Saudi Arabien – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Thu, 05 Jul 2018 12:41:12 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Asiens Teams bei der WM 2018: Wohl mehr Schein als Sein https://ballverliebt.eu/2018/07/03/wm-2018-bilanz-asien-japan-saudi-suedkorea-iran-australien/ https://ballverliebt.eu/2018/07/03/wm-2018-bilanz-asien-japan-saudi-suedkorea-iran-australien/#comments Tue, 03 Jul 2018 12:16:16 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=14972 Asiens Teams bei der WM 2018: Wohl mehr Schein als Sein weiterlesen ]]> Die Zahlen sagen: Vier Siege, ein Team im Achtelfinale, zum fünften Mal in den letzten sieben Turnieren (also seit 1994) ein besserer Punkteschnitt als die Teams aus Afrika. Außerdem erreichte Japan das Achtelfinale und hatte dort die hoch gehandelten Belgier am Rande der Niederlage.

Ist Asien also nach dem Totalausfall von 2014 zurück? Nicht so schnell. Die Siege von Südkorea und Saudi-Arabien kamen, als die Teams bereits ausgeschieden waren. Jener des Iran war vom Spielverlauf superglücklich. Und Japan hat gegen Kolumbien 87 Minuten in Überzahl gespielt.

Wir brauchen deine Hilfe zum Weitermachen.

Wenn du Artikel wie diese von uns magst und weiter von uns lesen und hören willst, dann unterstütze uns bitte. Der Preis eines Getränks pro Monat, ist alles was es dafür braucht. Mehr dazu findest du hier.

Become a Patron!

 

LINK-TIPP: Asiens Teams bei der WM 2014

Japan: Grundsolide und kontrolliert

Vor vier Jahren war die Erwartung an die Japaner groß – geliefert haben sie ein müdes Vorrunden-Aus. Dieses Mal waren die Erwartungen gering, und siehr da: Viel hätte nicht zum Viertelfinale gefehlt.

Sicher, es war auch Glück dabei. Weil man gegen Kolumbien schnell in Überzahl war. Weil Senegals Torhüter daneben gegriffen hat. Weil zwei gelbe Karten über Achtelfinale und Ausscheiden entschieden haben. Das Spielprinzip von Trainer Akira Nishino, der erst zwei Monate vor der WM von Vahid Halilhodzic übernommen hatte, ist vornehmlich auf defensive Kontrolle und Stabilität im Zentrum ausgelegt. Das ist ein spürbarer Gegensatz zum offensiven Rochade-Spiel, welches Japan unter Zaccheroni spielte.

Der routinierte Hasebe und sein neuer Nebenmann Shibasaki (der sich für mehr als eine Teilzeitrolle in der spanischen Liga empfohlen hat) kontrollierten sowohl Ballbesitz-Phasen (wie vor allem gegen Kolumbien), also auch das Spiel gegen den Ball (wie vor allem gegen Belgien) auf gutem Niveau. In allen drei Vorrundenspielen hatte Japan zwischen 54 und 59 Prozenz Ballbesitz

Im Spiel nach vorne fehlte allerdings der Punch. Das wurde vor allem gegen die im Block verteidigenden Kolumbianer deutlich. Die Partie gegen Polen kann man kaum werten und die beiden Tore im Achtelfinale gegen Belgien waren Weitschüsse und/oder Zufallsprodukte.

Dies ist keine weltbewegende Mannschaft. Aber eine recht solide und stabile Truppe. Nicht nur wegen des Abschneidens bei der WM: Japan ist, wie über weite Strecken des letzten Jahrzehnts, die Nummer eins aus Asien.

Südkorea: Ein Highlight, sonst nichts gezeigt

Der 2:0-Sieg gegen Deutschland mit Toren in den Minuten 92 und 97 ist ein Erfolg für die Geschichtsbücher. Für den Halbfinalisten von 2002 war es aber andererseits der erste Dreier bei einer WM seit acht Jahren und er kam, als alles schon zu spät war.

Wie schon 2014 agierte Südkorea viel zu zaghaft und passiv und bekam als Quittung dafür das erneute, sang- und klanglose Vorrunden-Aus präsentiert. Sogar gegen die cleveren, aber nicht gerade zaubernden Schweden stellten sich die Koreaner bleiern hinten rein. Die angedachten Konter über Premier-League-Routinier Ki bzw. die schnellen Außenspieler mit Salzburgs Hwang, über Augsburgs Koo und mit Tottenham-Star Son kamen viel zu selten zustande. Der offensive Output war gleich Null.

Der einzige, der sich tatsächlich ins Rampenlicht spielen konnte, war Torhüter Jo Hyun-Woo, der schon in der heimischen Liga zum besten Keeper der Saison gewählt worden war – obwohl sein Klub 2017 beinahe abgestiegen wäre und 2018 aktuell Liga-Letzer ist. Seine Top-Leistung war auch nötig, weil die Abwehr viel zuließ.

Bei drei der vier Turniere seit der Heim-WM 2002 ist Südkorea nun in der Gruppenphase gescheitert. Die Zahl der Europa-Legionäre war schon mal höher als jetzt, vor allem jene mit echter Qualität. Das reicht innerhalb Asiens immer noch locker zu einer Führungsrolle, aber der Abstand zur internationalen zweiten Reihe wird mit der Arbeit der letzten zehn Jahre nicht kleiner.

Iran: Mehr erreicht als drin war

Viel hat nicht gefehlt, ein Meter vielleicht. Wenn der Schuss von Mehdi Taremi am Ende des dritten Gruppenspiels gegen Portugal nicht am Außennetz gelandet wäre, der Iran hätte im Achtelfinale als Gruppensieger gegen Russland gespielt. Aber, um auf dem Boden zu bleiben: Es wäre nicht korrekt gewesen.

Der Iran wurde von Marokko phasenweise vorgeführt. Wäre es nach 30 Minuten 0:3 gestanden, hätten die Iraner sagen müssen: Danke, dass es nicht 0:5 steht. Und am Ende gewinnen sie sogar, durch ein Eigentor in der Nachspielzeit. Gegen Spanien hielt man defensiv und destruktiv dagegen, ähnlich gegen Portugal. Dennoch hatte man in diesen Spielen sogar mehr und bessere Chancen als im Match gegen Marokko.

Das Personal von Teamchef Carlos Queiroz hat sich gegenüber 2014 (damals mit sechs Ü-30-Spielern und einem Altersschnitt von 28,9 Jahren) praktisch komplett geändert, die Spielweise gar nicht. Das mag nicht schön anzusehen sein, aber Queiroz ist Pragmatiker. Mehr gibt das qualitativ nicht besonders gute Personal nicht her. Da geht es bei einer WM eher darum, das Ausmaß der sportlichen Katastrophe in Grenzen zu halten. Dieses Ziel wurde mehr als nur erreicht.

Damit hat sich der seit sieben Jahren amtierende Queiroz (der damit schon seit geraumer Zeit längstdienender Trainer der iranischen Verbandsgeschichte ist) auch die Reputation verschafft, offen im TV seinen Intimfreind Branko Ivankovic anzugreifen. Der Trainer von Spitzenklub Persepolis (und Queiroz‘ Vorgänger als Teamchef) war in der Vorbereitung offenbar nicht gerade kooperativ. Ob der Portugiese bleibt, ist noch nicht fix. Der Verband hat aber schon angedeutet, Queiroz unbedingt halten zu wollen.

Saudi Arabien: Eh okay, aber mit klaren Defiziten

Eine Hochgeschwindigkeits-Liga ist jene aus Saudi-Arabien nun nicht gerade. Kann sie auch nicht sein, angesichts der klimatischen Bedinungen und der Qualität der beteiligten Spieler. So in etwa sah dann auch der Auftritt der Saudis bei der WM aus. Die würden schon spielen wollen, und wenn man sie lässt, sieht das auch nicht völlig unbeholfen aus. Aber wenn man an den Schrauben Tempo und/oder Körperlichkeit dreht, sind die Grenzen schnell erreicht.

Besonders auffällig war es in der zweiten Hälfte des Eröffnungsspiels, als Gegner Russland (aus welchen Gründen auch immer…) noch Vollgas geben konnte, als der Akku bei den Saudis längst leer war. Gegen Uruguay wurde einem zwar viel Ballbesitz erlaubt, gegen die routinierten Abräumer um Godín waren die Araber machtlos. Immerhin konnte man gegen die lustlose Truppe aus Ägypten den ersten WM-Sieg seit 24 Jahren einfahren. Wenn auch mit Hilfe des eher bockigen Referees.

Juan Antonio Pizzi, der neunte Teamchef in den letzten acht Jahren, verpasste dem Team eine aktive Spielweise, die so gut funktionierte, wie man das nach einem halben Jahr im Amt realistisch erwarten kann. Der Auftritt hat – wie auch das unglückliche 1:2 in Deutschland im letzten WM-Test – gezeigt: Es wäre schon das Potenzial da, wieder an die 1990er-Jahre anzuschließen, als man Asiens beste Mannschaft war. Man spielte nun nicht mehr, so wie beim Asiencup-Vorrunden-Aus 2015, „recht konsequent auf eigene Faust und recht gezielt aneinander vorbei“.

Langhaltigen Effekt wird Pizzis Arbeit aber nur haben können, wenn man ihm zumindest mittelfristig etwas Zeit gibt. Zu erwarten ist dies aber trotz seiner Vertragsverlängerung bis zum Asiencup im Jänner 2019 nicht zwingend. Länger als zwei Jahre durfte seit 1984 niemand als saudischer Teamchef wirken.

Australien: Farblos drübergerettet

System-Varianten von 4-2-3-1 (bei der WM 2014) über 4-3-3 (beim Asiencup-Sieg 2015) bis hin zu Spielereien mit Dreierkette, dazu positive Spielweise und voller Einsatz: Das waren die Socceroos unter Ange Postecoglou. Nachdem dieser kurz nach gerade noch geschaffter Qualifikation zurücktrat, engagierten die Australien Bert van Marwijk als Feuerwehrmann.

Den holt man sich, um ein Turnier wie die WM einigermaßen solide und ohne riskante Experimente zu überstehen. Das relativ starre 4-4-1-1 mit defensiver Ausrichtung brachte die Australier mit Anstand durch das Turnier, ohne einen Eindruck zu hinterlassen. Gegen gelangweilte Franzosen wurde nur knapp 1:2 verloren und gegen Dänemark ein solides 1:1 geholt. Aber als es noch eine theoretische Chance auf das Achtelfinale gab, wurde beim 0:2 gegen Peru sehr wenig Gegenwehr geleistet.

Im Nachgang wird in Australien debattiert, ob der Zugang zu negativ war oder ob das limitierte Personal nicht mehr erlaubte. Das eher wilde Spiel unter Postecoglou hat zwar oft Spaß gemacht, aber auch zu haarsträubenden Punktverlusten gegen Thailand und den Irak sowie einer Niederlage gegen Jordanien geführt. Sicher ist nur: Individuell kann die aktuelle Mannschaft jener von 2006 nicht das Wasser reichen.

Seither stagniert Australien. Das hat gereicht, um 2015 beim Asiencup als Einäugiger unter den Blinden den Titel zu holen. Aber wie bei den Kollegen vom Kontinent gilt auch hier: Die Entfernung zur Spitze wird seit geraumer Zeit eher größer als kleiner.

Wer hat gefehlt?

Niemand von sportlichem Belang. Zwei Teams müssen aber dennoch angesprochen werden: China, weil dort viel Geld in die Liga gepumpt wird. Und Katar, weil dort in vier Jahren die WM über die Bühne gehen wird.

Seit knapp zwei Jahren soll bei China nun Marcello Lippi für einen Aufschwung sorgen. Nach dem soliden, aber etwas uninspirierten Auftritt beim Asiencup 2015 (Aus im Viertelfinale) hätte man die WM-Quali beinahe schon vor der Finalrunde verbockt. Dort holte Lippi zwar elf Punkte aus sechs Spielen, den davor aufgerissenen Rückstand konnte er aber nicht mehr aufholen. Der Asiencup 2019 wird der Lackmustest sein, ob die teuren Stars in der Liga dem Nationalteam wirklich weiterhelfen. Das Viertelfinale (programmgemäß laut Auslosung gegen Iran oder Saudi-Arabien) darf da nicht die Endstation sein.

Ähnliches gilt auch für Katar, obwohl realistisch betrachtet schon das Erreichen des Viertelfinales eine Überraschung wäre. Als Trainer fungiert nun Félix Sánchez, ein Spanier, der schon in Barcelonas „La Masia“ und im katarischen Leistungszentrum „Aspire Academy“ gearbeitet hat, und mangels eigenem Talent wird fleißig eingebürgert. Der 2,03-m-Torhüter Ababacar kommt aus dem Senegal, Abwehchef Ró-Ró ist Portugiese, Sechser Karim Boudiaf ist Franzose, Linksaußen Boualem Khoukhi ist Algerier. Dazu kommen noch eine Handvoll Ägypter und ein Achter aus Bahrain, den man beim Liga-Klub Al-Sadd bei Xavi in die Lehre geschickt hat. Drei Kataris hat man beim belgischen Erstligisten KAS Eupen geparkt, der den Scheichs gehört.

Weiter als ins Viertelfinale (zuletzt 2011 unter Bruno Metsu) hat es für Katar beim Asiencup noch nie gereicht und die Zeit des Experimentierens ist nun langsam vorbei. Für die Handball-Heim-WM 2015 hat sich Katar zwölf Spieler eingebürgert und ist so bis ins Finale gekommen. Es ist zu vermuten, dass die FIFA – die dergleichen ja eigentlich nicht gerne sieht – im Falle des Falles das eine oder andere Einbürgerungs-Auge zudrücken würde. Als Gastgeber muss Katar ein Team stellen, das zumindest ins Achtelfinale kommen kann.

So geht es weiter

Im Jänner 2019, also in einem halben Jahr, findet der schon mehrfach angesprochene Asiencup in den Vereinigen Arabischen Emiraten statt. Wie beim Afrikacup wurde auch beim asiatischen Titelturnier von 16 auf 24 Teilnehmer erhöht. Im Unterschied zu Afrika wird dies dem Asiencup aber sehr wohl schaden. Schon 2015 konnte die Hälfte der 16 Teams keinen gerade Pass spielen und erst ab dem Viertelfinale wurden die Spiele einigemaßen vorzeigbar.

Australien ist Titelverteidiger, Favoriten sind die üblichen Verdächtigen (also die fünf asiatischen WM-Teilnehmer plus unter Umständen China). Da auch Fußballzwerge wie Turkmenistan, Kirgisien, Palästina und sogar der im Krieg zerrüttete Jemen dabei sein werden, sind zumindest in der Gruppenphase einige sehr einseitige Spiele zu erwarten.

Das Turnier von 2015 stand unter der Frage, inwieweit sich die geprügelten WM-Teilnehmer wieder erholen können und wie (vier Jahre nach dem recht ansprechenden Turnier von 2011) das sportliche Niveau sein würde (Antwort: Sehr bescheiden). Die Ausgangslage für den Asiencup 2019 lautet: Ist der Aufschwung echt oder waren es nur singuläre Ergebnisse?

Und: Wie schlägt sich Katar, dreieinhalb Jahre vor der Heim-WM?

Wir brauchen deine Hilfe zum Weitermachen.

Wenn du Artikel wie diese von uns magst und weiter von uns lesen und hören willst, dann unterstütze uns bitte. Der Preis eines Getränks pro Monat, ist alles was es dafür braucht. Mehr dazu findest du hier.

Become a Patron!

]]>
https://ballverliebt.eu/2018/07/03/wm-2018-bilanz-asien-japan-saudi-suedkorea-iran-australien/feed/ 3
Standort-Bestimmung nach WM-Demütigung: Asiencup in Australien https://ballverliebt.eu/2015/01/05/asiencup_australien_vorschau_japan_korea_iran_china_saudi/ https://ballverliebt.eu/2015/01/05/asiencup_australien_vorschau_japan_korea_iran_china_saudi/#respond Mon, 05 Jan 2015 18:55:56 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10769 Standort-Bestimmung nach WM-Demütigung: Asiencup in Australien weiterlesen ]]> Asien galt als der absolute Boom-Kontinent im Weltfußball, schien Afrika nicht nur überholt, sondern längst abgehängt zu haben. Und dann das: Eine WM, bei der Asiens vier Vertreter so hergeprügelt wurden, dass am Ende drei Remis und neun Pleiten zu Buche standen, aber nicht ein einziger Sieg. Nun, ein halbes Jahr später, steigt in Australien der 16. Asiencup. Dieser wird der erste Anhaltspunkt sein, wer die Kurve am besten gekriegt hat. Die Favoriten sind die üblichen Verdächtigen: Japan, Südkorea, Australien, mit Abstrichen der Iran. Und zwei gefallene Riesen kämpfen um den Anschluss.

Titelverteidiger Japan (Gruppe D)

Japan
Japan. Teamchef: Javier Aguirre

Vor vier Jahren war Japan die deutlich beste Mannschaft des Turniers und fuhr mit einem 1:0-Finalsieg gegen Australien den verdienten Titel ein. Bei der WM vor einem halben Jahr aber zeigte man sich etwas überaltert und über dem Zenit – eine Blutauffrischung tat Not. Javier Aguirre, der schon zweimal Mexiko bei WM-Endrunden betreut hatte, übernahm von Alberto Zaccheroni und versuchte sich schon an einer sanften Verjüngung.

Die Zeit für einen echten Neuaufbau war aber zu kurz, so müssen es überwiegend noch die Alten richten – vor allem in der Mittelfeld-Zentrale gibt es Baustellen. Kapitän Hasebe und Routinier Endo haben ihre besten Jahre lange hinter sich, in den Testspielen war Dortmunds Kagawa gesetzt – trotz mangelnder Spielpraxis und völliger Formfreiheit. Auch Torjäger von internationalem Format konnte sich Aguirre in den sechs Monaten nicht schnitzen, so wird wohl wieder der Mainzer Okazaki vorne ran müssen. Der ist zwar ein guter Stürmer, wäre aber noch wertvoller auf dem Flügel.

Dorthin muss Keisuke Honda ausweichen, der aber eigentlich ein Zehner ist – wie auch Hiroshi Kiyotake von Hannover. Rechts verzichtete Aguirre auf den Schalker Uchida, dessen Klasse hat Gutoku Sakai nicht. Junge Kräfte wie Achter Gaku Shibasaki (22) und die Innenverteidiger Gen Shoji (22) und Naomichi Ueda (20, alle von den Kashima Antlers) sowie Flügelspieler Yoshinori Muto (22, FC Tokio) dürfen mal reinschnuppern, eine Hauptrolle werden sie aber kaum spielen dürfen.

Ernsthafte Konkurrenz haben die Japaner in ihrer Gruppe D dennoch nicht: Weder der Irak (Sensations-Sieger von 2007, aber sonst nicht mehr als ein beständiger Asien-Cup-Viertelfinalist) noch Jordanien (unter dem legendären Ex-Chelsea-Co-Trainer Ray Wilkins) haben die Qualität, um Japan zu gefährden. Palästina hat sich über die Runde der Fußballzwerge qualifiziert und wird dreimal deutlich verlieren.

Südkorea & Gastgeber Australien (Gruppe A)

Australien
Australien. Teamchef: Ange Postecoglou

Trotz dreier Niederlagen hat Australien von allen asiatischen Teams bei der WM den mit Abstand besten Eindruck hinterlassen. Für Teamchef Ange Postecoglou war das Turnier in Brasilien angesichts der übermächtigen Gruppengegner (Holland, Spanien und Chile) auch „nur“ ein Testlauf für den Asiencup im eigenen Land.

Schon vor der WM wurde eine radikale Verjüngung eingeleitet, von den „Alten“ sind nur noch Spielmacher Tim Cahill und die Mittelfeld-Routiniers Jedinak und Bresciano übrig. Das Team zeigte Schwung, unbändigen Willen und steckte nie auf. Die individuelle Qualität ist bei anderen Teilnehmern zweifellos zum Teil deutlich höher, aber kaum ein Titelkandidat präsentierte sich zuletzt annähernd so sehr als verschworene Einheit wie Australien.

Das alles, verbunden mit dem Heimvorteil und einem Publikum, das in den letzten zehn Jahren immer mehr seine Liebe zum Fußball entdeckt hat, macht Australien sicherlich einem der absoluten Titelkandidaten.

Südkorea. TC: Uli Stielike
Südkorea. Teamchef: Uli Stielike

Bei Südkorea musste nach der fürchterlich vercoachten WM Teamchef Hong Myung-Bo gehen, der Rekord-Teamspieler wurde durch den Deutschen Uli Stielike ersetzt. Was die Kaderqualität angeht, ist Südkorea einer der ganz großen Top-Favoriten. Die Frage ist nur, ob es in den vier Monaten von Stielikes Amtszeit gelang, aus einer extrem passiven Herangehensweise eine so aktive zu machen, wie es dem Kader entspräche.

Denn mit Leverkusens Son Heung-Min, dem Mainzer Koo Ja-Cheol und Lee Chung-Yong von Bolton ist wohl mehr Offensiv-Qualität vorhanden als in jeder anderen Mannschaft, mit dem in der Premier League gestählten Ki Sung-Yueng (Sunderland) und Park Joo-Ho (auch aus Mainz) ist auch Erfahung auf hoher Qualität im defensiven Mittelfeld vorhanden. Auch auf den Außenbahnen gibt mit Kim Jun-Su (Hoffenheim) und Cha Doo-Ri (früher Celtic und Freiburg) europäische Erfahrung. Dass es keinen Stoßstürmer von Format gibt, sollte dabei schon zu verschmerzen sein.

Schafft es Südkorea, die vorhandenen PS auf die Straße zu bringen, führt der Titel nur über dieses Team. Es wäre der erste für dieses Land seit 1960.

Mitfavorit Iran (Gruppe C)

Iran. TC Queiroz
Iran. Teamchef: Carlos Queiroz

Obwohl sie einem No-Budget-Verband unterstehen, zeigte die Mannschaft aus dem Iran eine – im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten – recht ordentliche WM. Entnervt von den vorsintflutlichen Arbeits-Bedingungen wollte Teamchef Carlos Queiroz eigentlich das Handtuch werfen, der frühere Trainer von Real Madrid und „Co“ bei Manchester United blieb dann aber doch.

Er wird beim Asien-Cup nun dem gleichen Personal vertrauen wie bei der WM in Brasilien. Es ist zu erwarten, dass der Iran nicht ganz so defensiv agieren wird wie letzten Sommer, die Probleme im Spiel nach vorne werden aber grundsätzlich die gleichen bleiben: Das zentrale Mittelfeld ist routiniert, aber nicht besonders kreativ. Der Vorwärtsgang ist nicht die Stärke, Stürmer Reza Ghoochannejhad wurde von Englands Zweitligist Charlton zuletzt nach Kuwait verliehen, Flügelspieler Jahanbakhsh spielt in Hollands zweiter Liga und Ashkan Dejagah, einst bei Wolfsburg deutscher Meister, spielt mittlerweile bei Al-Arabi – dem Neunten der Liga von Katar.

Härtester Konkurrent in der Gruppe C wird wohl Katar sein. Sieben Jahre vor der geplanten Heim-WM ist dieses Turnier ein erster wirklicher sportlicher Härtetest auf dem Weg dorthin – von dem Kader, der vor vier Jahren im eigenen Land unter dem mittlerweile verstorbenen Trainer Bruno Metsu sehr ordentlich agiert hat und im Viertelfinale am späteren Sieger Japan knapp gescheitert ist, sind nur noch sieben Spieler übrig, darunter nur drei der damaligen Stammkräfte. Im Gegensatz zu 2011 sind nun auch kaum noch Spieler dabei, die 2022 zu alt sind. Zumindest 15 Kaderspieler sind auch tatsächlich Kataris, acht eingebürgerte Kicker sind dabei. Ob der aktuelle Teamchef Djamel Belmoudi 2022 noch im Amt sein wird, ist hingegen äußerst unwahrscheinlich – seit 1984 amtierte kein Teamchef von Katar länger als drei Jahre.

Hauptgegner im Kampf um den erneuten Viertelfinal-Einzug für Katar ist das Team aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain ist mit einiger Sicherheit das schwächste Glied in dieser Gruppe.

Usbekistan und die schlafenden Riesen (Gruppe B)

Usbekistan. Teamchef Mirajlol Kosimov
Usbekistan. Teamchef Mirajlol Kosimov

Direkt sexy ist das Team aus Usbekistan, zumindest aus europäischer Sicht, ja nicht. Zwei Spieler aus der russischen Liga (Denisov von Lok Moskau und Ahmedov von Krasnodar), der Rest spielt überwiegend in verschiedenen asiatischen Ligen (China, Korea, Emirate). Auch eine prickelnde Spielweise ist vom Halbfinalisten des letzten Asiencups nicht zu erwarten.

Eher eine kompakt stehende Mannschaft, die mit guten Verteidigern daherkommt und einem routinierten Mittelfeld. Im Elo-Ranking ist Usbekistan der drittbeste Teilnehmer (hinter Südkorea und dem Iran, gleichauf mit Australien), ist daher auch als Gruppenkopf gesetzt. Deutlich interessanter sind, zumindest was die Entwicklung der jüngeren Vergangenheit angeht, allerdings die Gruppengegner China und Saudi-Arabien.

Bei beiden Ländern klaffen seit geraumer Zeit Anspruch und Wirklichkeit ganz massiv auseinander. Beide sind zuletzt in der WM-Quali nicht einmal in die mit zehn Teams besetzte Finalrunde eingezogen, beide Teams sind beim letzten Asiencup vor vier Jahren kläglich in der Vorrunde gescheitert. Und beide Länder verfügen über finanzstarke Ligen, wo es für die heimischen Spieler wenig Anreiz gibt, ins Ausland zu wechseln.

Bei den Saudis ist der Rumäne Cosmin Olaroiu seit dem Desaster vor vier Jahren bereits der vierte Teamchef, weder Ex-Barça-Coach Frank Rijkaard noch Ex-Real-Madrid-Coach Ramon Lopez Caro konnten einen Aufschwung einleiten. Die Liga, aus der sich der komplette Kader rekrutiert, ist laut AFC-Ranking die zweitbeste Asiens, Olaroiu hat acht Spieler des Champions-League-Finalisten Al-Hilal mit dabei. Das größte Problem ist aber das permanente Chaos, die fehlende Kontinuität und die Inkompetenz im nationalen Verband. Dass die Saudis ihre Teamchefs nach einem schlechten Start während der Turniere entlassen, ist eher die Regel als die Ausnahme.

In China hatte José Antonio Camacho nach den unsagbar peinlichen Vorstellungen vor vier Jahren vom heillos überforderten Teamchef Gao Hongbo übernommen, besser wurde es nicht. Im Gegenteil: Camacho kassierte fürstliche 16 Millionen Dollar in zwei Jahren, in denen er China zielsicher von Platz 47 im Elo-Ranking auf Rang 69 führte und nach einem 1:5-Debakel gegen Thailand entlassen wurde. Alain Perrin, einst Meistertrainer von Olympique Lyon, übernahm. Die mit europäischen Startrainern wie Marcello Lippi, Sven-Göran Eriksson und Radomir Antic künstlich hochgepimpte Liga ist zahlungskräftig, aber Chinas Spieler würden von mehr davon profitieren, gingen sie in sportlich bessere Meisterschaften wie jene in Japan oder Südkorea, oder gar nach Europa. Von ausrangierten Altstars wie Gilardino und Misimovic und einer Heerschaar an mittelmäßigen Brasilianern lernen sie nicht genug.

Dass bei Nordkorea die WM-Teilnahme 2010 eine Eintagsfliege war, ist mittlerweile auch evident. Zwar spielen im aktuellen Kader für das Land ungewöhnlich viele Legionäre (vier – zwei in Japan, zwei in der Schweiz). Aber der Rest schmort in der eigenen Liga, deren Klubs vom Diktator befohlen nicht einmal an Asiens Klub-Bewerben teilnehmen dürfen – und die so geheim ist, dass oft nicht einmal Tabellen oder gar Ergebnisse an die Öffentlichkeit außerhalb des Landes durchgelassen werden.

Der Modus

asiencup

Vier Vierergruppen, aus denen jeweils die besten zwei Teams ins Viertelfinale kommen – es ist genau jener Modus, der auch bei den EM-Endrunden von 1996 bis 2012 höchst erfolgreich zum Einsatz gekommen ist. Die Spiele in Melbourne, Sydney, Canberra, Brisbane und Newcastle werden wegen der Zeitverschiebung am europäischen Vormittag stattfinden und werden auf Eurosport-2 live zu sehen sein.

Australien ist erstmals Ausrichter des Asien-Cups. Rekord-Titelträger ist Japan mit vier Titeln, gefolgt von Saudi-Arabien und dem Iran mit jeweils drei Triumphen. Insgesamt ist dies die 16. Auflage des Turniers, das damit (wie auch die Copa America und der Afrika-Cup) älter ist als die Europameisterschaft. Das Finale findet im Olympiastadion von Sydney statt.

asiencup finals

]]>
https://ballverliebt.eu/2015/01/05/asiencup_australien_vorschau_japan_korea_iran_china_saudi/feed/ 0
Was bleibt, was war gut, was weniger? Das war Katar 2011 https://ballverliebt.eu/2011/02/01/was-bleibt-was-war-gut-was-weniger-das-war-katar-2011/ https://ballverliebt.eu/2011/02/01/was-bleibt-was-war-gut-was-weniger-das-war-katar-2011/#comments Mon, 31 Jan 2011 23:26:12 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=3907 Was bleibt, was war gut, was weniger? Das war Katar 2011 weiterlesen ]]> „Ich habe mich entschieden, weit weg von Italien zu trainieren, um mich von der dortigen Schizophrenie zu entgiften. Ich bin zurückgekehrt zu der Arbeit, die mir am meisten gefällt – den Fußball zu lehren!“ – Das sagt Alberto Zaccheroni. Jener Mann, der das tolle japanische Team zum Sieg im Asien-Cup geführt hat.

Schon nach dem ersten Gruppendurchgang musste jeder, der mehr gesehen hat als nur die Ergebnisse, wissen: Der Titelgewinn führt nur über diese bärenstarken Japaner – obwohl es im ersten Spiel gegen Jordanien „nur“ ein 1:1 gegeben hat. Im Nachhinein betrachtet, im Lichte dessen, was die Jordanier erreicht haben, verwundert dieses Resultat nicht mehr. Nach 32 Spielen, die Ballverliebt analysiert hat, darf natürlich ein Debriefing nicht fehlen. Eine Zusammenfassung dessen, was das Turnier Katar 2011 so alles gebracht hat.

Das Problem mit dem All-Star-Team

Ballverliebt-Allstars des Asiencups 2011

So könnte ein All-Star-Team des Turniers aussehen. Das ist aber durchaus problematisch – denn einige Positionen sind unstrittig, für andere gäbe es viele glaubhafte Möglichkeiten, für andere eigentlich gar keine. Das fängt schon bei der Position der Solo-Spitze an. Hier gab es nämlich im Grunde keinen einzigen Spieler, der wirklich überzeugt hätte. Harry Kewell hat zwar einige Tore geschossen, darunter das wichtige im Viertelfinale gegen den Irak, aber sonst vor allem durch slapstickhaftes Verschludern bester Möglichkeiten geglänzt. Alternativen wie Ji Dong-Won (Südkorea) oder Ryoichi Maeda (Japan) haben immer fleißig gerackert, aber wenig Torgefahr ausgestrahlt. Und auch bei den restlichen 13 Mannschaften hat sich keiner nachhaltig angeboten. Was eine der ganz großen Erkenntnisse dieses Turniers ist: Es fehlen die Vollstrecker.

Ein absolutes Überangebot herrscht dafür auf der Sechser-Position – mit dem Südkoreaner Ki Sung-Yueng (21) hat sich eines der weltweit größten Talente dieser Position in den Vordergrund gespielt. Ob er noch lange bei Celtic Glasgow unter Vertrag steht? Aber auch Yasuhito Endo aus Japan und Nashat Akram aus dem Irak wussten auf der Position vor der Abwehr durchaus zu gefallen, auch sie hinterließen einen viel nachhaltigeren Eindruck als jeder Stürmer dieses Turniers.

Auch im linken Mittelfeld gab es mehr Kandidaten als nur den überragenden Shinji Kagawa. Zyniker könnten sagen, Dortmund solle froh sein, dass er sich nach seinem Gala-Auftritt gegen Katar verletzt hat; so bleibt er dem BVB über den Sommer hinaus erhalten – ansonsten wäre ein Transfer nach England kaum zu verhindern gewesen. Vor einem solchen stünde aber über kurz oder lang auch Matt McKay – wäre der Australier vom A-League-Leader Brisbane Roar nicht schon 27 Jahre alt. Er spielte ebenso ein starkes Turnier und war einer der Gründe, warum es die Socceroos bis ins Finale geschafft haben.

Durchbruch für Japan: Yuto Nagatomo!

Wenn es noch einen Beweis gebraucht hätte, wie essenziell die Position des Außenverteidigers im modernen Fußball geworden ist, Yuto Nagatomo hätte ihn erbracht. Eine ansprechende WM brachte ihm im Sommer einen Vertrag bei Serie-A-Aufsteiger Cesena ein, seine überragenden Leistungen beim Asiencup wurden mit einem Wechsel zu Inter Mailand belohnt. Christian Chivu bekommt also starke Konkurrenz. Er war auch essenziell für das generelle Spiel der Japaner, das vor allem in der Vorrunde massiv an jenes von Arsenal erinnerte – vor allem die erste Hälfte gegen Syrien.

Japan

Zaccheroni rückte mit den Japanern von jenem 3-4-3 ab, das er üblicherweise präferiert. Von der Grundformation her ist es ein nicht besonders ungewöhnliches 4-2-3-1. Einen wirklich zentralen Spieler kann man in dem ungemein augewogenen und sehr gut aufeinander abgestimmten Team aus Nippon gar nicht ausmachen. Die Spielanlage beruht auf der großen Flexibiliät der der offensiven Mittelfeldspieler, der Übersicht von Taktgeber Makoto Hasebe und der Breite, welche die massiv nach vorne stürmenden Außenverteidiger bringen. Die somit auch jene des Gegners nach hinten drücken – so sieht Defensivarbeit Anno 2011 aus.

Angesichts der Tatsache, dass die Flanken oft bis hin zur gegnerischen Grundlinie von Nagatomo links und dem Schalker Uchida rechts besetzt werden, können die drei in der Spielgestaltung – im Idealfall Honda zentral, Kagawa links und Okazaki (der nach zwei Spielen Matsui abgelöst hatte) – ihre Zwischenräume enger gestalten, was es für den Spielaufbau angesichts vermehrter Anspielstationen in kurzer Distanz leichter macht.

Außerdem gibt es an den Flanken immer eine Anspielstation, und Maeda vorne bindet mit viel Laufarbeit beide gegnerischen Innenverteidiger, sodass sich Honda und Co. mit diesen nicht herumschlagen müssen. Und das alles geschieht, sofern alle fit und frisch sind, auch noch in einem irren Tempo, vor allem in den ersten 20 Minute der Spiele. Was für den Titelgewinn letztlich aber nur die halbe Miete war – denn auch wenn es nicht läuft, wie im Viertelfinale gegen Gastgeber Katar oder im Finale gegen Australien, behält die Mannschaft stets Ruhe. Die Spieler auf dem Platz ebenso wie der Teamchef an der Seitenlinie. Zaccheronis genialer Schachzug, Nagatomo im Finale nach vorne zu ziehen und hinter im einen Innenverteidiger die Drecksarbeit machen zu lassen, wurde vom Neu-Mailänder mit der Vorlage zum 1:0 belohnt.

Ein weiterer Punkt, der sich äußerst positiv auf die Performance der Japaner auswirkte, war sicherlich die Tatsache, dass sich immer mehr den Sprung nach Europa zutrauen und sich dort auch durchsetzen. Honda ist Leistungsträger bei ZSKA Moskau, Kagawa beim designierten deutschen Meister Dortmund, Hasebe stemmte mit Wolfsburg schon eine Meisterschale, Uchida lebt sich nach Startschwierigkeiten bei Schalke immer besser ein, Torhüter Kawashima und Innenverteidiger Yoshida spielen in Belgien, Okazaki geht nach Stuttgart und Nagatomo eben zu Inter Mailand.

Durchbruch für Südkorea? Ki Sung-Yueng und Koo Ja-Cheol!

Es war am Ende wohl ein einziges Tor gegen Indien, was den Südkoreanern die Teilnahme am Finale gekostet hat. Ein Tor mehr gegen den überforderten Underdog im letzten Gruppenspiel, und statt Iran und Japan wären auf dem Weg ins Finale „nur“ Irak und Usbekistan gestanden. So aber musste sich das Team um Park Ji-Sung nach dem Semifinal-Aus im Elferschießen gegen Japan mit dem dritten Platz begnügen. Doch Moment… dem Team um Park Ji-Sung? Berechtigter Einwand – denn beim letzten Turnier des Man-Utd-Stars spielte sich ein ganz junger Mann ins Rampenlicht.

Südkorea

Und zwar Ki Sung-Yueng von Celtic Glasgow. Der 22-Jährige hat bereits 36 Länderspiele auf dem Buckel, spielte eine sehr ordentliche erste Weltmeisterschaft und war bei diesem Turnier einer der drei stärksten Spieler seines Teams. Ein Trio, zu dem der sehr mannschaftsdienliche, aber etwas überspielt wirkende Park Ji-Sung im Übrigen nicht mehr gehört: Der 29-Jährige hat seine Schuldigkeit getan und übergibt den Staffelstab nun an jene Generation, der er mit seinen Leistungen in den letzten Jahren die Tür nach Europa geöffnet hat. Der mit seinen 1.88m für einen Koreaner extrem große Sechser Ki bestach nicht durch auffällige Aktionen, sondern durch tolles Stellungsspiel, enorme Spielintelligenz und hohe Laufbereitschaft. Er nahm gegnerische Offensivkräfte wie Honda oder Cahill aus dem Spiel und spielte unauffällige, aber sichere Pässe in der Spieleröffnung.

Generell hinkte das Spiel der Koreaner aber. Ähnlich wie bei Japan sollte auch bei den Koreanern unter Cho Kwang-Rae die Breite von den Außenverteidigern kommen und sich das offensiven Mittelfeld zusammenziehen. Das Problem: Lee Chung-Yong fehlt es an der Klasse, Park Ji-Sung an der Frische und der Achter Lee Yong-Rae konnte nicht die nötigen Akzente setzen. Der einzige, der in der Offensive wirklich auf sich aufmerksam machen konnte, war Koo Ja-Cheol: Auf den 21-Jährigen von Jeju United war vor dem Turnier nur Young Boys Bern aufmerksam geworden, ein Transfer zu den Schweizern scheiterte letztlich am tollen Asiencup von Koo. Der seine Zelte nun in Wolfsburg aufschlagen wird. Er ist aber kein klassischer Zehner, sondern mehr eine hängende Spitze: Seine besten Szenen hatte der schnelle Mann, wenn er aus der Tiefe kommen und sich zwischen gegnerischer Innenverteidigung und gegnerischem Sechser zwischen den Linien bewegen konnte.

Auf diesen beiden Spielern wird in Zukunft die Hoffnung der südkoreanischen Fans ruhen. Denn der dritte extrem starke Mann bei diesem Turnier ist mit seinen 30 Jahren kein junges Talent mehr – nämlich Cha Du-Ri, der nach harten Jahren in Deutschland nun bei Celtic Glasgow untergekommen ist.

Ein letztes Hurra aus Australien

Auch, wenn es ein starkes Spiel im Finale gab und dieses surreale 6:0 im Semifinale gegen Usbekistan: Es fällt schwer, Australien wirklich als zweitbestes Team des Turniers zu sehen. Zu leicht war der Weg ins Finale, zu wenig überzeugend die recht durchwachsenen Spiele in der Vorrunde, und zu starr im Endeffekt auch das Spiel der Socceroos unter ihrem deutschen Teamchef Holger Osieck.

Australien

Außerdem war es keine Mannschaft mit Zukunft. Das Durchschnittsalter des Teams liegt bei knapp 30 Jahren, und wenn Matt McKay mit seinen 27 Lenzen nur zwei Spieler um sich herum hat, die (auch nicht viel) jünger sind als er selbst, wird schon klar, dass der Finaleinzig dieser Mannschaft jenes letzte Hurra einer Spielergeneration ist, den man eigentlich schon für die WM in Südafrika hatte erwarten können.

In Katar war Australien eine der wenigen verbliebenen Mannschaften, die mit einem klassischen 4-4-2 aufgetreten sind und in keiner Minute davon abgerückt sind. Die Vorwärtsbewegung kam fast ausschließlich über die Flanken und da spielte sich eben Matt McKay in den Vordergrund – auch, wenn er erst im Viertelfinale erstmals in der Startformation stand. Kein Wunder, dass die Socceroos erst in der K.o.-Phase ins Rollen kamen, mit einer starken Partie gegen den Irak und einer cleveren Leistung gegen jene Usbeken, die im Semifinale zeitweise zwei Drittel Ballbesitz hatten.

Taktisch gibt es über diese eher wenig prickelde Mannschaft nicht viel zu sagen. Aber in Hinblick auf den nächsten Asiencup im Jahr 2015 ist die Altersentwicklung alermierend – denn dieser wird just in Australien ausgetragen. Kein allzu günstiger Zeitpunkt, jetzt, wo der große Generationswechsel ansteht.

Unter Wert geschlagen: Iran

Am Ende steht das Aus im Viertelfinale – womit die Iraner weniger erreicht haben, als ihnen eigentlich zugestanden wäre. Ja, das zweite Gruppenspiel (1:0 gegen Nordkorea) war furchtbar. Aber die Art und Weise, wie das Team vom US-Iraner Afshin Ghotbi in der sehenswerten Auftaktpartie gegen den Irak mit einem 4-4-2 verschob, was das Zeug hielt, war interessant. Die folgende Umstellung auf das 4-1-4-1 folgerichtig, die Leistung des zweiten Anzugs im letzten Gruppenspiel (3:0 gegen die VAE) souverän. Und letztenendes scheiterte man am Pech in der Auslosung. Jeden anderen Gegner als die Südkoreaner, von den überragenden Japanern abgesehen, hätten die Iraner mit hoher Wahrscheinlichkeit geschlagen.

Gutes Coaching: Usbekistan

In gleichem Maße, wie die Iraner Pech mit der Auslosung hatten, müssen die Usbeken als Glückskinder gelten. Die gut organisierte, aber in der Spielgestaltung harmlose Truppe aus Zentralasien hatte die mit Abstand leichteste Gruppe zu überstehen und bekam mit Jordanien auch noch einen einigermaßen dankbaren Gegner im Viertelfinale. Zugegeben: Das 0:6 im Semifinale gegen Australien war um mindestens drei Tore zu hoch.

Die Usbeken bestachen vor allem durch ihre hohe systematische Flexibilität. Der Ausgangspunkt war auch bei ihnen ein 4-2-3-1, aber innerhalb dieses Systems konnte ohne größere Reibungsverluste gewechselt werden. Praktisch jeder Offensivspieler konnte sowohl im Zentrum als auch auf beiden Seiten spielen, dazu gab es fleißige Außenverteidiger und mit dem immer wieder nach vorne marschierenden Odil Achmedov auch noch einen interessanten Innenverteidiger.

Am auffälligsten war bei Usbekistan aber der Teamchef: Vadim Abramov verstand es immer wieder, mit intelligenten Wechseln Spiele zu retten, die zu entgleiten drohten. So war es etwa gegen Kuwait, aber auch gegen Jordanien. In letzterem Spiel trat sein Team übrigens in einem 3-2-4-1 an – die einzige experimentelle Formationsvariante in diesem Turnier.

Die positiven Überraschungen: Jordanien und Syrien

Auf dem Papier war die Vorrundengruppe B eine klare Sache: Japan und die Saudis gehen locker durch, Jordanien und Syrien haben keine Chance. Aber weit gefehlt! Die beiden Teams aus dem nahen Osten machten den Japanern das Leben extrem schwer und kippten den großen Nachbarn Saudi-Arabien in eine der schlimmsten sportlichen Krisen ihrer Geschichte. Aber wie ging das?

Jordanien - Syrien 2:1

Bei beiden Teams – natürlich – durch taktische Cleverness, ohne die es als Underdog einfach nicht geht. Ansonsten war die Herangehensweise aber durchaus verschieden. Die Syrer schlugen die Saudis (mit einem 4-4-1-1), fingen sich nach dem Seitenwechsel gegen Japan (mit einem 4-1-4-1) und rannten gegen Jordanien mit einem 4-2-3-1 mit voller Kraft an. Vor allem aber gaben sie ihr letztes Hemd, was ihren Kampfgeist anging. Der rumänische Teamchef Valeriu Tita verstand es, das Optimum aus seiner ausgeglichen besetzten Mannschaft heraus zu holen. Vor allem der gegen die Saudis und gegen Jordanien als Zehner agierende Belgien-Legionär Malki machte einen guten Eindruck, auch der fleißige linke Flügelmann Jehad Al-Hussein gefiel. Dass es letztlich nicht reichte, lag an der mangelnden Chancenverwertung.

Die kann man Jordanien hingegen nicht vorwerfen – beim 2:1-Sieg im entscheidenden Spiel gegen Syrien, dem wohl energiegeladensten Match des ganzen Turniers, vergab man zwar die einzige selbst herausgespielte Torchance, gewann aber letztlich dennoch. Weil die bombenfeste Defensive um Ersatz-Kapitän Bashir Bani-Yasin ein sensationelles Turnier spielte. Und das, nachdem mit Hatem Aqel dessen Partner schon in der ersten Partie verletzt w.o. hatte geben müssen! Doch Teamchef Adnan Hamad, ein Iraker, hatte eine perfekt aufeinander abgestimmte Truppe, die mit Spielmacher Hassan Abdel-Fattah auch in der Offensive einen fähigen Mann hatte, mit Sulaiman Al-Salman einen hervorragenden Rechtsverteidiger, mit Hashhash und Abdulrahman ein gut funktionierendes Duo im defensiven Mittelfeld, und mit Amir Shafi einen starken Torhüter.

Gute Figur gemacht: Titelverteidiger Irak

Was vom Asiencup 2007 in Erinnerung blieb? Nicht die Tatsache, dass von den vier (!) Veranstaltern Indonesien, Malaysia, Thailand und Vietnam nur die damals von Alfred Riedl trainierten Vietnamesen die Vorrunde überstanden. Sondern der sensationelle Titel für den Irak – einem vom Krieg gebeutelten Land; einer seit Jahrzehnten sportlich absolut wertlosen Mannschaft. Dass dieser Titel kein kompletter Zufall war, zeigte die Mannschaft bei diesem Turnier vollauf. Vor allem der extrem laufstarke und umsichtige Sechser Nashat Akram – der bei Al-Wakrah in Katar spielt – hatte ein hervorragendes Turnier, die Abwehr zeigte sich auch diesmal als große Stärke. Aber auch unter dem deutschen Teamchef Wolfgang Sidka tat sich das Team schwer mit der Spielgestaltung. Was letztlich auch das Viertelfinal-Aus gegen Australien bedeutete. Bleibt die mit einem Durchschnittsalter von 25,4 Jahre auch noch sehr junge Truppe zusammen, ist eine Qualifikation für die WM 2014 in Brasilien durchaus nicht unrealistisch.

Sich nach Kräften blamiert: Saudi-Arabien und China

Alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Das war das Auftaktspiel der Saudis, das 1:2 gegen Syrien, auf den Punkt gebracht. Was Teamchef José Peseiro auch prompt seinen Job kostete! Nasser Al-Johar übernahm und machte gegen Jordanien, taktisch gesehen, eigentlich alles richtig. Eine massive Leistungssteigerung, bei der nur die Tore fehlten. Was nach dem 0:1 schon nach zwei Partien das Aus bedeutete, woraufhin in der letzten, bedeutungslosen Partie beim 0:5 gegen Japan alles in sich zusammenfiel. Ein Turnier, das in seiner Bedeutung wohl einen noch schlimmeren Eindruck hinterlässt als die WM vor neun Jahren mit dem 0:8 gegen die Deutschen…

Das Hauptproblem bei den Chinesen war die Tatsache, dass die Mannschaft keine solche war. Eine Ansammlung von (zumeist auch nicht übermäßig begabten) Einzelspielern. Die wenigen Leistungsträger schafften es nicht, über drei Spiele eine halbwegs konstante Leistung abzuliefern. Der Zehner Deng Zhuoxiang spielte gut gegen Kuwait, schrecklich gegen Katar und saß gegen die Usbeken nur auf der Bank. Schalke-Legionär Hao Junmin spielte nach seinen Einwechslungen gegen Kuwait und Katar ansprechend, war gegen Usbekistan aber ein Totalausfall. Andererseits wurde Sturmspitze Gao Lin in einem Spiel noch vor der Pause runtergenommen, um in der nächsten Partie doch wieder ran zu dürfen – jedes Selbstvertrauens beraubt. Der überforderte Teamchef Gao Hongbo zog sein Team mit schlechtem Coaching zwar runter, muss seinen Posten aber trotzdem nicht räumen. So sind die Chinesen keine Mannschaft, die man mittelfristig auf dem Radar haben muss.

Und der Gastgeber? Katar agierte achtbar

Katar

Kanonenfutter? Na, ganz so schlimm war’s dann noch nicht, was der Gastgeber dieses Turniers – und auch der WM in elf Jahren – da fabrizierte. Auch, wenn man nach dem 0:2 im Eröffnungsspiel gegen Usbekistan schon glauben konnte, dass nicht viel möglich wäre. Aber nach dem Schlüsselerlebnis gegen China – wo die Kataris nach einer halben Stunde merkten, dass der Gegner noch nervöser war als man selbst – und der wichtigsten Umstellung von Bruno Metsu – jenem Trainer, der Senegal 2002 ins WM-Viertelfinale geführt hatte – war Katar im Turnier angekommen.

Diese Umstellung war die Maßnahme, Yusuf Ahmed als hängende Spitze im 4-4-1-1 spielen zu lassen. Er war einer der Schlüsselspieler beim Gastgeber – neben Sebastian Soria. Der gebürtige Uruguayer (einer von acht nicht in Katar geborenen Kaderspielern) zeigte vor allem im Viertelfinale gegen Japan, was er kann. Er war in diesem Spiel sehr lauffreudig, und vor allem bei Kontern immer wieder gefährlich. Was der Spielanlage der Kataris am ehesten entspricht: Mit zwei Viererketten tief stehen und verteidigen; nach vorne auf Konter lauern.

Interessant war aber durchaus, dass die vier Spiele vier völlig unterschiedliche Szenarien boten, mit denen Katar höchst unterschiedlich umging. Erst, gegen Usbekistan, von einem sehr kompakten und defensivstarken Gegner ausmanövriert. Dann, gegen China, auf den Druck besser reagiert als der Gegner und das Spiel selbst in die Hand genommen. Im letzten Gruppenspiel, gegen Kuwait, gegen einen ambitionierten, aber schwachen Gegner zwei frühe Abwehrschnitzer souverän ausgenützt. Und schließlich, gegen Japan – der ersten wirklich guten Mannschaft, gegen die Metsu und Co. antreten mussten – ihr volles Potential im Gegner entnerven und schnell kontern gezeigt. Dieses Viertelfinale war zum einen zweifellos die beste Turnierleistung des Gastgebers und andererseits ein Anzeichen dafür, dass durchaus Entwicklungspotential vorhanden ist. Auch, wenn in elf Jahren wohl keiner der aktuellen Mannschaft bei der Heim-WM antreten wird: Katar ist auf einem guten Weg.

Indien… was sollte das denn?

Ein kurzes Wort noch zum Auftritt der Inder. Der war peinlich. Der war nicht zu rechtfertigen. Und er wirft, nach fünf absolut unterirdischen Halbzeiten (lediglich die zweite gegen Bahrain war anständig) zwei Fragen auf: Erstens, warum darf so ein absolut chancenloses Team teilnehmen? Das zieht den ganzen Bewerb runter. Und zweitens: Wie schafft es ein Land mit einem Millardenvolk nicht, besseren Fußball zu spielen als europäische Zwergstaaten wie Färöer und Liechtenstein? Die würden gegen die Inder nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen…

Schlusswort: Das generelle Niveau

Das Turnier hat gezeigt, dass der asiatische Fußball in seiner Spitze erweiterte Weltklasse ist und in der Breite zwar nicht besonders aufregend ist, aber grundsoliden Fußball von taktisch ansprechend bis sehr gut ausgebildeten Mannschaften zeigt. Die Stimmung und die allgemeine Reputation mögen bei Afrikacups höher sein, das Niveau des Turniers als ganzen ist aber sicherlich vergleichbar und muss den Vergleich zu den afrikanischen Titelkämpfen nicht scheuen.

Bis auf die heillosen Inder haben alle 15 Teilnehmer die Grundzüge modernen Fußballs verstanden. Taktisches Verständis und Flexibilität im Positionsspiel sind bei praktisch allen teilnehmenden Teams grundsätzlich vorhanden. Bei den meisten Mannschaften gehen auch die Außenverteidigier durchaus mit nach vorne, nur die in ihrer Spielanlage generell eher vorsichtigen Kataris, die Bahrainis und jene aus den VAE hielten sich da eher zurück. Bevorzugtes System ist, wie es fast weltweit der Fall ist, verschiedene Variationen des 4-2-3-1 bzw. 4-1-4-1 (Offensiv bei Japan, Südkorea und in Ansätzen bei Kuwait. Kompakt bei Usbekistan, Iran, VAE und Syrien. Eher vorsichtig bei Jordanien, Irak, Bahrain). Das herkömmliche 4-4-2 bzw. 4-4-1-1 (wie bei China, Saudi-Arabien, Indien und Nordkorea) ist auch in Asien immer mehr am Rückzug.

Funktioniert hat es nur bei den konterstarken Kataris – und bei Australien. Wobei es bei den Socceroos eher die individuelle Klasse und die Erfahrung der einzelnen Spieler war, die das Team trugen. Und nicht das System.

Auch eine Erkenntnis dieses Asiencups. Und es wird die Erkenntnis der kommenden Jahre sein, ob das ein dauerhaft tragfähiges Modell sein kann…

(phe)

]]>
https://ballverliebt.eu/2011/02/01/was-bleibt-was-war-gut-was-weniger-das-war-katar-2011/feed/ 3
Asiencup, Tag 11: Mit fliegenden Fahnen https://ballverliebt.eu/2011/01/17/aisencup-tag-11-mit-fliegenden-fahnen/ https://ballverliebt.eu/2011/01/17/aisencup-tag-11-mit-fliegenden-fahnen/#respond Mon, 17 Jan 2011 15:52:03 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=3787 Asiencup, Tag 11: Mit fliegenden Fahnen weiterlesen ]]> Angriffswille und dominantes Spiel war bei Syrien gefragt, denn gegen Jordanien musste im direkten Duell um das Viertelfinale ein Sieg her. Gewonnen haben aber die Jordanier, ohne dafür viel tun zu müssen. Gruppensieger ist Turnierfavorit Japan nach einem viel zu leichten 5:0 gegen die Saudis.

Jordanien – Syrien 2:1 (1:1)

Jordanien - Syrien 2:1

Nachdem es Syriens Teamchef Valeriu Tita gegen Japan etwas defensiver probiert hatte, war nun gegen Jordanien schon alleine aufgrund der Ausgangsposition klar: Die Spielgestaltung muss man selbst übernehmen! Denn während den Jordaniern im direkten Duell ein Remis reichte, mussten die Syrer gewinnen – das war spätestens zu dem Zeitpunkt klar, als Japan gegen die Saudis schnell klar in Führung gelegen war und somit diese Partie de facto zu einem Achtelfinale wurde.

„Spielgestaltung selbst übernehmen“ heißt bei den Syrern: Senharib Malki kehrt als zentraler Mann im offensiven Mittelfeld zurück in die Mannschaft, außerdem übernahm mit Aouad ein durchaus offensiv denkener Spieler die Position des Linksverteidigers. Und mit Abdulrazak rückte der vordere der beiden Sechser im 4-2-3-1 oftmals auf – was das dominierende Dreieck der ersten halben Stunde ergab. Denn mit dem fleißigen Jahad Al-Hussein als rechtem Flügelmann, dem aufrückenden Abdulrazak und Malki, der sich vermehrt auf die rechte Seite orientierte, kamen die Jordanier – vor allem der gegen die drei ziemlich allein gelassene Basem – überhaupt nicht zu Rande.

Die Jordanier wurden von ihrem irakischen Teamchef Adnan Hamad wieder in einem Mittelding aus 4-2-3-1 und 4-4-1-1 aufgestellt – aber angesichts der Tatsache, dass sie von den aggressiven und sehr einsatzfreudigen Syrern sofort in die Defensive gedrängt worden waren, war es zumeist Letzteres. Und weil Al-Zeno eine Flanke von Malki (natürlich von der rechten Seite) nach einer Viertelstunde zum da schon hochverdienten 1:0 versenkte, wurde der frühe Sturmlauf der Syrer belohnt.

Die Jordanier versuchten nun, ihrerseits in Zugzwang geraten, das Spiel wieder mehr an sich zu reißen, allerdings fehlten vorne oft freie Anspielstationen. So wirkten die Offensivbemühungen oft umständlich und es fehlte der Zug zum Tor. Das Glück der Jordanier war zum einen, dass Al-Hussain aus dem starken syrischen Dreieck nach einem etwas rüderen Einsteigen einige Zeit brauchte, um wieder ins Spiel zu finden. Und zum anderen, dass der syrische Innenverteidiger Dyab einen äußerst anspruchslos vorgetragenen jordanischen Angriff – 40-Meter-Pass Richtung Eckfahne, von dort blinde Flanke – ohne echte Not über den herausstürmenden Torhüter Balhous hinweg zum 1:1 ins Tor köpfte.

Ein Nackenschlag für die Syrer, von dem sie sich die restliche erste Hälfte nicht erholten. Im Gegenteil, Hassan Abdel-Fattah hätte drei Minuten nach dem Ausgleich eigentlich die Führung besorgen müssen. Doch nach dem einzigen selbst herausgespielten Angriff verzog der hängende Stürmer links.

In den Kabinen konnten sich die Syrer wieder sammeln, und sie kamen auch mit frischem Mut aus der Halbzeitpause. Nun war es vor allem die andere, die linke Seite, die mit Aouad und Ayan einiges an Betrieb machte. Die Mannschaft aus Syrien schnürte den Gegner wiederum an dessen Strafraum fest, es wurden zwei Drittel Ballbesitz angesammelt, und die neuerliche Führung schien nur eine Frage der Zeit zu sein – bis sich die Syrer wieder ein Tor im Grunde selbst schossen! Weiter Ausschuss vom jordanischen Schlussmann Shafi, Al-Saifi setzt sich gegen Dyab und Balhous durch, und es stand 2:1 für Jordanien.

So unverdient der Zwischenstand war und so wenig er den Spielverlauf widerspiegelte, so sehr wirkte er bei den Syrern natürlich wie ein Schlag in die Magengrube. Mit Al-Khatib kam nun ein zusätzlicher Stürmer für den eh schon offensiven Linksverteidiger Aouad, dafür rückte Ayan (wenn auch nur im Notfall) etwas zurück; zudem kam mit Chanko statt Innenverteidiger Dyab (dessen Aufgaben Abdulrazak übernahm) ein Spieler, der aus dem hinteren Feld die Bälle verteilen sollte.

Allerdings wurden die Angriffe der Syrer mit schwindender Zeit naturgemäß immer wilder und immer mehr kam das Brechstangen-Mittel „Hoch und Weit“ zum Einsatz. Damit hatten die defensiv ja sehr starken Jordanien kaum ein ernsthaftes Problem, und so war eigentlich schon nach 75, 80 Minuten klar, dass die Syrer das Spiel nicht mehr drehen konnten. Da halfen auch sechs Minuten Nachspielzeit nichts mehr.

Fazit: Die Jordanier haben über die meiste Zeit des Spiels nur gewartet und davon profitiert, dass sich die wesentlich aktiveren, aggressiveren und im Offensivspiel willigeren Syrer ihre beiden Tore mehr oder weniger selbst gemacht haben. So steht nun Jordanien mit jenem Viertelfinal-Platz, der eigentlich von der Papierform her von Saudi-Arabien eingenommen worden wäre, in der Runde der letzten Acht gegen Usbekistan – was angesichts der vorsichtigen Spielweise der Jordanier und der kompakten, aber harmlosen der Usbeken eher eine dröge Angelegenheit zu werden droht.

Hut ab aber dennoch vor dem Team aus Syrien, dass in dem Spiel, das sie gewinnen mussten, von Anfang an ohne Wenn und Aber die Initiative übernahmen und sich für diesen Ansatz nicht belohnen konnten. Sie dürfen das Turnier dennoch mit erhobenem Haupt verlassen.

————————

Japan – Saudi Arabien 5:0 (3:0)

Japan - Saudi Arabien 5:0

Die eine Mannschaft (Saudi Arabien) hat hohen Erwartungen zum Trotz  schon die Tickets zum Vorrunden-Aus gelöst. Die andere (Japan) braucht noch einen Punkt, um auch theoretisch nichts mehr anbrennen zu lassen. Na, wie wird das Spiel verlaufen?

Die Saudis, die im zweiten Spiel (der extremst unglücklichen Niederlagen gegen Jordanien) unter ihrem neuen (Interims)-Teamchef Al-Johar taktisch sehr viel richtig gemacht hatten, kehrten gegen die starken Japaner zum alten Trott zurück. Autef, der rechte Mann im 4-4-2 gesellte sich zu den zwei Stürmern hinzu, hinter ihm machte Ateef – der bei der Auftakt-Peinlichkeit gegen Syrien schon ein Totalausfall gewesen war – die Seite aber nicht zu. So stürmten Nagatomo und Kagawa alleine und völlig ungehindert auf den mit den beiden Wirbelwinden natürlich heillos überforderten Rechtsverteidiger zu. Das zweite und das dritte Tor fielen über diese Seite, nachdem Endo zuvor schon mit einem Zuckerpass die Abseitsfalle ausgetrickst hatte und Okazaki sein Team früh in Front geschossen hatte.

So stand es nach 19 Minuten schon 3:0 für die Japaner und alles war natürlich gelaufen. Al-Johar reagierte, wenn auch viel zu spät, und nahm Autef für Abosghair vom Platz – dieser ging nach links, Al-Shalhoub auf rechts. Deshalb, und weil die Japaner drei Gänge zurückgestaltet haben, konnten die erschreckenden Saudis das Spiel nun einigermaßen beruhigen.

In der Halbzeit stellte Al-Johar dann auf ein 4-4-1-1 um, indem er mit Hazazi einen Stürmer (für Sechser Al-Muza) vom Feld nahm und Al-Shalhoub zentral hinter Al-Qahtani stellte. Das waren aber alles nur noch kosmetische Maßnahmen: Die Saudis wollten nur noch, dass das Spiel so schnell wie möglich vorbei war; und die Japaner wollten sich vor dem Viertelfinale gegen Gastgeber Katar nicht mehr weh tun. Zwei Tore gab’s dann in der zweiten Hälfte noch. Das ist aber nur noch von statistischem Interesse.

Fazit: Zweifellos das sinnloseste Spiel des bisherigen Asiencups, weil schon sehr bald alles entschieden war und die letzten 70 Minuten nur noch an der Uhr gedreht wurde. Die Saudis treten nach einem starken und zwei katastrophalen Spielen mit Schimpf und Schande und drei Pleiten mit 1:8 Toren im Gepäck die kurze Heimreise an. Die Japaner, die sich den Luxus leisten konnten, auf den angeschlagenen Honda zu verzichten, haben ein paar Minuten lang jene Stärke an, die sie auch schon in den ersten zwei Partien gezeigt hatten – nur, dass es in diesem Spiel keine wie auch immer geartete Gegenwehr gab…

(phe)

]]>
https://ballverliebt.eu/2011/01/17/aisencup-tag-11-mit-fliegenden-fahnen/feed/ 0
Asiencup, Tag 7, Teil I: Jordanien macht die Saudis Nasser https://ballverliebt.eu/2011/01/13/asiencup-tag-7-teil-i-jordanien-macht-die-saudis-nasser/ https://ballverliebt.eu/2011/01/13/asiencup-tag-7-teil-i-jordanien-macht-die-saudis-nasser/#respond Thu, 13 Jan 2011 21:16:19 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=3734 Asiencup, Tag 7, Teil I: Jordanien macht die Saudis Nasser weiterlesen ]]> Zweites Spiel, zweiter Teamchef: Nasser Al-Johar übernahm die Mannschaft aus Saudi-Arabien und brachte sie in den drei Tagen, seit er diesen Posten wieder innehat, auf Vordermann. Er beseitigte alle taktischen Fehler, die José Peiseiro begangen hatte, sein Team spielte klasse – und verlor dennoch…

Saudi Arabien – Jordanien 0:1 (0:1)

Saudi Arabien - Jordanien 0:1

Neuer Trainer, neues Glück. Und neue Formation! Nasser Al-Johar, der nach dem Rauswurf Jose Peseiros nach dem peinlichen 1:2 gegen Syrien im ersten Spiel als Teamchef von Saudi Arabien eingesetzt wurde, veränderte nicht nur die Aufstellung an vier Positionen, sondern auch die Formation und die komplette taktische Einstellung. Aus dem 4-4-2, das zwar fluid war, aber zu viel Raum zwischen Mittelfeld und Angriff ließ, wurde unter Al-Johar (der damals beim 0:8 gegen die Deutschen bei der WM 2002 auch schon Saudi-Teamchef war) ein Mittelding aus 4-1-3-2 und 4-1-4-1, vergleichbar etwa mit dem, was Walter Kogler bei Wacker Innsbruck auf den Platz stellt.

Kariri, der gegen die Syrer noch Innenverteigier war, wurde als Solo-Sechser nach vorne gezogen, und Naif Hazazi spielte den Marcel Schreter: je nach Bedarf zurück in die Mittelfeldkette, als hängende Spitze oder gar als echter Stürmer. Außerdem verpasste Al-Johar dem eher engen Mittelfeld, das sich gegen Syrien in der Mitte zusammenzog, um sich der Unterzahl in der Zentrale zu erwehren, eine angenehme Breite (weil sich die Außen eben nun nicht mehr um den Mittelkreis kümmern brauchten) – und durch die Rolle von Hazazi verschwand auch das Loch zwischen Mittelfeld und Angriff. Der erfahrene Trainer hatte alle systematsichen Böcke von Peseiro erkannt und ausgemerzt. Bravo dafür.

Und – abgesehen von der 5. bis zur 15. Minute – hatte das Team aus Saudi Arabien das Spiel auch recht sicher im Griff. Die Jordanier rückten von dem 4-1-4-1, mit dem sie gegen Japan beinahe gewonnen hätten, ab: Baha Abdulrahman rückte zu Hashhash ins defensive Mittelfeld zurück, dafür orientierte sich Hassan Abdel-Fattah weiter nach vorne und gab eine hängende Spitze neben Abdullah Deeb. Personell änderte sich nur die Innenverteidigung, wo Monir den gröber verletzten Kapitän Aqel ersetzen musste.

Alsbald konzentrierten sich die Jordanier auf die mit LV Al-Mousa und LM Al-Shalhoub komplett neu besetzte linke saudische Abwehrseite. Amer und der wiederum sehr fleißige Al-Salman sowieso, dazu Hashhash von der Sechser-Position und auch Abdel-Fattah übervölkerten diese Seite und kamen so, zumindest zwischendurch, richtig gut in die Partie. Die Saudis brauchten eine Weile, bis sie sich aus der Umklammerung lösen konnten. Sie taten das, indem sie ihrereseits von nun an versuchten, das Spiel von dieser Seite fern zu halten – und in der Zentrale und vor allem über der rechte bzw. halbrechte Seite mit Hazazi spielten die fußballerisch besseren Saudis einen durchaus gepflegten Ball. Alleine Tor wollte keines gelingen.

Und so kam es kurz vor der Pause, wie es kommen musste: Ein Verlegenheits-Mondball von der Seitenlinie, abgefeuert von Baha Abdulrahman, senkte sich über den zu weit vor seinem Tor postierten Saudi-Torhüter Walid Abdullah ins Kreuzeck. Keine wirkliche Aktion, nicht herausgespielt, eine Nicht-Chance, und dennoch gingen die Jordanier – wie schon gegen die Japaner – mit einer glücklichen 1:0-Führung in die Kabine.

Saudi Arabien - Jordanien 0:1 (Zweite Hälfte)

Al-Johar musste reagierten, mit kontrollierter Offensive glaubte er nicht mehr gewinnen zu können. Also brachte er statt dem rechten Mittelfeldmann Autef nun mit Al-Shamrani einen weiteren Stürmer und stellte auf ein 4-3-3 um. Im Mittelfeld blieb es bei einem Defensiven – weiterhin Kariri – und Al-Jassem sowie Al-Shalhoub (später der fleißige Al-Abid) übernahmen die Halbpositionen. Das hieß auch, dass die zuvor eher zurückhaltenderen Außenverteidiger deutlich mehr nach vorne machen mussten – was sie auch taten. So gelang es den Saudis, die Jordanier sofort unter Druck zu setzen und hinten fest zu nageln. Das Problem dabei: Die Grünen kontrollierten nach Belieben das Mittelfeld, wetzten sie Flanken auf und ab, aber in den Strafraum kam nichts, was der starke jordanische Schlussmir Amir Shafi nicht entschärfen hätte können.

Jordanien lieferte, je länger die zweite Hälfte lief, immer mehr eine Abwehrschlacht. Acht Mann empfingen die Saudis recht tief, nur noch zwei Spieler (Abdullah Deeb und Abdel-Fattah, später die für diese beiden eingewechselten Abu-Keshek und Abdelhalim) lauerten vorgelagert auf schnelle Konter. Solche kamen auch immer wieder zu Stande, echte Torgefahr brachten diese aber nicht.

Anders als die Saudis in der 75. Minute: Hier gab es die größte Chance auf den Ausgleich, als Al-Shamrani nach schönem Doppelpass alleine auf Shafi zulief, am Torwart aber scheiterte. Angesichts der Überlegenheit der Saudis kann man glaubhaft argumentieren, dass sie nach einem Ausgleich in dieser Situation das Spiel wohl noch gewonnen hätten. So aber packte Al-Johar am Ende die Brechstange ganz aus, indem er für Rechtsverteidiger Shuhail noch einen offensiven Mittelfelspieler (Al-Dawsari) brachte. Die Devise lautete nun nur noch, „Rein ins Getümmel und auf das Beste hoffen“ – das Beste trat aber nicht mehr ein.

Fazit: Für Saudi-Arabien zweifellos eine der bittersten Niederlagen überhaupt. Zum einen natürlich, weil sie für den dreifachen Asienmeister das Aus nach der Vorrunde bedeutet. Vor allem allerdings, weil mit dem Trainerwechsel nach dem Auftaksspiel und den Maßnahmen, die Nasser Al-Johar in dieser Partie gesetzt hatte, im Grunde alles richtig gemacht wurde. Ein seltsames Gegentor und mangelnde Durchschlagskraft waren die Zutaten dieser in höchstem Maße unverdienten 0:1-Niederlage. Und Jordanien? Für die reicht im letzten Spiel am Montag gegen Syrien ein Punkt zum Viertelfinale!

(phe)

]]>
https://ballverliebt.eu/2011/01/13/asiencup-tag-7-teil-i-jordanien-macht-die-saudis-nasser/feed/ 0
Asiencup, Tag 3: Underdogs auf Zack https://ballverliebt.eu/2011/01/09/asiencup-tag-3-underdogs-auf-zack/ https://ballverliebt.eu/2011/01/09/asiencup-tag-3-underdogs-auf-zack/#respond Sun, 09 Jan 2011 22:28:33 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=3686 Asiencup, Tag 3: Underdogs auf Zack weiterlesen ]]> Es ist ja keine bahnbrechend neue Erkenntnis: Wenn der Gegner objektiv besser ist, muss man als Außenseiter mit Hirnschmalz dagegen halten. Dass die Underdogs Jordanien (gegen starke Japaner) und Syrien (gegen eindimensionale Saudis) aber dermaßen auf Zack sind, war nicht zu erwarten.

Japan – Jordanien 1:1 (0:1)

Japan - Jordanien 1:1

Ihr italienischer Teamchef Alberto Zaccheroni stellte die Japaner gegenüber der WM, wo man mit einem 4-1-4-1 beinahe ins Viertelfinale eingezogen wäre, auf ein 4-2-3-1 um – mit Keisuke Honda als zentraler Spielgestalter und Shinji Kagawa von Borussia Dortmund auf der linken Seite. Zudem schalteten sich die Außenverteidiger ganz extrem in die Offensive mit ein. So bildeten sich drei zentrale Duos bei den Japanern: Uchida/Matsui rechts, Nagatomo/Kagawa links und Hasebe/Honda in der Mitte. Der Wolfsburg-Legionär Hasebe war der offensivere der beiden Sechser, Endo sicherte eher nach hinten ab. Vorne lautere Maeda in der Zentrale auf Flanken.

Die Jordanier hingegen kopierten jene Spielweise, mit der die Japaner bei der WM erfolgreich waren: Ein 4-1-4-1 mit drei zentralen Mittelfeldspielern, einer davon als Sechser (Hashhash), dazu zwei Flügelspieler mit Offensivaufgaben. Je nach Spielrichtung ging aus der Mittelfeld-Viererkette immer wieder einer mit nach vorne, Kollege Blumenau nannte das im Sommer den „Japanischen Fächer“. Die Favoriten legten gleich mit Macht los und hatten nach einer Viertelstunde knapp 80% Ballbesitz angesammelt, doch die Jordanier verteidigiten leidenschaftlich – aber nicht unfair. Immer wieder wurde versucht, Überzahl in Ballnähe zu schaffen und den Japanern möglichst wenig Raum zu lassen. Ganz konnten Chancen nicht verhindert werden, aber Gegentor fing man sich immerhin keines (wenn auch mit etwas Glück bei einem vermeintlichen Abseitstor der Japaner).

Kamen die Jordanier hingegen in Ballbesitz, wurde das Feld sofort breitgemacht und die komplette Mannschaft rückte schnell mit nach vorne auf, sodass die Verteidigungslinie auf Höhe des Mittelkreises zu finden war. Wirklich ausspielen konnte der Außenseiter die Kontergelegenheiten bis auf einen Abschluss von Sturmspitze Abdullah Deeb in Minute 30 aber nicht; kurz darauf kam Linksverteidiger Basem Fathi nach einem Eckball zu einer guten Kopfballmöglichkeit. Halb durch die erste Hälfte ließ der Druck der Japaner etwas nach, das hohe Tempo vom Beginn war nicht aufrecht zu erhalten. Dennoch war es schon überraschend und entgegen des Spielverlaufs, als Jordanien kurz vor der Pause durch einen abgefälschten Schuss von Hassan Abdel-Fattah mit 1:0 in Führung ging.

Der frühere Milan-Trainer Zaccheroni reagierte in der Halbzeit uns brachte für den abgemeldeten Maeda in Tadanari Lee (Länderspiel-Debüt!) einen neuen Stürmer. Die Jordanier rückten nun immer mehr mit zwei Viererketten in die Defensive und drängten das japanische Spiel auf die Außen, Keisuke Honda war einigermaßen abgemeldet und Matsui auf der rechten Seite ließ immer mehr nach. Daher musste dieser nach einer Stunde für Okazaki den Platz verlassen. Nun war bei den Japanern das große Rochieren angesagt: Okazaki ging zunächst auf links, Kagawa in die Mitte und Honda nach rechts, alsbald wurde aber fröhlich durchgewirbelt. Was die Jordanier aber weiterhin sehr gut machten, war das Verlagern der Japaner auf die Flanken, denn hohe Zuspiele in den Strafraum wurden zumeist Beute der körperlich etwas stärkeren jordanischen Defensive.

Nach vorne verlegte sich die Mannschaft von Trainer Adnan Hamad mit Fortdauer des Spiels fast nur noch auf das Herunterspielen der Zeit. Konter wurden nicht mehr konsequent zu Ende gespielt und Chancen auf ein zweites Tor waren so nicht mehr vorhanden. Dennoch hätte es beinahe für den Sensationssieg gereicht, hätte nicht der aufgerückte japanische Innenverteidiger Maya Yoshida mit einem wuchtigen Kopfball in der Nachspielzeit doch noch für den hochverdienten Ausgleich gesorgt.

Fazit: Die Japaner waren natürlich das deutlich bessere Team, vor allem was Technik und Tempo angeht. Und auch, wenn ein Sieg der „Japan-Kopie“ Jordanien diesem Spiel nicht ganz entsprochen hätte: Das Unentschieden wurde den Jordaniern nicht geschenkt. Mit leidenschaftlicher Defensive, viel Laufarbeit und einem stimmigen taktischen Konzept ist der Auftakt in diesen Asien-Cup für sie durchaus geglückt. Die Japaner zeigten ihrerseits, dass sie auch in schwierigen Situationen nicht die Nerven und ihr Konzept verlieren (wie schon bei der WM zu sehen war) und kamen letztlich mit einem blauen Auge davon.

————-

Saudi Arabien – Syrien 1:2 (0:1)

Saudi Arabien - Syrien 1:2

Das klassische 4-4-2 mit einer flachen Mittelfeldkette hat einen systemimanenten Schwachpunkt: Den Link zwischen Mittelfeld und Angriff, wenn die Stürmer zu weit vorne stehen – genau das passierte den hochfavorisierten Saudis gegen den Underdog Syrien. José Peseiro, der portugiesische Teamchef der Saudis, schaffte es zwar, seinen beiden Viererketten eine große Flexibilität im Positionsspiel zu verpassen und so durch geschicktes Verschieben immer die Räume schon abgedeckt zu halten und so die Spielkontrolle absolut in den eigenen Händen zu halten. Doch weil die Syrer (wie schon die Jordanier am Nachmittag) die Mitte zu machten und in der Mittelfeldzentrale ein zahlenmäßiges Übergewicht hatten, hingen vorne gleich zwei Spieler in der Luft. Von denen eine somit im Mittelfeld fehlte, um dort eine Anspielstation zu haben.

Bei den Syrern, die von ihrem rumänischen Teamchef Valeriu Tita in einem 4-2-3-1 aufgestellt waren (das oftmals zu einem 4-4-1-1 wurde), gab es indes nur zwei Spieler mit wirklich dezidiert offensiven Aufgaben. Das war zum einen natürlich Sturmspitze Al-Zeno, und zum anderen das Hirn im syrischen Offensivspiel, Belgien-Legionär Senahrib Malki. Der 26-Jährige lief ungemein viel, war überall zu finden, agierte als Ballverteiler und Anspielstation und bewegte sich aus seiner Position im zentralen offensiven Mittelfeld oft auch in die Spitze nach vorne. Durch das numerisch Unterlegene Mittelfeld der Saudis hatte Malki viel Freiraum.

Die Saudis versuchten alsbald, die Unterzahl in der Zentrale dadurch auszugleichen, dass sich die Mittelfeldketten vermehrt um den Mittelkreis verdichtete. Effekt: Keiner. Als Nasser Al-Shamrani vorne nach etwa 20, 25 Minuten merkte, dass (von einem Steilpass, als er zwischen den starken Innenverteidigern Dyab und Deka durchging) so überhaupt nichts kam, ließ er sich etwas zurückfallen, um sich etwas weiter hinten die Bälle abzuholen. Das war grundsätzlich der richtige Zug, aber weil Abdulrazak Al-Hussein – einer der beiden umsichtigen Sechser – sich liebevoll um Al-Shamrani kümmerte, fruchtete das nicht viel. Die Syrer standen, obwohl sie den Saudis das Spiel überließen, einigermaßen hoch und nahmen die Stürmer schon von dem Strafraum an die Kandarre. Die Saudis bekamen überhaupt keinen Zugriff auf den Strafraum und wurden so auch nicht torgefählich. Und kurz vor der Pause belohnten sich die Syrer für ihr cleveres Spiel mit dem 1:0, passend zum Turnier durch einen abgefälschten Schuss von Abdulrazak Al-Hussein.

Peseiro blieb seinem 4-4-2 auch nach dem Seitenwechsel treu, nur schafften es die Saudis nun, den Gegner weiter nach hinten zu drängen. Die Abwehrreihe rückte im Ballbesitz bis jenseits der Mittellinie auf, um den Syrern den Platz zu nehmen. Diese reagierten, indem sie nun endgültig auf ein 4-4-1-1 umstellten und mit zwei tief stehenden Viererketten verteidigten. Das ging nicht lange gut – nach einer Stunde gelang den Saudis durch den zur Pause für Autef eingewechselten Al-Jassem der Ausgleich. Grundsätzlich wollten die Saudis auch so weiterspielen, allerdings kam ihnen der postwendende erneute Führungstreffer der Syrer hierbei in die Quere. Wieder war’s Abdulrazak Al-Hussain, wieder war der Schuss abgefälscht.

Die Syrer verstanden es nun, wieder etwas höher zu stehen und die Außen der Saudis durch die Flügelspieler im Mittelfeld sehr früh zu empfangen. Das Konzept war somit durchaus streng defensiv, weil die Syrer die Spielgestaltung der Saudis in dieser Phase aber sehr hoch störten, sah das nicht bedrückend defensiv auf, sondern durchaus kontrolliert. Und im Gegensatz zu den Jordaniern im Nachmittagsspiel war Syrien nun auch darauf bedacht, etwaige Konter fertig zu spielen. Zwar gelang ihnen selbst kein Tor mehr. Aber hinten ließen sie gegen die bis zum Schluss eher eindimensionalen Saudis auch keines mehr zu.

Fazit: Im Grunde haben sich die Saudis selbst geschlagen, mit ihrem sturen Beibehalten des 4-4-2 und den Problemen, die sich somit gegen einen defensiven Gegner mit einem Fünfermittelfeld ergeben. Höchsten Respekt aber vor den Syrern, die als objektiv deutlich schwächeres Team dank einer beherzten, disziplinierten und intelligenten Leistung einen durchaus nicht ganz unverdienten Sieg einfahren.

UPDATE: Für José Peseiro ist der Asien-Cup damit auch schon wieder vorbei – der Teamchef der Saudis wurde nach der peinlichen Niederlage umgehend entlassen. Es übernimmt (wieder einmal) Nasser Al-Johar, der schon zweimal saudischer Teamchef gewesen ist.

(phe)

]]>
https://ballverliebt.eu/2011/01/09/asiencup-tag-3-underdogs-auf-zack/feed/ 0