Prödl – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Sat, 13 Nov 2021 12:37:50 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 In memoriam Paul Gludovatz: Die Karrieren der 2007er-Halbfinalisten https://ballverliebt.eu/2021/11/13/in-memoriam-paul-gludovatz-die-karrieren-der-2007er-halbfinalisten/ https://ballverliebt.eu/2021/11/13/in-memoriam-paul-gludovatz-die-karrieren-der-2007er-halbfinalisten/#respond Sat, 13 Nov 2021 12:16:48 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17145 In memoriam Paul Gludovatz: Die Karrieren der 2007er-Halbfinalisten weiterlesen ]]> 14 Jahre ist es her, als mitten hinein in das tiefste Leistungsloch des österreichischen Fußballs in jüngerer Vergangenheit plötzlich eine Horde von 20-Jährigen mit aktivem Spaß-Fußball ins Halbfinale der U-20-WM stürmten. Trainer dieser Truppe, der „Generation Kanada“, war 2007 ein gewisse Paul Gludovatz. Der Burgenländer ist nun 75-jährig den Folgen einer Corona-Erkrankung erlegen.

Er kam nach seiner Zeit beim ÖFB zur SV Ried, die er einmal zum Cup-Sieger (2011) und zweimal zum Herbstmeister (2010/11 und 2011/12) machte, dazu führte er die Innviertler im Europacup beispielsweise zum Sieg über Brøndby. An seinem unüblichen 3-3-3-1-System scheiterten die heimischen Trainer reihenweise.

Auch einige der Spieler, die damals in Kanada mit dabei waren, setzten von dort aus zu einer großen Karriere an. Von Prödl, Junuzovic und Harnik über Suttner, Madl und Hinum bis hin zu Pirker, Enzenberger und Zaglmair: Das machten die Semifinalisten von 2007 seither – und das machen sie heute.

Die Nationalspieler

Sebastian Prödl (alle 7 Matches durchgespielt) war Kapitän der Truppe. Vom damaligen Sturm-Amateure-Trainer Franco Foda 2005/06 auch auf der Sechs eingesetzt, zog Foda Prödl im Frühjahr 2007 als Innenverteidiger ins Bundesliga-Team hoch, wo sich der große Kirchberger sofort durchsetzte. Auslands-Angebote lehnte er bis nach der Heim-EM 2008 – die er als Stammkraft absolvierte – ab, danach ging Prödl zu Bremen, wo er 2009 gleich ins Europacup-Finale kam. Nach sieben Jahren bei Werder (149 Bundesliga-Einsätze) zog es Prödl nach England zu Watford, wo er auch drei Jahre erste Wahl war (85 Premier-League-Spiele), 2016 absolvierte er seine zweite EM. Seit Sommer 2018 kam Prödl aber auch in Folge anhaltender Knieprobleme nur noch zu fünf Pflichtspiel-Einsätzen, ein Knochenmarksödem verhinderte Einsätze für Udinese Calcio, wohin er im Winter 2019/20 gewechselt ist.

Zlatko Junuzovic (6x von Beginn, 1x eingewechselt, Zehner). Schon anderthalb Jahre vor der WM debütierte Junuzovic, der bereits als 17-Jähriger für den GAK in der Bundesliga gespielt hatte, im Nationalteam, es sollten noch 54 weitere A-Einsätze folgen. Nach der WM folgten zwei Jahre in Kärnten, der Transfer zur Austria 2009 war schon überfällig. Ein halbes Jahr nach dem verpassten Titel 2011 ging Junuzovic zu Bremen, wo er sich sofort zurecht fand und nach Jahren auf der Austria-Außenbahn auch im Zentrum spielen durfte. Junuzovic war integraler Bestandteil des Koller’schen Pressing-Spiels, welches das Team zur EM 2016 bringen sollte. Nach sechseinhalb Jahren und knapp 200 Spielen für Werder wechselte Junuzovic 2018 zu Salzburg, wo er den Routinier in der jungen Truppe gibt und auf seine alten Tage nun auch ein paar Titel gewinnt. Erstaunlich: Obwohl seine Blessur im ersten Spiel die EM 2016 das ganze ÖFB-Team ins Verderben stürzte, war Junuzovic in seiner langen Karriere nie schwerer verletzt.

Martin Harnik (6x von Beginn, 1x eingewechselt, rechte Außenbahn). Der in Hamburg aufgewachsene Sohn eines Steirers spielte zwar niemals für einen österreichischen Klub, aber ab 2005 für den ÖFB. Zwei Wochen nach der WM debütierte er für die Kampfmannschaft von Werder Bremen, zwei weitere Wochen später für das Nationalteam – wo er sich gleich mit einem Tor einführte. Weil er in Bremen – damals ein echtes Spitzenteam – nie über eine Teilzeit-Rolle hinauskam, holte er sich 2009/10 ein Jahr Spielpraxis bei Düsseldorf und ging dann nach Stuttgart. Beim VfB erzielte er 68 Tore in sechs Jahren, nach dem Abstieg und der EM 2016, zu der er schon formschwach angereist war, folgten Stationen bei Hannover und Hamburg, ehe er im Sommer 2020 seine Profi-Karriere mangels konkreter Angebote im norddeutschen Raum, wo er mit Frau und zwei Kindern lebt, beendete und nun eher aus Gaudi bei Fünftligist Dassendorf kickt. Harnik ist Inhaber eines Fleisch-Geschäftes und Gesellschafter eines Partyartikel-Händlers und war zuletzt auch als Co-Kommentator bei DAZN im Einsatz.

Veli Kavlak (6x von Beginn, zentrales Mittelfeld), der jüngste im Kader, hatte bereits kurz nach seinem 16. Geburtstag in der Kampfmannschaft von Rapid debütiert und gehörte beim Titel 2008 zum Stammpersonal. Ein Wechsel in eine größere Liga – Interesse von Besiktas wurde kolportiert – scheiterte am Veto von Rapid, erst 2011 durfte Kavlak in die Türkei wechseln. Dort kam er in den folgenden vier Jahren zu über 100 Liga-Einsätzen, ehe die Schulter – die schon 2008 operiert werden hatte müssen – w.o. gab. Die Ursache wurde nie restlos geklärt – vermutet werden etwa eine Fehlstellung inklusive Bandscheibenvorfall im Halswirbel und Probleme mit Nervensträngen. Jedenfalls spielte Kavlak im Sommer 2014 das letzte seiner 31 Länderspiele und im März 2015 stand er zum letzten Mal in der Besiktas-Startformation. Offiziell beendet hat Kavlak seine Karriere nicht, aber da er nach mittlerweile neun Operationen immer noch mit seiner Schulter kämpft, ist eine Fortsetzung kaum noch denkbar.

Erwin Hoffer (4x von Beginn, 3x eingewechselt, Stürmer), denn alle stets Jimmy nannten, stammt aus dem Admira-Nachwuchs und kam ein Jahr vor der WM, bei der er drei Tore erzielte, zu Rapid. Dort bildete der schnelle Hoffer gemeinsam mit dem großen Stefan Maierhofer das gefürchtete Sturm-Duo „MaierHoffer“, das Rapid 2008 Meister wurde und 08/09 zusammen 50 Bundesliga-Tore erzielte. Der Wechsel zu Napoli 2009 war attraktiv, aber nach einem größtenteils auf der Tribüne des San Paolo verbrachten Jahr wurde er zu Kaiserslautern, Frankfurt und Düsseldorf verliehen, ehe er zu Karlsruhe transferiert wurde. Nach sieben Jahren in Deutschland (davon fünfeinhalb in der 2. Liga, insgesamt 37 Tore) zog es Hoffer 2017 nach Belgien und vor anderthalb Jahren wieder zurück zur Admira, wo seine zunehmenden Tempo-Defizite einen nachhaltigen Einfluss auf dem Feld leider verhindern. Das letzte seiner 28 Länderspiele (4 Tore) absolvierte Hoffer bereits 2012 – Marcel Koller berief ihn danach nicht mehr ein.

Rubin Okotie (4x von Beginn, 3x eingewechselt, Stürmer) hatte zunächst auch nach der WM, bei der er zwei Tore erzielt hat, bei Austria-Trainer Daxbacher einen schweren Stand, der Kinder-Fußball bei der WM habe schließlich nichts mit der österreichischen Bundesliga zu tun. Erst 2008 traute ihm Daxbacher die Stammformation zu, 2009 erlitt Okotie einen Knorpelschaden. Es folgten ein Jahr Verletzungspause und diverse Vereinswechsel ohne viele Einsätze, erst 2012/13 bei Sturm Graz sowie ab 2014 bei 1860 München kam er wieder zu regelmäßigen Matches und damit auch zum Nationalteam, wo er bis zur EM 2016 Back-up für Marc Janko war. Mit Zweitliga-Stationen in China und Belgien trudelte seine aktive Karriere aus, heute betreibt Okotie mit seiner Frau Vanessa ein veganes Restaurant in Wien-Alsergrund.

Markus Suttner (4x von Beginn, Außenverteidiger) bildete vor der WM bei den Austria-Amateuren die Viererkette mit Ulmer, Madl und Ramsebner; nach Kanada erging es ihm zunächst wie Klub-Kollege Okotie: Trainer Daxbacher traute ihm die Bundesliga noch nicht zu. Erst ab Spätherbst 2008 kam er zum Einsatz, dann dafür regelmäßig – und zwar für viele Jahre. Bis 2015 sammelte Suttner über 250 Spiele für die Austria, einen Bundesliga-Titel und er etablierte sich im Nationalteam (20 Länderspiele) als Back-up für Christian Fuchs. Es folgten zwei Saisonen als Stammkraft in der deutschen Bundesliga bei Ingolstadt und anderthalb als Teilzeit-Kraft in der Premier League bei Brighton, ehe er noch anderthalb Jahre bei Düsseldorf absolvierte. Seit 2020 ist Suttner (nach 76 Bundesliga- und 14 Premier-League-Spielen) zurück bei der Austria.

Michael Madl (6x von Beginn, Innenverteidiger) erging es bei der Austria wie Okotie und Suttner – geringgeschätzt vom eigenen Trainer. Darum ging er nach der WM für ein Jahr nach Innsbruck, um Spielpraxis zu sammeln, kehrte zur Austria zurück und war auch vor einer Knieverletzung im Winter selten erste Wahl. Zwei solide Jahre bei Wr. Neustadt brachten ihm einen Vertrag bei Sturm Graz ein, wo er wertgeschätzt und sogar zum Kapitän wurde. Im Winter 2015/16 wagte er den Sprung nach England, wo er bei Zweitligist Fulham ein halbes Jahr Stamm war, danach aber nur noch immer sporadischer Minuten bekam. So kehrte er nach zwei Jahren auf der Insel nach Österreich zurück, wo er seither bei der Austria spielt. Im ÖFB-Team kam Madl im Herbst 2016 zum einzigen Mal zum Zug. Im vergangenen Sommer hörte Madl auf.

Andreas Lukse (2x von Beginn, Torhüter) war gemeinsam mit Madl bei diesem Match gegen die Slowakei 2016 der letzte aus dem Kanada-Kader, der in einem A-Länderspiel mitwirken durfte. Lange hat es allerdings nicht so ausgesehen: Von einer Handvoll Einsätzen als Zweiergoalie bei Rapid im Herbst 2008 abgesehen, dauerte es bis Frühjahr 2015, ehe er nach diversen Stationen in 2. Liga und Regionalliga in Altach ein Bundesliga-Stammleiberl ergattern konnte – zumindest für zweieinhalb Jahre, ehe seine Schulter Probleme machte. Ins Altach-Tor kehrte er nicht mehr Vollzeit zurück, dafür ging er 2019 nach Nürnberg – wo er nicht nur, aber auch wegen Verletzungen im Oktober 2019 letztmals auf dem Platz stand. Seit Sommer ist er bei der Vienna.

Die langjährigen Bundesliga-Spieler

Thomas Hinum (6x von Beginn), aus St. Valentin stammend, kam 2006 von Regionalligist St. Florian zu Zweitligist Schwanenstadt, wo ihn Andi Heraf sofort zur Stammkradt machte – neben Kanada-Kollege Michael Stanislaw. Nach drei Jahren bei Austria Kärnten und einem auf der Rapid-Bank erlebte er als Stamm-Rechtsverteidiger von Paul Gludovatz‘ großem Ried-Team von 2011 bis 2014 die beste Zeit seiner Karriere. Es folgten je zwei Jahre beim LASK und bei Blau-Weiß Linz, seit zwei Jahren ist er bei Zweitligist Amstetten – wo der B-Lizenz-Coach nunmehr Co-Trainer ist. Hinum hat 156 Bundesliga-Matches und noch mehr Zweitliga-Spiele in den Beinen, zum A-Nationalteam hat es aber nicht gereicht.

Michael Stanislaw (6x von Beginn, defensives Mittelfeld) war auf der Sechs gesetzt. Nach seiner Jugend im Admira-Nachwuchs kam der in Leoben geborene und in Wien aufgewachsene Stanislaw 2006 zu Schwanenstadt, wo er prompt Zweitliga-Vizemeister wurde. 2008 zog er mit dem Klub nach Wr. Neustadt um, wo er bis zu seinem Abschied 2012. Es folgten Stationen in Ungarn und Horn, ehe ihm nach einem halben Jahr in Ritzing der Klub um die Ohren flog. Stanislaw, der auf 71 Bundesliga- und 107 Zweitligaspiele kam, kickt noch heute in der Burgenlandliga bei Bad Sauerbrunn.

Peter Hackmair (6x von Beginn, 1x eingewechselt, Mittelfeld) war in Kanada die erste Wahl auf der rechten Außenbahn, kam aber auch im Zentrum zum Einsatz. Der vom Attersee stammende Hackmair wurde in der Saison vor der WM unter Heli Kraft Stammspieler in Ried und als solcher Vizemeister, 2008 zog er sich mit einem Kreuzbandriss zu. Er kämpfte sich zurück, wie auch nach einem Leistenbruch 2009 und einem weiteren Kreuzbandriss 2010. Ein Knorpelschaden im Frühjahr 2012 bedeutete aber, dass er das letzte seiner 134 Bundesliga-Spiele (da bereits im Trikot von Wacker Innsbruck) schon im Alter von 24 Jahren absolvierte. Hackmair schrieb eine Autobiographie, bereiste die Welt, war zeitweilig auch TV-Experte und arbeitet nun als Unternehmensberater.

Tomas Simkovic (1x von Beginn, 1x eingewechselt, offensives Mittelfeld). Zweieinhalb Saisonen bei den Zweitliga-Amateuren, aber kein einziger Bundesliga-Einstz – ein halbes Jahr reichte es dem in Bratislava geborenen Offensiv-Spieler, er ging zu Schwanenstadt und machte den Umzug des Zweitligisten nach Wr. Neustadt auch mit. Dort trug er zum Aufstieg bei und nach anderthalb Bundesliga-Saisonen holte sich die Austria Simkovic als Junuzovic-Ersatz zurück. Simkovic wurde mit der Austria 2013 Meister, unter Stöger war er Stammkraft, Nachfolger Bjelica konnte mit Simkovic aber nichts anfangen – im Winter 2013/14 flüchtete er nach Kasachstan, wo er vier Jahre blieb. Es folgte ein Jahr in Litauen, danach wurde er in Lettland zweimal Vizemeister und einmal Cupsieger. Einer Rückkehr nach Österreich steht Simkovic offen gegenüber – aber nicht um jeden Preis.

Siegfried Rasswalder (6x von Beginn, Linksverteidiger) ist der einzige im 2007er-Kader, der aus dem einstmals gerühmten Leobener Nachwuchs kam. Nach 20 Bundesliga-Einsätzen und einem Abstieg mit dem LASK schien seine Karriere in der höchsten Liga aber auch schon wieder beendet zu sein. Es folgten zwei Regionalliga-Jahren in Horn und Klagenfurt und ein Transfer zum damaligen Zweitligisten Hartberg, Rasswalder blieb dem TSV auch nach dem Abstieg in die Drittklassigkeit treu – und wurde dafür mit dem Durchmarsch 2018 doch noch mit zwei Bundesliga-Jahren belohnt. Nach 214 Pflichtspielen für Hartberg, davon 37 in der Bundesliga, entschied sich Rasswalder 2020 für das Ende seiner Profi-Karriere und eine berufliche Zukunft als Lokführer und das Fußballspielen in seiner Heimat, beim Eisenbahnerklub in Knittelfeld.

Daniel Gramann (2x von Beginn, 2x eingewechselt, Innenverteidiger). Der WM-Back-up von Michael Madl wurde medial fast nur als Sohn des damaligen ÖFB-Pressechefs Wolfgang Gramann sowie vor allem als Neffe von Andi Herzog bekannt, was ihm gegenüber aber unfair ist. Er debütierte als 17-Jähriger für die Admira in der Bundesliga, nach einem Zweitliga-Jahr in Hartberg wurde Gramann Stammkraft in Altach, ehe ihn eine langwierige Zehenverletzung zurückwarf, auch nach dem Transfer zu Kärnten war er selten lange verletztungsfrei. So „fehlten die Entwicklungsschritte und ich blieb in der wichtigen Zeit stehen“, wie er gegenüber 90minuten sagte. Seit 2012 ist der 56-fache Bundesliga- und 26-fache Zweitliga-Spieler in Regional- und Landesligen unterwegs, heute ist Gramann Geschäftskundenberater bei Raiffeisen.

Die es nicht geschafft haben

Bartolomej Kuru (1x von Beginn, Torhüter) galt als großes Talent auf der Torhüter-Position, drei Zweitliga-Jahren als Nummer eins der stark besetzten Austria-Amateure steht aber nur ein einziger Bundesliga-Einsatz gegenüber, im bedeutungslosen letzten Spieltag 2007. Kurt Garger holte Kuru 2009 in die Slowakei – als dritten Keeper. Es folgen Stationen bei der Vienna (als Nr. 2) beim tschechischen Zweitligisten Bohemians Prag (als Nr. 3), in Parndorf (mit dem Abstieg in die Regionalliga) und St. Pölten (ohne jeglichen Startelf-Einsatz). Kuru stieg in der Folge mit Bruck/Leitha in die Regionalliga auf und war zwischendurch auch in Wr. Neustadt, aktuell ist er bei Neusiedl unter Vertrag.

Thomas Panny (4x von Beginn, Rechtsverteidiger) war der Pechvogel der WM in Kanada. Der Stamm-Rechtsverteidiger brach sich vor dem Halbfinale das Wadenbein – eine Verletzung, die seine junge Karriere de facto ruinierte. Kurz nach seinem 19. Geburtstag kam der Admiraner zu seiner Bundesliga-Premiere, wegen dem folgenden Abstieg und der Verletzung blieb es sein einziger BL-Einsatz. Nach der Verletzung wurde er von Schwadorf nicht übernommen, 2009 ging er zum FAC und er bekam einen Job bei der Berufsfeuerwehr – wo er auch heute noch arbeitet.

Thomas Pirker  (2x eingewechselt, Innenverteidiger) hatte sich im Frühjahr vor der WM in die Stammformation von Zweitligist FC Kärnten gespielt und kam in Kanada zweimal in der Schlussphase auf das Feld. In der Folge wurde er zu Bundesligist Austria Kärnten hochgezogen, zog sich aber sofort einen Bänderriss zu und kam nie mehr wirklich zum Zug. Via Vöcklabruck ging es zum WAC, ein Bandscheibenvorfall setzte ihn dort 2010 außer Gefecht. Pirker ist Sport- und Deutschlehrer an der Praxis-NMS Klagenfurt und trainiert auch deren Schülerliga-Team, selbst ist er immer noch unterklassig am Ball.

Bernhard Morgenthaler (3x von Beginn, 2x eingewechselt, linke Außenbahn) duchlief den Nachwuchs der Admira und wurde im Frühjahr 2006 Stammkraft, ist in den folgenden anderthalb Jahren aber aus der Bundesliga und dann auch noch aus der Ersten Liga abgestiegen – und sein geplanter Abgang zum GAK 2006 scheiterte am wasserdichten Admira-Vertrag. Nach der Fusion mit Schwadorf kam er weder bei Peischl noch bei Schachner zum Zug, 2009 ging er für ein Jahr in die Regionalliga zu Pasching. 2010 probierte er es noch einmal bei der Admira, aber ein Knorpelschaden sorgte wenig später de facto für das Ende der Profi-Karriere mit 25 Jahren. Es begann eine Karriere als Berufsfeuerwehrmann.

Ingo Enzenberger (1x eingewechselt, rechte Außenbahn) wurde fußballerisch in Salzburg ausgebildet und war Einwechselspieler, als die Red Bull Juniors 2007 unter Thorsten Fink Meister der Regionalliga West wurden. „Er hat selten gespielt, trotzdem ist er nachher beim Kreis der Spieler oft in der Mitte gestanden. Weil alle auf ihn gehört haben“, erklärte Co-Trainer Gerhard Schweitzer seine Rolle in einem OÖN-Interview. Nach der WM wechselte Enzenberger zur Altstar-Truppe von Schwadorf, wo er unter Bernd Krauss im Herbst noch regelmäßig spielte, unter Heinz Peischl im Frühjahr nicht mehr. Er kehrte zu den Jungbullen zurück, wo er 2008/09 Stammkraft unter Adi Hütter war, aber seine Dienste danach nicht mehr gefragt waren. Via Anif und Neumarkt kehrte Enzenberger in seine Heimat Gmunden zurück, er ist heute Projektmitarbeiter am Universitäts-Sportinstitut in Salzburg.

Michael Zaglmair (4x von Beginn, Torhüter) etablierte sich als Einser-Keeper in Kanada, er startete alle K.o.-Spiele. Der Mühlviertler wurde über Jahre als kommender LASK-Keeper aufgebaut, aber schon früh machte sein Knie ihm ein Strich durch diese Rechnung. Drei Jahre nach der WM und mit nur 24 Bundesliga-Einsätzen und ebenso vielen in anderthalb Jahren Regionalliga in Horn verschlug es Zaglmair der Liebe wegen nach Regensburg. Er arbeitet als Pressesprecher in der Regensburger Niederlassung des Reifenherstellers Continental.

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Das verrückteste Jahr der Premier League https://ballverliebt.eu/2016/05/21/premier-league-leicester-tottenham-arsenal-arnautovic-fuchs-chelsea/ https://ballverliebt.eu/2016/05/21/premier-league-leicester-tottenham-arsenal-arnautovic-fuchs-chelsea/#respond Sat, 21 May 2016 09:10:45 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12450 Das verrückteste Jahr der Premier League weiterlesen ]]> Leicester und Tottenham um den Titel, City und United machen sich den letzten CL-Platz aus, Chelsea versinkt in der Bedeutungslosigkeit, Newcastle steigt ab: Zugegeben, auch wir haben die abgelaufene Saison in der Premier League nicht ganz exakt vorausgesagt.

Dafür blicken wir nun ausführlich zurück auf die ungewöhnlichste Spielzeit, die Englands höchste Liga seit sehr langer Zeit gesehen hat: Jedes der 20 Teams wird unter die Lupe genommen, vom Sensations-Champion Leicester bis zum heillos überforderten Aston Villa.

pl (cup an united)

Der Sensations-Meister

Team Leicester„Wir spielen mit einem Drei-Mann-Zenturm: Drinkwater in der Mitte und N’Golo Kanté links und rechts von ihm“, meinte Steve Walsh, Scouting-Chef von Leicester City, nur halb im Scherz. In der Tat ist der Titel des krassen Außenseiters vor allem auf grandioses Scouting und Top-Transfers zu einem Spar-Preis zurück zu führen.

Nur zwei Teams in der Premier League hatten noch weniger Ballbesitz, gar nur eine brachte noch weniger eigene Pässe an den Mann. Aber: Die defensive Grundstruktur mit zwei Kanten in der Abwehr ein einem Kanté davor, kombiniert mit schnellen Umschaltspielern und einem eiskalten Vollstrecker in Jamie Vardy war leicht zu durchschauen, aber vor allem im Frühjahr fast unmöglich zu knacken.

Zudem wusste jeder Spieler um seine Rolle und hielt sich an das von Claudio Ranieri vorgegebene Konzept. Zudem spielte Leicester die Saison de facto mit nur zwölf Spielern durch: Die beiden Cup-Bewerbe schenkte man ab, international war man eh nicht dabei und Verletzungen gab es auch keine. Das Resultat: Die sicherlich größte Sensation im modernen Fußball, Leicester City als englischer Meister – und das schon zwei Spieltage vor Saisonschluss.

Hier geht’s übrigens zu unserem Leicester-Spezial-Podcast.

Die „Jäger“ aus North London

Team TottenhamBis zu einem recht dramatischen Kollaps in den letzten drei Spielen sah Tottenham wie der sichere Vizemeister aus. Ähnlich wie Leicester spielte Mauricio Pochettino mit einem sehr kleinen Kreis an Spielern, aber anders als die Foxes mit einer sehr hohen Abwehr, einem für englische Verhältnisse recht aggressiven Pressing. Und man profitiert auch davon, dass die relativ junge Mannschaft diesen Stil auch bis fast bis zum Schluss durchhielt.

Der offensiv denkende Achter Dembélé, die quirligen Außenspieler Alli und Lamela – eigentlich beides verkappte Zehner – dazu die belgische Beton-Innenverteidigung mit Vertonghen und Alderweireld (und mit Kevin Wimmer, der nicht abfiel, als der den monatelang verletzten Vertonghen vertrat), mit Lloris einen der Top-Goalies in der Liga: Pochettino wurde seinem schon in Southampton erworbenen Ruf, ein ausgezeichneter Entwickler von Spielern zu sein, weiterhin auch in Tottenham gerecht.

Auch, wenn man am Ende noch von Arsenal abgefangen wurde: Die Spurs legten die Basis dafür, auch in den kommenden Jahren ein ernsthaftes Wort um den Titel mitzureden – das Team ist mit 25,0 Jahren im Schnitt das jüngste aller Mannschaften im erweiterten Spitzenfeld.

Team ArsenalBei den Nachbarn der Spurs steht mit dem zweiten Platz nominell die beste Endplatzierung seit elf Jahren zu Bruche. Aber war diese Saison für Arsenal wirklich besser als die davor? Eher nicht: Wieder gab es einen vielversprechenden Start, wieder gab es den Rückfall in den Wintermonaten, und wieder war die Konkurrenz längst enteilt, als man wieder zurück in die Spur fand. Kurz: Die Gunners treten weiter auf der Stelle.

Dabei hätten sie mit Mesut Özil den mit sehr viel Abstand besten Assistgeber der Premier League in ihren Reihen, mit Alexis Sánchez eine unberechenbare Waffe auf der Außenbahn, routinierte und sichere Verteidiger in Koscielny und Mertesacker, einen Weltklasse-Keeper in Petr Cech – und doch hat es Arsenal wieder geschafft, am Griff nach dem Titel deutlich zu scheitern.

Arsenal zahlte einmal mehr den Preis dafür, zu viele Punkte gegen gute Teams liegen gelassen zu haben: In den acht Spielen gegen Tottenham, West Ham, Liverpool und Southampton gab es keinen einzigen Sieg, hinzu kamen zwei Niederlagen gegen Chelsea. Wie ein ambitionierter, aber ein wenig zu schwachbrüstiges Kind, das sich am Schulhof nicht so recht durchsetzen kann. Und wenn es dann noch Niederlagen gegen Swansea und West Brom gibt und Punktverluste gegen Sunderland und Norwich…

United disappointment in the City of Manchester

Team Man CityNatürlich muss man erst einmal so weit kommen. Aber die hoffnungslos desinteressierten Auftritte von Manchester City im CL-Halbfinale gegen Real Madrid repräsentieren weite Teile der Saison: Ohne Elan, ohne Vision, ohne Kampf und ohne Spielwitz ließen die meisten Spieler der Citizens diese Spielzeit über sich ergehen. Dass es dennoch für den vierten Platz reichte, spricht für das grundsätzliche individuelle Potenzial (und gegen die Konkurrenz).

Heimniederlagen gegen Leicester, Tottenham, Liverpool, West Ham und Man United unterstreichen, dass City in dieser Saison vor allem als Flat Track Bully auftrat – Kantersiege gegen Abstiegskandidaten und Kellerkinder, aber plan- und oft auch lustlos, wenn qualitiativ hochwertigere Gegner kamen. Vor allem Yaya Touré spielte oft demonstrativen Standfußball.

Natürlich: Es gab auch Verletzungssorgen. Kompany fiel oft und lange aus, aber die Vertreter Mangala und (vor allem) Otamendi waren nicht das Problem. Agüero mühte sich nach Kräften, war aber von seinen Hinterleuten Silva (unkonstant), Navas (oft untergetaucht) und Touré (eine Gemeinheit) alleine gelassen. Nur Kevin de Bruyne, der sich im Frühjahr zunehmend ins Team gespielt hat, brachte so etwas wie Schwung in das statische Spiel der Citizens.

Immerhin holte City den Ligacup, übertrieben unglücklich wird über das Ende der dreijährigen Amtszeit den spröden Manuel Pellegrini aber keiner sein. Mit Pep Guardiola wird kaum ein Stein auf dem anderen bleiben.

Team Man UtdAuch auf der anderen Seite von Manchester wird man diese Saison so schnell wie möglich vergessen wollen – und, wenn es geht, nur noch als das Jahr in Erinnerung behalten, in dem sich Marcus Rashford, Jesse Lingard und Cameron Borthwick-Jackson etabliert haben. Und ja, auch die Neuerwerbungen Schneiderlin und Martial spielten ein ansprechendes Jahr.

Natürlich war der Beinbruch von Luke Shaw am Saisonbeginn ein schwerer Schlag. Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass Memphis Depay ein Desaster war (nur drei Torbeteiligungen in der ganzen Saison, keine einzige mehr seit November); dass Bastian Schweinsteiger körperlich kaputt ist (was man ja üüüberhaupt nicht vorher wusste); dass Marouane Fellaini selten auch nur Drittliga-Niveau erreichte. Auch die seltsam passive Spielweise von Van Gaal muss man nicht zwingend verstehen. Ohne jedes Risiko ließ man in vielen Spielen vor allem gegen defensivere Gegner die Zeit verstreichen und speziell nominell weniger gute Teams haben selbst im einst so gefürchteten Old Trafford nicht mehr so furchtbar viel zu befürchten.

Immerhin gewann United gegen Liverpool (2x), Arsenal, City und Tottenham. Dafür gab es blamable Niederlagen gegen Bournemouth, Norwich, Sunderland, West Brom und Swansea; dazu gab’s das Champions-League-Aus gegen ein wirklich nicht überragendes Team aus Wolfsburg und eine Europacup-Niederlage beim FC Midtjylland.

So schaffte es United nicht einmal, ein im Dämmerschlaf vor sich hin siechendes City zu überholen und verpasst so zum zweiten Mal im dritten Post-Ferguson-Jahr die Champions League.

Das Rennen um europäische Restplätze

Team SouthamptonMauricio Pochettino hatte aus den Saints ein auf dem Papier nicht top-besetztes, aber absolut gutklassiges Premier-League-Team geformt. Auch das zweite Jahr unter Ronald Koeman verlief unter dieser Prämisse und es wäre sogar noch mehr drin gewesen als ein Europa-League-Platz. Hätte es nur diese Phase zwischen Mitte November und Neujahr nicht gegeben, als Southampton sechs der neun Spiele verloren hat.

Denn in der zweiten Saisonhälfte holte nur Leicester noch mehr Punkte als das Team von der Südküste, das im Saisonverlauf Arsenal (4:0 am Boxing Day), Tottenham, Liverpool, Chelsea und beide Klubs aus Manchester bezwingen konnte. Koeman zeigte sich systemflexibel (aus dem Grund-4-2-3-1 wurde immer wieder mal ein 4-4-2 oder eine Variante mit Dreierkette) und sein Team präsentierte sich als recht optimale Mischung aus Tempo, Übersicht und nötiger Härte.

Southampton zieht sich nach Ballverlust nicht sofort wieder zurück, sondern versucht oft, schnell die Kugel zurück zu gewinnen. Sind die Saints in der Defensive, verteidigen sie sehr kompakt und sie scheuen auch den schnellen Gegenzug nicht. Grundsätzlich aber will Koeman den Aufbau in die eigenen Hände nehmen. Diese Kombination macht Southampton recht vielseitig und für praktisch jedes Team äußerst ungut zu spielen. Und wohlgemerkt: In den letzten zwei Jahren hat der Klub Spieler im Wert von 150 Millionen Euro verloren (Schneiderlin, Clyne, Shaw, Lallana, Lovren). Bleibt das Team halbwegs zusammen, ist ihm auch weiterhin viel zuzutrauen.

Team West HamEinen weiteren Schritt nach vorne will auch West Ham machen, wenn der Klub ab Sommer statt im alten Boleyn Ground im adaptierten Olympiastadion spielen wird. Das starke Premieren-Jahr unter Slaven Bilic heizt natürlich die Erwartungen an, und es ist unmöglich, diese starke Saison nicht in ursächlichen Zusammenhang mit Dimitri Payet zu bringen.

Der Franzose, der von Marseille gekommen war, ist drittbester Tor-Assistgeber und zweitbester Torschuss-Vorlagengeber der Liga. Auch Manuel Lanzini spielte eine ansprechende erste Saison in einer echten Weltklasse-Liga, Bilic verglich den Argentinier bereits mit Luka Modric; und Kapitän Mark Noble ist sowieso seit vielen Jahren ein Premier-League-Fixpunkt.

Es gibt aber sehr wohl ein paar Sachen, die den Hammers noch zu einem echten Spitzenteam fehlen. Zum einen ein Stürmer, der konstant trifft (Carroll ist ein wenig zu eindimensional, Sakho bislang ein wenig zu oft verletzt); zum anderen muss an der Defensive noch gearbeitet werden – 51 Gegentore sind vermutlich um zehn zu viel, um ernsthaft um die CL-Plätze mitspielen zu können.

Team LiverpoolDie Euphorie bei West Ham ist vor dem Umzug jedenfalls riesig (52.000 Dauerkarten wurden für kommende Saison abgesetzt), spürbare Aufbruchstimmung herrscht trotz der verlorenen Endspiele in Europa League und Ligapokal auch bei Liverpool, seit Jürgen Klopp im Oktober das Zepter an der Anfield Road übernommen hat.

Das drückt sich zwar noch nicht in Ergebnissen aus (in einer „Klopp-Tabelle“ wäre Liverpool Siebenter) und es gab auch unter dem Deutschen deutlich zu viele Gegentore, aber schon nach wenigen Monaten ist ganz klar erkennbar, dass das Klopp’sche Gegenpressing diverse Gegner deutlich aus der Ruhe bringt. Die starken europäischen Auftritte gegen Manchester United, Borussia Dortmund und Villarreal zeigen, dass Liverpool deutlich auf dem Weg nach oben ist (vor allem verglichen mit den ambitionslosen Auftritten in der Saison davor unter Rodgers) und wenn man es hinbekommt, dass es in Zukunft weniger Verletzungen gibt (nur Newcastle hatte noch mehr Verletzte), kann das nur positiv sein.

Dennoch ist Liverpool natürlich Work in Progress und wird das auch noch bleiben. Auch in Klopps erste Saison mit Dortmund wurde ein Europacup-Platz verpasst und erst im dritten BVB-Jahr hatte Klopp endgültig die Mannschaft zusammen, die er sich vorstellte. Es wird auch in Liverpool noch einige Transferperioden dauern, bis die Mischung stimmt.

(Nicht ganz) zufrieden im Niemandsland

Team StokeSeine Teamkollegen wählten in zum Stoke-Spieler der Saison – ein deutliches Zeichen dafür, dass Marko Arnautovic mit seiner dritten Spielzeit im Britannia Stadium durchaus zufrieden sein kann.

Für seinen Klub war die Saison aber, gemessen an den Hoffnungen, eher eine Enttäuschung; die Potters klopften nur kurz an die internationalen Plätze an. Viel mehr als der neunte Rang war vermutlich nicht drin, angesichts der unzähligen Verletzungen, mit denen Stoke zu kämpfen hatte (Johnson drei Monate wegen des Knies, Adam drei Monate wegen der Wade, Muniesa zwickte lange der Oberschenkel, Afellay am Saisonende das Knie) und den ständigen Formschwankungen von Shaqiri, der sein Potenzial weiterhin nur ab und an mal abruft.

So bleibt eine anständige Saison von Arnautovic und eine großartige von Torhüter Jack Butland, der die EM zwar verletzt auslassen muss, über kurz oder lang aber Joe Hart durchaus aus dem Three-Lions-Tor spielen kann. Die Erwartungen an die kommende Saison sind hoch, aber auch die Teams davor sind eher im Aufwärtstrend.

Team SwanseaSo richtig glücklich kann auch Swansea mit der abgelaufenen Saison nicht sein. Die Einschätzung des Klubs im letzten Sommer, den Kader kaum zu verändern, stellte sich als Fehler heraus und Klublegende/Trainer Garry Monk wurde nach nur drei Siegen aus den ersten 15 Spielen, aber vielen besorgniserregend schlechten Leistungen entlassen.

Dass man nach einer fast einmonatigen Suche Francesco Guidolin aus dem walisischen Hut zauberte, überraschte jeden, stellte sich aber als sehr gute Entscheidung heraus. Der bärbeißige Nordiraliener mit 25 Jahren Trainer-Erfahrung in der Serie A schaffte es schnell, das Potenzial von Schlüsselspielern wie Gylfi Sigurdsson und Dédé Ayew herauszukitzeln. Die Leistungen der Defensive blieben zwar überwiegend ausbaufähig, aber vorne klappte es unter Guidolin deutlich besser als unter Monk – aus 0,9 Toren pro Spiel (Monk) wurden fast 1,5 Treffer pro Partie (Guidolin). So kletterte man langsam, aber sicher wieder nach oben, raus aus der Gefahrenzone.

Mehr als ein Durschnitts-Team ist Swansea von seinem Kader her nicht, zudem ist das Team tendenziell eines der älteren und ist ohne einer kräftigen Handvoll neuer, junger Spieler daher kaum entwicklungsfähig. Andererseits kennt Guidolin das ja aus Italien, zudem könnte eine Umstellung auf die von ihm traditionell präferierte Dreier-Abwehr neue Impulse bringen.

Team West BromEine weitgehend sorgenfreie Saison hat West Brom hinter sich, und weil man im Umfeld wusste, dass es nur darum geht, den Abstieg zu vermeiden, kann der Klub auch gut damit leben, nicht besonders aufregend zu sein. Im Gegenteil: Wo Tony Pulis draufsteht, ist Tony Pulis drin.

Kein Team in der Liga hat noch weniger Ballbesitz als West Brom. Kein Team in der Liga hat einen schlechteren Wert, was angekommene Pässe angeht (logisch, weil der übliche Passweg von Pulis-Teams gefühlt über 70 Meter geht). Nur der völlig überforderte Absteiger Aston Villa hat noch weniger Tore erzielt als West Brom. Aber: Es hat nur eine Mannschaft mehr Kopfballduelle gewonnen, nur die Europacup-Teilnehmer haben weniger Gegentore kassiert – und das, obwohl man die drittwenigsten Tackles in der ganzen Liga gebraucht hat und zudem zu jenen Teams gehört, die am wenigsten Fouls begehen.

Kurz: Es war eine Saison mit todlangweiligem und zuweilien primitiven Defensiv-Fußball, der aber seinen Zweck (nämlich den Klassenerhalt) erfüllt hat.

Ziemlich unzufrieden im Niemandsland

Team ChelseaDass ein Meister so kolossal zusammenbricht wie Chelsea in dieser Saison, ist sehr selten – aber es war die klassische Mourinho-Krankheit, die wie so sicher das Amen im Gebet im dritten Jahr von jeder seiner Amtszeiten auftritt. Die Stimmung kippte schon mit Mourinhos völlig überzogenen Verbal-Angriff auf Klub-Doc Eva Carneiro nach dem ersten Spieltag. Mit ihrer Kündigung verloren die Spieler einen vertrauensvollen Ansprechpartner und durch den komplett sinnlosen Ausbruch ihres Trainers damit das Vertrauen in diesen.

Guus Hiddink brachte ein wenig Ruhe in das Team, das zeitweise um die Abstiegsplätze herum spielte, aber mehr als ein sportlicher Konkursverwalter war der Holländer nicht. Ein kaputtes Team spielte eine anonyme Saison zu Ende, ohne wirkliche Höhepunkte. Im Wissen darum, keine Chance mehr auf einen Europacup-Startplatz zu haben, war einigen die Einstellung deutlich anzusehen, dass sie den Rest der Saison nur als lästiges Pflichtprogramm empfanden.

Bis auf Wuschelkopf Willian, der über weite Strecken eine recht ansprechende Saison spielte, geht niemand auch nur als gefühlter Sieger aus dieser Saison heraus. Die personelle Kontinuität, die im Kader über die letzten zehn Jahre herrschte, führte dazu, dass Chelsea nun eher über ein satte, gelangweilte und in Teilen überalterte Mannschaft verfügt, aber gleichzeitig den Anspruch hat, zumindest um den Titel mitzuspielen. Da kommt einiges an Arbeit auf Antonio Conte zu.

Team EvertonAuch bei Everton wird der Chef-Posten für die kommende Saison neu besetzt. Roberto Martinez konnte in seinen drei Jahren im Goodison Park die hohen Erwartungen nicht nachhaltig erfüllen (nach einem starken fünften Platz folgten zwei elfte).

Vor allem defensiv krankte das Spiel der Toffees. Nur ein Team in der Liga fing weniger Pässe ab als Everton (Absteiger Norwich), nur zwei Teams ließen noch mehr Torschüsse zu. Vor allem daheim agierte Everton zumeist ziemlich frustrierend: Nie holte der Klub weniger Punkte aus Heimspielen.

Außerdem wurden noch 18 Punkte nach einer Führung hergegeben. Die talentierte Offensiv-Abteilung spielte zwar eine ansprechende Saison, der es aber an der Konstanz fehlt, um auch das Maximum aus den Möglichkeiten heraus zu holen. Zudem kommt Gareth Barry, der (wenn fit) den Laden im Zentrum zusammen halten kann, langsam in ein Alter, in dem er immer langsamer wird.

Dieser Sommer wird sehr entscheidend für die Frage, wie es mit Everton in den nächsten Jahren weiter geht.

Team PalaceGenau das trifft auch auf Crystal Palace zu. Seit dem Jahreswechsel konnte man nur noch zwei Spiele gewinnen, krachte somit von Platz fünf bis kurz vor den Abstiegskampf hinunter. Das Besorgniserregende daran: Diese Entwicklung bestätigt ein Muster, das bei Trainer Alan Pardew immer vorkommt – sein Image als ganz schlechter Krisenmanager erhielt in diesen letzten paar Monaten weitere Nahrung.

Natürlich war es nicht gerade hilfreich, dass Mittelfeld-Mann James McArthur weite Strecken der zweiten Saisonhälfte mit einer Knöchelverletzung aussetzen musste. Auch der quirlige Bolasie, der talentierte Wickham und der routinierte Puncheon blieben nicht von Verletzungen verschont. So kam es, dass den Eagles vor allem das Toreschießen ausnehmend schwer fiel – in 14 Spielen blieb Palace torlos, einmal sogar fünf Matches hintereinander.

So steht Palace nach diesem katastrophalen Frühjahr an einem Scheideweg: Gelingt es, den Trend aus den Jahren davor wieder aufzunehmen und sich im Mittelfeld zu etablieren, oder geht es wieder in Richtung Abstiegskampf?

Aufsteiger mit völlig konträren Plänen

Team WatfordWatford sorgte letzten Sommer für Aufsehen, alt man bis auf fünf Spieler den kompletten Aufstiegskader austauschte – nur Gomes, Cathcart, Abdi, Ighalo und Deeney überlebten den radikalen Schnitt, auch Trainer Slavisa Jokanovic fiel dem totalen Umbau von Klubbesitzer Gino Pozzo zum Opfer.

Der völlig neue Kader in Kombination mit dem neuen Coach Quique Sánchez Flores (der 2010 mit Atlético Madrid die Europa League gewonnen hat) funktionierte erstaunlich schnell erstaunlich gut, am Boxing Day lag man punktgleich mit Man United auf Rang sieben. Dann aber ging’s abwärts: In der zweiten Saisonhälfte waren nur zwei Teams schlechter.

Hierzulande beschränkte sich das Interesse an Watford auf die Frage, ob Prödl spielt oder nicht (Antwort: Prödl spielte eher gegen Teams mit schnellen Stürmern, weil er das Spiel defensiv besser lesen kann und bessere Übersicht hat; Britos eher gegen Teams mit Strafraumstürmern, weil er zweikampfstärker ist). Generell fiel aber auf, dass die Spielanlage von Watford gar nicht so unähnlich zu jener von Sánchez‘ einstigem Atlético-Team: Ein 4-4-2 mit einem phsyisch starken (Deeney bzw. Forlán) und einem schnellen Stürmer (Ighalo bzw. Agüero), mit zwei Spielmachern auf den Außen (Abdi/Jurado bzw. Reyes/Simao), mit einem Tackler und Umschaltspieler (Capoué bzw. Assuncao) im Zentrum.

Es war auch diese Vorhersehbarkeit, die Watford im Frühjahr zurückfallen ließ. Es steht zu vermuten, dass in der neuen Saison wieder alles so ganz neu sein wird wie es zu Beginn dieser Saison war. Trainer wird Walter Mazzarri sein, der Napoli dorthin führte, wo der Klub jetzt ist (nämlich in die Serie-A-Spitzengruppe).

Team BournemouthDen genau anderen Weg wie Watford ging Mitaufsteiger Bournemouth. Von der Stamm-Formation der Aufstiegssaison waren acht Mann auch in der Premier League Stamm: Die komplette Vierer-Abwehr und grundsätzlich auch das komplette Vierer-Mittelfeld (aus dem nur Harry Arter verletzungsbedingt Dan Gosling Platz machen musste), auch Goalie Boruc war letzte Saison schon da. Und hätte sich nicht Stürmer Callum Wilson im September das Kreuzband gerissen, würde auch er zu dieser Kategorie dazuzählen.

Außerdem ging der als heißester Abstiegskandidat geltende Klub nicht von seiner vorwärtsgerichteten Spielanlage ab, die unter der Regie von Eddie Howe den erstmaligen Premier-League-Aufstieg gebracht hat. Das wurde zuweilen als etwas arg naiv gescholten und brachte auch die eine oder andere derbe Niederlage (1:5 und 0:4 gegen Man City, 1:4 gegen Tottenham). Andererseits aber sorgte der Umstand, das man sich selbst treu blieb, für gleichbleibendes Selbstverständnis im No-Name-Kader und damit auch für einige Achtungserfolge – wie die Siege gegen Man United und Chelsea im Dezember, die nach einer harzigen Phase auch das nötige Selbstvertrauen zurück brachten.

Am Ende steht für das südlichste Team der Liga der Klassenerhalt zu Buche, der deutlich souveräner war, als man sich das erwarten durfte. Klar ist aber auch: Dem Kader fehlt es sehr wohl an Tiefe und auch an der nötigen Klasse, um sich in dieser Form auf längere Sicht in der Premier League etablieren zu können. Da es in Bournemouth in erster Linie auf die mannschaftliche Geschlossenheit ankommt, müssen Neuankömmlinge aber nicht noch sportlich, sondern noch viel mehr auch menschlich in das bestehende Gefüge hinein passen.

Abstiegs-Infight mit Nord-Schlagseite

In der TV-Serie „Game of Thrones“ gehört der Name der Familie Stark untrennbar zum Norden. In der Premier League waren die beiden Klubs aus dem Norden Englands in dieser Saison vieles. Aber stark waren sie nicht.

TeamSunderlandDie Black Cats aus Sunderland haben es am Ende geschafft, sich noch irgendwie in der Premier League zu halten. Dabei sah es (wieder einmal) lange so aus, als stünde der Abstieg gefühlt schon im Dezember fest.  Nur widerwillig hatte sich Dick Advocaat, der die letztjährige Rettung vollzogen hatte, im Sommer zum Weitermachen überreden, aber nach drei Punkten aus den ersten acht Spielen bei gleichzeitig oft horrender Überforderung war der Holländer doch weg.

Signifikant besser wurde es unter Sam Allardyce zwar erst einmal nicht, aber der erdige Brummbär mit der Vorliebe für große Sprüche vermittelte anders als Advocaat zumindest den Eindruck, als sei ihm das Schicksal seines Teams nicht völlig egal. Die entscheidende Phase für Sunderland war aber das Jänner-Transferfenster, in das man als Vorletzter mit sieben Punkten Rückstand auf das rettende Ufer gegangen ist.

Mit drei Neuzugängen nämlich änderte sich für Sunderland fast alles: Innenverteidiger Koné von Nizza, Sechser Kirchhoff von der Tribüne des FC Bayern und Außenstürmer Khazri von Bordeaux. In der zweiten Saisonhälfte ging die Anzahl der Gegentore dramatisch nach unten (von 2,0 pro Spiel auf 1,3), die der erzielten Treffer deutlich nach oben (von 1,0 pro Spiel auf 1,6). Mit der deutlich besser ausbalancierten Mannschaft hinter ihm klickte es auch bei Sturmspitze Jermain Defoe wieder.

Team NewcastleWenn Sunderland gezeigt hat, wie viel man mit nur drei richtigen Transfers erreichen kann, hat der Nachbar aus Newcastle gezeigt, wie viel man mit ziemlich vielen reichlich sinnlosen Transfers zerstören kann. Mark Ashley warf vor der Saison 70 Millionen Euro für Wijnaldum, Mitrovic, Thauvin und Mbemba auf den Markt; im Winter weitere knapp 40 Millionen für Shelvey, Townsend und Saivet.

Thauvin floppte furchtbar und flüchtete schon im Winter zurück nach Marseille, Mitrovic brauchte zu viele Chancen. Shelvey war defensiv durchlässig und offensiv zu harmlos. Townsend hat gezeigt, dass er eine passable Alternative ist, aber mehr auch nicht. Und Saivet kostete sechs Millionen für vier Einsätze. Von all den fancy Neueinkäufen konnten nur zwei überzeugen (Wijnaldum und Mbemba).

Dafür musste Moussa Sissoko out of position spielen und steuerte auf der ungeliebten Außenposition genau null Tore (und auch nur fünf Assists) bei. Der alte Coloccini ist zunehmend überfordert, Janmaat kaum mehr als biederer Durchschnitt und Dummett ist der unproduktivste Außenverteidiger der Premier League überhaupt (kein Witz).

Kurz: Der völlig ohne jeglichen Plan und rein nach Namen zusammen gestellte Kader passte hinten und vorne nicht zusammen, ligaweit hatte kein Team noch mehr Verletzungspech und Zauderer Steve McClaren war dann auch noch der falsche Trainer, um so einen disfuktionalen Haufen zu einer auch nur halbwegs funktionierenden Einheit zu machen. Es ist nur Goalie Rob Elliot zu verdanken (der den verletzten Tim Krul vertrat), dass die Magpies nicht schon längst verloren waren, als man sich im März doch durchringen konnte, McClaren zu entlassen.

In den Spielen unter Rafa Benitez war Newcastle das neuntbeste Team der Liga, in den letzten sechs Partien blieb man ungeschlagen, aber es war angesichts der steigenden Form von Sunderland zu spät. Sechs Jahre nach dem letzten Abstieg geht es wieder runter. Damals schaffte man den sofortigen Wiederaufstieg.

Team NorwichExperten für Wiederaufstiege sind die Canaries aus Norwich. Der Fahrstuhl-Klub von der Ostküste hat in den letzten zwölf Jahren vier Abstiege und ebenso viele Aufstiege erlebt. Dass es nun nach einem Jahr in der Premier League wieder runter geht, ist also fast schon Normalität.

Norwich startete ganz okay und hielt sich über die meiste Zeit der Saison knapp oberhalb der Abstiegsplätze auf, konnte sich aber nie wirklich absetzen und rutschte gegen Ende der Saison zusehends ab und konnte nicht mehr entgegen steuern. Die 67 Gegentore sind schon nicht besonders gut (was auch mit der Verletzung von Timm Klose zu tun haben mag), das eigentliche Problem von Norwich war aber eher am anderen Ende des Platzes zu finden. Der als unkonstant und launisch bekannte Mbokani war noch der am wenigsten schlechte Stürmer, die anderen (Jerome, Naismith und Bamford) zeigten nicht einmal annähernd Tauglichkeit für die Premier League.

Und so war es den Grün-Gelben auch nicht möglich, auf die am Saisonende steigende Form von Newcastle und vor allem Sunderland angemessen zu reagieren. Fünf der letzten sechs Spiele wurden verloren, gefühlt war nach dem kläglichen 0:3 daheim gegen Sunderland am fünftletzten Spieltag alles verloren.

Was lange siecht…

Team Aston VillaDie Plätze 16, 15 und 17 in den letzten drei Jahren. Vergangenen Sommer  Vlaar (aufgehört), Benteke (weggekauft), Delph (trotz anderslautender Versprechungen zu Man City abgehauen), Tom Cleverley (Ende der Leihe) und Andi Weimann (in die 2. Liga verkauft) verloren. Und dann auch noch Tim Sherwood als Trainer…

Schon vor Saisonstart war Aston Villa einer der ganz, ganz heißen Kandidaten auf einen Abstieg. Dass der Meistercup-Sieger von 1982 in dieser Saison aber so dermaßen schlecht sein würde, dass selbst doppelt so viele Punkte noch immer den letzten Platz bedeutet hätten, haben selbst Pessimisten nicht erwartet.

Nach dem Sieg zum Auftakt gegen Bournemouth folgten in den nächsten 19 Spielen satte 14 Niederlagen und kein einziger voller Erfolg. Remi Garde, der Ende Oktober für den heillos überforderten „Tactics Tim“ Sherwood (0,4 Punkte pro Spiel) übernahm, brachte auch keine nennenswerte Verbesserung (0,6 Punkte pro Spiel). Aber die leidgeprüften Fans des Traditionsklubs haben vor allem Owner Randy Lerner im Visier. In den letzten paar Jahren ging es mit dem Klub, der an die CL-Plätze anklopfte, stetig bergab – und Lerner machte nie den Eindruck, als wolle er den Abwärtstrend stoppen.

Fünfmal verlor Villa in dieser Saison mit vier Toren oder mehr Differenz und die wenigen Spieler, die zumindest in der Vergangenheit mal Klasse gezeigt haben (Agbonlahor und Lescott vor allem, aber auch Richards) wirkten zumeist gleichgültig bis ignorant.

Lerner hat den Klub nun für lächerliche 60 Millionen Pfund an den chinesischen Geschäftsmann Tony Xia verkauft und dieser hat hochtrabende Pläne (Champions-League-Titel in zehn Jahren, man kennt sowas ja). Realistischerweise aber steht nun ein kopletter Neustart an und in der Championship hatten schon wesentlich besser aufgestellte Klubs große Probleme. Anders gesagt: Wenn nicht sehr schnell einige sehr entscheidende Dinge in eine sehr gute Richtung gelenkt werden, kann es auch ganz schnell in die Drittklassigkeit gehen.

Fazit: Ein unterhaltsames Chaos-Jahr

Selten gab eine Premier-League-Saison so viele Geschichten her wie diesmal: Leicsters Siegeszug, Chelseas freier Fall, die wachsende Ablehnung von Van Gaal, der Klopp-Hype in Liverpool, und und und. Der gezeigte Fußball war nicht immer großartig und an der Spitze hinkt die Premier League dem spanischen Top-Trio und den beiden deutschen Titelkandidaten deutlich hinterher – in der Breite aber ist keine große europäische Liga so ausgeglichen.

Das liegt natürlich daran, dass selbst Abstiegskandidaten in der Premier League zum Teil deutlich mehr Geld zur Verfügung haben wie etwa Klubs aus der erweiterten Bundesliga-Spitze. Gerade jene Vereine, die diese Möglichkeiten intelligent nützen (wie Leicester, Southampton und West Ham) und nicht blindwütig einfach irgendwen kaufen (wie Newcastle), schließen zu den Top-Klubs auf.

Diese wiederum haben zwar oft breitere Kader, die aber oft entweder falsch eingesetzt werden (Man Utd), in Selbstzufriedenheit versinken (Man City, Chelsea) oder in sich einfach nicht zusammen passen. So hat diese Saison eindeutig gezeigt, dass auch in der Premier League eine stingente Strategie (Foxes, Spurs, Saints) die reine individuelle Klasse immer öfter aussticht.

Das heißt: Man kann durchaus davon ausgehen, dass es auch in der kommenden Saison in der Premier League einige Überraschungen geben wird.

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Dominanz auf Flügeln und im Zentrum: Raúl führt Schalke zu 5:0 über Bremen https://ballverliebt.eu/2011/12/17/dominanz-auf-flugeln-und-im-zentrum-raul-fuhrt-schalke-zu-50-uber-bremen/ https://ballverliebt.eu/2011/12/17/dominanz-auf-flugeln-und-im-zentrum-raul-fuhrt-schalke-zu-50-uber-bremen/#comments Sat, 17 Dec 2011 21:45:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6235 Dominanz auf Flügeln und im Zentrum: Raúl führt Schalke zu 5:0 über Bremen weiterlesen ]]> An guten Tagen ist Bremen für jeden Gegner unangenehm. Allerdings macht Schaafs Fixiertheit auf sein 4-4-2 mit Raute Werder auch sehr berechenbar – Schalke nützte das mit flinkem Flügelspiel und einem aus dem Mittelfeld kommenden Raúl in absoluter Gala-Form nach Strich und Faden aus. Der Endstand von 5:0 ist auf keinen Fall zu hoch. 

FC Schalke 04 - Werder Bremen 5:0

Werder-Coach Thomas Schaaf gingen die Außenverteidiger aus, so musste der gelernte Innenverteidiger Sebastian Prödl auf der rechten Außenbahn ran – ein riesiger Nachteil für Werder, weil in Schaafs traditionellem System mit Mittelfeld-Raute die Außenverteidiger praktisch als Einzige wirklich für Breite sorgen. Hier war Bremen gegen Schalke aber auf beiden Seiten massiv zu schwach – ein Hauptgrund für die drückende Dominanz, die Schalke über insgesamt 80 Minuten dieses Spiels ausübte.

Raúl war überall

Raúl war überall zu finden

Aber auch im Zentrum hatte Werder dem Gegner nichts entgegen zu setzen. Vor allem Raúl tauchte überall auf, arbeitete viel, ließ sich oft sehr weit zurückfallen und sorgte so für Chaos in der defensiven Organisation im Bremer Mittelfeld. Raúl provozierte durch sein breit gefächertes Stellungsspiel permanent Lücken und presste auch vor allem gegen Naldo, um eine Spieleröffnung zu verhindern und sich früh den Ball zu erkämpfen. Erarbeitete so sich und seinen Mitspielern Raum und überforderte die Raute im Werder-Mittelfeld.

In diesen Raum stieß vor allem Teemu Pukki. Der Finne, der sich immer besser in der Bundesliga zurecht findet, spielte zwischen dem recht tief agierenden Raúl und Sturmspitze Huntelaar. Auch er machte viele Meter und versuchte, immer anspielbar zu sein und mit seinem Tempo zusätzliche Löcher in den Deckungs-Verbund der Bremer zu reißen.

Das Spiel über die Flügel

Das Bremer Mittelfeld-Trio – Trinks ging nur zögerlich zurück, war nach vorne komplett blass und generell überfordert – war dadurch zu permanentem Verschieben gezwungen, um die Mitte dicht zu halten, was wiederum dem Schalker Flügelspiel sehr zuträglich war. Denn so standen die Außenverteidiger praktisch alleine da und vor allem Fuchs randalierte nach vorne, dass es nur so eine Freude war. Natürlich auch deshalb, weil Schalke mit der Hilfe von Jurado (mit Fuchs) und Höger (mit Höwedes) eine permanente 2-auf-1-Überzahl auf den Flanken hatte.

Mit seinem Vorwärtsdrang und dem ständigen Bemühen, das Spiel breit nach vorne zu bringen, gab vor allem Fuchs seinem Landsmann Prödl Anschauungsunterricht. Der Bremer suchte nämlich praktisch nie den schnellen Weg an die gegnerische Grundlinie, spielte die Bälle zumeist aus dem Stand wieder zurück ins Zentrum; seine Flanken landeten zumeist im Nichts. Fuchs hingegen überlief sein Gegenüber permanent, schlug die Flanken aus vollem Lauf und bewies noch dazu Übersicht und Ballgefühl, wie beim Heber zur Raúl vor dem 2:0.

Die die drückende Dominanz, das hochgehaltene Tempo, die Breite im Spiel und die Unberechenbarkeit von Raúl provozierte Schalke immer wieder Fehler in der ohnehin nicht für ihre Undurchlässigkeit bekannten Abwehr Fehler. Sei es durch hanebüchenes Verteidigen bei Standards wie beim 1:0 oder durch einen simplen Pass über die Innenverteidiger wie beim 2:0 (wiewohl das aus Abseitsposition fiel), bei Pukkis Schuss Zentimeter am Tor vorbei, oder bei Huntelaars Chance kurz davor und seinem Schuss unmittelbar vor der Pause. Das 2:0 zur Pause drückte den Grad der Schalker Überlegenheit nicht einmal annähernd aus.

Problemfelder bei Bremen? Überall.

Bei Werder strotzte das Spiel nur so vor Problemfelder. Die Passivität auf den Flügeln wurde schon angesprochen. Die Innenverteidigung mit Naldo und Wolf hatten mit der Tatsache, dass Raúl nie zu fassen war und Pukki viel aus der Etappe kam überhaupt nicht zurecht. Die drei hinteren Spieler in der Raute fanden sich immer einer Unterzahl entgegen – Bargfrede mit Raúl und Pukki, Fritz mit Jurado und Fuchs, Ignjovski mit Höger und Höwedes. Somit hing der 19-jährige Trinks auf der Zehn komplett in der Luft und mit ihm Rosenberg ganz vorne. Lediglich Pizarro war sich nicht zu schade, sich auch fallen zu lassen und zu helfen bzw. sich selbst die Bälle zu erobern.

Schaaf mischte in der Pause seine Mannschaft durch: Ignjovski besetzte statt des in der Kabine gebliebenen Prödl die RV-Position, Trinks ging von der Zehn auf die Ignjovski-Position und der eingewechselte Arnautovic übernahm die Zehn. Zusätzlich rückte die Abwehr mehr auf, der Raum für die Schalke wurde enger und die Bremer kamen dadurch etwas besser ins Spiel. Sie hatten durch Rosenberg sogar die Chance auf den Anschlusstreffer.

Schalke macht den Sack zu

Die Hausherren sahen sich das 10 Minuten an, drückten dann aber wieder auf’s Tempo. Und fast logischerweise war das 3:0, die endgültige Entscheidung, eine Co-Produktion von Raúl und Fuchs. Der Spanier legte aus dem Mittelkreis zum Österreicher quer, der ging unbedrängt nach vorne, flankte – und in der Mitte stand Raúl und versenkte sein drittes Tor an diesem Abend.

Spätestens damit wurden Schaafs Änderungen für die zweite Halbzeit zur Kosmetik zurückgestuft: Ignjovski war um keinen Deut besser als Prödl, es fehlte weiterhin an der Breite in der extrem engen und eindimensionalen Spielanlage von Werder, das defensive Mittelfeld hielt auch in neuer Besetzung nicht stand und die Innenverteidigung blieb ein ständiger Unsicherheitsfaktor. Schalke hatte keine Mühe, sogar noch auf 5:0 zu erhöhen. Einem Endstand, der auf keinen Fall zu hoch ist.

Fazit: Wieso auf Schalke und nicht in Salzburg, Mijnheer Stevens?

In österreichischen Beobachtern muss diese von A bis Z durchdachte, dominant vorgetragene und von ungeheurem Vorwärtsdrang geprägte Vorstellung unweigerlich die Frage aufwerfen, warum Huub Stevens mit Schalke solche Partien am laufenden Band abliefert. Schließlich war seine Zeit bei Salzburg vom genauen Gegenteil geprägt: Defensive Grundausrichtung trotz überlegenen Kaders, die Aufstellung von Innenverteidigern auf den Außenbahnen, kein Pressing, mitunter nicht mal ein erkennbarer Matchplan und immer mal wieder auch äußerst seltsame Wechsel – all das schön vereint etwa in der Europa League gegen Lech Posen.

Wenn man sieht, wie sich vor allem Raúl für die Mannschaft förmlich zerreißt, wie er das Bad in der Menge nach seinen Toren genießt, was er für Wege geht (11 Kilometer in diesem Match, nur Höger spulte noch mehr ab), fällt es schwer zu glauben, dass sich nicht eine Lösung für das finanzielle Dilemma finden ließe, in das Schalke mit ihm im Winter kommt – denn die Millionen-Gage des Spaniers zahlte bislang Real, doch dieses Agreement läuft mit Ende des Jahres aus.

Schalke war in jedem Mannschaftsteil klar besser – vom bemitleidenswerten Geburtsagskind Tim Wiese, der 30 Jahre alt wurde, einmal abgesehen. Er verhinderte eine noch höhere Niederlage, während man den unbeschäftigten Lars Unnerstall schlicht nicht bewerten kann. Bremen fehlte es an der Breite an den Flügeln, am Tempo im Zentrum, an der Übersicht in der Abwehr, kurz, an allem. Das 4-4-2 mit Raute verlangt Breite von den Außenverteidigern, diese waren aber Totalausfälle. Das ist einfach nicht kompensierbar, und so steht nach dem 0:5 in Mönchengladbach und dem 1:4 bei den Bayern nun das dritte derbe Auswärts-Debakel in Serie zu Buche.

Während Schalke in dieser Form ein sicherer Kandidat zumindest für den Champions-League-Fixplatz, also für die Top-3 ist.

(phe)

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Ballverliebt Classics: Drei Wochen im Juli https://ballverliebt.eu/2011/07/27/ballverliebt-classics-drei-wochen-im-juli/ https://ballverliebt.eu/2011/07/27/ballverliebt-classics-drei-wochen-im-juli/#comments Wed, 27 Jul 2011 21:24:08 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5427 Ballverliebt Classics: Drei Wochen im Juli weiterlesen ]]> Es war der größte Erfolg einer österreichischen Auswahlmannschaft seit 1954 – der Semifinal-Einzug der U20 bei der Weltmeisterschaft 2007 in Kanada – der ein Jahr vor der Heim-EM die Hoffnung belebte. Und tatsächlich sind viele aus der damaligen Mannschaft aus der rot-weiß-roten Fußball-Landschaft nicht mehr wegzudenken.

Stammformation des ÖFB-Teams in Kanada 2007

Zur Einstimmung knallte die von Teamchef Paul Gludovatz und Co Gerhard Schweitzer trainierte Mannschaft ausgerechnet Ried in einem Testspiel mit 6:1 vom Platz. Nachdem der Semifinal-Einzug bei der U19-EM in Polen im Jahr davor die Teilnahme fixiert hatte, ging es ambitioniert, aber ohne übertriebene Erwartungshaltung nach Nordamerika. In einer Gruppe mit Geheimfavorit Chile, Gastgeber Kanada – und Afrikameister Congo.

Gemischte Gefühle nach dem Auftakt

Österreich - Kongo 1:1

Gegen die Afrikaner schickte Gludovatz gleich jene Formation aufs Feld von Edmonton, die auch den Grundstock des weiteren Turnierverlaufs bestreiten sollte. Ein 4-2-3-1 mit Kapitän Prödl und Madl hinten, Panny und Raswalder auf den Seiten, Stanislaw als Sechser, Kavlak als Achter, Junuzovic als Zehner, Harnik auf dem rechten und Hackmair auf dem linken Flügel – und einer Solospitze. Und Jimmy Hoffer setzte mit seinem Tor in der 7. Minute auch gleich den Ton für den weiteren Turnierverlauf

Vor allem der Schachzug, Veli Kavlak hinter Junuzovic aus der Tiefe kommen zu lassen, sollte sich im Turnierverlauf als Goldgriff erweisen. Delvin Ndinga, heute beim AJ Auxerre einer der teuersten Sechser der französischen Liga, war nicht der letzte, der mit den beiden Probleme bekam. Das ÖFB-Team schnürte den Gegner massiv in dessen Hälfte ein.

Dennoch war man im rot-weiß-roten Lager nach dem Auftakt enttäuscht: Ibara – der vor allem nach der Pause immer wieder gut den Platz hinter Harnik nützte – sorgte nach einer Stunde per Strafstoß für den Ausgleich zum 1:1, den körperliche Rückfall nach der Pause erklärte Gludovatz mit fehlenden Möglichkeiten in der Vorbereitung: „Man sieht, dass zwei Kurzlehrgänge da nicht reichen!“

Dennoch hätte es noch den Sieg geben müssen: Erst wurde ein Foul an Hoffer nicht mit dem fälligen Elfmeter geahndet, in der Nachspielzeit schafften es drei alleine auf das Tor zustürmende Österreicher nicht, den Ball im Kasten unterzubringen – zumindest nicht, ehe der Referee ein Foul am Torwart gegeben hatte.

Als Zweiter ins Achtelfinale

Weil der Gastgeber im Parallelspiel gegen Chile mit 0:3 chancenlos war, stand er im Spiel gegen Österreich schon mächtig unter Druck. Das ÖFB-Team seinerseits wusste aber: Mit einem Sieg sähe es für das Achtelfinale schon sehr gut aus. Paul Gludovatz stellte für dieses Spiel um: Er ließ – zum einzigen Mal im ganzen Turnier – vorne Hoffer und Okotie gemeinsam starten, dafür wurde im Mittelfeld Harnik geopfert, Kavlak auf die rechte Seite gestellt und mit Stanislaw gab’s nur einen Sechser.

Österreich - Kanada 1:0

Es wurde eine Hitzeschlacht, in der die Österreicher schnell das Kommando übernahmen, gegen den mit dem Rücken zur Wand stehenden Gastgeber gelang es aber zunächst nicht, diese Überlegenheit auch in Tore umzumünzen. Erst unmittelbar nach der Pause wurde Asmir Begovic – heute der National-Torwart von Bosnien – bezwungen: Ein Okotie-Kopfball nach einer Ecke sorgte für die verdiente Führung in der 48. Minute.

Was wichtig war, denn wie schon gegen den Kongo schwanden auch in diesem Spiel nach einer Stunde die Kräfte. Nachdem die Kanadier Lukse, der in der Torhüter-Rotation diesmal den Zuschlag bekommen hatte, aber nicht mehr überwinden konnten, war der Achtelfinaleinzug nach dem 1:0-Sieg so gut wie fixiert – nur noch eine Niederlage gegen Chile und eine Reihe von Sensationsergebnisn in den anderen Gruppen (wie ein Sieg von Jordanien gegen Spanien) hätten das verhindern können.

Österreich - Chile 0:0

Weil sich derlei Spekulationen schon am Tag nach dem Kanada-Spiel endgültig erledigt hatten, konnte man schon als fixer Achtelfinalist in das letzte Gruppenspiel gegen Chile (u.a. mit Mauricio Isla und Arturo Vidal) gehen – es ging „nur noch“ um den Sieg der Gruppe A.

Und entgegen den Befürchtungen, der Turnier-Mitfavorit – die U20 von Chile spielte schon einige Monate, bevor Marcelo Bielsa die A-Mannschaft übernahm uns sein 3-4-3 perfektionierte, ein ebensolches – würde Österreich überfahren, spielte das ÖFB-Team ordentlich mit und verdiente sich den Punkte, den es für das 0:0 gab, redlich. Vor allem Junuzovic und Harnik machten eine durchaus ansehnliche Partie – so ansehnlich, dass sich der sonst ja eher nüchterne Paul Gludovatz zu öffentlichen Lobeshymnen hinreißen ließ.

So beendete man die Gruppenphase ungeschlagen auf dem zweiten Platz hinter Chile – dass es nicht zum Sieg gereicht hat, muss nicht mal ein Nachteil gewesen sein. Denn so ersparte man sich im Achtelfinale jene Portugiesen (mit dem späteren WM-Star und Neo-Galaktischen Fabio Coentrão), die Chile mit 1:0 schlug.

Achtelfinale: Unnötigers Zittern gegen Gambia

Stattdessen ging es von Toronto, wo die Chile-Partie stattfand, wieder zurück nach Edmonton, gegen Gambia. Die Afrikaner hatten in der Gruppe eben Portugal hinter sich gelassen, mussten aber auf den gesperrten Kapitän, Innenverteidiger Ken Jammeh, verzichten.

Österreich - Gambia 2:1

Und zunächst sah es auch ganz danach aus, als sollte Österreich einen ungefährdenten Sieg einfahren können. Vor allem Harnik und Kavlak sorgten für mächtig Wirbel in der gambischen Defensive: Harnik war der auffälligste Mann den Spiels, nützte jede sich bietende Gelegenheit um nach vorne zu preschen und machte seinen Gegenspieler Pierre Gomez immer wieder lächerlich. Alleine die Torgefahr fehlte so ein wenig.

Veli Kavlak war auf seine Position vom Kongo-Spiel zurück – nämlich auf die Acht, halbrechts hinter Junuzovic. Mit seiner Präsenz aus der Tiefe kam Gambia überhaupt nicht zurecht und so sammelten sich fleißig gelbe Karten nach Fouls an Kavlak an; kurz vor der Pause sah Jaiteh seine zweite – und flog somit vom Platz. Die Überzahl, verbunden mit dem Kopfballtor von Prödl zum 1:0, ließ das Viertelfinale schon mit anderthalb Beinen erreicht erscheinen.

Alleine, das war es natürlich nicht. Gambia-Teamchef Paul Johnson zog Mendy zurück und ließ ihn als Libero spielen, dafür rückte Bojang bei Bedarf ins Mittelfeld auf, um das von Jaiteh gerissene Loch zu stopfen. Gambia gab im Grunde die Zentrale auf, konzentrierte sich auf die Flügel und darauf, vorne immer anspielbare Optionen zu haben – was Wirkung zeigte.

Der schwer gelb-rot-gefährdete Madl musste von Gludovatz per Auswechslung geschützt werden, der in der Luft liegende und hochverdiente Ausgleich fiel in der 69. Minute aber dennoch – nach einem eher peinlichen Rettungsversuch des zurückgeeilten Martin Harnik, der ausgerechnet seinem lange Zeit eher bemitleidenswerten Gegenspieler Pierre Gomez den Ball genau in die Füße spielte. Die Strafe von Gludovatz folgte prompt: Harnik wurde augenblicklich ausgewechselt.

Mit dem für den Beute-Österreicher gekommenen Hoffer gab es eine zweite Anspielstation vorne – vor allem aber wurde Bojang wieder hinten gebunden, womit jenes Loch im Mittelfeld, das zuvor völlig ungenützt blieb, endlich schlagend wurde. Nur wenige Minuten nach seiner Einwechslung schoss Hoffer zum 2:1 ein. Was alle zu Jubelstürmen veranlasste, nur Paul Gludovatz nicht. „Oans miasst’s nu schiaßen, habt’s g’hört!?“, fuhr er die Spielertraube vor ihm an.

Mussten sie nicht mehr – das 2:1 hatte bis zum Schluss bestand.

Viertelfinale: Harnik zeigt bei US-Boys Wirkung – mit Verspätung

Österreich - USA 2:1 n.V.

Die Amerikaner hatten in der Gruppe Brasilien (mit Pato, Marcelo, Jô und Renato Augusto) geschlagen und im Achtelfinale Uruguay (mit Luis Suárez und Edinson Cavani) eliminiert, hatte zudem quasi Heimvorteil. Darum galt das US-Team im Viertelfinale als recht klarer Favorit und nach der Zitterpartie gegen Gambia wurde in der Heimat ein Weiterkommen gegen die Amerikaner auch nicht wirklich erwartet.

Gludovatz beließ Harnik, trotz seiner starken Partie gegen Gambia, nach seinem beinahe verhängnisvollen Fehler auf der Bank und ließ dafür Bernhard Morgenthaler auflaufen, Hackmair ging auf die rechte Harnik-Seite. Mit dem Effekt, dass diese komplett tot war, auch über Morgenthaler nichts ging und Junuzovic von Szetala und Michael Bradley neutralisierte wurde. Andererseits musste Kavlak wegen der Bedrohung, die von Freddy Adu ausging, relativ weit hinten stehen.

Die US-Boys überrannten Österreich aber vor allem über die Seiten, weil sie dort defensiv überhaupt nichts zu tun hatten und führten nach einem Tor von Jozy Altidore hochverdient mit 1:0, als Gludovatz in Minute 37 reagierte und Harnik doch brachte. Morgenthaler ging raus, Hackmair auf links und Harnik gab nun über rechts Gas. Mit Erfolg, die US-Abwehr fing beinahe augenblicklich zu wackeln an, sobald sie ein wenig gefordert war, und Chris Seitz im Tor hatte im Dauerregen arge Probleme, den Ball zu fangen. In der 39. Minute wurde ihn von Harnik nach einem Abpraller noch (sinngemäß) das halbe Gebiss aus dem Mund geschossen, zwei Minuten vor der Pause nützte Okotie einen weiteren Seitz-Patzer zum 1:1.

Nach der Pause hatte Österreich das Geschehen dann ziemlich sicher im Griff und man kam auch zu zwei Topchancen zum Führungstreffer, ansonsten hielt das US-Team in erster Linie mit Härte dagegen, was einige gelbe Karten zur Folge hatte – fünf Stück sammelten sie alleine in der zweiten Hälfte. Die Amerikaner retteten sich so in die Verlängerung, wo die vielen Verwarnungen in der 104. Minute den beinahe unvermeidlichen Effekt hatten, dass dann doch einer runter musste – Linksverteidiger Wallace hatte es erwischt, nach einem Foul an (natürlich) Harnik.

Kurz zuvor war wiederum Jimmy Hoffer gekommen, diesmal für Junuzovic, Kavlak verblieb als Kreativspieler im Zentrum. Und wieder stach der Joker Jimmy: Nachdem die US-Abwehr einen Freistoß nicht hatte klären können, drückte Hoffer den Ball über die Linie. Somit war das Team aus den Staaten eliminiert und Österreich unglaublicherweise unter den letzten Vier – nachdem vor dem Turnier das Achtelfinale als schöner Erfolg gesehen und selbst das Viertelfinale nur von kühnen Optimisten angedacht worden war.

Semifinale: Schnelles Ende gegen Tschechien

Im Halbfinale gegen die Tschechein allerdings war Paul Gludovatz zu groben Umbaumaßnahmen gezwungen, weil mit Madl und Stanislaw zwei absolute defensive Stützen gelbgesperrt waren – und dazu kam noch der Schock um Thomas Panny. Der Rechtsverteidiger von der Admira, der ein richtig starkes Turnier gespielt hatte, brach sich im Training das Wadenbein. Eine Verletzung, die seine viel versprechende Karriere letztlich beendet hat, denn Panny konnte nach der Heilung nie mehr im Profifußball Fuß fassen.

Tschechien - Österreich 2:0

Die Tschechen, die im Viertelfinale Spanien im Penalty-Shoot-Out eliminiert hatten, nützten die Schwächen der nicht eingespielten neu formierte österreichische Defensive sofort aus und lagen nach 15 Minuten durch Tore von Micola (Zaglmair hatte einen auf’s Tor gezirkelten Freistoß aus spitzem Winkel prallen lassen) und Fenin (nach Stanglpass von links) schon 2:0 in Führung. Was letztlich auch schon die Entscheidung war.

Vor allem bei Flankenbällen in den Strafraum brannte es ein ums andere Mal lichterloh. Nach dem 2:0 lösten die Tschechen dann den Würgegriff etwas und man ließ das ÖFB-Team ein wenig gewährlich, es entstand aber nie der Eindruck, Österreich hätte wirklich einen Chance. Die Tschechen dominierten weiterhin den Ballbesitz (bei ca. 60%) und verhinderten mit konsequentem Pressing im Mittelfeld, dass sich Österreich entfalten hätte können.

Für die zweite Hälfte beerbte Junuzovic dann Harnik, aber auch der gerade vom gecrashten GAK zu Austria Kärnten gewechselte Zehner konnte auf der rechten Seite postiert nicht für die entscheidenden Akzente sorgen. Im Gegenteil: Die Tschechen blieben konsequenter im Zweikampf, körperlich robuster und präsentierten sich als kompakteres Team. Die letzten 75 Minuten dieses Semifinals waren im Grunde genommen ein Non-Contest, das Juli-Märchen hatte ein Ende.

0:1 trotz starker Leistung zum Abschied

Chile - Österreich 1:0

Zum Abschluss des Turniers ging es drei Wochen nach dem noch nicht allzu viel beachteten Start gegen Kongo im Spiel um den dritten Platz ein zweites Mal in diesem Turnier gegen die Mannschaft aus Chile – und es war praktisch nur Torhüter Christopher Toselli, der einen klaren Sieg des ÖFB-Teams verhinderte.

Der Hintergrund war klar: Während Österreich deutlich mehr erreicht hatte als erwartet und im Halbfinale gegen Tschechien ohne Wenn und Aber chancenlos war, fühlten sich die Chilenen in ihrem Semifinal-Spiel gegen Argentinien vom deutschen Referee Stark betrogen. Dieser hatte sieben Chilenen verwarnt und zwei vom Platz gestellt und musste nach dem argentinischen 3:0-Sieg unter Polizeischutz das Spielfeld verlassen, danach gab es noch heftige Zusammenstöße zwischen chilenischen Spielern und der Polizei, die sogar in kurzfristigen Festnahmen einiger Spieler gemündet hatten.

Im kleinen Finale, dem Vorspiel zum großen Endspiel (das Argentinien mit Agüero, Banega und Romero, dazu saß Angel di María auf der Bank, gegen die Tschechen mit 2:1 gewann) hatte Österreich deutlich mehr Lust auf Fußball, letztlich blieb das Tor von Hans Martínez quasi mit dem Halbzeitpfiff aber das einzige des Spiels – obwohl das ÖFB-Team Chancen für drei Spiele vorfand. Nach dem 0:1 war Österreich Vierter, und das mit lediglich fünf Toren in sieben Spielen – allesamt von Okotie (2) und Hoffer (3) erzielt.

Nachwirkungen

Aus einer „Schön, dass die dabei sind“-Stimmung wurde innerhalb von drei Wochen einer der größten Hypes, die Fußball-Österreich seit dem unsäglichen Córdoba-Spiel gesehen hatte. Schlüsselspiel war dabei das Viertelfinale gegen die USA, das – anders als die anderen – mit einer moderaten Anstoßzeit (20.15 Uhr) an einem Samstag Abend mit einer Live-Übertragung im ORF absolute Traumquoten erziele und dieses Team mit einer großartigen vor allem kämpferischen Leistung erst so richtig in das öffentliche Bewusstsein schoss.

Waren in der Vorrunde Anstoßzeiten zu nachtschlafender Zeit (1.45 Uhr gegen Kongo und Kanada, 2.00 Uhr gegen Chile) und die Aussicht auf ein von Wolfgang Koczi kommentiertes Spiel auf TW1 noch eher abschreckend, küsste das U20-Team ab der zweiten Woche den ein Jahr vor der Heim-EM auf dahinsiechenden und auf dem stimmungsmäßigen Tiefpunkt angelangten österreichischen Fußball (die unglaublichen Entgleisungen der Rapid-Fans gegenüber Ivanschitz beim Länderspiel in Schottland waren gerade einen Monat her) so richtig wach.

Sowohl für die Spieler als auch für den Teamchef bedeutete der Halbfinal-Einzug bei der WM einen Karriere-Kickstart. Paul Gludovatz, zuvor als Junioren-Teamchef und Trainer-Ausbildner beim ÖFB in der Öffentlichkeit völlig unbekannt, war plötzlich ein Star. Exakt ein Jahr nach dem Turnier übernahm er mit Ried als 62-Jähriger erstmals einen Bundesliga-Klub und führte den Provinz-Klub mit seinem 3-3-3-1  in ungeahnte Höhen.

Auch die meisten Spieler der Stammformation schafften es – lediglich Siegi Rasswalder und die Torhüter fielen durch den Rost; Thomas Panny und Peter Hackmair wurden ihre Karrieren von Verletzungen verbaut. Alle anderen sind aber (zumindest) zu absoluten Stammkräften in der Bundesliga geworden. Auffällig aber auch, dass aus der zweiten Reihe die meisten keine große Karriere machten.

Dennoch: Im Nachhinein war das Turnier nicht nur für eine unglaubliche Quote von zehn Spielern (Suttner und Simkovic muss man noch dazurechnen) ein nachhaltiger Erfolg, sondern er rückte vor allem das Bewusstsein für die Wichtigkeit und auch die Erfolgschancen bei internationalen Jugend-Turnieren sehr viel weiter in das öffentliche Bewusstsein, als das vorher der Fall gewesen war. Lediglich für die damalige U19 kam der Erfolgslauf der 20er zu einem etwas doofen Zeitpunkt – so fiel die zeitgleiche Heim-EM von Baumgartlinger, Arnautovic, Beichler und Walch etwas unter den Tisch. Das Team schied übrigens in der Vorrunde aus.

Das Personal…

Tor: Bartolomej Kuru (20, Austria), Andreas Lukse (19, Rapid), Michael Zaglmair (19, LASK). Abwehr: Daniel Gramann (20, Hartberg), Michael Madl (19, Austria), Thomas Panny (20, Admira), Thomas Pirker (20, FC Kärnten), Sebastian Prödl (20, Sturm), Siegfried Rasswalder (20, Leoben), Markus Suttner (20, Austria). Mittelfeld: Ingo Enzenberger (19, Salzburg), Peter Hackmair (20, Ried), Thomas Hinum (19, Schwanenstadt), Zlatko Junuzovic (19, GAK), Veli Kavlak (18, Rapid), Bernhard Morgenthaler (20, Admira), Tomas Simkovic (20, Austria), Michael Stanislaw (20, Schwanenstadt). Angriff: Martin Harnik (20, Bremen), Erwin Hoffer (20, Rapid), Rubin Okotie (20, Austria). Teamchef: Paul Gludovatz (61). Co-Trainer: Gerhard Schweitzer (44). Torwart-Trainer: Manfred Kohlbacher (59).

(phe)

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Zwei Männer gegen Aserbaidschan https://ballverliebt.eu/2010/10/09/zwei-manner-gegen-aserbaidschan/ https://ballverliebt.eu/2010/10/09/zwei-manner-gegen-aserbaidschan/#comments Sat, 09 Oct 2010 00:07:20 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2820 Zwei Männer gegen Aserbaidschan weiterlesen ]]> Mit einem 3:0-Heimsieg sichert sich das österreichische Nationalteam die nächsten drei Punkte in der EM-Quali. Ein Ergebnis, das besser war als die Partie  und von zwei Leuten entschieden wurde. Der eine durfte als Star glänzen, der andere bekam als graue Eminenz wenig vom Lob ab.

Ich schicke voraus: Der Sieg war verdient, aber weit unter den Möglichkeiten. In Wirklichkeit hätte Aserbaidschan einen abschussreifen Gegner geboten, wenn der Teamchef nicht auf Nummer Sicher gegangen wäre. Aber alles der Reihe nach.

Österreich - Aserbaidschan (Startformationen)

Österreich begann mit Macho im Tor, Klein als Rechtsverteidiger, Fuchs als Kapitän auf der gegenüberliegenden Seite und dem Duo Schiemer/Prödl in der Innenverteidigung. Den 6er durfte West-Brom-Legionär Scharner nebst dem etwas offensiveren Junuzovic geben, davor agierten Arnautovic, Linz und Harnik. Als Solospitze wurde Stefan Maierhofer nominiert.

Das prophezeihte Geduldsspiel blieb vorerst glücklicherweise aus, denn schon nach drei Minuten sprang der aufgerückte Sebastian Prödl bei der ersten Ecke in die klaffende und höchst einladende Lücke, die ihm des Gegners Abwehr da lies. Schon da wahr zu erahnen, das selbige nicht übermäßig sattelfest ist. Danach folgten die großen 20 Minuten der Gäste, da Teamchef Constantini offenbar erstmal Rückzug anordnete und die ballunsicheren Gäste im Mittelfeld auf einmal Räume vorfanden, die sie sich selbst niemals herausgespielt hätten. Gegen Ende der nicht ungefährlichen Druckphase wurde dem Neo-Bremer Marko Arnautovic sein relativ unbehelligtes Dasein auf der rechten Seite langweilig, und so tauschte er mit dem bis dato links auflaufenden Martin Harnik die Plätze.

Mit der Konsequenz, dass das ohnehin linkslastige Spiel nun endgültig auf diese Seite abdriftete und in der Offensive wieder mehr funktionierte. Die rechte Seite wiederum war bis auf vereinzelte Vorstöße sowohl in der ersten, als auch in der zweiten Spielhälfte quasi tot. Wofür es mehrere Gründe gibt. Zum Einen hatte Harnik nicht seinen besten Tag und wurde zum anderen auch nicht oft angespielt, da Arnautovic zunehmend die Fäden beim Spiel nach vorne in die Hand nahm. Erschwerdend kam hinzu, dass Notoption Florian Klein einen extrem biederen RV gab, der im Strafraum (bzw. dessen Nähe) brav ackerte, sich am Spiel nach vorne aber so gut wie gar nicht beteiligte.

Constantini reagierte – spät, aber doch – auf die taktische Vorlage, die ihm Arnautovic da lieferte, und beorderte das Team zum Pressing 20 Meter nach vorne. Mit Erfolg: Zum Ende der Halbzeit hatten die Hausherren wieder das Heft in der Hand.

Österreich - Aserbaidschan (Ende der 1. HZ)

Druck von links

Einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg leistete auch der Mainzer Christian Fuchs. Er ackerte die linke Seite vom Strafraum bis zur Mittelline und fallweise auch weit in die gegnerische Hälfte ab und traute sich ein paar Ausflüge Richtung Mitte. Nur dank seines Drucks aus der Defensive konnte sich Arnautovic mehr und mehr in Szene setzen, denn so musste er relativ wenig nach hinten arbeiten. Mit dem Einsatz seiner individuellen Klasse entstand so ein Brandherd, den Aserbaidschan über das ganze Spiel hinweg nicht löschen könnte. Problematisch erwies sich an Fuchs‘ Spielweise allerdings, dass die Abwehr in vielen Situation de facto als Dreierkette agieren und reagieren musste, wenn der umtriebige Kapitän sich wieder weiter vorne aufhielt.

Kurz nach der Pause klingelte es dann erneut im Kasten von Agayev. Arnautovic dribbelte sich in die Mitte durch, spielte Maierhofer an, dessen zweiter Versuch, den Ball zurückzulegen, schließlich gelang. Arnautovic genügte dann ein Haken und ein leichter Stellungsfehler des Goalies von Aserbaidschan. Zwei Minuten später nahm Constantini den einsamen Harnik vom Feld und ließ  Veli Kavlak auflaufen, der sich zentraler betätigte, aber auch nicht all zu viel bewirken konnte – von der späteren Vorlage zum 3:0 abgesehen.

Doch noch Offensive

Auch Linz durfte wenig später seinen nicht besonders ergiebigen Arbeitstag beenden, es kam Hoffer. Constantini hatte angesichts des Zwei-Tore-Vorsprungs aber ein wenig Mut geschöpft und baute die Formation kurzerhand in ein 4-1-3-2 um. Leider wirkte Maierhofer meistens wie ein Fremdkörper und kam im gesamten Match nicht über 2-3 brauchbare Szenen hinaus. Auch Rennsau Jimmy Hoffer verpuffte eher wirkungslos und konnte selten Verteidiger binden. Die Gäste standen nun konzentrierter hinten und waren sichtlich froh, sich hauptsächlich auf Arnautovic konzentrieren zu können, verließen ihre Hälfte dafür rund 20-25 Minuten so gut wie gar nicht.

Hier zeigte sich, wie viel eigentlich drinnen gewesen wäre. Mit schnellen Angriffen und hohen Bällen zeigte sich die Defensive der Vorderasiaten nicht nur einmal überfordert (weswegen wohl die Devise „Drei auf Einen“ vorherrschte) und das Mittelfeld war dem Druck aus dem vorgezogenen Pressing kaum gewachsen. Man hätte das Spiel wohl erfolgreich über 90 Minuten so anlegen und einen wesentlich höheren Sieg einfahren können, doch nach 80 Minuten hatte der österreichische Nationalcoach schon wieder genug vom Sturmlauf.

Und wieder zurück

Wenige Minuten nach einem Beinahe-Elfer für Aserbaidschan, etwa 12 Minuten vor Ende der regulären Spielzeit, erfolgte der letzte Umbau – in das vom Start bekannte 4-2-3-1. Baumgartlinger ersetzte Junuzovic und rückte als zweiter DM neben Paul Scharner. Jimmy Hoffer erbte undankbarerweise die einstige Position von Roland Linz, auf der er ähnlich wenig bewirkte. Didi Constantini wollte also ein 2:0 verwalten und beorderte 7 Leute in die Defensive.

Österreich - Aserbaidschan (Schlussphase)

Und so passierte bis in die 92. Minute nicht viel. Die nunmehr müde wirkenden Azeris erarbeiteten sich aus dem geschenkten Raum keine Chancen und Österreich blies nur halbherzig zum Gegenangriff. Ein letzter, schneller Gegenstoß sowie ein Adlerauge-Paß von Veli Kavlak bescherten Arnautovic die Möglichkeit zum Doppelpack, die er dankend nutzte.

Fazit

Es wäre ungefähr ein 6:0 drinnen gewesen. Vielleicht hatte Aserbaidschan nur einen schlechten Tag erwischt, vielleicht lag es auch am Blitztor für Österreich. Entgegen der Einschätzung des Teamchefs erwies sich dieser Gegner als wesentlich leichter als zuletzt Kasachstan. Mit ein wenig Mut zum (geringen) Risiko hätte man die Gegner in die komplette Unsicherheit treiben und in die eigene Hälfte schnüren können, ja müssen. Dazu hätte es aber eine Aufstellungsvariante mit zwei Stürmern oder wenigstens einer hängenden Spitze und einem offensiv ausgerichteteren Mittelfeld mit sinnvoller Besetzung an der 10er-Position bedurft.

20 Minuten lang demonstrierte das Team auch, wie es hätte funktionieren können, bis sich der Teamchef mit einem mageren 2:0 gegen ein inferiores Gastteam abfand. Wer schon so viel Respekt vor einem klaren Underdog zeigt, wird – so muss man befürchten – beim Auswärtsspiel in Belgien unschönen Mauerbau betreiben.

(gepi)

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ANMERKUNGEN VON TOM

Heute haben wir also erfahren, was passieren muss, damit Dietmar Constantini seine Eier findet: Sein Team muss zuhause gegen wahnsinnig schwache Azeris 2:0 führen, dann darf auch einmal nach vorne gespielt werden. Kurz zumindest, denn beim ersten gefährlichen Gegenstoß (dem Fast-Elfmeter für die Gäste), wird dann auch ganz schnell wieder zugemacht.

Bis zum 2:0 war die Spielweise so dermaßen ängstlich, dass einem die Haare ausfallen. Bis zu sechs Mann müssen im Heimspiel gegen Aserbaidschan zurück bleiben, um die Solospitze zu decken. Selbst der eine Außenverteidiger, der aufrücken durfte (normalerweise Fuchs), blieb meist auf Höhe des Mittelfelds wieder stehen.

Österreichisches Abwehrverhalten im Angriff

Dazu kommt, dass die Abwehrreihe dabei auch noch so tief und weit hinter dem Mittelfeld steht, dass selbst einem technisch limitierten Gegner genügend Raum geboten wird. Rückt die Mannschaft da in der Vertikale enger zusammen, wären die Azeris schnell ratlos. Doch die Ängstlichkeit war leider erwartbar. Drei andere Schocker nicht unbedingt, die Constantini heute parat hatte.

Erstens musste Linz nicht wirklich eine hängende Spitze spielen (strange genug), sondern eher den Zehner geben – den offensiven Mittelfeldregisseur. Nun ist dieser „Roligoal“ ja auf seine Art ein Guter, aber dies ist sicher nicht diese Art – auch wenn er sich wie schon gegen Kasachstan redlich bemühte. Ihm ist für die daraus resultierende Leistung deshalb keine Schuld zu geben. Wie die APA das in ihrer Meldung tut, wenn sie von einem „schwarzen Tag“ von Linz spricht. Würde der Teamchef Sebastian Prödl auf diese Position stellen, was ähnlich unpassend wäre, käme auf so eine Interpretation wohl niemand.

Warum nicht ein Arnautovic den Lenker macht und an seiner Stelle Kavlak oder Jantscher den linken Flügel (was nur eine von einer Reihe potentieller Möglichkeiten wäre) besetzt? Eine spannende Frage. Spannend auch, ob wir das in der Ära Constantini noch einmal sehen dürfen. Deren Dauer ist mit dem heutigen Sieg wohl bis zum Ende der EM-Quali fixiert, zumindest falls kein großer Gegner das ÖFB-Team „spanisch“ vom Platz fegt.

Schocker Nummer 2 wäre ein Constantini-Sager bei der Pressekonferenz: Mit der vielleicht wichtigsten taktischen Umstellung des Abends hatte er nichts zu tun. Dass Harnik und Arnautovic nach 20 Minuten Platz tauschten, weil sie bemerkten, dass wenig läuft, wenn der Stuttgarter links und der Bremer rechts spielen, war allein der Verdienst der beiden Spieler. Ihre Rochade war laut eigener Aussage des Trainers nicht von ihm verordnet oder erdacht.

Drittens muss man sich wundern, warum Franz Schiemer die Innenverteidiger-Position einnehmen musste. Nun weiß man, dass Schiemer diese Position von früher kennt. Er hat sie gespielt, bevor er bei Salzburg erst auf die rechte Seite gestellt und dann fürs defensive Mittelfeld umgeschult wurde. Aber mit Aleksandar Dragovic saß eigentlich der beste IV der heimischen Liga auf der Bank und wäre die logische Variante gewesen. DiCo hatte dafür eine „sehr überzeugende“ Antwort parat: Weil Paul Scharner der bessere defensive Mittelfeldspieler als Schiemer ist.

Das große Constantini-Glück heute war das schnelle Tor von Prödl nach einer Standardsituation – mit ziemlicher Sicherheit hätte das Spiel sonst ganz ähnlich unerträglich gewirkt und wäre zur Geduldsprobe geworden, wie jenes gegen Kasachstan. Und dann teilt Constantnini natürlich noch das Glück Österreichs, dass mit Arnautovic endlich wieder Spieler mit dem gewissen Etwas das Nationaltrikot tragen kann. Das mussten heute übrigens auch jene österreichischen Sportjournalisten einsehen, die in den letzten Wochen jeden noch so stupiden Rotz über Arnautovic zum Skandal aufgebauscht haben.

(tsc)

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Weiterträumen… https://ballverliebt.eu/2008/06/12/weitertraumen/ https://ballverliebt.eu/2008/06/12/weitertraumen/#comments Thu, 12 Jun 2008 21:09:42 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=211 Weiterträumen… weiterlesen ]]>

Es war irgendwie ein Dejavue.  Ein traum-albtraumartiger Mix aus bitteren Niederlagen und großartigen Siegen. Irgendwie war es auch kein Dejavue, denn es gab keine Sieger und Verlierer – am Spielfeld. Moralisch war es ein zweistelliges Ergebnis trotz und wegen eines unglücklichen Schiedsrichtertrios.

Der Reihe nach: Drei hundertprozentige Chancen führten den Ball nicht ins Tor der Polen, sondern irgendwie daran vorbei. Die erste echte Torgelegenheit der Gäste hingegen ließ ihn in unseren Maschen landen, aus dem Abseits, unbemerkt von einem Linienrichter in einem unaufmerksamen Moment.

Die zweite Halbzeit brachte zuerst eine Fortsetzung der einseitigen Hausherrschaft, doch riss über eine Staffete gefährlicher Aktionen der Polen der rotweißrote Faden. Wie sein Gegenüber Boruc konnte sich nun auch Jürgen Macho auszeichnen. Die letzten Minuten wiederum riefen Erinnerungen an das Kroatien-Match wach. Österreich, verstärkt mit Kienast, Vastic und Säumel rannte an bis vor den Strafraum, doch die massierte Abwehr der Polen verhindert stets gefährliche Strafraumszenen. Mit letzter Hoffnung, gepaart mit stetem Willen und dem Mut der Verzweiflung wird das Leder schließlich nur noch hoch Richtung Strafraum geschlagen. Standardsituation folgt Standardsituation.

Als die Polen zu Beginn der Nachspielzeit wieder zu einem Corner kommen scheint unser Schicksal besiegelt zu sein. Das kopflose Niederdrücken von Sebastian Prödl durch einen Gegner, wohl in der sonst allerletzten Strafraumszene der Partie fährt wie ein Windhauch unter ein verkehrt liegendes Blatt. Den folgenden Elfer verwertet Ivo Vastic. Die Chance lebt, ein Sieg gegen Deutschland kann uns nun auch ohne Schützenhilfe aus Kroatien weiterbringen. Gegen Deutsche, die selbst unter Zwang stehen.

Vastic war keine Lichtgestalt. Sein Mitwirken an den letzten Angriffen blieb insgesamt eher unauffällig. Der Schnellste ist er nach wie vor nicht. Für den Elfmeter jedoch, da war er der richtige Mann. Als Stürmer mit Weltmeisterschaftserfahrung war er am ehesten jener Kicker, der nicht aus blanker Nervosität heraus verschießen würde. Ein trockener Ball ins rechte Eck, der auch ohne einem in die Gegenrichtung fallenden Torwart schwer haltbar gewesen wäre, besiegelte das Endergebnis. 1:1.

Unsere Chancen sind immer noch gering, eigentlich nicht viel größer als sie es bei einer Niederlage gewesen wären. Doch dieses Tor, das uns einen der erreichbaren drei Punkte zurückgab, war wichtig. Es könnte einen Knoten im Team gelöst haben. Einen im Kopf, und in den Beinen, vor dem Tor. Basti Prödl wird uns nach seiner zweiten gelben Karte freilich fehlen. Aber die Chance lebt, ein Wunder ist möglich, wenngleich am Papier alles andere als wahrscheinlich.

Das von vielen im Scherz prophezeihte „Endspiel“ wird stattfinden. Am 16. Juni, im Ernst-Happel-Stadion.

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Österreich – Polen: Die ballverliebt-Aufstellungsempfehlung https://ballverliebt.eu/2008/06/12/osterreich-polen-die-ballverliebt-aufstellungsempfehlung/ https://ballverliebt.eu/2008/06/12/osterreich-polen-die-ballverliebt-aufstellungsempfehlung/#respond Thu, 12 Jun 2008 10:15:35 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=199 Österreich – Polen: Die ballverliebt-Aufstellungsempfehlung weiterlesen ]]> Ganz grundsätzlich muss im ersten alles entscheidenden Spiel die Hosenscheisser-Taktik in Stegersbach bleiben. Nicht einmal die Idee hier auf das Prinzip „Mauer & Lucky Punch“ zu setzen darf Wien erreichen. Da muss ein Sieg her, da müssen die Angsthasen zuhause bleiben. Schon allein deshalb, weil ich Karten habe und im Stadion bin.

Meine liebste Formation wäre ein 4-4-1-1 mit 4-3-3-Anleihen. (hat übrigens zufällig auch derStandard.at sich gewünscht).

Das ist, wenn man es trennen will eine Taktik mit 6 primär defensiven und 4 offensiven Spielern. Korkamz und Harnik kann man fast schon als Flügelstürmer zählen. Sie beschäftigen die gegnerischen Außenverteidiger und sorgen so dafür, dass sich ein Belagerungszustand (wie zu Beginn gegen Kroatien) gar nicht erst entwickeln kann. Ivanschitz bekommt durch die Entlastung über links und rechts mehr Freiraum und kann so zumindest nicht mehr permanent von 2-3 Leuten neutralisiert werden. Das braucht er dringend. Auch Linz kann sich auf seine Stärken besinnen, die nunmal nicht im Erkämpfen von Bällen im Mittelfeld und Tempodribblings bestehen, sondern darin, Bälle im kritischen Bereich vor dem Tor zu verarbeiten (per Doppelpass oder Abschluss).

Hinten die Viererkette hat sich als die stabilste ausgetestete Variante erwiesen. Die Quasi-5er-Verteidigung vom Polen-Spiel taugt nichts, weil man damit zu viel Raum im Mittelfeld hergibt. Den Platz den man an den Flanken preisgeben muss, kann man durch ein kompaktes Box-System im defensiven Zentrum gefahrlos machen. Mit den kopfballstarken Innenverteidigern, muss man sich da auch nicht die größten Sorgen machen. Wichtiges Element: Die wandelnden Unsicherheiten und Aufbauzerstörer Standfest und Aufhauser kann man in diesem System eliminieren – ihnen ist der normalerweise zuverlässige Gercaliu vorzuziehen. Stranzl im defensiven Mittelfeld ist schon allein deshalb interessant, weil er absichern kann, wenn Prödl nach vorne stößt, was er zuletzt einige Male gemacht hat, aber aufgrund der mangelnden Sicherheit nicht zum dauerhaften „Feature“ machen konnte.

Die Formation ist auch flexibel. Geht man in Führung will unbedingt mauern, nimmt man vielleicht einen Stürmer raus, zieht Stranzl in die Innenverteidigung zurück, bringt Aufhauser für das defensive Mittelfeld und spielt die 5er-Verteidigung mit Garics und Gercaliu an den Außenbahnen. Braucht man mehr Offensivpower, opfert man einen 6er und steckt Vastic oder einen zusätzlichen Stürmer ins Spiel (je nachdem was man in der Situation genau braucht).

Ich will diese Variante zumindest im Laufe des Spiels sehen, wenn ein Tor nötig ist. Ich will sehen, dass Hickersberger wenigstens begriffen hat, dass mit der „jungen Flügelzange“ was zu reissen ist.

Und das hier ist eine der möglichen Varianten dazu: Ein 4-4-2 mit Raute, wenn noch mehr Offensive angesagt ist.

Was hingegen keiner mehr sehen will, ist das:

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