Magath – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Mon, 21 Mar 2011 13:02:36 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Wolfsburg verschlampt Sieg bei Magaths Comeback https://ballverliebt.eu/2011/03/21/wolfsburg-verschlampt-sieg-bei-magaths-comeback/ https://ballverliebt.eu/2011/03/21/wolfsburg-verschlampt-sieg-bei-magaths-comeback/#respond Mon, 21 Mar 2011 12:53:02 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4403 Wolfsburg verschlampt Sieg bei Magaths Comeback weiterlesen ]]> Wenn zwei Teams, die nicht mit dem Abstiegskampf gerechnet hatten, in eben diesem aufeinandertreffen – dann sieht das so aus wie bei Stuttgart-Wolfsburg: Ein unansehnliches Spiel voller nervöser Unzulänglichkeiten. Das die Wölfe beim Comeback von Meistercoach Magath eigentlich gewinnen hätten müssen.

VfB Stuttgart - VfL Wolfsburg 1:1

Die Ära „Magath II“ bei Wolfsburg begann mit vielen jener Gesichter, die zum Ende der Ära „Magath I“ 2009 den Meistertitel feiern konnten – so rotierte der Ex-Schalke-Trainer nach seinem Blitztransfer in die VW-Stadt mit Mandzukic und Mbokani jene beiden Stürmer aus der Mannschaft, die meilenweit unter den Erwartungen blieben und ließ statt des verletzten Torhüter Benaglio nicht, wie seine Vorgänger Veh, McClaren und Littbarski, Marwin Hitz spielen. Sondern den alten André Lenz, der schon beim Titel Magaths Nr. 2 gewesen war.

Schalke beim 1:0 bei den Bayern

Magath kopiert sich selbst

Außerdem stellte Magath auch das System um. Versuchten es McClaren und Littbarski, vor allem nach dem Abgang von Edin Dzeko zu Man City, mit einem 4-2-3-1 (womit der Engländer schon vor der Winterpause oft spielen hatte lassen), machte es der neue alte Trainer auch hier anders: Er ließ sein Team in einem Tannenbaum antreten, sehr ähnlich dem, mit dem er mit Schalke im Pokal-Halbfinale die Bayern düpiert hatte.

Und zwar nicht nur von der Formation, sondern auch von der Aufgabenverteilung. So spielte Grafite ganz vorne, Diego versetzt dahinter, und zwar zumeist eher rechts versetzt – so wie Jurado vor drei Wochen. Am interessantesten agierte aber Cícero: Der Brasilianer ließ sich, wie schon Farfán gegen die Bayern, gegen den Ball oft in die Viererkette zurückfallen. Gutes Verständnis mit Makoto Hasebe war hierbei Voraussetzung, das funktionierte aber ganz gut. Wohl auch, weil Hasebe seinen Landsmann Okazaki, mit dem er ja den Asiencup gewonnen hatte, sehr gut kennt. Hasebe hatte die Aufgabe, zum einen Cícero nach vorne zu lancieren, und auch Schäfer defensiv unter die Arme zu greifen.

Obwohl Okazaki und Gebhart sehr oft die Seiten wechselten und die Wolfsburger so zu verwirren versuchten, machte aber vor allem Okazaki keinen Stich. Die Raumaufteilung in der Zentrale funktionierte bei Wolfsburg deutlich besser: Mit Josué tief, Riether und Hasebe flexibel auf den Halbpositionen, mit einem gut nach hinten arbeitenden Cícero und dem unberechenbaren Diego war das Zentrum der Wölfe jenem von Stuttgart klar überlegen.

Stuttgart personell heftig angeschlagen

Der VfB pfiff aus dem letzten Loch. Zwar konnte Timo Gebhart den gesperrten Martin Hanik recht passabel ersetzen (er bemühte sich und arbeitete sehr viel), aber ohne den verletzen Tamás Hajnal als Spielgestalter fehlte den Stuttgartern der wohl entscheidende Puzzlestein im Aufschwung der letzten Wochen, in denen der VfB zuletzt drei Spiele in Serie gewinnen konnte  – unter anderem vor zwei Wochen Schalke 04 unter Felix Magath.

Statt des Ungarn rückte Christian Gentner ins zentrale offensive Mittelfeld, konnte dort aber keinerlei Akzente setzen. Gentner – 2009 ebenfalls in Magaths Wolfsburger Meistermannschaft –  ist ein guter defensiver Mittelfeldspieler, kann auch auf der linken Außenbahn spielen, ist aber kein Zehner. Das merkte man, das SPiel lief komplett an ihm vorbei. So rückten Gebhart und Okazaki in der Bewegung nach vorne früher ein als gewohnt.

Nach einer halben Stunde verletzte sich zu allem Stuttgarter Unglück auch noch Zdravko Kuzmanovic am Knie. Er musste raus und mit der Einwechslung von Élson wurde auch Gentner von seiner Qual als Zehner erlöst: Der Brasilianer überbahm diese Rolle, und Gentner jene von Kuzmanovic.

Wolfsburg geht aus dem Nichts in Führung

Was zum Spiel generell gesagt werden muss: Es war schrecklich. Keines der beiden Teams brachte mehr als drei Pässe hintereinander an den Mann, der Spielaufbau wirkte vor allem beim VfB ohne Hajnal planlos. Die Wolfsburger hatten im Spiel nach vorne mit der neuen Formation mehr zu kämpfen als mit dem Gegner, es gab viele kleine Missverständnisse und viele leichte Abspielfehler.

Wolfsburg machte zwar den etwas weniger nervösen Eindruck, als sich Grafite in Minute 39 gegen Niedermeier durchsetzte und das 1:0 markieren konnte, kam das dennoch etwas aus heiterem Himmel. Doch die Entstehung passte zum Spiel: Ein von Celotti abgelenkter Ball von Hasebe fand den bulligen Brasilianer in der Mitte, der mit gutem Einsatz den Verteidiger abschüttelte.

Stuttgart fehlen die Mittel zu reagieren

Bei den Gastgebern kam in der Pause Boulahrouz für den unsicherern Tasci, am Spiel änderte sich aber nur wenig. Vor allem an dem der Schwaben. Denn Wolfsburg hatte mit der Führung im Rücken einiges an Sicherheit gewonnen und Jan Polák, der in der Halbzeit für Hasebe gekommen war, konnte mit erhöhtem Laufpensum zusätzlich Verwirrung stiften. Auch die besseren Chancen hatten weiterhin die Wolfsburger, mit dem starken Koreaner Koo Ja-Cheol kam nach einer Stunde zudem ein frischer Mann statt Cícero, der ein horrendes Laufpensum absolviert hatte.

Halb durch die zweite Hälfte reagierte Stuttgart-Trainer Labbadia – wie Magath bei Wolfsburg schon der dritte Trainer des Teams in dieser Saison – und wechselte Sven Schipplock (für Celozzi) ein. Jenen Joker, der erst letzte Woche mit seinem späten Tor den 2:1-Sieg bei St. Pauli ermöglicht hatte. Das hieß: Zwei echte Spitzen! In der Grundordnung war es nun ein 4-4-2, aber tatsächlich so auf dem Platz stand das kaum. Denn in den letzten 20 Minuten praktizierte Stuttgart nur noch das Prinzip Brechstange.

Wolfsburg verschlampt die Entscheidung

Boulahrou rückte nun aus der Innenverteidigung weit auf, die Außenverteidiger ebenso, dafür rückten Okazaki und Gebhart ein. Das hieß: Vorne standen sich mitunter vier Spiele auf den Füßen und warteten auf Zuspiele, die sich hauptsächlich auf vor das Tor gedroschene hohe Bälle beschränkten. Mit dem Nebeneffekt, dass der VfB hinten offen war wie ein Scheuentor: Alleine in den letzten zehn Minuten fuhr Wolfsburg drei Konter in Überzahl. Grafite und Diego verschlampten diese riesigen Möglichkeiten, den Sack zuzumachen, aber auf die fahrlässigste Art und Weise. Wolfsburg spielte, als wäre man 3:0 in Front und es könne nichts mehr passieren.

So kam in der 94. Minute, was trotz der Harm- und Einfallslosigkeit von Stuttgart beinahe kommen musste: Ein Zuspiel von Gentner nahm der in den gegnerischen Strafraum aufgerückte VfB-Innenverteidiger Georg Niedermeier technisch brillant auf und er hämmerte den Ball an Lenz vorbei zum äußerst glücklichen Ausgleich! Was aber noch nicht der Schlusspunkt war. Den setzte im Gegenzug Grafite. Indem er eine weitere Riesenchance vergab, das Spiel doch noch zu gewinnen…

Fazit: Wolfsburg klar verbessert, Stuttgart im Glück

Auch, wenn am Ende nur ein 1:1 für Felix Magath heraus schaute: Die Wölfe zeigten sich gegenüber den teils haarsträubenden Leistungen der letzten Wochen und Monate deutlich verbessert. Auch, wenn vieles noch nicht rund lief und es noch einige Abstimmungsprobleme gab, zeigte die Mannschaft doch, dass sie besser ist als jener vorletzte Platz, auf dem sie weiterhin liegt. Zufrieden kann der neue Trainer dennoch nicht sein, denn wenn Disziplin-Fanatiker Magath etwas überhaupt nicht leiden kann, sind es Nachlässigkeiten. Wie jene schlecklich ausgespielten Konter in der Schlussphase, die den Sieg für die Wölfe sichern hätten müssen.

Stuttgart zeigte weiterhin keinen echten Abstiegskampf-Fußball mit vollstem Einsatz. Das wurde in den letzten Wochen mit einigen wichtigen Siegen belohnt, war gegen die wesentlich galliger auftretenden Wölfe aber nicht das richtige Rezept. Zumal mit Harnik und vor allem Hajnal zwei Schlüsselfiguren im Spiel nach vorne fehlten. So beschränkte sich, als es wirklich darauf ankam, das Spiel nach vorne auf lange Bälle und der späte Ausgleich war ebenso glücklich wie unverdient. Doch wenn man auch aus schlechten Spielen einen Punkt mitnimmt, ist man im Abstiegskampf auf einem guten Weg.

(phe)

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Schlechte Bayern legen Schalke das Pokalfinale unter den Tannenbaum https://ballverliebt.eu/2011/03/03/schlechte-bayern-legen-schalke-das-pokalfinale-unter-den-tannenbaum/ https://ballverliebt.eu/2011/03/03/schlechte-bayern-legen-schalke-das-pokalfinale-unter-den-tannenbaum/#comments Thu, 03 Mar 2011 11:20:32 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4247 Schlechte Bayern legen Schalke das Pokalfinale unter den Tannenbaum weiterlesen ]]> Zum ersten Mal seit zehn Jahren verlieren die Bayern zwei Heimspiele hintereinander – und das 0:1 im Pokal-Semifinale gegen Schalke resultierte aus einer wirklich schlechten Leistung gegen das zu Beginn erstmals in einem 4-3-2-1-Tannenbaum-System agierende Schalke.

Bayern München - Schalke 04

Felix Magath musste auf den am Knie verletzten Klaas-Jan Huntelaar verzichten – und in Ermangelung einer echten Klasse-Alternative und angesichts der Tatsache, dass es sich um ein Auswärtsspiel bei den Bayern handelte, stellte der Schalke-Trainer um: Er verzichtete ganz auf einen zweiten Stürmer und ließ Raúl alleine an vorderster Front spielen und fand dafür neue Rollen für Farfán und Jurado, die im 4-4-2 üblicherweise die Außenpositionen im Mittelfeld besetzten: Die beiden Spielten in den Halbpositionen hinter Raúl in einem 4-3-2-1. Dahinter platzierte Magath drei statt der üblichen zwei defensiven Mittelfeldspieler: Kluge rechts, Annan links, und Matip als etwas tiefer stehender Sechser.

Das stellte sich nach vorne natürlich als – im wahrsten Sinne des Wortes – flügellahm dar, stellte die Bayern aber durchaus vor Probleme. Bei den Münchnern rückte gegenüber dem 1:3 gegen Dortmund Schweinsteiger von der tief stehenden Sechs auf die Achterposition, dafür übernahm Luiz Gustavo die Rolle vor den Innenverteidigern (diesmal Tymoschuk und Breno). Ribéry und vor allem Robben taten sich gegen die sehr tief stehenden Gegenspieler aber sehr schwer: Gerade Robben fand gegen Sarpei und den oft nach außen rückenden Annan überhaupt keine Bindung zum Spiel, da war auch Lahm keine große Hilfe.

Ein mindestens ebenso großes Problem wie der Spielaufbau waren bei den Bayern aber die Defensiv-Standards. Die Zuordnung klappte überhaupt nicht, bzw. agierten die Bayern dabei sehr passiv. So schwammen sie nach einer Viertelstunde bei zwei Ecken schon bedenklich, ehe es bei der dritten dann fast folgerichtig einschlug: Schweinsteiger versuchte nicht einmal, gegen Höwedes ins Kopfball-Duell zu gehen, sein Pass fand Raúl, und der Spanier traf zum 1:0 für die Schalker.

Schalke zieht sich weiter zurück

Schalke stellt auf 4-4-2 um

Die Reaktion der Bayern? Erstmal keine. Auffällig war aber, dass Ribéry auf seiner Seite zielgerichteter agierte als Robben auf der anderen, und die eine oder andere Flanke segelte tatsächlich in den Strafraum. Mit der Führung im Rücken tat sich Magath wohl nicht allzu schwer, die Formation zu adaptieren. Farfán tauschte mit Jurado immer mehr die Position und stellte sich erst halbrechts, und rückte in der Folge auf die Position im rechten Mittelfeld. Schalke spielte nun mit einem recht klassischen 4-4-2 (bzw. einem 4-4-1-1 mit Jurado als hängender Spitze). Uchida fühlte sich mit der Hilfe von Farfán nun deutlich wohler und Ribéry wurde nun auch gut in Schach gehalten.

Der Spielaufbau bei den Hausherren gestaltete sich äußerst behäbig und es fehlte eklatant am Tempo – daran änderte sich auch nichts, als mit Kroos ein neuer Sechser kam (für Tymoschuk eingewechselt, Luiz Gustavo ging in die Innenverteidigung). Die exzellente Raumaufteilung bei Schalke zwang die ohnehin plan- und vor allem lustlos wirkenden Bayern zu ewigem Hin- und Hergeschiebe des Balles mit elf Schalkern hinter selbigem. Vor allem nach einer deutlich schwungvolleren Anfangsphase der zweiten Hälfte verebbten die Bayern zusehens.

Bayern einfach schlecht

Schalke spielte defensiv sehr ansprechende Partie, profitierte aber davon, dass die Bayern schlicht und einfach eine wirklich schlechte Partie ablieferten. Die Offensivspieler standen oft 40 Meter vor Luis Gustavo, Breno und Kroos, die von hinten heraus ebenso händeringend wie vergeblich nach sich anbietenden Mitspielern ausschau hielten. Und vorne fehlte es massiv an der Bewegung – keiner in der Bayern-Offensive suchte freie Räume oder versuchte, durch vermehrte Laufarbeit solche zu schaffen.

So musste zwar Manuel Neuer dann und wann eingreifen, wirklich gefährlich wurden die Bayern aber nur sehr vereinzelt. Ein Extralob muss man im Gegensatz dazu (einmal mehr) an Raúl aussprechen: Wie sich der 33-jährige Spanier für keinen Weg zu schade wie, wie er mit seinem Pressing die gegnerische Spieleröffnung permanent stört, wie er mannschaftsdientlich spielt und dazu noch (heute weniger, aber allgemein) Torgefahr ausstrahlt, ist bewundernswert.

Fazit: Schalke solide, Bayern behäbig

Der einzige taktisch interessante Punkt dieser Partie war die Startformation von Schalke – das 4-3-2-1 um das Fehlen von Huntelaar zu kompensieren und dazu defensiv gut zu stehen. Das Team von Felix Magath legte es sichtbar von Anfang an darauf an, den Bayern den Ball zu überlassen, hinten gut zu stehen und vorne auf einen Geniestreich und/oder eine Standardsituation zu hoffen.

Die Belohnung dafür war ein 1:0-Sieg und trotz der an sich verkorksten Saison mit einiger Wahrscheinlichkeit doch noch ein Platz im internationalen Geschäft. Denn dass die Königsblauen im Finale am 21. Mai gegen Zweitligist Duisburg klarer Favorit ist, steht wohl außer Frage.

Bei den Bayern hingegen muss man sich durchaus Sorgen machen: War man am Samstag gegen Dortmund noch einer klar besseren Mannschaft unterlegen – was ja mal passieren kann – so war diese Leistung gegen eine ordentliche, aber sicher nicht überragend aufgeigende Schalke Mannschaft schlecht bis unterirdisch. In dieser Form wird’s nicht nur in der für die CL-Plätze wichtigen Partie am Wochenende bei Überraschungsteam Hannover schwer – sondern vor allem im Rückspiel gegen Inter Mailand. Langsam aber sicher wackelt Louis van Gaal immer bedenklicher.

(phe)

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Magath macht Raúl zum Manndecker https://ballverliebt.eu/2011/02/04/magath-macht-raul-zum-manndecker/ https://ballverliebt.eu/2011/02/04/magath-macht-raul-zum-manndecker/#comments Fri, 04 Feb 2011 22:22:15 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=3993 Magath macht Raúl zum Manndecker weiterlesen ]]> Schalke erkämpft sich ein 0:0 im Revierderby beim designierten Meister Dortmund – was zum einen an sensationellen Paraden von Torhüter Neuer liegt. Zum anderen aber auch an Felix Magath, die dem vor der Pause groß aufspielenden BVB den Wind aus den Segeln nahm – indem er Raúl zum Manndecker machte.

Borussia Dortmund - FC Schalke 04 0:0 (1. Hälfte)

Überlegener Tabellenführer, angepeitscht von einem rappelvollen Stadion, gegen einen der großen Under-Achiever der Saison. Oder kurz: Dortmund gegen Schalke – das emotionsgelandeste Derby der deutschen Bundesliga. In dem Dortmund (mit Santana statt des gesperrten Subotic in der IV) von Anfang an das gewohnte Spiel aufzog: Extremes Pressing, Druck über die Außen, hohes Tempo. Die Schalker kamen damit überhaupt nicht zu Recht und machten sofort Fehler: Metzelder beim Herausrücken (3.), Höwedes bei einer Freistoßflanke (5.), Schmitz im Laufduell mit Blaszczykowski (7.) – schon nach sieben Minuten hatte Dortmund drei gute Chancen. Schalke? Mit einem Panikorchester vergleichbar.

Die Schwachpunkte in dieser Phase aufzuzählen, dauert. Zum einen haben sich die Dortmunder sofort auf den kleinen Anthony Annan eingeschossen. Der Sechser, der neu aus Trondheim gekommen war, ist erst ein paar Tage bei der Mannschaft, und wurde dennoch sofort in so ein emotional aufgeladenes Spiel vor so einer Kulisse geworfen. Und in diesem sah er sich dann auch noch sichpermanent mit minimum zwei (meistens drei) in vollem Tempo auf sich zustürmenden Dortmunder konfrontiert… Kein Wunder, dass Annan, der ja eine mehr als anständige WM gespielt hat, nach zehn Minuten mit den Nerven erst mal durch war.

Dann war da diese Schwäche über die Außen, vor allem die linke Schalker Abwehrseite war ein Torso. Was nicht nur an Lukas Schmitz lag, der Jakub Blaszczykowski permanent hinterher lief, sondern zu einem großen Teil auch an José Manuel Jurado vor ihm. Der Spanier nahm überhaupt nicht am Spiel teil und Defensivarbeit schien ihn erst recht nicht zu interessieren. So rückte Schmitz zwar programmgemäß immer wieder ein, um im Strafraum die Räume eng zu machen, aber Jurado ließ Blaszczykowski immer wieder gewähren. Der Pole stieß erbarmungslos in die riesigen entstehenden Räume und Schmitz musste jedesmal wieder rausrücken. Und war natürlich immer einen Schritt zu spät.

Ähnlich sah die Sache auf der anderen Seite aus: Farfán, der ja unbedingt wegwollte, den Hals vor lauter Gehaltsforderungen aber nicht vollbekam und bleiben musste, hatte überhaupt keine Bindung zum Spiel. Der giftige Großkreutz konnte das aber nicht in dem Maße nützen wie das Blaszczykowski konnte, weil sein Gegenspieler Uchida – vollgepumpt mit dem Selbstvertrauen eines Asiencup-Siegers – sehr viel besser mit der Situation umging als Schmitz.

Aber nicht nur die Flügelspieler waren abgemeldet, auch die beiden zentralen Defensivspieler machten einen eher chaotischen Eindruck. Ja, Annan fing sich nach anfänglicher Nervosität, aber er und Kluge waren außerstande, dem Dortmunder Mittelfeld irgend etwas entgegen zu setzen. So konnte nicht nur Götze ziemlich tun, was er wollte, sondern auch Sahin und Bender konnten mit Tempo aus der Tiefe kommen – weil es ein offensives Mittelfeld bei Schalke, um das man sich kümmern könnte, schlicht nicht gab.

So hatte Dortmund in der erste Halbzeit nach Belieben im Griff und kam zu zahlreichen Chancen – es war nur einem grandiosen Manuel Neuer zu verdanken, dass Schalke bis zur Halbzeit das 0:0 halten konnte. Selbst Aktionen nach vorne starten? Na, das gab’s bei den Königsblauen in der ersten Halbzeit überhaupt nicht. Mal ein Energieanfall von Farfán (der einzige), mal ein Freistoß von der Seitenlinie, mal ein Weitschuss. Aber zu konstruktivbem Aufbau kam Schalke in keinster Weise.

Magath funktioniert Raúl um

Dortmund - Schalke 0:0 (2. Halbzeit)

Schalke-Trainer Felix Magath sah natürlich, dass vor allem sein Mittelfeld heillos überfordert und von der Raumaufteilung her schlicht komplett falsch aufgestellt war. So stellte er für die zweite Halbzeit um – nicht personell, aber von der Formation: Annan spielte nun einen sehr tief stehenden Solo-Sechser und kümmerte sich ziemlich Mann-zu-Mann um Mario Götze, Kluge rückte nach vorne und gab nun einen zentralen offensiven Mittelfeldspieler – so wurde aus dem Schalker System ein 4-1-3-2. Die wichtigste Änderung aber betraf Raúl.

Raúl war nun nicht mehr vordergründig die hängende Spitze, sondern hatte einen ganz expliziten Defensiv-Auftrag: Er engte nun die Kreise von Nuri Sahin ordentlich ein, war somit de facto der vorderste Abwehrspieler seiner Mannschaft. Das zeigte massiv Wirkung bei Dortmund: Dass mit Götze und Sahin die beiden wichtigsten Spieler in der Gestaltung nun an der kurzen Leine von Kettenhunden waren, behagte dem BVB überhaupt nicht.

Zudem kam hinzu, das Schalke nun auch deutlich aggressiver den Ballführenden attackierte und den Mittelfeld der Dortmunder kaum noch Zeit fand, durchdachte Angriffe aufzubauen. Andererseite hatte Schalke aber nun mit Kluge einen einigermaßen freien Mann, der sich im Zentrum viel bewegte und sich als Anspielstation im Aufbau immer anbot. Bis auf eine tolle Chance von Jurado (77.) zwar kaum echte Torchancen, hielt den Gegner aber deutlich besser unter Kontrolle als das noch in der ersten Halbzeit der Fall war.

Dennoch brauchte es einen Manuel Neuer in Gala-Form, um dem Team von Felix Magath das 0:0 zu retten – wie bei seinem riskanten Auflug gegen Lewandowski zu klären (78.), dann holzte Götze den Matchball an den Pfosten (84.). Aber weil Jürgen Klopp auch mit seinen Wechseln keine Antwort fand – er wechselte Lewandowski (für Großkreutz) und Zidan (für Blaszczykowski) ein, änderte aber das System nicht – gelang es seiner Mannschaft auch nicht, in der zweiten Hälfte annähernd jenen Druck aufzubauen, den es vor allem in der ersten halben Stunde gegeben hatte. Welshalb es schließlich beim 0:0 blieb.

Fazit: Magath reagiert klug, Neuer Weltklasse, Raúl unbesungener Held

Keine Frage, für den überlegenen Tabellenführer Dortmund sind es zwei verlorene Punkte auf dem Weg zur längst sicher scheinenden Meisterschaft. Das lag zum einen an der schludrigen Chancenverwertung, zum Anderen aber auch an den guten Umstellungen von Felix Magath in der Halbzeit. Sein Schachzug, Annan gegen Götze und vor allem Raúl gegen Sahin als Kettenhunde einzusetzen, brachte Dortmund so sehr aus dem Rhythmus, dass sich Schalke deshalb durchaus nicht ganz unverdient einen Punkt mitnehmen kann.

Die erste Hälfte hat gezeigt, warum Dortmund so weit vorne ist und warum Schalke den Ansprüchen weit hinterher hinkt. Die zweite Hälfte war indes ein Indiz dafür, wie Dortmund zu packen wäre und dass mit einer klugen Umstellung eines Trainers ein ganzes Spiel einen anderen Verlauf nehmen kann. Und, dass Raúl nicht nur ein erfahrender Offensivspieler ist, sondern auch ein Arbeiter im Dienste der Mannschaft sein kann. Weshalb man ihn neben dem großartigen Neuer durchaus als Mann des Spiels bezeichnen kann.

(phe)

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