LA Galaxy – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Mon, 07 Dec 2015 19:10:50 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 20 Jahre alt und immer erwachsener: Das ist die Major League Soccer https://ballverliebt.eu/2015/12/07/mls-major-league-soccer-portrait-portland-galaxy-beckham/ https://ballverliebt.eu/2015/12/07/mls-major-league-soccer-portrait-portland-galaxy-beckham/#comments Mon, 07 Dec 2015 18:24:26 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=11899 Wenn es eine Lehre aus der gerade abgelaufenen Saison der Major League Soccer gibt, der zwanzigsten, dann diese: Das mit den großen (ausrangierten) Spielern aus Europa ist gut für die Aufmerksamkeit, aber kontraproduktiv auf dem Feld. Nach dem Ende der 20. Saison der MLS: Die Ami-Liga, ihre Eigenheiten und ihr steter Weg zu mehr Aufmerksamkeit, einmal genau erklärt.

Vom Boden hochgeholt

Vor 15 Jahren war die MLS quasi vor dem Zusperren: Niemand wollte die Spiele sehen, niemand wollte sie im TV übertragen, niemand wollte wirklich investieren. Obskure Spezialregeln (Elfmeterschießen bzw. Shoot-Out wie im Eishockey und später gar Verlängerungen nach Unentschieden) und kaum erkennbare Fußball-Markierungen auf Football-Feldern trugen nicht gerade zur Attraktivierung bei. Der Versuch, mit zwei Teams im kubanisch geprägten (und damit bei einer nicht vom Fußball, sondern vom Baseball dominierten Einwanderer-Bevölkerung) Florida Fuß zu fassen, ging kräftig daneben – das Aus von Miami Fusion und Tampa Bay Mutiny 2001 war ein schwerer Image-Schlag.

Das Engagement des 40-jährigen Lothar Matthäus brachte Aufmerksamkeit („I hope we have a little bit lucky“), aber der neue Liga-Boss Don Garber wusste: Nur mit vernünftiger Infrastruktur und Nachhaltigkeit es möglich, die Liga zu retten und langfristig zu positionieren. Als Matthäus kam, spielten neun der damals zwölf Teams in viel zu großen NFL-Stadien, nur Columbus hatte eine eigene Fußball-spezifische Arena. Miami und San José spielten zumindest in mittelgroßen Stadien, die nicht heillos überdimensioniert waren.

Salary Cap und „Designated Players“

Nun, in der 20. Saison, verfügten 14 der 20 Klubs über ein eigene Stadion zwischen 20.000 und 25.000 Plätzen. Seattle und Orlando füllen ihre Riesen-Arenen angemessen, auch NYCFC hat im Yankee-Stadion eine annähernd volle Auslastung – nur die Spieler von New England sehen bei ihren Heimspielen noch dramatisch viele leere Plätze im Stadion der Patriots.

Dazu kommt das System mit Salary Cap und „Designated Players“ (DP): Durch die Begrenzung der Kaderkosten verdient ein durchschnittlicher MLS-Spieler rund 100.000 Euro im Jahr (zum Vergleich: Zlatko Junuzovic verdient in Bremen etwa das 25-fache davon). Jeder Klub darf bis zu drei Spieler (eben die DP) nennen, die nicht unter die Gehalts-Deckelung fallen, dafür zahlen sie „Luxury Tax“ (sprich: für den Rest des Teams wandert die Obergrenze runter).

So werden die Personalkosten verhältnismäßig gering gehalten – und zwar nachhaltig und für alle. Außerdem wurde 2006 Trikotwerbung erlaubt: Bis dahin war das etwas in den USA verpöntes und in der Tat von den Ligen verbotenes, mittlerweile ist es in der MLS völlig normal. 19 der 20 Teams in dieser Saison verfügten über ein Logo auf der Brust, von Airlines (Alaska Air bei Portland, Etihad bei NYCFC) über Banken (BoM bei Toronto), Versicherungen (sehr viele), Lebensmittel (Bimbo bei Philadelphia, Herbalife bei Galaxy, Red Bull bei NYRB) bis hin zu XBOX (Seattle).

Finale 2011: LA Galaxy - Houston 1:0 (0:0)
Finale 2011: LA Galaxy – Houston 1:0 (0:0)

Die DP-Regel wurde ein Jahr später eingeführt, als David Beckham 2007 kam. Seither haben sich zwei Philosophien entwickelt: Die einen Teams (LA Galaxy vor allem, früher auch NYRB, nun diverse Neuankömmlinge um Aufmerksamheit in ihrer Stadt zu generieren) buttern in große Namen und nehmen ein großes Ungleichgewicht innerhalb des Kaders in Kauf. Über die letzten Jahre haben sie es aber nur in Los Angeles zum Funktionieren gebracht – die Titel von 2011, 2012 und 2014 sprechen dafür.

Andere Klubs versuchen, so viel Qualität wie möglich aus den Salary-Cap-Spielern zu holen und ergänzen sie mit gezielten DPs vornehmlich aus dem lateinamerikanischen Raum. Dallas und Portland sind die offensichtlichen Beispiele, Vancouver und Salt Lake machen es genauso. Zuletzt setzte sich auf dem Feld immer öfter die zweite Variante durch.

Alt-Stars bringen einen nicht weiter

Frank Lampard, Andrea Pirlo und David Villa bei Liga-Rookie New York City FC: Krachend daran gescheitert, auch nur in die Play-Offs zu kommen. Orlando City mit Kaká: Näher dran, aber auch deutlich unter Erwartung. Montréal Impact mit Drogba und die LA Galaxy mit Gerrard und Keane: Früh in der K.o.-Runde hängen geblieben.

Der einzige Europa-Import, der tatsächlich einen dramatischen sportlichen Mehrwert für sein Team brachte, war Sebastian Giovinco. Vor ihm mäanderte Toronto jahrelang ziellos von einer Trainerentlassung zum nächsten, von einem Philosophie-Wechsel zum anderen, nur der Platz am Tabellenende blieb immer gleich. Mit dem Italiener, Torschützen- und Scorerkönig der Liga, erreichte Toronto erstmals im neunten Versuch die Play-Offs.

Keine großen Namen, aber großer Teamgeist

Finale 2012: LA Galaxy - Houston 3:1 (0:1)
Finale 2012: LA Galaxy – Houston 3:1 (0:1)

Den Gegenentwurf lieferten die sportlich bestimmenden Teams der Saison. Die New York Red Bulls schafften den Übergang: Als Cahill, Jununho und Henry da waren, hatten sie alle ihre persönliche Putzfrau auf dem Feld (Dax McCarty und Roy Miller) und ein unausgegorenes Teamgefüge. Nun, ohne die beiden, ist NYRB eine homogene Mannschaft und das beste Team des Grunddurchgangs.

Auch Dallas (punktbestes Team im Westen) und die Finalisten aus Portland und Columbus punkteten über eine flache Hierarchie. Die bekanntesten Namen sind Ghanas Teamspieler Harrison Afful (Columbus) oder Neo-Teamspieler Darlington Nagbe (Portland) – die kennt in Europa praktisch niemand.

Ausgeglichenheit und Timing

Der Salary Cap und die Struktur der Liga (die den Teameigentümern quasi „gehört“) sorgen für eine große Ausgeglichenheit. Das heißt: Während man in Europa mit zwei Punkten pro Spiel zu den Top-Teams gehört (und, etwa in Spanien oder Deutschland, 2,4 für einen Titel nötig sind) und mit einem pro Match um den Abstieg spielt, ist in der MLS alles enger.

Finale 2013: Kansas City - Salt Lake 1:1 nV (1:1, 0:0), 7:6 i.E.
Finale 2013: Kansas City – Salt Lake 1:1 nV (1:1, 0:0), 7:6 i.E.

Selbst die besten Teams schaffen es nie über die 2-Punkte-pro-Spiel-Marke (zuletzt schaffte das vor zehn Jahren ein Team), und die 1-Punkte-pro-Spiel-Marke wird selbst von den schlechtesten Teilnehmern nicht dramatisch unterschritten.

Durch den Meisterschafts-Modus ergibt sich auch die Notwendigkeit, auf das richtige Timing für die Top-Form zu achten. 12 der 20 Teams erreichen die Play-Offs – es ist also absolut ausreichend, nach zwei Saisondritteln einigermaßen im Feld mitzuschwimmen. Eine gute Bilanz im Grunddurchgang ist nett, nennenswerte Vorteile (außer das Ersparen eines Play-Off-Spiels und dem Heimrecht in einem etwaigen Finale) ergeben sich daraus aber nicht.

Genau so haben es Columbus und Portland gemacht: Bis in den September rein nicht abreißen lassen, dann aufdrehen und in den Play-Offs voll da sein. Sie eliminierten in ihren Conference Finale jeweils die Grunddurchgangs-Top-Teams (NYRB bzw. Dallas) einigermaßen souverän.

Unvorhersehbar

Die Teambesitzer arbeiten gut zusammen, weil sie wissen, dass die nur gemeinsam die Liga im beinharten Umfeld von Football, Basketball und Baseball etablieren können. So gelang es auch nur zwei Teams (Hauptstadt-Klub DC United in den Anfangsjahren und Glitzer-Klub LA Galaxy in der Beckham/Donovan-Ära), eine über Jahre hinweg dominante Stellung einzunehmen.

2014 12 07 Galaxy-New England 2-1 nV
Finale 2014: LA Galaxy – New England 2:1 n.V. (1:1, 0:0)

Immer wieder wird zwar Kontinuität belohnt (wie beim Titel von Kansas City 2013 oder dem von Portland heuer), aber das Gros der Teams ist vor jeder Saison praktisch unmöglich einzuschätzen. San Jose etwa war 2012 bester Grunddurchgangs-Klub – weder davor noch danach reichte es überhaupt für die Play-Offs. Oder Portland: Semifinalist 2012 und Meister 2015, dazwischen nicht mal in der K.o.-Runde vertreten.

Was die Schere zusätzlich nicht auseinander gehen lässt, ist das Fehlen eines relevanten internationalen Bewerbes. Im Gegensatz zu Europa, wo sich die Elite in der Champions League immer noch weiter bereichert und damit vom Rest entfernt, ist die CONCACAF-Champions-League finanziell eher ein Verlustgeschäft und hat in der Wahrnehmung kaum den Stellenwert einer Europa League. Die Klubs der mexikanischen Liga machen den Titel dort meist unter sich aus, hin und wieder stößt ein MLS-Klub ins Finale vor (wie Montréal 2015 oder Salt Lake 2011), der Rest spielt keine Rolle.

Spezialisierung der Märkte

Jede große Liga in den USA drängt auf die großen Märkte – New York, Los Angeles, Chicago. Die MLS aber hat erkannt, dass man vor allem in die Nischen drängen muss. Wie nach Columbus (wo es nur ein NHL-Team gibt, und das ist chronisch erfolglos), nach Salt Lake City (ein seit Jahren kaum relevantes NBA-Team als einzige Konkurrenz) oder eben nach Portland – eine Soccer City seit den 1970er Jahren, als die alten Timbers die NASL aufmischten.

Andererseits hat man nach dem Fusion/Mutiny-Desaster anderthalb Jahrzehnte lang einen große Bogen um die Südstaaten gemacht. Erst jetzt, mit einer konsolidierten Liga und eine soliden Struktur, wagt man sich wieder zurück ins Republikaner-Kernland, wo alles nicht-amerikanische misstrauisch beäugt wird. Wenn auch vorsichtig – derzeit gibt es mit Orlando nur ein einziges Team zwischen Houston und Washington. Atlanta und Miami werden bald dazukommen. Aber New Orleans, Tennessee, Carolina, Mississippi und Alabama werden auch in Zukunft fußballfreie Zone bleiben.

Natürlich: Die Liga-Oberen würden es schon gerne sehen, wenn es mal ein Finale zwischen den LA Galaxy mit Beckham und Donovan gegen die NY Red Bulls mit Thierry Henry gegeben hätte. Oder wenn Chicago Fire endlich mal das Abonnement auf die letzten zwei Tabellen-Plätze abgeben würde. Und wenn es die zweite Los-Angeles-Franchise, die 2018 in die Liga einsteigt, besser läuft als die an der kompletten Ignoranz der mexikanischen Fans krepierten Chivas (die sich Ende 2014 auflösten).

Aber wenn ein solides Gründungsmitglied und ein Outback-Klub mit fanatischem Anhang im Finale stehen – so wie 2015 Columbus und Portland – then so be it.

Die MLS-Klubs setzen auch gezielt auf Social Media. Die LA Galaxy haben 1,6 Millionen Facebook-Fans (das sind doppelt so viele wie etwa der HSV hat). Die Zielgruppe ist jung, diese Generation gilt es dort abzuholen, wo sie ist.

Sicherheit vor Abstieg

Ein Spezifikum der MLS ist das Fehlen eines sportlichen Abstiegs. Die Diskussion, ob man einen solchen nicht Einführen sollte, poppt in regelmäßigen Abständen auf, aber das Fehlen eines solchen entspricht erstens den amerikanischen Gepflogenheiten und hat zweitens der Liga gute Dienste erwiesen. Zwar bleibt Ahnungslosigkeit auf dem Sportdirektor-Posten ungesühnt, aber es gibt auch die Möglichkeit, langfristig zu entwickeln.

Außerdem muss sich die Liga nicht mit Klubs herumschlagen, die womöglich den langen finanziellen Atem gar nicht mitbringen oder zumindest einen Plan für eine vernünftige Infrastruktur. David Beckhams Klub in Miami, der auf Einstieg drängt, musste erst eine fixfertige Finanzierung und einen genauen Plan für ein eigenes Stadion vorlegen, ehe man überhaupt daran dachte, ein Aufnahmedatum in Aussicht zu stellen.

Dabei gibt es sehr wohl eine 2. Liga – die „neue“ NASL, in der heuer die NY Cosmos mit Raúl Meister wurde – aber diese dient eher als Aufwärmbecken für Klubs, die sich um eine Aufnahme bewerben (wie Minnesota United). Und viele Teams aus der Liga wollen auch gar nicht in die MLS aufsteigen, weil sie wissen, dass sie von ihrer Struktur und ihren Möglichkeiten dort keine Chance hätten.

Klinsmann hat es trotzdem schwer

Finale 2015: Portland - Columbus 2:1 (2:1)
Finale 2015: Portland – Columbus 2:1 (2:1)

20 Klubs derzeit, bis zu 28 in den kommenden zehn Jahren – aber ein unerschöpflicher Talente-Pool für US-Teamchef Jürgen Klinsmann ist die MLS dennoch nicht. Bei Meister Portland spielten gegen Columbus drei Amerikaner (Nagbe, Borchers und Villafana), beim Gegner vier (Clark, Parkhurst, Trapp und Finlay). Trapp (22) und Nagbe (25) debütierten kürzlich im Nationalteam, die anderen sind für Klinsmann jetzt schon zu alt.

Die wirklich guten Jungen gehen schon früh nach Europa, in der MLS verbleibt der Rest – oder die Etablierten, die als Designated Player in die Liga zurückgeholt werden (so wie Clint Dempsey bei Seattle, Michael Bradley bei Toronto oder Jermaine Jones bei New England). Noch düsterer sieht die Sache für Klinsmanns Amtskollegen Benito Floro und das kanadische Team aus: Sogar die drei kanadischen Teams aus Montréal, Toronto und Vancouver verzichten praktisch komplett auf Spieler aus Kanada.

Interesse steigt

Dank der passenden Stadien, einer für US-Verhältnisse lebendigen Stimmung in den Arenen, angepassten Spielplänen (nähergelegene Gegner kommen öfter als solche vom anderen Ende des Landes) und sicher auch dem einen oder anderen großen Namen steigt der Zuschauerschnitt stetig an – trotz recht gesalzener Tricketpreise (an die zwischen 40 und 50 Dollar für ein Spiel muss man schon rechnen).

Vor allem die Zuschauer-Kaiser aus Seattle (45.000) und Orlando (33.000) trieben den Schnitt erstmals über die 20.000er-Marke und damit in unmittelbare Nähe der Serie A und der französischen Ligue 1. Vor allem das junge Publikum spricht durchaus auf Fußball an, zuletzt überholte Fußball als Lieblings-Sport von Teenagern sogar das ur-amerikanische Baseball.

Hier eine extrem lesenswerte Story über diese Entwicklung. Tatsache ist aber auch: Die Premier League hat in den USA deutlich höhere Einschalt-Quoten als die MLS.

Geographie ein Faktor

Und wie ist nun das sportliche Niveau einzuschätzen? Die am weitesten verbreitete Ansicht ist, dass sich die MLS vom generellen Niveau her etwa auf dem Level der besseren Klubs aus Englands 2. Liga bewegt. Dafür gibt es andere Faktoren, die Neuankömmlingen aus Europa das Leben in der nordamerikanischen Liga schwer macht.

Bedingt durch die Größe des Landes steigt die Reisezeit gegenüber den geographisch kleineren Ligen in Europa dramatisch an. Dazu kommt, dass manche Teams auch im Oktober und November noch bei angenehmen Temperaturen spielen (wie Los Angeles, Houston oder Dallas), während andere da schon mit dem Schnee kämpfen (wie Toronto, New England oder Chicago). Zudem spielen einige auf Meereshöhe, während etwa Colorado oder Salt Lake auf zum Teil deutlich über 1.000 Meter spielen.

Obendrein ist Kunstrasen in der MLS etwas völlig normales. Auch das ist für viele Auswärtige erstmal ziemlich ungewohnt.

borchers cup

Nun, nach 20 Jahren, hat sich die Major League Soccer etabliert und hat auch ihren Platz sowohl in der USA als auch in der internationalen Wahrnehmung gefunden: Als bunter Mix aus großen Namen am Ende ihrer Laufbahn, aus lateinamerikanischen Kickern, die den Sprung in die großen europäischen Ligen nicht geschafft haben, und aus Local Heroes wie einst Landon Donovan oder nun Nat Borchers mit seinem auffälligen Rauschebart.

Großmannssucht hat man den Klubbesitzern ebenso ausgetrieben wie allzu großen Kleinmut. Man weiß in der MLS, was man ist. Man weiß aber auch, was man nicht ist.

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Den Mutigen gehört die Welt – den Einfallslosen nur Prügel. Drei Beispiele. https://ballverliebt.eu/2013/03/04/den-mutigen-gehort-die-welt-den-einfallslosen-nur-prugel-drei-beispiele/ https://ballverliebt.eu/2013/03/04/den-mutigen-gehort-die-welt-den-einfallslosen-nur-prugel-drei-beispiele/#comments Mon, 04 Mar 2013 14:35:40 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8418 Den Mutigen gehört die Welt – den Einfallslosen nur Prügel. Drei Beispiele. weiterlesen ]]> Wer sich etwas überlegt, kann verlieren – wer sich nichts überlegt, hat schon verloren. Dieses Motto ist in der österreichischen Bundesliga beim einen oder anderen schon angekommen, bei vielen aber immer noch nicht – zuletzt kündigte etwa Rapid-Trainer Peter Schöttel sinngemäß an, wieder jenen anspruchslosen Riegel-Fußball spielen zu wollen, der die Saison 2011/12 schon zur unerträglichsten aller Zeiten gemacht hat. Dabei möchte man den Verantwortlichen zurufen: Den Mutigen gehört die Welt. Man braucht nicht einmal Jahre, um das umzusetzen. Nur den Mut, es anzugehen. Und wer keinen Mut hat, verliert. Wie diese drei Beispiele aus der MLS zeigen.

Mutig durchziehen und belohnt werden: Portland Timbers

Portland Timbers - New York Red Bulls 3:3 (1:3)
Portland Timbers – New York Red Bulls 3:3 (1:3)

Den Mut zeigten, selbst aktiv zu sein. Zu pressen. Die Außenverteidiger bedingungslos nach vorne zu beordern. Und einen Mittelstürmer haben, der extrem viel arbeitet. Kurz: Eine Philosophie der Eigeninitiative etablieren. Geht nicht von heute auf morgen? Geht doch von heute auf morgen. Zumindest von der Idee, die man der Mannschaft einimpfen kann. Und auch auf Details achtet – wie etwa, dafür das Spielfeld knapp vier Meter breiter zu machen.

Genau diesen Weg gehen in der MLS die Portland Timbers. Gerade mal vier Stammspieler aus der letzten Saison waren in der ersten Start-Elf nach dem kompletten Re-Boot übrig: Nach zwei enttäuschenden Jahren, in denen der schottische Trainer John Spencer ebenso schottischen 4-4-2-Hau-Ruck-Fußball spielen ließ und mangels Erfolg und Weiterentwicklung letztlich entlassen wurde, wagen die Portland Timbers in ihrer dritten MLS-Saison einen totalen Neustart. Neo-Coach Caleb Porter soll der Architekt der modernen Offensiv-Philosophie sein.

Jeder weiß genau, was wann zu tun ist…

In seinem 4-2-3-1 sind praktisch alle Positionen nach einer eigenen Job Description haargenau besetzt. Die Außenverteidiger Harrington und Miller stehen sehr hoch und beackern die Seitenlinien quasi im Alleingang, während die Mittelfeld-Außen Alhassan und Nagbe dadurch einrücken können. Sechser Will Johnson ist ein Wadlbeißer, ein Terrier, der für die Ballgewinne zuständig ist (und dafür, den gegnerischen Zehner – diesmal Tim Cahill – zu nerven). Diego Chará, der Achter, kann dem Spiel einen Takt geben, vor allem aber auch selbst durch gute vertikale Laufwege Löcher reißen. Der etwas starksig wirkende Zehner Diego Valeri kann mit seiner Technik die Bereitschaft zeigen, auch mit wenig Platz den Ball zu fordern. Und Solospitze Ryan Johnson ist extrem aktiv und steht nicht nur wie sein Vorgänger Kris Boyd im Strafraum und wartet auf Flanken.

Das ist natürlich alles nicht Revolutionäres und nichts, was man nicht bei anderen Mannschaften auf dem Globus nicht auch sieht, keineswegs. Es ist aber erstaunlich, wenn man das Team mit der letzten Saison vergleicht, in der das genaue Gegenteil zu sehen war: Vorsichtige und bei Flanken unbeholfene Außenverteidiger. Keine Ideen und keine Kompaktheit im Zentrum. Kaum Bewegung vorne. Und vor allem: Extrem viele personelle Rochaden. Da spielte Nagbe mal vorne, mal hängend, mal auf dem Flügel. Da spielte Jewsbury, eigentlich Sechser, mal einen verkappten Spielmacher, dann wieder als Rechtsverteidiger. Da war kurzzeitig sogar Andi Dober als Neuzugang im Gespräch.

…zumindest nach vorne

Üblicherweise heißt es, man müsse zuerst sicher stehen, ehe man sich um die Offensive kümmert. Porter macht es genau anders herum: Während das Offensiv-Spiel schon im ersten Versuch richtig gut klappte, wird hinten noch heftig geschnitzt. Das sind zum Teil richtig derbe individuelle Schnitzer (wie Silvestre beim 0:1 und beim 1:2, bzw. Jean-Baptiste beim 1:3), aber auch die Abstimmung zwischen Mittelfeld und Abwehr stimmt noch nicht so ganz. Zuweilen wurden die Räume etwas gar groß, rückten die Innenverteidiger bzw. die defensiven Mittelfeldspieler nicht so nach Außen, dass es im Rücken der Außenverteidiger eine Absicherung gäbe (siehe das 1:2).

Das heißt: Die Timbers versprechen ein Team zu werden, das in den 34 Regular-Season-Spielen an die 70 Tore schießen wird, aber wohl auch ebenso viele kassiert. Caleb Porter kann sich diesen Ansatz allerdings auch aufgrund des Liga-Modus erlauben: Es gibt aus der derzeit 19 Teams umfassenden MLS keinen Abstieg. Gut für Portland, denn letztes Jahr war man die drittschlechteste Mannschaft – und gar nur eine einzige schoss noch weniger Tore.

Courage haben heißt auch: Mut zur Umstellung

Gegen die New York Red Bulls hatte Portland die erste Hälfte schon ganz gut im Griff, kassierte aber eben drei billige bis peinliche Gegentore. Die New Yorker agierten ebenso aus einem 4-2-3-1, in dem Thierry Henry von der linken Seite kam und recht hoch stand, der Argentinier Fabián Espindola mit seinen schnellen Antritten als Solo-Spitze für Unruhe sorgte, Tim Cahill als Zehner eher blass blieb und der alternde Freistoß-Künstler Juninho bis eben auf Freistöße kaum am Spiel teilnahm. Der Kompromiss, denn NYRB-Coach Petke dafür eingehen musste, war Dax McCarty – dieser gab Juninhos persönliches Hausmädchen, grätschte alles an, was sich ihm in den Weg stellte, ist aber nicht für eigene Impulse zuständig. So verdichtete sich der Mittelkreis in der Anfangsphase ganz extrem.

Zwar hatte Portland dort durch das Übergewicht an zum Spielen willigen Akteuren Vorteile, kam aber kaum wirklich durch. Das – und der Spielstand von 1:3 – zwang Porter dazu, in der Halbzeit Modifizierungen vorzunehmen. Valeri rückte weiter auf, agierte als hängende Spitze. Nagbe positionierte sich weiter Außen als davor und rückte erst relativ hoch ein; Alhassan dafür positionierte sich auf der anderen Seite noch weiter nach innen, überließ Ryan Miller endgültig die Außenbahn und gab neben Chará einen zweiten Gestalter aus der Spielfeld-Mitte. Dadurch hatten die Timbers nun auf den Flanken die Kontrolle, im Zentrum ebenso, und drückten den Gegner massiv hinten rein.

Bei den Red Bulls ging es recht schnell nur noch darum, den Sieg irgendwie zu retten. Petke stellte auf ein 4-4-1-1 um (mit Henry vorne, Cahill dahinter, dazu zwei eng stehende Viererketten), es half aber nichts. Portland kam zum hochverdienten 3:3 und hatte sogar noch Chancen, das Spiel zu gewinnen.

Highlight-Video

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Den Mut beim ersten Rückschlag verlieren: Philadelphia Union

Philadelphia Union - Sporting Kansas City 1:3 (1:1)
Philadelphia Union – Sporting Kansas City 1:3 (1:1)

Wie es gehen könnte, wenn einen nicht der Mut verließe, zeigte an diesem Auftakt-Spieltag das Team aus Philadelphia. Das war letztes Jahr kaum besser als die Timbers, und auch Union-Coach Hackworth (der zum Interims- zum Vollzeit-Chef befördert wurde) überlegte sich etwas.

Gegen Kansas City, Halbfinalist der letzten beiden Jahre, gab’s ein ziemlich schiefes 4-4-1-1. Linksverteidiger Gaddis blieb hinten und Gabriel Farfan im linken Mittelfeld stand ebenso sehr tief, um Graham Zusi – einen der Shooting Stars der letzten Jahre – im Griff zu behalten. Dafür übernahm Brian Carroll die Agenden als zentraler Gestalter und auch als linker Flügel. Keon Daniel, hängende Spitze mit auffälligen Dreadlocks, verschob viel vertikal und Sébastien le Toux lauerte auf schnelle Antritte.

Zudem presste dieses Trio, zum Teil gemeinsam mit dem kraftvollen Sechser Michael Lahoud, gegen das kompakte Dreier-Mittelfeld des Gegners. Mit Erfolg: Le Toux besorgte das frühe 1:0 und hätte kurz darauf das 2:0 nachlegen müssen, schob aber den Ball am leeren Tor vorbei. Der Außenseiter hatte alles im Griff, bis man hinten einmal kräftig schlief und kurz vor der Pause wie aus heiterem Himmel das 1:1 kassierte.

Damit war’s um den ganzen schönen, mutigen und proaktiven Plan bei Philadelphia geschehen. Nach dem Seitenwechsel agierte man wie das Kaninchen vor der Schlange. Man presste nicht mehr, ließ dem Gegner Zeit für den Spielaufbau und es half auch nicht, dass Zusi nun wesentlich zentraler agierte als in der ersten Hälfte und keiner seiner beiden Bewacher darauf reagierte. Kansas City kam letztlich zu einem völlig problemlosen 3:1-Sieg. Aus Sicht des Verlierers absolut vermeidbar, wenn man weiter so mutig wie bis zum Ausgleich agiert hätte.

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Gegen ein planloses Team keinerlei Mut haben: Chicago Fire

Los Angeles Galaxy - Chicago Fire 4:0 (1:0)
Los Angeles Galaxy – Chicago Fire 4:0 (1:0)

Wenn es einen idealen Zeitpunkt gibt, gegen den MLS-Meister von 2011 und 2012 zu spielen, dann jetzt. Die Los Angeles Galaxy haben gegenüber dem letzten Jahr (als man nach einer mäßigen Regular Season in den Play-Offs auftrumpfte) neben David Beckham auch Landon Donovan (der wegen seines Burn-Outs eine Auszeit nimmt) und Chippen Wilhelmsson (gut, der ist kein großer Verlust) verloren.

Trainer Bruce Arena aber blieb auch ohne die Schlüsselspieler Beckham und Donovan seinem flachen und eher statischen 4-4-2 treu. Mit den beiden konnte er das machen, weil Beckham aus dem Zentrum heraus eine traumhafte Präzision hatte und Donovan mit seinem Spielverständnis viele, richtige Laufwege nahm. Ohne die beiden allerdings passt das alles nicht so recht zusammen.

Aus dem Zentrum kommen keinerlei Impulse, aus der personellen Not heraus muss Innenverteidiger De la Garza als Rechtsverteiger ran, dafür RV Franklin im Mittelfeld. Mike Magee,ein verlässlicher aber nicht besonders torgefährlicher linker Flügelspieler, muss in den Sturm neben Robbie Keane. Die Außenbahnen waren bemüht, aber harmlos und an Spielaufbau gab’s sonst nur lange Bälle in die vage Richtung von Magee und Keane. Kurz: Die pure Einfallslosigkeit.

Alleine: Chicago – letztes Jahr sogar mit mehr Regular-Season-Punkten als die Galaxy – machte es noch schlechter. Das Team von Arne Friedrich, der wegen einer Verletzung nicht mitwirken konnte, hatte überhaupt keinen Plan, wie man das mehr als stotternde Team aus L.A. aushebeln könnte. Larentowicz und Lindpere im Mittelfeld-Zentrum versteckten sich nach Kräften, von den Außenverteidiger kam sehr wenig, von Duka und Nyarko noch weniger. Die einzigen, die echten Einsatz zeigten, war Chris Rolfe und Maicon Santos, die beiden Offensiven im 4-4-1-1. Das Problem dabei: Rolfe beging technische Fehler am laufenden Band, ihm flipperten die Bälle oft meterweit weg. Und Maicon Santos fehlte es einfach an der Unterstützung.

So gingen die Galaxy mit einer 1:0-Führung in die Halbzeit, nachdem drei Verteidiger Filigrantechnik-Wunderwuzzi Robbie Keane nur andächtig beobachteten, eine zweimal abgefälschte Flanke bei Magee landete und dessen nochmal abgefälschter Seitfallzieher im Tor. Mehr Fähigkeit zur eigenen Gestaltung zeigten die Gäste dann auch nach dem Seitenwechsel nicht: Haarsträubende Fehlpässe im Aufbauspiel, zu viele Räume zwischen den Reihen und in den Schnittstellen (wie beim 0:2), viel zu nachlässigen Verteidigen mit komplett körperlosem Spiel (wie beim 0:3). So konnte sogar Magee drei Tore machen und Keane per Fallrückzieher für den 4:0-Endstand sorgen.

Oder anders gesagt: So bekommt man sogar von einem Team, das so tut als wären Beckham und Donovan noch da und bei dem damit nicht so arg viel passt, die Bude angefüllt.

Highlight-Video

(phe)

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Schlecht gespielt, trotzdem gewonnen – und nach dem Titel zerfällt L.A. Galaxy https://ballverliebt.eu/2012/12/02/schlecht-gespielt-trotzdem-gewonnen-und-nach-dem-titel-zerfallt-l-a-galaxy/ https://ballverliebt.eu/2012/12/02/schlecht-gespielt-trotzdem-gewonnen-und-nach-dem-titel-zerfallt-l-a-galaxy/#comments Sun, 02 Dec 2012 01:53:16 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8104 Schlecht gespielt, trotzdem gewonnen – und nach dem Titel zerfällt L.A. Galaxy weiterlesen ]]> Beckham geht, Donovan hört vermutlich auf, Mittelfeld-Staubsauger Juninho muss wahrscheinlich zurück nach Brasilien, und auch Team-Besitzer Anschutz hatte seinen Rückzug bekannt gegeben – für die „Generation Beckham“ bei den L.A. Galaxy war das Endspiel um die MLS-Meisterschaft gegen Houston der letzte Auftritt. Viel hat man dabei aber nicht getan, um ein extrem schwaches Spiel letztlich dennoch nicht unverdient 3:1 zu gewinnen.

Los Angeles Galaxy – Houston Dynamo 3:1 (0:1)

Schon letztes Jahr trafen sich diese beiden Teams im Endspiel um die MLS-Meisterschaft, da hatten die L.A. Galaxy mit 1:0 die Oberhand behalten. Im Laufe dieser Saison zeigte sich aber immer mehr, dass das verhältnismäßig alte Team seinen Zenit überschritten hatte. Beckham ist mittlerweile 37 Jahre alt, Landon Donovan wirkte überspielt (weshalb er nun sogar das Karriere-Ende überlegt), Robbie Keane legte erst nach der EM so richtig los. Und dann kam auch noch Christian Wilhelmsson, der überall wo er war den Eindruck größtmöglicher Ineffektivität hinterließ. Mit 12 Niederlagen in den 34 Spielen stolperte man in die Play-Offs, wo sich die Routine dann doch bezahlt machte.

Wilhelmsson – eine Katastrophe

Die Ähnlichkeit der Spielanlagen der beiden Teams bedeutete weitgehende Neutralisation: Sowohl Bruce Arena von den Galaxy als auch Greg Kinnear von Houston lassen in einem flachen 4-4-2 spielen, in dem es im Zentrum jeweils einen Ballverteiler gibt (Beckham bzw. Clark). Weil Becks aber auch im gesetzten Alter noch deutlich besser ist als der in Deutschland kläglich gescheiterte Clark, war Houston noch mehr auf die Flügel angewiesen. So wurde das Spiel in erster Linie von den Duellen an den Außenbahnen bestimmt.

14 angekommene Pässe in 74 Minuten: Wilhelmssons Leistung war eine Gemeinheit.

Houston zog sich von Beginn an weit zurück und überließ den Hausherren das Spiel, die Pässe von Beckham von der Zentrale aus waren wegen der geschlossenen Mitte ohne echte Wirkung. Auf der rechten Seite spielte Wilhelmsson sehr viel Alibi, vermied Zweikämpfe mit Corey Ashe und brachte nichts Konkretes vor das Tor. Im Gegenteil: Die wenigen Pässe, die er doch spielte, gingen nach hinten, nahmen das Tempo aus dem Spiel oder landeten, oft extrem schlampig gespielt, gleich beim Gegner.

Auf der anderen Seite zeigte Mike Magee deutlich mehr Zug zum Tor und versuchte durch relativ frühes Einrücken, Houston-RV Sarkodie aus der Position zu ziehen bzw. dessen relativ progressives Stellungsspiel zu nützen. So kam auch die einzige echte Torchance der Galaxy vor der Pause zu Stande, Donovan schob den Ball völlig freistehend aber am Tor vorbei.

Houston: Behäbig, aber effizient

Das Tempo des Spiels war erschreckend niedrig, die Passgenauigkeit ebenso – aber Houston war das augenscheinlich nicht ganz unrecht. Auch die „Orange Crush“ agierten behäbig und zuweilen schlampig, aber eiskalt vor dem Tor: Kurz vor der Pause wurde Calen Carr von Moffat in den Rücken des Galaxy-Verteidigers Meyer geschickt, ehe er zum 1:0 verwertete. Ein Tor, das sich nicht angekündigt hatte, aber die gerechte Strafe für eine ziemlich schwache Leistung der Galaxy war.

Die sich auch nach der Pause zunächst nicht besserte. Im Gegenteil: Houston stand nun höher, attackierte früher und versuchte, das zweite Tor zu suchen um den routinierten Gegner gar nicht erst wieder zurück ins Spiel zu lassen. Seltsamerweise zeigten die Galaxy überhaupt keine Eile, ja, nicht einmal wirkliches Interesse daran, einen Gang höher zu schalten und auf den Ausgleich zu gehen.

Null Kreativität bei den Galaxy

Es gab auch keinen, der das Spiel an sich riss. Beckham versuchte es zwar, und wie man das von ihm gewohnt ist, gab es auch nur Pässe nach vorne. Doch fehlte es komplett an einem Bindeglied zwischen den beiden Viererketten und den beiden Stürmern vorne – sodass die Galaxy schon nach 50, 55 Minuten anfingen, die Bälle nur lang und weit nach vorne zu dreschen und darauf zu hoffen, dass Donovan und Keane schon etwas damit anfangen. Es spricht auch nicht gerade für Houston, dass dieser Plan nach einer Stunde sogar aufging: Keane holte mit einer feinen Einzelleistung eine Ecke heraus, in deren Folge Omar Gonzalez seine Kopfball-Stärke ausspielte und das 1:1 besorgte.

Houston wirkte davon durchaus geschockt, und keine fünf Minute später kam es bei einem Beckham-Freistoß zu einem ziemlichen Durcheinander in der Dynamo-Abwehr, in dem Clark den Ball an die Hand bekam – Elfmeter. Landon Donovan machte seinen eher peinlichen Fehlschuss aus der ersten Hälfte gut und verwandelte sicher zum 2:1.

Null Kreativität bei Houston

Bei Houston stellte Greg Kinnear um. Erst musste Torschüten Calen Carr, dessen gute Laufwege die Galaxy-Abwehr immer wieder verunsicherten, verletzungsbedingt raus; dann löste er die Viererkette auf und brachte mit Brian Ching einen neuen Stürmer. Damit stellte er auch auf ein 3-5-2 um, das er aber nicht zum Funktionieren bekam.

Schon zuvor war die einzige Gefahrenquelle von Houston Brad Davis auf der linken Seite. Vom hochgelobten Oscar Boniek auf der rechten Außenbahn kam gar nichts, der war absolut unsichtbar. Die Zentrale war mehr damit beschäftigt, Beckham auf den Füßen zu stehen, als etwas nach vorne zu machen. Nun stand Davis im neuen System auf der Zehn, während Kandji (der für Carr gekommen war) auf der linken Seite stand – nominell. Denn auch er orientierte sich sehr zentral, wodurch Houston die Breite fehlte.

Und so auch praktisch gar nicht mehr in die Position kamen, doch noch den Ausgleich zu erzielen. Das Kreativitäts-Defizit wurde überdeutlich, und als Keane bei einem Konter in der Nachspielzeit von Houston-Goalie Hall gelegt wurde und der Gefoulte den Elfmeter zum 3:1 verwandelte, war der Deckel drauf.

Fazit: Ein schreckliches Spiel, in dem die weniger schwache Mannschaft siegt

Das Finale vor zwei Jahren war hochinteressant, jenes aus der letzten Saison spannend und dramatisch – aber, ohne lange drumherum zu reden, dieses Spiel war schlicht und einfach fürchterlich. Das Tempo war inexistent, Kreativität nicht vorhanden, das Passspiel schlampig und Ideen gab’s de facto keine.

Als die Galaxy nach dem Rückstand etwas machen musste, fiel dem Team nicht viel mehr ein als 50-Meter-Bälle in die ungefähre Richtung von Donovan und Keane. Als Houston nach dem 1:2 etwas machen musste, machte man sich das Spiel selbst eng und es damit dem Gegner leicht. Ein Eckball und zwei (korrekte) Elfmeter reichten den Galaxy, um als weniger schlechte Mannschaft 3:1 zu siegen.

Unübersehbar aber, dass diese Mannschaft am Ende ist und, so hart das klingt, rechtzeitig zerfällt. So läuft man nicht in Gefahr, sich als Altherren-Combo mit einer schlechten Saison das Image zu verhageln, sondern geht mit dem zweiten Titel in Serie.

(phe)

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Donovans Außenrist-Chip beschert David Beckham das Happy End https://ballverliebt.eu/2011/11/21/donovans-ausenrist-chip-beschert-david-beckham-das-happy-end/ https://ballverliebt.eu/2011/11/21/donovans-ausenrist-chip-beschert-david-beckham-das-happy-end/#respond Mon, 21 Nov 2011 06:42:24 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6122 Donovans Außenrist-Chip beschert David Beckham das Happy End weiterlesen ]]> Es waren eine umsichtige Vorlage von Robbie Keane und wunderschönes Tor von Landon Donovan, die in einem sonst enttäuschenden MLS-Finale den Los Angeles Galaxy den 1:0-Sieg über Houston sicherten. Aber alles drehte sich um David Beckham – der so im letzten Spiel seines Fünf-Jahres-Vertrages doch noch seinen ersten Titel in den Staaten holte.

Los Angeles Galaxy - Houston Dynamo 1:0

Letztes Jahr trafen sich beim 2:1-Sieg nach Verlängerung von Colorado gegen Dallas zwei Außenseiter im Endspiel der Major League Soccer – diesmal hatten sich in den Playoffs zwei Teams durchgesetzt, die sich schon in der Regular Season in den Favoritenkreis erhoben haben. Houston vor allem ab dem Sommer, und die favorisierten L.A. Galaxy schon das ganze Jahr. Donovan, Beckham und Co. waren das klar beste Team der Liga und hatten mit den New York Red Bulls (im Viertelfinale) und dem Halbfinale gegen Salt Lake auch den deutlich schwereren Weg in den Play-Offs.

Zudem hatte Los Angeles im Finale, MLS-Cup genannt, Heimvorteil. Als Zweiter im Osten schloss Houston die 34 Spiele umfassende Regular Season mit schlanken 18 Punkten weniger ab als die Galaxy. Und mit Brad Davis, der über die linke Seite im flachen 4-4-2 kommt, fehlte Houston auch noch der wichtigste Spieler mit einem beim 2:0 im Semifinale in Kansas City erlittenen Muskelfaserriss. Kurz: Alles sprach vor dem Spiel gegen den Meister von 2006 und 2007.

Nach forschem Beginn schläft Houston ein…

Dessen Trainer Dominic Kinnear wegen den Ausfalls von Davis zu Umstellungen gezwungen war: Linksverteidiger Corey Ashe rückte ins Mittelfeld auf, dafür fing Jermaine Taylor links hinten an. Das nahm dieser Seite natürlich etwas die Qualität und so konnten die „Orange Crush“ auch ihr gewohntes Spiel nicht wie erhofft aufziehen: Schnelles, unkompliziertes Spiel über die Flügel, mit einem sich viel bewegenden und sich immer auch eher tiefer anbietenden Sturm-Duo vorne.

Houston schien gleich klarzumachen, wie man die Nachteile gegenüber den Gastgebern ausgleich könnte: Mit ordentlichem Pressing. Die beiden Stürmer Carr und Ching gingen in den ersten Minuten sofort auf Beckham und Juninho, sobald diese den Ball hatten, und ließen ihnen kaum Zeit um das Spiel zu gestalten. Das funktionierte gut – umso unverständlicher, dass das nach wenigen Minuten aufhörte und Houston in jene Lethargie verfiel, die der Außenseiter nicht mehr so recht abschütteln konnte.

…und Los Angeles übernimmt die Kontrolle

Mit Zeit am Ball konnte Beckham seine zumeist punktgenauen Pässe aus der Tiefe schlagen (dazu mehr weiter unten), und die Galaxy konnten im Aufbau über die Flügel ihre Stärken dort ausspielen: Mit Donovan und Magee rückten die Mittelfeld-Flügel relativ früh ein, die konsequent aufrückenden Außenverteidiger Franklin und Dunivant hinterliefen und kontrollierten die Seitenlinie.

Vor allem Jermaine Taylor war überfordert. Der Notnagel hatte Probleme im Zweikampf, konnte das Spiel nicht nach vorne tragen und wirkte vor allem mental etwas langsam. Er war aber nur die Spitze des Eisbergs bei Houston: Selbst nach Ballgewinn wurde kaum einmal versucht, schnell umzuschalten und mögliche Unordnung in der Rückwärtsbewegung von Los Angeles auszunützen.

Der eine Sechser nimmt nicht teil…

Luiz Camargo agierte eher sparsam: Nur 23 Pässe im ganzen Spiel. Grafik: mlssoccer.com

Das größte Problem im Spiel nach vorne bei Houston war also weniger das Fehlen einer starken linken Seite, sondern viel mehr die Tatsache, dass vor allem der Brasilianer Luiz Camargo nur körperlich anwesend war. Er spielte während des gesamten Spiels lächerliche 23 Pässe (davon gar nur sechs in der ersten Hälfte), er holte nicht einen einzigen Ball im Zweikampf und schoss im ganzen Spiel nicht auf das gegnerische Tor. Was natürlich viel zu wenig ist, wenn man in einem flachen 4-4-2 auf die Flügel, die sonst die Hauptlast tragen, verzichten muss.

Das hatte zur Folge, dass bei Houston die komplette Arbeit an Adam Moffat hängen blieb. Der Schotte mühte sich nach Kräften ab und kam im Gegensatz zu seinem Nebenmann auch auf starke Zahlen – 73 Pässe versucht (Erfolgsquote 87 %), zwölf Mal den Ball erkämpft (verglichen mit exakt Null bei Camargo).

Moffat war fleißig, verlagerte das Spiel aber zu oft und beschleunigte zu selten. Grafik: mlssoccer.com

…der andere macht das Spiel langsam

Die tiefe Positionierung  von Moffat und Camargo ermöglichte es Donovan und Magee selten, den Raum zwischen Viererkette und Sechsern zu bearbeiten, weil kaum ein Platz da war. Sie konnten die Galaxy halbwegs in Schach halten, stiegen aber nach vorne nicht von der Bremse. Diesen Vorwurf muss sich Moffat bei allem Kämpferherz und seinem Bemühen gefallen lassen.

Denn zu selten bediente er schnell die ihm nahe rechte Seite mit dem im Semfinale noch so starken Hainault und mit Cruz, aber permanent flogen die Bälle über den halben Platz auf die durch das Fehlen von Davis ohnehin gehandicapte linke Seite. So konnten sich die Galaxy in aller Ruhe hinten dem Ball formieren, und bei Houston gab es kaum einmal drei ankommende Pässe hintereinander. Torgefahr strahlten die in der Luft hängenden Stürmer Ching und Carr nicht einmal im Ansatz aus.

Beckham, der Denker und Lenker

Nicht falsch verstehen: Die Galaxy zeigten auch nicht allzu viel Nennenswertes. Dennoch waren die Hausherren die deutlich bessere Mannschaft, obwohl auch sie zuweilen einen fahrigen Eindruck machten. Lediglich Beckham sorgte aus der Zentrale heraus mit seinen langen Bällen und seinem guten Auge für Präzision im Spiel. Und vor allem auffällig, verglichen mit seinen Pendants beim Gegner: Quer- oder gar Rückpässe waren bei Beckham die Ausnahme, er suchte wann immer möglich den Pass nach vorne.

Aus der Zentrale war Beckham deutlich präziser (Die erfolgreichen Pässe hier in Grün, Fehlpässe in Violett). Grafik: mlssoccer.com

So waren die besten Szenen von Los Angeles jene, in denen Beckham seine Füße mit im Spiel hatte – allerdings nur, wenn er seine Position im Zentrum hielt und nicht hinter einem einrückenden Donovan auf die rechte Seite zog. Der Grund ist simpel: Bei allem Einsatz ist Becks nicht mehr der schnellste, und aus dem Zentrum hat er zumeist vier mögliche Anspielstationen, von der Flanke aus bestenfalls zwei. Und die Innenverteidiger von Houston machten einen guten Job.

Und doch hatte vor allem Cristman beste Chancen. Schon in der Anfangsphase vergab der für den verletzten Chad Barrett in die Startformation gerückte Sturmpartner von Robbie Keane (dem man die Reisestrapazen der letzten Woche deutlich anmerkte) nach einer Beckham-Ecke völlig freistehend. Er alleine hätte schon vor dem Seitenwechsel trotz eines nicht gerade zwingenden Auftritts seiner Mannschaft mit drei Toren das Spiel bereits entscheiden müssen.

Houston rückt auf, Arena reagiert

Nach dem Seitenwechsel traute sich bei Houston vor allem Corey Ashe auf der linken Seite etwas mehr zu, womit er Sean Franklin nach hinten drängen und Landon Donovan ein wenig vom Nachschub abschneiden konnte. Zudem rückten Moffat und (vor allem) Camargo mehr auf. Die Fehlpass-Quote ging dramatisch zurück und so gelang es Houston, das Spiel etwas offener zu gestalten. Grund dafür: Die rechte Seite von L.A. war in Schach gehalten, Beckham und Juninho in defensivere Rollen gedrängt, somit vorne Keane und Cristman aus dem Spiel.

Aber das Tor von Galaxy-Keeper Saunders kam nicht wirklich in Gefahr. Bruce Arena reagierte, indem er nach einer Stunde Cristman vom Platz nahm, Donovan nach vorne in die Spitze beorderte und mit Birchall die linke Mittelfelseite neu besetzte. Das machte zwar die linke Flanke nicht besser – im Gegenteil, Birchall konnte Taylor nicht so testen – aber mit Donovan kam deutlich Bewegung in die vorderste Front. Er ließ sich auch immer mal wieder etwas nach hinten fallen, um das im flachen 4-4-2 entstehende Loch hinter den Spitzen etwas zu stopfen.

Und genau deshalb war auch das 1:0 in der 72. Minute möglich: Keane spielte den Ball auf den aus der Tiefe heranstürmenden Donovan, der mit seinem Tempo beide Innenverteidiger aus dem Spiel nahm und den Ball mit einem gefühlvollen Außenrist-Chip aus vollem Lauf über den heraustürmenden Houston-Goalie Tally Hall hob. Ein sensationelles Tor.

Kinnear wirft alles nach vorne

Houston-Coach Dominic Kinnear zog in der Folge Cameron aus der Innenverteidigung nach vorne ins Mittelfeld, löste damit seine Viererkette auf. Dazu kam mit Clark (statt Cruz) ein neuer Stürmer – mit der Brechstange wollte Houston nun die fehlenden spielerischen Mittel ausgleichen. Mit Costly (schon zuvor für Carr gekommen) und Ching vorne, dazu Clark neu auf der rechten und Ashe (bzw. in den Schlussminuten Ja-Vaughn Watson) auf der linken Seite hatte Houston nun de facto vier Stürmer.

Die Dreierkette hinten war indes keine echte solche, weil Hainault und Taylor weiterhin auf den Flanken verblieben und somit im Spielaufbau Boswell alleine hinten verblieb. Das machte Houston natürlich anfällig für schnelle Gegenstöße der Galaxy, die sich nun etwas zurücklehnten. Aber wirklich viel bekam L.A.-Goalie Saunders weiterhin nicht zu tun – sodass fast noch Beckham den Schlusspunkt mit dem 2:0 hätte setzen können. Seinen Freistoß in der 93. Minute konnte Hall aber stark parieren.

Fazit: Galaxy aus der Zentrale deutlich konkreter

Dass der Titel an die über das Jahr gesehen klar beste Mannschaft der Liga geht, steht sowieso außer Frage. Aber auch in diesem Finale waren die Galaxy letztlich die deutlich konkretere Mannschaft, wenn auch es sicherlich nicht die beste Saisonleistung war. Bei der zwar Keane und Donovan für das entscheidende Tor sorgten, aber dennoch David Beckham – nun der erste Engländer seit Trevor Steven vor bald 20 Jahren, der in drei Ländern Meister wurde – der Mann den Spiels war. Nicht nur, weil sich die ganze Story natürlich um den 36-Jährigen und seinen vermutlich letzten Auftritt nach fünf Jahren MLS drehte.

Sondern auch, weil Becks nochmal eine richtig starke Leistung auf den vom Regen aufgeweichten Rasen zauberte. Er schlug quasi als Quarterback vor allem aus dem Zentrum heraus präzise Pässe und suchte vor allem wann immer möglich den Weg nach vorne – anders als der Gegner aus Houston, der sich aus der Spielfeldmitte zu wenig traute, schnell den Weg nach vorne zu suchen. Und ohne den verletzten Davis waren auch noch die Flügel aus der Gleichung heraußen.

Und so sorgte die Co-Produktion von Robbie Keane und Landon Donovan für David Beckhams Happy End.

(phe)

VIDEO: Ausführliche Zusammenfassung

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Donovan und Henry sorgen für 1:1 im Duell der 4-4-2-Versionen https://ballverliebt.eu/2011/05/08/donovan-und-henry-sorgen-fur-11-im-duell-der-4-4-2-versionen/ https://ballverliebt.eu/2011/05/08/donovan-und-henry-sorgen-fur-11-im-duell-der-4-4-2-versionen/#respond Sun, 08 May 2011 09:33:44 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4719 Donovan und Henry sorgen für 1:1 im Duell der 4-4-2-Versionen weiterlesen ]]> Starke Flügel gegen massiertes Zentrum: Mit den beiden Star-Teams der MLS trafen auch zwei Philosophien des 4-4-2 aufeinander. Die flache Mittelfeldvariante der Galaxy erwies sich zwar als unterlegen, gute Adjustierungen hebelten die Raute der Red Bulls aber aus. Und am Ende stand ein korrektes 1:1.

Los Angeles Galaxy - New York Red Bulls 1:1

Der taktisch interessante Bereich im MLS-Spitzenspiel der beiden am Meisten mit Stars gespickten Teams der Liga war von Vornherein klar: Das Mittelfeld! Denn während die Galaxy üblicherweise ein flaches 4-4-2 mit einem tief stehenden Beckham und extrem fleißigen Flügeln spielen, stellt Ex-Salzburg-Trainer Hans Backe sein Team aus New York seit dem Zugang von Spielmacher Dwayne de Rosario zu Saisonbeginn mit einer Mittelfeldraute auf. Das hieß: Starke Flügel gegen massiertes Zentrum.

So stellte sich letzlich auch die erste Hälfte dar, wenn auch das frühe 1:0 durch Thierry Henry – der Franzose taut nach seiner ersten ordentlichen Saisonvorbereitung merklich auf – den Gästen in die Hände spielte und ihre Spielanlage deutlich defensiver gestalten ließ als wohl ursprünglich geplant. Die Außenverteidiger Jan-Gunnar Solli und Roy Miller, die ansonsten für die Breite im Spiel nach vorne sorgen, blieben eher defensiv und kümmerten sich um die starken Flügel der Galaxy.

Die Hausherren kamen wie erwartet durch die Mitte überhaupt nicht durch, auch weil Mehdi Ballouchy auf der Sechs den verletzten Finnen Tainio ordentlich ersetzte. So wurde natürlich das Spiel über die Außen forciert und es wurden viele lange Bälle geschlagen, die gewohnt sichere Defensive um Rafa Márquez ließ die gegnerischen Stürmer aber ein ums andere Mal ins Abseits tappen.

Ausgleich und Nachbesserungen

Die Galaxy nützten das eher passive Spiel der Gäste aber immer mehr, um sich selbst freizuspielen. Mangels echtem Flügelspiel in dieser Phase waren die New Yorker gezwungen, kollektiv nach vorne zu schieben, wenn Druck auf den Gegner ausgeübt werden sollte, durch das gute Pressing der Galaxy sorgte für schnelle Ballgewinne und nach einer halben Stunde nützte Donovan das aus und lief alleine auf das Tor zu, doch NY-Innenverteidiger Tim Ream – der einzige US-Amerikaner in der Startformation der Red Bulls – kratzte den Ball noch von der Linie. Wenige Minuten später holte Donovan aber Verpasstes nach und versenkte einen Eckball per Kopf zum verdienten 1:1-Pausenstand ins Tor.

Für den zweiten Spielabschnitt nahm LA-Coach Bruce Arena einige kleine, aber wirkungsvolle Adjustierungen vor: Beckham orientierte sich etwas weiter nach vorne, um im Zentrum der gegnerischen Raute etwas mehr Platz zu haben, während Juninho tiefer stand und durch sehr gutes Stellungsspiel und gutes Pressing das Zentrum besser unter Kontrolle brachte. Außerdem rückten mit Donovan und Magee die Mittelfeld-Außen der Galaxy nun etwas ein, was die Raute der Red Bulls neutralisierte und den AVs Platz zum Marschieren gab.

So wurde das Spiel immer mehr ein Duell der Außenverteidiger, auch hier zunächst mit Vorteilen bei den Hausherren. Denn während die fleißigen Dunivant und Franklich natürlich sofort wussten, was die Stunde geschlagen hat, dauerte diese Erkenntnis bei den Gästen etwas auf sich warten.

Zwei Nordeuropäer und ein Jungstar.

Je näher es dem Ende ging, desto mehr übernahmen bei den New Yorkern die beiden Nordeuropäer mit den übersichtlichen Frisuren das Spiel: Der Norweger Jan-Gunnar Solli auf der rechten und die Este Joel Lindpere rissen nun das Spiel auf ihren Flanken an sich. Das ging, weil auf den Flanken selbst nun die AV der Galaxy eben ziemlich auf sich alleine gestellt. Vor allem Solli machte nun das, was ihn auszeichnet: Extremen Druck nach vorne auszuüben.

Was auch davon unterstützt wurde, dass Hans Backe eine Viertelstunde vor Schluss für den glücklosen Luke Rodgers den Jungstar des US-Fußballs brachte: Juan Agudelo. Der 18-Jährige brachte sofort neuen Wirbel in die Galaxy-Defensive und war für die Flankenspieler und den immer tiefer stehenden Thierry Henry immer eine Anspielstation. So waren am Ende die Gäste einem Sieg sogar näher, aber ein Schuss von Richards klatschte auf den Pfosten und ein Solo des sonst eher mäßigen De Rosario stricht knapp am Tor vorbei – und es blieb beim korrekten 1:1.

Fazit: Vergleichbar starke Titel-Mitfavoriten

Die beiden Teams zeigten schon, warum sie derzeit die führenden Teams im Osten bzw. im Westen sind und nur Champions-League-Finalist Salt Lake mithalten kann: Ordentliches Pressing, gute Raumaufteilung, ein echter Matchplan – alles vorhanden, und letztlich haben die Galaxy gut auf die lange zu passive Spielweise der Red Bulls und deren Formation reagiert. Die Raute von Hans Backe funktioniert nicht, wenn sich die Außenverteidiger, so wie in diesem Spiel, zu lange zu viel zurückhalten.

Am Ende steht ein korrektes Unentschieden zweier ähnlich starker Teams, in dieser Partie eher mit Vorteilen für Los Angeles Galaxy. Die kompaktere umd in sich gewachsenere Mannschaft ist die aus Los Angeles, aber die New Yorker haben vor allem in der Schlussviertelstunde gezeigt, dass sie, wenn sie sich auf ihre Stärken nach vorne besinnen, keinen in der Liga fürchten müssen. Und in der Eastern Conference schon erst recht keinen.

(phe)

Hier gibt’s noch ein Highlights-Video

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Beckham, der alternde Quarterback https://ballverliebt.eu/2011/04/14/beckham-der-alternde-quarterback/ https://ballverliebt.eu/2011/04/14/beckham-der-alternde-quarterback/#respond Thu, 14 Apr 2011 02:51:45 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4560 Beckham, der alternde Quarterback weiterlesen ]]> David Beckham geht in sein fünftes Jahr in der amerikanischen Profiliga MLS – doch von Verletzungen geplagt machte er nur ein Drittel der Spiele auch mit. Dass Becks alt wird, zeigt sich aber auch auf dem Platz immer mehr: Er joggt nur noch herum und verteilt lange Bälle.

Toronto - L.A. Galaxy 0:0

Das war letztes Jahr schon zu wenig, als die Galaxy im Playoff-Semifinale gegen Dallas ausschieden (die Texaner verloren in der Folge das Finale gegen Colorado äußerst unglücklich mit 1:2 nach Verlängerung). Und das wird auch in diesem Jahr nicht reichen, wenn das Team vom ehemaligen US-Teamchef Bruce Arena so langsam und statisch agiert wie gegen das junge Team aus Toronto.

Dort ist seit dieser noch jungen Saison Ajax-Legende Aron Winter der Trainer: Er nahm sich mit Bob de Klerk einen Vertrauten aus dem Jungendsystem von Ajax als Co-Trainer mit und soll nun mit Ruhe und Bedacht ein Team aufbauen. In der MLS – diese Saison auf 18 Teams aufgestockt – geht das mit dem richtigen Umfeld: Abstieg gibt es nämlich keinen.

Unbeweglicher Favorit

David Beckham spielte in einem statischen 4-4-2 den tieferen Mann im defensiven zentralen Mittelfeld. Er lief nicht allzu viel und wenn, dann zumeist nicht besonders schnell, darum war er auch immer darauf bedacht, den Ball so schnell wie möglich wieder los zu werden. Darauf ist das Spiel der Galaxy zu einem guten Teil ausgerichtet – präzise Beckham-Pässe aus der Tiefe. Also ähnlich dem Quarterback im Football und eigentlich ja genau das, was er immer schon am Besten konnte, nur halt ohne die intensive Laufarbeit auf den Flügeln. Aber wie langsam Beckham mittlerweile wirklich ist, zeigte eine Szene in der 44. Minute: Er kam gegen De Guzman viel zu spät und sah für das Foul korrekterweise die gelbe Karte. Seine fünfte im sechsten Spiel…

Das Problem war im Spiel der Galaxy aber weniger Beckham selbst, sondern die Tatsache, dass ohne die Pässe des Engländers die zündenden Ideen fehlten, immerhin fehlte Landon Donovan verletzt. Die Außenverteidiger – vor allem Todd Dunivant – versuchten, das Spiel über die Außen nach vorne zu tragen, mussten aber den fleißigen Außenstürmern von Aron Winters Team aus Toronto Tribut zollen. Zudem waren Magee und Franklin, die Außen im Mittelfeld der Kalifornier, bei ihren Gegenspielern gut aufgehoben, bzw. trug vor allem der Südafrikaner Danleigh Borman das Spiel gut vorne.

Winter lässt Beckham bewusst passen

Aron Winter stellte sein Team in einem 4-3-3 auf das Feld, und vor allem die Außenstürmer waren die Schlüsselpositionen. Javier Martina und Gianluca Zavarise sollten nämlich nicht nur nach vorne spielen, sondern auch die Außenverteidiger der Gegner verfolgen. Nicht nur nach hinten drängen, sondern auch selbst mit in die Rückwärtsbewegung gehen – so kam es immer wieder vor, dass die beiden zentral-vorgeschobenen Mittelfeldspieler deutlich höher standen. Vorne machte der Serbe Alen Stevanovic extrem viele Meter, ließ sich sehr tief fallen, wich auf die Flanken aus – kurz, arbeitete wie ein Wahnsinniger, strahlte dabei aber null Torgefahr aus.

Druck auf Beckham, um dem langsamen Kapitän die Zeit zum Passen zu nehmen, wurde überhaupt nicht ausgeübt: Toronto ließ den Engländer ungehindert seine Bälle verteilen. Dafür stellte ihm das Team aus Kanada die Empfänger konsequent zu, sodass über weite Strecken des Spiels Beckham kein echter Faktor war, genauso wenig wie Juan Pablo Ángel als einer der beiden Stürmer: Der auch schon 35-jährige frühere Spieler von Aston Villa bewegte sich nicht gut und kam gegen den umsichtigen Harden nie zur Geltung.

So wurden die Galaxy zumeist nur dann gefährlich, wenn es schnell über die Flanken ging, wo vor allem Borman in der Rückwärtsbewegung immer wieder Schwächen offenbarte. Aber nach einer guten Anfangsphase, in der Torontos schweizer Torhüter Stefan Frei (ein entfernter Verwandter von Alex Frei, im übrigen) schon in der 1. Minute retten musste, kontrollierte Toronto das Spiel immer besser. Eben weil Martina und Zavarise zwar den Ball fast nie wirklich in den Strafraum brachten, aber die Gäste doch hinten beschäftigte.

Toronto verteidigt den Punkt

Am Charakter des Spiels veränderte sich erst nach etwa einer Stunde etwas. Da musste mit Julian de Guzman der sehr umsichtige Sechser von Toronto ausgewechselt werden: Für ihn war es das erste Spiel nach einer längeren Verletzungspause und länger hatte er einfach keine Luft. Für den kanadischen Teamspieler kam mit dem Belgier Mikael Yourassowsky ein neuer Mann für halblinks, dafür ging Peterson zurück auf die Sechs und Tchani auf halbrechts.

Ohne De Guzman fehlte den Gastgebern aber nun der Ruhepol und der Regisseur in der Defensive. Die Bälle von Beckham kamen nun immer mehr an, und über die Seiten trugen die Kalifornier das Spiel nun besser nach vorne. Was natürlich auch daran lag, dass sie nun endgültig davon überzeugt waren, dass von Martina und Stevanovic überhaupt keine Gefahr ausging.

Winter konnte sich, je länger das Spiel lief und je mehr es die Gäste wieder in den Griff bekamen, natürlich immer mehr mit dem 0:0 anfreuden – immerhin fehlte ihm sein gefährlichster Stürmer (Gordon) und sein Kapitän (Maicon Santos). So stellte er eine Viertelstunde vor Schluss auf ein 4-3-1-2 um: Der junge Oscar Cordon kam mit seinen 18 Jahren zum MLS-Debüt und spielte auf der Zehn, dazu musste Martina (spät, aber doch) Joao Plata weichen, der den zweiten Stürmer neben Stevanovic gab. Im Grunde ging es aber nun darum, hinten sicher zu stehen und kein Tor mehr zuzulassen. Und bis auf einen Pfosten-Freistoß von Beckham – seine beste Szene – gelang das auch.

Fazit: Galaxy wie Beckham – statisch und einfallslos

Das interessantere Team war ohne Zweifel das von Aron Winter. Denn die Los Angeles Galaxy präsentierten sich über weite Strecken so wie ihr Star David Beckham: Ohne viel Bewegung und ohne zündende Ideen. So wurde der Favorit über eine Stunde lang vom frechen Außenseiter gut in Schach gehalten. Toronto entwickelte zwar kaum Torgefahr, erkannte aber, dass Angriff gegen diesen Gegner die beste Verteidigung ist und drängte vor allem über die fleißigen Flügel den Gegner weit zurück.

Da die Flügel, zumal in einem statischen 4-4-2 mit flachem und nicht besonders laufstarken zentralen Mittelfeld, aber für den Spielaufbau nun mal essenziell sind, waren die Galaxy lange extrem harmlos. Erst, als Winter in der Schlussphase mit schwindenen Kräften und dem 4-3-1-2 die Flügel hergab, konnte das Team von David Beckham eine Schlussoffensive starten.

Für eine Mannschaft, die von einem neuen Trainer mit Bedacht aufgebaut wird – also Toronto – war das sehr respektabel. Für einen Titelanwärter – also die LA Galaxy – war das viel, viel zu wenig.

(phe)

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