gegeben. Dieser 12. Platz bedeutet auch, dass Österreich bei der EM-Auslosung fix im dritten der vier Lostöpfe sein wird, 2017 war es noch der vierte. Wurscht oder Wahnsinn, Irene Fuhrmann? „In der Praxis wahrscheinlich wurscht, weil jeder Gegner eine Herausforderung wird, egal aus welchem Topf.“

Fast keine Turniere, zahlreiche Daheimgebliebene

Kein Algarve-Cup (erstmals seit der Erstauflage 1994), kein Cyprus Cup (erstmals seit der Premiere 2008), auch das 2020 ins Leben gerufene „Tournoi de France“ schrumpfte zu zwei Testspielen. Nur der SheBelieves Cup in den Orlando (Gastgeber USA gewann mit drei Zu-Null-Siegen vor Brasilien, Kanada und Argentinien) lief in annähernd gewohnter Form ab.

Deutschland, Holland und Belgien – die sich unter dem Motto „Three Nations One Goal“ gemeinsam um die WM 2027 bewerben – hielten mit jeweils einem Heim- und einem Auswärtsspiel ein eigenes Mini-Turnier ab. Holland (6:1 in Belgien und ein deutlich zu knappes 2:1 gegen Deutschland) gewann, den zweiten Platz sicherte sich Deutschland mit einem relativ mühelosen 2:0 gegen Belgien.

Zwölf Länder (Spanien, Italien, Schottland, Finnland, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Kroatien, Israel, Aserbaidschan und Moldawien) waren eben noch damit beschäftigt, die EM-Quali-Gruppen zu vervollständigen. Frankreich sagte das eigene Turnier (geplant mit Island, Norwegen und der Schweiz) ab und spielte stattdessen zweimal gegen die Schweiz (jeweils 2:0).

EM-Gastgeber England kam im ersten Spiel unter Interims-Trainerin Hege Riise (Ex-Teamchef Phil Neville ist schon beim MLS-Klub von Spezi David Beckam, Nachfolgerin Sarina Wiegman macht noch Olympia mit Holland) zu einem 6:0 über Nordirland. In der Türkei kamen die Teams von Serbien, Russland und der Ukraine sowie Indien zusammen, sie spielten untereinander ebenso Friendlies (Srb-Ukr 1:1, Rus-Ind 8:0; Ukr-Ind 3:2, Srb-Rus 2:0) wie etwa Österreich, Schweden und Co. in Malta. Montenegro besiegte Österreichs Quali-Gruppengegner Nordmazedonien 5:0.

Norwegen und Island (nach der Absage in Frankreich) sowie Dänemark und Irland ließen den Termin verstreichen; Wales (Abgang von Langzeit-Teamchefin Ludlow), Albanien und die Färöer hielten Trainingslager ohne Matches ab, ebenso wie die Tschechinnen, bei denen ein Testspiel gegen eine Baskenland-Auswahl platzte. In Bosnien, Belarus und der Türkei kamen nur die Junioren-Teams zusammen (obwohl die 2021er-Europameisterschaften abgesagt wurden).

Alle anderen Nationalteams – darunter auch Ungarn und Griechenland sowie der Kosovo, der schon die letzten Quali-Spiele im Herbst ohne die zahlreichen in Deutschland und Österreich beheimateten Stammkräfte hatte absolvieren müssen – blieben in diesem Länderspieltermin inaktiv.

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AUT-SWE: Rekord an der Pfeife, Konstante am ORF-Mikro https://ballverliebt.eu/2019/04/08/aut-swe-rekord-an-der-pfeife-konstante-am-orf-mikro/ https://ballverliebt.eu/2019/04/08/aut-swe-rekord-an-der-pfeife-konstante-am-orf-mikro/#respond Mon, 08 Apr 2019 17:48:49 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15740 AUT-SWE: Rekord an der Pfeife, Konstante am ORF-Mikro weiterlesen ]]> Dr. Riem Hussein ist Apothekerin im Kurzentrum Bad Harzburg in Niedersachen – und eine der besten Fußball-Schiedsrichterinnen Europas. Die Deutsche leitet das Frauen-Länderspiel zwischen Österreich und Schweden in der Südstadt (Dienstag, 19.10 Uhr). Beim Abschiedsspiel für ÖFB-Stürmerin Nina Burger stellt Hussein einen Rekord ein: Als zweite Schiedsrichterin leitet sie zum vierten Mal ein Match der ÖFB-Frauen.

Im Jahr 2014 leitete die heute 38-Jährige ein Algarve-Cup-Spiel gegen Portugal, im Juni 2016 das starke 2:2 in Norwegen und bei der EM das noch stärkere 3:0 gegen Island. Bilanz: Ein Sieg, ein Remis, eine Niederlage.

Nur eine andere Schiedsrichterin hat bisher ebenfalls viermal ein Spiel mit ÖFB-Beteiligung geleitet: Die Ukrainerin Katerina Monsul. Die Schiedsrichterin des WM-Finales von 2015 pfiff Österreich schon 2008 in der EM-Quali gegen Norwegen, dazu den 3:1-Heimsieg gegen Finnland 2014, das EM-Halbfinale gegen Dänemark 2017 und die 0:4-Klatsche in Spanien im Herbst 2017.

Dreimal Schiedsrichterin bei den ÖFB-Frauen waren:

Jana Adamkova aus Tschechien (2017 und 2019)
Sandra Bastos aus Portugal (2017 und 2018)
Galina Doneva-Hristova aus Bulgarien (1999, 2002, 2004)
Katalin Kulcsar aus Ungarn (2006, 2009 und 2010)
Monika Mularczyk aus Polen (2011, 2013, 2018)
Morag Pirie aus Schottland (2013 und 2016)
Barbara Poxhofer aus Österreich (2011, 2012 und 2013)
Wang Jia aus China (Algarve Cup 2010 und 2014)
Lucie Sulcova aus Tschechien (2017 und 2018)
Olga Zadinova aus Tschechien (2014 und 2016)

Erwin und der Billa-Fluch

Am ORF-Mikro wird wieder Erwin Hujecek sitzen, für den 59-Jährigen ist es das 19. Länderspiel des österreichischen Frauen-Nationalteams. Damit ist er die klare Nummer eins, wenn es um die Besetzung der ÖFB-Frauen geht. Sein erstes Spiel war das 0:1 gegen Norwegen in Steyr im April 2016. Hujecek begleitete sechs Siege, vier Remis und acht Niederlagen.

Kurios und bald ein Running Gag war der „Billa-Fluch“: Nicole Billa traf oft und gerne im Nationalteam, aber nie, wenn Hujecek kommentierte. Erst in seinem 16. Einsatz durfte er erstmals ein Billa-Tor kommentieren, das war beim 6:0 in Israel letztes Jahr.

Platz zwei im ORF-internen Ranking belegt Michael Roscher, auch Christian Diendorfer und Oliver Polzer waren schon öfter als einmal im Einsatz.

Jeweils einmal im Einsatz waren in chronologischer Reihenfolge Thomas König (2010), Roland Hönig (2012), Michael Guttmann (in Ritzing gegen Frankreich 2013), Bernhard Stöhr (2014), Mathias Essmeister (2016) und Toni Oberndorfer (2017). Ein Länderspiel, jenes gegen Kasachstan vor drei Jahren, war per Livestream im Internet auf fussballoesterreich.at zu sehen, hier war Martin Löscher zu hören.

Letzmals Burger, erstmals Schweden

Schweden – Deutschland 1:2 (0:0)

Schweden hat am Wochenende mit einer ziemlich zahmen Vorstellung einigermaßen sang- und klanglos 1:2 gegen ein auch nicht übertrieben begeisterndes deutsches Team verloren, vor knapp 26.000 Zusehern in der Friends Arena von Stockholm.

Dort war die Einser-Panier auf dem Feld. Das Personal in der Südstadt gegen Österreich wird sich nach der Gemütslage von Teamchef Peter Gerhardsson zwei Monate vor der EM richten: Schiebt er nach dem blutleeren Auftritt gegen Deutschland Panik, wird wieder die Einser-Formation drankommen. Wenn er noch ruhig ist, wird er wohl ziemlich durchwechseln. Wenn Sofia Jakobsson spielt, Klubkollegin von Sarah Puntigam in Montpellier, wäre das erste Spiel Schwedens überhaupt gegen Österreich ihr insgesamt 100. Länderspiel-Einsatz.

Und für Nina Burger ist es der 109. und letzte. Die Rekordspielerin und -torschützin der ÖFB-Frauen wird in diesem Spiel verabschiedet.

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2:0 gegen Schwedens B-Elf – aber wenig Aussagekraft https://ballverliebt.eu/2018/09/06/20-gegen-schwedens-b-elf-aber-wenig-aussagekraft/ https://ballverliebt.eu/2018/09/06/20-gegen-schwedens-b-elf-aber-wenig-aussagekraft/#respond Thu, 06 Sep 2018 21:57:20 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15208 2:0 gegen Schwedens B-Elf – aber wenig Aussagekraft weiterlesen ]]> Ein eher zufälliges Eigentor brachte Österreichs 2:0-Sieg gegen Schweden schnell auf Schiene. Der Gegner, dessen Team personell nichts mit der WM-Viertelfinal-Mannschaft zu tun hatte, zeigte sich wenig unternehmungslustig und bereitete dem ÖFB-Team kaum Probleme. Ein Leckerbissen war die recht statische Partie nicht, aber Österreich sollte für die Nations League gerüstet sein.

Österreich – Schweden 2:0 (1:0)

Das System

Wie fast schon gewohnt setzte Franco Foda wieder auf ein 3-4-3. Statt Dragovic begann Ilsanker in der Dreierkette rechts; Zulj spielte statt Baumgartlinger neben Grillitsch in der Zentrale. Lainer und Alaba beackerten die Außenbahnen, Arnautovic rückte nach links vorne, dafür begann Burgstaller als Zentrumsstürmer.

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Was auffiel

Probleme, hinter das schwedische Mittelfeld zu kommen. Österreich baute von hinten mit der Dreierkette und den beiden ZM-Spielern Grillitsch und Zulj auf. Dieses Quartett postierte sich um die schwedischen Spitzen. Diese erste Linie zu überspielen, war nicht das Problem. Sehr wohl ein Problem war es für Grillitsch und Zulj aber, hinter die schwedische Mittelfeld-Kette zu kommen. Die Schweden verengten geschickt den Raum und die Zeit für dieses Duo. Zudem postierten sich die restlichen österreichischen Spieler sehr hoch. So blieben oft nur lange Bälle – genau, wie Schweden das wollte.

Fünferkette gegen den Ball. Es mag gegen ein defensiv eingestelltes Team wie Schweden ein wenig übervorsichtig klingen, aber die Wing-Back Lainer und Alaba rückten bei Ballbesitz tatsächlich schnell tief in die Abwehrkette zurück. Das machte gegen das schwedische 4-2-4 im Angriff aber durchaus Sinn: So konnte immer ein Österreiche die kurzen Antritte der schwedischen Stürmer mitgehen, ohne dass Löcher entstanden. Das machte es Schweden praktisch unmöglich, sich Tormöglichkeiten zu erspielen.

Tempo und Kurzpässe im Angriffsdrittel. Das österreichische Sturmtrio benötigte einiges an Frustrationstoleranz. Vor allem vor der Halbzeitpause sahen sie kaum Bälle und die langen Pässe von hinten waren in der Regel von den Schweden gut verteidigt. Aber: Wenn es gelang, sich vorne etwas festzusetzen, waren Kurz- und Doppelpässe sowie schnell durchgezogene Laufwege ein sehr probates Mittel, um die schwedische Abwehr aus ihrer Form zu reißen. Hier zahlte sich die Positionierung von Arnautovic als einrückender Flügelstürmer im Halbfeld bzw. jene von Alaba als Wing-Back aus.

Die Umstellungen

Formationen zu Spielschluss

Bei beiden Teams wurde das System 90 Minuten lang nicht grundlegend geändert. Was sich bei Österreich aber mit Fortdauer des Spiels immer mehr häufte, war der Salzburg-Anteil. Mit Lainer, Ilsanker, Hinteregger, Ulmer, Schlager, Lazaro und Sabitzer waren sieben der elf Akteure aktuelle oder ehemalige Spieler des Abo-Meisters.

Und das merkte man auch, vor allem in den letzten zehn Minuten nach der Einwechslung von Schlager für Grillitsch. Diese Phase nämlich war jene, in der das schärfste Pressing von Österreich zu sehen war. Die schwedischen Verteidiger wurden angelaufen, allerdings konnten sich die Gäste erstaunlich gut daraus befreien – sogar ohne einen blinden Befreiungsschlag.

Andererseits schaffte es das schwedische B-Team nie, die österreichische Führung ernsthaft zu gefährden.

Die Gegner

Schweden spielte, wie Schweden eben spielt – auch in einer völlig anderen Besetzung als bei der WM, als das Trekronor-Team ins Viertelfinale einzog. Es war ein flaches 4-4-2, man ließ Österreich die meiste Zeit den Ball haben und drückte dem ÖFB-Team ein sehr gemäßigtes Tempo aufs Auge. Bis auf zwei, drei Szenen wurde auch der Ballführende nicht attackiert.

Den spielerischen Weg nach vorne gab es wie erwartet nicht, die Bäller flogen zumeist auf direktem Weg in Richtung Offensivspieler. Die Mittelfeld-Außen rückten im Ballbesitz auf und die Sturmreihe versuchte dann, mit kurzen Antritten zum Ball bzw. hinter die Abwehr, Räume zu schaffen. Das gelang wegen Österreichs Defensiv-Strategie (siehe oben) allerdings kaum.

Bis auf zwei Weitschüsse (zu Beginn des Spiels bzw. zu Beginn der zweiten Hälfte) konnten die Schweden Heinz Lindner nicht prüfen. Eine herausgespielte Torchance innerhalb den Strafraums gab es gar nicht. Der Expected-Goals-Wert dürfte sich im niedrigen Null-Komma-Bereich bewegen.

Fazit: Alles kontrolliert, aber wenig erarbeitet

Schweden erarbeitete sich keine einzige wirkliche Torchance. Viel mehr als eine oder zwei waren es bei Österreich aber auch nicht. Die Gäste zeigten selbst im Rückstand kaum Ambition und wenn, waren die Mittel untauglich bzw. hatte Österreich kaum Probleme damit.

Generell lässt sich nach sieben Spielen unter Franco Foda aber eine grundsätzliche Spielidee und auch ein Grundstock an Spielern erkennen, mit denen es in die Nations League und in weiterer Folge auch in die EM-Qualifikation gehen wird. Diese vier Spiele gegen schlagbare, aber fordernde Teams (Bosnien und Nordirland) sind mit Sicherheit eine gute Vorbereitung auf die EM-Quali.

Nun hat Österreich ein Spiel gewonnen, in dem man dominant und auch besser war, sich aber auch nicht so richtig viel nennenswert Konkretes erarbeiten konnte. Die Chancenverwertung  war gut. Nur: Man wird nicht immer das Glück haben, dass sich der Gegner das erste Tor selbst macht. Darum könnten gerade die Partien gegen Nordirland sehr zäh werden.

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Die Nations League für Dummies und wie Österreich davor drauf ist https://ballverliebt.eu/2018/09/05/die-nations-league-fuer-dummies-und-wie-oesterreich-davor-drauf-ist/ https://ballverliebt.eu/2018/09/05/die-nations-league-fuer-dummies-und-wie-oesterreich-davor-drauf-ist/#respond Wed, 05 Sep 2018 20:37:32 +0000 Viele von euch haben uns gefragt, die neue UEFA Nations League doch noch einmal zu erklären. Deshalb widmen wir uns dieser Aufgabe im neuen Ballverliebt Fußball Podcast.  Spoiler Alert! Es ist alles total einfach, bis es dann kompliziert wird.

Außerdem sprechen wir natürlich über den aktuellen Zustand des österreichischen Fußball-Nationalteams. Österreich spielt in den kommenden Tagen im Test gegen die Schweeeden und im ersten Foda-Ernstfall gegen Bosnien-Herzegowina. Wie die Spieler drauf sind, welche Aufstellungen wir uns dafür erwarten und was wir derzeit schon über die Gegner sagen können hört ihr nur im Podcast!

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Credits: Intro-Soundkomposition von Ballverliebt.eu mit Sounds von paulw2k, Wanga, CGEffex. Swoosh von GameAudio. Background von orangefreesounds

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Europas zweite Reihe bei der WM 2018: Fundament der Top-Bilanz https://ballverliebt.eu/2018/07/12/wm-2018-russland-schweden-daenemark-schweiz-serbien-island-polen/ https://ballverliebt.eu/2018/07/12/wm-2018-russland-schweden-daenemark-schweiz-serbien-island-polen/#comments Thu, 12 Jul 2018 09:26:48 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15018 Europas zweite Reihe bei der WM 2018: Fundament der Top-Bilanz weiterlesen ]]> Ein unermüdlicher Gastgeber. Drei skandinavische Teams, die das zufrieden sein dürfen. Und drei Teams, sie sich mehr erhofft haben. Europas „zweite Reihe“ bei dieser WM – also Russland, Schweden, Dänemark, Island, die Schweiz, Serbien und Polen – hat dazu beigetragen, dass es die die UEFA-Teams eine so starke Bilanz vorzuweisen hat.

1,97 Punkte pro Spiel haben die 14 europäischen Teams in der Gruppenphase (also in jenem Abschniss in dem noch alle Teilnehmer im Turnier sind) erreicht. In den letzten 36 Jahren war er nur einmal noch mehr (2006). Das ist nur möglich, wenn auch die vermeintlich Kleinen relativ tief in den Punktetopf greifen.

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LINK-TIPP: Europas zweite Reihe bei der WM 2014

Russland: Limitiert, unermüdlich, diszipliniert

Was macht man, wenn man nicht kicken kann? Man lässt es bleiben. So könnte man die Herangehensweise des Gastgebers beschreiben. Spielerisch waren die russischen Auftritte bei WM 2014 und EM 2016 (jeweils raus in der Vorrunde) am Ärmlichkeit kaum zu überbieten gewesen. Also verzichtete man unter dem ehemaligen Tirol-Coach Stanislav Tcherchessov einfach daruf, die Kugel zu haben.

Mit 39 Prozent Ballbesitz hatte man den drittniedrigsten Wert aller Teilnehmer. Und: Man lief. Ohne Unterlass. Die fünf Spieler, die nach dem Viertelfinale die meisten Kilometer an dieser WM abgespult haben, waren allesamt Russen. Einer davon, Abwehr-Chef Ignashevitch, ist 38 Jahre alt. Anders als die Kroaten – die ebenfalls 510 Minuten, also fünf Spiele mit zwei Verlängerungen absolviert hatten – zeigte sich bei den Russen allerding keine Anzeichen von Ermüdung. Angesichts der unrühmlichen Rolle, die Russland in Sachen Doping spielt, ist all dies zumindest erwähnenswert. Zumal Tcherchessov verschmitzt grinste, als er in Interviews vom „guten Programm in der Vorbereitung“ sprach.

In jedem Fall aber schaffte es Tcherchessov, eine ausgesprochen disziplinierte Truppe auf den WM-Rasen zu stellen. Schwächen in Eröffnung (Kutepov überließ den ersten Pass fast immer Ignashevitch, der seinerseits keine Koryphäe ist) wurden mit den starken Außenspielern Fernandes (rechts) und Tcherishev (links) kompensiert. Der noch relativ junge Roman Sobnin zeigte starke Übersicht, Torhüter Akinfejev machte fast keine Fehler.

Und vor allem: Die Chancenverwertung war absolute Weltklasse. In Vorrunde erspielte sich Russland in drei Matches einen mäßigen Expected-Goals-Wert von 2,9 Toren (Platz 24 von 32, laut 11tegen11), traf aber achtmal ins Schwarze. Es wurden vor allem beim 5:0 gegen Saudi Arabien und beim 3:1 gegen Ägypten zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Entscheidungen getroffen. Ein wenig Abschlussglück war auch dabei.

Systematsich blieb Tchertchessov dem 4-4-1-1 mit Ausnahme des Achtelfinales gegen Spanien (5-4-1) durchwegs treu, unabhängig vom Personal. Angesichts der mangelnden Qualität hat Russland ein sehr vorzeigbares Turnier absolviert.

Schweden: Altbacken zum Favoritenschreck

Heimsieg in der Qualifikation gegen Frankreich. Holland eliminiert, Italien eliminiert, gegenüber Deutschland die WM-Gruppenphase überstanden. Die Schweiz niedergerungen. Und erst im Viertelfinale an England gescheitert. Mit Spielern von deutschen Absteigern, englischen Zweitligisten, russischen Mittelständlern und der Scheich-Liga aus den Emiraten.

Dieses Team muss doch etwas ganz besonders machen. Oder? Nein. Schweden ist weiterhin das Vorzeige-Team, was biederen, aber gut aufeinander abgestimmten 4-4-2-Fußball angeht. Einziger Unterschied zu den letzten Turnieren: Zlatan ist nicht mehr da.

Norrköpings Meistertrainer Janne Andersson hat vor zwei Jahren das Teamchef-Amt übernommen, mit dem Auftrag, die Trekronor-Mannschaft in eine Zukunft ohne Ibrahimovic zu führen. Das hat er gemacht, und auf dem Weg auch noch einige U-21-Europameister von 2015 eingebaut – wie Lindelöf und Augustinsson, die Stamm sind. Wie Hiljemark und Thelin, die zu Joker-Einsätzen kamen. Wie Helander, der zumindest im Kader war.

Das schwedische Spiel ist sehr reaktiv und darauf ausgelegt, nicht in Rückstand zu geraten. Gegen Südkorea wurde den Schweden der Ball aufgedrängt, es brauchte einen Elfmeter zum 1:0-Sieg. Gegen Deutschland unterlag man erst tief in der Nachspielzeit. Mexiko riss man hingegen bei Kontern in Stücke und gewann 3:0. Gegen die Schweiz hatte man wieder weit unter 40 Prozent Ballbesitz, nützte aber eine von zwei Torchancen zum 1:0-Sieg.

Als man gegen England allerdings doch nach einer halben Stunde in Rückstand geriet, gingen schnell die Ideen aus. Mehr als zwei, drei mittelprächtige Torgelegenheiten gingen sich nicht mehr aus. So ist das Viertelfinale definitiv das Optimum, was aus dem Kader herauszuholen war. Vermutlich sogar mehr.

Dänemark: Glanzlos ins Achtelfinale

Danish Dynamite? Nein. Vom explosiven und temporeichen Spielstil der 1980er und 90er ist nichts mehr übrig. Selbst die pragmatischeren Nuller-Jahre unter Morten Olsen waren wesentlich einprägsamer als jenes Spiel, das Dänemark nun immerhin ins WM-Achtelfinale gebracht hat.

Dabei hatte Åge Hareide zu Beginn seiner Amtszeit vor zwei Jahren einige spannende und teilweise spektakuläre Experimente abgeliefert, gerne auch mit dem potenziell genialen, aber oft nicht verlässlichen Højbjerg. Nur: Die Resultate passten nicht. Also wurde auf Sicherheit gespielt, back to basics, und das WM-Ticket wurde auf diese Weise noch gesichert. Mit einer sichere. Defensive und Tempo auf den Außenbahnen (Poulsen von Leipzig, Sisto von Celta Vigo, Braithwaite von Bordeaux). Und mit Christian Eriksen, der für die individuellen Momente sorgen soll. Viel mehr hatte Dänemark bei der WM nicht zu bieten.

Im Turnierverlauf ging mit Andreas Christensen auch noch ein Innenverteidiger auf die Sechs (für den verletzten Kvist). Die Dänen spielten sich in allen ihren vier Spielen praktisch keine nennenswerten Torchancen heraus, ließen aber auch nicht viel zu. So besiegte man Peru mit 1:0 und holte gegen Australien den nötigen Punkt. Im Achtelfinale gelang es durch Mannorientierungen sehr gut, Modrić und Rakitić zu neutralisieren. Den Kroaten war man dann erst im Elfmeterschießen unterlegen.

Es ist das beste WM-Abschneiden seit 2002, als es ebenfalls ins Achtelfinale gegangen ist. Dem ließ man damals zwei Jahre später ein EM-Viertelfinale folgen. Das wäre diesmal aus heutiger Sicht eher eine Überraschung. Dänemark ist eine solide Truppe, die kaum Fehler macht. Die individuelle Qualität in der Breite war früher aber deutlich höher.

Schweiz: Am gläsernen Plafond

Warum geht es im entscheidenden Moment immer schief? Wo sind die vermeintlichen Führungsspieler? Halten wir Beobachter die Nati und sie sich auch selbst für besser, als sie ist? Die Schweizer Medienlandschaft ging nach dem Achtelfinal-Aus gegen Schweden sehr hart mit ihrem Team ins Gericht.

Das ist Jammern auf hohem Niveau. Bei der WM 2018, der EM 2016 und der WM 2014 hat die Schweiz stets die Vorrunde überstanden, war bei sieben der letzten acht Großturniere qualifiziert. Aber das Achtelfinale scheint eine gläserne Decke zu sein, welche nicht durchbrochen werden kann. Auch diesmal präsentierten sich die Eidgenossen als renitenter Gegner für die Großen (wie beim 1:1 gegen Brasilien) und als kampfstark in offenen Spielen gegen Gegner auf Augenhöhe (wie beim 2:1 gegen Serbien).

Gegen Costa Rica (2:2) und im Achtelfinale gegen Schweden (0:1) zeigte sich aber auch, dass gegen defensiv eingestellte Kontrahenten ein wenig das Tempo und die Kreativität fehlt. In diesen beiden Partien hatten die Schweizer jeweils über 60 Prozent Ballbesitz. Aber vor allem gegen Schweden keine einzige gute Torchance. Damit ist dieses Schweizer Team – in dem auch die Mischung zwischen Routine und Jugend stimmt – gehobener Durchschnitt, der eigentlich nie patzt, aber die Erwartungen auch nie übertrifft.

Serbien: Überwiegend sich selbst geschlagen

Der Schweizer Gruppengegner Serbien ist dafür vor allem an sich selbst gescheitert. An einem völlig unnötigen Trainerwechsel, einem peinlichen Hickhack zwischen Verband und sportlicher Leitung. Den eigenen Nerven. Und, ja, ein wenig auch an Referee Felix Brych.

Die taktisch punktgenau eingestellte und fast immer sehr gut funktionierende Truppe, die Ex-Teamchef Slavoljub Muslin in der Qualifikation auf die Beine gestellt hat, wich unter seinem (bestenfalls) unerfahrenen Nachfolger Mladen Krstajić einem ziemlich gewöhnlichen, teilweise uninspirierten Spiel. Jetzt ist zwar Sergej Milinković-Savić drin (auf den Muslin zum Ärger des Verbands konsequent verzichtet hatte), aber es ist im Gegenzug alles weg, was Serbien zuvor stark gemacht hatte.

Dabei zeigten die ersten 20 Minuten gegen die Schweiz, dass viel mehr in diesem serbischen Team steckte, als es in der überwiegenden Mehrheit der anderen 250 Vorrunden-Minuten zeigte. Aber selbst in diesem Match wurde man viel zu früh viel zu passiv, überließ den Schweizern die Initiative, ohne selbst defensiv sicher genug zu stehen. Der verweigerte Elfmeter beim Stand von 1:1 war sicher ein schwerer Schlag, alleinschuldig an der Niederlage und dem damit verbundenen frühen (De-Facto)-Ausscheiden ist er aber nicht.

Zu wenig Substanz war beim 1:0-Sieg über Costa Rica, durch einen Freistoß gesichert, zu sehen. Gegen Brasilien gab es starke zehn Minuten in der zweiten Hälfte, aber viele Spieler schienen sich schon von Vornherein mit der Aussichtslosigkeit des Unterfangens abgefunden zu haben.

Serbien ist vor drei Jahren U-20-Weltmeister geworden, hatte immer talentierte Spieler. Milinković-Savić wird weiter reifen, Milenković und Veljković können ein sehr gutes Vertedigier-Duo werden. Mitrović ist kein Edel-Kicker, aber als kopfballstarke Kampfsau recht brauchbar. Fünf Weltmeister – neben Milinković-Savić (Lazio) auch Gaćinović (Frankfurt) und Veljković (Bremen) sowie Živković (Benfica) und Torhüter Rajković (Maccabi Tel-Aviv) – sind in ihren Klubs Stammkräfte und werden das Nationalteam noch ein Jahrzehnt tragen können.

Island: Die eigenen Mittel ausgeschöpft

Die Nordmänner von der Atlantik-Insel zeigten auch bei ihrem zweiten Turnier auf Erwachsenen-Level (2011 war der Kern dieses Teams ja bei der U-21-EM und hat in der Qualifikation die Deutschen eliminiert) ihr typisches Spiel. Wenig Ballbesitz (nur der Iran hatte weniger), viel Kampfkraft. Keine technischen Schmankerl, dafür jede Menge Disziplin.

Auf diese Weise hielt man Argentinien im ersten Spiel bei einem 1:1. Damit war der Ausflug nach Russland schon ein großer Erfolg. Gegen die spielerisch ähnlich limitierte Truppe aus Nigeria ließ man sich nach einer torlosen ersten Hälfte ein wenig locken und lief in zwei Konter. Gegen die kroatische B-Formation hielt man stark dagegen und war auf dem Weg zu einem weiteren Punkt, der Island erst durch das 1:2 in der Nachspielzeit entrissen wurde.

Wieder sorgte Island für große Begeisterung bei den Landsleuten – 10 Prozent der Insel-Bevölkerung war in Russland dabei, der Rest saß daheim zu 99,6 Prozent vor den TV-Schirmen. Wieder wurde Island, der einwohnerschwächste WM-Teilnehmer aller Zeiten, zum Darling der neutralen Fans. Und wieder, wie schon bei der EM, ließ Island die Zungen der Puristen nicht direkt höher schlagen. Fußballerisch ist Island weiterhin öde und nichts für Feinschmecker.

Andererseits: Island hat etwa so viele Einwohner wie Graz. Dass sich dieses Team nun für die WM 2018 und die EM 2016 qualifiziert hat, dazu für die WM 2014 erst im Playoff gescheitert ist, ist aller Ehren wert. Wie lange der Run anhält, ist aber die Frage: Fast alle maßgeblichen Spieler stehen altersbedingt vor dem internationalen Karriere-Ende. Da wird sich zeigen, was die vor dem Crash der Staatsfinanzen aufgebaute Hallen-Infrastruktur kann.

Polen: Zu viel hängt an Lewandowski

So schön hatten sich die Polen das geplant: Keine Testspiele absolvieren, dadurch im FIFA-Ranking klettern, aus dem ersten Topf in eine machbare WM-Gruppe gelost werden und dann in Russland lässig weit kommen.

Bis auf den letzten Punkt hat das wunderbar funktioniert. Aber der etwas langweilige Zweck-Fußball, den die Polen schon beim Lauf ins EM-Viertelfinale vor zwei Jahren gezeigt hatte, wurde diesmal von den Gegnern durchschaut. Nachdem der Senegal vor allem wegen höherer geistiger Beweglichkeit gegen die Polen gewonnen hatte, warf Teamchef Nawałka im zweiten Spiel alles über den Haufen.

Das 3-4-3 funktionierte vorne wie hinten nicht. Wie gegen den Senegal war das alleine auf Robert Lewandowski ausgerichtete Offensiv-Spiel viel zu leicht zu unterbinden. Nun aber – und das noch dazu gegen ein besseres Team als es jenes aus dem Senegal war – brach auch die Defensiv-Ordnung auseinander. Kolumbien konnte gar nicht fassen, wie viel Raum die Polen anboten. Nach dem 0:3 war für Polen alles vorbei. Wie schon 2002 und 2006, bei den letzten Teilnahmen, nach dem zweiten Spiel. Der abschließende Sieg gegen die auf Resultat pokernden Japaner war nur noch Kosmetik.

Taktgeber Grzegorz Krychowiak wirkte nach einer Saison, in der sein Passspiel bei West Bromwich verkümmerte, als ob er alles verlernt hatte. An Piotr Zieliński, der bei Napoli Teil einer offensivstarken Kurzpass-Maschine ist, liefen die Spiele vorbei. Und hinten fehlte der angeschlagene Kamil Glik (der erst wirklich spielen konnte, als alles zu spät war) deutlich.

Nun endet die Ära Nawałka. Trotz des frühen WM-Aus war es die erfolgreichste Zeit seit den 1970er- und frühen 80er-Jahren (Olympia-Gold und -Silber, zweimal WM-Dritter). Sich für aufeinanderfolgende EM- und WM-Turniere zu qualifizieren, war Polen davor erst ein einziges Mal gelungen. Nawałkas Nachfolger Jerzy Brzęczek (ja, der frühere FC-Tirol-Spieler) wird Lösungen für die Abhängigkeit von Robert Lewandowski finden müssen.

So geht es weiter

Im Herbst beginnt die Nations League. Die Schweiz, Polen und Island sind in der A-Gruppe und könnten diese damit theoretisch sogar gewinnen. Eher aber wird es für diese Teams darum gehen, sich ein Sicherheitsnetzt für die EM-Qualifikation aufzubauen. Wird diese in der eigentlichen Qualifikation (von März bis November 2019) verpasst, gibt es für vier Teams pro Leistungsstufe die Chance auf jeweils ein weiteres Ticket.

In der A-Gruppe sind eben die Schweiz, Polen und Island. In der B-Gruppe kommen neben den WM-Teilnehmern Russland, Schweden und Dänemark beispielsweise auch Österreich, Tschechien und die Türkei zum Einsatz. Serbien schließlich ist in der C-Gruppe eingeteilt, ebenso wie Ungarn, Griechenland, Schottland und Rumänien.

Das klingt auf dem Papier alles furchtbar kompliziert, dürfte in der Praxis aber realtiv leicht zu durchschauen sein. Und eines ist in jedem Fall klar: Für jeden der sieben „kleineren“ europäischen WM-Teilnehmer wäre es eine Enttäuschung, die 2020 in ganz Europa ausgetragene EM zu verpassen.

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Rio 2016: Neid geht vergoldet, Favoriten unter Wert und ein Rant gegen Teamkollegen https://ballverliebt.eu/2016/08/29/rio-2016-deutschland-neid-schweden-sundhage-solo-pauw-necib-marta/ https://ballverliebt.eu/2016/08/29/rio-2016-deutschland-neid-schweden-sundhage-solo-pauw-necib-marta/#comments Mon, 29 Aug 2016 17:14:42 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12959 In ihrem siebenten Turnier als Bundestrainerin war Silvia Neid erstmals mit einer Brille aufgereuzt. Das auffällige weiße Modell, passend abgestimmt zur weißen Weste des deutschen Olympia-Teams, suggerierte eine Weiterentwicklung gegenüber der inhaltlichen Kurzsichtigkeit, mit der Neid ihr Team in den letzten Jahren stets auf das Feld geführt hatte. Doch dem Turniersieg zu ihrem Abschied vom Posten zum Trotz: Noch nie haben die DFB-Frauen im Vergleich mit ihrer Gegnerschaft so steinzeitlich und im Vorwärtsgang so ideenarm agiert wie nun in Brasilien.

Wie schon beim EM-Titel 2013 hatte es völlig ausgereicht, in den entscheidenden Momenten keinen kompletten Bockmist zu fabrizieren, um am Ende jubeln zu können. Und auf individuelle Genie-Momente von Dzsenifer Marozsan zu bauen.

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Silvia Neid

Nun, nach elf Jahren im Amt, verabschiedet sich Neid auf ihren neuen Posten im DFB. Ihr IV-Duo mit Saskia Bartusiak (33) und Annike Krahn (31) – gute Spielübersicht, aber technisch limitiert und langsam –, mit dem Neid eine unterschütterliche Nibelungentreue verbunden hatte, lässt das Kapitel Nationalteam ebenso hinter sich. Genau wie Melanie Behringer,  mitten in ihrem zweiten Frühling. Ein recht radikaler Schnitt steht bevor. Personell zumindest. Und auch was die inhaltliche Ausrichtung angeht, ist bei Deutschland eine völlige Neukonzeption nötig.

Neids Amtszeit kann man gut in zwei Abschnitte trennen: Vor der Heim-WM 2011 und nach jenem Turnier. Davor verfügte Neid über das mit recht dramatischem Abstand beste Team der Welt, spazierte 2007 zum WM-Titel und wurde dabei nur ein einziges Mal gefordert. 2009 bei der EM sehen die Ergebnisse klarer aus als die Spiele waren (vor allem das 6:2 über England im Finale, wo der Gegner bis zur 70. Minute mithielt und erst danach komplett einbrach), aber wirklich gefährdet war dieser Titelgewinn auch nicht.

Erst überlegen sein…

Das DFB-Team profitierte von der überragenden körperlichen Konstitution seiner Spielerinnen, in sich auf die drei dominiernden Klubs jener Zeit aufteilten (Frankfurt, Potsdam und Duisburg). Und davon, dass man einfach so viel besser war als alle anderen, dass man sich gar nicht speziell taktisch auf die Konkurrenz einstellen hätte müssen.

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Neid war 11 Jahre Teamchefin.

Dann kam die Heim-WM. Hier traten Neids Defizite in taktischer Hinsicht genauso wie in puncto Teamführung erstmals offen zu Tage. Unter der immensen Erwartungshaltung der Öffentlichkeit – weltweit dominierendes Team des letzten Jahrzehnts, Heim-Turnier, großer medialer Push – und nach einem harzigen Spiel zum Auftakt vor 75.000 in Berlin gegen Kanada (2:1) überließ Neid die formschwache Birgit Prinz, beste Stürmerin und Aushängeschild des Teams, mit ihren Selbstzweifeln auf der Schlachtbank der Öffentlichkeit.

Deutschland agierte vorhersehbar, starr, wirkte von der Aufmerksamkeit gelähmt und erhielt von Neid keine erkennbare mentale Rückendeckung. Im Viertelfinale war dann erstmals ein Team da, dass sowohl wirklich gut war und dem DFB-Team auch inhaltlich überlegen – Japan. Neid hingegen blieb nach der frühen Kreuzbandverletung von Sechser Kim Kulig (der letztlich ihre vielversprechende Karriere beendete) in ihrem strikten 4-4-2, obwohl das gewechselte Personal nicht mehr passte. Japan gewann und wurde eine Woche später Weltmeister.

…dann hinterher hecheln

Damit begann der zweite Abschnitt von Neids Amtszeit. Frankreich war vom reinen Talent her an Deutschland vorbeigezogen, Schweden hatte sich konsolidiert; selbst aber war man in der Entwicklung stecken geblieben. Bei der EM 2013 spielte man eine mäßige Vorrunde, quälte sich danach auch mit etwas Glück (v.a. beim Halbfinale gegen Schweden) ins Finale, wo Gegner Norwegen gleich zwei Elfmeter verschoss und Deutschland 1:0 siegte.

Spätestens 2015 bei der WM wurde klar, dass Deutschland – im Gefühl der totalen Überlegenheit der ersten sechs Neid-Jahre – den Zug zum modernen, taktisch ausgeklügelteren Spiel komplett verpasst hatte. Es war immer noch das selbe 4-4-2 (obwohl es der DFB nun, warum auch immer, als 4-2-3-1 zu verkaufen versuchte). Es war immer noch der selbe Flügelfokus (der mit den Jahren sogar noch ärger wurde). Es waren immer noch Zweikämpfer statt Spieleröffner in der Innenverteidigung.

Ein in Identitätskrise und Grüppchen zerfallendes schwedisches Team war im Achtelfinale noch leichte Beute. Aber Frankreich und die USA zeigten in Viertel- und Halbfinale die tiefgraue Altbackenheit des Teams auf, England im kleinen Finale auch.

Experimente und Alternativen werden verweigert

Selbst in Qualifikationen zu EM und WM, die selbst eine deutsche U-19-Auswahl ohne nennenswerte Probleme erfolgreich absolvieren würde, achtete Neid daruf, jeden noch so unterlegenen Gegner möglichst zweistellig abzuschießen, anstatt gefahrlos alternative Matchpläne oder gar echte Experimente zu wagen (wie etwa England das hervorragend macht).

Auch personell gab es in den elf Jahren so gut wie keine Veränderungen, die Neid nicht von Verletzungen (vor allem vor der EM 2013) oder Rücktritten aufgezwungen worden wären.  Das 4-3-3, das kurz vor Neids nunmehr letztem Turnier in Rio 2016 installiert wurde, war so gesehen eine ähnlich angenehme Überraschung wie die invers aufgestellten Außenverteidiger (Maier links statt rechts, Kemme rechts statt links). Aber im Grunde verstärkte diese Maßnahme nur die fast schon krampfhafte Verlagerung auf die Außenbahnen.

Olympia: Schlechteste Vorrunde der DFB-Geschichte

Die Folge war die schlechteste Gruppenphase, die vermutlich jemals ein deutsches Frauen-Team absolviert hat. Einem mühseligen 6:1 gegen Simbabwe folgte das Spiel gegen Australien, in dem Deutschland nach Stich und Faden hergespielt wurde. Australien agierte schneller, härter, direkter, besser im Umschalten auf die Offensive, ohne wirkliche Löcher in der Defensive. Das DFB-Team wurde hergespielt und lag zwischenzeitlich 0:2 zurück. Nur weil Australien zahlreiche Chancen auf das dritte, vierte und fünfte Tor ausließ, rettete in der Nachspielzeit ein über die Linie genudelter Eckball noch das deutsche 2:2.

Im dritten Match gegen Kanada wurde man vom überaus intelligent eingestellten Team inhaltlich ausmanövriert. Ohne die üblichen Aufbauwege und mit viel eigenem Ballbesitz kam man weder spielerisch vor das Tor, noch konnte man den Gegner hoch anpressen. Das deutsche Spiel zerfiel in Einzelaktionen und Ratlosigkeit. Man verlor 1:2.

Stets stark: Die mentale Komponente

Die sicherlich größte Stärke von Neid-Teams – vor allem nach 2011 – war die mentale Kraft. Deutschland hatte im 2013er-Halbfinale gegen Schweden praktisch null Chance. Wurde im 2015er-Viertelfinale von Frankreich nach Strich und Faden lächerlich gemacht. Man gewann beide Spiele, weil man dennoch niemals in Hektik verfiel. Es gab keine Frust-Fouls, kein äußerliches Anzeichen von Verzagtheit. So groß konnte die spielerische Ratlosigkeit gar nicht sein, dass man darüber die Nerven verlor.

Nur so gelang es dann auch, das eigentliche Schlüsselspiel bei Olympia 2016 – das Halbfinale gegen Kanada – zu gewinnen. Anders als bei der WM im eigenen Land vor einem Jahr erwartete in Rio 2016 niemand etwas von Kanada, so konnte man befreit aufspielen, gewann als einziges Team alle drei Vorrunden-Spiele und kickte im Viertelfinale Gold-Kandidat Frankreich aus dem Turnier. Als man dann als Favorit ins Halbfinale gegen Deutschland ging, war’s allerdings wieder vorbei mit der Lockerheit. Kanada agierte so verkrampft wie letztes Jahr bei der WM, Deutschland ging routiniert mit der Drucksituation um und gewann verdient.

Zehn Monate für den Neustart

2016 08 16 Ger-Swe 2-1
Deutschland – Schweden 2:1 (Finale)

Nach dem ebenso verdienten 2:1-Finalsieg gegen eine schwedische Truppe (Deutschland hatte da alle Versuche und Änderungen zurückgenommen, spielte wieder im alten 4-4-2), die zuvor den Weltmeister und den Gastgeber jeweils im Elfmeterschießen besiegt hatte, übernimmt nun Steffi Jones gemeinsam mit ihren Co-Trainern Marcus Högner und Verena Hagedorn. Es ist zu erwarten, dass Högner (der viele Jahre sehr solide Arbeit bei Bundesliga-Mittelständler Essen geleistet hat) und Hagedorn (die schon länger im DFB-Stab ist) die hauptsächliche inhaltliche Arbeit erledigen und Jones das prominente Gesicht des DFB-Teams wird.

Jones war in den Neunziger- und Nuller-Jahren als Libero bzw. im defensiven Mittelfeld eine feste Größe im Nationalteam und danach OK-Chefin der Heim-WM 2011. Sie kann aber auf keinerlei Erfahrung als Trainerin zurückgreifen – abgesehen vom letzten Jahr, als sie als „Co“ von Neid an die Mannschaft herangeführt wurde. Wenn man sie als „Franz Beckenbauer des Frauenfußballs“ bezeichnen würde, wäre das Jones gegenüber angesichts der zunehmenden Gaga-Aussagen des Kaisers unfair, ihr Werdegang innerhalb des DFB ähnelt sich aber zumindest.

Sie hat nun zehn Monate Zeit, um zwischen Rio 2016 und der EM 2017 in Holland (für die Deutschland längst qualifiziert ist) ein neues Team ohne Behringer, Bartusiak und Krahn zu formen. Das wird spannend, weil es gerade in der Innenverteidigung – von Jo Henning abgesehen – keine gibt, die Neid auch nur nominiert hat. Denkbar ist, dass Lena Goeßling vom DM in die IV zurückgeht – vor allem für den Aufbau wäre das ein dramatischer Schritt nach vorne. Außerdem hat sie für Wolfsburg schon in genau dieser Rolle agiert.

Auch was den Spielaufbau, die Anlage und die Raumaufteilung angeht, ist es durchaus denkbar, dass Jones, Högner und Hagedorn Anpassungen vornehmen, um das Team varbiabler und vielseitiger zu machen. Es werden auf jeden Fall spannende nächste Monate für das deutsche Team.

olympia

Die anderen Teams bei Rio 2016

Schweden ist mit dem Finale zwei Runden weiter gekommen, als man sich realistischerweise erwarten hatte können. Nach einem mühsamen 1:0-Auftakterfolg über Südafrika – dem einzigen Sieg in 90 Minuten im ganzen Turnier – lief man Brasilien ins offene Messer, verlor 1:5. Daraufhin schaltete Teamchefin Pia Sundhage wieder in den Survival-Modus, den man schon im Quali-Turnier gesehen hat: Defensives 4-5-1, Gegenstöße in die Schnittstellen zwischen AV und IV der Gegner mit den schnellen Schelin und Schough auf den Außen und mit den jungen Rolfö bzw. Blackstenius vorne.

Das reichte zu drei Remis gegen China (0:0), USA (1:1) und Brasilien (0:0). Es war weder besonders anregend noch besonders unterhaltsam, aber der extrem pragmatische Minimalisten-Fußball erfüllte seinen Zweck. Recht schnell nach dem verlorenen Finale freute man sich über das völlig unerwartete, gewonnene Silber, anstatt dem verpassten Gold nachzutrauen.

Nach dem WM-Desaster letztes Jahr stand Sundhage schon vor der Entlassung, die mit mehr Glück als Geschick überstandne Olympia-Quali schien ihr bestenfalls Galgenfrist zu gewähren. Nun würde sie wieder fest im Sattel sitzen, sollte sie das wollen. Die 56-Jährige, auf die medial im letzten Jahr viel (und auch zu Recht) eingeprügelt wurde, ziert sich aber noch mit einer festen, längerfristigen Zusage.

Das übers Turnier gesehen wohl beste Team war jenes aus Kanada. Alleine an der mentalen Komponente müsste John Herdman noch ein wenig feilen.

Gefallene (Mit-)Favoriten…

USA - Frankreich 1:0 (Gruppenspiel)
USA – Frankreich 1:0 (Gruppenspiel)

Die USA absolvierte bei Rio 2016 eine ziemlich souveräne Gruppenphase mit einem 1:0-Sieg über Frankreich, zerschellte dann aber im Viertelfinale am Schweden-Beton. Das auf dem Papier das schlechteste Abschneiden bei einem WM- oder Olympia-Turnier überhaupt ist aber eher nur eine verpasste Chance als wirklich ein größeres Drama. Mit einem Turnier-Sieg hätte man die kommenden drei Jahre als praktisch unantastbares Nummer-eins-Team der Welt verbracht. Bis zur WM 2019 spielen die USA kein wirklich relevantes Pflichtspiel mehr.

Dennoch: Man verfügt über den vermutlich besten Kader der Welt und hat mit Pugh, Horan und Dunn auch mit Augenmaß verjüngt, ohne an Qualität einzubüßen. Lediglich die Torhüter-Position wird 2019 womöglich nicht mehr absolute Weltklasse besetzt sein – Hope Solo arbeitet ja gerade fleißig an einem unrühmlichen Karriere-Ende.

Bei Frankreich war alles wie immer: Problemlose Vorrunde, aber fehlender Punch in der K.o.-Runde. Das 0:1 gegen die USA in der Gruppe war für sich gesehen nicht schlimm, aber es zeigte schon auf, woran man ein paar Tage später im Viertelfinale gegen Kanada gescheitert ist. Es fehlt das Selbstverständnis, wenn man einem Spielstand hinterher jagen muss. Klar: Das müssen die Französinnen, die überwiegend in Lyon spielen, im Klub so gut wie nie. Gute Spiele gewinnen sie dort 9:0, weniger gute Leistungen reichen immer noch zu lockeren 3:0-Siegen. So steht wieder einmal ein viel zu frühes Ausscheiden. Der Druck bei der Heim-WM 2019 – dann ohne Louisa Nécib, die ihre aktive Karriere beendet – wird dadurch nicht kleiner.

Brasilien fing toll an – 3:0 gegen China, 5:1 gegen Schweden. Obwohl personell nur an zwei, drei Positionen verändert, war es ein völlig anderes Team als bei der schwachen WM vor einem Jahr. Nicht nur Marta zeigte Spiellaune, auch das Pressing funktionierte, auch andere Spielerinnen – wie Beatriz oder das ZM mit Formiga und Thaisa – übernahmen Verantwortung. Aber als es darum ging, das in den entscheidenden Spielen zu zeigen, war auf einmal nicht mehr viel los. Nach einem Viertelfinale-0:0 gegen Australien im Elferschießen weitergekommen, nach einem Halbfinal-0:0 gegen Schweden im Elferschießen gescheitert, nicht komplett genug im Bronze-Spiel gegen Kanada. Man weiß also nicht so recht, wie man das Turnier aus Sicht von Brasilien einordnen soll.

…und der Rest

2016 08 12 Bra-Aus 0-0 nV
Brasilien – Australien 0:0 nV, 7:6 iE (Viertelf.)

Australien hätte fast Geschichte geschrieben mit einem hochverdienten Sieg gegen Deutschland, die fehlende Qualität im Abschluss und zu viele vergebene Chancen waren der Sargnagel. Im Viertelfinale neutralisierte man Brasilien in einem Spiel, bei dem schon in der 10. Minute klar schien, dass noch weitere 110 Minuten kein Tor fallen würde. Olympia war für die Matildas weder eine Enttäuschung, noch ein signifikanter Schritt nach vorne: Man ist eine konstante Viertelfinal-Truppe.

Für China war Rio aber sehr wohl eine Enttäuschung, obwohl man es wie Australien ins Viertelfinale geschafft hat. Aber unter Ex-Frankreich-Coach Bruno Bini konnte China nie an das starke Quali-Turnier anknüpfen: Beim 0:3 gegen Brasilien war man nur körperlich anwesend. Gegen Südafrika gab es einen biederen Arbeitssieg. Gegen Schweden keine echten Anstrengungen, den Beton zu knacken. Und eine schwache deutsche Mannschaft baute man mit seltsamer Passivität auf.

Neuseeland hat endlich mal wieder einen Sieg bei einem großen Turnier eingefahen, das 1:0 gegen Kolumbien war aber zu wenig für das Viertelfinale; beide konnten wie erwartet Frankreich und USA keine Paroli bieten. Die Glückskinder aus Simbabwe verteidigten sich rustikal, kassierten von Deutschland nur sechs Gegentore und von Kanada gar nur drei. Das war zwar im Ganzen weit weg davon, reif für ein großes Welt-Turnier zu sein, war aber gemessen am Potenzial okay.

Ärgerlich und traurig: Vera Pauw und Hope Solo

Südafrika zog sich sehr achtbar aus der Affäre: Nur knappe Niederlagen gegen Schweden und China und ein schönes Remis gegen Brasilien. Man hätte mit großer Zuversicht in die Qualifikation für die WM 2019 gehen können, wäre da nicht der Rücktritt von Südafrikas holländischer Teamchefin Vera Pauw – sie hatte tolle Aufbauarbeit geleistet, warf nach dem Turnier aber die Brocken hin. Torhüterin Roxanne Barker ist sehr sauer, aber weniger auf Pauw, sondern auf einige ihrer Teamkolleginen:

„Unverantwortliche Spieler… Die Leute wissen nicht mal die Hälfte von dem, was Vera alles erdulden musste. Es ist furchtbar, wie ein Haufen von ,Frauen‘ sich wie fünfjährige Gören aufführen! Sobald die Trainerin sie nicht aufstellt, werfen sie ihr Spielzeug aus dem Gitterbett. Vera ist das Beste, was Südafrikas Frauenfußball jemals passiert ist und der Beweis ist der Fortschritt, den wir unter ihr gemacht haben. Wenn wir vereint aufgetreten wären, wären wir im Turnier noch weiter gekommen. Es ist eine Schande! Sie hat ihre Heimat und ihren Ehemann für zwei Jahre hinter sich gelassen, um eine bessere Zukunft für diese Mädchen zu schaffen, und diese drehen sich einfach um und verhalten sich so…“

Die andere, medial natürlich deutlich größer gespielte Personalie nach dem olympischen Turnier ist jene von Hope Solo. Die US-Torfrau hatte sich nach dem Viertelfinale in einem Field-Interview zu der Aussage herabgelassen, Schweden habe „wie ein Haufen von Feiglingen“, gespielt, „like a bunch of cowards“. Das war nicht besonders freundlich und so gut wie alle ihre Teamkolleginnen haben auch von dieser Aussage distanziert. Aber wirklich skandalös war die Aussage, noch dazu vollgepumpt mit Adrenalin ein paar Minuten nach dem Spiel, auch nicht. Jedenfalls für sich gesehen sicher kein Grund für den US-Verband, Solo für ein halbes Jahr zu sperren.

War es auch nicht. Es war nur ein willkommener Anlass.

Solo, mittlerweile 36 Jahre alt und immer noch eine der besten Torhüterinnen der Welt, ist abseits des Rasens nicht gerade unumstritten. Ihre Festnahme wegen Fahrlässiger Körperverletzung (Juni 2014) bzw. der fällige Gerichtsprozess (Jänner 2015) führten zu keiner Strafe, ihr Widerstand gegen die Staatsgewalt bei einer 1,5-Promille-Fahrt ihres damaligen Ehemannes (Februar 2015) zu einer nur 30-tägigen Sperre. Hintergrund: Ein paar Monate später war die WM, da wollte man nicht auf Solo verzichten müssen.

Nun endet ihr Vertrag mit dem US-Verband ohnehin in ein paar Monaten. Das ist die Gelegenheit, gegenüber Solo mal Konseqenz zu zeigen. Und das macht Verbands-Boss Sunil Gulati nun. Solo hat ihre (noch bis Oktober laufende) Saison beim US-Profiklub Seattle Reign – die von der Sperre nicht betroffen gewesen wäre – mittlerweile ebenfalls für beendet erklärt.

Die Vermutung liegt nahe, dass das Viertelfinale gegen Schweden ihr letztes Fußball-Pflichtspiel gewesen ist.

Ein Wort noch zum Männer-Turnier

Brasilien hat im Männer-Turnier von Rio 2016 im Finale Deutschland im Elferschießen bezwungen, Nigeria sicherte sich die Bronze-Medaille. Da es sich bei den Herren aber um ein Turnier voll mit Teams handelt, die reine Kunstprodukte sind und für das größere Narrativ im Weltfußball keine wirkliche Relevanz hat, lassen wir das hier auch mal außen vor.

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Die Vorrunden-Verlierer: Viele Ost-Teams, viele einfallslose Truppen https://ballverliebt.eu/2016/06/24/die-vorrunden-verlierer-viele-ost-teams-viele-einfallslose-truppen/ https://ballverliebt.eu/2016/06/24/die-vorrunden-verlierer-viele-ost-teams-viele-einfallslose-truppen/#comments Thu, 23 Jun 2016 22:13:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12701 Die Vorrunden-Verlierer: Viele Ost-Teams, viele einfallslose Truppen weiterlesen ]]> Die Vorrunde ist vorbei, die ersten acht Teams haben sich aus der Europameisterschaft verabschiedet. Bei den meisten konnte man damit rechnen, schon in der ersten der geplanten drei Teamanalyse-Teile vertreten zu sein, andere (von denen man es auch erwartet hatte), haben sich zumindest in die zweite (die nach dem Achtelfinale kommt) gerettet.

Wenn man es vereinfacht sagen will: Viele Teams aus Osteuropa sind schon auf dem Heimweg, und vor allem viele Teams, die nicht wirklich wissen, wie sie selbst ein Spiel gestalten sollen.

Die Sorgenkinder mit der Heim-WM: Die heillosen Russen

Team RusslandIn zwei Jahren geht Russland in die Heim-WM – und nach dem furchtbaren Auftritt der Sbornaja lässt erwarten, dass man eher mit bangen Erwarten statt mit Vorfreude in das Turnier gehen wird. Russland war spielerisch eines der ärmlichsten Teams dieses Turniers.

Querpässe der Abwehr-Holzhacker Beresutzki und Ignashevitch, bis einer der beiden den Ball in die grobe Richtung des bulligen Stürmers Artom Dzyuba drischt: Sehr viel mehr war in fünf der sechs Halbzeiten „spielerisch“ nicht zu sehen. Am hektisch eingebürgerten Roman Neustädter und dem jungen Alexander Golovin (tatsächlich der einzige im Kader unter 25 Jahren) im defensiven Mittelfeld lief das Spiel komplett vorbei; Glushakov und Mamajev waren zumindest in der zweiten Hälfte gegen die Slowakei sinnvoll zu sehen – die einzigen guten 45 Minuten, die die Russen zustande brachten.

Der Kader ist vor allem im Defensiv-Bereich hoffnungslos überaltert und gereicht nicht mehr den Ansprüchen modernen Fußballs von internationalem Format. Auch weiter vorne gibt es kein wirkliches Entwicklungspotenzial mehr. Teamchef Leonid Slutski dankt ab und wird sich nun wieder ganz auf ZSKA Moskau konzentrieren – Sportminister und Verbands-Präsident Vitali Mutko muss also praktisch bei Null anfangen. Russland hat keinen Trainer, keine brauchbare Mannschaft, kaum nennenswerten Nachwuchs und eine Liga, die lieber auf bewährte Einheimische und Legionäre vertraut.

Zwei reichen nicht, Teil 1: Die punkt- und torlosen Ukrainer

Team UkraineDass auch eine UdSSR-Mannschaft dieser Tage weitgehend wertlos wäre, liegt auch daran, dass es dem ungeliebten Nachbarn der Russen aus der Ukraine kaum besser geht. Der Gastgeber von vor vier Jahren krachte ebenso wie damals in der Vorrunde raus, diesmal allerdings ohne einen Sieg (da gab’s 2012 immerhin ein 2:1 gegen Schweden) und sogar ohne ein einziges Tor erzielt zu haben.

Bei den Ukrainern stimmt zwar die Altersstruktur – drei Routiniers, eine Handvoll Jungspunde und viel zwischen 25 und 30 – aber dafür fehlt es an der Klasse. Die Konzentration auf die beiden Flügelstars Jarmolenko und Konoplyanka machte das Team sehr ausrechenbar, was vor allem die Nordiren und die Polen weidlich nützten: Sie überließen den Gelben einfach den Ball und sie konnten sich darauf verlassen, dass ihnen nichts damit einfällt, was nicht das Flügel-Duo involvierte. Das zu verteidigen ist keine Kunst.

Eine gute Viertelstunde gegen Deutschland gab es und man kontrollierte eine Halbzeit lang etwas unsortierte Polen, aber sonst war nichts los. Teamchef Fomenko nahm wie sein russischer Amtskollege Slutski den Hut, aber auch sein Nachfolger wird es schwierig haben. Zwar gibt es mit Sinchenko und Kovalenko hoffnungsvolle, wirklich junge Offensiv-Kräfte, aber in der Breite fehlt es an der Qualität – weil bei den beiden Spitzenklubs Dynamo Kiew und Shachtar Donetsk die Legionäre den sportlichen Ton angeben.

Ein Wort noch zu der Spielerei einer UdSSR-Mannschaft: Bis auf den Armenier Henrikh Mkhitayan käme auch aus den anderen altsowjetischen Republiken kein Spieler, der eine echte Aufwertung brächte. Eine Fußball-Krise ist also kein singuläres Thema, sondern ein generelles in diesem Kulturkreis. Es gibt keine fünf Spieler von internationaler Klasse aus dem Bereich der früheren Sowjetunion.

Zwei reichen nicht, Teil 2: Die knapp gescheiterten Türken

Team TürkeiEin ähnliches Phänomen wie bei der Ukraine zeigt sich bei den Türken: Wie die Ukrainer verfügen auch sie nur über zwei international höherklassige Spieler, der Rest des Teams besteht aus Spielern aus der eh okayen, aber in der Breite nur mittelmäßigen nationalen Ligen. Das reicht, um sich knapp aber doch zu qualifizieren (sowohl die Türkei als auch die Ukraine waren in der Quali Gruppendritte), aber nicht, um dort auch eine wirkliche Rolle zu spielen.

Schon im ersten Spiel gegen Kroatien wurde die limitierte Klasse des Teams offenbart (aber nicht wirklich bestraft), gegen die Tschechen gewann man auch eher nur, weil man besser aufeinander abgestimmt war als der Gegner, nicht, weil man wirklich besser gewesen wäre. Auch die für Terim ja üblichen Umstellungen halfen nicht immer: Gegen Kroatien wurde ohne Wirkung zweimal das System gewechselt, das 4-2-3-1 beim Sieg gegen die Tschechen allerdings tat dem Team merklich gut.

it dem Dänen Emre Mor, den man sich rechtzeitig vor der EM für das türkische Team gesichert hatte, gibt es ein absolutes Kronjuwel, das bei seinen Einsätzen schon die Gefährlichkeit angedeutet hat und bei Borussia Dortmund perfekt weiter geschult wird. Dafür deutet sich an anderer Stelle, nämlich in der Abwehr, in näher kommender Zukunft eine personelle Umstellung an. Womöglich findet man ja auch wieder außerhalb der Türkei neue Kräfte: Neben dem Dänen Mor und dem Holländer Oguzhan waren mit Balta, Calhanoglu und Stürmer Cenk Tosun auch drei Deutsche im Einsatz.

Unausgegoren und widersprüchlich: Die seltsamen Tschechen

Team TschechienAuch so eine Truppe, die wie die Russen tendenziell überaltert ist und über keine außergewöhnlichen Spieler verfügt, ist die aus Tschechien. Das sang- und klanglose Vorrunden-Aus ist aber aus mehreren Gründen etwas seltsam. Nicht nur, weil die Tschechen die Quali-Gruppe mit Island, der Türkei und Holland siegreich beendet hatten.

Einerseits spielte man die vermutlich disziplinierteste Leistung aller 24 Teams in der Vorrunde im Match gegen Spanien, wo der Abwehrverbund 90 Minuten lang praktisch überhaupt nichts zugelassen hat. Andererseits war es mit der Kompaktheit und dem gegenseitigen Aushelfen in der Raumaufteilung völlig vorbei, als man selbst etwas mehr tat und das Mittelfeld-Zentrum (vor allem im letzten Spiel gegen die Türken) eine an sich spannende und im Idealfall auch sicherlich wirksame Fluidität an den Tag legte. So einig man in der Defensive agierte, so sehr spielten die Tschechen nach vorne jeder für sich aneinander vorbei.

Was erstaunlich ist, denn Sparta Prag (wo die Flügelspieler Dockal und Krejci sowie Joker Sural unter Vertrag stehen) kam gerade wegen der taktischen Flexibilität ins Viertelfinale der Europa League. Außerdem fehlte es dem Team gerade an der Routine nicht. Rosicky ist 35, Plasil 34, die Abwehr-Leute Limbersky, Hubnik und Sivok 32, Sturm-Joker Lafata 34. Mittelfristig wird von der aktuellen Mannschaft nicht viel übrig bleiben.

Trainer Pavel Vrba hat nach seinen Erfolgen mit Viktoria Pilsen und der starken Qualifikation noch Kredit, der passive Auftritt gegen die Kroaten und der planlose gegen die Türken hat aber daran gekratzt.

Eh okay, aber halt harmlos: Die biederen Rumänen

Team RumänienNicht großartig, aber auch nicht dramatisch schlecht war der EM-Auftritt der Rumänen. Dass es dem Team eklatant an jeglicher Klasse in der Offensive fehlt, war vorher schon allen klar, dafür schlug man sich allerdings recht wacker. Man traute sich im Eröffnungsspiel, die Rumänen anzugehen und richtig zu ärgern und ließ gegen die optisch überlegenen Schweizer nicht so arg viel zu.

Die auf dem Papier recht mittelmäßige Verteidigung mit einem Serie-A-Reservisten, einem Endzwanziger aus Katar, einem ehemaligen Porto-Legionär auf Heimat-Karriere-Auskling-Tour und einem altersschwachen spanischen Absteiger machte wie schon in der Qualifikation (nur zwei Gegentore, allerdings in einer recht schwachen Gruppe) eine äußerst solide Figur.

Was letztlich zum Aus führte, war die fehlende Klasse im Vorwärtsgang. Mit einem Punkt und -1 Toren aus den beiden Spielen gegen Frankreich und die Schweiz war die Ausgangslage vor dem abschließenden Albanien-Spiel sehr akzeptabel; aber der bombensicheren und aufopferungsvoll kämpfendenDefensiv-Darbietung der Albaner stand Rumänien ziemlich ratlos gegenüber. Dem fälschlicherweise wegen angeblichen Abseits aberkannten vermeintlichen Ausgleich zum Trotz: Das war zu wenig.

So ist man zwar Gruppenletzter, hat sich aber im Rahmen der ziemlich begrenzten Möglichkeiten relativ ordentlich präsentiert. Das ist aber auch das Optimum, das der aktuellen Spielergeneration möglich ist – wie bei den Tschechen stehen auch bei den Rumänen zahlreiche Spieler recht unmittelbar vor dem internationalen Karriereende.

Quälender Zeitlupen-Fußball: Die alterschwachen Schweden

Team SchwedenDas internationale Karriereende hat mit dem schwedischen Aus in der Vorrunde nun auch Zlatan Ibrahimovic vor sich. Und nicht nur er: Neben dem bei Fast-Absteiger Sunderland zum Bankangestellten degradierten Seb Larsson und dem bei diesem Turnier einmal mehr völlig abgetauchten Markus Berg wird auch Zlatans Intimfeind Kim Källström, mit dem sich Zlatan abseits des Platzes nie vertragen hatte, unter dem neuen Teamchef Janne Andersson mit höchster Wahrscheinlichkeit keine Chance mehr haben.

Gerade Källström war das Sinnbild für den Zeitlupen-Fußball, den das Trekronor-Team in Frankreich zeigt. Fehlende Kreativität, wie sie den Schweden seit vielen Jahren eigen ist, ist das eine. Aber wie sehr vor allem Källström in der Mitte praktisch immer jegliches Tempo auch aus potenziellen Gegenstößen genommen hat, war schon erstaunlich. Würde man sagen, er spielt wie einer, der sich aufs Altenteil in die Schweizer Liga zurückgezogen hat, wäre das eine Beleidigung für die Schweizer Liga.

Von den Jungen, die letztes Jahr U-21-Europameister wurden, durfte nur Abwehrspieler Victor Lindelöf als Stammkraft ran, John Guidetti war Joker, Oscar Lewicki nur einmal im Einsatz. Oscar Hiljemark (auf der Källström-Position daheim) sah sich alle drei Spiele von der Bank an, Linksverteidiger Ludwig Augustinussen ebenso. Der vermutlich talentiertste der Europameister, der potenziell großartige Alleskönner Simon Tibbling, war nicht einmal im Kader.

Nach dem Ende der Generation mit Ljungberg, Mellberg und Henrik Larsson vor acht Jahren steht nun der nächste Generationswechsel an – ähnlich wie bei Rumänien, bei den Tschechen und bei den Russen. Dass mit dem Abgang diverser Spieler und Förbundskapten Erik Hamrén auch die quälende Ideenlosigkeit seiner sechsjährigen Amtszeit vorbei ist, ist nicht ganz unwahrscheinlich.

Hinter den Erwartungen: Die verunsicherten Österreicher

ÖsterreichEine ausführliche Evaluierung, aber keine Palastrevolution – weder im Kader, noch auf der Trainerbank – steht nach dem enttäuschenden Auftritt von Österreich bei diesem Turnier an. Nach einer glanzvollen Qualifikation (28 von 30 möglichen Punkten) galt das Erreichen des Achtelfinals als absolutes Minimalziel, zumal man eine nicht gerade problematische Gruppe erwischt hatte.

Viele verschiedene Umstände führten dann aber dazu, dass praktisch nichts so klappte wie erwünscht. Coaching-Fehler, die Verletzung von Junuzovic und der Ausschluss von Dragovic führten zu einem 0:2 gegen Ungarn, die nach einer harzigen Vorbereitung angeknackste Psyche krachte nun in sich zusammen. Mit einer ungewohnten Defensiv-Taktik und einigem Glück trotze man den Portugiesen ein 0:0 ab, erst in der zweiten Hälfte des letzten Spiels gegen Island konnte man erstmals erahnen, wie dieses Team eine so starke Qualifikation gespielt hatte.

Hohe Erwartungshaltung (sowohl öffentlich als auch an sich selbst) traf auf gut eingestellte Gegner, Formschwächen von Schlüsselspielern (Alaba, Harnik), verletzte oder gerade genesene Spieler (Junuzovic, Dragovic, Janko). Der Teamchef traute sich, auf diese Umstände zu reagieren und experimentierte mit Spielanlage und System. Das ging auch nur teilweise auf.

Bis auf Keeper Almer und Wechselspieler Schöpf geht kein Österreicher als Gewinner aus dem Turnier raus, aber mehr als ein oder zwei Stammkräfte werden aus dem Team, das sich derzeit im besten Alter befindet, erstmal nicht rausfallen. Man wird personell nur punktuell verändert in die WM-Quali gehen.

Sich ordentlich verkauft: Die Albaner aus aller Herren Länder

Team AlbanienDas einzige in der Vorrunde ausgeschiedene Team, das mit einem zufriedenen Gefühl nach Hause fahren darf, ist jenes aus Albanien – wiewohl auch hier mehr möglich gewesen wäre. Ein wenig cooler gegen die in Überzahl implodierenden Schweizer, noch drei Minuten länger stand gehalten gegen die Franzosen, und die Albaner wären alles andere als unverdient in der nächsten Runde gestanden.

Natürlich war wie bei vielen Teams die Grundausrichtung eher defensiv, aber nicht so unterkühlt wie bei Island, nicht so planlos wie bei den Ukrainern. Man erwischte die richtige Balance aus taktischer Disziplin und feuriger Leidenschaft. Für viel mehr als einen vierdienten Sieg und zwei unglückliche Niederlagen reicht halt die individuelle Klasse halt nicht aus.

Außerdem haben das Team und dem vernehmen nach auch die Fans alles dafür getan, das aus der Qualifikation etwas ramponierte Image (Stichwort Fight Night von Belgrad) aufzupolieren. Das Team kämpfte hart, aber nie unfair (Canas Ausschluss war patschert, aber mehr nicht), ließ in keinem Spiel nach, wirkte geschlossen und kameradschaftlich; die Anhänger brachten bedingungslose und lautstarke Unterstützung, aber machten keine Troubles. So sind die Albaner auf jeden Fall ein gern gesehener Gast bei Turnieren (wiewohl es in der WM-Quali-Gruppe gegen Italien und Spanien, nun ja, eher schwierig wird).

Albanien und die nationale Jugendarbeit kann übrigens so gut wie nichts für den Aufschwung: Fast der halbe Kader (Abrashi, Ajeti, Aliji, Basha, Gashi, Kukeli, Lenjani, Veseli und Xhaka) ist in der Schweiz geboren und/oder aufgewachsen, Mavraj ist Deutscher, Memushaj Italiener, Kace Grieche. Kapitän Cana (der seine Teamkarriere beendet) und Goalie Berisha sind Kosovaren und wären ab sofort auch für die Kosovo-Auswahl spielberechtigt.

Fazit: Viel Biederheit ohne Idee nach vorne

Wer hat das Turnier also verlassen? Überwiegend biedere Truppen ohne echte Idee nach vorne (Russland, Ukraine, Rumänien, Tschechien, Schweden), Teams die von einigen wenigen Individualisten leben (Ukraine, Türkei), eine höher gehandelte Truppe, bei der viel zusammen gekommen ist (Österreich) und eine Mannschaft, die in jedem Bereich alles gegeben hat und nicht eigentlich nichts vorwerfen muss (Albanien).

Auf ins Achtelfinale also.

turnier

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Österreich gewinnt den Cyprus-Cup (plus: noch viel mehr) https://ballverliebt.eu/2016/03/12/oesterreich-cyprus-olympia-frauenfussball-shebelieves-nadeshiko/ https://ballverliebt.eu/2016/03/12/oesterreich-cyprus-olympia-frauenfussball-shebelieves-nadeshiko/#comments Sat, 12 Mar 2016 19:30:40 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12148 Österreich gewinnt den Cyprus-Cup (plus: noch viel mehr) weiterlesen ]]> Ein Freistoß von der halbrechten Seite segelt in den polnischen Strafraum, eine Abwehrspielern verlängert die Kugel genau vor Katharina Schiechtl – und die Bremen-Legionärin sagt „Danke“. Das entscheidende 2:1 im Finale des Cyprus Cup für Österreich, es war die 89. Minute. Der erste Sieg bei einem der renommierten März-Turniere für Österreich.

Dies ist ein ziemlich ausführlicher Artikel. Zur Übersicht, folgende Themen werden behandelt: Erst geht es im Österreich beim Cyprus Cup, die ÖFB-Frauen haben mit drei Siegen und einem Remis das durchaus namhafte Turnier gewonnen. Dann werfen wir einen Blick auf das europäische Olympia-Quali-Turnier und dort im Speziellen auf das Team der Schweiz. Außerdem fand noch der hochkarätig besetzte SheBelieves Cup in den USA statt, wo die vier derzeit besten Nationalteams der Welt untereinander waren. Und am Ende geht der Blick noch nach Japan, weil der Teilnehmer an den letzten drei Finals von großen Welt-Turnieren die Qualifikation für Olympia sensationell verpasst hat.

Österreich gewinnt den Cyprus Cup

„Im Herbst haben wir mit zwei Sechsern gespielt“, erklärt Teamchef Dominik Thalhammer, nun nur noch mit einem. Das Grundgerüst mit dem Ball war ein 4-1-4-1 bzw. 4-3-3, mit nur einer defensiven Mittelfeld-Spielerin. Durch die doppelte Besetzung auf der Acht/Zehn konnten die Außenstürmer auch wirklich außen bleiben. „Im alten System tendierten die Mittelfeld-Außen dazu, früh einzurücken. So hat uns die Breite gefehlt, wenn die Außenverteidigerinnen nicht sehr weit nach vorne gerückt sind“, so der Teamchef.

Nun kann die Abwehrkette ein wenig flacher bleiben, mit zwei hohen Außenstürmern und zwei offensiv denkenden Achtern stellt man die Abwehr eines destruktiven und tief stehenden Gegners vor die Frage, wie sie es anstellen soll, nicht auseinander gezogen zu werden.

Experiment gegen Irland

Österreich - Irland 2:0 (1:0)
Österreich – Irland 2:0 (1:0)

Gegen Irland im ersten Spiel probierte man aber noch eine weitere Neuerung aus: Aus der Abwehr rückte Viki Schnaderbeck in den Sechserraum auf. So standen zwei Sechser (eher eng), davor zwei Achter (mit größerem Abstand), zwei weit agierende Außenstürmer und Mittelstürmerin Nina Burger. Ein wenig in Richtung WM-System, so wie ganz früher, mit einem aufbauenden, zentralen Viereck.

Wirklich funktioniert hat es offenbar noch nicht, die Abstände zwischen den Spielerinnen waren oft nicht optimal, „aber das ist nicht ungewöhnlich, wenn man etwas zum ersten Mal in einem echten Match ausprobiert“, so der Trainer. In jedem Fall aber hat man Irland doch einigermaßen verwirrt, mit dieser Raumaufteilung, und mit zwei vertikalen Pässen (einmal an die Strafraumgrenzen und einmal in den Rücken der aufgerückten irischen Abwehr) wurden die beiden Tore zum 2:0-Sieg eingeleitet.

In der letzten halben Stunde, nach dem Tor zum 2:0, zog sich das österreichische Team etwas zurück und testete das staubige Nach-Hause-Bringen eines Ergebnisses. Die Folge war eine optische irische Überlegenheit, die aber nicht wirklich etwas einbrachte.

Riegelknacken gegen Ungarn

Österreich - Ungarn 2:1 (0:0)
Österreich – Ungarn 2:1 (0:0)

Die Irinnen wollten durchaus mitspielen, Ungarn zwei Tage später nicht. Das war genau so erwartet worden; die ÖFB-Frauen stellten sich in einem 4-3-3 auf, erstmals mit Barbara Dunst in der Startformation. Die 18-Jährige vom nationalen Meister FSK St. Pölten ist eine Starkstrom-Spielerin, rastlos und unangenehm für jede Gegenspielerin. Mit ihr war der Teamchef auch recht zu zufrieden.

Die Vorgabe für dieses Spiel war, Geduld zu haben. „Oft wurde in der Vergangenheit zu schnell der vertikale Pass gespielt, obwohl dieser nur mit hohem Risiko oder nur ungenau spielbar war“, so Thalhammer. Die Schlussfolgerung: Länger den Ball auch öfter mal quer spielen, den Gegner zum Verschieben zwingen, Löcher abwarten. Eine Vorgabe, die erfüllt wurde: „Das erste Tor entstand aus dem 14. Ballkontakt dieser Ballbesitz-Phase“, freut sich der Teamchef, Sarah Zadrazil war als letzte am Ball, als kurz nach dem Seitenwechsel das 1:0 fiel.

Am Ende stand ein 2:1 (Billa erzielte nach einer Ecke das Siegtor, Bernadett Zágor hatte entgegen des Spielverlaufs den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielt) zu Buche, und weil Italien gegen Irland nur zu einem Remis kam, bedeutete das: Ein Punkt im letzten Gruppen-Match, und Österreich würde im Finale stehen.

Defensiv-Test gegen Italien

Österreich - Italien 0:0
Österreich – Italien 0:0

Das Spiel gegen den laut Weltrangliste stärksten Teilnehmer am Cyprus Cup, Italien (Nr. 13, Österreich ist derzeit 27.), war eher eine Trockenheizer-Partie. Die spanische Unparteiische Frías Acedo pfiff auf beiden Seiten viel ab, es gab viele Standard-Situationen, aber sehr wenig Spielfluss.

Italiens Teamchef Antonio Cabrini, Weltmeister von 1982, ging in diesem Turnier vom gewohnten 4-3-3 ab und spielte mit einem 4-4-2 durch. Sprich: konsequentere Besetzung der Außenpositionen und zwei Mittelstürmer, dafür ein Posten weniger zum Aufbauen. So segelten vor allem die langen Bälle von den Vieren hinten auf die Vier da vorne, bzw. die Flanken von den Mittelfeld-Außen in Richtung Strafraum. Italien hatte aber grundsätzlich zunächst mehr vom Spiel und traf auch einmal die Torumrandung.

Nach einer halben Stunde lief die österreichische Pressing-Maschine dann an, was Italien merklich zu schaffen machte und sichtlich nervte, auch kam die Defensive der Azzurre schon ein wenig ins Schwimmen, wenn Druck auf sie ausgeübt wurde. Halb durch die zweite Halbzeit änderte sich das Spiel wiederum radikal, weil Sarah Puntigam nach einem Handspiel mit Gelb-Rot vom Platz musste. Der erste Ausschluss bei den ÖFB-Frauen seit 21 Jahren (damals Gerti Stallinger in einem EM-Quali-Spiel im Horr-Stadion gegen Jugoslawien).

In den verbleibenden 25 Minuten konnte Österreich damit die Variante „Abwehrschlacht“ probieren – das entspricht nicht den Vorstellungen und dem Naturell des Teams, kann aber auch mal nötig sein. Italien machte wiederum Druck, vor allem über die Außenpositionen. „Da haben wir zu viel zugelassen“, moniert Thalhammer, „die Flanken müssen wir besser verteidigen.“ Vor allem, da Norwegen (in vier Wochen Gegner in der EM-Quali) auf eine praktisch idente Spielanlage baut wie Italien in diesem Spiel. Allerdings sagt Thalhammer auch: „Ausgespielt haben die uns nicht!“ Womit es beim 0:0 blieb, Nina Burger hatte in der Nachspielzeit sogar noch die Chance auf den Siegtreffer.

Mühsam gegen Polen

Österreich - Polen 2:1 (1:1)
Österreich – Polen 2:1 (1:1)

In der anderen Gruppe hatte sich Polen durchgesetzt, war deshalb der Finalgegner des ÖFB-Teams. Schnaderbeck rückte für die gesperrte Puntigam auf die Sechs, dafür verteidigte hinten Gini Kirchberger von Köln neben Carina Wenninger von den Bayern innen.

Polens Teamcher Wojciech Basiuk, das wurde schnell deutlich, wusste, wie Österreich spielen will. Er wies seine Spielerinnen an, dem ÖFB-Team gar nicht erst die Gelegenheit zu geben, in das Pressingspiel zu kommen, indem die Bälle schnell los zu werden waren – und zwar hoch und weit in die Richtung von Stürmerin Ewa Pajor. Das funktionierte einerseits ganz gut, weil Österreich tatsächlich nicht so richtig ins gewünschte Spiel kam (dem frühen 1:0 durch Nina Burger zum Trotz), andererseits aber wiederum nicht so richtig, weil Pajor alleine relativ wenig ausrichtete und der Ball zumeist längst wieder bei Österreich war, ehe das polnische Mittelfeld aufrücken konnte. Der Ausgleich (rund 10 Minuten nach dem 1:0) kam hingegen zustande, weil es Polen einmal schaffte, auf spielerischem Weg die erste Pressinglinie zu umspielen, die folgende Flanke verwertete Ewelina Kamczyk (die 19-Jährige stieg vor zwei Jahren direkt von der U-17 ins A-Team auf).

Dieses Spiel zeigte, dass gerade Topf-3-Teams, die sich etwas überlegen, Österreich zuweilen noch vor Probleme stellen können (wie im Herbst auch Wales mit einem durchaus geschickt aufgestellten 3-4-3). Das schnelle Rausbringen des Balles aus der Abwehr in Verbindung mit „drei, vier sehr schnellen Spielerinnen“ (O-Ton Thalhammer) machte Polen zu einem unguten Gegner. Österreich hatte in der Folge mehr vom Spiel, traf auch einmal die Latte (Billa), zwingende Torchancen gab es aber kaum – ehe Schiechtl aus einem Standard kurz vor dem Ende doch noch das Tor erzielte.

Bilanz

„Im Grunde haben wir alle Ziele erreicht“, ist Teamchef Thalhammer zufrieden: „Es war eine Weiterentwicklung in allen Bereichen und wir arbeiten gezielt an Details. Es gab einige gute Erkenntnisse was das Offensivspiel betrifft und unser Verhalten im Ballbesitz, aber auch bei Pressing-Situationen. Da sind wir oft nicht genau genug im Anlaufen, und das Gegenpressing ist manchmal etwas zu ungestüm.“ Sprich: Wenn man im Gegenpressing ein Foul verursacht, ist das nicht so furchtbar hilfreich.

Und Negatives? „Da kann ich nichts finden“, überlegt der Trainer, „alle sind fit wieder heimgekommen, das ist sehr wichtig. Außerdem haben wir gesehen, dass da ein Team auf dem Platz steht, das sehr stabil ist, egal was passiert. Ob es nun ein vermeidbares Gegentor, ein Ausgleich oder gar ein Ausschluss ist.“

Die nächsten Aufgaben warten am 6. und am 10. April im Vorwärts-Stadion von Steyr. Da kommen in der EM-Qualifikation Kasachstan (sollte ein klarer Sieg für Österreich werden) und Gruppenfavorit Norwegen. Und, nur um es noch einmal zu erwähnen: Die ÖFB-Frauen sind nun seit 17 Spielen oder ziemlich exakt zwei Jahren ungeschlagen, Gegner waren in dieser Zeit etwa Australien (WM-Viertelfinalist), Finnland (EM-Teilnehmer), Spanien (WM-Teilnehmer) und Italien (EM-Viertelfinalist).

Die Olympia-Quali

Schweden - Norwegen 1:0 (1:0)
Schweden – Norwegen 1:0 (1:0)

Norwegen spielte parallel zum Cyprus Cup in der europäischen Olympia-Qualifikation (Deutschland und Frankreich sind wegen ihrer WM-Leistungen schon qualifiziert, hier ging es um den dritten und letzten UEFA-Platz) und verpasste das Turnier in Rio, für das in der Vierergruppe (mit Schweden, Schweiz und Turnier-Gastgeber Holland) der ersten Platz notwendig gewesen wäre.

Unter Roger Finjord, seit einem halben Jahr Chef-Trainer, spielt der Weltmeister von 1995 und Olympiasieger von 2000 in einem 4-4-2, das im Aufbau eigentlich ein 4-2-4 ist: Zwei statische Sechser im Zentrum, gelernte Außenstürmer an den Flanken, eine bullige und eine trickreiche Stürmerin im Zentrum.

Wenn Norwegen aber gezwungen ist, das Spiel gegen einen Gegner von halbwegs Klasse zu gestalten, wird das alles sehr bieder – was aber zum insgesamt eher enttäuschenden Niveau bei diesem Mini-Turnier passt. Schweden etwa machte in erster Linie zu (passive Viererkette hinten, drei zentrale und defensiv denkende Leute im Mittelfeld), schlich und mauerte und mogelte sich zum Gruppensieg (frühes Tor und dann nix mehr beim 1:0 gegen Norwegen, klares Abseits-Tor beim 1:0 gegen die Schweiz, profitiert von einem Mörder-Bock in der holländischen Abwehr beim 1:1).

Schweden hat sich seit der Heim-EM 2013 in eine gravierende spielerische Krise manövriert, auch wegen personeller Aderlässe: Öqvist ist Mama, Göransson in der Anonymität von Mittelständler Vittsjö untergetaucht, Sjögran ist Sportdirektorin in Malmö und die dünnhäutige Asllani hat sich mit der zuweilen undiplomatischen Teamchefin Pia Sundhage überworfen. Kurz: Schweden hat derzeit nicht das Personal für ein Offensivspiel der Marke Sundhage, weshalb Pia den pragmatischen Weg gewählt hat und mauerte.

Holland war die einzige Mannschaft, die konsequent versucht hat, selbst ein Spiel aufzuziehen, das diesen Namen auch verdient, zerlegte so die Schweiz, aber gegen Schweden und Norwegen fehlte die individuelle Klasse (wohl auch, weil Außenstürmerin Lieke Martens und Abwehrchefin Stefanie van der Gragt verletzt fehlten). Der Weg zur Heim-EM im kommenden Jahr stimmt bei Oranje unter Bondscoach Arjan van der Laan aber.

Die Sache mit der Schweiz und Martina Voss

Holland - Schweiz 4:3 (1:1)
Holland – Schweiz 4:3 (1:1)

Das einigermaßen deutlich schwächste Team im Turnier war das aus der Schweiz. Das lag zum einen daran, dass Führungsspielerinnen wie Ramona Bachmann und Lara Dickenmann komplett von der Rolle waren. Aber auch daran, dass das System und die Spielanlage an Naivität kaum zu überbieten waren.

Die deutsche Trainierin Martina Voss-Tecklenburg stellte nach der WM vom flachen 4-4-2 auf ein 4-1-3-2 um, in dem die Außen im Mittelfeld recht breit stehen. Ziel: Mit vier Offensiven auf der ganzen Breite angreifen, plus einen zentralen Zehner, plus offensiv denkene Außenverteidiger (wie Ana Maria Crnogorcevic, die eigentlich Außenstürmerin ist). So überfährt man unterklassige Gegner wie Georgien und Nordirland in der EM-Quali im Herbst 4:0 und 8:1, eh klar. Beim 3:0 in Italien im Oktober hatte man schon Glück, dass Italien (damals im 4-3-3) die klare Überzahl im Zentrum wegen akutem Kreativitätsmangel nicht nützte – und, dass Azzurre-Goalie Giuliani zweimal grob daneben griff; das Resultat von 3:0 täuscht darüber hinweg, dass die Schweiz in Cesena sicherlich nicht die bessere Mannschaft war.

Italien - Schweiz 0:3 (0:0)
Italien – Schweiz 0:3 (0:0)

Nun ging es aber gegen wirklich gute Gegner, und schon die realtiv spielstarken Holländerinnen machten die offenen Halbräume, die Schweiz über 70 Minuten nicht zumachte, zu ihrem persönlichen Spielplatz. Spielerinnen wie Trainerin beklagten sich nach der Lehrstunde (in der man nur wegen konditioneller Mängel bei Holland in der Schlussphase noch von 1:4 auf 3:4 verkürzt hatte) über „zu große Räume“, die man Oranje im Mittelfeld gewährt hatte. Das ist aber außschließlich Voss anzukreiden.

Die Erkenntnisse der WM und der Spiele seither sprechen eine eindeutige Sprache: Geht es gegen deutlich schwächere Teams (wie Ecuador bei der WM), spielt man die individuelle Überlegenheit und die relative Offensivstärke gnadenlos aus. Gegen stärkere Gegner aber passt man die Strategie nicht an und rennt blindlings in offene Messer. So war es bis zu einem gewissen Grad beim eher peinlichen 1:2 gegen Kamerun bei der WM, so hätte es in Cesena gegen Italien werden können (wenn die es etwas intelligenter gespielt hätten), und so war es absolut bei 3:4 in Holland nun in der Olympia-Quali.

Immerhin: Gegen die zentral stark aufgestellten Schwedinnen stellte Voss tatsächlich auf ein 4-2-3-1 um (mit Zehnder und Wälti auf der Sechs) und hielt Schweden halbwegs an der Leine, ehe man das Pech hatte, dass das Referee-Gespann ein Tor für das Trekronor-Team anerkannte, bei der Torschützin Caroline Seger auf der Torlinie stand, also klar Abseits war. Im letzten Spiel gegen Norwegen (als die Schweiz schon aus dem Rennen um das Olympia-Ticket war) kam wieder das offene 4-1-3-2 zum Einsatz, was nur deshalb funktionierte, weil Norwegen eben ohne Aufbau via Zentrum spielt.

Österreich - Schweiz 1:2 (0:1)
Österreich – Schweiz 1:2 (0:1)

Martina Voss war als Spielerin gemeinsam Europameisterin und Vize-Weltmeisterin mit Silvia Neid, und gemeinsam ist ihnen das Vertrauen auf individuelle Klasse, das Überrennen der Gegner über die Flügel und offenbar auch die Abneigung, den eigenen Matchplan auf den Gegner anzupassen (womöglich, weil sie es unter ihrem damaligen Teamchef Gero Bisanz auch nicht anders gelernt hatten). Für die EM im kommenden Jahr wird sich die Schweiz natürlich völlig ohne Probleme qualifizieren, aber dort wird es das nächste Mal wieder spannend, inwieweit sich Voss da auf starke Gegner anpasst. Interessant wäre wieder mal ein Spiel der Schweiz gegen Österreich: Derzeit sieht es so aus, als wäre die Schweiz individuell besser aufgestellt, Österreich inhaltlich.

Das letzte Duell gab es im August 2012 in Altach, die Schweiz gewann damals 2:1 (Tore von Moser und Dickenmann bzw. Puntigam). Gerade Österreich, damals noch am Anfang der Entwicklung ist inhaltlich aber überhaupt nicht mit 2012 zu vergleichen.

Das Turnier der Großen in den USA

Das März-Turnier mit dem vermutlich dämlichsten Namen aller Zeiten („SheBelieves Cup“) war jenes mit dem wohl höchsten Niveau aller Zeiten. Gastgeber und Weltmeister USA gewann die Premiere mit drei Siege in drei Spielen vor Deutschland (6 Punkte), England und Frankreich (je 1 Punkt). Nun haben manche das Turnier ernster genommen (USA) als andere (Frankreich), ein paar schöne Erkenntnisse lassen sich auch dem durchaus ansehnlichen Cup aber schon ziehen.

USA - England 1:0 (0:0)
USA – England 1:0 (0:0)

Erstaunlich ist vor allem, dass die USA ohne Abby Wambach (der Sturmtank hat aufgehört) und Megan Rapinoe (die oft eigensinnige Flügelflitzerin riss sich das Kreuzband) viel flexibler ist. Im aktuellen Mix aus 4-2-3-1 und 4-4-1-1 kippen die beiden Sechser in der Regel seitlich ab, um die aufrückenden AV abzusichern; WM-Final-Star Carli Lloyd nimmt sich im Dienste der Mannschaft eher zurück. Und: Trainerin Jill Ellis baut jetzt, noch vor Rio, die Jungen ein.

Lindsey Horan, eigentlich ein Offensivgeist, fremdelt mit ihrer Rolle im defensiven Mittelfeld noch etwas. Emily Sonnett, der Nr.-1-Draft-Pick, spielte in der Innenverteidigung auf sicher und hielt sich an der routinierten Becky Sauerbrunn an. Und Mallory Pugh ist the real deal: Das 17-jährige Mädel (die schon vor anderthalb Jahren bei der U-20-WM die einzige US-Spielerin war, die auf der Höhe des Geschehens war) ist unerhört schnell, technisch schon extrem gut und hat auch durchaus Spielverständnis.

Allerdings: Furchtbar viel kommt, von diesen drei abgesehen, auf absehbare Zeit auch nicht nach und Trainerin Ellis rotiert auch eher ungarn. Mit Crystal Dunn als bullige und Christen Press als international routinierte Alternative für Pugh, und eher wieder mit Julie Johnston (wie bei der WM) statt Sonnett wird Ellis so in die Olympischen Spiele gehen. Ob Rapinoe rechtzeitig fit wird, muss sich zeigen – und ob ihre Rückkehr dem US-Spiel überhaupt gut täte, ebenso.

2016 03 03 Ger-Fra 1-0Bei Deutschland wurden von Noch-Bundestrainerin Silvia Neid ein paar neue Leute ausprobiert (Kerschowski und Blässe am Flügel, Hendrich als RV, Doorsoun als LV), andere Leute weiter mit einer kaum nachvollziehbahren Nibelungen-Treue bedacht (die IV mit Krahn, 30, und Bartusiak, 33, beide eher von der Holzfuß-Fraktion und nicht gerade die weiblichen Wiedergänger von Javi Martinez und Jerome Boateng) und im ersten Spiel mit einem 4-1-4-1 geteasert.

Dieser System-Test wurde aber extrem halbherzig absolviert, schnell kam man wieder auf das gewohnte, berechenbare Neid’sche 4-4-2, das dann auch beinhart durch das restliche Turnier durchgezogen wurde. So als ob Neid sagen würde: Ich habe mich zehn Jahre nicht um die Entwicklung einer taktischen Alternative geschert, warum sollte ich jetzt, ein paar Monate vor Ende meiner Amtszeit, damit anfangen. Nach Olympia übernimmt Steffi Jones, ob sie das Amt der Bundestrainerin etwas weltoffener anlegt als Neid, weiß noch niemand.

England zeigte sich etwas weniger systemvariabel als sonst, spielte aus einem 4-1-3-2 heraus das Turnier weitgehend durch und testete vor allem das Stören des Aufbaus von spielstärkeren Teams. Das gelang gut: Die USA fand trotz des 1:0-Sieges nie eine wirkliche Lösung, genauso die berechenbaren Deutschen (die nur wegen eines Eigentors und eines geschenkten Elfers 2:1 gewannen) und das Spiel gegen Frankreich endete 0:0. Zwar holte England also nur einen Punkt aus den drei Spielen, furchtbar unzufrieden wird Trainer Mark Sampson aber nicht sein.

Dafür spielte Frankreich diesmal ein bisschen „Little Britain“ und variierte das System (4-1-4-1 gegen Deutschland, 4-4-2 gegen die USA, 4-2-3-1 gegen England) – wenn auch nicht die Spielanlage. Frankreich will natürlich immer noch den Ball, ist technisch exzellent, erarbeitet sich Chancen – braucht aber zu viele und im entscheidenden Moment klappts einfach nicht. Irgendwie wie immer halt. Immerhin: Kheira Hamraoui zeigte im DM auf und ist eine echte Alternative zu Cammy Abily und Amandine Henry.

Was das für Rio bedeutet? Einerseits sollte man natürlich erst einmal die Auslosung der drei Gruppen am 14. April abwarten. Aber: Weltmeister USA ist stärker als bei der WM im letzten Jahr und ist der klare Favorit auf die fünfte Goldmedaille im sechsten olympischen Frauen-Turnier. Frankreich – bei der WM die deutlich stärkste Mannschaft, aber im Viertelfinale im Elferschießen an Deutschland gescheitert – hat es drauf, muss es aber erst einmal im Kopf zusammenbringen.

Deutschland wird genauso daherkommen wie immer und von jedem Gegner mit einem kleinen Stück Hirnschmalz und der nötigen individuellen Klasse dazu vor gravierende Schwierigkeiten gestellt werden. Algarve-Cup-Sieger Kanada ist Außenseiter, Veranstalter Brasilien (beim heuer mäßig besetzten Algarve Cup immerhin im Finale) ist nicht so gut und hat den größten Druck.

Sayonara, Norio-san

Und Japan? Nun ja: Jenes Team, das in allen drei großen Finals seit 2011 stand (2x Weltmeisterschaft und 1x Olympia) ist die größte Sensation der #RoadToRio. Nach einem verdienten 1:3 gegen Australien, einem peinlichen 1:1 gegen Südkorea und einem bitteren 1:2 gegen China stand schon nach drei der fünf Spiele fest, dass die Nadeshiko keine Chance mehr auf eines der beiden asiatischen Tickets für Olympia hat.

Trainer Norio Sasaki, der vor acht Jahren ein Mitläufer-Team übernommen und es zur zeitweise deutlich besten Mannschaft der Welt gemacht hat, nahm seinen Hut. Das blamable Scheitern ist zu einem gewissen Grad auch seine Schuld: Er hat es verabsäumt, einen wirklichen Generationswechsel zu vollziehen. Das Team, das sich letztes Jahr ins WM-Finale schleppte, hatte ein geradezu biblisches Durchschnitts-Alter, bis auf Homare Sawa (die 36-jährig ihre Karriere beendete) sortierte er aber weiterhin niemanden aus.

Ob Sasaki aber auch an der Schlampigkeit im Passspiel Schuld ist, das sein Team bei dem Olympia-Quali-Turnier gezeigt hat? Japans Anlage ist auf präzisen Pässen in der gegnerischen Hälfte ausgelegt, um die körperlichen Nachteile auszugleichen. Ständig aber musste Spielerinnen ungenauen Pässen nachlaufen, passierte billige Abspielfehler, wurde das Tempo heraus genommen. So kann man selbst als Japan Teams wie Australien und China nicht unter Druck setzen, selbst gegen die beiden koreanischen Teams mühte man sich ab. Eine entsetzte Homare Sawa gab zu Protokoll, dass der Fokus fehle, die Bereitschaft, auch wenn es nicht läuft konzentriert zu bleiben. Kurz: Japan wirkte alt und satt.

Aya Miyama, die das Spiel gestalten soll, spielt nur Alibi-Pässe. Die routinierte Yuki Ogimi konnte sich im Strafraum überhaupt nicht durchsetzen, die Zeit von RM Shinobu Ohno ist längst vorbei. Und Innenverteidigerin Azusa Iwashimizu, die wirklich schon alles gesehen hat, ist seit dem für sie desaströsen WM-Finale gegen die USA und Carli Lloyd komplett neben der Spur.

Wer auch immer Norio Sasaki nachfolgt – heißeste Kandidatin ist Japans Junioren-Teamchefin Asasko Takakura – hat nun gemütlich drei Jahre Zeit, um bis zur WM 2019 in Frankreich einen Generationswechsel zu vollziehen. Normalerweise dürften aus der aktuellen Stammformation dann kaum noch mehr als drei oder vier Leute übrig sein.

By the way: Australien und China fliegen für den asiatischen Verband nach Rio.

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