EM-Quali für 2016
Happel-Stadion, Wien, 8. September 2014
Österreich - Schweden
1-1
Tore: 7' (p) Alaba bzw. 12' Zengin

Dominant, aber zu wenig echte Gefahr – Österreich „nur“ 1:1 gegen Schweden

Was ist es wert, dieses 1:1 gegen Schweden? Österreich war über weite Strecken das aktivere Team, agierte phasenweise sogar drückend überlegen. Schweden zog sich von Beginn an zurück und schwächte das ÖFB-Team, indem es dieses das Spiel selbst aufziehen ließ. Alaba und Co. kreierten zu wenige Chancen und nützten die Druckphase nach der Pause nicht. Ein Big Point wurde verpasst, aber auch noch nicht allzu viel Porzellan zerschlagen.

Österreich - Schweden 1:1 (1:1)
Österreich – Schweden 1:1 (1:1)

Neues System und eine sehr reaktive Herangehensweise: So kreuzten die Schweden auf. In einem etwas schiefen 4-1-4-1 sollten Källström als Sechser, Ekdal als Achter und Seb Larsson als Mittelding aus Achter und Zehner das Zentrum dichtmachen, auf den Außen Durmaz und Zengin die Flügel neutralisieren und Ibrahimovic vorne auf lange Zuspiele lauern.

Schweden ziemlich passiv

Ob man das als Zeichen des Respekts der Schweden vor Österreich oder als Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit zur Spielgestaltung sehen möchte, ist Geschmackssache. Jedenfalls überließen die Schweden dem ÖFB-Team den Ball in dessen eigener Hälfte sehr bereitwillig, es gab kaum ein ernsthaftes Angehen auf den ballführenden Österreicher. Bis in die schwedische Hälfte hinein konnte der Ball unbehelligt getragen werden, rund 30 bis 40 Meter vor dem eigenen Tor verdichteten die Schweden.

Der Aufbau von Österreich lief aber zunächst etwas zu träge, um die Passivität des Gegners auch nützen zu können. Die Abwehrreihe rückte zwar weit auf, mit Baumgartlinger (zuweilen aber auch Alaba) als abkippender Sechs, es fehlte aber die Direktheit und vor allem das konsequente Spiel über die Außen, um die Schweden auseinander zu ziehen. Mit zu wenig Tempo und zu wenig Variabilität gab es kein Durchkommen, obwohl der Raum zwischen den schwedischen Ketten nicht immer ganz eng war.

Was Österreich allerdings ausgesprochen gut machte: Die Schweden gar nicht erst auf die Idee kommen zu lassen, selbst kontrolliert nach vorne zu kommen. Das aus der WM-Quali schon bekannte schnelle Pressing nach Ballverlusten klappte vorzüglich, sehr oft war Österreich sehr schnell wieder zurück im Ballbesitz.

Alaba dominant, linke Seite schwach

An der grundsätzlichen Charakteristik des Spiels änderten auch die beiden frühen Tore nichts – weder der Elfer von Alaba noch der Ausgleich von Zengin – aber bezeichnend waren sie für diverse Aspekte der Partie dennoch.

Im österreichischen Zentrum war es nämlich natürlich wieder einmal Alaba, der die Fäden in der Hand hielt und der im Aufbau immer wieder gesucht wurde, einer seiner Vertikal-Vorstöße führte zum Strafstoß. Seine dominante Rolle war aber auch deshalb nötig, weil Arnautovic nie eine Bindung zum Spiel fand und, wenn der den Ball doch mal hatte, seine Pässe oft nicht den Mitspieler fanden. Auch Fuchs (dem man die fehlende Spielpraxis ansah) und Junuzovic (der sich im massierten Zentrum aufrieb) konnten wenig helfen.

Auf der anderen Seite zeigte Klein sowohl beim Gegentor als auch bei Zengins Alu-Treffer kurz danach Schwächen in der Beurteilung von Defensiv-Situationen. Beim ersten Mal blieb er von Haus aus zu weit weg, beim zweiten Mal stand er von Haus aus falsch. Im Laufe des Spiels fand er zwar zu mehr Sicherheit, seine altbekannte Schwäche (das Schlagen von Flanken) ließ Vordermann Harnik beim Erzeugen von Gefahr aber oft allein.

Schweden ändern nichts…

Weil nun also links Arnautovic und Fuchs viel mit dem giftigen Durmaz und auch mit sich selbst zu tun hatten und rechts nur Harnik für schwedische Schweißperlen sorgte, war es den Trekronors kein allzu großes Problem, zu verhindern, dass Österreich hinter die Abwehrkette kam. So hatte war das Team in Rot über 60 Prozent Ballbesitz, aber es fehlte der Punch nach vorne.

Was sich zu Beginn der zweiten Hälfte deutlich änderte. Ist es in den letzten Spielen nämlich oft so gewesen, dass der Gegner Adaptierungen vornahm und Österreich hinterher hechelte, war es diesmal umgekehrt. Erik Hamrén änderte genau gar nichts, aber das österreichische Spiel war deutlich direkter.

…aber Österreich wird direkter

Vor allem die Rolle von Martin Hinteregger wurde nun immer mehr gestärkt. Schon vor der Pause rückte der Salzburger immer wieder aus der Innenverteidigung auf, um das Spiel zu eröffnen, nach dem Seitenwechsel übernahm der 22-Jährige nun komplett die Agenden als erster Passgeber, das primäre Ziel seiner Pässe war David Alaba. Es entstand in dieser Phase ein ungemeiner Zug zum Tor, weil nun extrem darauf geachtet wurde, flache, schnelle Vertikalpässe zu spielen – ein krasser Gegensatz zu den in Hälfte eins oft zu sehenden hohen Vertikalbällen, die sich als untaugliches Mittel zum Auseinanderziehen der Schweden erwiesen hatten.

Einziges Manko: Es gab keine Tore. Weder aus dem Spiel heraus, noch aus Eckbällen. Gerade die wurden zwar durchaus variiert, aber nur ein einziger brachte tatsächlich so etwas wie Verwirrung vor dem schwedischen Tor (der flach in den Rückraum gespielte Ball in der ersten Hälfte nämlich). Das war die Phase, in der Österreich das Spiel entscheiden hätte müssen. Und das war die Phase, in der Österreich den Sieg vergeben hat.

Kräfte lassen nach

Denn so ab der 60. Minute herum ließen die Kräfte ziemlich dramatisch nach. Aus dem aggressiven Vertikal-Spiel nach vorne wurde nun recht schlagartig ein deutlich defensiverer Zugang, Österreich stand nun deutlich tiefer, die Schweden hatten im Mittelfeld nun mehr Raum zum Atmen und bekamen auch mehr Zeit am Ball. Nicht, dass sie es nun schafften, den schon ziemlich früh im Spiel ziemlich genervt wirkenden Ibrahimovic ins Spiel einzubinden, aber eine latente Sorge vor dem Gegentreffer machte sich schon breit.

Allerdings: Der unbedingte Nachdruck fehlte auch bei den Schweden. Die Wechsel von Hamrén brachten überhaupt nichts, Elmander entwickelte nicht mehr Druck als der zunehmend müde Durmaz. Aber auch bei Österreich fand Okotie nicht mehr ins Spiel als Janko (der zwei gute Chancen nicht genützt hatte) vor ihm, Leitgeb und Lazaro statt Junuzovic und Harnik waren positionsgetreu, ihre frischen Kräfte konnten ein plattes Team aber auch nicht mehr wirklich pushen.

Fazit: Biederen Gegner nicht geknackt

Zum Triumphmarsch ist das 1:1 zu wenig, zum Trauergesang die Leistung zu okay. Natürlich: Die linke Seite war schwach, damit konnten die Schweden nicht aufgerissen werden, es gab aus dem Spiel heraus zu wenige wirkliche Chancen und die wenigen, die man hatte, nützte man nicht. So gesehen hat Österreich auch nicht mehr als den einen Punkt verdient. Zu weniger Spieler konnten wirklich eine starke Leistung abliefern, Alaba versuchte mit Fortdauer des Spiels die Schwächen seiner Nebenmänner zunehmend alleine zu kompensieren – so wurde das Spiel natürlich ausrechenbar.

Allerdings hat das Team aus Schweden gezeigt, wie wenig es offenbar zu zeigen im Stande ist. In dem 4-3-3/4-1-4-1-Hybrid gibt es keinerlei Kreativität, noch viel mehr als in der WM-Quali letztes Jahr verlässt man sich auf eine staubige Defensive und das eine Genie ganz vorne. Umso ärgerlicher ist es, dass das ÖFB-Team nicht gewonnen hat. Umso weniger aber muss man sich vor Schweden fürchten.

Denn Über-Truppen sind Russland und Montenegro auch nicht, und so kann man erwarten, dass sich die Top-4 der Gruppen fleißig bis zum Schluss gegenseitig die Punkte wegnehmen. Was aber auch heißt: Bester Gruppendritter wird man in dieser Gruppe kaum.

Schon gar nicht, wenn’s daheim „nur“ ein 1:1 gegen Schweden gibt.

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Über Philipp Eitzinger

Journalist, Statistik-Experte und Taktik-Junkie. Kein Fan eines bestimmten heimischen Bundesliga-Vereins, sondern von guter Arbeit. Und voller Hoffnung, dass irgendwann doch noch alles gut wird.