Milan – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Sun, 21 Feb 2021 19:22:40 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 3:0 gegen Milan: Inter auf dem Weg zum Scudetto? https://ballverliebt.eu/2021/02/21/inter-hebelt-milan-mit-klugem-spiel-aus-2021/ https://ballverliebt.eu/2021/02/21/inter-hebelt-milan-mit-klugem-spiel-aus-2021/#respond Sun, 21 Feb 2021 19:22:38 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17389 3:0 gegen Milan: Inter auf dem Weg zum Scudetto? weiterlesen ]]> Inter hat im Derby della Madonnina 3:0 gegen Milan gewonnen und damit den Vorsprung an der Spitze der Serie A auf vier Punkte auf den zweitplatzierten Lokalrivalen und fünf Verlustpunkte auf Serienmeister Juventus ausgebaut. Schlüssel zum letztlich klaren Sieg war, dass das Ungleichgewicht durch den weit aufrückenden Milan-Linksverteidiger Théo Hernández geschickt genützt wurde – und dass die Tore im richtigen Moment erzielt wurden. Kann Inter Meister werden? Ja, durchaus.

Milan – Inter 0:3 (0:1)

Den unterschiedlichen Zugang von Inter und Milan, den Weg zurück an die Spitze zu suchen, hat Jonathan Wilson hier schön erklärt – Inter wirft Geld auf den Markt und kauft fertige, ältere Spieler, währen Milan ein wenig den Leipzig-Weg geht und mit jungen Spielern (inklusive Weiterverkaufs-Wert) ein Team formen versucht.

Und das hat man im Derby, das zum ersten mal seit vielen Jahren auch ein tabellarisches Spitzenspiel war, auch gesehen.

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Kessié mit drei Jobs…

Der Vorwärtsdrang von Milan-Linksverteidiger Théo Hernández ist eines der größte Assets bei Milan. Seine hohe Positionierung erlaubt es Rebić einzurücken, was wiederum den Zehnerraum besetzt hält, wenn Çalhanoğlu sich andere Positionen sucht, um das Spiel zu gestalten. Im Optimalfall.

Wenn Hernández aufrückt, kippt Sechser Kessié nach hinten, um einen Quasi-Linksverteidiger zu geben. Weil nun aber sein Nebenmann Sandro Tonali – der seinerseits nur der Back-up für den dauer-angeschlagenen Bennacer ist – große Probleme damit hatte, sich aus dem Deckungsschatten der Inter-Zentrale zu befreien, musste Kessié quasi drei Jobs machen: Seinen eigenen im Sechserraum, den von Hernández als Absicherung am Flügel und den des unsichtbaren Tonali.

… und Inter nützt das

Diesen Umstand bohrte Inter konsequent an. Schon nach vier Minuten spielte Hakimi, weit in der eigenen Hälfte von Hernández nur halbherzig gestellt, einen Pass in den Lauf von Lukaku. Kessié stand auch sehr hoch und war aus dem Spiel, Lukaku hatte deutliche Tempo-Vorteile gegen Romagnoli und Lautaro löste sich geschickt von seinen Gegenspielern. Lukaku konnte zwar von Kjaer noch abgedrängt werden, er konnte aber noch einmal flanken und Lautaro verwertete zum 1:0.

Vor dem Tor zum 1:0 für Inter: Hernández hoch, Kessié ebenfalls hoch im Zentrum, Romagnoli zu langsam

Das Bespielen dieses Ungleichgewichtes war auch in der Folge das bestimmende Element im Angriffsspiel von Inter.

Kessié sichert hinter Hernández ab, Tonali rückt nicht mit, Barella sorgt für Überladung am Flügel – oft lässt sich auch Romagnoli aus der Position ziehen.

Eine Schlüsselrolle hatte bei dieser Strategie Nicolò Barella. Der rechte Achter bei Inter hat ein großartiges Gespür für Räume, er stieß gemeinsam mit dem nach rechts ausweichenden Lukaku und dem aufrückenden Hakimi in den von Kessié offen gelassenen und von Tonali nicht entsprechend abgedeckten Platz im Halbraum. Auch gerne gemacht: Barella läuft hinter Lukaku, um zweite Bälle aufzusammeln, sollte Lukaku gestellt werden.

Hinter der Welle

Milan rückte nach dem frühen Rückstand hoch auf und versuchte, die Spieleröffnung bei Inter anzupressen und viele Spieler rund um den Strafraum zu bekommen, damit Kontrolle auszuüben. Das Problem war nur, dass Inter sich gut aus dem Pressingdruck befreien konnte – in der Regel mit Steilpässen in die grobe Richtung von Lukaku – und hinter der Pressinglinie von Milan wahnsinnig viel Raum war, der vom langsamen Romagnoli nur unzureichend abgedeckt war.

Während Milan nur zur Halbchancen und Fernschüssen kam, hatte Inter genug Chancen, das Spiel schon vor der Halbzeit zu entscheiden.

Ganz anderes Milan nach der Pause

Ein Quell ständiger Unzufriedenheit bei Milan-Trainer Stefano Pioli war Sandro Tonali. Gefühlt waren vier von fünf Worte, die Pioli ob des leeren Stadions deutlich hörbar auf das Feld rief, „Sandro!“ Er nahm den 20-jährigen Jung-Nationalspieler aber in der Halbzeit nicht vom Platz, sondern offenkundig ins Gebet.

Nun nämlich orientierte sich Tonali spürbar mehr an seinen Nebenspielern – vor allem Saelemaekers und Çalhanoğlu – und war damit viel mehr ins Spiel eingebunden. Milan erreichte damit spürbar mehr Kontrolle im Zentrum, zusätzlich wurden die Anlaufwege mit mehr Verve durchgezogen, generell war ein ganz anderer Zug bei Milan zu merken. Zu Beginn der zweiten Hälfte musste Inter-Torhüter Handanovič dreimal in höchster Not klären, der 1:1-Ausgleich lag in der Luft.

Rund zehn Minuten war das routinierte Inter gegen die überwiegend junge Truppe von Milan am Wanken, aber ein (natürlich) über die rechte Angriffsseite gezogener Konter sorgte in der 57. Minute stattdessen für das 2:0 für Inter. Lukaku, wieder ganz an der Seitenlinie um Romagonli rauszuziehen, leitete den Ball auf den durchlaufenden Hakimi weiter, dieser ließ Tonali aussteigen, bediente Eriksen im Zehnerraum; Perišić kam von links in den Strafraum, legte für Lautaro quer und das Tor war gefallen.

Wenige Minuten später schloss Lukaku seinen Kontern gleich selbst ab, das 3:0 nach 66 Minuten, alles vorbei. Inter ließ die restlichen 25 Minuten herunterlaufen; Conte ersparte Perišić, Lautaro und Hakimi noch eine Viertelstunde und kann sich freuen, in der Tabelle nun vier Punkte vor Milan zu liegen.

Fazit: Inter sehr stabil, Milan noch nicht ganz dort

Inter hat kurz gewankt, aber in der Manier einer Spitzenmannschaft ein Match, das zu kippen drohte, mit zwei schnellen Aktionen doch für sich entschieden. Antonio Conte hat die Problemstelle von Milan deutlich sichtbar identifiziert und seinen Matchplan darauf ausgerichtet. Mit aller Routine und mit dem Selbstverständnis von 12 Siegen aus den letzten 15 Liga-Spielen wurde der Plan umgesetzt und der engste Verfolger damit (zumindest vorerst) abgeschüttelt.

Das Inter von Antonio Conte hat letztes Jahr schon Juventus zumindest bis zur Corona-Pause vor sich her getrieben. In dieser Saison machen die Nerazzurri aber tatsächlich den Eindruck, stabil genug sein zu können, um dem noch zu erwartenden Angriff von Juventus stand zu halten. Milan, lange an der Spitze, ist wohl (noch?) nicht ganz so weit. Die Truppe, die ohne Ibrahimovic ein Durchschnitt-Alter von nur knapp über 24 Jahre hat – für Italien geradezu ein Kindergarten – hat aber noch ein wenig Zeit.

Wie Jonathan Wilson in seinem Artikel schreibt: Für Inter ist es wohl eine Situation der Marke „jetzt oder nie“.

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Real holt wieder die CL: Wie ist das einzuordnen? https://ballverliebt.eu/2017/06/04/real-madrid-zidane-juventus-einordnung-sacchi-guardiola/ https://ballverliebt.eu/2017/06/04/real-madrid-zidane-juventus-einordnung-sacchi-guardiola/#comments Sun, 04 Jun 2017 07:21:53 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=13538 Real holt wieder die CL: Wie ist das einzuordnen? weiterlesen ]]> Real Madrid hat also den Champions-League-Titel verteidigt. Als erstes Team seit dem Re-Branding des Landesmeister-Pokals 1992/93 bzw. der Einführung der Gruppenphase ein Jahr davor. Das 4:1 gegen Juventus Turin zementiert den Platz dieses Teams in der Fußball-Geschichte. Aber wie ist Zidanes Real etwa mit Sacchis Milan oder Guardiolas Barcelona zu vergleichen?

Real Madrid – Juventus Turin 4:1 (1:1)

Der Schlüssel zum Erfolg des aktuellen Teams von Real Madrid liegt in der Balance und der Stabilität, welche Zinedine Zidane mit seinem System und seiner Taktik verleiht. Als in den letzten Wochen Isco – der immer eher Edel-Joker war – für den verletzten Bale in die erste Elf rückte, wurde diese noch einmal auf ein neues Level gehoben.

Die beiden Achter von Real – also Modric und Kroos – agieren in der Grundformation recht weit hinten und kippen gerne ein wenig seitlich ab. Das erlaubt den Außenverteidigern – also Marcelo und Carvajal – ein schwungvolles Aufrücken, weil sie in ihrem Rücken keine Löcher offenbaren. Wenn man so spielt, entsteht aber in der Regel ein Loch im Halbfeld, weil das der Raum ist, um den sich sonst der Achter kümmert.

Schlüsselspieler Isco

Und hier kommt Isco ins Spiel. Er ist nicht fix an eine Position gebunden, sondern hat einen extremen Radius und er ist auch nicht eine Nummer zehn im klassischen Sinn, sondern eher der ultimative Balance-Geber, wo immer er gerade gebraucht wird. Der vor vier Jahren von Málaga gekommene Isco ist die Rückversicherung für alle Bereiche des Offensivspiels – und des Defensivspiels.

Da Modric und Kroos seitlich defensiv agieren können, ohne vor ihnen Platz zu geben (weil ja Isco da ist), konnten die raumgreifenden Laufwege von Dybala – von einer recht wild von Juventus gestalteten Anfangsphase – nie eine wirkliche Wirkung entfalten. Sobald sich das Spiel nach ein paar Minuten gelegt hatte, kamen die Italiener kaum zur Geltung.

Auch mit Spielglück

Juve verteidigte in zwei Viererketten. Isco wurde mit Back-up übergeben, konnte so offensiv keine Wirkung entfalten; die Außenspieler im Mittelfeld (Dani Alves rechts, Mandzukic links) rückten immer wieder ein, um die Kreise von Kroos und Modric einzuengen. Juve-Linksverteidiger Alex Sandro wusste genau, wie er gegen Carvajal spielen musste; Marcelo war zwar aktiv, hatte mit Barzagli aber einen gelernten Innenverteidiger gegen sich.

Erst ein Real-Konter mit schlechter Staffelung bei Juventus, ein gescheitert Doppelpass und ein abgefälschter Schuss von Ronaldo sorgten für die Real-Führung, die dank Mandzukic‘ Fallrückzieher nicht lange hielt. Das Spiel war auf höchstem taktischen Niveau, aber relativ statisch – bis zu Casemiros krummem Ding nach einer Stunde.

Das war weder besonders gut gemacht von Real Madrid noch dramatisch schlecht gemacht von Juventus, es war letztlich einfach Glück/Pech (je nach Sichtweise). Drei Minuten nach dem 2:1 war die Juve-Innenverteidiger noch ein zweites mal nicht gut postiert und es hieß 3:1 – die Entscheidung. Man kann nicht mal mehr wirklich von „Faden verlieren“ sprechen, es war einfach vorbei. Asensios Tor in der Nachspielzeit hatte nur noch kosmetischen Wert.

Wo steht dieses Real-Team?

Real Madrid hat nun drei der letzten vier CL-Titel geholt. Das ist eine unglaubliche Leistung, die gerade bei der Leistungsdichte im modernen Spitzenfußball umso erstaulicher ist. Das zieht automatisch Vergleiche mit zwei anderen großen Teams nach sich: Das Milan der Sacchi-Jahre (die letzten Back-to-Back-Sieger) und das Barcelona der Guardiola-Jahre (zwei Siege in drei Jahren und Grundstock für die Dominanz auch des spanischen Nationalteams).

Finale 1990: Milan – Benfica 1:0 (0:0)

Sacchi brachte mit seiner Vorstellung vom Fußball beinahe eine Revolution in Gang. Extrem enge Abstände zwischen den Mannschaftsteilen, Abkehr von der gerade in Italien als heiliger Kuh behandelten Manndeckung, Vielseitigkeit der Spieler und eine Neuinterpretation der Viererkette.

Milan gewann so den Meistercup 1989 (mit einem 5:0 im Halbfinale gegen Real Madrid sowie einem 4:0 im Endspiel gegen Steaua Bukarest) und wiederholte den Triumph 1990 beim Finale in Wien mit einem 1:0 über Benfica Lissabon mit Trainer Sven-Göran Eriksson.

Das war stilprägend für viele Jahre und noch in den mittleren und späten Nuller-Jahren betrachtete etwa Walter Schachner diese Interpretation des 4-4-2 als Höhepunkt der Fußballgeschichte und er versuchte, dem Vorbild entsprechend nahe zu kommen (wie beim Titel mit dem GAK 2004). Sacchis Vorbild strahlte also nicht nur auf andere Spitzenteams aus, sondern hatte großen Einfluss selbst auf die Verästelungen der Fußballwelt.

Und auch auf Milan selbst: Sacchis Nachfolger Fabio Capello baute auf dem Fundament auf, erreichte von 1993 bis 1995 dreimal hintereinander das Champions-League-Finale und gewann jenes von 1994 mit einem überragenden 4:0 gegen den FC Barcelona.

2011: Barcelona – Manchester Utd 3:1 (1:1)

Jener FC Barcelona installierte 2008 Pep Guardiola und er verwandelte das RIjkaard-Team, das er übernommen hat, von einer direkten und auch mit relativ vielen langen Bällen agierenden Mannschaft in die ultimative Ballbesitz-, Pressing- und Dominanzmaschine. Schon in seinem ersten Jahr gewann er das Triple – inklusive einem 2:0 im CL-Finale gegen Manchster United, zwei Jahre später gab es im Endspiel ein unerhört dominantes 3:1 gegen den selben Gegner.

In seinen vier Jahren beim Klub gewann Guardiola 3x die Meisterschaft, 2x die Champions League, 2x den Weltpokal und 2x den spanischen Pokal, dazu 3x den spanischen und 2x den europäischen Supercup. Das spanischen Nationalteam, das unter Vicente del Bosque den Barcelona-Stil kopierte, wurde 2010 Welt- und 2012 Europameister.

Verschüchterte Gegner verbunkerten nur noch die Strafräume, viele andere Teams übernahmen vor allem das Pressing-Element – mache besser (Dortmund), manche weniger gut (die meisten Teams der österreichischen Liga, zum Beispiel). Der viel zu früh verstorbene Tito Vilanova und dessen Nachfolger Luis Enrique übernahmen das breite Fundamet, Enrique gewann 2015 ebenso das Triple.

Finale 2016: Real – Atlético 1:1 nV, 5:3 iE

Und Zidane? Er ist kein Innovator wie Sacchi und Guardiola. Er gewinnt, weil er es versteht, sein Team bestmöglich nach seinen Stärken einzustellen und er versteht es, bestmöglich um Schwächen herum zu spielen. Zidane verleiht seinem Team eine extreme Balance, er hat ein unglaublich starkes zentrales Mittelfeld zu Verfügung.

Er ist, dem Vernehmen nach, kein kühl-distanzierter Chef wie Ancelotti oder ein Reibebaum wie Mourinho, von atmosphärischen Störungen ist in seinen anderthalb Jahren im Amt praktisch nie etwas zu hören gewesen. Und Zidane profitiert davon, dass er nun schon über längere Zeit den de facto unveränderten Kader zur Verfügung hat.

Völlig sinnlose Mega-Transfers wie zur Zeit, als Klub-Präsident Florentino Pérez die Galacticos wieder aufleben lassen wollte (mit sündteuren Flops wie James Rodríguez und Asier Illarramendi, die alleine über 100 Millionen Euro gekostet haben) finden in letzter Zeit nicht mehr statt. Beim 4:1 über Juventus waren nur zwei Spieler vom 2016er-Finale nicht wieder in der Startformation – Bale und Pepe, beide verletzt bzw. noch nicht ganz fit. Neun der 14 eingesetzten Spieler beim CL-Sieg 2014 waren gegen Juventus wieder dabei.

Einordnung

Zidanes Real Madrid ist eine Mannschaft, die sehr viel gewinnt und alleine dadurch schon ihren Platz in der langfristigen Fußball-Geschichte haben wird. Aber: Diese vielen Siege werden keinen Einfluss auf viele andere Teams haben, welche die Spielweise von Real nun kopieren könnten.

Sacchis Milan lebte von der Innovation, Guardiolas Barcelona lebte von der Innovation. Zidanes Real lebt von der Stabilität und zeigt eine hohe Qualität, sie macht aber nichts wirklich besonderes oder dramatisch andersartiges. Das Team ist über Jahre hinweg einfach richtig, richtig gut und vereint großartiges individuelles Talent (wie Ronaldo in seinem vermutlich letzten Frühling) mit einem kompakten und funktionierenden Teamgefüge.

Zidane hat sein Team komplett im Griff und hat die richtige Mischung aus taktischem Korsett und dem Auslebenlassen individueller Qualität gefunden. Unter den richtigen Umständen ist das alles, was es braucht. Auch ohne revolutionäre Andersartigkeit.

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1:3 gegen die Fiorentina: Die Luft für Milan-Coach Allegri wird dünner https://ballverliebt.eu/2012/11/12/13-gegen-die-fiorentina-die-luft-fur-milan-coach-allegri-wird-dunner/ https://ballverliebt.eu/2012/11/12/13-gegen-die-fiorentina-die-luft-fur-milan-coach-allegri-wird-dunner/#comments Mon, 12 Nov 2012 00:14:31 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7996 1:3 gegen die Fiorentina: Die Luft für Milan-Coach Allegri wird dünner weiterlesen ]]> Was ist nur mit dem AC Milan los? In dieser Saison läuft es überhaupt nicht für die Rossoneri, und beim 1:3 gegen die Fiorentina wurde auch recht deutlich, warum. Während man in Florenz wieder zum Europacup anklopft. Ein Höhenflug, der auch mit „Aeroplanino“ Montella auf der Trainerbank zusammen hängt.

AC Milan – AC Fiorentina 1:3

Fünf der elf Liga-Spiele verloren, in der Champions League ist der Einzug ins Achtelfinale auch noch lange nicht geschafft – nach dem Abgang von Zlatan Ibrahimovic und Thiago Silva im Sommer zu PSG erlebt Milan einen Horror-Herbst. Und im Spiel gegen das sich auf dem Weg nach oben befindende Team der Fiorentina zeigte einige Gründe recht deutlich auf.

Milan: Vor allem Außen gibt’s Probleme

Trainer Max Allegri stellte in dieser Saison sein System um. Aus dem typisch italienischen 4-3-1-2 wurde ein 4-2-3-1. Was aber weniger mit Zlatan oder Thiago Silva zu tun hat. Sondern viel eher ein Zugeständnis an die Tatsache sein dürfte, dass Allegri einfach keine Außenverteidiger zur Verfügung hat, die gut sind, die Aufgaben auf den Flanken alleine zu schultern. Abate und Antonini sind das nicht, Constant schon mal gar nicht, und Mattia de Sciglio hat zwar Potenzial, ihm fehlt es mit seinen 20 Jahren (für italienische Verhältnisse also tatsächlich einer aus der Krabbelgruppe) ziemlich an Erfahrung auf höchstem Level.

So teilt er die Aufgaben auf den Außen nun auf jeweils zwei Spieler auf. Das funktioniert aber nicht wirklich, weil es Allegri auch im November noch nicht gelungen ist, eine passende Balance zu finden. Auf der rechten Seite war De Sciglio wirklich bemüht, etwas nach vorne zu machen; der schwache Emauelson war aber keinerlei Hilfe und die geschickte Abwehrarbeit der Fiorentina machte es ihm zusätzlich schwer.

Und auf der linken Seite ist Kevin Constant schlicht und einfach heillos überfordert. Im Positionsspiel – er ließ sich von Cuadrado weit nach vorne ziehen, was es seinen Gegenspielern Ljajic und Aquilani erlaubte, permanent in seinem Rücken die Schnittstelle zwischen Constant und Bonera zu bearbeiten. Im Abwehrverhalten – nicht nur einmal wirkte er überhastet und ließ die Übersicht vermissen, wie bei einem völlig unnötig von ihm verursachten Eckball nach rund einer Viertelstunde oder bei Cassanis Pfostenschuss in der Schlussphase. Und im Spielaufbau – mehr als lange Bälle in die grobe Richtung von Mitspielern war kaum zu sehen.

Mit Montella zurück nach vorn

Die großen Probleme von Milan hingen aber natürlich auch mit der Spielweise der Fiorentina zusammen. Nachdem Cesare Prandelli die Viola vor zwei Jahren verlassen hatte und die Squadra Azzurra übernahm, fiel der Champions-League-Achtelfinalist von 2010 unter Sinisa Mihajlovic fast ins Bodenlose; mit Vincenzo Montella allerdings und einigen interessanten bis aufregenden Spielern ist man nun auf bestem Weg zurück ins internationale Geschäft.

„Aeroplanino“ Montella, mittlerweile 38 Jahre alt und zu seiner aktiven Zeit legendärer Stürmer bei der Roma, holte schon aus Catania mehr heraus, als zu erwarten war, und setzt seinen Lauf nun Fort. Er lässt in einem System spielen, das am Ehesen mit 3-1-4-1-1 zu beschreiben ist. Prunkstück ist das zentrale Mittelfeld, in dem Montella gleich drei potentielle Spielmacher versammelt: David Pizarro agiert als Sechser vor der Dreierkette, Alberto Aquilani flankiert ihn rechts, Borja Valero links. Davor presste Adem Ljajic alles an, was sich bewegte und Altmeister Luca Toni lauert vorne auf die Zuspiele.

Fiorentina: Aufmerksam und mit dezentem Pressing

Der Clou der Fiorentina – die ohne den an einem Muskelfaserriss laborierenden Offensiv-Allrounder Stefan Jovetic auskommen musste – lag darin, dass man gleich in den Anfangsminuten im Mittelfeld extrem aufmerksam agierte, sehr gedankenschnell war und jeden Pass von Milan abfing, der nicht punktgenau ankam. Daraufhin wurde blitzschnell auf Offensive umgeschaltet. Die Folge: Milan konnte nicht noch kein eigenes Spiel aufziehen, sondern war auch noch permanent damit beschäftigt, hinten nichts anbrennen zu lassen. Das gelang nur zehn Minuten, ehe Aquilani nach einer Hereingabe von der rechten Seite (jener von Constant, eh klar) zum 1:0 traf.

Das ganz wilde Dazwischenlaufen wurde danach zwar eingestellt, was aber nicht heißt, dass man Milan einfach gewähren ließ. Es wurde immer noch darauf geachtet, dass der Ballführende wenig Zeit hat und im Mittelfeld bewegten sich zumeist zwei Fiorentina-Spieler frontal auf den Gegenspieler mit dem Ball zu – kein brutales Pressing, aber dezent und wirkungsvoll. So hatte Milan zwar immer die Option, quer zu spielen, aber wollten die Mailänder nach vorne, blieb nur der lange Ball. Mit dem die Fiorentina-Defensive keine Probleme hatten. Vom dämlichen Rempler Roncaglias an Pato mal abgesehen, aber Pato verschoss den fälligen Elfmeter nach einer halben Stunde ohnehin.

Nicht, dass die Fiorentina eine offensive Gala-Vorstellung lieferte oder auch nur ein Aufbauspiel auf höherem internationalen Niveau zeigte. Auch die Violetten begingen diverse billige Fehler im Spiel nach vorne. Aber man konnte sich auf gelegentliche Schlafmützigkeiten in der Milan-Abwehr verlassen. Noch vor der Pause winkten Montolivo und Mexès nach einem Einwurf Valero praktisch zum 2:0 durch.

Nur El Shaarawy zeigt Tatendrang

Das Offensiv-Quartett von Milan war weitgehend abgemeldet, weil sich Montolivo und Ambrosini oft mit den sich geschickt zurück fallen lassenden Ljajic und Toni herumschlagen mussten, sich der vom zentralen Fiorentina-Trio abgeschirmte Boateng schlecht bewegte und Emanuelson gegen die Doppel- und Dreifach-Behandlung von Pasqual, Savic und zuweilen auch Valero einfach überhaupt keinen Stich machte. Einzig El Shaarawy zeigte echten Tatendrang, ging in die Zweikämpfe, hatte Zug zum Tor. Aber einer alleine reicht da natürlich nicht.

So nahm Allegri in der Halbzeit Pato und Emanuelson raus und brachte dafür Pazzini (für ganz vorne) und Bojan Krkic (der auf die Zehn ging, Boateng dafür auf den rechten Flügel). Am Bild des Spiels änderte das aber nichts – Milan war weiterhin vor allem auf lange Bälle angewiesen. Erst ein Geniestreich von Mexès, der nach einem Standard per Ferse den Pfosten traf und Pazzini zum 1:2 abstaubte, brachte Milan Hoffnung.

Ruhe gegen das Ausfransen

Schlussphase

Mit zunehmender Spieldauer zeigte das laufintensive Spiel der Fiorentina zunehmend Wirkung und die Defensiv-Strategie franste zusehens aus. Das ermöglichte es Milan ab etwa der 70. Minute, sich vor dem Strafraum festzusetzen, anstatt wie zuvor zehn, fünfzehn Meter in der gegnerischen Hälfte festgesetzt zu werden. Es ergaben sich Räume im Rücken von Valero und Matías Fernández – Letzterer war für den ausschlussgefährdeten Aqualani gekommen, ließ aber dessen defensive Aufmerksamkeit vermissen.

Das merkten Pizarro und Valero. Diese beiden übernahmen nun das Kommando und verschleppten das Tempo. Dabei kam den beiden ihre unglaubliche Ruhe am Ball zu Gute. Auch El Hamdaoui (statt Ljajic gekommen) ging nicht mehr um jeden Preis Richtung Tor, sondern war vor allem auf Ballkontrolle bedacht.

Allegri packte für die Schlussphase die Brechstange aus – die Kontrolle über das Spiel und das Tempo hatte Milan schnell wieder aus der Hand gegeben, so warf Allegri mit Robinho einen weiteren Offensiven in die Schlacht und hoffte mit einem 4-2-4 noch auf den Lucky Punch. Doch anstatt zum Ausgleich zu kommen, nützte El Hamdaoui die Verletzung von Innenverteidiger Bonera (der schon vor der Pause nach einem Foul an Toni ausgeschlossen werden hätte müssen und sich die letzten zehn Minuten mit einer Zerrung über den Platz schleppte) und versenkte aus seinem Freiraum von der Strafraumgrenze zum 3:1. Das war’s.

Fazit: Milan ist zu Recht weit weg von der Spitze

Es ist kein Zufall, dass Milan nur auf Platz 13 liegt. Das Teamgefüge wirkt komplett off, die Mannschafsteile harmonieren nicht. Manche Spieler legen eine demonstrative Lustlosigkeit an den Tag (Boateng), andere verstecken sich komplett (Emanuelson), die Außenverteidiger genügen höheren Ansprüchen nicht, die fehlende Bewegung in die freien Räume macht einen Aufbau schwierig bis unmöglich.

Das wirklich Bedenkliche aus Sicht von Milan ist, dass all das nur am Rande mit den Abgängen von Zlatan und Thiago Silva zu tun hat. Ja, bei Standards fehlte Thiagos Übersicht, das sah zuweilen erschreckend hilflos aus. Und ja, ohne Zweifel fehlen Ibrahimovic‘ exzellente Laufwege und seine herausragenden Fähigkeiten, was das Halten den Balls angeht, ganz enorm. Aber es kann nicht sein, dass von allen Offensivspielern nur der 20-jährige El Shaarawy nicht lust- und planlos über den Platz schleicht.

Auf der anderen Seite muss hat Vincenzo Montella seiner Fiorentina aber auch die richtige Taktik mit auf den Weg gegeben, um genau diese Schwächen der Milanisti anzubohren und das Spielgeschehen damit zu kontrollieren. Für das erste und vor allem das zweite Tor wurden zwar in erster Linie Abwehrfehler genützt – aber man hielt Milan gut in Schach.

Und wenn man bedenkt, dass die Viola auch noch Stefan Jovetic in der Hinterhand hat, ist der vierte Tabellen-Platz hier auch alles andere als Zufall.

(phe)

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Disziplinierte Italiener halten Barcelona auf Distanz – Milan kommt zu einem 0:0 https://ballverliebt.eu/2012/03/28/disziplinierte-italiener-halten-barcelona-auf-distanz-milan-kommt-zu-einem-00/ https://ballverliebt.eu/2012/03/28/disziplinierte-italiener-halten-barcelona-auf-distanz-milan-kommt-zu-einem-00/#comments Wed, 28 Mar 2012 21:50:17 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6995 Disziplinierte Italiener halten Barcelona auf Distanz – Milan kommt zu einem 0:0 weiterlesen ]]> Es war intensiv, es war attraktiv, es war auf hohem Niveau – zumindest eine Stunde lang. Milan ließ Barcelona dort agieren, wo es die Rossoneri für verschmerzbar hielten und kamen durch ihre technisch starken Offensiv-Spieler selbst zu einigen Chancen. Letztlich endete es in einem Patt und einem 0:0, das für das Rückspiel alles offen lässt.

AC Milan - FC Barcelona 0:0

Das große Spezifikum bei Milan? Bekanntermaßen ein typisch-italienisch enges Spiel, Überzahl im Zentrum, Breite nur über die Außenverteidiger. Jenes von Barcelona? Weit vorne und weiß außen agierende Flügel, um die gegnerische Abwehr auseinander zu ziehen und Messi ermöglichen, in die entstehenden Löcher zu stoßen. Wenig überraschend, dass dabei genau das zu erwartende Spiel heraus kam.

Barcelonas rechte Außenbahn…

Pep Guardiola stellte eine Mannschaft ohne wirklichen Linksverteidiger auf. Dani Alves auf der rechten Seite war nur in Ausnahmefällen in der eigenen Hälfte, wodurch hinten eine De-facto-Dreierkette entstand. Logisch: Klassische Außenverteidiger braucht man gegen Milan nicht, weil es bei den Rossoneri schlicht kein nennenswertes Flügelspiel gibt. So kümmerten sich hinten Puyol (der sich tendenziell Richtung links orientierte), Mascherano und Piqué um Ibrahimovic und Robinho, während Busquets, wenn nötig, um Boateng kümmerte.

Dani Alves in der 1. Hälfte

Milan machte aber nicht nur das Mittelfeld eng, sondern zog auch die Abwehrkette sehr weit zusammen, wodurch Dani Alves keinen Gegenspieler hatte und auf seiner Seite ungeahnte Freiheiten genoss. Unterstützt von Alexis Sánchez, der wie gewohnt durch seine grandiosen Laufwege Gegenspieler binden und so Alves den Weg oft noch mehr freimachen konnte, unternahm der Brasilianer viel – brachte allerdings wenig Nützliches in den Strafraum (siehe Grafik).

Betrachtet man die Art und Weise, Milan mit den Abwehrkette den Strafraum zumachte und wie unbehelligt man Dani Alves ließ, liegt die Vermutung nahe, dass man den Brasilianer absichtlich die Außenbahn überließ und stattdessen darauf achtete, dass seine Pässe in die gefährlichen Zonen nicht ankamen. Was wunderbar funktioniert hat.

…und die linke

Auf der anderen Seite fehlte die Power aus der Tiefe, wie sie Dani Alves ins Spiel bringt, aufstellungsbedingt. Hier teilten sich Seydou Keita und Andrés Iniesta die Agenden auf der Flanke auf.

Keitas Passwege waren deutlich konservativer als jene von Alves

Zumeist kam Iniesta eher aus dem Zentrum, während sich Keita näher zur Seitenlinie befand. Diese beiden versuchten aber gar nicht erst, Flanken in den Strafraum zu bringen, sondern begnügten sich damit, Nocerino und Bonera zu beschäftigen. Die Folge: Keita spielte deutlich mehr Rückpässe als Alves und agierte dadurch deutlich weniger auffällig.

Andererseits entstanden durch diese Spielweise aber auch in der Defensive, gemeinsam mit dem zumeist hinten bleibenden Puyol, deutlich weniger Lücken im Rücken von Keita als das auf der anderen Seite der Fall war. Die logische Folge: Die Angriffe von Milan konzentrierten sich eher auf die Seite von Alves als auf jene von Keita und Puyol.

Wie es Milan anlegte

Die Gastgeber verzichteten, wie erwähnt, auf jegliche Breite im Spiel durch die Außenverteidiger. Bonera und Antonini spielten ihre Rollen sehr defensiv und waren im Spiel nach vorne kein Faktor. Die Schlüsselspieler waren hierbei die Außenspieler im Dreier-Mittelfeld, also Seedorf und Nocerino, sowie natürlich Kevin-Prince Boateng als Verbindungsspieler zwischen Abwehr und Angriff.

Boateng zeigte, genau wie Robinho, eine Tendenz zur linken Außenbahn – wie erwähnt, in den Rücken von Dani Alves. Wann immer es Milan gelang, mit Tempo in den Raum zwischen Barcelonas Abwehr und der Reihe mit Xavi und Iniesta zu kommen, wurde es brandgefährlich. Milan kam so zu einigen guten Chancen, die allerdings vergeben wurden, und hatten darüber hinaus noch einige vielversprechende Aktionen, die von der Barça-Abwehr zum Teil nur mit großer Mühe geklärt werden konnten.

Konzentration auf die potentiellen Problembereiche

Erstaunlich war, dass gerade eine Mannschaft, die so sehr auf Überzahl im Zentrum baut wie Milan, genau in diesem Bereich oft eine 4-gegen-5/6-Unterzahl hatte. Das ging sich aber trotzdem aus, weil die Viererkette den Strafraum komplett dicht machte (und nur einmal Glück brauchte, als ein klares Foul von Abbiati an Messi nicht zum Elfmeter geführt hat) und die drei Mann davor einen tollen Job ablieferten: Zum einen ließen sich Nocerino, Ambrosini und Seedorf nicht billig aus der Position ziehen und vermieden es so, Lücken zu lassen. Zum anderen attackierten sie Barcelona schon relativ früh und versuchten, die langen Ballstaffetten zu unterbinden.

Lediglich Ambrosini war im Zentrum durch sein fehlendes Tempo vor allem gegenüber Messi diverse Male dazu gezwungen, Fouls zu begehen, wodurch Barcelona immer wieder gute Freistoß-Möglichkeiten bekam. Generell aber war die Folge ein äußerst intensives und auch attraktives Spiel, in dem Milan die Katalanen in den Bereichen spielen ließ, in denen Allegri das für verschmerzbar hielt, und ihnen dort, wo es gefährlich werden könnte, keinen Raum gewährte. Die Folge: Patt auf sehr ansprechendem Niveau.

Spiel erlahmt im eigenen Würgegriff

Schlussphase

Weil sich Barcelona nach dem Seitenwechsel immer besser auf die Angriffsstruktur von Milan einstellte und es dem für den angeschlagenen Robinho eingewechselten El-Shaarawy verglichen mit dem Brasilianer am Auge für die Laufwege fehlt, wurde Milan immer harmloser. Boateng kam gegen Busquets immer weniger zum Zug und Ibrahimovic war immer mehr isoliert. Aus dem temporeichen, intensiven Spiel der ersten Hälfte wurde immer mehr ein gegenseitiges Belauern, in dem der Zug zum Tor abging.

Das änderte sich erst mit der verletzungsbedingten Auswechslung von Nesta. Denn damit war Allegri gezwungen mit Djamel Mesbah den großen Schwachpunkt des 0:3 gegen Arsenal auf die linke Abwehrseite zu stellen. Guardiola reagierte postwendend, indem er mit Pedro einen zusätzlichen Mann zu Dani Alves gegen Mesbah auf das Feld brachte. Alves hielt sich hinter Pedro zwar etwas zurück, aber es war an Seedorf, den Algerier Mesbah zu unterstützen – was Milan natürlich zusätzliche Offensiv-Optionen nahm. Es blieb nur noch das Hoffen auf einen Lucky Punch, der aber nicht mehr kam.

Fazit: Milan spielt diszipliniert und wahrt die Chancen

Die Taktik von Max Allegri, sich in der Defensivarbeit auf jene Kernbereiche zu beschränken, in denen er Barcelona für besonders gefährlich hielt, ging letztlich ganz gut auf. Die Katalanen bekamen keinen Zugriff auf den Strafraum, hatten gegen das aggressive Mittelfeld von Milan mitunter Probleme, zur gewohnten Pass-Sicherheit zu kommen und schafften es nicht, die äußerst diszipliniert stehende Viererkette von Milan auseinander zu ziehen.

Die Chancen, das Spiel zu gewinnen, wären für Milan durchaus vorhanden gewesen (in der ersten Hälfte), aber nachdem die Präsenz von Robinho fehlte und Boateng immer weniger zum Zug kam, ging es immer mehr nur noch darum, zumindest das Gegentor zu verhindern. Weil das gelang, ist Milan im Rückspiel durchaus nicht ohne Chance – denn dass sie es verstehen, mit Tempo und hoher technischer Klasse in die Räume vorzustoßen, haben sich nicht nur in diesem Spiel angedeutet. Nein, das weiß man spätestens seit der 4:0-Vernichtung von Arsenal.

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Conte reagiert richtig auf Milans Flügel-Attacke – Juventus rettet ein 1:1 https://ballverliebt.eu/2012/02/26/conte-reagiert-richtig-auf-milans-flugel-attacke-juventus-rettet-ein-11/ https://ballverliebt.eu/2012/02/26/conte-reagiert-richtig-auf-milans-flugel-attacke-juventus-rettet-ein-11/#comments Sun, 26 Feb 2012 09:09:01 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6789 Conte reagiert richtig auf Milans Flügel-Attacke – Juventus rettet ein 1:1 weiterlesen ]]> Spitzenspiele in der Serie A – 90 Minuten gegenseitiger Würgegriff im Zentrum? Nicht beim diesem Duell des Ersten Milan gegen den Zweiten Juventus. Das wurde nämlich konsequent auf die Außenbahnen getragen! Erst von Milan, weshalb auch ohne den gesperrten Ibrahimovic die logische Führung fiel. Dann von Juventus, wodurch sich die Turiner das 1:1 verdiente.

AC Milan - Juventus Turin 1:1

Das mit der Dreier-Abwehrkette ist so eine Sache. In Italien feiert sie derzeit ein grandioses Comeback, hauptsächlich, weil es viele Teams in der Serie A grundsätzlich am Flügelspiel vermissen lassen. Darum sind viele Trainer dazu übergegangen, aus den Außenverteidigern Wing-Backs zu machen um diese Schwachstelle beim Gegner zu nützen. Napoli erreichte so letztes Jahr den dritten Platz, seither machen viele genau das nach.

So auch Juve-Trainer Antonio Conte. Er hatte letzten Sommer das Trainer-Amt des überforderten Gigi Delneri übernommen und konnte sich, weil der Europacup-Platz verpasst wurde, auf die Liga konzentrieren. Im Laufe der Saison stellte auch er auf eine Dreierkette um – die Turnier haben die wenigsten Gegentore kassiert, noch kein einziges Spiel verloren und liegen in der Tabelle nur deshalb hinter Milan, weil man weniger Spiel ausgetragen hat.

Am falschen Fuß erwischt

Die Idee hinter dem Einsetzen einer Dreierkette gegen Milan war grundsätzlich nachvollziehbar: Die Rossoneri sind bekannt dafür, „Flügelspiel“ nur vom Hörensagen zu kennen – oft hat man bei Milan den Eindruck, es stünde unter Strafe, näher als 15 Meter zur Seitenlinie zu kommen. Genau diesen Platz wollte Conte mit den Wings-Backs Lichtsteiner und Estigarribia ausnützen. Womit er nicht gerechnet hat: Milan setzte ungewohnterweise auf konsequentes Flügelspiel.

Robinho wechselte zwar immer wieder die Seite, zumeist aber machte er sich als klassischer Linksaußen im Rücken von Stephan Lichtsteiner breit, unterstützt von Urby Emanuelson (der für den angeschlagenen Boateng spielte). Weil von hinten auch Antonini viel nach vorne machte, wurde Lichtsteiner von drei Leuten überrannt und war damit, weil ihm auch niemand half, komplett überfordert. So kam nach vorne vom Schweizer nichts und defensiv wackelte der Verbund gehörig.

Milan bohrt Problem-Zonen konsequent an

Juventus versuchte, das von Lichtsteiner gelassene Offensiv-Loch dadurch zu stopfen, indem sich Arturo Vidal aus dem Zentrum auf die rechte Seite orientierte, was aber nur ein neues Problemfeld aufriss – weil Sulley Muntari (der statt des angeschlagenen Seedorf ran durfte) eine sehr aktive Rolle einnahm, wenn es darum ging, sich im Rücken von Vidal in die Offensive einzuschalten.

Hinzu kam, dass Pirlo vom guten Emanuelson wenig Zeit gelassen wurde, sich Passempfänger zu suchen und diese auch anzuspielen. So hatte Juventus zwar etwas mehr Ballbesitz, konnte damit aber wenig machen – Lichtsteiner war eingeschüchtert, Estigarribia litt auf der anderen Seite unter der bescheidenen Leistung von Marchisio, die Spitzen Borriello und Quagliarella bewegten sich schlecht. Milan dafür stieß nach Ballgewinn konsequent in die defensiven Problemzone von Juve.

Was belohnt wurde: Nocerino erzielte nach einer Viertelstunde das 1:0 (wenn auch freundlich unterstützt von Bonnucci, der erst einen Fehlpass in der Spieleröffnung schlug und dann den Schuss auch noch unhaltbar abfälschte), und wenig später markierte Muntari eigentlich das 2:0 – wie es dem Referee-Team gelingen konnte, nicht zu sehen, dass der Ball deutlich hinter der Linie war, ist schon mehr als erstaunlich. Milan war deutlich die bessere Mannschaft.

System-Rochade bei Juventus

Zweite Halbzeit

Conte erkannte das Problem auf der rechten Abwehrseite und stellte für die zweite Halbzeit auf eine Viererkette um. Er brachte Pepe für Estigarribia, der neue Mann drückte Antonini nach hinten, sodass Lichtsteiner hinten bleiben konnte. Damit musste er nicht mehr für das alleinige Flügelspiel sorgen und konnte zudem den für den äußerst anonymen Pato ins Spiel gebrachte Stephan el Shaarawy (ja, ein Italiener, auch wenn’s nicht so klingt) aufpassen.

Juventus sah nun deutlich komfortabler aus. Die Rolle von Estigarribia auf der linken Seite nahm Chiellini ein, der permanent nach vorne marschierte und dabei ungehindert bis beinahe zur Grundlinie gehen konnte. Vor ihm spielte erst Quagliarella, dann Vucinic ein Mittelding aus Stürmer und Linksaußen.

Mit Pirlo, der immer noch von Emanuelson (und dann von Ambrosini) neutralisiert wurde, war Chiellini der Dreh- und Angelpunkt in der Juve-Offensive. Milan machte immer weniger nach vorne – Bonucci hatte ein Auge auf Robinho, Lichtsteiner hatte El Shaarawy gut unter Kontrolle, so fiel es den Gastgebern auch deutlich schwerer, sich vorne so auszubreiten wie in der ersten Hälfte.

Juventus wurde letztlich für die Umstellungen und das Bemühen, das Spiel unter die eigene Kontrolle zu bringen belohnt – und die Maßnahme, Matri ganz nach vorne zu stellen und Vucinic, wie es dem Montenegriner lieber ist, eher über die Flügel kommen zu lassen, wurde mit dem verdienten Ausgleich kurz vor Schluss belohnt. Der Ausschluss von Vidal, der in der 90. Minute Mark van Bommel von hinten umschnitt, wird für die Turiner erst nächste Woche gegen Chievo für Überlegungen sorgen müssen. Hier hatte er keine Auswirkungen mehr.

Fazit: Juve stellt richtig um und wird belohnt

Es war ein durchaus unterhaltsames Spitzenspiel in der Serie A – keine Selbstverständlichkeit, oft genug erstickten diese vor allem in der letzten Saison im Würgegriff des beidseitigen 4-3-1-2 und der Entstehenden Enge im Zentrum. Dieses Spiel aber wurde, gänzlich Italien-untypisch, auf den Außenbahnen entschieden. Erst hatte Milan die klaren Vorteile, weil man Juventus mit dem eigenen Breitmachen des Spiels komplett am falschen Fuß erwischte.

Conte reagierte aber völlig richtig, entlastete Lichtsteiner, stellte auf die Viererkette um und sorge mit den beiden Neuen im Angriff – Vucinic und Matri – boten deutlich bessere Bewegung und mehr Gefahr an als das die Totalausfälle Borriello und Quagliarella vor der Pause. So endete das Spiel letztlich mit einem korrekten Remis.

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Milans offensive Laufwege zerreißen Arsenal – 4:0 für die Rossoneri https://ballverliebt.eu/2012/02/15/milans-offensive-laufwege-zerreisen-arsenal/ https://ballverliebt.eu/2012/02/15/milans-offensive-laufwege-zerreisen-arsenal/#comments Wed, 15 Feb 2012 22:32:06 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6732 Milans offensive Laufwege zerreißen Arsenal – 4:0 für die Rossoneri weiterlesen ]]> Nein, Gnade kannte Milan mit der schon die ganze Saison bedenklich wackelnden Arsenal-Abwehr keine. Ibrahimovic, Robinho und Boateng machten die Gunners mit ihrem Räume öffnenden Laufwegen schier wahnsinnig. So lässt nicht nur das Resultat von 4:0 keine Fragen übrig, sondern auch die Art und Weise, wie es zustande kam.

Milan - Arsenal 4:0

Der Zahn der Zeit – ein immer wiederkehrendes Thema bei Milan. Aber auch, wenn es ein glorreicher Sieg wurde – das fortschreitende Alter von Clarence Seedorf wurde in diesem Spiel recht drastisch dargelegt. Schon nach zehn Minuten musste der Holländer verletzt raus, und sein Ersatzmann Urby Emanuelson lieferte deutlich mehr Breite und vor allem deutlich mehr Schub nach vorne.

Pässe in den Strafraum kommen nicht an

Während Sagna und Walcott auf ihrer Angriffsseite zuvor noch permanente Zwei-gegen-Eins-Situationen gegen Antonini herstellen und das Spiel von Arsenal über die rechte Flanke dominierte, drückte Emanuelson durch seine Positionierung weiter an der Seitenlinie Sagna etwas zurück; Kevin-Prince Boateng ließ sich gegen den Ball oft zwischen Van Bommel und Emanuelson fallen, um die Mitte zuzumachen.

Arsenals Pässe im Angriffsdrittel in der ersten Halbzeit: Pässe in den Milan-Strafraum waren mit Masse Ramsch.

Die Folge: Milan kam zwar zunächst durch das gute Pressing von Arsenal kaum dazu, ihre eigenen Angriff aufzuziehen, aber sie zwangen die Gunners dazu, dreißig Meter vor dem Tor gegen eine Mauer anzurennen. Die Mittel von Arsenal waren untauglich – denn die einzige Idee bestand darin, auf die Gelegenheit zum Lochpass zu warten. Davon kam aber kaum einer an, die die Grafik gut zeigt, und Milan kam nie in Gefahr, ein Tor zu kassieren.

Dass die Italiener nach einer Viertelstunde dank eines sehenswerten Drehschusses von Kevin-Prince Boateng in Führung gehen konnten, hat ihnen natürlich ganz enorm geholfen, weil sich Arsenal davon ziemlich aus der Bahn werfen ließ. Aber auf welche Art und Weise Milan die Schwäche Arsenals in der Abwehr angebohrt und letztlich auch ausgenützt habe, war schon beeindruckend.

Weniger Leute, mehr Gefahr

Die Rossoneri hatten zwar, wie das ihrem typisch italienischen 4-3-1-2 und dem weitgehend flügellosen Spiel durch das Zentrum entspricht, oft nur zwei oder drei Spieler vorne, aber dennoch gelang es fast immer, dass bei Ballgewinn sofort eine frei war und es brandgefährlich wurde.

Der Schlüssel dazu waren die ausgezeichneten Laufwege von Ibrahimovic, Robinho und Boateng. Sie verstanden es in so gut wie jeder Aktion, mit Läufen aus dem Zentrum heraus – sei es seit- oder rückwärts – Abwehrspieler aus der ohnehin alles andere als sattelfesten Arsenal-Abwehr herauszuziehen und so Löcher zu schaffen, in die ein Mitspieler stoßen konnte. Was diesen Effekt noch weiter verstärkte war die Tatsache, dass Song und vor allem Arteta viel zu langsam von Offensive auf Defensive umschalteten und unglaublich viel Platz zwischen sich und der Viererkette ließen.

Ein gefundenes Fressen für die flinke und enorm spielintelligente Offensiv-Abteilung von Milan, die sich in der Folge aus den Gunners einen Spaß machte. Wann immer im Mittelfeld ein Ball gewonnen wurde, einer der drei da vorne war immer anspielbereit, ein zweite verwirrte die gegnerische Hintermannschaft, und entweder kam der Pass oder ein dritter Mailänder nützte den sich aufmachenden Raum. Koscielny und Vermaelen waren komplett überfordert, Sagna in der Rückwärtsbewegung nach seiner langen Verletzung weit weg von seiner Bestform. ilan erhöhte kurz vor der Pause auf 2:0 und kurz nach dem Seitenwechsel auf 3:0, womit das Spiel endgültig entschieden war.

Henry ohne Wirkung

Zweite Hälfte

Arsene Wenger brachte in der zweite Hälfte mit Thierry Henry im letzten Spiel seines Kurz-Gastspiels, ehe es für ihn wieder nach New York geht, statt Theo Walcott. Henry ging nun in die Spitze, Van Persie spielte leicht dahinter. Die Wirkung dieses Wechsels verpuffte aber völlig, weil bei Arsenal nach dem dritten Gegentor die schon zuvor einsetzende Schockstarre endgültig verfestigt wurde. Henry sah kaum einen Ball.

Milan machte es sich in der Defensive gemütlich und schaltete weiterhin bei Ballgewinn blitzschnell um und weil die Italiener merkten, dass Arsenal hinten immer noch unsicherer wurde, machten sie sich natürlich einen Spaß daraus, immer wieder Nadelstiche zu setzen. Während Arsenal nur einen einzigen gefährlichen Torschuss zustande brachte – Henry leitete auf Van Persie weiter, dessen Schuss aber von Abbiati stark gehalten wurde – schien ein viertes Tor der Gastgeber jederzeit wahrscheinlicher als ein Anschlusstreffer.

Als Ibrahimovic dann rund zehn Minuten vor Schluss ein eher ungeschicktes als bösartiges Zweikampfverhalten von Djourou dazu nützte, hinzufallen und einen Elfer abzustauben, fiel tatsächlich noch das 4:0. Mit dem vierten Torschuss, wohlgemerkt.

Fazit: Offensive Laufwege entscheiden

Der große Unterschied zwischen diesen beiden Team waren die Laufwege der Offensivkräfte. Während jene der Gunners für die bekannt defensivstarken Mailänder selten einen Überraschungswert hatten und diese sich somit praktisch nie aus der Position ziehen ließen, war die Abwehr von Arsenal mit den schnellen und unvorhersehbaren Laufwegen von Ibrahimovic, Robinho und Boateng völlig überfordert.

Man kann zu dem Verein stehen, wie man will, und muss das Offensiv-Trio von Milan nicht direkt sympathisch finden. Aber was dieses Trio in diesem Spiel gezeigt hat, war schlicht und einfach Weltklasse – auch, wenn es ihnen die Hintermannschaft Arsenals auch nicht übertrieben schwer gemacht hat.

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Ballverliebt Classics – Das letzte große Ajax https://ballverliebt.eu/2011/03/21/ballverliebt-classics-das-letzte-grose-ajax/ https://ballverliebt.eu/2011/03/21/ballverliebt-classics-das-letzte-grose-ajax/#comments Mon, 21 Mar 2011 21:48:16 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4412 Ballverliebt Classics – Das letzte große Ajax weiterlesen ]]> Mit Johan Cryuff dominierte Ajax die frühen 70er-Jahre. Mit drei Meistercup-Titeln in Folge. Das letzte Ajax-Team von echtem Weltformat war das Mitte der 90er: Louis van Gaal holte mit seiner Rasselbande von Jungspunden 1995 die Champions League. Mit einem 1:0 im Finale von Wien.

Heute scheint es wie aus einem anderen Leben. Aber kaum eine Mannschaft rüttelte Mitte der Neunziger so am Establishment aus Italien wie die von Ajax Amsterdam. Das Team von Louis van Gaal war das letzte Team aus einer nicht ganz so finanzstarken Liga, das vor dem Bosman-Urteil und dem schrittweisen Fallen aller Ausländerbeschränkungen geschafft hat, über einen längeren Zeitraum eine dominante Rolle in Europa zu spielen. Heute ist jeder Spieler der größeres Talent zeigt, sofort auf der Insel oder in Spanien. Doch die Rasselband von damals – Durchschnittsalter 24,7 Jahre – liest sich auch viele Jahre danach noch wie ein Who is Who.

Der Höhepunkt dieser Ära? Natürlich der Titel der Champions League. Am Mittwoch, dem 24. Mai 1995 traf Ajax im Wiener Ernst-Happel-Stadion auf den AC Milan: Die Routiniers (im Schnitt vier Jahre älter als der Gegner) aus Italien mussten zwar in der Gruppenphase zwei Niederlagen gegen Ajax einstecken, galten aber als Titelverteidiger mit viel Erfahrung nicht als Außenseiter.

Ajax Amsterdam - AC Milan 1:0

Schon in der Gruppenphase im Herbst hatten sich die beiden Mannschaften getroffen. Ajax gewann beide Spiele mit 2:0 und ging problemlos durch, Milan hatte da schon mehr zu kämpfen: Auch wegen des Punktabzugs nach dem Flaschenwurf auf Otto Konrad musste im letzten Gruppenspiel bei Salzburg ein Sieg her. Daniele Massaro erlöste die Rossoneri, die dann im Frühjahr richtig durchstarteten: Weder Benfica noch Paris St. Germain, beide im Herbst absolut unantastbar, schossen auch nur ein Tor gegen das Team von Fabio Capello. Mit tollem Offensivfußball hingegen machte Ajax weiter: Das 5:2 im Semifinal-Rückspiel gegen Bayern München war wohl die großartigste Leistung, die diese Mannschaft je gezeigt hat. Das wichtigste Spiel aber war das in Wien. Das gegen Milan.

Das eigenwillige Ajax-System

Ist von Ajax die Rede, spricht man oft vom „typischen“ 4-3-3. So wirklich stimmt das aber nicht. Denn eher schon stellte sich das Team als 3-4-3 mit Mittelfeldraute dar, auch ein 3-1-3-3 wäre als Bezeichnung sicher treffender als 4-3-3. Und jede Position hatte ihre eigenen Aufgaben, die sich strikt an der Position orientierte und nicht an dem Spieler, der sie ausfüllen soll. Das System war bei Van Gaal alles, der Einzelne musste sich unterordnen.

Danny Blind spielte im Abwehrzentrum einen ganz klassischen Libero, wie es ihn auch in Deutschland und in Österreich gab; Michael Reiziger und Frank de Boer waren, zumindest gegen den Ball, ebenso klassische Manndecker. Sie kümmerten sich um Massaro und Simone, sobald Ajax den Ball verloren hatte. Die beiden entscheidenden Figuren waren aber Frank Rijkaard und Jari Litmanen.

Rijkaard musste, wenn der Gegner mit drei Stürmern spielte, selbst den Mittelstürmer aufnehmen. Im Finale gegen Milan aber spielte er quasi den Quarterback vor der Abwehr; also das, was man heute als klassischen Sechser bezeichnen würde. Wenn’s brenzlig wurde, ging er nach hinten zu Blind. Ansonsten war er derjenige, der das Spiel von hinten lenkte.

Die Halbpositionen im Mittelfeld nahmen Edgar Davids und Clarence Seedorf ein. Sie waren die Verbinder zwischen den Manndeckern bzw. Rijkaard und den Außenstürmern, in diesem Spiel Finidi George und Marc Overmars. Zudem kam ihnen im damals wie heute sehr ballbesitzorientierten Spiel von Van Gaal die wichtige Aufgabe zu, für die schnellstmöglichen Seitenwechsel zu sorgen. Selbst bis an die Grundlinie vorgehen und flanken durften die beiden nicht, das blieb den Außenstürmern vorbehalten.

Der Finne Jari Litmanen war nicht nur der Zehner in der Vorwärtsbewegung, sondern dazu extrem torgefährlich: In der CL-Saison 94/95 verpasste er nur um ein Tor den Torschützenkönig, im Jahr darauf holte er das nach. Doch nicht nur das: Es war die spezielle Fähigkeit des Finnen, darüber hinaus brutal viel nach hinten zu arbeiten. Es war vor allem das aufopferungsvolle Spiel von Litmanen, das ihn bei Van Gaal so beliebt machte – und zum wichtigsten Spieler bei Ajax. Denn Sturmspitze Ronald de Boer war für vieles zuständig, nur nicht für’s Toreschießen. Er war der Prellbock gegen die gegnerische Innenverteidigung, der Ballableger für Litmanen, auch an den Flanken war er oft zu finden, bei Eckbällen ging er zurück und machte die defensive Absicherung.

Extreme Ballsicherheit und extreme Dominanz

Das alles ging natürlich nur, wenn alle Akteure auf dem Platz das Spiel lesen können. Genau wissen, wann man wie zu laufen hat. Und vor allem: Extreme Ballsicherheit und Platzgenauigkeit. Es ist kein Zufall, dass Clarence Seedorf, damals gerade 19 Jahre jung, noch eineinhalb Jahrzehnte später – pikanterweise seit langem bei Milan – das Um und Auf in der Spielgestaltung ist. Dass Edgar Davids bei Juventus später unverzichtbar war. Dass Frank de Boer die zentrale Führungsfigur in der Nationalmannschaft wurde und lange Zeit blieb. Dass Edwin van der Sar auch mit 40 noch bei Manchester United der erste Mann in der Spieleröffnung ist, während andere Torhüter eine Streuung wie eine Schrotflinte haben.

Diese Mannschaft hat im Verlauf der Saison 1994/95 kein einziges Pflichtspiel nach regulärer Spielzeit verloren: Sieben Siege und vier Remis in der Champions League vor dem Finale. In der Meisterschaft 27 Siege und sieben Unentschieden, bei einer Tordifferenz von 106:28. Lediglich im Cup-Viertelfinale gab’s das Aus gegen Feyenoord Rotterdam. Nach Verlängerung.

Milan? Same old.

Dagegen nimmt sich der Gegner aus Mailand beinahe langweilig aus. Für Milan und Coach Fabio Capello war es das dritte CL-Finale hintereinander, nachdem im Jahr zuvor Barcelona 4:0 gedemütigt worden war und es im ersten Endspiel unter dem Namen „Champions League“ zwei Jahre davor eine 0:1-Niederlage gegen Olympique Marseille gab. Doch nach drei nationalen Meisterschaften in Folge war Milan zum Zeitpunkt des Finales schon längst entthront, Juventus stand bereits als Meister fest – und damit war ein Sieg beim Finale in Wien die letzte Möglichkeit, sich noch für die kommende CL-Saison zu qualifizieren. Ja, damals durfte nur der nationale Meister in die Königsklasse – der einzige andere Weg war der Titel.

Fabio Capello behielt das von seinem Vorgänger Arrigo Sacchi zur Perfektion getrieben 4-4-2 bei, hatte noch acht Spieler vom 4:0 gegen Barça in seiner Startformation, und wären Dejan Savicevic und Rechtsverteidiger Mauro Tassotti fit gewesen, wären’s wohl zehn gewesen. Die Außenverteidiger Panucci und Maldini marschierten relativ viel nach vorne mit, Costacurta blieb strikt hinten – und Franco Baresi war der Libero itailenischer 80er-Jahre-Schule: Mit eingem Vorwärtsdrang leitete er oftmals die Angrifft von Milan ein. Wenn sich der Kapitän nach vorne bewegte, sicherte dafür Marcel Desailly ab, der defensivere der beiden zentralen Mittelfelspieler neben Zvonimir Boban, der eher Simone und Massaro einsetzen sollte.

Viel Vorsicht, wenig Strafraumszenen

Das Spiel selbst nahm den erwarteten Gang: Ajax mit mehr Ballbesitz, Milan stand eher tief und lauerte auf schnelle Konter. So entwickelte sich das Finale zu einem Geduldspiel, in dem keiner den ersten und somit womöglich entscheidenden Fehler machen wollte.

Milan hatte die Ajax-Flügel Finidi und Overmars hervorragend im Griff, hier machten Maldini und der junge Tassotti-Vertreter Christian Panucci einen hervorragenden Job. So blieb mehr Verantwortung an Jari Litmanen im Zentrum hängen. An ein Durchkommen bis zu Milan-Torhüter Sebastiano Rossi war nicht zu denken.

Auf der anderen Seite zeigte sich vor allem Marco Simone sehr lauffreudig. Er scheute keinen Zweikampf mit seinem Bewacher Michael Reiziger und setzte diesem ordentlich zu. Ganz anders dafür Frank de Boer: Er montierte Daniele Massaro komplett ab. So konnte es sich Marc Overmars erlauben, Edgar Davids mit dem Milan-RM Roberto Donadoni alleine zu lassen, denn der war von Massaro ziemlich abgeschnitten. Die Folge: Von hinten heraus lief das Milan-Spiel über Donadoni besser, nach vorne ging’s aber über die linke Seite von Simone deutlich flotter.

So kippte das Spiel nach einer halben Stunde merklich zu Gusten von Milan. Die Italiener versuchten nun verstärkt, Simone immer wieder gegen Reiziger zu schicken , vor allem Boban nahm im Mittelfeld nun die Fäden vermehrt in die Hand. So kam Milan zu einer Reihe von Eckbällen, aber kaum zu echten Torchancen. Bis zur 45. Minute, als in einem Konter ein weiter Ball von Donadoni – wem sonst – den völlig freistehenden Simone – wen sonst – fand. Den sehenswerte Volleykracher konnte Edwin van der Sar mit Mühe parieren. So ging’s mit einem 0:0 in die Kabinen.

Der gegenseitige taktische Würgegriff wird nicht gelöst

Das Spiel an sich war unspektakulär bis langweilig, daran änderte sich auch nach dem Seitenwechsel nichts. Milan zog sich geschickt zurück und überließ Ajax das deutliche Übergewicht an Ballbesitz, die Holländer wussten jedoch nicht, wie sie gegen die so bombensichere Abwehr ankommen sollten. Kein Wunder, dass Milan vor dem Spiel 476 Champions-League-Minuten (oder mehr als fünf Spiele) kein Gegentor mehr kassiert hatte. Ausgerechnet im Gruppenspiel gegen Ajax, im Übrigen.

Louis van Gaal war der erste, der an seiner Formation etwas änderte: Er brachte den 18-jährigen Nwankwo Kanu (statt Seedorf) für die Position ganz vorne, Ronald de Boer rückte zurück auf die Seedorf-Position. Das hatte einen durchaus positiven Effekt, denn der frische Kanu konnte Baresi und Costacurte in der Zentrale deutlich mehr zusetzen als De Boer. Dieser wiederum schaffte es besser als zuvor Seedorf, Finidi George in Szene zu setzen – der Nigerianer blühte mit dem zurückgerückte De Boer an seiner Seite deutlich auf. Er war in dieser Phase der aktivste Ajax-Spieler.

Keinen Glanztag hatte dafür Jari Litmanen, das ausführende Organ von Lenker Rijkaard. Er lief viel, bot sich an, rieb sich aber auf ohne wirklich Wirkung zu erzielen. So wurde er eine Viertelstunde vor Schluss ausgewechselt, wiederum gegen einen 18-jährigen Jungspund: Patrick Kluivert. Er nahm genau Litmanens Position im offensiven Mittelfeld ein.

Die beiden Wechsel, die Van Gaal vorgenommen hatte, waren ein klares Signal: Nach vorne! Wodurch sie für Milan, nachdem die Italiener nach Wiederanpfiff eine halbe Stunde überhaupt nichts zeigten – auch Simone tat sich gegen Reizige zunehmend schwerer – die eine oder andere Konterchance erlaubte, die der sehr umsichtige und hervorragend mitspielende und antizipierende Edwin van der Sar im Tor allesamt parierte.

Die erste Lücke wird genützt

So plätscherte das Spiel zielsicher einem 0:0 entgegen, wenn da nicht Milan in der 85. Minute doch mal ein Loch in der Abwehr offengelassen hätte. Ausgerechnet Ex-Milan-Spieler Frank Rijkaard erkannte dies und schickte Patrick Kluivert hinein. Weil Kluivert eher aus der Etappe kam, war Milan-Zehner Boban am nächsten dran – er konnte den Joker aber ebenso wenig am Schuss hindern wie der eilig herbeigeeilte Franco Baresi. Und schon klingelte es – mit dem ersten ernst zu nehmenden Torschuss der Holländer, fünf Minuten vor Schluss.

Capello warf mit Lentini und Eranio noch eilig zwei neue Kräfte in die Schlacht, aber Ajax machte hinten den Laden nun dicht und Milan tat sich nach dem späten Nackenschlag schwer, den Hebel auf volle Offensive umzulegen. Und so hätte tief in der Nachspielzeit Blind beinahe auch die zweite Torchance der Holländer genützt – seinen Schuss nach einem blitzsauberen Konter konnte Sebastiano Rossi aber abwehren.

Es machte keinen Unterschied mehr.

Die Nachwirkungen

Für Louis van Gaal und seine Rasselbande bedeutete der Sieg in dem äußert zähen Geduldspiel von Wien den größten Erfolg ihrer Ära, wiewohl es für das spektakuläre Ajax eigentlich ein untypischer Sieg war. Der Gegner wurde nicht mit schnellem Kurzpassspiel und viel Ballbesitz zermürbt und durch das dabei hohe Tempo verwirrt – das Ajax-Spiel der 90er ist vom Prinzip dem des Guardiola-Barcelona nicht unähnlich – sondern mit viel Geduld auf den einen Fehler gelauert, und wenn es 85 Minuten dauert, bis er kommt.

Nach fünf Meistercup/CL-Finals in sieben Jahren, davon die letzten drei in Serie, mit insgesamt drei Titeln markierte dieses Spiel das Ende der großen Milan-Ära der späten 80er und frühen 90er. Die Mannschaft war alt geworden, vielleicht nach den vielen Erfolgen auch etwas satt. Führungsfiguren wie Franco Baresi, Daniele Massaro und Mauro Tassotti standen vor ihrem Karriereende, Donadoni, Savicevic und Boban hatten ihren Zenit schön langsam überschritten, Simone konnte an seine starke Saison nicht anknüpfen und verschwand wieder in der Versenkung.

In der Serie A übernahm Juventus Turin nun das Zepter (mit welchen Mitteln da nachgeholfen wurde, ist spätestens seit Calciopoli klar), die Vecchia Signora erreichte ihrerseits drei Finali in Folge. Die Serie A blieb weiterhin die dominante Kraft in Europa, sie war um Lichtjahre die beste Liga des Kontinents. Von 1989 bis 1998 stand in zehn Meistercup/CL-Finals mit einer Ausnahme (’91) IMMER der jeweilige Vertreter Italiens.

Ajax zog auch in der folgenden Saison voll durch und marschierte wiederum bis ins Finale, wo man Juventus Turin gegenüber stand und nach einem 1:1 nach Verlängerung im Elfmeterschießen unterlegen war. Ein wesentlich größerer Schlag als die Niederlage im Shoot-Out von Rom war aber das Bosman-Urteil. Ajax hatte nun keine Chance mehr, all die guten Spieler zu halten und das Team zerfiel komlett. Davids ging zu Juventus, Seedorf gewann später auch mit Real Madrid und Milan die Champions League, Van der Sar feierte mit Juve und Manchester United große Erfolge, Marc Overmars zog es zu Arsenal.

Und Louis van Gaal, der zwei Jahre nach dem Triumph von Wien Ajax verließ, baute sich in Barcelona seine schon legendäre Oranje-Außenstelle auf, quasi „Ajax II“ – mit den De-Boer-Zwillingen, mit Kluivert, mit Reiziger, später kam auch Overmars dazu; auch Philip Cocu, Boudwijn Zenden, Winston Bogarde und Torhüter Ruud Hesp waren dabei. Ohne den internationalen Erfolg: Trotz zweier spanischer Titel war in der Champions League nicht mehr als ein Semifinale drin – in dem man gegen Valencia ohne Chance war. Nach einem verunglückten Intermezzo als Bondscoach (verpasste WM 2002!) und einem siebenmonatigen Comeback bei Barça fand Van Gaal erst bei Alkmaar wieder in die Spur, ehe er die Bayern 2010 ins CL-Finale führte. Und gegen Inter verlor.

Bei Ajax selbst ging es seit dem Finale von 1996, das den Endpunkt der großen Ära darstellte, eigentlich nur noch bergab. Nennenswerte internationale Ergebnisse blieben seither komplett aus, die durchschnittlicher Verweildauer von Trainern übersteigt kaum ein Jahr, der letzte nationale Meistertitel datiert aus dem Jahr 2004. Der Klub produziert zwar Weltklasse-Spieler am laufenden Band – Sneijder, Ibrahimovic, Van der Vaart, zuletzt Suárez, der nächste ist wohl Eriksen – aber es fehlt an den Mitteln, diese auch längerfristig beim Verein zu halten.

Ein typischer Ausbildungsklub eben. Das letzte große Ajax? Das war in den 90ern.

(phe)

Das Personal

AFC Ajax: Edwin van der Sar (24); Michael Reiziger (22), Danny Blind (33), Frank de Boer (25); Frank Rijkaard (32); Clarence Seedorf (19), Jari Litmanen (24), Edgar Davids (22); Finidi George (24), Ronald de Boer (25), Marc Overmars (22). Nwankwo Kanu (18), Patrick Kluivert (18). Trainer: Louis van Gaal (44, seit vier Jahren)

AC Milan: Sebastiano Rossi (30); Christian Panucci (22), Alessandro Costacurta (29), Franco Baresi (35), Paolo Maldini (26); Roberto Donadoni (31), Marcel Desailly (26), Demetrio Albertini (23), Zvonimir Boban (26); Daniele Massaro (34), Marco Simone (26). Gianluigi Lentini (26), Stefano Eranio (28). Trainer: Fabio Capello (48, seit vier Jahren).

Highlights des Spiels.

Aus der Reihe “Ballverliebt Classics”:
05.07.1982 | Italien – Brasilien 3:2 (Duell der Philosophien, Plan vs. Phantasie)
06.09.1997 | Österreich – Schweden 1:0 (Höhepunkt der ÖFB-Generation Frankreich)
16.05.2001 | Liverpool – Alavés 5:4 n.V. (Europacup-Final-Allzeit-Klassiker)

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Napoli schiebt Milan Richtung Titel https://ballverliebt.eu/2011/02/28/napoli-schiebt-milan-richtung-titel/ https://ballverliebt.eu/2011/02/28/napoli-schiebt-milan-richtung-titel/#respond Mon, 28 Feb 2011 22:20:10 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4230 Napoli schiebt Milan Richtung Titel weiterlesen ]]> Napoli ist das Überraschungsteam dieser Saison in der Serie A – aber zum Gipfel bei Tabellenführer Milan tauchten sie irgendwie nicht auf. Nervös, fahrig, ungenau – und nach einem dämlichen Handelfmeter brach Napoli volleds ein. Womit man Milan zu einem großen Schritt in Richtung Titel verholfen hat.

AC Milan - SSC Napoli 3:0

Die Neapolitaner, die fehlende Qualität mit viel Hirnschmalz und einer in Europa unüblichen Formation (3-4-2-1) ausglichen, spielten schlicht und ergreifend eine unterirdisch schlechte Partie – aber Milan-Coach Max Allegi hatte auch die richtigen Antworten auf das vor allem in Italien unkonventionelle Napoli-System gefunden.

Für die schlimme Leistung der Süditaliener, vier Tage nach dem Aus in der Europa League (das schon gezeigt hat, dass sie kein wirkliches Spitzenteam stellen), kann auch das Fehlen des gesperrten Lavezzi nicht als Erklärung herhalten. Mascara, der für den Argentinier spielte, versuchte viel und war noch einer der weniger schlechten im Dress von Napoli. Ein Totalausfall war indes Marek Hamsik – er ist das Offensiv-Hirn seiner Mannschaft, er hätte die Löcher, die Milan durchaus anbot, sehen und ausnützen müssen. Stattdessen versteckte er sich komplett.

Milan-Coach Max Allegri stellte sein Team im gewohnten italienischen 4-3-1-2 auf, die Medien nennen das im Falle Milans gerne „4-3-Fantasia“ – weil Zehner Robinho und die beiden nominellen Stürmer Pato und Ibrahimovic sich sehr frei bewegen können, viel rochieren und sich so auch in der Grafik nur andeutungsweise darstellen lassen.

Milan hält auf Flügel dagegen

Das große Plus von Napoli gegenüber vielen Konkurrenten in der Serie A ist ein funktionierendes Flügelspiel: Durch die Dreierkette hinten (die diesmal wieder in der Stammbesetzung Campagnaro, Cannavaro, Aronica spielte) können die Flügelverteidiger Dossena (links) und Maggio (rechts) die bei vielen Gegnern ohnehin nur notdürftig besetzten Flanken dominieren. Allegri hielt dagegen, indem er nicht nur Abate und Jankulovski viel nach vorne schickte, sondern auch die Mittelfeldspieler auf den Halbpositionen zur Unterstützung nach außen schickte. So sah sich Dossena plötzlich Abate UND Gattuso entgegen; bzw. war (der komplett indisponierte) Maggio gegen Jankulovski und Flamini komplett auf verlorenem Posten.

Das funktionierte, weil es vor allem Hamsik und auch Gargano (der deutlich höher agierte als sein Nebenmann Pazienza, der sich ganz offensichtlich um Robinho kümmern sollte) es nicht schafften, mit Tempo in den Rücken von Flamini bzw. Gattuso zu kommen. Und wenn doch, räumte der fast immer sehr, sehr tief stehende Van Bommel bzw. die nach außen driftenden Innenverteidiger Nesta und Thiago Silva ab. So war das Offensivtrio der Neapolitaner komplett abgemeldet.

Napoli bringt sich selbst auf die Verliererstraße

Dass es mit einem torlosen Remis in die Halbzeitpause ging, lag daran, dass die Defensive von Napoli der mit Abstand beste Mannschaftsteil war. Ansonsten wirkte das Team von Walter Mazzarri fahrig (Hamsik), hypernervös (z.B. Maggio), und konnte Abbiati im Milan-Tor nicht ein einziges Mal prüfen. Endgültig auf die Verliererstraße brachte sein Team aber Abwehrspieler Salvatore Aronica mit einem eher dämlichen bzw. unglücklichen Handspiel kurz nach Wiederanpfiff. Zlatan Ibrahimovic jedenfalls nahm das Geschenk dankend an und stellte per Elfer auf 1:0.

Womit das Spiel schon vorentschieden war. Denn die zuvor schon schwachen Neapolitaner brachen nun komplett in sich zusammen. Kaum noch ein Pass kam an, schon gar nicht die 50-Meter-Versuche, die sich in dieser Phase dramatisch häuften. Im Grunde zeigten nur zwei Mann bei Napoli Normalform bzw. vollen Einsatz: Torhüter Morgan de Sanctis, der in dieser Phase einige gute Chancen vereiteln konnte; und Trainer Walter Mazzarri, den die Nicht-Leistung seiner Mannschaft an der Seitenlinie zur Verzweiflung trieb.

Allegri hatte indes Kevin-Prince Boateng für den etwas verspielten Robinho eingewechselt, und der Deutsch-Ghanae brachte mit seiner deutlich bulligeren und kräftigeren Spielweise nun auch echte körperliche Präsenz in das Offensiv-Spiel bei Milan. Der Lohn: Sein Tor zur endgültigen Entscheidung. Nach einem Konter gegen die recht weit aufgerückte Napoli-Hintermannschaft fand Patos Stanglpass Boateng, der musste nur noch den Fuß hinhalten.

Und keine zwei Minuten später erzielte Pato selbst nach einem erneuten Konter gegen eine erneut sehr weit aufgerückte Hintermannschaft mit einem wunderschönen Schlenzer von der Strafraumgrenze nicht nur den 3:0-Endstand, sondern machte dies mit dem schönsten Tor des Tages.

Fazit: Napoli enttäuscht auf der ganzen Linie

Milan zeigte eine ordentliche Leistung, aber sicherlich nicht mehr – das generelle Niveau der Partie war eher schwach und hält keinem Vergleich etwa mit dem Spiel Bayern-Dortmund stand und zeigte ganz deutlich, warum die Serie A ihren vierten Champions-League-Platz nun endgültig an die deutsche Bundesliga verloren hat. Die italienische Meisterschaft ist derzeit schlicht und ergreifend nicht besonders gut.

So kann sich Milan über einen Sieg freuen, der sie ein großes Stück näher an den ersten Scudetto seit sieben Jahren bringt. Aber sie sind dafür trotz ihrer nicht unintelligenten Reaktion auf das sonst so dominante Flügelspiel der Gegner nicht nur selbst dafür verantwortlich. Einen erheblichen Teil hat nämlich die Mannschaft von Napoli beigetragen, die ganz einfach ein grottenschlechtes Spiel abgeliefert hat.

So einfach ist Fußball manchmal

(phe)

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