Fuchs – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Sat, 21 May 2016 09:21:43 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Das verrückteste Jahr der Premier League https://ballverliebt.eu/2016/05/21/premier-league-leicester-tottenham-arsenal-arnautovic-fuchs-chelsea/ https://ballverliebt.eu/2016/05/21/premier-league-leicester-tottenham-arsenal-arnautovic-fuchs-chelsea/#respond Sat, 21 May 2016 09:10:45 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12450 Das verrückteste Jahr der Premier League weiterlesen ]]> Leicester und Tottenham um den Titel, City und United machen sich den letzten CL-Platz aus, Chelsea versinkt in der Bedeutungslosigkeit, Newcastle steigt ab: Zugegeben, auch wir haben die abgelaufene Saison in der Premier League nicht ganz exakt vorausgesagt.

Dafür blicken wir nun ausführlich zurück auf die ungewöhnlichste Spielzeit, die Englands höchste Liga seit sehr langer Zeit gesehen hat: Jedes der 20 Teams wird unter die Lupe genommen, vom Sensations-Champion Leicester bis zum heillos überforderten Aston Villa.

pl (cup an united)

Der Sensations-Meister

Team Leicester„Wir spielen mit einem Drei-Mann-Zenturm: Drinkwater in der Mitte und N’Golo Kanté links und rechts von ihm“, meinte Steve Walsh, Scouting-Chef von Leicester City, nur halb im Scherz. In der Tat ist der Titel des krassen Außenseiters vor allem auf grandioses Scouting und Top-Transfers zu einem Spar-Preis zurück zu führen.

Nur zwei Teams in der Premier League hatten noch weniger Ballbesitz, gar nur eine brachte noch weniger eigene Pässe an den Mann. Aber: Die defensive Grundstruktur mit zwei Kanten in der Abwehr ein einem Kanté davor, kombiniert mit schnellen Umschaltspielern und einem eiskalten Vollstrecker in Jamie Vardy war leicht zu durchschauen, aber vor allem im Frühjahr fast unmöglich zu knacken.

Zudem wusste jeder Spieler um seine Rolle und hielt sich an das von Claudio Ranieri vorgegebene Konzept. Zudem spielte Leicester die Saison de facto mit nur zwölf Spielern durch: Die beiden Cup-Bewerbe schenkte man ab, international war man eh nicht dabei und Verletzungen gab es auch keine. Das Resultat: Die sicherlich größte Sensation im modernen Fußball, Leicester City als englischer Meister – und das schon zwei Spieltage vor Saisonschluss.

Hier geht’s übrigens zu unserem Leicester-Spezial-Podcast.

Die „Jäger“ aus North London

Team TottenhamBis zu einem recht dramatischen Kollaps in den letzten drei Spielen sah Tottenham wie der sichere Vizemeister aus. Ähnlich wie Leicester spielte Mauricio Pochettino mit einem sehr kleinen Kreis an Spielern, aber anders als die Foxes mit einer sehr hohen Abwehr, einem für englische Verhältnisse recht aggressiven Pressing. Und man profitiert auch davon, dass die relativ junge Mannschaft diesen Stil auch bis fast bis zum Schluss durchhielt.

Der offensiv denkende Achter Dembélé, die quirligen Außenspieler Alli und Lamela – eigentlich beides verkappte Zehner – dazu die belgische Beton-Innenverteidigung mit Vertonghen und Alderweireld (und mit Kevin Wimmer, der nicht abfiel, als der den monatelang verletzten Vertonghen vertrat), mit Lloris einen der Top-Goalies in der Liga: Pochettino wurde seinem schon in Southampton erworbenen Ruf, ein ausgezeichneter Entwickler von Spielern zu sein, weiterhin auch in Tottenham gerecht.

Auch, wenn man am Ende noch von Arsenal abgefangen wurde: Die Spurs legten die Basis dafür, auch in den kommenden Jahren ein ernsthaftes Wort um den Titel mitzureden – das Team ist mit 25,0 Jahren im Schnitt das jüngste aller Mannschaften im erweiterten Spitzenfeld.

Team ArsenalBei den Nachbarn der Spurs steht mit dem zweiten Platz nominell die beste Endplatzierung seit elf Jahren zu Bruche. Aber war diese Saison für Arsenal wirklich besser als die davor? Eher nicht: Wieder gab es einen vielversprechenden Start, wieder gab es den Rückfall in den Wintermonaten, und wieder war die Konkurrenz längst enteilt, als man wieder zurück in die Spur fand. Kurz: Die Gunners treten weiter auf der Stelle.

Dabei hätten sie mit Mesut Özil den mit sehr viel Abstand besten Assistgeber der Premier League in ihren Reihen, mit Alexis Sánchez eine unberechenbare Waffe auf der Außenbahn, routinierte und sichere Verteidiger in Koscielny und Mertesacker, einen Weltklasse-Keeper in Petr Cech – und doch hat es Arsenal wieder geschafft, am Griff nach dem Titel deutlich zu scheitern.

Arsenal zahlte einmal mehr den Preis dafür, zu viele Punkte gegen gute Teams liegen gelassen zu haben: In den acht Spielen gegen Tottenham, West Ham, Liverpool und Southampton gab es keinen einzigen Sieg, hinzu kamen zwei Niederlagen gegen Chelsea. Wie ein ambitionierter, aber ein wenig zu schwachbrüstiges Kind, das sich am Schulhof nicht so recht durchsetzen kann. Und wenn es dann noch Niederlagen gegen Swansea und West Brom gibt und Punktverluste gegen Sunderland und Norwich…

United disappointment in the City of Manchester

Team Man CityNatürlich muss man erst einmal so weit kommen. Aber die hoffnungslos desinteressierten Auftritte von Manchester City im CL-Halbfinale gegen Real Madrid repräsentieren weite Teile der Saison: Ohne Elan, ohne Vision, ohne Kampf und ohne Spielwitz ließen die meisten Spieler der Citizens diese Spielzeit über sich ergehen. Dass es dennoch für den vierten Platz reichte, spricht für das grundsätzliche individuelle Potenzial (und gegen die Konkurrenz).

Heimniederlagen gegen Leicester, Tottenham, Liverpool, West Ham und Man United unterstreichen, dass City in dieser Saison vor allem als Flat Track Bully auftrat – Kantersiege gegen Abstiegskandidaten und Kellerkinder, aber plan- und oft auch lustlos, wenn qualitiativ hochwertigere Gegner kamen. Vor allem Yaya Touré spielte oft demonstrativen Standfußball.

Natürlich: Es gab auch Verletzungssorgen. Kompany fiel oft und lange aus, aber die Vertreter Mangala und (vor allem) Otamendi waren nicht das Problem. Agüero mühte sich nach Kräften, war aber von seinen Hinterleuten Silva (unkonstant), Navas (oft untergetaucht) und Touré (eine Gemeinheit) alleine gelassen. Nur Kevin de Bruyne, der sich im Frühjahr zunehmend ins Team gespielt hat, brachte so etwas wie Schwung in das statische Spiel der Citizens.

Immerhin holte City den Ligacup, übertrieben unglücklich wird über das Ende der dreijährigen Amtszeit den spröden Manuel Pellegrini aber keiner sein. Mit Pep Guardiola wird kaum ein Stein auf dem anderen bleiben.

Team Man UtdAuch auf der anderen Seite von Manchester wird man diese Saison so schnell wie möglich vergessen wollen – und, wenn es geht, nur noch als das Jahr in Erinnerung behalten, in dem sich Marcus Rashford, Jesse Lingard und Cameron Borthwick-Jackson etabliert haben. Und ja, auch die Neuerwerbungen Schneiderlin und Martial spielten ein ansprechendes Jahr.

Natürlich war der Beinbruch von Luke Shaw am Saisonbeginn ein schwerer Schlag. Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass Memphis Depay ein Desaster war (nur drei Torbeteiligungen in der ganzen Saison, keine einzige mehr seit November); dass Bastian Schweinsteiger körperlich kaputt ist (was man ja üüüberhaupt nicht vorher wusste); dass Marouane Fellaini selten auch nur Drittliga-Niveau erreichte. Auch die seltsam passive Spielweise von Van Gaal muss man nicht zwingend verstehen. Ohne jedes Risiko ließ man in vielen Spielen vor allem gegen defensivere Gegner die Zeit verstreichen und speziell nominell weniger gute Teams haben selbst im einst so gefürchteten Old Trafford nicht mehr so furchtbar viel zu befürchten.

Immerhin gewann United gegen Liverpool (2x), Arsenal, City und Tottenham. Dafür gab es blamable Niederlagen gegen Bournemouth, Norwich, Sunderland, West Brom und Swansea; dazu gab’s das Champions-League-Aus gegen ein wirklich nicht überragendes Team aus Wolfsburg und eine Europacup-Niederlage beim FC Midtjylland.

So schaffte es United nicht einmal, ein im Dämmerschlaf vor sich hin siechendes City zu überholen und verpasst so zum zweiten Mal im dritten Post-Ferguson-Jahr die Champions League.

Das Rennen um europäische Restplätze

Team SouthamptonMauricio Pochettino hatte aus den Saints ein auf dem Papier nicht top-besetztes, aber absolut gutklassiges Premier-League-Team geformt. Auch das zweite Jahr unter Ronald Koeman verlief unter dieser Prämisse und es wäre sogar noch mehr drin gewesen als ein Europa-League-Platz. Hätte es nur diese Phase zwischen Mitte November und Neujahr nicht gegeben, als Southampton sechs der neun Spiele verloren hat.

Denn in der zweiten Saisonhälfte holte nur Leicester noch mehr Punkte als das Team von der Südküste, das im Saisonverlauf Arsenal (4:0 am Boxing Day), Tottenham, Liverpool, Chelsea und beide Klubs aus Manchester bezwingen konnte. Koeman zeigte sich systemflexibel (aus dem Grund-4-2-3-1 wurde immer wieder mal ein 4-4-2 oder eine Variante mit Dreierkette) und sein Team präsentierte sich als recht optimale Mischung aus Tempo, Übersicht und nötiger Härte.

Southampton zieht sich nach Ballverlust nicht sofort wieder zurück, sondern versucht oft, schnell die Kugel zurück zu gewinnen. Sind die Saints in der Defensive, verteidigen sie sehr kompakt und sie scheuen auch den schnellen Gegenzug nicht. Grundsätzlich aber will Koeman den Aufbau in die eigenen Hände nehmen. Diese Kombination macht Southampton recht vielseitig und für praktisch jedes Team äußerst ungut zu spielen. Und wohlgemerkt: In den letzten zwei Jahren hat der Klub Spieler im Wert von 150 Millionen Euro verloren (Schneiderlin, Clyne, Shaw, Lallana, Lovren). Bleibt das Team halbwegs zusammen, ist ihm auch weiterhin viel zuzutrauen.

Team West HamEinen weiteren Schritt nach vorne will auch West Ham machen, wenn der Klub ab Sommer statt im alten Boleyn Ground im adaptierten Olympiastadion spielen wird. Das starke Premieren-Jahr unter Slaven Bilic heizt natürlich die Erwartungen an, und es ist unmöglich, diese starke Saison nicht in ursächlichen Zusammenhang mit Dimitri Payet zu bringen.

Der Franzose, der von Marseille gekommen war, ist drittbester Tor-Assistgeber und zweitbester Torschuss-Vorlagengeber der Liga. Auch Manuel Lanzini spielte eine ansprechende erste Saison in einer echten Weltklasse-Liga, Bilic verglich den Argentinier bereits mit Luka Modric; und Kapitän Mark Noble ist sowieso seit vielen Jahren ein Premier-League-Fixpunkt.

Es gibt aber sehr wohl ein paar Sachen, die den Hammers noch zu einem echten Spitzenteam fehlen. Zum einen ein Stürmer, der konstant trifft (Carroll ist ein wenig zu eindimensional, Sakho bislang ein wenig zu oft verletzt); zum anderen muss an der Defensive noch gearbeitet werden – 51 Gegentore sind vermutlich um zehn zu viel, um ernsthaft um die CL-Plätze mitspielen zu können.

Team LiverpoolDie Euphorie bei West Ham ist vor dem Umzug jedenfalls riesig (52.000 Dauerkarten wurden für kommende Saison abgesetzt), spürbare Aufbruchstimmung herrscht trotz der verlorenen Endspiele in Europa League und Ligapokal auch bei Liverpool, seit Jürgen Klopp im Oktober das Zepter an der Anfield Road übernommen hat.

Das drückt sich zwar noch nicht in Ergebnissen aus (in einer „Klopp-Tabelle“ wäre Liverpool Siebenter) und es gab auch unter dem Deutschen deutlich zu viele Gegentore, aber schon nach wenigen Monaten ist ganz klar erkennbar, dass das Klopp’sche Gegenpressing diverse Gegner deutlich aus der Ruhe bringt. Die starken europäischen Auftritte gegen Manchester United, Borussia Dortmund und Villarreal zeigen, dass Liverpool deutlich auf dem Weg nach oben ist (vor allem verglichen mit den ambitionslosen Auftritten in der Saison davor unter Rodgers) und wenn man es hinbekommt, dass es in Zukunft weniger Verletzungen gibt (nur Newcastle hatte noch mehr Verletzte), kann das nur positiv sein.

Dennoch ist Liverpool natürlich Work in Progress und wird das auch noch bleiben. Auch in Klopps erste Saison mit Dortmund wurde ein Europacup-Platz verpasst und erst im dritten BVB-Jahr hatte Klopp endgültig die Mannschaft zusammen, die er sich vorstellte. Es wird auch in Liverpool noch einige Transferperioden dauern, bis die Mischung stimmt.

(Nicht ganz) zufrieden im Niemandsland

Team StokeSeine Teamkollegen wählten in zum Stoke-Spieler der Saison – ein deutliches Zeichen dafür, dass Marko Arnautovic mit seiner dritten Spielzeit im Britannia Stadium durchaus zufrieden sein kann.

Für seinen Klub war die Saison aber, gemessen an den Hoffnungen, eher eine Enttäuschung; die Potters klopften nur kurz an die internationalen Plätze an. Viel mehr als der neunte Rang war vermutlich nicht drin, angesichts der unzähligen Verletzungen, mit denen Stoke zu kämpfen hatte (Johnson drei Monate wegen des Knies, Adam drei Monate wegen der Wade, Muniesa zwickte lange der Oberschenkel, Afellay am Saisonende das Knie) und den ständigen Formschwankungen von Shaqiri, der sein Potenzial weiterhin nur ab und an mal abruft.

So bleibt eine anständige Saison von Arnautovic und eine großartige von Torhüter Jack Butland, der die EM zwar verletzt auslassen muss, über kurz oder lang aber Joe Hart durchaus aus dem Three-Lions-Tor spielen kann. Die Erwartungen an die kommende Saison sind hoch, aber auch die Teams davor sind eher im Aufwärtstrend.

Team SwanseaSo richtig glücklich kann auch Swansea mit der abgelaufenen Saison nicht sein. Die Einschätzung des Klubs im letzten Sommer, den Kader kaum zu verändern, stellte sich als Fehler heraus und Klublegende/Trainer Garry Monk wurde nach nur drei Siegen aus den ersten 15 Spielen, aber vielen besorgniserregend schlechten Leistungen entlassen.

Dass man nach einer fast einmonatigen Suche Francesco Guidolin aus dem walisischen Hut zauberte, überraschte jeden, stellte sich aber als sehr gute Entscheidung heraus. Der bärbeißige Nordiraliener mit 25 Jahren Trainer-Erfahrung in der Serie A schaffte es schnell, das Potenzial von Schlüsselspielern wie Gylfi Sigurdsson und Dédé Ayew herauszukitzeln. Die Leistungen der Defensive blieben zwar überwiegend ausbaufähig, aber vorne klappte es unter Guidolin deutlich besser als unter Monk – aus 0,9 Toren pro Spiel (Monk) wurden fast 1,5 Treffer pro Partie (Guidolin). So kletterte man langsam, aber sicher wieder nach oben, raus aus der Gefahrenzone.

Mehr als ein Durschnitts-Team ist Swansea von seinem Kader her nicht, zudem ist das Team tendenziell eines der älteren und ist ohne einer kräftigen Handvoll neuer, junger Spieler daher kaum entwicklungsfähig. Andererseits kennt Guidolin das ja aus Italien, zudem könnte eine Umstellung auf die von ihm traditionell präferierte Dreier-Abwehr neue Impulse bringen.

Team West BromEine weitgehend sorgenfreie Saison hat West Brom hinter sich, und weil man im Umfeld wusste, dass es nur darum geht, den Abstieg zu vermeiden, kann der Klub auch gut damit leben, nicht besonders aufregend zu sein. Im Gegenteil: Wo Tony Pulis draufsteht, ist Tony Pulis drin.

Kein Team in der Liga hat noch weniger Ballbesitz als West Brom. Kein Team in der Liga hat einen schlechteren Wert, was angekommene Pässe angeht (logisch, weil der übliche Passweg von Pulis-Teams gefühlt über 70 Meter geht). Nur der völlig überforderte Absteiger Aston Villa hat noch weniger Tore erzielt als West Brom. Aber: Es hat nur eine Mannschaft mehr Kopfballduelle gewonnen, nur die Europacup-Teilnehmer haben weniger Gegentore kassiert – und das, obwohl man die drittwenigsten Tackles in der ganzen Liga gebraucht hat und zudem zu jenen Teams gehört, die am wenigsten Fouls begehen.

Kurz: Es war eine Saison mit todlangweiligem und zuweilien primitiven Defensiv-Fußball, der aber seinen Zweck (nämlich den Klassenerhalt) erfüllt hat.

Ziemlich unzufrieden im Niemandsland

Team ChelseaDass ein Meister so kolossal zusammenbricht wie Chelsea in dieser Saison, ist sehr selten – aber es war die klassische Mourinho-Krankheit, die wie so sicher das Amen im Gebet im dritten Jahr von jeder seiner Amtszeiten auftritt. Die Stimmung kippte schon mit Mourinhos völlig überzogenen Verbal-Angriff auf Klub-Doc Eva Carneiro nach dem ersten Spieltag. Mit ihrer Kündigung verloren die Spieler einen vertrauensvollen Ansprechpartner und durch den komplett sinnlosen Ausbruch ihres Trainers damit das Vertrauen in diesen.

Guus Hiddink brachte ein wenig Ruhe in das Team, das zeitweise um die Abstiegsplätze herum spielte, aber mehr als ein sportlicher Konkursverwalter war der Holländer nicht. Ein kaputtes Team spielte eine anonyme Saison zu Ende, ohne wirkliche Höhepunkte. Im Wissen darum, keine Chance mehr auf einen Europacup-Startplatz zu haben, war einigen die Einstellung deutlich anzusehen, dass sie den Rest der Saison nur als lästiges Pflichtprogramm empfanden.

Bis auf Wuschelkopf Willian, der über weite Strecken eine recht ansprechende Saison spielte, geht niemand auch nur als gefühlter Sieger aus dieser Saison heraus. Die personelle Kontinuität, die im Kader über die letzten zehn Jahre herrschte, führte dazu, dass Chelsea nun eher über ein satte, gelangweilte und in Teilen überalterte Mannschaft verfügt, aber gleichzeitig den Anspruch hat, zumindest um den Titel mitzuspielen. Da kommt einiges an Arbeit auf Antonio Conte zu.

Team EvertonAuch bei Everton wird der Chef-Posten für die kommende Saison neu besetzt. Roberto Martinez konnte in seinen drei Jahren im Goodison Park die hohen Erwartungen nicht nachhaltig erfüllen (nach einem starken fünften Platz folgten zwei elfte).

Vor allem defensiv krankte das Spiel der Toffees. Nur ein Team in der Liga fing weniger Pässe ab als Everton (Absteiger Norwich), nur zwei Teams ließen noch mehr Torschüsse zu. Vor allem daheim agierte Everton zumeist ziemlich frustrierend: Nie holte der Klub weniger Punkte aus Heimspielen.

Außerdem wurden noch 18 Punkte nach einer Führung hergegeben. Die talentierte Offensiv-Abteilung spielte zwar eine ansprechende Saison, der es aber an der Konstanz fehlt, um auch das Maximum aus den Möglichkeiten heraus zu holen. Zudem kommt Gareth Barry, der (wenn fit) den Laden im Zentrum zusammen halten kann, langsam in ein Alter, in dem er immer langsamer wird.

Dieser Sommer wird sehr entscheidend für die Frage, wie es mit Everton in den nächsten Jahren weiter geht.

Team PalaceGenau das trifft auch auf Crystal Palace zu. Seit dem Jahreswechsel konnte man nur noch zwei Spiele gewinnen, krachte somit von Platz fünf bis kurz vor den Abstiegskampf hinunter. Das Besorgniserregende daran: Diese Entwicklung bestätigt ein Muster, das bei Trainer Alan Pardew immer vorkommt – sein Image als ganz schlechter Krisenmanager erhielt in diesen letzten paar Monaten weitere Nahrung.

Natürlich war es nicht gerade hilfreich, dass Mittelfeld-Mann James McArthur weite Strecken der zweiten Saisonhälfte mit einer Knöchelverletzung aussetzen musste. Auch der quirlige Bolasie, der talentierte Wickham und der routinierte Puncheon blieben nicht von Verletzungen verschont. So kam es, dass den Eagles vor allem das Toreschießen ausnehmend schwer fiel – in 14 Spielen blieb Palace torlos, einmal sogar fünf Matches hintereinander.

So steht Palace nach diesem katastrophalen Frühjahr an einem Scheideweg: Gelingt es, den Trend aus den Jahren davor wieder aufzunehmen und sich im Mittelfeld zu etablieren, oder geht es wieder in Richtung Abstiegskampf?

Aufsteiger mit völlig konträren Plänen

Team WatfordWatford sorgte letzten Sommer für Aufsehen, alt man bis auf fünf Spieler den kompletten Aufstiegskader austauschte – nur Gomes, Cathcart, Abdi, Ighalo und Deeney überlebten den radikalen Schnitt, auch Trainer Slavisa Jokanovic fiel dem totalen Umbau von Klubbesitzer Gino Pozzo zum Opfer.

Der völlig neue Kader in Kombination mit dem neuen Coach Quique Sánchez Flores (der 2010 mit Atlético Madrid die Europa League gewonnen hat) funktionierte erstaunlich schnell erstaunlich gut, am Boxing Day lag man punktgleich mit Man United auf Rang sieben. Dann aber ging’s abwärts: In der zweiten Saisonhälfte waren nur zwei Teams schlechter.

Hierzulande beschränkte sich das Interesse an Watford auf die Frage, ob Prödl spielt oder nicht (Antwort: Prödl spielte eher gegen Teams mit schnellen Stürmern, weil er das Spiel defensiv besser lesen kann und bessere Übersicht hat; Britos eher gegen Teams mit Strafraumstürmern, weil er zweikampfstärker ist). Generell fiel aber auf, dass die Spielanlage von Watford gar nicht so unähnlich zu jener von Sánchez‘ einstigem Atlético-Team: Ein 4-4-2 mit einem phsyisch starken (Deeney bzw. Forlán) und einem schnellen Stürmer (Ighalo bzw. Agüero), mit zwei Spielmachern auf den Außen (Abdi/Jurado bzw. Reyes/Simao), mit einem Tackler und Umschaltspieler (Capoué bzw. Assuncao) im Zentrum.

Es war auch diese Vorhersehbarkeit, die Watford im Frühjahr zurückfallen ließ. Es steht zu vermuten, dass in der neuen Saison wieder alles so ganz neu sein wird wie es zu Beginn dieser Saison war. Trainer wird Walter Mazzarri sein, der Napoli dorthin führte, wo der Klub jetzt ist (nämlich in die Serie-A-Spitzengruppe).

Team BournemouthDen genau anderen Weg wie Watford ging Mitaufsteiger Bournemouth. Von der Stamm-Formation der Aufstiegssaison waren acht Mann auch in der Premier League Stamm: Die komplette Vierer-Abwehr und grundsätzlich auch das komplette Vierer-Mittelfeld (aus dem nur Harry Arter verletzungsbedingt Dan Gosling Platz machen musste), auch Goalie Boruc war letzte Saison schon da. Und hätte sich nicht Stürmer Callum Wilson im September das Kreuzband gerissen, würde auch er zu dieser Kategorie dazuzählen.

Außerdem ging der als heißester Abstiegskandidat geltende Klub nicht von seiner vorwärtsgerichteten Spielanlage ab, die unter der Regie von Eddie Howe den erstmaligen Premier-League-Aufstieg gebracht hat. Das wurde zuweilen als etwas arg naiv gescholten und brachte auch die eine oder andere derbe Niederlage (1:5 und 0:4 gegen Man City, 1:4 gegen Tottenham). Andererseits aber sorgte der Umstand, das man sich selbst treu blieb, für gleichbleibendes Selbstverständnis im No-Name-Kader und damit auch für einige Achtungserfolge – wie die Siege gegen Man United und Chelsea im Dezember, die nach einer harzigen Phase auch das nötige Selbstvertrauen zurück brachten.

Am Ende steht für das südlichste Team der Liga der Klassenerhalt zu Buche, der deutlich souveräner war, als man sich das erwarten durfte. Klar ist aber auch: Dem Kader fehlt es sehr wohl an Tiefe und auch an der nötigen Klasse, um sich in dieser Form auf längere Sicht in der Premier League etablieren zu können. Da es in Bournemouth in erster Linie auf die mannschaftliche Geschlossenheit ankommt, müssen Neuankömmlinge aber nicht noch sportlich, sondern noch viel mehr auch menschlich in das bestehende Gefüge hinein passen.

Abstiegs-Infight mit Nord-Schlagseite

In der TV-Serie „Game of Thrones“ gehört der Name der Familie Stark untrennbar zum Norden. In der Premier League waren die beiden Klubs aus dem Norden Englands in dieser Saison vieles. Aber stark waren sie nicht.

TeamSunderlandDie Black Cats aus Sunderland haben es am Ende geschafft, sich noch irgendwie in der Premier League zu halten. Dabei sah es (wieder einmal) lange so aus, als stünde der Abstieg gefühlt schon im Dezember fest.  Nur widerwillig hatte sich Dick Advocaat, der die letztjährige Rettung vollzogen hatte, im Sommer zum Weitermachen überreden, aber nach drei Punkten aus den ersten acht Spielen bei gleichzeitig oft horrender Überforderung war der Holländer doch weg.

Signifikant besser wurde es unter Sam Allardyce zwar erst einmal nicht, aber der erdige Brummbär mit der Vorliebe für große Sprüche vermittelte anders als Advocaat zumindest den Eindruck, als sei ihm das Schicksal seines Teams nicht völlig egal. Die entscheidende Phase für Sunderland war aber das Jänner-Transferfenster, in das man als Vorletzter mit sieben Punkten Rückstand auf das rettende Ufer gegangen ist.

Mit drei Neuzugängen nämlich änderte sich für Sunderland fast alles: Innenverteidiger Koné von Nizza, Sechser Kirchhoff von der Tribüne des FC Bayern und Außenstürmer Khazri von Bordeaux. In der zweiten Saisonhälfte ging die Anzahl der Gegentore dramatisch nach unten (von 2,0 pro Spiel auf 1,3), die der erzielten Treffer deutlich nach oben (von 1,0 pro Spiel auf 1,6). Mit der deutlich besser ausbalancierten Mannschaft hinter ihm klickte es auch bei Sturmspitze Jermain Defoe wieder.

Team NewcastleWenn Sunderland gezeigt hat, wie viel man mit nur drei richtigen Transfers erreichen kann, hat der Nachbar aus Newcastle gezeigt, wie viel man mit ziemlich vielen reichlich sinnlosen Transfers zerstören kann. Mark Ashley warf vor der Saison 70 Millionen Euro für Wijnaldum, Mitrovic, Thauvin und Mbemba auf den Markt; im Winter weitere knapp 40 Millionen für Shelvey, Townsend und Saivet.

Thauvin floppte furchtbar und flüchtete schon im Winter zurück nach Marseille, Mitrovic brauchte zu viele Chancen. Shelvey war defensiv durchlässig und offensiv zu harmlos. Townsend hat gezeigt, dass er eine passable Alternative ist, aber mehr auch nicht. Und Saivet kostete sechs Millionen für vier Einsätze. Von all den fancy Neueinkäufen konnten nur zwei überzeugen (Wijnaldum und Mbemba).

Dafür musste Moussa Sissoko out of position spielen und steuerte auf der ungeliebten Außenposition genau null Tore (und auch nur fünf Assists) bei. Der alte Coloccini ist zunehmend überfordert, Janmaat kaum mehr als biederer Durchschnitt und Dummett ist der unproduktivste Außenverteidiger der Premier League überhaupt (kein Witz).

Kurz: Der völlig ohne jeglichen Plan und rein nach Namen zusammen gestellte Kader passte hinten und vorne nicht zusammen, ligaweit hatte kein Team noch mehr Verletzungspech und Zauderer Steve McClaren war dann auch noch der falsche Trainer, um so einen disfuktionalen Haufen zu einer auch nur halbwegs funktionierenden Einheit zu machen. Es ist nur Goalie Rob Elliot zu verdanken (der den verletzten Tim Krul vertrat), dass die Magpies nicht schon längst verloren waren, als man sich im März doch durchringen konnte, McClaren zu entlassen.

In den Spielen unter Rafa Benitez war Newcastle das neuntbeste Team der Liga, in den letzten sechs Partien blieb man ungeschlagen, aber es war angesichts der steigenden Form von Sunderland zu spät. Sechs Jahre nach dem letzten Abstieg geht es wieder runter. Damals schaffte man den sofortigen Wiederaufstieg.

Team NorwichExperten für Wiederaufstiege sind die Canaries aus Norwich. Der Fahrstuhl-Klub von der Ostküste hat in den letzten zwölf Jahren vier Abstiege und ebenso viele Aufstiege erlebt. Dass es nun nach einem Jahr in der Premier League wieder runter geht, ist also fast schon Normalität.

Norwich startete ganz okay und hielt sich über die meiste Zeit der Saison knapp oberhalb der Abstiegsplätze auf, konnte sich aber nie wirklich absetzen und rutschte gegen Ende der Saison zusehends ab und konnte nicht mehr entgegen steuern. Die 67 Gegentore sind schon nicht besonders gut (was auch mit der Verletzung von Timm Klose zu tun haben mag), das eigentliche Problem von Norwich war aber eher am anderen Ende des Platzes zu finden. Der als unkonstant und launisch bekannte Mbokani war noch der am wenigsten schlechte Stürmer, die anderen (Jerome, Naismith und Bamford) zeigten nicht einmal annähernd Tauglichkeit für die Premier League.

Und so war es den Grün-Gelben auch nicht möglich, auf die am Saisonende steigende Form von Newcastle und vor allem Sunderland angemessen zu reagieren. Fünf der letzten sechs Spiele wurden verloren, gefühlt war nach dem kläglichen 0:3 daheim gegen Sunderland am fünftletzten Spieltag alles verloren.

Was lange siecht…

Team Aston VillaDie Plätze 16, 15 und 17 in den letzten drei Jahren. Vergangenen Sommer  Vlaar (aufgehört), Benteke (weggekauft), Delph (trotz anderslautender Versprechungen zu Man City abgehauen), Tom Cleverley (Ende der Leihe) und Andi Weimann (in die 2. Liga verkauft) verloren. Und dann auch noch Tim Sherwood als Trainer…

Schon vor Saisonstart war Aston Villa einer der ganz, ganz heißen Kandidaten auf einen Abstieg. Dass der Meistercup-Sieger von 1982 in dieser Saison aber so dermaßen schlecht sein würde, dass selbst doppelt so viele Punkte noch immer den letzten Platz bedeutet hätten, haben selbst Pessimisten nicht erwartet.

Nach dem Sieg zum Auftakt gegen Bournemouth folgten in den nächsten 19 Spielen satte 14 Niederlagen und kein einziger voller Erfolg. Remi Garde, der Ende Oktober für den heillos überforderten „Tactics Tim“ Sherwood (0,4 Punkte pro Spiel) übernahm, brachte auch keine nennenswerte Verbesserung (0,6 Punkte pro Spiel). Aber die leidgeprüften Fans des Traditionsklubs haben vor allem Owner Randy Lerner im Visier. In den letzten paar Jahren ging es mit dem Klub, der an die CL-Plätze anklopfte, stetig bergab – und Lerner machte nie den Eindruck, als wolle er den Abwärtstrend stoppen.

Fünfmal verlor Villa in dieser Saison mit vier Toren oder mehr Differenz und die wenigen Spieler, die zumindest in der Vergangenheit mal Klasse gezeigt haben (Agbonlahor und Lescott vor allem, aber auch Richards) wirkten zumeist gleichgültig bis ignorant.

Lerner hat den Klub nun für lächerliche 60 Millionen Pfund an den chinesischen Geschäftsmann Tony Xia verkauft und dieser hat hochtrabende Pläne (Champions-League-Titel in zehn Jahren, man kennt sowas ja). Realistischerweise aber steht nun ein kopletter Neustart an und in der Championship hatten schon wesentlich besser aufgestellte Klubs große Probleme. Anders gesagt: Wenn nicht sehr schnell einige sehr entscheidende Dinge in eine sehr gute Richtung gelenkt werden, kann es auch ganz schnell in die Drittklassigkeit gehen.

Fazit: Ein unterhaltsames Chaos-Jahr

Selten gab eine Premier-League-Saison so viele Geschichten her wie diesmal: Leicsters Siegeszug, Chelseas freier Fall, die wachsende Ablehnung von Van Gaal, der Klopp-Hype in Liverpool, und und und. Der gezeigte Fußball war nicht immer großartig und an der Spitze hinkt die Premier League dem spanischen Top-Trio und den beiden deutschen Titelkandidaten deutlich hinterher – in der Breite aber ist keine große europäische Liga so ausgeglichen.

Das liegt natürlich daran, dass selbst Abstiegskandidaten in der Premier League zum Teil deutlich mehr Geld zur Verfügung haben wie etwa Klubs aus der erweiterten Bundesliga-Spitze. Gerade jene Vereine, die diese Möglichkeiten intelligent nützen (wie Leicester, Southampton und West Ham) und nicht blindwütig einfach irgendwen kaufen (wie Newcastle), schließen zu den Top-Klubs auf.

Diese wiederum haben zwar oft breitere Kader, die aber oft entweder falsch eingesetzt werden (Man Utd), in Selbstzufriedenheit versinken (Man City, Chelsea) oder in sich einfach nicht zusammen passen. So hat diese Saison eindeutig gezeigt, dass auch in der Premier League eine stingente Strategie (Foxes, Spurs, Saints) die reine individuelle Klasse immer öfter aussticht.

Das heißt: Man kann durchaus davon ausgehen, dass es auch in der kommenden Saison in der Premier League einige Überraschungen geben wird.

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Moldawien nützt Halbräume besser, aber Österreich zittert sich zu 2:1-Sieg https://ballverliebt.eu/2014/10/10/moldawien-nuetzt-halbraeume-besser-aber-oesterreich-zittert-sich-zu-21-sieg/ https://ballverliebt.eu/2014/10/10/moldawien-nuetzt-halbraeume-besser-aber-oesterreich-zittert-sich-zu-21-sieg/#comments Thu, 09 Oct 2014 22:47:06 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10589 Moldawien nützt Halbräume besser, aber Österreich zittert sich zu 2:1-Sieg weiterlesen ]]> Niemand hat eine glanzvolle Vorstellung und einen begeisternden Kantersieg von Österreich in Moldawien erwartet. Eher eine mühsame Partie, die man halt irgendwie gewinnen muss. Genauso ist es gekommen. Ein geschenkter Elfer und ein eigentlich irreguläres Tor nach einem Eckball sorgten für einen 2:1-Sieg. In einem Spiel, in dem Gegner Moldawien aber eine deutlich inspiriertere Herangehensweise hatte.

Moldawien - Österreich 1:2 (1:1)
Moldawien – Österreich 1:2 (1:1)

Geduld zeigen gegen ein destruktiv agierendes Team: Das war die Marschroute, die Marcel Koller vor dem Spiel in Moldawien ausgegeben hatte. Dass die Gastgeber erstmals mit dem neuen Teamchef Curtianu antraten und in einem wohl so nicht ganz erwarteten 5-1-2-2 ohne echten Mittelstürmer antraten, hat die Sache nicht erleichtert – grundsätzlich begann das ÖFB-Team aber gut und richtig.

Durchdachter Start des ÖFB-Teams

Denn die Außenverteidiger in der moldawischen Fünferkette – vor allem Ion Jardan rechts – ließen immer wieder gut Raum hinter sich, den ihre Nebenleute nicht richtig schlossen. So kamen die österreichischen Außenspieler immer wieder gut in den Rücken der Kette. Erst sorgte eine Flanke von links für große Gefahr (8.), eine Minute später sorgte eine Flanke, die baugleich von rechts kam, für den (geschenkten) Elfmeterpfiff und das 1:0 für Österreich.

Zudem versuchten es die Gäste mit weiten Seitenwechseln, den moldawischen Verbund zusätzlich auseinander zu ziehen und zweite Bälle am gegnerischen Strafraum gehörten, wie auch schon über weite Strecken beim 1:1 gegen Schweden, sehr oft Österreich.. Risiko-Bälle wurden im Aufbau, vor allem nach der Führung, aber eher vermieden. Bis zur Führung wurde Österreich vom Gegner an der Mittellinie erwartet und dann der Ballführende gedoppelt, nach Alabas Elfmeter-Tor gingen die Moldawier aber schnell deutlich höher die Gegenspieler an.

Moldawien bearbeitet unbesetzte Halbräume

Vor allem zeigte sich immer mehr der Clou hinter Curtianus ungewöhnlicher System-Variante. Vor der Fünfer-Abwehrkette stand ein Sechser (Cojocari), rechts leben ihm spielte Ionita. Der nominell halblinke Achter (Gatcan) aber spielte viel höher als Ionita, oft zwischen den beiden nominellen Stürmern (Dedov und Picusciac, später Sidorenco). Die beiden Achter versuchten, in den Rücken der aufrückenden Baumgartlinger und Alaba zu kommen, während die von außen kommenden Stürmer die Kanäle in den Halbräumen ebenso bearbeiteten.

So zwangen sie die österreichische Viererkette immer wieder zu so sicher nicht geplanten Verrenkungen, was natürlich Räume in Zonen schuf, in denen man als Abwehrkette eigentlich keine Räume schaffen will. So machten Dragovic und Prödl (dessen Trikot-Zupferl den Elfmeter zum 1:1 zur Folge hotte) nicht selten einen ziemlich verwirrten und reichlich unsicheren Eindruck. Ihr Glück war nur, dass die Moldawier nicht gerade die geborenen Vollstrecker vor dem Tor zur Verfügung haben.

Österreich lässt unbesetzte Halbräume ungenützt

Ganz anders ging das ÖFB-Team mit ganz ähnlichen Räumen um. Weil bei den Moldawiern vor allem nach dem Rückstand die Kompaktheit zwischen der Fünfter-Abwehr und dem Mittelfeld davor fehlte, hätte es jede Menge Raum gegeben, in den die Mittelfeld-Außen reingehen hätten können. Arnautovic machte das hin und wieder, während ihn Fuchs hinterlief – die linke Seite von Österreich war die deutlich produktivere. Die rechte mit Klein und dem komplett unsichtbaren Sabitzer war de facto tot.

Man kam leicht hinter die Außenverteidiger, man bekam in den Halbräumen oft ziemlich viel Platz angeboten, aber es fehlte Österreich das Auge oder die Eigeninitiative oder auch die Phantasie, um diese eigentlich eklatanten Schwächen konsequenter anzubohren. Es blieb immer alles Schema-F-artig, ein wenig uninspiriert. Die verordnete Geduld wurde gezeigt, aber mit Geduld alleine ließ sich Moldawien nicht aufreißen.

Wieder nichts aus dem Spiel heraus

So gab es auch, wie schon gegen Schweden, zwar ein optisches Übergewicht mit deutlich mehr Ballbesitz als der Gegner, aber wiederum so gut wie keine ernsthafte, herausgespielte Torchance. Gegen Schweden sorgte ein Elfer für das Tor, in diesem Spiel erneut ein Elfer, ehe aus einem Eckball das (wegen Arnautovic‘ Positionierung praktisch auf den Zehen des sonst exzellenten moldawischen Keepers Cebanu eigentlich irreguläre) 2:1-Siegtor resultierte.

Nach dem Österreich es sich erlauben konnte, die eigenen defensiven Halbräume besser abzudecken und so den Moldawien weniger Raum und auch weniger Gelegenheit zu geben, diese zu bearbeiten. Das hieß aber im Gegenzug: In der Vorwärtsbewegung wurde beim ÖFB-Team deutlich weniger aufgerückt, was es gegen die Fünferkette plus Sechser zusätzlich erschwerte.

Zittern erst zum Schluss

Dennoch: Aufgrund der defensiveren Anlage nach dem 2:1 musste man eigentlich keine wirkliche Angst mehr vor einem Gegentreffer haben, bis sich der bis dahin alles andere als schlecht spielende Marc Janko zehn Minuten vor Schluss zu einer Dummheit provozieren ließ und nach seinem Hieb in Cebanus Rücken völlig zu Recht vom Platz flog.

Was aber weniger ein inhaltlich-taktisches Problem hervorrief, sondern ein nervliches. Im 4-4-1 am Ende (mit Leitgeb vorne und der Mittelfeld-Kette mit Harnik, Baumgartlinger, Ilsanker und Alaba dahinter) wären die Räume an sich gut abgedeckt gewesen und eine gute Pressing-Aktion von Harnik, Leitgeb und Alaba hätte auch beinahe für das 3:1 gesorgt. Aber gerade bei den letzten beiden moldawischen Standards reagierte die pure Panik, nicht doch noch einen reingekugelt zu bekommen.

Fazit: Hauptsache gewonnen

Inhaltlich zeigte sich Moldawien mit dem neuen Teamchef Alexandru Curtianu deutlich inspirierter als die zuweilen etwas gar viel auf die „Geduld“-Vorgabe setzende österreichische Mannschaft. Jeder versucht, so gut wie möglich die mitgegebenen Vorgaben umzusetzen, aber das Kreieren von Torchancen gegen einen grundsätzlich eher defensiv und reaktiv spielenden Gegner fällt extrem schwer.

Immerhin: Die drei Punkte sind da und das ist im Endeffekt alles, was in solchen Spielen zählt. Will man zu einer EM, muss man solche Partien einfach nur überleben, zumal die Tordifferenz ja bei Punktgleichheit ohnehin nicht zählt. Dass Österreich gegen bessere Gegner auch selbst besser spielt, weil man mehr Räume hat und nicht so sehr selbst zur Gestaltung gezwungen ist, ist ja nicht neu.

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Fehler genützt, 6:0 gewonnen – aber alles passte gegen die Färöer nicht https://ballverliebt.eu/2013/03/23/fehler-genutzt-60-gewonnen-aber-alles-passt-gegen-die-faroer-nicht/ https://ballverliebt.eu/2013/03/23/fehler-genutzt-60-gewonnen-aber-alles-passt-gegen-die-faroer-nicht/#comments Sat, 23 Mar 2013 00:46:54 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8505 Fehler genützt, 6:0 gewonnen – aber alles passte gegen die Färöer nicht weiterlesen ]]> Angstgegner? Nicht in Heimspielen! Zum dritten Mal empfängt Österreich das Team von den Färöer-Inseln, zum dritten Mal gibt es einen nie auch nur im Ansatz gefährdeten Sieg. Beim 6:0 gegen den mit zwei sehr eng stehenden Viererketten auftretenden Gegner wurde zwar nicht allzu oft aus herausgespielten Chancen getroffen. Die Fehler des Gegners wurden aber eiskalt ausgenützt. Womit am Ende ein erfreulich hoher Pflichtsieg steht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

2013 03 22 Aut-Far 6-0
Österreich – Färöer 6:0 (3:0)

Nix da mit tief stehen: Die Färinger versuchten Österreich vom eigenen Tor wegzuhalten, in dem sie ihre Abwehr-Kette wann immer möglich weit nach vorne schoben. Die Mittelfeld-Kette schob allerdings nicht in gleichem Maße nach vorne, womit sich ein sehr kompaktes Acht-Mann-Rechteck bildete. Das Ziel war klar: Den Österreichern, bekannt für eher mäßigen eigenen Spielaufbau, die Mitte zustellen und so wenig Platz wie möglich zum kombinieren geben.

Zwei Schwachstellen

Das Problem der Färinger war dabei aber unter Anderem, dass sich Marc Janko beim Aufwärmen wehtat und statt ihm Philipp Hosiner zu seinem Start-Elf-Debüt im Nationalteam kam (seine ersten drei Minuten im Team spielte er vor zwei Jahren in Spiel 1 nach Constantini). Der Austrianer ist ein Spieler, der sich hervorragend mit der Abseitslinie spielen kann und Verteidigern in dessen Rücken davonlaufen kann. Das, verbunden mit einem individuellen Schnitzer von Baldvinsson, ermöglichte Hosiner das Tor zum 2:0. Den großen, robusteren Janko hätten die Gäste so wohl deutlich besser in Schach halten können.

Die andere Schwachstelle, die sich aufgrund dieser kompakten, aber ohne Druck auf den Gegenspieler ausübenden Defensiv-Aufstellung der Färinger war, dass sie die Flanken völlig offen ließen. Garics und vor allem Fuchs konnten ungehindert aufrücken und bis an die Grundlinie durchgehen. Gerade Fuchs-Gegenspieler Hjalgrim Elttør war gedanklich fast immer einen Schritt hintennach; er fiel nur auf, wenn er Fuchs mal wieder nachhechelte. Dieser Freiraum ermöglichte Fuchs seine starke Flanke zwischen den Viererketten hindurch auf Hosiner, der zum schnellen 1:0 verwandelte.

Schnelle Entscheidung

In der Folge verstanden es die Gäste besser, den zur Grundlinie Durchgehenden (zumeist Fuchs, immer wieder aber auch Arnautovic – der auf rechts begann und nach etwa einer Viertelstunde mit Ivanschitz die Seiten tauschte – und Alaba) zumindest so zu doppeln, dass keine Flanke mehr ins Zentrum kommen konnte. Was sich allerdings nicht änderte, war die Tatsache, dass die zwei Ketten zwar eng standen, aber selbst auf die sich mittendrin befindenden Österreicher kein wirklicher Druck ausgeübt wurde. So konnte Ivanschitz nach einer halben Stunde unbedrängt seinen Weitschuss zum 3:0 anbringen. Spätestens da war das Spiel natürlich entschieden.

Was sich nicht so richtig lohnt, ist, auf die Offensive der Färinger einzugehen – die gab es nämlich nicht. Und zwar gar nicht. Holst als hängende Spitze sah kaum einen Ball, Solo-Spitze Edmundsson im Grunde gar keinen. Es gab nicht mal einen wirklichen Aufbau, weder aus dem Zentrum noch von den Flügeln. Wenn Heinz Lindner nicht im ÖFB-Tor gestanden wäre, es hätte keiner gemerkt. Dragovic und Pogatetz war in der Innenverteidigung wohl eher langweilig, Sechser Kavlak unterfordert.

Alaba und Arnautovic bleiben am Gaspedal

Was erfreulich war: Trotz der 3:0-Führung und der Tatsache, dass die Partie längst entschieden war, stiegen vor allem David Alaba und Marko Arnautovic nicht vom Gaspedal. Vor allem dieses Duo versuchte immer wieder, mit schnellen und auch mit überraschenden Aktionen den Färöer-Block auseinander zu ziehen und so Löcher zu reißen. In letzter Konsequenz fehlte dabei zwar oft die Genauigkeit, aber es sendete ein wichtiges, permanentes Signal aus: Wir wollen hier mehr als nur verwalten.

Gerade David Alaba war einmal mehr überall zu finden. Nominell startete auf der halblinken Position als Achter, der ging von dort aus aber oft auch auf den linken Flügel, auch mal nach rechts rüber, bot sich für Anspiele an, lenkte das Spiel. Was natürlich auch deshalb möglich war, weil ihn die Färinger auch ließen und er wusste, dass Defensivarbeit nicht gefragt war.

Ivanschitz nimmt sich zurück

Wer hingegen eine eher unauffällige Partie absolvierte, war Andreas Ivanschitz. Der Mainz-Legionär startete auf der linken Außenbahn und wechselte nach rund 15 Minute auf rechts, ihm fehlte es aber ein wenig an der Hilfe von Garics, dazu waren seine Gegenspieler Samuelsen und Justinussen stärker als die Färinger auf der anderen Seite. In der zweiten Halbzeit nahm er sich dann immer mehr zurück, was sein Positionsspiel angeht.

Heißt: Er ging ins Zentrum auf die Acht und flankierte dort den für Kavlak eingewechselten Leitgeb und war die Absicherung in der Mitte. Das erlaubte es nicht nur Leitgeb, nach vorne zu arbeiten, sondern ermunterte auch Alaba, sich noch mehr in die Offensive einzuschalten und zuweilen als Rechtsaußen zu spielen. Und obwohl nach etwas mehr als einer Stunde Weimann für den immer defensiver werdenden Ivanschitz kam, drohte dieser Wechsel Österreich den Schwung zu rauben.

Drei Tore wecken Verwalter wieder auf

Alaba war nun zurück im Zentrum, Weimann ging auf die rechte Seite. Ohne Alaba in der unmittelbaren Offensive aber ging in der Folge merkbar der Punch ab. Immer mehr ging es nun auch über höhere Bälle – ohne Janko vorne kein wirklich taugliches Mittel. Nun, nach rund einer Stunde, hatte man erstmals das Gefühl, es würde auf Verwalten umgestellt. Es gab zwar einige Halbchancen, aber erst Junuzovic‘ Weitschuss zum 4:0 eine Viertelstunde vor Schluss weckte die Szenerie wieder auf.

Das Erstaunliche an der Abwehr der Gäste: Selbst nach dem vierten Gegentor rückten die immer noch fleißig auf, wann immer es möglich war (was, zugegeben, nicht so sehr oft der Fall war). So aber fingen sie sich unmittelbar nach dem 4:0 einen blitzsauberen Konter über Hosiner ein, der auf Weimann flankte, dieser legte zurück auf Alaba – das 5:0. Kurz darauf ließ auch noch Färöer-Goalie Nielsen ein Garics-Schüsschen zum 6:0 passieren.

Fazit: Schöner Sieg, aber auch nicht mehr

In so einem Spiel gegen den designierten Punktelieferanten zählt letztlich nur das Resultat. Das ist mit dem 6:0 – dem höchsten Länderspiel-Sieg seit 14 Jahren – natürlich sehr, sehr gut und übertraf die Erwartungen. Viele Erkenntnisse lassen sich aber nicht ziehen, dazu war der Gegner einfach viel zu harmlos.

Was sich aber sehr wohl sagen lässt, obwohl das nach einem 6:0 seltsam klingt: Es fehlen weiterhin die Tore aus der eigenen Spielgestaltung heraus. Das 2:0 und das 6:0 resultierte aus schlimmen individuellen Fehlern der Gäste, das 3:0 und das 4:0 waren Weitschüsse von außerhalb des Strafraums und das 5:0 war ein Konter. Obwohl Arnautovic und Alaba viel probierten, geht das sicher noch besser.

Natürlich: Nach einem 6:0 mag sich das wie mühsame Nörgelei anhören, nach dem krampfhaften Suchen nach einem Haar in der Suppe. Tatsache ist aber: Irland wird deutlich robuster verteidigen, hat Spieler von deutlich höherer Klasse, und wird Österreich wohl kaum so viele Fehler anbieten wie das Färöer gemacht hat. Die Fehler, die Irland macht, müssen aber so konsequent genützt werden wie sie in diesem Spiel genützt wurden. Das war nämlich der größte Pluspunkt am Spiel des ÖFB-Teams.

(phe)

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Ballverliebt Classics: Färöer II. https://ballverliebt.eu/2013/03/20/ballverliebt-classics-faroer-ii/ https://ballverliebt.eu/2013/03/20/ballverliebt-classics-faroer-ii/#comments Wed, 20 Mar 2013 14:56:08 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8442 Ballverliebt Classics: Färöer II. weiterlesen ]]> Vom Winde verwehrt: 18 Jahre nach Landskrona versuchte sich wieder ein österreichisches Nationalteam auswärts gegen die Färinger, und wieder war das Resultat eine Blamage. Keine Jahrhundert-Peinlichkeit wie das Spiel im September ’90 zwar, aber in ihrer Entstehung nicht weniger dämlich – und in der Erinnerung auch wegen der „Radio-Übertragung“ von Thomas König (der ORF bekam kein Bildsignal) berüchtigt. Im teils heftigen Sturm auf den Schafsinseln agierte das Team fast ausschließlich mit hohen Bällen. Das 1:1 war letztlich auch der Anfang vom Ende der kurzen Ära Brückner.

Färöer - Österreich 1:1 (0:0)
Färöer – Österreich 1:1 (0:0)

„Du kannst bei so einem Gegner nicht sagen, ‚du musst auf das oder auf das aufpassen‘, wenn die davor 21 Spiele lang ohne Sieg waren!“ – So bilanzierte Herbert Prohaska das Spiel danach. Es hätte vermutlich aber schon gereicht, wenn man der Mannschaft gesagt hätte: „Da hat’s einen ziemlich üblen Wind, vermeidet hohe Bälle um jeden Preis.“

Das Gegenteil war der Fall: Die allzu offensichtliche Vorgabe war, es ausschließlich mit hohen Bällen zu versuchen.

System und Raumaufteilung

In seinem vierten Länderspiel als Teamchef war Karel Brückner erstmals von seinem Hybrid aus 4-1-4-1 und 4-3-3 abgegangen und stellte ein 4-4-2 auf. Gegen den wie erwartet sehr tief stehenden Gegner mit dessen zwei dichten Viererketten standen vorne Leuchtturm Janko und Wusler Hoffer. Der Plan war klar: Janko soll die hohen Bälle annehmen und Hoffer bedienen bzw. diesem den Weg freiblocken.

Die Flügel waren nicht synchron besetzt. Auf der rechten Seite hatte RV Garics durchaus den Vorwärtsgang drin, Vordermann Harnik rückte relativ früh ein und sollte von Garics – zumindest in der Theorie – hinterlaufen werden. Links hingegen war Emanuel Pogatetz deutlich vorsichtiger, wodurch sich mitunter hinten eine De-facto-Dreierkette ergab.

Der Wind fängt die hohen Bälle

Die beiden Viererketten der Färinger fingen rund 30 Meter vor dem eigenen Tor an, den ballführenden Österreicher aggressiv zu doppeln. Nicht aber im Sinne von Pressing, sondern mit ganz erdigen, körperbetonten Zweikämpfen. Dass der slowenische Referee Ceferin das Spiel eher an der langen Leine ließ, kam den Färingern da durchaus zu Pass.

Die Folge war, dass die hohen Bälle von immer weiter hinten in die grobe Richtung von Janko und Hoffer geschlagen wurden. Das Hauptproblem dabei war der Wind: In der ersten Hälfte spielte Österreich mit Rückenwind und dieser fing die Bälle ab einer Höhe von etwa fünf Metern ein. Präzision war dadurch völlig unmöglich, zudem waren die Gastgeber diese Bedingungen natürlich gewöhnt.

Kaum Kombinationsspiel

Von einem Aufbauspiel der Färinger zu sprechen, wäre eine Übertreibung: Die Abschläge von Torhüter Mikkelsen plumpsten, gegenwindbedingt, schon deutlich vor der Mittellinie zu Boden. Versuche, aus dem Mittelfeld die beiden Stürmer Hansen und Holst zu bedienen, scheiterten an der Ungenauigkeit und der Hast, mit der diese Pässe gespielt wurden. Versuche, den Ball mal ein wenig in den eigenen Reihen zu halten, endeten zumeist beim eigenen Torhüter und einem Abschlag, der wiederum Opfer des Windes wurde.

Der die Österreicher aber weiterhin nicht davon abhielt, den Ball in die Höhe zu bringen. Was auch deshalb nötig war, weil es de facto kein Kombinationsspiel ab. Auf den Außenbahnen preschten zwar Garics und Fuchs nach vorne, sie taten das zumeist allerdings ohne einmal mit einem Doppelpass den Gegner auszuspielen.

Dennoch genug gute Chancen

Einen Schönheitspreis hat niemand verlangt, und auch wenn die Herangehensweise mit den langen Bällen kein wirklich taugliches Rezept war, heißt das nicht, dass es nicht dennoch genug Chancen gegeben hätte. So wurde ein Schuss von Hoffer aus spitzem Winkel auf der Linie geklärt (9.), konnte Färöer-Goalie Mikkelsen einen Janko-Kopfball aus kurzer Distanz halten (16.), verpasst Harnik eine Flanke von links nur knapp (18.). Nach einem zu kurzen und zu ungenauen Freistoß der Färinger an der Mittellinie fing Ivanschitz den Ball ab und schickte Janko in den für einmal offenen Rücken der Abwehr, aber auch aus dieser Chance wurde nichts (26.). Und schließlich schob der für den verletzten Harnik eingewechselte Andi Hölzl einen Abpraller nach einem Freistoß am Tor vorbei (32.).

Stranzl etwas unglücklich

Prödl und Stranzl waren in der ersten Hälfte null gefordert – die Gastgeber brachten in der ersten Hälfte nur einen Schuss auf das Gehäuse von Alex Manninger – und vor allem Stranzl machte in der Folge einen eher schläfrigen Eindruck. Eine Minute und 20 Sekunden nach Beginn der zweiten Hälfte rückte er bei einem Angriff der Färinger etwas halbherzig heraus und ließ Bogi Løkin in seinem Rücken entwischen. Der 19-Jährige, der den angeschlagenen Borg auf der rechten Mittelfeld-Seite ersetzte, schob mühelos zum 1:0 ein.

Im direkten Gegenzug machte Stranzl seinen Patzer wieder gut, indem er eine von Arnbjørn Hansen per Kopf verlängerte Ivanschitz-Ecke im Fallen aus kurzer Distanz zum 1:1 über die Linie drückte, aber hinten blieb er weiterhin anfällig – wenige Minuten nach dem Ausgleich ließ er erneut einen Färinger laufen. Diesmal wurde die Schläfrigkeit aber nicht bestraft.

Österreich spielte in dieser zweiten Hälfte nun mit Gegenwind. Das mag auch ein Grund sein, warum nun deutlich weniger schnell nachgerückt wurde. Dadurch wurden auch weniger zweite Bälle erkämpft und es fiel den Färingern zunehmend leichter, gute österreichische Chancen zu verhindern. In der 61. Minute scheiterte Janko aus einem Meter an Goalie Mikkelsen, sonst war nicht viel los. Weshalb Brückner nach 67 Minuten ein ein 3-4-3 umstellte.

Mit dem Kopf durch die Wand

Ab Minute 67
Ab Minute 67

Je länger das Spiel aber dauerte, umso mehr war es geprägt von immer verzweifelteren Einzelaktionen, anstatt sich am Zusammenspiel zu versuchen. Das sah in der Regel so aus, dass einer einen Alleingang startete und die Teamkollegen ihm, ohne sich groß selbst zu bewegen, dabei zusahen.

Nicht selten war ein Spieler in Rot von drei Weißen umringt, aber niemand bot sich zum Helfen an. Die Abstimmung der drei Stürmer vorne passte nicht, daran konnte auch der zehn Minuten vor Schluss für Janko eingewechselte Arnautovic nichts mehr ändern. In Minute 75 zielte Jimmy Hoffer bei einem Torschuss ein wenig zu hoch – es war die einzige echte Tormöglichkeit in der letzten halben Stunde.

Die Färinger brachten das 1:1 ohne wirklich in Gefahr zu kommen über die Zeit. Das zweite Mal, dass man dem ÖFB-Team ein starkes Resultat abtrotzen konnte.

Die Auswirkungen

So blöd es klingt: Rein sportlich hatte der Punktverlust in Tórshavn keine allzu gravierenden Folgen – zu weit war man am Ende ohnehin von der Konkurrenz in der Gruppe entfernt. Viel schlimmer waren aber einerseits die psychischen Folgen einer erneuten Blamage gegen die Färöer-Inseln und die unmittelbar nach dem Spiel einsetzenden Selbstzerfleischung. Dass die Funktionäre schnellstmöglich ausgeflogen wurden, während sich die Spieler die Nacht am Flughafen um die Ohren schlagen mussten – wegen des Windes wurde ein Startverbot verhängt – monierte etwa Marc Janko lautstark und bekam dafür einen ordentlichen Rüffel und viel Häme.

Zermürbt von den medialen Prügeln, der unglücklichen Heimreise und dem Wissen um die Blamage war Österreich vier Tage später im Heimspiel gegen Serbien völlig chancenlos und lag nach 25 Minuten schon 0:3 im Rückstand. Die Hoffnung auf eine WM-Qualifikation war schon nach dem vierten Spiel endgültig dahin, der Schwung aus der eh ganz okay verlaufenen Heim-EM, dem Test-Remis gegen Italien und dem erfreulichen 3:1-Sieg im ersten WM-Quali-Spiel gegen Frankreich war komplett verfolgen.

Teamchef Karel Brückner, der nach der EM und sieben Jahren als tschechischer Teamchef eigentlich in Pension gehen wollte und von ÖFB-Präsident Stickler aus selbiger geholt wurde, war nach dem 0:2 in Litauen schon ein wenig angezählt. Nach dem Doppelspieltag mit dem 1:1 in Tórshavn und dem 1:3 gegen Serbien bildete sich endgültig eine massive Front gegen den Tschechen. Ihm wurde vorgehalten, sich zu wenig in Österreichs Stadien blicken zu lassen, seinen Wohnsitz nicht von Olmütz nach Wien zu verlegen, mitunter die Vornamen der Spieler nicht zu kennen. Kurz: Desinteresse am Teamchef-Posten.

Es folgten eine schlechte Leistung beim 2:4 in einem Freundschaftsspiel gegen Türkei und eine desaströse im Februar 2009 beim 0:2 gegen Schweden, ehe Brückner nach nur sieben Spielen im Amt das Handtuch warf. Der kurz zuvor als Stickler-Nachfolger ins Amt des ÖFB-Präsidenten gekommene Leo Windtner installierte Didi Constantini als neuen Teamchef. Es folgte eine Ära, die gemeinhin, nun ja, nicht so gut davonkommt.

Das Personal

Österreich: Alex Manninger (31, Juventus) – Gyuri Garics (24, Atalanta), Sebastian Prödl (21, Bremen), Martin Stranzl (28, Spartak Moskau), Emanuel Pogatetz (25, Middlesbrough) – Martin Harnik (21, Bremen), Paul Scharner (28, Wigan), Andreas Ivanschitz (24, Panathinaikos), Christian Fuchs (22, Bochum) – Jimmy Hoffer (21, Rapid), Marc Janko (25, Salzburg). Eingewechselt: Andreas Hölzl (23, Sturm Graz), Roman Kienast (24, Helsingborg), Marko Arnautovic (19, Twente). Teamchef: Karel Brückner (Tscheche, 68, seit zwei Monaten).

Färöer: Jakup Mikkelsen (38, Klaksvík) – Jónas Tór Næs (21, Köge/Dänemark), Egil Bø (34, Streymur), Jón Rói Jacobsen (25, Frem Kopenhagen), Jóhan Davidsen (20, Runavík) – Jákup Borg (28, HB Tórshávn), Atli Danielsen (25, Frem Kopenhagen), Mikkjal Thomassen (32, Streymur), Christian Høgni Jacobsen (28, AB Kopenhagen) – Christian Holst (26, Silkeborg/Dänemark), Arnbjørn Hansen (22, Streymur). Eingewechselt: Bogi Løkin (19, Runavík), Frodi Benjaminsen (30, HB Tórshavn), Andrew Fløtum (29, HB Tórshavn). Teamchef: Jógvan Martin Olsen (47, seit drei Jahren).

(phe)

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„Der eine holt Kraft aus’m Gebet, der andere aus der Badewanne!“ https://ballverliebt.eu/2012/12/23/der-eine-holt-kraft-ausm-gebet-der-andere-aus-der-badewanne/ https://ballverliebt.eu/2012/12/23/der-eine-holt-kraft-ausm-gebet-der-andere-aus-der-badewanne/#comments Sun, 23 Dec 2012 09:30:27 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8250 „Der eine holt Kraft aus’m Gebet, der andere aus der Badewanne!“ weiterlesen ]]> Raphael Honigstein nannte ihn zuletzt den Breisgau-Bielsa: Christian Streich, der etwas schräge Erfolgstrainer des SC Freiburg. Mit ihm startete der Bundesliga-Underdog nicht nur innerhalb eines Jahren vom sicher scheinenden Abstieg auf einen Europacup-Platz, sondern vollzog dabei auch noch die Entwicklung seines Teams zum derzeit wohl interessantesten der ganzen Bundesliga. Und nebenbei unterhält er mit seinem lockeren Mundwerk auch noch auf allerbeste Weise. Zum Abschluss des Kalenderjahres 2012 bezwang sein Team Schalke mit 3:1 – und das hochverdient.

FC Schalke 04 - SC Freiburg 1:3 (0:2)
FC Schalke 04 – SC Freiburg 1:3 (1:2)

Die „Badische Zeitung“ hat eine ganze Sektion den verbalen Genialitäten von Christian Streich gewidmet – zu Recht. Der gute Mann sagt nämlich intelligente Sachen, launig verpackt. Sowas wie:

„Wenn wir Trainer jetzt kommen würden und sagen, ‚lieg a Stund vorher in der Badewanne weil das entspannt dich wahnsinnig‘ – könnt ja sein, es gibt so Trainer. Oder ‚geh beten‘ oder sowas, könnt ja auch sein, wenn ein Trainer religiös ist, und i will aber partout net in die Kirch, weil ich austrete bin, und ich werd dazu zwunge, das isch ja net gut. Da kann ich ja net gut kicken, hinterher. Und deshalb müsse ma uns auch über solche Sachen unterhalten, über individuelle Herangehensweisen. Der eine holt Kraft aus’m Gebet, der andere holt die Kraft aus der Badwanne. […] Das respektier‘ ich und da sollte man so gut wie möglich drauf eingehen!“

Streich hat es im Blitztempo geschafft, seine Mannschaft auf Linie zu bringen, als sie fünf Punkte hinter einem Nicht-Abstiegsplatz lag und mit dem zu Newcastle abgewanderten Papiss Cissé gerade den einzigen Star-Spieler verloren hatte. Das geht natürlich nicht mit Motivation alleine (obwohl Streich das zweifellos hervorragend kann), sondern vor allem mit einem funktionierenden taktischen Konzept, an das sich alle halten.

Feld eng machen, auf Flügeln pressen

Zwei Faktoren machen Freiburg zu einem so unangenehmen Gegner. Zum einen rückt die Abwehrkette weit auf und lassen sich beide Stürmer gerne etwas zurückfallen, und im 4-4-2 wird extrem verschoben. So wird der für die andere Mannschaft zu bespielende Raum extrem klein und es fällt Freiburg somit leichter, Überzahl in Ballnähe zu schaffen. Ganz ähnlich schaffte in der vergangenen Saison Lucien Favre den so beeindruckenden Turnaround mit Borussia Mönchengladbach.

Der zweite Aspekt ist, dass Freiburg den Gegner fast zwingt, das Spiel über das Zentrum aufzubauen. Grund dafür ist, dass es der Sportclub in seinem zum Teil recht heftigen Angriffspressing vor allem auf die Außenverteidiger abgesehen hat. In diesem Fall rückt sofort einer der beiden Stürmer nach draußen und doppelt mit dem Flügelspieler aus dem Mittelfeld. Oft genug landet dadurch der Ball im Aus, es gibt Einwurf für Freiburg, und die ganze Mannschaft kann sich nach vorne orientieren.

Schalke umgeht Flügelpressing

Um diese Spielanlage wusste Schalke-Trainer Huub Stevens natürlich, und seine Gegenstrategie war simpel: Er wies einfach seine Innenverteidiger an, die Außenverteidiger nicht tief stehend anzuspielen.

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Auffällig: Vor allem in der Anfangsphase gab es von den Schalke-IV Matip (32) und Höwedes (4) praktisch keine Pässe auf die Außenverteidiger. (Grafik: dfl.de)

Somit entging die Viererkette zwar durchaus dem aggressiven Pressing den Freiburger Offensiv-Quartetts, hatte aber dennoch Probleme, einen gesitteten Spielaufbau auf die Reihe zu bekommen. Zwar hatten Neustädter, Moritz und (der erstaunlich hoch stehende) Holtby einen numerischen Vorteil gegenüber dem Freiburger Duo in der Zentrale, aber dank des engen Raumes und des geschickten Verschiebens des Freiburger Kollektivs fand man kein dauerhaft funktionierendes Mittel.

Am Ehesten nach vorne kam Schalke, wenn es gelang, die Außenstürmer in 1-gegen-1-Situationen mit den Freiburger Außenverteidigern zu verwickelt. Sorg und Hedenstad hatten hier durchaus Probleme, weil sie auch einfach nicht so gut sich wie Draxler und Farfán. Der norwegische Rechtsverteidiger etwa berechnete vor allem hohe Schalker Flankenwechsel mitunter falsch.

Die hohe Abwehrlinie der Freiburger stellt die Gegner oft ins Abseits, birgt aber auch die Gefahr, dass man nur noch hinterherlaufen kann, wenn die Stürmer die Abseitsfalle überlisten und im Rücken der Abwehr auf Torhüter Baumann zulaufen. Das führte etwa gegen die Bayern im November zu einem frühen Gegentor und einem fast ebenso frühen Ausschluss von Diagné; und das führte auch gegen Schalke zum 0:1-Rückstand.

Aufbauspiel: Schuster nach hinten, vertikal nach vorne

Ein weiteres Mittel, den numerischen Nachteil eines 4-4-2 gegen das in Deutschland von den meisten Teams praktizierte 4-2-3-1 auszugleichen, ist der sich zwischen die Innenverteidiger fallen lassende Sechser. Das ist bei Freiburg Kapitän Julian Schuster, und mit ihm hinten wird die Formation der Breisgauer, wenn sie das Spiel von hinten aufbauen, ein 3-1-4-2.

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Baut Freiburg das Spiel selbst auf, kippt Sechser Schuster ab und der SC formt ein 3-1-4-2

Die Innenverteiger rücken weit nach außen, die Außenverteidiger orientieren sich extrem weit nach vorne, die Mittelfeld-Flügelspieler rücken ein – und mitunter lässt sich auch einer der beiden Stürmer etwas zurückfallen. Vor allem in dieser Formation schafft es Freiburg vorzüglich, den Gegner mit flinker Vertikalität in Verlegenheit zu bringen. Denn, auch das sehr ähnlich Favres Gladbach, wird sehr schnell und mit großer Überzeugung der Ball nach vorne gesucht, auch weil es da genug Anspielstationen gibt.

Hinzu kommt, dass auch hier die Laufarbeit enorm und die Laufwege exzellent einstudiert sind, was es dem Gegner extrem schwer macht, das zu verteidigen. Wenn dann noch individuelle Fehler dazukommen, so wie beim 2:1-Führungstreffer der Freiburger Schalke-IV Matip einer unterlief – umso besser für Freiburg.

In den Rücken der Außenverteidiger

Man hat aber auch eine vorzügliche Strategie, wenn das Pressing auf die Außenverteidiger nicht greift – so wie in diesem Spiel. Vor allem Uchida (bzw., nach dessen Verletzung, Höwedes) waren für das Schalke Spiel nach vorne natürlich dennoch unverzichtbar, auch wenn sie nicht tief stehend angespielt wurden. Aber weiter vorne waren sie sehr wohl aktiv, allerdings ohne Hilfe und Absicherung nach hinten – was nicht nur an Farfáns genereller Unlust zur Defensivarbeit liegt, sondern eben auch auch der Freiburger Formation.

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Man beachte die vielen Sprints von Sorg (25) und Kruse (20) in den Rücken des Schalker RV, während Caligiuri in der Zentrale Spieler bindet (Grafik: dfl.de)

Freiburgs Mittelfeld-Flügelspieler Caligiuri dient hierbei eher als Lockvogel, er zieht in die Mitte und bindet dort Neustädter und/oder Metzelder. aufgrund der extrem hohen Positionierung von Freiburg-LV Sorg und der erwähnten fehlenden Defensiv-Konsequenz von Farfán hatten es die Schalker RV damit aber mit zwei Freiburgern zu tun – eben Sorg und dem nach außen rückenden Max Kruse. Die Folge: Immer wieder konnte einer im Rücken von Uchida bzw. Höwedes einen Sprint Richtung Grundlinie anziehen. So entstand etwa recht flott nach dem Rückstand das Freiburger Tor zum 1:1.

Schalke spielt AV nun an – mit erwartbarem Ergebnis

Fuchs und Draxler auf der anderen Seite hatten die Sachlage defensiv etwas besser im Griff – für mehr als Mondbälle in die vage Richtung von Huntelaar bekam er offensiv aber weder Raum noch Zeit. Für die zweite Hälfte, in die Schalke mit einem 1:2-Rückstand ging, wurde die „Nicht-die-AV-anspielen“-Vorgabe offenbar außer Kraft gesetzt – man hatte wohl erkannt, dass man mit einer vertikalen Eröffnung aus dem Zentrum heraus nichts holen wird.

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Nach der Pause spielten Metzelder (21) und Matip (32) deutlich öfter die Außenverteidiger an als vor dem Seitenwechsel (Grafik: dfl.de)

Nun versuchte Schalke also, Höwedes und Fuchs deutlich früher ins Spiel einzubinden. Das erwartbare Ergebnis: Freiburg presste stark auf diese beiden, die Verbesserung im Schalker Spiel nach vorne war gleich Null. Und dann patzte auch noch Routinier Metzelder in der Spieleröffnung, was Freiburg sofort zum 3:1 nützte.

Schalke, seit der Verletzung von Afellay völlig von der Rolle und vom geschickten Freiburger Spiel entnervt, brachte in der Folge Teemu Pukki. statt Moritz. Damit ging Holtby auf die Acht und Pukki spielte als hängende Spitze in einem 4-4-1-1. Die Beweglichkeit und die etwas tiefere Positionierung gegenüber dem völlig abgemeldeten Huntelaar erlaubten es Pukki, einige Male durchaus aussichtsreich in eine Abschluss-Position zu kommen. Es passt allerdings zur generellen Lage bei Schalke, dass er alle Chancen ziemlich kläglich vergab.

Fazit: Freiburg steht zu Recht auf Rang fünf

Die No-Name-Truppe aus Freiburg überwintert auf Platz fünf – nicht nur vor Schalke, sondern auch vor Gladbach, Stuttgart, Bremen und Wolfsburg, obwohl man mit diesem Kader eigentlich gegen den Abstieg spielen müsste. Aber Streich, der Breisgau-Bielsa, verpasste seiner Mannschaft ein extrem ausgefeiltes und äußerst gut funktionierendes Konzept, an das sich seine Spieler mit höchster Disziplin halten und mit dem es in den 34 Bundesliga-Spielen im Kalenderjahr 2012 satte 53 Punkte gab.

Das alles basiert natürlich auch auf der Bereitschaft, mehr zu laufen als der Gegner. Freiburg lief in diesem Spiel mehr als Schalke (114,5 Kilometer gegenüber 109,8), man lief schneller als Schalke (7,1 km/h Schnitt gegenüber 6,5), man zog deutlich mehr Sprints an (576 gegenüber 550). Was im Fall von Freiburg aber nicht nur einfach mehr laufen ist, sondern ein organisiertes, geplantes und richtiges Laufen. Weil jeder immer weiß, was der andere macht, ist auch die Fehlpassquote geringer als beim Gegner.

Es ist also vor allem der Organisation des Freiburger Spiels zu verdanken, und dass niemand ausschert, dass diese Mannschaft auch vollkommen zu Recht auf dem fünften Platz der Bundesliga steht – und nicht (nur), weil Streich so lustig ist und er sein Team so gut motivieren kann.

Es ist der ultimative Beweis, dass man mit einem passenden taktischen Konzept auch als individuell klar unterlegene Mannschaft sehr, sehr viel erreichen kann.

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Kollers Pressing-Maschine läuft immer besser – 2:0 gegen die Türkei https://ballverliebt.eu/2012/08/16/kollers-pressing-maschine-lauft-immer-besser-20-gegen-die-turkei/ https://ballverliebt.eu/2012/08/16/kollers-pressing-maschine-lauft-immer-besser-20-gegen-die-turkei/#comments Thu, 16 Aug 2012 00:24:47 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7729 Kollers Pressing-Maschine läuft immer besser – 2:0 gegen die Türkei weiterlesen ]]> ÖFB-Teamchef Marcel Koller darf sich freuen. Seine Mannschaft hat gegen die Türkei 2:0 gewonnen. Hat dabei mitunter ein geradezu wildes Pressing gezeigt, das man von österreichischen Teams überhaupt nicht kennt. Hat gezeigt, auch ohne Alaba eine gute Figur abgeben zu können. Und doch: Es war vier Wochen vorm Start in die WM-Quali noch längst nicht alles Gold, was glänzte.

Österreich – Türkei 2:0 (2:0)

Natürlich: Dass der türkische Torhüter Mert den Ball nach 70 Sekunden genau Veli Kavlak in die Beine spielt, kann man als Geschenk interpretieren. Es trifft den Kern der Sache aber nicht. Denn wenn nicht die Österreicher buchstäblich von Anpfiff weg ein Pressing gezeigt hätten, dass den Türken Hören und Sehen vergeht, wenn Harnik nicht den Torhüter anläuft wie ein wilder Stier, wenn Mert mehr Zeit gehabt hätte – den überhasteten Panik-Pass in die Mitte zum bereit stehenden Kavlak hätte es nie gegeben.

Extremes Offensiv-Pressing

Das setzte den Ton für den weiteren Verlauf in einem Spiel, das nach Merts sinnlosem Rempler gegen Harnik per Elfmeter schon nach fünfeinhalb Minuten 2:0 für die Gastgeber stand. ÖFB-Teamchef Koller schien sich in Auf- und Einstellung der Mannschaft einiges von Borussia Dortmund abgeschaut zu haben: Zum einen war da natürlich das heftige Pressing. Interessant war aber auch die Positionierung von Zlatko Junuzovic, denn der Werder-Legionär stand sehr hoch und machte so aus dem nominellen 4-2-3-1 eher ein 4-4-1-1. Genauso, wie es im letzten Jahr Shinji Kagawa beim deutschen Meister gemacht hatte.

Neben/Vor/Um ihn herum beteiligte sich natürlich auch Harnik am extremen Offensiv-Pressing gegen die türkische Spieleröffnung. Da Marc Janko nicht ganz fit war, war Koller zur Umstellung gezwungen und er traute es dem international erfahrenen Stuttgart-Stürmer offenbar eher zu als Mattersburgs Patrick Bürger, die Vorgaben aufrecht erhalten zu können. Harnik wich zudem immer wieder auf die Flanken aus (vor allem die linke), um dort schnelle Gegenstöße lancieren zu können.

Österreich nimmt den Türken die Außenbahnen…

Die Aufgabenverteilung auf den Außenbahnen war recht genau auf die Stärken und Schwächen der eigenen Leute, aber sehr deutlich auch auf jene des Gegners abgestimmt. Auf der linken Seite spielten bei Österreich gleich zwei gelernte Linksverteidiger – Markus Suttner hinten, Christian Fuchs offensiv.  Einerseits wahrscheinlich, um mit Hamit Altintop den stärkeren der beiden türkischen AV mit einem in der Rückwärtsbewegung gut geschulten Mittelfeld-Mann zu konfrontieren (eben Fuchs).

Zudem war zwischen Suttner und Fuchs der türkische Offensiv-Flügelspieler Umut Bulut komplett abgemeldet. Markus Suttner, einziger Nicht-Legionär in der Startformation, konnte sich auf seine Defensiv-Aufgaben konzentrieren und interpretierte seine Rolle eher konservativ, während Fuchs vor ihm Altintop das Spiel zur Hölle machte. Weniger durch Offensiv-Aktionen und den für ihn typischen, punktgenauen Flanken. Sondern, immer mit der Hilfe von Kavlak und Junuzovic, mit heftigem Pressing.

Auf der rechten Seite rückte indes Andi Ivanschitz oft sehr weit ein. Schnell wurde bei den Türken klar, dass sich LV Caner Erkin nicht ins Zentrum ziehen ließ, dafür aber Emre mit Junuzovic und Ivanschitz oft zwei Stör-Faktoren in der Nähe hatte. Den sich an der Außenbahn bietenten Platz nützte Garics zu oft gut getimten Vorstößen. Erkin, der bei Galatasaray als Flügelstürmer spielt, war damit hinten gebunden und fand, eben durch das auch von Garics und Ivanschitz ausgeübte Pressing, selten sinnvolle Passempfänger.

…und lässt sie zentral an Kavlak zerschellen

Der routinierte Altintop, der eigentlich über seine Seite das türkische Spiel ankurbeln hätte sollen, hatte also nicht selten Probleme, einen halbwegs sicheren Querpass zu IV Semih Kaya oder Sechser Emre anzubringen. Von Zuspielen nach vorne konnte Altintop – der vor allem an seinem permanent gehetzt und leicht panischen Gesichtsausdruck zu erkennen war – nur träumen. Und weil eben das selbe für Erkin galt, blieb den Türken nur noch der Weg durch die Mitte.

Dort allerdings trieb Veli Kavlak sein Unwesen. Der Mann von Besiktas war der mit Abstand beste Mann im österreichischen Trikot, dabei war er erst durch die Verletzung von David Alaba in die Start-Elf gerückt. Von allen Österreichern zeigte er nicht nur das heftigste Pressing, sondern hielt das auch als einziger bis zum Schluss durch. Der türkische Achter, Inan, zerschellte an Kavlak, sodass sich Arda Turan die Bälle oft selbst abholen musste.

Der Europa-League-Sieger von Atlético Madrid, üblicherweise eher auf Linksaußen daheim, machte aber in seiner Rolle als Zehner bei den Türken keine besonders glückliche Figur. Julian Baumgartlinger hatte ihn zumeist im Griff, zudem zog es Arda immer wieder auf „seine“ linke Seite – wodurch das Zentrum für Anspiele von Emre und Inan erst recht keine Option mehr war. Ob Sturmspitze Burak in den 45 Minuten, in denen er spielen durfte, mehr als drei Ballkontakte hatte, ist eher fraglich.

Mit Sahin und Topal kommt Struktur

Die Türken waren auf Weitschüsse und Eckbälle reduziert, mit den meisten hatte die österreichische Defensive kein Problem. Die Gäste hatten zwar konstant zwischen 70 und 75 Prozent Ballbesitz, aber das rot-weiß-rote Team hatte das türkische Team dennoch praktisch immer bombensicher unter Kontrolle. Nur nach rund 20 Minuten, als die erste Welle des Pressing ein wenig nachließ, nahmen die Türken ein wenig Fahrt auf. Wirklich bessern sollte sich die Lage aber erst nach einer Stunde.

Ab ca. 60. Minute

Da kamen nämlich zwei Faktoren zusammen. Zum einen brachte der türkische Teamchef Abdullah Avci eine neue Paarung in die Mittelfeld-Zentrale: Statt Emre, der seinen Zenit schon viele, viele Jahre hinter sich gelassen hat und Inan, der sich außer bei Standards überhaupt nicht zeigen konnte, kamen Nuri Sahin und Mehmet Topal. Und zum anderen ließen im österreichischen Zentrum merklich die Kräfte nach, ob des extrem intensiven Spiels.

Das Umschalten von Offensive auf Defensive brauchte nun zeit. Julian Baumgartlinger nahm sich deutlich zurück, ebenso Fuchs und Junuzovic. Nicht nur also, dass Topal und Sahin eine deutlich höhere Klasse haben als Inan und Emre, sie bekamen auch mehr Zeit am Ball, um das zu zeigen. Sofort kam merklich Struktur ins türkische Spiel. Was auch daran lag, dass sich Torun (statt Arda gekommen) viel besser anbieten konnte und sich Mevlüt (statt Burak gekommen) deutlich geschickter bewegte.

Kritikpunkte bei Österreich: Fehlende Konsequenz…

In den letzten 84 Spielminuten war es ein Test, wie man eine Führung gegen einen guten Gegner über die Zeit bringt. Das gelang. Was aber beileibe nicht heißt, dass alles superklasse war – es gibt einige Kritikpunkte, die bei allem Lob über der herzerfrischende Pressing nicht unter den Tisch gekehrt werden dürfen.

Schon aber der 15. Minute (als Harnik fast schon das 3:0 erzielt hätte) wurden etwa Konter nicht mehr konsequent fertig gespielt, vor allem über die Außenbahnen. Fuchs beschränkte sich in erster Linie darauf, Altintop aus dem Spiel zu halten und Ivanschitz wirkte zwischen Halbzeit und seiner Auswechslung zunehmend fahrig. Mag der harten Vorbereitung geschuldet sein; jedenfalls wurde das mit Jakob Jantscher auf dem Feld wieder deutlich besser. Auch, weil Jantscher auch mal komplett die Seiten wechselte und so als einziger den Türken mal etwas zum Nachdenken gab.

…und fehlender konstruktiver Spielaufbau

Aufgrund des Ergebnisses und des Spielverlaufs mag es nicht so sehr aufgefallen sein, aber Tatsache ist: Mit dem eigenen, konstruktiven Aufbau eines Angriffs-Spielzugs tut sich Österreich weiterhin sehr schwer – um es milde auszudrücken. So herrlich das explosive Umschalten von Defensive auf Offensive funktioniert: Wenn es mal Zeit gab und die Gelegenheit, durchdachte Aktionen nach vorne zu zeigen, war der Ball entweder lange in der Luft und/oder schnell wieder weg. Oder ein Österreicher ins Abseits gestellt.

Das ist kein massives Problem, wenn man gegen die Türkei einen Vorsprung verwalten will oder gegen einen übermächtigen Gegner wie Deutschland ohnehin nicht zum Gestalten des Spiels kommen wird. Allerdings warten schon in diesem Herbst auch zwei Spiele gegen Kasachstan. Das Glücks-2:0 durch zwei Nachspielzeit-Tore 2010 (unter Constantini) bzw. das zähe 0:0 im Dead-Rubber-Spiel 2011 (unter Ruttensteiner) haben diese Defezite recht schmerzhaft vor Augen geführt.

Man kann zwar davon ausgehen, dass die Mannschaft in das Kasachstan-Doppel im Oktober nicht so lustlos reingeht wie Salzburg gegen Düdelingen. Aber das Prinzip bleibt: Sich gegen einen kompakten Gegner Chancen erarbeiten, selbst das Spiel gestalten müssen, das wird eine Herausforderung.

Fazit: Es ist weiterhin ein Fortschritt zu erkennen

Ja, das türkische Team befindet sich im Umbruch, hat nicht mal eine Handvoll international relevanter Spieler, ist meilenweit von der europäischen Spitze entfernt und hat sich bei beiden frühen Toren nicht gerade geschickt angestellt. Zudem war es ein Testspiel, dessen Ergebnisse man ohnehin nicht überbewerten sollte. Dennoch hat das Spiel, neben den angeführten Kritikpunkten, auch einiges an positiven Aspekten für Österreich gebracht: Das Pressing funktioniert schon wirklich gut; man kann auch ohne Alaba und Arnautovic gegen Teams auf Augenhöhe bestehen. Jeder weiß, was er zu tun hat, es ist Struktur im Team, es ist ganz deutlich die Handschrift des Teamchefs zu erkennen. Der extreme Fortschritt, den die Mannschaft unter Koller gemacht hat, wurde fortgesetzt.

Wichtig wird für Marcel Koller im Vorfeld des Spiels gegen Deutschland sein, dass er den unausweichlichen Hype, der um dieses Spiel gemacht werden wird, von der Mannschaft weghält. Denn er ist vernünftig genug zu wissen: Die Partien gegen Deutschland werden in der Endabrechnung wohl die unwichtigsten der ganzen Qualifikation sein, gegen den haushohen Gruppenfavoriten wird niemand viel holen. Viel wichtiger werden die zwei Spiele gegen Kasachstan im Oktober. Denn nur, wenn in diesen nichts liegen gelassen wird, kann man von der WM träumen.

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Jetzt auch in Österreich: Subtile und richtige Umstellungen https://ballverliebt.eu/2012/02/29/jetzt-auch-in-osterreich-subtile-und-richtige-umstellungen/ https://ballverliebt.eu/2012/02/29/jetzt-auch-in-osterreich-subtile-und-richtige-umstellungen/#comments Wed, 29 Feb 2012 22:56:37 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6799 Jetzt auch in Österreich: Subtile und richtige Umstellungen weiterlesen ]]> Fünf Meter weiter rechts oder links, fünf Meter weiter hinten oder vorne – es waren zwei ganz subtile Umstellungen, die Marcel Koller beim Testspiel gegen Finnland während der Partie vorgenommen hatte, die Österreich dazu verhalfen, Vorteile in der individuellen Klasse auch auf das Feld zu bringen. Das hatte in der ersten Hälfte nämlich noch nicht so richtig geklappt.

Österreich - Finnland 3:1

Der erste Sieg unter Marcel Koller, dabei drei Tore erzielt – Janko wurde vom finnischen Goalie zum 1:0 angeschossen, Harnik verwertete ein starkes Zuspiel von Baumgartlinger zum 2:0, Ivanschitz traf aus einem (etwas schmeichelhaften) Elfmeter zum 3:0 – und bis zum Stellungsfehler vom eingewechselten Ortlechner kurz vor Schluss, der zum 3:1-Endstand führte, hinten dicht gehalten.

Das ist ein schönes Erfolgserlebnis, aber letztlich war es halt doch ein Testspiel, und in einem solchen ist das genaue Resultat weitgehend irrelevant – vor allem, wenn es das zweite einer gänzlich neuen Ära ist. Wichtiger sind da die Details. Und da stach eines heraus: Zwei sehr subtile Umstellungen, eine rechts und eine im Zentrum, die zeigen, was für einen Unterschied ein paar Meter im Stellungsspiel machen.

Das Zentrum und die rechte Seite – 1. Halbzeit

In den ersten 45 Minuten das das Schema der Österreicher so aus wie auf der Grafik oben: Arnautovic, der im nominellen 4-2-3-1 als Zehner agierte, war zumeist annähernd auf einer Höhe mit Marc Janko und damit eher im Rücken der finnischen Dreierkette im defensiven Mittelfeld. Das hieß, dass er von den Zuspielen aus dem defensiven Zentrum eher abgeschnitten war. Zudem orientierte er sich tendenziell auf die linke Seite mit Ivanschitz, weil das jene war, über die das österreichische Spiel zumeist lief.

Während die rechte Seite große Probleme hatte, ins Spiel einzugreifen. Harnik hielt die Außenbahn recht konsequent und versuchte, außen an den drei Finnen im Zentrum vorbeizugehen. Das Trio mit Eremenko, Sparv und Hetemaj verschob aber recht geschickt und machte so vor allem die rechte österreichische Flanke ziemlich zu. Das ging, weil sie durch die Mitte (wegen des hoch stehenden Arnautovic) wenig zu befürchten hatte.

Außerdem schien Garics durch das Positionsspiel von Kasper Hämäläinen schwer verunsichert. Der linke Offensivmann im finnischen 4-3-2-1-Tannenbaum stand nämlich relativ weit innen und zog so auch Garics etwas aus der Position. Der Bologna-Legionär musste bei seinem Comeback nach über zwei Jahren aber auf Hämäläinen aufpassen, weil dieser als Verbindungsspieler bei finnischen Kontern immer wieder gesucht wurde. Nach vorne traute sich Garics praktisch gar nichts zu.

Das Zentrum und die rechte Seite – 2. Halbzeit

Ab ca. 60. Minute

An diesen beiden Problemfeldern nahm Koller dann subtile, aber wirksame Veränderungen vor – jeweils im Bereich von etwa fünf Metern. Martin Harnik rückte um diese Distanz ins Zentrum – was einen Rattenschwanz von Effekten hatte. Zum einen war der linke Mann im finnischen Defensiv-Trio (nun Sparv, der mit Eremenko Positionen getauscht hatte) mit Harnik gebunden und konnte nicht mehr nach außen verschieben.

Das gab Garics Platz und Gelegenheit, sich nun auch offensiv um seine Außenbahn zu kümmern. Was notwendig war, schließlich gehörte die nun praktisch ausschließlich ihm. Die Hemmungen wegen der Bewachung seines finnischen Gegenspielers musste er ablegen und das tat er auch. War vor der Pause die linke Seite die klar dominante, gab es nun auch eine rechte Flanke.

Die zweite Änderung war die Einwechslung von Zlatko Junuzovic für den eher blassen Arnautovic. Der Neo-Bremer stellte sich eben jene erwähnten fünf Meter weiter hinten auf als sein Werder-Kollege vor ihm, was ihn für den immer aktiver werdenden Alaba und den immer sicherer werdenden Baumgartlinger zu einer gern gesehenen Anspielstation machte.

Womit nun auch das Zentrum immer mehr funktionierte und die Österreicher, die individuell ganz klar über die Finnen zu stellen sind, ihre Überlegenheit auch ausspielen konnten, den zuvor ausgeglichenen Ballbesitz nach oben trieben, den Finnen immer weniger Möglichkeit zur Entlastung gaben und letztlich den Sieg sicherten.

Wo war das Pressing?

Was aber nicht heißt, dass das ÖFB-Team eine Klasse-Leistung abgeliefert hat. Ganz und gar nicht – vor allem in der ersten Halbzeit passte da relativ wenig. Von einem konsequenten und hohen Pressing etwa, wie es in Absichtserklärungen angekündigt worden war, blieben die Finnen zum Beispiel komplett verschont. Anstatt den Gegner wirklich unter Druck zu setzen, wenn sich vor allem Moisander, Pasanen und Sparv sich die Kugel zuschoben, wurde nur langsam in die vage Richtung des Ballführenden getrabt. So konnten die Finnen von hinten heraus unbedrängt mögliche Empfänger für lange Bälle suchen.

Die Spielanlage der Mannschaft aus Finnland war weder besonders einfallsreich noch wirklich spektakulär, setzte auf Overcrowding im Zentrum – und damit fast zwangsläufig auf lange Bälle, weil die Breite im Spiel fast nur über die nicht besonders abenteuerlustigen Außenverteidiger kam. Dennoch war der gerade vor der Pause ungemein flinke, antrittsschnelle und selbstbewusste Teemu Pukki ein ständiger Gefahrenherd.

Viel Laufarbeit, aber wenig Impulse aus der Zentrale

Auffallend war auch die extreme Laufarbeit vor allem von David Alaba. Die Spielpraxis bei den Bayern tut dem 19-Jährigen sichtlich gut, er strotzt vor Selbstbewusstsein und muss eine absolute Pferdelunge haben, anders ist es nicht machbar, dass er bis tief in die zweite Hälfte (im Grunde bis zu seiner Auswechslung kurz vor Schluss) so gut wie überall am Platz zu finden war. Er trug den Ball selbst nach vorne, wenn er keine leichte Anspielstation fand. Er holte sich die Bälle tief, versuchte sich ständig anzubieten. Darunter litt aber ein wenig die Klarheit in seinen Aktionen. Man hat das Gefühl, er will überall zu jedem Zeitpunkt helfen und Verantwortung übernehmen, das wird ihm aber wohl etwas zu viel.

Julian Baumgartlinger machte neben ihm vor allem in der ersten Halbzeit einen etwas gehemmten Eindruck. Zum einen natürlich aufgrund des Wirbelwinds Alaba neben ihm, aber auch, weil ihm eben lange Zeit, wie erwähnt, die Optionen fehlten: Garics machte zu wenig nach vorne, Harnik und Arnautovic waren abgeschnitten. So blieben ihm anstatt der kurzen, intelligenten Pässe, die er so gut kann, lange nur etwas längere Anspiele, die zwangsläufig ein wenig das Tempo aus dem Spiel nahmen. Auch hier zahlten sich die subtilen Umstellungen in der zweiten Halbzeit aus, da ging die Leistungskurve des Mainz-Legionärs nach oben.

Die linke Seite: Bemüht, aber harmlos

Christian Fuchs war angeschlagen, konnte nicht dabei sein – so feierte Markus Suttner, zweifellos der beste Linksverteidiger der österreichischen Liga, sein ohnehin längst überfälliges Nationalteam-Debüt. Der Austrianer zeigte sich bemüht, aber es wurde auch deutlich, dass ihm vor allem offensiv die internationale Erfahrung eines Christian Fuchs fehlt. Suttner brachte nicht den Schub nach vorne, den man vom Schalker gewohnt ist, und spielte auch defensiv immer eher die Sicherheits-Variante als die Risiko-Karte.

Das hieß auch, dass Andreas Ivanschitz sich öfter die Bälle hinten holen musste und damit natürlich in der Arbeit nach vorne limitiert war. Immerhin: Er ließ Suttner nicht hängen, sondern half ihm, so weit ihm das möglich war. Er kam aber selten zur Grundlinie durch, seine Anspiele nach vorne waren ungenau und die Impulse blieben so natürlich ein wenig aus.

Die Abwehr: Zumeist sattelfelst

Das langjährige Sorgenkind des ÖFB-Teams machte diesmal auch ohne Emanuel Pogatetz, Sebastian Prödl und Christian Fuchs (allesamt nicht fit) eine recht guten Eindruck. Aleksandar Dragovic strotzt nach dem Sieg von Basel gegen die Bayern nur so vor Selbstvertrauen und bekam nach einigen Anfangsschwierigkeiten gemeinsam mit Schiemer den wuseligen Pukki immer besser in den Griff. Ab etwa der 20. Minute war der Blondschopf kaum noch ein Thema.

Umso weniger, als er nach einer Stunde auf die halbrechte Angriffsposition ging und Leuchtturm Njazi Kuqi ganz vorne agierte. Torhüter Robert Almer musste nur 48 Stunden seit seinem letzten Liga-Spiel für Düsseldorf nur zwei-, dreimal eingreifen und hatte kaum Probleme. Erst ganz in der Schlussphase, nachdem Ortlechner für Schiemer gekommen war, gab es noch einen gefährlichen Eckball und letztlich noch das finnische Ehrentor, nachdem Ortlechner den kurz zuvor eingewechselten Furuholm entwischen hatte lassen.

Fazit: Zähes Spiel, gute Umstellungen, verdienter Sieg

Augenschmaus war das Heim-Debüt von Marcel Koller ganz sicher keiner, der Unterhaltungswert hielt sich in Grenzen. Aber nach Jahren mit diversen durch abstruse Wechsel vergeigten Spielen wie dem 4:4 in Belgien (als mit Kavlak der beste Mann am Feld nach einer Stunde runtermusste), bzw. solchen, die durch seltsame Umstellungen komplett kaputt gemacht wurden (wie dem Dusel-2:0 gegen Kasachstan damals) ist es eine Wohltat zu sehen, dass es nun auch beim ÖFB-Team intelligente und nuancierte Umstellungen gibt, die sich tatsächlich auf Problemfelder im laufenden Spiel beziehen und diese auch tatsächlich beheben.

Es wurde aber auch offensichtlich, was noch fehlt. Das mit dem Pressing etwa klappte noch gar nicht. Offensiv ist ein Spieler wie Christian Fuchs nicht zu ersetzen. David Alaba will zu viel auf einmal. Gyuri Garics wird wohl noch ein paar Spiele brauchen, um erstens nach seinem Kreuzbandriss wieder voll da zu sein (die wird er in Bologna sicher kriegen) und auch, um nach zwei Jahren ohne ÖFB-Team wieder in die Mannschaft zu finden.

Man kann dieses 3:1 gegen Finnland als Schritt in die richtige Richtung werten. Wenn auch nur einen kleinen.

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Dominanz auf Flügeln und im Zentrum: Raúl führt Schalke zu 5:0 über Bremen https://ballverliebt.eu/2011/12/17/dominanz-auf-flugeln-und-im-zentrum-raul-fuhrt-schalke-zu-50-uber-bremen/ https://ballverliebt.eu/2011/12/17/dominanz-auf-flugeln-und-im-zentrum-raul-fuhrt-schalke-zu-50-uber-bremen/#comments Sat, 17 Dec 2011 21:45:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6235 Dominanz auf Flügeln und im Zentrum: Raúl führt Schalke zu 5:0 über Bremen weiterlesen ]]> An guten Tagen ist Bremen für jeden Gegner unangenehm. Allerdings macht Schaafs Fixiertheit auf sein 4-4-2 mit Raute Werder auch sehr berechenbar – Schalke nützte das mit flinkem Flügelspiel und einem aus dem Mittelfeld kommenden Raúl in absoluter Gala-Form nach Strich und Faden aus. Der Endstand von 5:0 ist auf keinen Fall zu hoch. 

FC Schalke 04 - Werder Bremen 5:0

Werder-Coach Thomas Schaaf gingen die Außenverteidiger aus, so musste der gelernte Innenverteidiger Sebastian Prödl auf der rechten Außenbahn ran – ein riesiger Nachteil für Werder, weil in Schaafs traditionellem System mit Mittelfeld-Raute die Außenverteidiger praktisch als Einzige wirklich für Breite sorgen. Hier war Bremen gegen Schalke aber auf beiden Seiten massiv zu schwach – ein Hauptgrund für die drückende Dominanz, die Schalke über insgesamt 80 Minuten dieses Spiels ausübte.

Raúl war überall

Raúl war überall zu finden

Aber auch im Zentrum hatte Werder dem Gegner nichts entgegen zu setzen. Vor allem Raúl tauchte überall auf, arbeitete viel, ließ sich oft sehr weit zurückfallen und sorgte so für Chaos in der defensiven Organisation im Bremer Mittelfeld. Raúl provozierte durch sein breit gefächertes Stellungsspiel permanent Lücken und presste auch vor allem gegen Naldo, um eine Spieleröffnung zu verhindern und sich früh den Ball zu erkämpfen. Erarbeitete so sich und seinen Mitspielern Raum und überforderte die Raute im Werder-Mittelfeld.

In diesen Raum stieß vor allem Teemu Pukki. Der Finne, der sich immer besser in der Bundesliga zurecht findet, spielte zwischen dem recht tief agierenden Raúl und Sturmspitze Huntelaar. Auch er machte viele Meter und versuchte, immer anspielbar zu sein und mit seinem Tempo zusätzliche Löcher in den Deckungs-Verbund der Bremer zu reißen.

Das Spiel über die Flügel

Das Bremer Mittelfeld-Trio – Trinks ging nur zögerlich zurück, war nach vorne komplett blass und generell überfordert – war dadurch zu permanentem Verschieben gezwungen, um die Mitte dicht zu halten, was wiederum dem Schalker Flügelspiel sehr zuträglich war. Denn so standen die Außenverteidiger praktisch alleine da und vor allem Fuchs randalierte nach vorne, dass es nur so eine Freude war. Natürlich auch deshalb, weil Schalke mit der Hilfe von Jurado (mit Fuchs) und Höger (mit Höwedes) eine permanente 2-auf-1-Überzahl auf den Flanken hatte.

Mit seinem Vorwärtsdrang und dem ständigen Bemühen, das Spiel breit nach vorne zu bringen, gab vor allem Fuchs seinem Landsmann Prödl Anschauungsunterricht. Der Bremer suchte nämlich praktisch nie den schnellen Weg an die gegnerische Grundlinie, spielte die Bälle zumeist aus dem Stand wieder zurück ins Zentrum; seine Flanken landeten zumeist im Nichts. Fuchs hingegen überlief sein Gegenüber permanent, schlug die Flanken aus vollem Lauf und bewies noch dazu Übersicht und Ballgefühl, wie beim Heber zur Raúl vor dem 2:0.

Die die drückende Dominanz, das hochgehaltene Tempo, die Breite im Spiel und die Unberechenbarkeit von Raúl provozierte Schalke immer wieder Fehler in der ohnehin nicht für ihre Undurchlässigkeit bekannten Abwehr Fehler. Sei es durch hanebüchenes Verteidigen bei Standards wie beim 1:0 oder durch einen simplen Pass über die Innenverteidiger wie beim 2:0 (wiewohl das aus Abseitsposition fiel), bei Pukkis Schuss Zentimeter am Tor vorbei, oder bei Huntelaars Chance kurz davor und seinem Schuss unmittelbar vor der Pause. Das 2:0 zur Pause drückte den Grad der Schalker Überlegenheit nicht einmal annähernd aus.

Problemfelder bei Bremen? Überall.

Bei Werder strotzte das Spiel nur so vor Problemfelder. Die Passivität auf den Flügeln wurde schon angesprochen. Die Innenverteidigung mit Naldo und Wolf hatten mit der Tatsache, dass Raúl nie zu fassen war und Pukki viel aus der Etappe kam überhaupt nicht zurecht. Die drei hinteren Spieler in der Raute fanden sich immer einer Unterzahl entgegen – Bargfrede mit Raúl und Pukki, Fritz mit Jurado und Fuchs, Ignjovski mit Höger und Höwedes. Somit hing der 19-jährige Trinks auf der Zehn komplett in der Luft und mit ihm Rosenberg ganz vorne. Lediglich Pizarro war sich nicht zu schade, sich auch fallen zu lassen und zu helfen bzw. sich selbst die Bälle zu erobern.

Schaaf mischte in der Pause seine Mannschaft durch: Ignjovski besetzte statt des in der Kabine gebliebenen Prödl die RV-Position, Trinks ging von der Zehn auf die Ignjovski-Position und der eingewechselte Arnautovic übernahm die Zehn. Zusätzlich rückte die Abwehr mehr auf, der Raum für die Schalke wurde enger und die Bremer kamen dadurch etwas besser ins Spiel. Sie hatten durch Rosenberg sogar die Chance auf den Anschlusstreffer.

Schalke macht den Sack zu

Die Hausherren sahen sich das 10 Minuten an, drückten dann aber wieder auf’s Tempo. Und fast logischerweise war das 3:0, die endgültige Entscheidung, eine Co-Produktion von Raúl und Fuchs. Der Spanier legte aus dem Mittelkreis zum Österreicher quer, der ging unbedrängt nach vorne, flankte – und in der Mitte stand Raúl und versenkte sein drittes Tor an diesem Abend.

Spätestens damit wurden Schaafs Änderungen für die zweite Halbzeit zur Kosmetik zurückgestuft: Ignjovski war um keinen Deut besser als Prödl, es fehlte weiterhin an der Breite in der extrem engen und eindimensionalen Spielanlage von Werder, das defensive Mittelfeld hielt auch in neuer Besetzung nicht stand und die Innenverteidigung blieb ein ständiger Unsicherheitsfaktor. Schalke hatte keine Mühe, sogar noch auf 5:0 zu erhöhen. Einem Endstand, der auf keinen Fall zu hoch ist.

Fazit: Wieso auf Schalke und nicht in Salzburg, Mijnheer Stevens?

In österreichischen Beobachtern muss diese von A bis Z durchdachte, dominant vorgetragene und von ungeheurem Vorwärtsdrang geprägte Vorstellung unweigerlich die Frage aufwerfen, warum Huub Stevens mit Schalke solche Partien am laufenden Band abliefert. Schließlich war seine Zeit bei Salzburg vom genauen Gegenteil geprägt: Defensive Grundausrichtung trotz überlegenen Kaders, die Aufstellung von Innenverteidigern auf den Außenbahnen, kein Pressing, mitunter nicht mal ein erkennbarer Matchplan und immer mal wieder auch äußerst seltsame Wechsel – all das schön vereint etwa in der Europa League gegen Lech Posen.

Wenn man sieht, wie sich vor allem Raúl für die Mannschaft förmlich zerreißt, wie er das Bad in der Menge nach seinen Toren genießt, was er für Wege geht (11 Kilometer in diesem Match, nur Höger spulte noch mehr ab), fällt es schwer zu glauben, dass sich nicht eine Lösung für das finanzielle Dilemma finden ließe, in das Schalke mit ihm im Winter kommt – denn die Millionen-Gage des Spaniers zahlte bislang Real, doch dieses Agreement läuft mit Ende des Jahres aus.

Schalke war in jedem Mannschaftsteil klar besser – vom bemitleidenswerten Geburtsagskind Tim Wiese, der 30 Jahre alt wurde, einmal abgesehen. Er verhinderte eine noch höhere Niederlage, während man den unbeschäftigten Lars Unnerstall schlicht nicht bewerten kann. Bremen fehlte es an der Breite an den Flügeln, am Tempo im Zentrum, an der Übersicht in der Abwehr, kurz, an allem. Das 4-4-2 mit Raute verlangt Breite von den Außenverteidigern, diese waren aber Totalausfälle. Das ist einfach nicht kompensierbar, und so steht nach dem 0:5 in Mönchengladbach und dem 1:4 bei den Bayern nun das dritte derbe Auswärts-Debakel in Serie zu Buche.

Während Schalke in dieser Form ein sicherer Kandidat zumindest für den Champions-League-Fixplatz, also für die Top-3 ist.

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Marcel Koller, Spiel 1: Positive Ansätze, durchwachsene Ausführung https://ballverliebt.eu/2011/11/16/marcel-koller-spiel-1-positive-ansatze-durchwachsene-ausfuhrung/ https://ballverliebt.eu/2011/11/16/marcel-koller-spiel-1-positive-ansatze-durchwachsene-ausfuhrung/#comments Wed, 16 Nov 2011 00:32:06 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6074 Marcel Koller, Spiel 1: Positive Ansätze, durchwachsene Ausführung weiterlesen ]]> Der Ansatz: Positiver Fußball, das Spiel selbst in die Hand nehmen – auch auswärts bei guten Gegnern. Die Ausführung in Lemberg: Bemüht, aber mit einigem Ungleichgewicht ohne ohne echte Durchschlagskraft. Das Resultat: Eine unglückliche 1:2-Niederlage, die einige Erkenntnisse liefert.

Ukraine - Österreich 2:1

Neunmal Deutschland. Einmal Holland. Und nur noch ein einziger Österreicher, der auch in Österreich spielt: Dummerweise war ausgerechnet Fränky Schiemer, wenn auch auf einer Position, die er eigentlich nicht kann, der mit sehr viel Abstand schlechteste Mann am Platz, verschuldete beide Gegentore zumindest mit und offenbarte so, dass auch unter Marcel Koller die Position des Rechtsverteidigers wohl die größte Baustelle bleibt.

Im ersten Spiel unter dem Schweizer war Österreich bemüht, das Heft in die Hand zu nehmen, hatte deutlich mehr Ballbesitz und setzte die Ukraine zum Teil recht früh unter Druck. Zwei Gegentore (eines halb durch die erste Hälfte, das andere in der Nachspielzeit) bescherten dem nicht wirklich beeindruckenden EM-Co-Gastgeber einen etwas schmeichelhaften 2:1-Erfolg, der aber eher zweitrangig ist. Viel wichtiger als das Resultat, zumal in einem Testspiel, sind die Erkenntnisse, die man nach einer Woche gemeinsamen Trainings unter Koller ziehen kann.

Umschalten nach Ballgewinn

Hier machten die Österreicher die beste Figur. Vor allem in der Anfangsphase, als die Ukrainer gerne mit einigen Leuten aufgerückt waren, ging das Umschalten sehr schnell und in deutlich geplanten Wegen: Schneller Pass auf einen sich etwas zurückfallen lassenden Spieler aus der Offensivreihe (zumeist Ivanschitz bzw. Arnautovic), der legt kurz für einen aus der hinteren Reihe ab (zumeist Alaba bzw. Fuchs), und starten steil nach vorne. Von hinten kommt dann entweder der Pass in den Lauf (Alaba) oder ein Dribbling (Fuchs).

Nach dem 0:1 klappte das nicht mehr wie davor. Das lag zu einem großen Teil natürlich daran, dass die Ukrainer sich zurückzogen, nicht mehr mit so vielen Spielern herausrückten und mit zwei Viererketten die Räume, durch die das ÖFB-Team zuvor hatte stoßen können, zumachten.

Spieleröffnung mit Zeit

Was deutlich wurde: Auch, wenn die Österreicher durchaus versuchten, das Spiel selbst zu gestalten – was gegen die sich etwas einigelnden Ukrainer auch gelang – bleibt eine Erkenntnis dieses Spiels, dass sich das ÖFB-Team mit der Reaktion immer noch deutlich leichter tut als mit der Aktion. Sprich: Umschalten und kontern geht besser als selbst das Geschehen nach vorne gestalten. Das ist nicht verwunderlich und auch ganz logisch, schließlich fehlte der Mannschaft in den letzten Jahren eine durchgängige Philosophie des eigenen Gestaltens, wurde selbst ein biederes Team wie Litauen stark geredet und es vermieden, selbst das Heft in die Hand zu nehmen.

Wie holprig das alles noch ist, wurde vor allem nach dem 0:1 deutlich. Nicht nur, dass Almers Abschläge eine Streuung wie eine Schrotflinte hatten und im Aufbau unbrauchbar waren. Nein, die Viererkette stand danach viel tiefer als zuvor (als sie sich im Ballbesitz knapp hinter der Mittellinie positionierte), sodass die schnellen Pässe auf Arnautovic und Ivanschitz nicht mehr möglich waren. Es war immer wieder zu sehen, dass Alaba und Baumgartlinger diese Pässe antizipierten und lossprinteten, aber der entsprechende erwartete Ball nach vorne nicht gespielt wurde. Immer mehr wurde daher auf lange Bälle zurückgegriffen – oder, was mehr Erfolg versprach, die linke Seite ins Spiel gebracht.

Die linke Seite

Es war schon beim Ivanschitz-Comeback in Aserbaidschan zu erkennen, wie gut er und sein ehemaliger Mainzer Teamkollege Christian Fuchs harmonieren. Diese beiden waren auch in diesem Spiel klar die besten Österreicher. Fuchs orientierte sich, wie das auch so sein muss, extrem weit nach vorne, legte dabei zumeist auf Ivanschitz ab und hinterlief ihn. So hatte Ivanschitz die Wahl, entweder in die Mitte zu spielen, selbst zu gehen oder wiederum Fuchs steil anzuspielen.

Der ukrainische Rechtsvertediger Fedetski hatte damit Probleme und Jarmolenko war viel in der Defensive gebunden. Die Ukrainer schafften es auch nicht, anders als die Gegner in den letzten Spielen, im Rücken von Fuchs den Platz zu nützen und dort eigene Angriffe aufzuziehen. Zum einen, weil Aliev immer recht zentral blieb und zum anderen, weil Pogatetz hier gut abdeckte. Es ist beinahe logisch, dass der zwischenzeitliche Ausgleich zum 1:1 über diese Flanke vorbereitet wurde: Fuchs eroberte den Ball, ging nach vorne und seine präzise Flanke fand den passenden Abnehmer.

Die Abwehrkette

Der Plan in der Anfangsphase war ganz deutlich, dass die beiden Innenverteidiger Prödl und Pogatetz sehr weit Richtung Außen verschoben und Baumgartlinger davor zentral absicherte, damit die Außenverteidiger schon im Aufbau nach vorne gehen konnten und dort anspielbar waren. Aber je länger das Spiel lief, umso mehr wurde klar, dass nur Fuchs sich dabei wirklich wohl fühlte, Schiemer aber überhaupt nicht.

Somit verlegte sich der einzige Spieler in der Partie, der es noch nicht aus der österreichischen Liga heraus geschafft hat, sehr auf die Defensive, sodass aus der Abwehr des ÖFB-Teams oftmals eine etwas windschiefe Dreierkette wurde: Fuchs preschte, wann immer es ging, nach vorne, Schiemer aber blieb hinten und sicherte ab. Mit doppelt negativem Effekt: Einerseits zog er gegen den flinken Konoplianka immer wieder den Kürzeren und war bei beiden Gegentoren recht ursächlich beteiligt, andererseits tötete er damit seine Seite offensiv komplett ab.

Die rechte Seite

Harnik und Kavlak: Arme Hunde

Denn ohne den wirklich absolut inferioren Schiemer, der nicht die geringste Hilfe war, musste Harnik alles auf eigene Faust machen. Das Unbehagen war dem Stuttgart-Legionär deutlich anzumerken: Er sah, dass Schiemer defensiv gravierende Probleme hatte und zuweilen haarsträubende Fehl- und Risikorückpässe spielte, war sich aber seiner Verantwortung auch im Spiel nach vorne bewusst.

Die generelle Linkslastigkeit des Spiels – Fuchs/Ivanschitz, dazu die zumeist über die halblinke Seite aufziehenden Alaba und Arnautovic – nahm Harnik zusätzlich aus dem Spiel. Er versuchte es, indem er nach innen zog und sich zumindest in der Zentrale anbot, aber auch das half nichts. Die rechte Seite blieb einsames und unbespieltes Gelände, auch nachdem Harnik nach einer Stunde Veli Kavlak hatte weichen müssen.

Baumgartlinger und Alaba

Das Duo im defensiven Mittelfeld harmoniert an sich recht gut und die Frage, wo da ein Paul Scharner reinpasst, stellt sich durchaus – auch, wenn David Alaba vor allem in der zweiten Hälfte deutlich abbaute, sich nur noch auf Sicherheitsbälle verlegte und eine Leistung zeigte, die wohl irgendwo zwischen „brav“ und „dezent“ liegt. Zu Beginn der Partie war Alaba ein deutlicher Aktivposten, stets bemüht immer anspielbar zu sein. Ein Achter mit deutlichem Zug nach vorne, gut eingebunden ins schnelle Spiel nach vorne, eben vor allem nach schnellem Umschalten. Zumindest bis zur Pause.

Julian Baumgartlinger spielte seinen Part als Sechser vor der Viererkette sehr ordentlich. Er eroberte viele Bälle und versuchte sie wie in besten Tagen, diese mit möglichst wenig Risiko möglichst gewinnbringend weiter zu leiten. Man merkt ihm die Spielpraxis, die er in den letzten Wochen in Mainz immer mehr bekommt, durchaus an. Je länger das Spiel dauerte, umso mehr wurde Baumgartlinger der dominante Teil dieses Duos. Eine Leistung, auf die man aufbauen kann.

Arnautovic

Beim Bremer ist es so eine Sache: Entweder er geigt richtig auf, reißt das Spiel an sich und damit die ganze Mannschaft mit, oder es gelingt ihm wenig bis gar nichts. In Lemberg klappte bei ihm leider kaum etwas. Ihm versprangen einige Bälle (was sicher auch, aber nicht nur mit dem Baustellenrasen zusammen hängt), er konnte Zuspiele nicht verarbeiten und brachte kaum einen Pass wirklich an.

Seine Rolle war im System recht klar definiert: Gegen den Ball sollte er vorne praktisch auf einer Höhe mit Janko stehen und die gegnerische Spieleröffnung stören – hier wurde aus der österreichischen Formation ein 4-4-2 – bei eigenen Angriffen aber ließ sich Arnautovic eher etwas fallen, agierte von hinten heraus, um mit Steilpässen die im Vorfeld von Marcel Koller geforderten Bälle aus der Tiefe zu spielen. Das Highlight in seinem Spiel war sicher das Tor, das – sagen wir mal so – jeweils zu einem Drittel Janko (der den Ball vors Tor brachte), Kutcher (der wohl als letzter dran war) und Arnautovic (der den Einsatz des ukrainischen Innenverteidigers provozierte) gehört.

Das war gut

Das Bemühen war klar ersichtlich, dass auch gegen einen vom Potenzial her sich in etwa auf Augenhöhe befindenden Gegner das Spiel selbst gemacht werden sollte. Das war ja unter Constantini, wie erwähnt, nicht mal daheim gegen klar schwächere Kontrahenten immer so. Gerade in der Anfangsphase wurde der Gegner schon sehr hoch angepresst, was es den Ukrainern unmöglich machte, selbst das Geschehen konstant und zielführend in die österreichische Hälfte zu verlagern. Selbst in der Phase nach dem 0:1, als beim ÖFB-Team nach vorne kaum mehr etwas ging, wurde so zumindest ein nachhaltiges Aufkommen der Ukrainer verhindert.

Dazu war natürlich einmal mehr die linke Seite das Prunkstück der Mannschaft. Fuchs zeigte vor allem im direkten Vergleich mit Schiemer, wie wichtig ein funktionierender offensiver Außenverteidiger ist, wenn man die Initiative übernehmen will. Der Schalker war ständig im Vorwärtsgang und dank Pogatetz brannte in seinem Rücken relativ wenig an.

Das war nicht gut

Anders als beim eh schon übervorsichtigen Schiemer, der sich mit dieser Leistung recht nachhaltig für weitere Einsätze als Rechtsverteidiger disqualifiziert hat. Ein Glück, dass Gyuri Garics nach fast einem Jahr endlich wieder spielen kann – sollte er in Bologna über den Winter Spielpraxis sammeln können, führt an dem von Constantini auf so schäbige Weise verstoßenen Italien-Legionär kein Weg vorbei.

So bemüht das ÖFB-Team war, das eigene Spiel dem Gegner aufzuzwingen, so wenig zwingend war das in diesem Spiel letztlich. Aber, wie erwähnt, das braucht Zeit und einige Spiele, die mit diesem Ansatz, positiven Fußball selbst spielen zu wollen, durchgezogen werden. Nur so kann sich die Mannschaft so weit finden, dass Automatismen entstehen und das alles konkreter und mit mehr Torgefahr aufziehen zu können.

Ausblick

Zweifellos, die Spieler dazu sind absolut vorhanden. Fuchs und Ivanschitz links sowieso, Baumgartlinger und Alaba sind beides spielintelligente Jungs mit dem Blick nach vorne gerichtet, Janko arbeitet vorne viel – jetzt braucht es nur noch ein Gegenstück zu Fuchs auf der rechten Seite.

Gegen Finnland – ein Team, das nicht annähernd die Qualität der Ukrainer hat – darf man beim nächsten Test im Februar schon erwarten, dass der grundsätzliche Ansatz der gleiche sein wird. Positiven Fußball, den will Marcel Koller sehen.

Und wir auch.

(phe)

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4:1 in Baku – und vor allem die Art und Weise macht durchaus Hoffnung https://ballverliebt.eu/2011/10/07/41-in-baku-und-vor-allem-die-art-und-weise-macht-freude/ https://ballverliebt.eu/2011/10/07/41-in-baku-und-vor-allem-die-art-und-weise-macht-freude/#comments Fri, 07 Oct 2011 18:11:45 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5882 4:1 in Baku – und vor allem die Art und Weise macht durchaus Hoffnung weiterlesen ]]> Ja, das österreichische Nationalteam kann tatsächlich deutlich besser spielen, als das zumeist unter Didi Constantini der Fall war: Beim 4:1-Erfolg in Aserbaidschan darf man sich nicht nur über das Ergebnis freuen, sondern vor allem über die Art und Weise, wie dieses zu Stande gekommen ist.

Aserbaidschan - Österreich 1:4

Willi Ruttensteiner hatte es angekündigt, und er machte es auch wahr: Der Interims-Teamchef wollte vom ÖFB-Team beim Spiel in Aserbaidschan frühes Pressing sehen, er wollte die Gastgeber unter Druck setzen, sie gar nicht erst zur Entfaltung kommen lassen. Und tatsächlich: Die Spielanlage der Österreicher war gegenüber den letzten Spielen kaum noch wiederzuerkennen.

Von vorne bis hinten anders

Das fing bei der Viererkette an, die im Ballbesitz extrem weit aufrückten; Prödl und Dragovic halfen mit, die Seiten etwas abzudecken, wenn Fuchs und Dag nach vorne gingen. Davor waren Scharner und Baumgartlinger nicht einfach nur defensive Mittelfeldspieler, wie sie zuletzt oft einfach nur als Abräumer interpretiert worden waren, sondern an ihnen beiden lag die Hauptlast des Pressings im Mittelfeld.

Wobei sie von Marko Arnautovic gut unterstützt wurden. Mit seiner ihm eigenen Aggressivität ging der Bremer zuweilen auch etwas überhart an den Gegenspieler, verschaffte sich so aber den nötigen Respekt. Außerdem bewegte er sich, wie das Ruttensteiner im Interview vor dem Spiel gefordert hatte, gut zwischen den Linien und war eigentlich immer anspielbar. Auf den Flanken rückten Alaba und Ivanschitz immer wieder ein, um ihren Hinterleuten die Möglichkeit zu geben, sie zu hinterlaufen – das klappte nicht so richtig, vor allem bei Dag.

Azeris überfordert

Was das österreichische Team zeigte, hatte Hand und Fuß, war aber in letzter Konsequenz nicht zwingend torgefährlich. Es hatte aber den Effekt, dass die Azeris überhaupt keinen Plan hatten, wie sie mit der aggressiven Spielweise und dem hohen Druck, den Österreich ausübte, umgehen sollten. Oftmals wurde der Ball dann zu lange gehalten, weil sich keine Anspielstation auftaten. Sofort waren zwei, drei Österreicher da, und der Ball war weg.

Und auch im Spiel nach hinten schlichen sich bei den Gastgebern vermehrt Fehler ein, so wie das in der 27. Minute passierte – da berechneten gleich drei Azeris einen hohen Ball auf Janko falsch, und Yunisoglu wusste sich nur noch mit einem Foul zu helfen. Referee Studer ließ nicht gelten, dass noch zwei Abwehrspieler auf gleicher Höhe waren und stellte den Innenverteidiger vom Platz.

Sichtbare Spielintelligenz

Das Offensiv-Trio mit Ivanschitz, Arnautovic und Alaba wechselte die Positionen, anders als man erwarten hätte können, kaum. Dafür legten sie eine hohe Agilität an den Tag und das ÖFB-Team zeigte eine Spielintelligenz, die sie zuletzt sehr gut versteckt hielt. In sich bietende Löcher wurde hinein gestoßen, es wurde gut antizipiert und damit so mancher billige Ballverlust verhindert bzw. schnell wieder ausgebügelt.

Und auch die Entstehung des 1:0 ist dafür ein gutes Beispiel: Anstatt auf den geblockten Ball blind drauf zu schießen, legte Alaba an der Strafraumgrenze sehr umsichtig zu Ivanschitz quer, und ausgerechnet der von Constantini so konsequent Verstoßene netzte ein.

Mit Zittern in die Pause

Ab ca. Minute 30

Freilich: Es war längst nicht alles Gold, war bei Österreich glänzte. Nach dem Führungstor ließ die Konsequenz deutlich nach und die Azeris, die nun auf ein 4-4-1 umgestellt hatten, bearbeiteten vor allem die Flanken – und da im Speziellen jene von David Alaba und Ekrem Dag – viel besser als vorher. Was auch daran lag, dass sich gegen die dezimierte Zentrale der Hausherren auch die Außenverteidiger eher nach innen orientierten und so auf die Flanken vergessen wurde.

Das, kombiniert mit Schwächen von David Alaba in der Rückwärtsbewegung auf der für ihn ungewohnten rechten Seite, nützten die Azeris mit Deutschland-Legionär Budak und vor allem dem offensivstarken Dshavadov gut aus. Zwei Flanken von dieser Seite auf den vom zu weit eingerückten Fuchs etwas allein gelassenen Ismailov sorgten vor der Pause für unnötiges Zittern, denn beides waren sehr gute Einschussmöglichkeiten.

Außenverteidiger auch in zweiter Hälfte nicht immer sicher

Auch nach dem Seitenwechsel blieben die Außenverteidiger so ein wenig die Sorgenkinder. Ruttensteiner ließ für die zweite Hälfte Ivanschitz und Alaba die Flanken tauschen, womit der Bayern-Legionär sich sichtlich wohler fühlte und das Spiel nach vorne etwas ausbalancierter aussah – denn von der rechten Seite ist nicht allzu viel gekommen.

Nach dem schnellen 0:2 und dem folgenden 0:3 waren die Azeris natürlich geschlagen und die Gegenwehr war gebrochen, aber ein grober Stellungsfehler und ein äußerst passives Abwehrverhalten von Dag ermöglichte Aserbaidschan den unnötigen Ehrentreffer.

Österreich gibt Sieg nicht mehr her

Dass es nur der Ehrentreffer war, lag aber auch am Druck, den die Österreicher auch nach dem Wiederanpfiff erzeugten. Sie ließen nicht nach, im Mittelfeld und auch zum Teil im Angriff zu pressen, ließen den Gegner somit weiterhin nie zur Entfaltung kommen, erkämpften sich Bälle ungewohnt schnell wieder zurück und spielten die Azeris mit schnellen Kurzpässen aus. Das 2:0, herrlich vorbereitet nach einem blitzschnellen Doppelpass von Arnautovic mit Ivanschitz und abgeschlossen von Janko, fiel auf diese Weise, und das 3:0 nach einer Stunde war das Produkt eines Marc Janko, der ein Arbeitspensum an den Tag legte, das man von ihm im ÖFB-Trikot schon lange nicht mehr gesehen hatte.

Auch der Anschlusstreffer eine Viertelstunde vor Schluss weckte die Azeris nicht mehr entscheidend auf, es wurde zwar versucht, noch zu holen, was zu holen war, aber man hatte dennoch nie das Gefühl, dass Österreich das Spiel noch hergeben könnte. Und so gar es in der Nachspielzeit noch den 4:1-Endstand durch den für den müdegelaufenen Arnautovic eingewechselten Zlatko Junuzovic

Fazit: Ein großer Schritt in die richtige Richtung

Man ist als Beobachter der österreichischen Nationalmannschaft ja nicht gerade verwöhnt, so ist man leicht geneigt, das in diesem Spiel gezeigte als die großartigste Leistung seit Ewigkeiten lobzuhudeln. Und man muss ansprechen, dass vor allem die Positionen der Außenverteidiger noch einiges an Feintuning bedürfen, sowohl was das Abwehrverhalten angeht, also auch, was das nach vorne Tragen des Balles angeht. Hier war zu lange zu wenig über die Flügel zu sehen.

Dennoch war das Spiel zweifellos ein großer Schritt in die richtige Richtung. Es wurde ein Pressing gezeigt, wie man es von einer österreichischen Nationalmannschaft noch nie gesehen hat (was nicht heißt, dass es da immer noch Luft nach oben gibt). Es wurden sehr viele Bälle durch schnelles Denken und Handeln schnell wieder zurück geholt und vor dem Tor blieb man cool und nützte die Chancen, die sich boten.

Alles in allem war es ein schöner Erfolg, den man nicht über-, aber auch nicht unterbewerten darf. Man hat viel Positives erkennen können, was unter Constantini nicht zu sehen gewesen war. Auch dürfen nach der recht anständigen Leistung von Andi Ivanschitz weiterhin Fragen erlaubt sein, was sich der Ex-Teamchef bei der so konsequenten Ausbootung des Mainz-Legionärs gedacht hat.

Aber vor allem bleibt eines übrig: Eine feine Leistung und ein verdienter Sieg, mit dem zumindest der vierte Gruppenplatz fixiert werden konnte.

(phe)

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