Kroatien – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Sat, 10 Dec 2022 23:06:43 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 WM 2022-Halbfinale: Ohne Neymar, Ronaldo und England (Podcast) https://ballverliebt.eu/2022/12/11/wm-2022-halbfinale-ohne-neymar-ronaldo-und-england-podcast/ https://ballverliebt.eu/2022/12/11/wm-2022-halbfinale-ohne-neymar-ronaldo-und-england-podcast/#respond Sat, 10 Dec 2022 23:06:42 +0000 Argentinien ringt die Niederlande nieder, Brasilien ringt Kroatien nicht nieder, Frankreich setzt sich gegen England durch und Portugal scheitert an Marokko. Ronaldos Tränen, Messis Genie und ein paar sehr fragwürdige Schiedsrichterentscheidungen gibt es in diesem Podcast.

Und die Innenansicht aus Nordamerika. Unser Supporter Florian Ederer schaltet sich aus den USA zu und liefert Expertise über die Entwicklungen im ersten ausgeschiedenen Kontinentalverband: dem CONCACAF. Wie ist das Abschneiden von Mexiko, Kanada und der USA zu bewerten und erklären? Die tragen ja 2026 gemeinsam die nächste WM aus.

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Viele prominente Opfer im EM-Achtelfinale – und die zufriedenen Österreicher https://ballverliebt.eu/2021/07/01/viele-prominente-opfer-im-em-achtelfinale-und-die-zufriedenen-oesterreicher/ https://ballverliebt.eu/2021/07/01/viele-prominente-opfer-im-em-achtelfinale-und-die-zufriedenen-oesterreicher/#comments Thu, 01 Jul 2021 07:23:44 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17628 Viele prominente Opfer im EM-Achtelfinale – und die zufriedenen Österreicher weiterlesen ]]> Weltmeister Frankreich weg. Europameister Portugal weg. WM-Finalist Kroatien weg. Deutschland weg. Holland weg. Die großen Namen purzelten in überwiegend attraktiven und spannenden Achtelfinal-Spielen reihenweise aus der EM raus. Sechs der acht Teams hadern mit dem Ausscheiden an sich, eines mit der Art und Weise – nur in Österreich konnte man nach dem knappen Aus gegen Italien lächeln.

Frankreich: Zu viel Handbremse, interner Zwist

Mit zurückhaltendem Abwarten und dem Tempo von Kylian Mbappé ist Frankreich vor drei Jahren Weltmeister geworden. Genauso hatte es Treainer Didier Deschamps auch bei der EM angelegt. So kontrollierte man Deutschland beim 1:0 ohne groß gefährdet zu werden. Das 1:1 in Ungarn wurde als Resultat eines unglücklichen Spielverlaufs abgehakt, das 2:2 gegen Portugal wiederum als selbstsicheres „Nur so hoch springen wie man muss“.

Der lasche Auftritt gegen die Schweiz – bei dem man noch von der Schippe zu springen schien, um dann doch zu kollabieren – offenbarte aber nicht nur die Probleme, wenn man es scheibar allzu sehr überzeugt von der eigenen Unschlagbarkeit angeht. Es offenbarte auch große zwischenmenschliche Differenzen innerhalb des Teams: Rabiot gegen Pogba, Varane gegen Pavard, beide gegen Pogba – und alle gegen Mbappé, wie es nach seinem entscheidenden Fehlschuss im Shoot-out schien.

Was funktionert hat? Die Rückholaktion von Karim Benzema hat für je zwei Tore gegen Portugal und Frankreich gesorgt. Paul Pogba hat den Platz, der ihm im Gegensatz zum schnelleren Klubfußball geboten wurde, für einige großartige Performances gesorgt – wiewohl er gegen die Schweiz abgetaucht ist. Wie es mit Didier Deschamps weitergeht? Der Verband wird ihn nicht liefern. Und er wird nicht so abtreten wollen.

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Deutschland: Schlusspunkt nach ziellosen Jahren

„Nicht so abtreten“ wollte auch Jogi Löw nach dem peilichen Vorrunden-Aus bei der WM 2018. Der in den Sand gesetzte Generationswechsel und drei Jahre ohne erkennbare inhaltliche Entwicklungsrichtung gipfelten nun aber in einem EM-Turnier, das irgendwo zwischen „eh okay“ und „nicht besonders“ angesiedelt ist. Keine Blamage eines Vorrunden-Aus (wobei man nur knapp daran vorbeigeschrammt ist), kein Befreiungsschlag in Form einer positiven Überraschung.

Das 0:2 im Wembley, die erste Pflichtspiel-Niederlage in Englands Fußball-Nationalheiligtum seit 55 Jahren, wird den DFB schmerzen, aber es wurde damit kein möglicher EM-Titel versenkt. Bis 2018 hatte man geglaubt, dass das Team in sich so gefestigt wäre, dass es über die verloren gegangene Avantgarde-Stellung der Bundesliga erhaben wäre. Spätestens 2021 weiß man, dass Löw es nicht schaffte, dem DFB-Team in der Post-Guardiola-und-Klopp-Ära bei Bayern und Dortmund eine starke Identität zu verleihen.

In drei Jahren steht für Deutschland eine Heim-EM an. Eigentlich muss Löws Nachfolger Hansi Flick der Mannschaft aber schon bis zur WM in eineinhalb Jahren ein neues Gesicht verliehen haben.

Portugal: Ronaldo UND Bruno? Schwierig.

Ist Bruno Fernandes nun der Nachfolger von Cristiano Ronaldo als offensives Gesicht und als „Spiritus Rector“ von Portugal? Was dieses Turnier jedenfalls deutlich gemacht hat: Dass es nicht mit Ronaldo UND Bruno Fernandes geht. Ob auf der Zehn (wie in Ungarn) oder auf der Acht (wie in Deutschland) oder auf der rechten Seite (wie nach seiner Einwechslung gegen Frankreich): Das Spiel läuft an Fernandes vorbei. Manchmal hatte man das Gefühl, er wird von den Mitspielern bewusst geschnitten. Die Zahlen scheinen das zu untermauern: Wurde Renato Sanches 68 Mal pro 90 Minuten angespielt und Moutinho, der dann statt Fernandes auf der halbrechten Acht spielte, 53 Mal, waren es bei Bruno Fernandes nur 38 Mal pro 90 Minuten.

Wie seit der K.o.-Phase der EM 2016 immer war das Spiel Portugal darauf basierend, keinen Blödsinn zu machen; aber doch spürbar mehr auf Ballkontrolle ausgelegt – dafür hat man ja grundsätzlich auch Spieler, sogar mehr als genug. Dieses Überangebot sorgte für ein Ungleichgewicht, das das sichtbar Ronaldo treu ergebene Team phasenweise aus der Balance kippen ließ, vor allem, als man gegen Belgien einem Rückstand hinterher jagen musste.

Die Defensivstruktur mit einer Sechserkette hinten (Jota und Bernardo Silva rücken weit zurück) und einer Raute davor war eine interessante Variante, welche die aber gerade auf den Außenbahnen bestehende defensive Wackeligkeit nicht kaschieren konnte. So war Portugal bei dieser EM defensiv nicht immer sattelfest und offensiv berechenbar, weil fast nichts ohne Renato Sanches im Mittelfeld ging und weil alles auf Ronaldo ausgelegt war.

Kroatien: Ein Turnier zu viel

Ohne erkennbare Gegenwehr haben die Kroaten gegen England 0:1 verloren, gegen Tschechien nach einer ebenso ambitionslosen ersten Hälfte noch ein 1:1 gerettet und im entscheidenden Gruppenspiel in Schottland war es vor allem die individuelle Klasse, die zum Sieg und damit zumindest noch zum Achtelfinal-Einzug geführt hat. Dort wurde man nach dem Geschenk zur 1:0-Führung zwar durchaus mutig, aber letztlich brauchte es doch wieder spanische Einladungen, um in die Verlängerung zu kommen.

Dieses kroatische mit Luka Modrić im Herzen ist drei Jahre nach dem WM-Finale, und das hat sich schon seit einiger Zeit angedeutet, über dem Zenit. Dejan Lovren war nur noch in zwei Spielen dabei, Sime Vrsaljko wurde nach zwei Matches von Polen-Legionär Juranović verdrängt, Vida ist auch nicht mehr der Jüngste, Perišić ebenso. Dem Team fehlte es massiv an Dynamik und Spritzigkeit. Man wirkte im ganzen, nun ja… alt.

Zu den Lichtblicken gehörte Joško Gvardiol, der nun zu Leipzig gehen wird und die Lösung für die langjährige Problemstelle links hinten sein dürfte. Nikola Vlašić (23) zeigte gute Ansätze, Mario Pašalić (26, bei Atalanta eher nur Mitläufer) war auch ganz okay, Luka Ivanušec (22) durfte phasenweise neben bzw. statt Modrić Regie-Luft schnuppern. Für Nachschub ist in der nahenden Post-Modrić-Ära also gesorgt. Wie gut dieser sein wird, muss sich erst noch zeigen.

Niederlande: Hoch gehandelt, früh gefallen

Die Rückkehr zum Turnierfußball nach sieben Jahren war für die Niederlande, wenn schon sonst nichts, dann wenigstens eine Standortbestimmung. Die relativ problemlose Gruppe überstand man ohne große Schrammen, was aber auch daran lag, dass Österreich schnell die Waffen streckte und Nordmazedonien schon vor dem Match ausgeschieden war. Einem farblosen tschechischen Team im Achtelfinale begegnete man auf Augenhöhe, zumindest bis zum Ausschluss von De Ligt.

Frenkie de Jong glänzte als Verbindungsspieler zwischen Abwehr und Angriff, aber die völlige Abwesenheit von strukturierter defensiver Unterstützung für die Dreierkette in der Abwehr ließ bei aufmerksamen Beobachtern schon beim 3:2-Auftaktsieg gegen die Ukraine die Alarmglocken schrillen. Denzel Dumfries glänze als Wing-Back im Vorwärtsgang, offenbarte aber große Schwächen in der Abwehrarbeit.

Die Truppe des mittlerweile zurückgetretenen Frank de Boer war eine nicht ausgewogene Mischung aus vielen Stilelementen. Flinke Offensivkräfte, aber versehen mit dem 1,97-m-Schrank Weghorst (bzw. dem international unerfahrenen Malen). Von hinten nach vorne kombinieren mit einem klar definierten Aufbauspieler, aber ohne einen Absicherung hinter ihm. Gerne mit Breite auf den Außenbahnen, aber mit viel Luft im Rückraum. Damit gewinnt man, wenn alles soweit nach Plan läuft. Das lässt einen aber schnell umfallen, wenn man mit Unwägbarkeiten konfrontiert wird.

Schweden: Sie könnten, wenn sie wollten

Die 25 Prozent Ballbesitz, mit denen sich Schweden beim 0:0 zum Start gegen Spanien begnügte, werden in Erinnerung bleiben – zumal man dank des trickreichen Isak das Match auch 2:0 gewinnen hätte können. Das todlangweilige 1:0 gegen die Slowakei, das folgte, war die ideale Berieselung für ein Nachmittagsschläfen. Nein, eine aufregende Mannschaft ist Schweden wahrlich nicht.

Aber dass die Schweden durchaus einen gepflegten Ball spielen können, zeigten sie schon auch. Wie Emil Forsberg das Achtelfinale gegen die Ukraine an sich gerissen hat und neben seinem Tor noch zweimal Latte bzw. Stange getroffen hat, war stark – unterstützt von bemerkenswert gut gedrillten Angriffsstrukturen um ihn herum. Diese taktische Disziplin ist generell, wie schon beim Viertelfinal-Einzug bei der WM 2018, die hervorstechende Eigenschaft der Schweden. Es wird einfach getan, was getan werden muss. Im Block verteidigen gegen Spanien. Gegner überrumpeln wie gegen Polen. Selbst nach vorne gehen wie gegen die Ukraine.

Der Gruppensieg, der den Schweden durch das Last-Minute-Siegtor gegen Polen und die zwei spanischen Punktverluste in den Schoß gefallen ist, bescherte den Trekronor die Ukraine. Dass man ausschied, lag eher am Schusspech und der roten Karte in der Verlängerung, denn das schlechtere Team war man nicht. „So fühlt sich das also an“, bilanzierte Aftonbladet-Kolumnist Simon Bank, „wenn man ein Spiel dominiert, es eigentlich in der Tasche hat und es von in gelb spielenden Glücksrittern weggeschnappt bekommt. Normalerweise sind das ja Schweden…“

Wales: Am Tropf von Gareth Bale

Ein Team aus durchschnittlichen Zweitliga-Spielern und einer Handvoll Erstliga-Reservisten, am Leben gehalten von der einsatzfreudigen Omnipräsenz von Gareth Bale und der guten Balltechnik von Aaron Ramsey: Bei allem Respekt, aber viel mehr ist Wales nicht. Spielte man sich vor fünf Jahren mit einem geschickten System, in dem die beiden mit Joe Allen alle Freiheiten hatten, ins Halbfinale, war das 2021 nichts Außergewöhnliches mehr.

Wie sehr allerdings Gareth Bale im walisischen Team-Dress aufgeht, ist sehr wohl sehenswert. Er ist nicht nur auf dem Flügel zu finden, sondern rückt auch ein, lässt sich fallen, geht in den Zehnerraum oder zuweilen sogar in die Spitze; er erkennt den Raum und stößt hinein, er sieht gut postierte Mitspieler und setzt sie ein. Bales Auftritt beim überzeugenden Sieg über die Türkei wird eine der großen individuellen Leistungen bei diesem Turnier bleiben.

Nach dem etwas glücklichen 1:1 gegen die Schweiz, dem angesprochenen 2:0 gegen die Türkei und dem 0:1 gegen Italien (wo Wales in einem 5-2-1-2 mit Bale neben James in der Spitze spielte) hielt man so das Achtelfinale gegen Dänemark eine halbe Stunde lang offen; einmal in Rückstand, hatte man aber nichts mehr zuzusetzen. Nach dem Aus im Achtelfinale grämt man sich über die zwei späten Gegentore, die aus einem entschiedenen Spiel ein 0:4-Debakel werden ließen. Aber mehr als das Achtelfinale hat Wales in dieser Form auch nicht verdient.

Österreich: Die Kurve bekommen

Nach dem 0:4-Debakel im März gegen Dänemark und kreuzbiederen Vorbereitungsspielen war die Euphorie auf dem Nullpunkt und die Erwartungshaltung gering. Zumindest das Match gegen Mazedonien sollte man bitteschön gewinnen, dann hätte man sich wenigstens nicht blamiert. Dann gab es diesen 3:1-Erfolg über den Debütanten sogar. Es folgte ein 0:2 in Holland, in seiner ganzen Ideen- und Antriebslosigkeit eine geradezu erschütternde Vorstellung.

Aber das ÖFB-Team hat die Kurve noch bekommen. Man überrannte ein ukrainisches Team, das sich auf einen gemütlichen Nachmittag eingerichtet hatte, an dem ein Remis beiden Mannschaften zum Aufstieg reichen würde. Und nachdem man erstmals seit 39 Jahren die Vorrunde einer WM- oder EM-Endrunde überstanden hatte, lieferte man Italien einen großen Kampf mit offenem Visier, den man genauso gut gewinnen hätte können.

David Alaba glänzte als Linksverteidiger, indem er seinen Gegenspieler abmontierte. Grillitsch glänzte auf der Sechs, Marcel Sabitzer arbeitete viel, Konrad Laimer gefiel auf ungewohnter Position; Aleksandar Dragovic versöhnte sich dank starker Darbietungen nach seiner individuellen Katastrophe von 2016 mit der EM.

Obwohl das bloße Resultat das Erreichen des Minimalzieles war – also das Achtelfinale – kann Österreich zufrieden auf das Turnier zurückblicken, zumal nach dem Kollaps von 2016. Ob der plötzliche Mut, den Franco Foda seinen Spielern gegen die Ukraine und Italien zugestand, nun der Beginn eines Trends ist oder doch nur ein Strohfeuer, wird der anstehende WM-Quali-Herbst zeigen.

Fazit: Viele Favoriten weg, dennoch einige übrig

Da können die beiden letzten Weltmeister, der Vize-Weltmeister und der EM-Titelverteidiger den Sprung unter die letzten Acht verpassen – und es sind immer noch mit Italien, Spanien, Belgien und England vier echte Schwergewichte übrig; die sich nun mit den auf der Welle reitenden Dänen, den nimmermüden Schweizern sowie den Überraschungsgästen Ukraine und Tschechien um den Titel streiten. Europa ist ohnehin im Weltfußball in den letzten 15 Jahren so dominant wie noch nie zuvor, und dann zeigt diese EM auch noch die Tiefe auf.

Da reichen auch für große Namen gegen vermeintlich in Relation schwächere Teams wie Schweiz oder Tschechien Nachlässigkeiten, um zu Stolpern. Wenn die klare Idee von der eigenen Spielweise fehlt oder wenn ein eigentlich guter Spieler nicht ins Teamgefüge aufgenommen wird. Manche, wie Italien und Spanien, haben sich noch einmal aus dem teilweise selbstverschuldeten Sumpf herausgezogen.

Darum sind diese Mannschaften auch noch im Rennen um den EM-Titel.

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Europas Große bei der WM 2018: Dominanz trotz zwei Totalausfällen https://ballverliebt.eu/2018/07/16/wm-2018-bilanz-europa-frankreich-kroatien-belgien-england-spanien-portugal-deutschland-italien-holland/ https://ballverliebt.eu/2018/07/16/wm-2018-bilanz-europa-frankreich-kroatien-belgien-england-spanien-portugal-deutschland-italien-holland/#comments Mon, 16 Jul 2018 17:18:47 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15055 Europas Große bei der WM 2018: Dominanz trotz zwei Totalausfällen weiterlesen ]]> Einer von Europas Schwergewichten war gar nicht dabei (Italien), ein weiteres ist in der Vorrunde gescheitert (Deutschland), die Sieger der letzten drei EM-Turniere (Spanien und Portugal) haben es nur bis ins Achtelfinale geschafft – und dennoch kamen alle vier Halbfinalisten bei diesem WM-Turnier aus Europa.

Die Vorherrschaft des alten Kontinents war 2018 in Russland so erdrückend wie selten zuvor. Frankreich darf sich ab sofort einen zweiten Stern in sein Verbandslogo stellen. Aber auch Kroatien, Belgien und England gehen allesamt mit gestärkten Positionen aus dieser WM hervor.

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LINK-TIPP: Europas Große bei der WM 2014

Frankreich: Zum zweiten Mal Weltmeister

Dass es immer Spaß gemacht hätte, den Franzosen zuzusehen, könnte man nicht behaupten. Aber: Als erst drittes Team in der WM-Geschichte haben sie vier K.o.-Spiele in 90 Minuten gewonnen. Sie haben in vier der sieben Spiele kein Gegentor erhalten. Und wenn es notwendig war, stets selbst die Tore erzielt. Sie haben sich im Finale gegen Kroatien nicht eine einzige echte Torchance herausgespielt und dennoch 4:2 gewonnen.

Frankreich ist sicher ein korrekter Weltmeister. Sie haben, wenn es darauf ankam, die wenigsten Schwächen gezeigt. Sie lagen im ganzen Turnier nur in 8 von 679 gespielten Minuten im Rückstand. Und man hatte stets den Eindruck, dass man immer noch zusetzen könnte, wenn man müsste.

Die Grundausrichtung von Didier Deschamps war defensiv. Das ist angesichts der zur Verfügung stehenden Offensiv-Kräfte zwar etwas frustrierend, passt aber sehr gut zu Spielern wie Antoine Griezmann und vor allem Kylian Mbappé. Deren Tempo, kombiniert mit Olivier Giroud (der zwar null Torgefahr ausstrahlte, aber stets Gegenspieler band und somit Räume freimachte) und dem unauffälligen, aber hoch-effektiven Spiel von Paul Pogba – es funktionierte einfach. Dazu passt auch, dass mit Pavard und Hernández eher die defensivstärkeren Außenverteidiger gegenüber Sidibé und Mendy zum Einsatz gekommen sind.

Diese französische Generation ist nur ein Tor gegen Portugal vor zwei Jahren davon entfernt, nun Welt- UND Europameister zu sein. Und angesichts der Jugend des Weltmeisterteams und der enormen Qualität vieler Spieler, die es nicht einmal in den 23-Mann-Kader geschafft haben, spricht wenig dagegen, dass auch die kommenden Turniersiege nur über Frankreich gehen. Wie bei Spanien vor zehn Jahren. Wie bei den Franzosen selbst vor 20 Jahren.

Kroatien: Verdienter Finaleinzug

„Vizeweltmeister Kroatien“ klingt einerseits immer noch ein wenig seltsam. Andererseits hat das Vier-Millionen-Land vom Balkan in seinen Reihen Leistungsträger von Real Madrid, FC Barcelona, Juventus Turin, Inter Mailand, Atlético Madrid und Liverpool.

Zlatko Dalić, der als Spieler keine große Nummer war und als Trainer bislang auch nicht, hatte grundsätzlich zwei Formationen, unter denen er wählte. Die eine, gegen Nigeria und gegen Russland, war  ein 4-2-3-1 mit Modrić und Rakitić vor der Abwehr und Kramarić auf der Zehn. Es brannte wenig an, aber die Abstände im Aufbau waren oft zu groß. Viel besser funktionierte das 4-3-3, welches in allen anderen Spielen zum Einsatz kam: Hier agierte das kreative Duo höher und mit Brozović gab es eine Absicherung. Diese Raumaufteilung war die Basis zu jener Balance, welche die Kroaten auszeichnete.

Angesichts der Abwehr, die den individuell schwächsten Teil der Mannschaft darstellt, setzte Kroatien auf Ballbesitz (55 Prozent im Turnierverlauf – das ist der höchste Wert der Halbfinalisten und Platz 7 generell) und Luka Modrić war der Lenker, er hatte die Ideen, er verteilte die Bälle. Rebić (nur Tempo) und Perišić (Tempo und Technik) brachten die Pace in ein sonst eher von gemäßigter Geschwindigkeit geprägtes Team.

Kroatien stellte ein gut balanciertes Team, das unermüdlich kämpfte, in jedem der vier K.o.-Spiele im Rückstand lag, drei davon noch drehte und dabei dreimal über 120 Minuten musste. Man hat sich den Finaleinzug redlich verdient.

Belgien: Nuancen haben entschieden

Ähnlich wie Kroatien (bisherige Bestmarke: Platz drei 1998) hat auch Belgien mit dem Bronze-Rang (bisherige Bestmarke Vierter 1986) das beste WM-Resultat der Verbandsgeschichte erreicht. Vollauf verdient – und selbst im Halbfinale gegen Frankreich haben nur Nuancen gegen Belgien entschieden. Ein verlorenes Kopfballduell, ein nicht gegebener Freistoß. Und dann wird man eben „nur“ Dritter.

Roberto Martínez stellte die wohl spannendste Truppe der WM auf den Rasen. Aus dem gewohnten 3-4-3 heraus, zunächst mit De Bruyne neben Witsel in der Mittelfeld-Zentrale, war man gegen Panama und Tunesien überlegen, geriet im Achtelfinale gegen Japan aber schwer in die Bredouille. Erst, als der Teamchef Mertens opferte, De Bruyne nach vorne stellte und Marouane Fellaini für die Zentrale brachte, erhielt man Oberhand im Mittelfeld. Das schützte die eher langsame Abwehr (sicher am Ehesten die Schwachstelle) und belebte gleichzeitig die Offensive. Innerhalb einer halben Stunde wurde gegen Japan aus einem 0:2 ein 3:2.

Gegen Brasilien wurde De Bruyne als falsche Neun ins Zentrum gestellt und der Gegner bei Kontern aufgemacht – assistiert, wie schon gegen Japan, vom überragenden Romelu Lukaku. Seine Laufwege waren das mit Abstand Beste, was Spieler auf seiner Position an dieser Weltmeisterschaft zeigten. Dazu kam noch Eden Hazard, der (anders als noch unter Wilmots) mannschaftsdientlich arbeitete und gleichzeitig dennoch für individuelle Glanzpunkte sorgte. Und dass der großartige und unterschätzte Rechts-Verteidiger Thomas Meunier im Halbfinale gegen Frankreich gelbgesperrt fehlte, war auch ein wichtiger Faktor zur 0:1-Niederlage.

Martínez war sich auch nicht zu schade, auch mal Gegner in Manndeckung zu nehmen (wie Pogba, dem Fellaini im Halbfinale permanent auf den Füßen stand). Das asymmetrische Pendel-System zwischen 3-4-3 und 4-3-3 (mit Meunier bzw. Chadli, die gegen den Ball nach hinten rückten) neutralisierte viel von der brasilianischen bzw. französischen Offensive.

38 Jahre nach dem EM-Finale und 32 Jahre nach dem WM-Halbfinale (mit Ceuelemans, Gerets, Pfaff, Vercauteren und dem jungen Scifo) hat diese belgische Generation nun gezeigt, dass sie tatsächlich echte Weltklasse ist. Die Auftritte bei WM 2014 und EM 2016 hatten das ja lediglich andegeutet.

England: Das Ende der Lethargie

Fast ein Jahrzehnt lang waren die englischen Fans gegenüber ihrem Nationalteam in einer gewissen Lethargie versunken. Die bleiernen Jahre unter Roy Hodgson, der erst nur den Verfall verwaltete und dann die Verjüngung nur halbherzig anging, rissen auf der Insel niemanden mit.

Und dann wurde die FA zu ihrem Glück gezwungen. Nach dem ebenso schnellen wie unrühmlichen Ende der Amtszeit von Sam Allardyce legte man die Three Lions in die Hände von Gareth Southgate. Jener Spieler, dessen Elfer-Fehlschuss im Halbfinale der Heim-EM 1996 den Engländern mutmaßlich den Titel gekostet hat, krempelte alles um – vor allem die mentale Seite. Er ist der Meinung, dass man sich eben doch auf ein Elferschießen einstellen kann – und ließ es methodisch und psychologisch unterstützt trainieren.

Er verstand es, zwischendurch auch mal für Lockerheit im Team zu sorgen (wie die Plansch-Einlage mit den aufblasbaren Einhörnen), während es unter Capello schon mal halbe Meutereien gab, weil der Trainer Nutella vom Speiseplan gestrichen hat. Auf die Medien gingen Southgate und sein Team vor dem Team aktiv zu, nachdem man zwei Jahrzehnte – begonnen vor allem mit den Gascoigne-Eskapaden – ein feindseliges Misstrauen gehegt hatte.

Und: Es wurde intensiv an Standards gefeilt. Neun der zwölf Tore Englands fielen aus Freistößen, Eckbällen und Elfmetern. Spielerisch war man, das sagte Southgate nach dem verlorenen Platz-drei-Spiel auch selbst, sicher nicht unter den Top-4 des Turniers. Aber: Nun haben es Verband und auch Fans schwarz auf weiß, dass diese Generation durchaus Potenzial hat. Individuell sind sie wohl schwächer als in den Nuller-Jahren mit Gerrard, Lampard, Ferdinand, Beckham und Rooney. Aber die jetzigen Spieler sind teamfähiger.

Spanien: Sich selbst ins Bein geschossen

Das Kontrastprogramm zum demonstrativen, ruhigen Zusammenhalt im englischen Lager war die Delegation aus Spanien. Mit dem Rauswurf von Teamchef Julen Lopetegui zwei Tage vor dem ersten Spiel hat sich der Weltmeister von 2010 eindrucksvoll selbst ins Knie geschossen. Zumal hier keinerlei sportliche Gründe ausschlaggebend waren – Lopetegui hatte dem Team die lange vermisste Vertikalität zurück gegeben – sondern ausschließlich das gekrängte Ego von Verbands-Präsident Rubiales. Weil er vom bevorstehenden Wechsel des Trainers Real Madrid nur ein paar Minuten vor allen anderen informiert worden war.

Mit dem eilig installierten Hierro als Ersatz-Trainer ohne Detailwissen um die Pläne und Gedankengänge Lopeteguis kehrten die Spanier zu jenem Horizontal-Geschiebe ohne Drang nach vorne zurück, dessen Vorhersebarkeit und relativ leichte Kontrollierbarkeit ihnen schon in den späten Del-Bosque-Jahren immer wieder zum Verhängnis geworden war. Das fiel im wilden Auftakt-3:3 noch nicht so auf, mit Nachos Wundertor und Diego Costas individueller Bulligkeit. Aber schon gegen den Iran kam damit nur ein äußerst dünnes 1:0 heraus, gegen Marokko hätte Spanien schon beinahe verloren und in 120 Minuten gegen Russland spielte man zwar über 1.100 Pässe, blieb aber völlig harmlos und verlor dann auch noch das Elfmeterschießen.

2008, 2010 und 2012 hat Spanien die Turniere gewonnen. Das letzte Mal, dass Spanien bei einer anderen Endrunde als diesen dreien ein K.o.-Spiel überstanden hat, ist 16 Jahre her – ein Elferschießen-Sieg im Achtelfinale 2002 gegen Irland. Weiterin stellt Spanien einen der unbestreitbar besten Kader der Welt. Aber wie vor dem Titel-Hattrick ist man auch diesmal viel zu früh ausgeschieden.

Luis Enrique (der neue Teamchef) und José Francisco Molína (der neue Verbands-Sportchef) werden mittelfristig vor der Aufgabe stehen, das Team peronsell etwas umzubauen, schließlich stehen nach dem Rücktritt von Iniesta auch die internationalen Karrieren von langjähirgen Stützen wie Kapitän Ramos, Verteidiger Piqué und Offensiv-Allrounder David Silva tendenziell vor dem Ende. Der spanische Talente-Pool scheint unerschöpflich, aber gerade in der Defensive kommt gerade eher keine Weltklasse nach.

Portugal: Wenig Flair, wenig Blödsinn

Der Europameister hatte einst ein Überangebot an Offensiv-Superstars. Figo, Rui Costa, Deco, dann auch noch Cristiano Ronaldo – jetzt es es nur noch einer, und selbst der wird nicht jünger. Auch, wenn Ronaldo gerade für viel Geld zu Juventus Turin gewechselt ist: Viel mehr als die EM 2020 hat er wohl nicht mehr drin. Bei der WM in Katar ist Ronaldo knapp 38 Jahre alt.

Das gegenüber dem EM-Titel nur an zwei Positionen veränderte Team (Guedes statt Nani, Bernardo Silva statt Renato Sanches) zeigte sich wieder sehr solide und mit der Tendenz, keinen Blödsinn zu machen. Ein Ronaldo-Hattrick rettete das 3:3 gegen Spanien, dann verteidigte man den knappen Sieg gegen Marokko über die Zeit und gegen den Iran sah es bis kurz vor Schluss genauso aus. Im Achtelfinale zerschellte man an der individuellen Klasse von Cavani und der humorlosen Defensive aus Uruguay, aber das ist auch anderen schon passiert. Die Maßnahme, es gegen die Urus konsequent mit Flanken vor das Tor zu probieren, ist auf jeden Fall hinterfragenswert. Aber davon abgesehen kann sich Portugal nicht allzu viele Vorwürfe machen.

Und wie sieht es um die Zukunft aus? Gonçalo Guedes ist ein potenziell hoch-aufregender Spieler, der vor allem über die linke Außenbahn Weltklasse sein kann. Bernardo Silva gehört rechts zum Stammpersonal von Manchester City. Diese beiden können das Team ein Jahrzehnt tragen. Mehr als ordentlicher europäischer Durschnitt ist der Rest zwar sicher nicht. Aber das war es vor zwei Jahren beim EM-Titel auch nicht – und doch holte man den Titel. Weil Portugal ein gut coachbares Team ist und man im Verband auch immer ein Händchen für passende Teamchefs hat. Der Superstar-Streichler Scolari, der frech spielende Bento, der pragmatische Santos.

Santos hat einen Vertrag bis zur EM 2020 und der Verband steht zu diesem Kontrakt. Sollte sich Ronaldo – mit 154 Einsätzen Portugals Rekord-Teamspieler – entschließen, dass er schon jetzt seine internationale Karriere zu beenden, kann Santos‘ Pragmatismus der richtige Ansatz sein, oder aber genau der falsche. Dies ist eine Frage, die der portugiesische Verband für sich selbst beantworten wird müssen. Spätestens in zwei Jahren.

Deutschland: Zu selbstzufrieden und mit Wirbel

Da fliegt der Titelverteidiger nach der Vorrunde nach Hause und es wird über alles diskutiert, nur nicht über das Sportliche. Dass Sportdirektor Bierhoff und DFB-Präsident Grindel nun der Öffentlichkeit Özil nach dem Turnier als Sündenbock zum Fraß vorwerfen, nachdem sie selbst vor dem Turnier den Umgang mit den Erdogan-Fotos mit-verbockt haben. Über das teflon-hafte, überbordende Marketing-Blabla, mit dem Bierhoff das DFB-Team einhüllt. Darüber, ob es richtig ist, die Weiterarbeit von Löw einfach so durchzuwinken.

Tatsache ist jedenfalls: Dem Ballbesitz-Spiel fehlte die defensive Absicherung, weswegen Deutschland anfällig für Konter wurde. Das hat Mexiko gnadenlos ausgenützt, auch gegen Schweden geriet man deswegen in Rückstand. Das Offensivspiel an sich mit 67 Prozent Ballbesitz war gar nicht so sehr das Problem. Ja, man hatte Schwierigkeiten, massierte Defensiven wie jede der Schweden und der Koreaner auszuspielen. Aber: Der Expected-Goals-Wert ist der sechstbeste aller Teams in der Vorrunde. Mesut Özil spielte – wenn man alle Ressentiments bezüglich seines Verhaltens vor und während des Turniers beiseite schiebt  sich nicht von seiner Körpersprache täuschen lässt – ein sehr ordentliches Turnier. Andere aber nicht.

Sami Khedira war ein Haupt-Baustein der fehlenden Absicherung nach hinten. Thomas Müller wirkte überspielt und über seinem Zenit. Timo Werner konnte gegen destruktive Kontahenten sein Tempo nie ausspielen. Es gibt keinen Linksverteidiger von internationalem Format. Warnzeichen vor der WM in Form von mäßigen Testspiel-Auftritten wurden nicht als Warnzeichen erkannt, weil mäßige Testspiele eher die Regel als die Ausnahme sind. Selbst nach dem 0:1 gegen Mexiko und dem Last-Minute-2:1 gegen Schweden schimmerte die Einstellung durch, dass man natürlich gegen Südkorea den nötigen Sieg einfahren würde, weil man eben Deutschland ist.

Das Team, welches im Kern seit 2010 zusammen spielt, ist nun an seinem Ende angelangt. Mehr über Hintergründe und ein kleiner Ausblick auf die unmittelbare Zukunft gibt es HIER.

Wer hat gefehlt?

Italien und Holland. Die Probleme der Italiener, die nach langem Überlegen nun Robert Mancini als neuen Trainer installierten, haben wir HIER schon ausführlich dargelegt.

Neuer niederländischer Bondscoach ist seit einem halben Jahr Ronald Koeman. Der ehemalige Everton, der Ajax und Eindhoven schon insgesamt drei holländischer Meistertiteln geführt hat, steht vor einer Mammutaufgabe. Seit bald einem Jahrzehnt ist der ständige Strom an neuen Oranje-Talenten weitgehend versiegt – für vier der letzten fünf U-21-EM-Endrunden hat man sich nicht qualifiziert.

In der WM-Quali wirkte die von Danny Blind Elftal ungecoacht, beging elementare taktische Fehler, war leicht auszurechnen und relativ easy zu neutralisieren. Die Niederländer mit dem höchsten internationalen Profil sind derzeit ein Innenverteidiger (Virgil van Dijk) und  ein Spieler, der bei seinem ersten Anlauf in der Premier League gescheitert ist (Memphis Depay), dazu noch Georgino Wijnaldum. Große Stücke hält man auf Nachwuchs-Talent Tahith Chong – der 18-jährige Außenstürmer mit der wuscheligen Frisur wird bei Manchester United an Premier-League-Niveau herangeführt.

Das Minimalziel kann es nur sein, sich nach zwei verpassten Turnieren – sowas hat es bei den Niederlanden seit 30 Jahren nicht mehr gegeben – zumindest mal wieder für die WM 2020 zu qualifizieren.

So geht es weiter

Alle diese sieben Teams spielen im Herbst in der Top-Gruppe der neuen Nations League um den Sieg in diesem Bewerb und um eine Hintertür, sollte die 2019 gespielte EM-Qualifikation in die Binsen gehen.

Weltmeister Frankreich trifft in seiner Dreiergruppe auf Deutschland und die Niederlange. Belgien bekommt es mit Island und der Schweiz zu tun. Europameister Portugal trifft auch Italien und Polen. Und schließlich muss Kroatien gegen England und Spanien antreten.

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Das war die WM 2018 und ihr kontroverses Finale https://ballverliebt.eu/2018/07/16/das-war-die-wm-2018-und-ihr-kontroverses-finale/ https://ballverliebt.eu/2018/07/16/das-war-die-wm-2018-und-ihr-kontroverses-finale/#respond Sun, 15 Jul 2018 22:01:04 +0000 Frankreich ist Weltmeister. In einem kontroversen und torreichen Finale setzten sich die Equipe Tricolore gegen Kroatien durch. Tom und Philipp sprechen über dieses Spiel, das Match um Platz 3 und das Turnier im Allgemeinen: Wie ist die Bilanz über VAR? War es ein gutes oder schwaches Turnier? Wie kommt man wieder zu offensiverem Fußball?

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Credits: Intro-Soundkomposition von Ballverliebt.eu mit Sounds von paulw2k, Wanga, CGEffex. Swoosh von GameAudio. Background von orangefreesounds

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Die Achtelfinal-Verlierer der EURO 2016: Zwischen Blamage und tollem Erfolg https://ballverliebt.eu/2016/06/28/die-achtelfinal-verlierer-der-euro-2016-zwischen-blamage-und-tollem-erfolg/ https://ballverliebt.eu/2016/06/28/die-achtelfinal-verlierer-der-euro-2016-zwischen-blamage-und-tollem-erfolg/#comments Tue, 28 Jun 2016 10:48:12 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12745 Erste K.o.-Runde der EURO 2016, erste wirklich prominente Opfer: Nachdem es in der Vorrunde mit ein, zwei Ausnahmen nur die Teams gescheitert waren, von denen man das auch so erwartet hat, ist das Feld der Achtelfinal-Verlierer schon etwas heterogener. Neben Glücksrittern aus der Vorrunde (die beiden irischen Teams etwa) hat er auch schon Teams aus dem Favortenkreis (Spanien, Kroatien) erwischt.

Hier im zweiten Teil unserer EURO-Teamanalyse: Die Plätze 9 bis 16, wenn man so will.

Spanien: Schwächen wurden eiskalt genützt

Team SpanienNicht nur, dass Vicente del Bosque diverse spannende Spieler gar nicht erst mitgenommen hat (Alcácer, Mata, Bernat, Javi Martínez, Cazorla, Ñíguez, Isco) – nein, von denen, die mit waren, durften auch nur genau elf zu Startelf-Einsätzen kommen.

Grundsätzlich hat sich seit 2010 am spanischen Spiel nichts wesentliches geändert, und das ist womöglich auch das Problem gewesen. Gegen die Tschechen (die sich hinten eingebunkert haben) und die Türken (die einfach nicht gut genug waren) wurde das noch nicht offenkundig. Aber sobald die Gegner eine gewisse Klasse hatten, wurde deutlich: Spanien ist mittlerweile recht leicht auszurechnen und offenbart in den wenigen Spielen, in denen sie wirklich gefordert werden, erstaunliche Schwächen in den defensiven Strukturen.

Konnte man das gegen Kroatien noch auf fehlende Ernsthaftigkeit schieben, war man den Italienern im Achtelfinale taktisch auf fast schon beängstigende Art und Weise unterlegen. Wie schon Portugal vor vier Jahren im Halbfinale traute sich Italien, das spanische Kurzpass-Spiel schon im Keim zu stören. Damals rettete sich Spanien noch ins Elferschießen und gewann.

Seither aber geht es gegen Teams, die auf diese Art und Weise spielen, fast schon regelmäßig kräftig in die Hose. Vor allem, wenn diese – wie eben Italien hier und 2012, aber auch Holland und Chile bei der WM 2014 – mit einer Dreierkette daherkommen.

Die Zukunft von Del Bosque ist ungewiss – nach zwei Turniersiegen schied er zweimal (zu) früh aus. Da er in den letzten Jahren zunehmend eine gewisse Bequemlichkeit an den Tag legt, was Coaching, inhaltliche Fragen und Weiterentwicklung angeht, aber auch die personelle Erneuerung seines Teams (warum hatte etwa Fàbregas nach einer furchtbaren Saison wie selbstverständlich einen Stammplatz, während Ñíguez nach einer großartigen Saison nicht einmal mitdurfte?), liegt der Verdacht nahe, dass die Ära Del Bosque nach acht Jahren zu Ende geht. Sicher ist aber: Die Mannschaft, der es ja keineswegs an Weltklasse mangelt, könnte den einen oder anderen neuen Impuls brauchen.

England: Starke Phasen und eine zünftige Blamage

Team EnglandEinen neuen Impuls wird England definitiv bekommen: Nach dem Generationswechsel auf dem Feld kommt nach der Achtelfinal-Blamage gegen Island auch ein neuer Trainer, keine halbe Stunde nach dem Abpfiff legte Roy Hodgson nach viereinhalb Jahren sein Amt nieder. Dabei ist England seit dem Vorrunden-Aus bei der WM vor zwei Jahren eigentlich einen guten Weg gegangen.

Mit der Umstellung auf das 4-1-4-1 hatte Hodgson es seinen Achtern (der aktive Alli und Rooney, der vor allem durch komplizierte lange Bälle statt einfache kurze auffiel) ermöglicht, sich auf ihre Aufgaben nach vorne zu konzentrieren. Genau diese Balance hatte im althergebrachten 4-4-2 (wir erinnern uns, in der Vergangenheit oft mit Gerrard und Lampard) gefehlt. Das Resultat war eine makellose Qualifikation und eine an sich sehr gute Vorrunde, wo es zumeist nur die mangelnde Chancenverwertung zu bekritteln gab.

Ihre stärksten Momente hat das englische Team, wenn es gegen den Ball arbeiten kann. Genau das aber erlaubte Island den Three Lions nicht, und es zeigte sich, was sich schon gegen die Slowakei andeutete: Das mit dem Ausspielen eines geschickt verteidigenden Teams – auch, wenn es wie Island eher höher spielt, und nicht ganz tief steht – funktioniert nicht. Das war gegen die Slowakei noch nicht sooo tragisch (obwohl man mit dem 0:0 den Gruppensieg verschenkt hatte), aber gegen Island war es fatal.

Diese Niederlage, so bitter sie ist, ändert allerdings nichts daran, dass dieses englische Team durchaus eine Zukunft hat. Es ist in weiten Teilen noch recht jung, es ist entwicklungsfähig und vor allem haben die maßgeblichen Spieler in der Liga die richtigen Trainer – Pochettino bei Tottenham, Klopp bei Liverpool, nun kommt Guradiola zu Man City. Wenn man nicht komplett in sich versinkt (wie etwa Österreich nach Landskrona), kann England aus diesem Turnier viel lernen.

Kroatien: Erst stark, dann verzweifelt

Team KroatienEs war womöglich nicht die letzte Chance der Generation Modric, einen Titel zu holen. Aber ganz sicher die größte: Kroatien zeigte in der Vorrunde (neben Deutschland) von allen stärkeren Teams konstant die beste Kombination aus individueller Klasse und gutem Coaching; das selbstgefälige Chaos unter Igor Stimac und die auf Motivation statt Taktik basiernde Amtszeit von Niko Kovac ist ganz deutlich vorbei.

Die Balance im Zentrum (Badelj als Absicherung, Modric als Hirn des Teams, Rakitic als Störer an vorderer Front) war hervorragend abgestimmt, Perisic und Srna sorgten für die Vertikalität auf den Außenbahnen. Lediglich die Innenverteidigung ist ein deutliches Stück von internationaler Klasse entfernt – machte aber gegen Spanien eine gute Figur.

Allerdings trifft auch auf Kroatien zu, was auf viele Teams der zweiten Reihe zutrifft: Wenn man auf die zwei besten Spieler verzichten muss, wird es schwer. Und Modric und Rakitic standen gegen Portugal zwar auf dem Platz, aber sie waren in der Manndeckung durch William Carvalho und Adrien Silva zur Wirkungslosigkeit verdammt. So war es nicht die Innenverteidigung, die diesem an sich tollen Team die Titelchance kostete (und die war im Außenseiter-Ast durchaus da), sondern die Abhänigkeit von Modric und Rakitic. Das kann man den Kroatien aber auch wieder nur schwer zum Vorwurf machen.

Schweiz: Weder begeisternd noch enttäuschend

Team Schweiz

Unser geschätzter Schweizer Taktikblog-Kollege Andreas Eberli konstatierte über das Nationalteam seines Landes: „Insgesamt gute, sehr typische Vorrunde der Nati, zeigen unter Petkovic seit langem konstant ziemlich genau dieses Spiel und Niveau. Sehr dominanzorientiert, auch wirklich gut in vielen Bereichen, ballsicher und damit die attraktivste und wohl beste Nati der letzten Jahre, aber auch nicht perfekt balanciert im Aufbau, ohne konstant saubere Verbindung nach vorne und zuweilen etwas zu lang/löchrig bei Ballverlust. Und halt im Offensivspiel ohne besondere Harmonie, Feinabstimmung oder überragende individuelle Qualität.“

Die große Schwachstelle des ersten Spiels – die fehlende Abstimmung im Mittelfeld-Zentrum – wurde so halb durch das zweite Spiel behoben, man kontrollierte danach Frankreich und Polen ganz gut, ohne aber selbst gefährlich zu werden. Shaqiri ist und bleibt zu unkonstant, Dzemaili ist ein Achter und kein Zehner, Seferovic vorne war eine Gemeinheit, Joker Embolo fehlt es deutlich an der internationalen Erfahrung.

Es ist nach dem dank seiner Vergangenheit in der Schweiz sakrosankten, aber gerade in den letzten Jahren quälend konservativen Ottmar Hitzfeld nun sehr wohl die Absicht zu erkennen, das Spiel vermehrt selbst in die Hand zu nehmen. Aber es wird halt doch deutlich, dass es einfach dauert und auch das Personal von richtiger Qualität zu haben. Embolo kann ein Baustein dafür sein, aber es braucht mit Sicherheit noch einen vernünftigen Zehner – oder ein anderes System mit einer angepassten Spielanlage.

Irland: Wenig Klasse, viel Kämpferherz

Team Irland

Es ist leicht, Irland als glücklichen Underdog zu sehen. Allerdings waren sie bei den letzten vier Turnieren zweimal dabei und sind einmal nur durch einen Hand-Ball im Playoff gescheitert – aus dem Nichts kommt das Team also nicht.

Dennoch wirkt das Team, das sich zum Großteil aus Kickern der zweiten englischen Liga rekrutiert, wie genau das: Ein englischer Zweitligist. Begrenzt in den fußballerischen Mitteln, aber mit einem unbändigen Willen versehen. Gegen Schweden war man die bessere von zwei nicht besonders guten Mannschaften, gegen Belgien chancenlos und dann hatte man das Glück, dass es die Italiener im letzten Gruppenspiel nicht wirklich interessiert hat. So schlich man ins Achtelfinale – dort lieferte man gegen Frankreich, der 1:2-Niederlage zum Trotz, die vermutlich beste Leistung des Turniers ab. Allen in allem sind die Iren zwar keine supertolle Mannschaft, können den Turnierverlauf aber absolut als Erfolg verkaufen.

Positiv vermekt werden muss, dass sich das irisch Team von den alten Herren (Robbie Keane und Shay Given) emanzipiert hat, ohne dramatisch an Qualität verloren zu haben. Im Gegenteil: Verglichen mit der heillos überforderten Truppe, die vor vier Jahren dreimal verlor und 1:9 Tore zu Buche stehen hatte, ist Irland diesmal deutlich solider aufgestellt gewesen. Die aktuelle Mannschaft hat auch noch locker zwei Turniere drin und sie weiß um ihre Limits; versucht nicht, etwas zu sein, was sie nicht sein kann.

Nordirland: Mit spannenden Fünferketten

Team NordirlandFast noch zufriedener als der größere Nachbar kann das Team aus Nordirland sein – anders als die Republik-Iren haben die Ulster-Boys nämlich keinerlei Turnier-Erfahrung in den Beinen. Ihr Zugang war deutlich defensiver: In der ersten Hälfte gegen Polen und im Achtelfinale gegen Wales kam Nordirland mit einer Fünfer-Abwehrkette daher, die aber durchaus spannend war.

So gab gegen Polen Zentral-Verteidiger Gareth McAuley den Manndecker für Lewandowski, während seine Nebenmänner eher im Raum verteidigten. Und gegen Wales klappte schon die Abschirmung so gut, dass man es sich erlauben konnte, immer wieder auch nicht ungefährliche Nadelstiche nach vorne zu setzen. Gegen die furchtbar biederen Ukrainer gab es sogar einen verdienten Sieg – nur gegen die Deutschen hatte Nordirland mächtig Glück, dass es dank Torhüter McGovern „nur“ 0:1 ausging.

Natürlich: In der WM-Qualifikation (gegen Deutschland und Tschechien) wird es wenig zu erben geben und für die EM in vier Jahren ist das aktuelle Team dann doch schon eine Spur zu alt (vor allem Führungsfiguren wie McAuley, Hughes und Davis) und natürlich profitierte man von einer leichten Quali-Gruppe. Aber Michael O’Neill hat es geschafft, das Team so zu optimieren, dass fast immer das Optimum heraus geholt werden konnte. Auch wenn dieses Turnier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen Eintagsfliege bleiben wird: Darauf können die Nordiren zweifellos stolz sein.

Slowakei: Solide, aber zu viel von Hamsik abhängig

Team SlowakeiAuch die Slowaken haben nicht enttäuscht: Auch beim zweiten Turnier der Verbandsgeschichte (nach der WM 2010) überstand man die Vorrunde und scheiterte im Achtelfinale an einem Titelkandidaten. Das ist genau, was die Mannschaft drauf hat – auch die Slowaken haben also das Optimum aus ihren Möglichkeiten heraus geholt.

Wie schon im Vorfeld klar war, beschränkte sich das Spiel vornehmlich auf eine sichere Defensive und geniale Momente von Marek Hamsik. Der Exzentriker von Napoli lieferte vor allem beim 2:1-Sieg gegen die Russen (wo er ein Tor erzielte und das andere vorbereitete) und stellte sich beim wichtigen 0:0 gegen England voll in den Dienst der Mannschaft.

Vom 0:3 gegen Deutschland im Achtelfinale abgesehen, stand der Abwehrverbund tatsächlich wirklich gut, allerdings wurde im Turnierverlauf schon auch klar, dass dieses Team ohne Hamsik keine Chance hätte, an so einer Endrunde überhaupt teilzunehmen. Die Flügelspieler (Weiss und Mak) sind kaum mehr als Durchschnitt und die zur Verfügung stehenden Stürmer (Duris und Duda) nicht einmal das.

Das Achtelfinale bei so einem Turnier ist der absolute Plafond für diese slowakische Mannschaft. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern – eher steht zu vermuten, dass es beim anstehenden Generationswechsel (sieben Stammkräfte der WM 2010 sind wieder dabei gewesen) zumindest einige Zeit eher nach unten gehen wird. Allerdings haben sie es in der WM-Qualifikation nicht ganz so übel erwischt.

Ungarn: Gut eingestellt und auch glücklich

Team UngarnBei der ersten Turnier-Teilnahme nach 30 Jahren wurde Ungarn völlig überraschend Gruppensieger – eine Leistung, die weit über das Talent des Teams hinausgeht. Umso mehr Credit muss an Bernd Storck gehen, der deutlich mehr aus der Mannschaft heraus geholt hat, als eigentlich drin war.

Sehr genau stellte der ehemalige Teamchef von Kasachstan seine Mannen auf jeden Gegner ein und er hatte auch das nötige Glück. Im Spiel gegen Österreich, dass man nicht nach einer halben Minute in Rückstand geriet und das ÖFB-Team nach einer Viertelstunde de facto erst Junuzovic und dann jedes Selbstvertrauen verlor. Gegen Island, dass kurz vor Schluss doch noch der 1:1-Ausgleich fiel. Und gegen Portugal, dass einige Schüsse zu Toren wurden, die eigentlich nie Tore hätten werden dürfen. Gegen die horrend schlecht gecoachten Belgier hielt man im Achtelfinale das Spiel bis zehn Minuten vor Schluss zumindest vom Ergebnis her offen.

Altmeister Gábor Király glückte mit einer starken EM ein toller Abschluss seiner langen Karriere, auch der betagte Zoltan Gera (einst im EL-Finale mit Fulham) und der nach vielen Jahren in Belgien in die Heimat zurück gekehrte Roland Juhász durften noch ein letztes Hurra feiern. Die meisten anderen haben es auch im besten Fußballer-Alter noch nicht in eine Top-Liga geschafft (Kádár, Lovrencsics) oder haben sich dort nicht nachhaltig durchgesetzt (Pintér). Selbst Adam Szalai hat seine beste Zeit vermutlich schon hinter sich.

Inwieweit die Fußball-Offensive, die in Ungarn auf Impuls von Ministerpräsident Viktor Orbán gestartet wurde, mittel- und langfristigen Erfolg zeigt, wird man erst in mehreren Jahren wissen (auch in Österreich dauerte es ja ein Jahrzehnt, bis man die Früchte ernten konnte). Aber zumindest ist Ungarn nun schon mal zurück auf der Fußball-Landkarte.

Fazit: Vier können zufrieden sein, drei nicht

Die Kritik, dass vier Gruppendritte es auch noch ins Achtelfinale schaffen, wird von vielen Seiten sehr unverhohlen geführt. Man muss aber sagen: Nur einer der vier fiel in seinem Achtelfinale deutlich ab (und dieser eine, die Slowakei, gegen den amtierenden Weltmeister). Die beiden irischen Teams haben ihre Gegner kräftig geärgert und Portugal (kein klassischer Dritter, schon klar) hat es sogar ins Viertelfinale geschafft.

Die Schweizer hätten sich ob des nicht unschlagbaren Gegners Polen mehr ausgerechnet, sie haben aber immerhin ihr Minimalziel erreicht und nicht enttäuscht.

Das sind die Kroaten sicher, aber viel werden sie nicht ändern können – außer, sich einen Plan zu überlegen, wie man reagiert, wenn Modric und Rakitic in Manndeckung genommen werden. Sicher zu mehr oder weniger großen Veränderungen wird es in Spanien und England kommen: Bei den einen eher, was die Besetzung auf dem Feld angeht, bei den anderen, was die Besetzung der Coaching-Zone angeht. Beide werden sich natürlich für die WM in zwei Jahren qualifizieren.

Spätestens da wird man sehen, ob es die richtigen Veränderungen waren.

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Europas zweite Reihe bei der WM: Von „recht gut“ bis „Katastrophe“ – und mit Luft nach oben https://ballverliebt.eu/2014/07/15/europas-zweite-reihe-von-recht-gut-bis-katastrophe-und-mit-luft-nach-oben/ https://ballverliebt.eu/2014/07/15/europas-zweite-reihe-von-recht-gut-bis-katastrophe-und-mit-luft-nach-oben/#comments Tue, 15 Jul 2014 20:09:52 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10393 Europas zweite Reihe bei der WM: Von „recht gut“ bis „Katastrophe“ – und mit Luft nach oben weiterlesen ]]> Sie sind die Länder mit den nicht ganz so großen Ligen im Rücken, die Nationalmannschaften, die sich zumeist eher aus Legionären rekrutieren – sie sind Europas zweite Reihe. Die sich mit sehr unterschiedlicher Fortune in Brasilien präsentiert haben. Mit dem Erreichten können manche von ihnen, vor allem Belgien und die Schweiz, durchaus zufrieden sein. Aber was sie alle gemeinsam haben: Sie haben nicht in allen Bereichen ihr Optimum ausgeschöpft.

Belgien: Enttäuschend zum nicht enttäuschenden Ergebnis

Das mit den Belgiern ist so eine Sache. Sie galten als Geheimtipp und sie wurden dann auch Gruppensieger und schieden erst im Viertelfinale knapp gegen Argentinien aus. Eigentlich eine Super-WM für ein Team, das 12 Jahre bei keinem Turnier mehr dabei war. Aber dennoch hatte das Spiel der Roten Teufel, bei allem Talent, immer so ein wenig die Aura von Dienst-nach-Vorschrift, von Uninspiriert- und Biederkeit.

Belgien
Belgien: Das talentierte Team hatte viel Kontrolle in seinen Spielen, aber wenig echten Zug zum Tor.

Marc Wilmots hat eine kompakte Mannschaft geformt, mit einer bärenstarken Abwehr, aber man bekam das eigene Spiel nach vorne selten wirklich gefährlich aufgezogen – dazu fehlte auch so ein wenig das Tempo. Die Außenverteidiger sind umgeschulte Innenverteidiger, die zwar ihr möglichstes machten, aber kein Gegner musste ihre Flanken fürchten.

Auch Marouane Fellaini fehlte aus dem Zentrum heraus die Direktheit und der Zug zum Tor, Eden Hazard wirkte ein wenig überspielt, dazu konnte der als Stamm-Mittelstürmer ins Turnier gegangene Romelu Lukaku überhaupt nicht überzeugen und verlor seinen Platz bald an Neo-Liverpooler Divock Origi. Dries Mertens, der ebenso im Turnierverlauf ins Team rutschte, war noch der mit dem meisten Punch.

So hat Belgien mit dem Viertelfinal-Einzug nicht direkt enttäuscht, aber gemessen an den Erwartungen irgendwie doch zumindest unterwältigend agiert. Was für das Team spricht: Nur eine Stammkraft hat sicher das letzte große Turnier gespielt, bis auf Daniel van Buyten können alle noch mindestens eine WM spielen und auf den Erfahrungen aufbauen.

Schweiz: Zu konservativ für den großen Wurf

Auch noch recht jung ist das Team aus der Schweiz. Auch dieses hat mit dem Achtelfinal-Einzug ein ordentliches Resultat zu Buche stehen, auch dieses verlor wie danach Belgien knapp gegen Argentinien. Und wie die Belgier schafften es auch die Schweizer nicht so richtig, aus einer extrem talentierten Mannschaft auch einen wirklich attraktiven Fußball herauszuholen. Was auch an der konservativen Grundhaltung von Ottmar Hitzfeld liegen mag.

Schweiz
Schweiz: Ein Top-Kader und ein gutes Team, aber nicht so aufregend, wie es hätte sein können.

Denn eine außergewöhnliche Spielanlage oder gar Experimente gibt es bei dem 65-Jährigen nicht. Er verstand es, der Nati ein nicht besonders komplizierte, aber grundsätzlich funktionierende Spielweise einzuimpfen, mit einer klaren Ordenung. Zwei starke Außenverteidiger, ein kampfstarken Sechser, ein guter Passgeber auf der Acht. Nur vorne wollte es nicht so recht flutschen.

Shaqiri startete in den ersten beiden Spielen auf der rechten Seite, tauschte dann jeweils in der Halbzeit mit Granit Xhaka die Plätze, und jedesmal wurde es deutlich besser. Erst im dritten Spiel konnte sich Hitzfeld überwinden, Shaqiri von Beginn an auf die Zehn zu stellen – der Bayern-Spieler dankte es mit drei Toren gegen Honduras.

Auch in der Abwehr zögerte Hitzfeld lange, ehe er sich über die funktionierende Lösung drübertraute. Johan Djourou, der beim HSV eine Katastrophen-Saison gespielt hat, konnte sich der Nibelungentreue von Hitzfeld sicher sein – warum auch immer, schließlich war Djourou auch bei der WM ein ständiger Unsicherheitsfaktor. Nach der Verletzung von Nebenmann Steve von Bergen gab Hitzfeld aber immer noch nicht dem (von Experten schon vorm Turnier statt Djourou geforderten) Schär die Chance, sondern Senderos – und kassierte beim 2:5 gegen Frankreich die Rechnung.

Erst im dritten Spiel kam Schär, und mit ihm gab es in 210 Spielminuten nur noch ein Gegentor – das in der 118. Minute gegen Argentinien von Di María. Nun übernimmt Vladimir Petkovic für Hitzfeld, der sich nun endgültig in die Fußball-Pension verabschiedet. Der 50-Jährige, der zuletzt Lazio trainierte, übernimmt eine gutklassige Mannschaft, aus der man noch viel herausholen kann. Wenn man sich traut.

Griechenland: Wenig Glanz, aber wieder achtbar

Es ist so eine Sache mit den Griechen. Der praktisch flächendeckend als fußballhistorische Katastrophe aufgenommene EM-Titel von 2004 hängt ihnen noch immer nach. Dabei darf man aber nicht den Fehler machen, Negative Spielweise mit Pragmatismus zu verwechseln. Denn was Fernando Santos bei Hellas spielen lässt, ist nicht mehr der plumpe Destruktivismus der späten Rehhagel-Jahre, sondern einfach jene Spielweise, die am besten zu seiner Mannschaft passt.

Griechenland
Griechenland: Ein Team aus braven Arbeitern: Zusehen macht wenig Spaß, aber wieder einmal wurde die Gruppe überstanden – und das verdient.

Was aber nicht heißt, dass Griechenland immer nur verteidigt. Ganz im Gegenteil. Über weite Strecken des Spiels gegen die Ivorer waren sie die aktivere Mannschaft, was mit dem späten Siegtor und damit dem Achtelfinal-Einzug belohnt wurde. Gegen Costa Rica war man ebenso die fast über die ganzen 120 Minuten, jedenfalls aber in der letzten Stunde mit einem Mann mehr, zuweilen drückend überlegen. Und dass man in Unterzahl gegen Japan darauf schaut, das Spiel zumindest nicht zu verlieren, kann man dem Team schwer zum Vorwurf machen.

Im Grunde war Griechenland aber doch das, was Griechenland halt meistens ist: Eine nicht gerade prickelnde Mannschaft, die aus einer gesicherten Abwehr heraus vor allem dann seine Stärken hat, wenn man schnell und direkt umschalten und die Offensivkräfte die noch offenen Räume bearbeten können. Einen dezidiert kreativen Spieler im Mittelfeld gibt es nicht, es wird Fußball gearbeitet, nicht zelebriert.

Was das griechische Team unter Fernando Santos immerhin in zwei Versuchen zweimal in die K.o.-Phase einer EM bzw. einer WM gebracht hat. Und angesichts der Tatsache, dass der Kader nicht übertrieben alt ist und immer wieder Leute nachkommen – wie die U-19, die vor zwei Jahren Vize-Europameister war – muss damit auch noch nicht Schluss sein, nur weil Santos nach vier Jahren als Teamchef nicht mehr weitermacht.

Kroatien: Unter Wert geschlagen

Schon bitter. So furchtbar viel haben die Kroaten gar nicht falsch gemacht, und doch ging’s nach der Vorrunde nach Hause. Wegen eines erstaunlichen Paradoxons – obwohl man mit Modric und Rakitic zwei Gestalter im Mittelfeld-Zentrum stehen hatte und keinen Balleroberer, war es vor allem die fehlende Durchschlagskraft am Weg nach vorne, die das Aus bedeuteten. Und keine defensive Instabilität, wie man annehmen hätte können.

Team Kroatien
Kroatien: Zweieinhalb Spiele okay bis stark, aber dennoch hat es nicht fürs Achtelfinale gereicht.

Gegen Brasilien hätte man mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht verloren, wenn nicht der Referee einen Elfmeter gepfiffen hätte, den man nicht hätte pfeifen sollen. Gegen Kamerun nützte man die eklatanten Schwächen des Gegners konsequent aus. Nur gegen Mexiko wurde – vielleicht auch, weil Teamchef Kovac von seinem 4-4-1-1 abging und ein 4-3-3 versuchte, in dem sich das Team merklich nicht sonderlich wohl fühlte – es verpasst, die auf dem Papier bestehenden Stärken auszuspielen.

Weil vorne die hängende Spitze als Anspielstation fehlter – in den ersten beiden Spielen konnten weder Mateo Kovacic noch Sammir da wirklich überzeugen – war man dem mexikanischen Pressing ausgeliefert. Dennoch: Rakitic und Modric haben beide noch zumindest eine WM im Tank, mit Dejan Lovren sollte es auch bald wieder einen Innenverteidiger von Format geben, die meisten Spieler haben noch Steigerungspotenzial.

Wenn man Kovac die Zeit lässt, kann da bei der EM in zwei Jahren durchaus einiges herausschauen.

Bosnien: Zu viel Respekt gezeigt

Die große Stärke in der Qualifikation, die bei Bosnien schon lange überfällig war: Die herausragende Offensive mit dem brandgefährlichen Sturm-Duo Edin Dzeko und Vedad Ibisevic, mit Zvjedzan Misimovic dahinter an der Spitze der Mittelfeld-Raute. So fegte man über die Gegner hinweg – weshalb es schon sehr erstaunlich ist, dass Teamchef Safet Susic in der nicht gerade unüberwindbaren Gruppe mit dem Iran und Nigeria vom Erfolgs-Konzept abwich.

Bosnien
Bosnien: Beim Debüt zu wenig Mut gezeigt und auch etwas Pech gehabt. Da war mehr möglich.

Nicht nur, das er gegen Argentinien und Nigeria Ibisevic opferte und mit nur einer Spitze agierte, nein, auch sonst zeigte Bosnien vor allem im entscheidenden Spiel gegen Nigeria deutlich zu viel Respekt vor dem Anlass und deutlich zu wenig von dem Punch nach vorne, der Bosnien sonst auszeichnet. Die Herangehensweise war zu verhalten, zu langsam.

Natürlich war auch Pech dabei. Pech, dass ein korrekter Treffer gegen Nigeria nicht zählte, Pech, dass Dzeko in der Nachspielzeit den Pfosten traf, Pech, dass Messi eine leblose argentinische Mannschaft im Alleingang rettete, Pech, dass wegen der anderen Ergebnisse das Aus schon vor dem letzten Spiel feststand.

Aber das Vorrunden-Aus alleine am Pech festzumachen, würde zu kurz greifen. Der Abwehr fehlt es an internationalem Format, Misimovic ganz dramatisch am Tempo (noch ein weiterer Grund, warum es keine gute Idee war, ihm eine Anspielstation in der Spitze zu nehmen). Aber es gab auch einen Spieler, der positiv überraschte: Es ist kaum anzunehmen, dass der erst 21-jährige Sechser Muhamed Besic, der Messi an der ganz kurzen Leine hatte, noch lange bei Ferencváros in der sportlich völlig wertlosen ungarischen Liga spielt.

Vieles deutet darauf hin, dass dies eine einmalige, wenn man so will goldene Generation der Bosnier ist, die mit dem nahenden Karriere-Ende von Misimovic bald ihren ersten elementaren Baustein verliert. Wie lange man mit der Taktik auf hohem Niveau Erfolg haben wird, Flüchtlings-Kinder zu finden, die in anderen Ländern gut ausgebildet wurden, wird sich erst zeigen müssen. Die erste Teilnahme und den ersten Sieg bei einer WM kann Bosnien keiner mehr nehmen. Jedoch auch nicht die Gewissheit, dass mehr möglich gewesen wäre.

Russland: Bestenfalls biederer Durchschnitt

Furchteinflößend für die Gegner war das ja nicht von den Russen. Im Gegenteil. Die Auftritte der Sbornaja erinnerten mit einer erschreckenden Ähnlichkeit jener der Engländer vor vier Jahren. Was auch daran liegen mag, dass damals wie heute Fabio Capello der Trainer ist. Bei Österreichs Gruppengegner in der anstehenden EM-Quali stimmte über alle drei Spiele gesehen so gut wie nichts und so schaffte man es sogar in der vermutlich schwächsten Gruppe, auszuscheiden.

Russland
Russland: Weit von vergangener Form entfernt. Bieder, hölzern, harmlos und fehleranfällig.

Torhüter Akinfejev wirkte unsicher und machte teils haarsträubende Fehler. Die Innenverteidigung ist langsam und hüftsteif. Von den Außenverteidigern kommt zu wenig. Für die Position im linken Mittelfeld hatte Capello nur Notlösungen zu bieten. Kurz: Russland war von einer ungeheuerlichen Harmlosig- und Biederkeit.

Es war auch nie erkennbar, wofür diese Mannschaft eigentlich inhaltlich stehen möchte. Es gab kein echtes Pressing, keinen vernünftigen Aufbau, Alibi-Pässe im Mittelfeld. Lichtjahre von dem entfernt, was das russische Team 2008 unter Guus Hiddink zu einer der aufregendsten des Turniers gemacht hat.

Die russische Liga hat aber auch ein ähnliches Problem wie die englische, die Capello ja davor als Rekrutierungs-Becken zur Verfügung hatte, wenn auch nicht so extrem: Annährernd die Hälfte aller Spieler der russischen Liga, in der alle 23 Kader-Spieler unter Vertrag stehen, sind keine Russen – und viele besetzen bei den Klubs auch Schlüsselpositionen.

Anders gesagt: Wenn es bessere Spieler gegeben hätte, wären sie auch mit dabei gewesen. So aber konnte Capello nur Durchschnitt aufbieten, dazu sind nur zwei Stammspieler jünger als 27 Jahre. Sieht mittelfristig nicht so gut für Russland aus.

Portugal: Was schief gehen kann, ging schief

Es war ein ziemlicher Total-Kollaps, den die Portugiesen hingelegt haben – jene Portugiesen, die praktisch in der selben Besetzung vor zwei Jahren beinahe das EM-Finale erreicht hätten. Das ist aber nur in Einzelfällen wirklich Spielern anzulasten, gar beim Teamchef die Schuld zu suchen, wäre eigentlich völlig verkehrt.

Portugal
Portugal

Ob man Pepe im ersten Spiel wirklich ausschließen muss, sei mal dahingestellt, aber besonders intelligent war seine Aktion gegen Thomas Müller in keinem Fall. Nur: Fábio Coentrão schon im ersten Spiel verletzt zu verlieren, dazu mit Almeida (im ersten Spiel) und Postiga (im zweiten Spiel) mit Muskelblessuren nach jeweils 20 Minuten zu verlieren, was will man da machen.

Einen an sich verlässlicher Innenverteidiger, einen sehr guten Linksverteidiger und den Einser-Stürmer schon im ersten Spiel zu verlieren, das dann auch noch 0:4 in die Binsen ging, das verkraftet kein Team. So musste Veloso von der Sechs auf die Linksverteidiger-Position auswandern (wo er sich sichtlich unwohl fühlte), musste der international völlig unerfahrene William Carvalho auf der Schlüsselposition im defensiven Mittelfeld ran, musste der Dritte-Wahl-Stürmer Éder ganz vorne aushelfen. Und zum Drüberstreuen verletzte sich im letzten Spiel auch noch Torhüter Beto.

Derart verunsichert hätte man beinahe gegen die kampfstarken, aber individuell schwach besetzten US-Amerikaner verloren, da half dann auch der abschließende Sieg gegen Ghana nichts mehr. Und natürlich hätte Cristiano Ronaldo mehr zeigen können, aber wenn rund um ihn herum alles einstürzt, kann man das frühe Ausscheiden nicht dem Star von Real Madrid anlasten.

Es war ein Turnier nach dem Motto „Pech gehabt“. Abhaken, nach vorne schauen. Was soll’s.

Nächste Kontinental-Meisterschaft: Juni 2016 in Frankreich

Angesichts der Tatsache, dass sich neben dem Gastgeber noch 23 weitere Mannschaften für die aufgeblähte EM in zwei Jahren qualifizieren, ist anzunehmen, dass die komplette zweite Reihe aus Europa, die in Brasilien dabei war, auch dort dabei sein sollte. Einige davon werden auch sicher eine realistische Chance haben, dort gut auszusehen – vor allem Belgien, Kroatien und Portugal, aber auch die Schweizer.

Allen diesen Teams, den Mid-Majors aus dem alten Kontinent, ist beim Turnier in Brasilien aber eines gemeinsam: Bei allen herrschte Luft nach oben, niemand kann von sich sagen, das spielerische UND das resultatsmäßige Optimum herausgeholt zu haben. Die größten Sorgenkinder unter diesen Teams sind sicher die Russen (die mit Schweden, Österreich und Montenegro eine gemeine Quali-Gruppe haben) und die Bosnier, die wohl schon über dem Zenit sein dürfte (aber in der Gruppe mit Belgien, Israel und Wales kaum Probleme haben dürfte, sich zu qualifizieren).

Und klar ist auch: Viele Teams aus dieser zweiten Reihe sind nicht mehr auf Augenhöhe mit so manchem Vertreter der (vermeintlich) Großen, sondern hat diese schon überholt. Stellt sich nur die Frage, für wie lange.

(phe)

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Die tollen Kroaten, die feinen Bosnier, das EM-Gastgeber-Duell und das dänische 3:0 in Tschechien https://ballverliebt.eu/2013/03/25/die-tollen-kroaten-die-feinen-bosnier-das-em-gastgeber-duell-und-das-danische-30-in-tschechien/ https://ballverliebt.eu/2013/03/25/die-tollen-kroaten-die-feinen-bosnier-das-em-gastgeber-duell-und-das-danische-30-in-tschechien/#comments Mon, 25 Mar 2013 00:30:40 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8517 Die tollen Kroaten, die feinen Bosnier, das EM-Gastgeber-Duell und das dänische 3:0 in Tschechien weiterlesen ]]> WM-Quali kompakt – quasi Häppchen in Form von Kurz-Analysen von der Jagd nach den Startplätzen für Brasilien 2014! Wo Kroatien mit einer aufregenden Mannschaft wahrscheinlich dabei sein werden. Die Bosnier, die Griechenland 3:1 besiegten, mit einem sehr schiefen 4-2-3-1 ebenso. Auch die Ukraine war systematisch schräg unterwegs und gewann auswärts in Polen. Während Dänemark in einem seltsamen Spiel in Tschechien die Chance auf das WM-Ticket wahren konnte!

Kroatien – Serbien 2:0 (2:0). Mandžukić 23, Olić 37.

Kroatien - Serbien 2:0 (2:0)
Kroatien – Serbien 2:0 (2:0)

Schon bei der EM unter Slaven Bilić war das kroatische Team eines der interessanteren des Turniers, und das ist auch unter Nachfolger Igor Štimac so. Er lässt das Team in einem Hybrid aus 4-2-3-1 und 4-4-2 antreten. Der große Rivale Serbien hatte der gewaltigen Klasse dieses Teams auf fast jeder Position nichts entgegen zu setzen.

Einzige Schwachstelle bei Kroatien ist die Innenverteidigung. Ćorluka und der alte Šimunic sind keine Spieleröffner, erstens, und könnten mit internationalen Klasse-Stürmern sicherlich nicht mithalten. Štimac geht aber deswegen keinen Kompromiss im zentralen Mittelfeld ein und stellt eine robuste Absicherung hin – nein, er wählt den Weg mit zwei Passgebern. Der gebürtige Linzer Mateo Kovačić (im Winter von Dinamo Zagreb zu Inter Mailand gewechselt) und Luka Modrić sind für die Impulse aus dem Zentrum zuständig. Vor allem der 18-jährige Kovačić beeindruckt dabei mit seiner extremen Ruhe am Ball und der Resistenz gegen Pressing-Versuche des Gegners. Was Modrić kann, ist eh bekannt.

Die beiden nominellen Außenspieler, Rakitić und Kranjčar, rücken sehr weit ein und erlauben den extrem offensiven Außenverteidigern Srna und Strinić das hinterlaufen. Damit ist nicht nur Überzahl im Zentrum hergestellt, sondern auch die Breite. Vorne steht Ivica Olić als hängende Spitze und Mario Mandžukić als Knipser. Beide arbeiten extrem viel.

Die Serben, die sich unter Teamchef Siniša Mihajlović im völligen Umbau befinden, waren komplett überfordert. Das teilweise heftige kroatische Pressing verhinderte jeden Versuch von Spielaufbau bei den Serben, die Flügelspieler waren von Strinić und Srna komplett abgemeldet, Kolarov war ein komplettes Desaster (das 1:0 für Kroatien resultierte etwa aus einem schlimmen Schnitzer von Kolarov), Ivanović wurde hinten festgenagelt und konnte Strinić und Olić trotzdem nie Einhalt gebieten. Die beiden armen Teufel, die im serbischen 4-4-1-1 vorne agierten, sahen kaum einen Ball. Kroatien kam zu einem mühelosen und nie gefährdeten 2:0-Sieg.

In der Gruppe A liegt Kroatien punktgleich mit Spitzenreiter Belgien an zweiter Stelle. In dieser Form ist davon auszugehen, dass sich die Kroaten für die WM qualifizieren werden. Dieses aufregende Team wäre sicher eine Bereicherung für das Turnier.

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Bosnien – Griechenland 3:1 (2:0). Džeko 30, 54, Ibišević 35; Gekas 90.

Bosnien - Griechenland 3:1 (2:0)
Bosnien – Griechenland 3:1 (2:0)

Dass auch die Bosnier ein ziemlich attraktives Team sind, ist schon seit längerem bekannt. Nun haben sie nach zwei Play-off-Niederlagen endlich auch eine Gruppe bekommen, in der sie sich durchsetzen sollten und endlich eine Endrunde erreichen dürften.

Der interessanteste Aspekt im Team von Safet Sušić, wie es sich beim womöglich schon vorentscheidenden Spitzenspiel der Gruppe gegen EM-Viertelfinalist Griechenland darstellte, ist die Assymmetrie im 4-2-3-1. Weil Sušić sowohl Edin Džeko von Man City als auch Vedad Ibišević von Stuttgart in seiner Start-Formation haben will, stellt er Ibišević nominell auf die rechte Mittelfeld-Seite. Er spielt aber recht weit innen und rückt auch oft ins Sturmzentrum, wodurch Rechtsverteidiger Mujdža gezwungen ist, extrem offensiv zu agieren, um die Flanke nicht offen zu lassen.

Auf der anderen Seite jedoch agiert Lulić (von Lazio) eher aus der Tiefe heraus und er hält auch die Außenbahn. Somit kann Linksverteidiger Zukanović hinten bleiben und sich, wie in diesem Spiel, um Salpingidis kümmern, ohne dass nach vorne etwas abgehen würde.

Das Hauptaugenmerk im Zentrum bei Zahirović und Medunjanin liegt im gezielten Pressing, dabei unterstützen sie vor allem Zehner Misimović. Weil sich aber die Griechen darauf recht gut eingestellt hatten und mit Torosidis und Holebas auf den Flügeln sowie dem robusten Salpingidis und dem großen Samaras vorne Anspielpunkte hatte, konnte Bosnien das gewohnte schnelle Umschaltspiel nicht etablieren. Stattdessen bestand der Spielaufbau vor allem aus langen Flankenwechseln auf Lulić oder Ibišević bzw. auf den robust verteidigten Džeko. Das klappte gar nicht.

Nach rund 20 Minuten erkannte Džeko das Problem und ließ sich extrem weit zurückfallen – also sogar hinter die Mittelfeld-Reihe – um besser anspielbar zu sein, während Misimović und vor allem Ibišević sich vorne anboten. Damit war Griechenland im Zentrum in Unterzahl und Bosnien flugs 2:0 in Front. Die Tore waren zwar ein Freistoß und ein Elfer-Nachschuss (der ziemlich erbärmlich verteidigt wurde), waren aber ein logisches Produkt der etwas veränderte Spielanlage der Bosnier.

Die das Spiel mit der Führung im Rücken in der Folge beinahe nach Belieben kontrollierten. Griechenlands Teamchef Fernando Santos nahm in der Pause Linksverteidiger Tzavellas raus und brachte mit Gekas einen neuen Mittelstürmer, dafür ging Samaras auf die linke Angriffs- und Holebas auf die linke Abwehrseite. So wollte er mehr Zug Richtung bosnischen Strafraum bringen – doch konnte diese Maßnahme nicht greifen, ehe Džeko, wieder nach einem Freistoß, das 3:0 markierte. Die Entscheidung.

Nach einer kurzen Orientierungsphase kontrollierte Bosnien also den stärksten Gruppengegner und gewann hochverdient. Damit führt man die Gruppe dank der hervorragenden Tordifferenz de facto vier Punkte vor den Griechen an und hat bereits beide Spiele gegen diese absolviert. Es sollte als endlich mit einer Endrunde klappen.

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Polen – Ukraine 1:3 (1:3). Piszczek 17; Jarmolenko 2, Gusev 6, Sosulia 45.

Polen - Ukraine 1:3 (1:3)
Polen – Ukraine 1:3 (1:3)

Die beiden Gastgeber der letzten EM sind in ihrer Gruppe (gegen England und Montenegro) beide schon ziemlich im Hintertreffen – sowohl für Polen als auch für die Ukraine war das ein Spiel der letzten Chance.

Der Schlüssel, um mit Polen umzugehen, hat sich seit der EM nicht verändert: Die extrem starke rechte Seite mit Piszczek und Błaszczykowski muss kontrolliert werden, denn der Rest der Mannschaft genügt internationalen Ansprüchen nicht. Michailo Fomenko, der das Amt des ukrainischen Teamchefs von Oleg Blochin übernommen hatte, ließ sich auch etwas einfallen: Ein extrem schiefes 3-4-3, mit dem die starke polnische Seite personell in Unterzahl gestellt werden sollte.

Während also Andrej Jarmolenko de facto alleine die rechte Angriffsseite beider Ukraine bildete und sich mit dem unauffälligen Rybus und dem schwachen Boenisch vor allem in der Anfangsphase einen Spaß machte, blieb mit Shevchuk der linke Wing-Back hinten und achtete auf Błaszczykowski, während Linksaußen Gusev an der Seitenlinie blieb und sich um Piszczek kümmerte. Unterstützt wurden die beiden, wenn es ernst wurde, von Sechser Stepanenko und dem linken Mann in der Dreier-Abwehr, Alexander Kutcher.

Der Clou war, dass dann immer noch mit Fedetski und Khacheridi zwei Innenverteidiger übrig waren, um Lewandowski nicht zur Geltung kommen zu lassen. Zusätzlich spielte den Ukrainern natürlich massiv in die Hände, mit zwei Weitschüssen in den ersten sieben Minuten – die von Boenisch bzw. Wasilewski aber leicht zu unterbinden gewesen wären – blitzschnell 2:0 in Front lagen und sich in der Folge auf die Defensive konzentrieren konnten.

Natürlich kann man Klasse-Leute wie Piszczek und Błaszczykowski nie ganz kaltstellen, wie die hervorragend herausgespielte Aktion zum Anschlusstreffer wie Piszczek zeigt, aber im Großen und Ganzen hatte die Ukraine die Angelegenheit im Griff. Und als kurz vor der Pause Boenisch einmal mehr schlief, schlug es durch den fleißig laufenden Stürmer Sosulia von Dnipropetrovsk zum 3:1 für die Ukrainer ein.

Polens Teamchef Waldemar Fornalik, der wie sein Gegenüber nach der EM übernommen hatte, brachte für die zweite Hälfte Kosecki statt Rybus und ließ den neuen Mann deutlich höher agieren, um Jarmolenko effektiver nach hinten zu drücken. Weil aber erstens mit Fedetski der rechte Mann in der Dreierkette der Ukraine mehr aufrückte und zweitens Boenisch weiterhin grobe Schwächen im Zweikampf und auch im Positionsspiel zeigte, kam Polen trotz des Wechsels nicht zurück ins Spiel – im Gegenteil, die Ukrainer hatten zwei Topchancen und hätten schon 5:1 führen können, als nach einer Stunde mit Obraniak ein neuer Zehner bei den Polen kam.

Fomenko reagierte prompt und brachte Tymoschuk statt des müdegelaufenen Stepanenko. So wurde Obraniak neutralisiert – und die Ukrainer kontrollierten den 3:1-Sieg ohne gröbere Probleme über die Zeit. Nach dem Punktverlust in Moldawien und der Heimniederlage gegen Montenegro wahrte die Ukraine somit die verbliebene Mini-Chance, aber es wurde auch deutlich, dass die spielerischen Mittel begrenzt sind – und man wird nicht in jedem Spiel zwei Weitschuss-Tore erzielen und danach kontern können.

Eine Teilnahme an der WM ist für die Ukrainer damit ebenso unwahrscheinlich wie für die Polen. Mit einer Heimniederlage gegen die Ukraine im Gepäck werden wohl zwei Überraschungen gegen England und Montenegro nötig sein, um nach von der Endrunde träumen zu dürfen. Dafür ist die Mannschaft mit der Konzentration auf die rechte Seite aber wohl zu berechenbar.

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Tschechien – Dänemark 0:3 (0:0). Cornelius 57, Kjær 67, Zimling 82.

Tschechien - Dänemark 0:3 (0:0)
Tschechien – Dänemark 0:3 (0:0)

Jeweils Unentschieden gegen die seit Jahren wertlosen, sich aber auf dem Weg nach oben befindenden Bulgaren bedeuteten sowohl für Tschechien als auch für Dänemark einen eher durchwachsenen Start in die WM-Quali.

Grundsätzlich haben sich aber beide Teams gegenüber der EM nicht großartig verändert. Tschechien ist weiterhin ein eher gesichts- und konturloses Team: Keine glanzvollen Spieler, kein ungewöhnliches System, kein besonderes Flügelspiel. Ein ordentliches, aber nicht brutales Pressing gegen die gegnerische Spieleröffnung. Solide Arbeiter, die aber auch keinen Kampf-Fußball zeigen. Auf die Frage, wofür das tschechische Team Anno 2013 steht, wird man eher ratlose Blicke ernten.

Und auch die Dänen sind sich treu geblieben: Ein 4-4-1-1 mit extrem nach vorne pushenden Außenverteidigern, die von einem zwischen die Innenverteidiger abkippenden Sechser (in diesem Fall Stokholm) abgesichert werden; einrückende Außenstürmer, in Eriksen einen trickreichen, aber noch immer nicht besonders gefährlichen zentralen Gestalter – und vorne ein Pflock von einem Stürmer. In Abwesenheit des nach einer Alko-Fahrt suspendierten Bendtner ist das der Shooting-Star der dänischen Liga, Andreas Cornelius vom FC Kopenhagen.

Dadurch, dass beide Teams darauf achteten, die Räume zwischen Mittelfeld und Abwehr eng zu halten, war im Spiel nach vorne jeweils erhöhte Präzision gefordert. Die es aber nicht gab: Viele schlampige Abspiele (vor allem von Jørgensen und Krohn-Dehli) und die Tatsache, dass Eriksen von Plašil und Darida gut in Schach gehalten wurde, hinderte die Dänen an Torchancen.

Aber auch die Tschechen konnten sich nicht nach vorne kombinieren, weil immer ein Däne da war, der das zu verhindern wusste. Mit ihrer sehr kompakten und taktisch äußerst disziplinierten Defensiv-Arbeit im Mittelfeld schafften es so auch die Skandinavier, von Tschechien nicht nachhaltig in Gefahr gebracht zu werden. Die Folge: Ein zwar intensives, aber in Ermangelung von konkreten Aktionen nicht besonders unterhaltsames Spiel und ein logisches 0:0 zur Pause.

In der zweiten Hälfte stieg bei Dänemark nach vorne die Konzentration und damit auch die Genauigkeit und Cornelius drosch bei seinem Start-Elf-Debüt nach knapp einer Stunde einen Ball, der ihm eher zufällig an der Strafraumgrenze vor die Füße gefallen war, unhaltbar für Cech in den Winkel. Der tschechische Teamchef Bilek brachte im Gegenzug mit Rosický einen echten Gestalter statt Kämpfer Jiráček. Ein guter Wechsel, denn in das auffallend unkonkrete Offensiv-Spiel der Tschechen kam sofort viel mehr Direktheit und Zug zum Tor.

Die Gastgeber waren also drauf und dran, das Spiel auszugleichen, als Simon Kjær nach einem Eckball per Kopf das 2:0 erzielte. Das lässt sich eine so kompakte Mannschaft wie jene der Dänen natürlich nicht mehr nehmen – und Zimlings 3:0 in der Schlussphase machte den Deckel drauf.

Was nichts daran ändert, dass es ein seltsames Spiel war. Keines der beiden Teams wusste wirklich zu überzeugen und vor allem in der Offensive ist extrem viel pures Stückwerk. Dennoch: Bei den Dänen ist ein konkreterer Plan zu erkennen als bei den Tschechen, denen in der Startformation eklatant die Kreativität und die Qualität im gegnerischen Strafraum abgeht. Mit David Lafata muss ein Stürmer ran, der vor Jahren bei der Wiener Austria keinen bleibenden Eindruck hinterließ.

Aber trotz des 3:0-Erfolgs vermittelte auch Dänemark nicht den Eindruck, dass man zwingend viel Geld auf eine WM-Teilnahme setzen sollte. Freilich: Viel dramatisch negatives ist resultatsmäßig noch nicht passiert (Remis gegen Tschechien und in Bulgarien, Niederlage in Italien). Aber dieser Sieg war auch das erste positive Ausrufezeichen. Sollte im nächsten Spiel daheim gegen Bulgarien ein weiterer Dreier folgen, stimmt der Fahrplan in Richtung Play-Off.

(phe)

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System-Wechsel von Bilić lähmt Italien, Spaniens Dominanz die Iren https://ballverliebt.eu/2012/06/14/system-umstellung-von-bilic-lahmt-italien-und-prandelli/ https://ballverliebt.eu/2012/06/14/system-umstellung-von-bilic-lahmt-italien-und-prandelli/#comments Thu, 14 Jun 2012 18:41:36 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7498 System-Wechsel von Bilić lähmt Italien, Spaniens Dominanz die Iren weiterlesen ]]> Eine Halbzeit lang hatte Italien das Spiel im Griff, marschierte ungehindert durch das Zentrum. Dann stellten die Kroaten ihr System um, nahmen dem Gegner damit seine größte Stärke, und holten sich den Punkt, den sie sich mindestens verdient haben. Keine Frage: Die Spiele der Gruppe C machen bislang den meisten Spaß – sogar den irischen Fans. Die zeigten sich, anders als ihre Mannschaft, beim 0:4 gegen Spanien absolut EM-tauglich.

Italien - Kroatien 1:1 (1:0)

Da schau her: Ein italienischer Trainer lässt sich von einer simplen System-Umstellung ausmanövrieren. Wurden die Italiener nach dem 1:1 gegen Spanien noch (vollkommen zu Recht) für ihren Mut beklatscht, mal ein anderes System zu spielen und den weitgehend flügellosen Gegner mit einer Dreierkette zu entnerven, darf man diesmal auf die Azzurri und ihren Teamchef draufhauen. Und auch das zu Recht. Dabei hatte es so gut begonnen.

Italien mit Platz in der Mitte

Mit den drei Mann im zentralen Mittelfeld hatte Italien in diesem Bereich einen riesigen Vorteil gegenüber den Kroaten. Dieser wurde noch dadurch verstärkt, dass Vukojevic oft nicht ausreichend aufrückte, wenn die Kroaten im Ballbesitz und im Vorwärtsgang waren. Pirlo hatte immer wieder viele Anspielstationen, weil sich vorne Balotelli und Cassano, aber auch Thiago Motta und Marchisio immer wieder gut in diese freien Räume hinein bewegten.

Mit geschickten Pässen nach schnellem Umschalten wurden immer wieder Italiener in diesen Raum geschickt, weil auch niemand auf Pirlo den nötigen Druck ausübte. Und hinten hatte die Dreierkette gegen Jelavić und Mandžukić immer ein personelles Übergewicht – also auch, wenn Flanken in Richtung der beiden segelten, hatte die italienische Abwehr die zwei kroatischen Stürmer im Griff.

Haupt-Profiteure waren bei den Italienern Cassano und Balotelli. Beide bewegten sich ganz gut, versuchten ihre Tempo- und Technik-Vorteile gegen Corluka und Schildenfeld auszuspielen. So kam vor allem Balotelli einige Male gut in Schussposition, aber im Abschluss machte er eine eher unglückliche Figur: Entweder schoss er zu überhastet, oder nicht schnell genug, oder auch einfach nur knapp daneben.

Kroatien versucht’s über Giaccherini

Die Kroatien versuchten, über ihre rechte Angriffsseite dagegen zu halten. Was hieß, dass sie den international unerfahrenen Emanuele Giaccherini anbohrten. Sie machten das, indem Rechtsverteidiger Darijo Srna, wie gewohnt, extrem offensiv agierte, dazu Rakitić mithalf und auch noch Modrić sich zunehmend auf diese Seite driften ließ. Giaccherini war völlig überfordert, stand oft viel zu hoch, und ließ den Kroaten in seinem Rücken Platz.

Das ist der Nachteil, wenn man mit Wing-Backs spielt: Gelingt es dem Gegner, die Flanken zu überladen, sieht man sich schnell 1-gegen-2-Situationen gegenüber, hier sogar zuweilien 1-gegen-3-Situationen. Die Kroaten machten zwar zu wenig aus dieser italienischen Schwäche, aber sie wurde erkannt und konsequent angegangen. Ganz anders war die Lage im Übrigen auf der anderen Seite: Der routinierte Maggio konnte zwar offensiv gegen Perišić und Strinić auch nicht viel ausrichten, aber er ließ sich wenigstens nicht permanent aus der Position ziehen und über seine Seite brannte nicht viel an.

Bilić wechselt nicht, stellt aber um

Während also die Kroaten über die Flügel den besseren Eindruck machten, hatte Italien das Zentrum felsenfest im Griff und ging dank Pirlos schickem Freistoß mit einer 1:0-Führung in die Pause. Dort reagierte der kroatische Teamchef Slaven Bilić und stellte um – ohne personellen Wechsel, sondern mit den Spielern, die er auf dem Feld hatte.

Die personelle Unterlegenheit im Zentrum und den komplett fehlenden Druck auf Pirlo versuchte er zu korrigieren, indem er von seinem 4-1-3-2 auf ein 4-2-3-1 umstellte. Rakitić ging von der halbrechten, offensiven Position ins Zentrum neben Vukojević und gab dort den Achter, dafür rückte Mandžukić auf die rechte Außenbahn. Damit hatte Bilić fast alle Probleme behoben.

Schlüsselfigur Rakitić

2. Halbzeit

Die Schlüsselfigur dabei war Ivan Rakitić. Der Mann von Sevilla sorgte nämlich nun nicht nur dafür, dass das italienische Mittelfeld von den Stürmern abgeschnitten war und damit die Blauen nicht mehr annähernd den Platz im Zentrum hatten, den sie vorher genossen haben. Nein, zudem presste Rakitić auch noch Pirlo an, womit auch die intelligenten Pässe wegfielen.

Bei all dem wurde aber nicht die Dominanz auf den Flügeln aufgegeben. Im Gegenteil: Weil hinten nun mit den zwei Innenverteidigern und mit Vukojević genug Kroaten waren, um Cassano und Balotelli halbwegs im Griff zu halten (was noch leichter wurde, weil diese keine Pässe mehr bekamen), konnten Srna und Strinić noch gefahrloser nach vorne marschieren und die Flügelstürmer Mandžukić und Perišić unterstützen.

Die ausbleibende italienische Reaktion…

Einzig in der Spitze hatten die Kroaten nun einen Nachteil, weil Jelavić nun de facto alleine gegen die Dreierkette stand. Die Folge von all dem: Kroatien bekam das Spiel komplett in den Griff, ließ Italien überhaupt nicht mehr zur Entfaltung kommen, dominierte das Mittelfeld, kam aber kaum zu Torchancen. Dennoch versuchte es Kroatien konsequent weiter mit dem Überladen der Flanken gegen die italienischen Wing-Backs, was auch deshalb so problemlos möglich war, weil Prandelli nicht reagierte.

Anstatt den überflüssigen dritten Mann aus der Abwehr zu nehmen und die Flügel zu stärken, ersetzte er lediglich den angeschlagenen Motta durch Montolivo, allerdings positionsgetreu – was ganau gar nichts dazu beitrug, das Mittelfeld wieder in den Griff zu bekommen. Bilić allerdings brachte Pranjić statt Perišić, um einen frischen Spieler gegen Maggio zu bekommen.

…ermöglicht den kroatischen Ausgleich

Was wirkte: In der 72. Minute wusste Maggio einmal mehr nicht, ob er dem durchstartenden Pranjić nachgehen oder den ballführenden Strinić angehen sollte. So konnte Strinić flanken, in der Mitte verschätzte sich Chiellini (was selten war), und Mandžukić netzte zum hochverdienten 1:1 ein.

Die Kroaten hatten nun Lunte gerochen. Mit Eduardo kam statt dem müde gelaufenen Jelavić ein neuer Mittelstürmer, und weil die Kroaten nun (zu recht) merkten, dass sie die Italiener am Schopf hatten, gingen sie weiter Vollgas – während Prandelli wieder nur seine zwei Stürmer auswechselte, aber sonst nichts tat, um die durch die System-Umstellung von Bilić entstandene kroatische Überlegenheit zu brechen. Viel mehr als das Remis über die Zeit zu zittern, brachten die Italiener nicht mehr zu Stande.

Fazit: Verdienter Punkt – mindestens

Das Spiel endete zwar 1:1, aber der klare Sieger der Begegnung heißt eindeutig Slaven Bilić. Er erkannte die Problemzonen, behob sie mit einer simplen System-Umstellung, und bekam das Spiel so komplett in den Griff. So ist es durchaus enttäuschend, dass Cesare Prandelli überhaupt nichts tat, um seine Mannschaft wieder hinein zu bringen. Als italienischer Coach ja eigentlich prädestiniert dafür, taktische Finessen aus dem Hut zu zaubern, und im Vorfeld des Turniers agierte auch kein Team mit so vielen verschiedenen System-Varianten wie Italien.

Natürlich: Kroatien ist noch lange nicht im Viertelfinale und die Italiener sind noch längst nicht aus dem Rennen, weil die Kroaten eben noch gegen Spanien ran müssen. Aber selbst, wenn Kroatien noch ausscheiden sollte, haben sie mit diesem Spiel alleine bereits bewiesen, dass sie ein würdiger Viertelfinalist wären. Und dass sich Lok Moskau auf einen guten Trainer freuen darf.

Das zweite Spiel des Tages kann man recht schnell abhandeln, weil die Erkenntnisse daraus gleich Null sind. Bei den Spaniern spielte gegen Irland Fernando Torres statt Cesc Fàbregas. Damit hatte der Weltmeister einen echten Stürmer im Zentrum, der die Innenverteidiger permanent beschäftigte, während vor allem David Silva die entstehenden Räume zu nützen versuchte.

Spanien - Irland 4:0 (1:0)

Vielleicht hätten die Iren Spanien wirklich nerven können, wenn nich schon nach vier Minuten Torres eine Schlafmützigkeit von Dunne zum 1:0 nützte. Damit war das Spiel im Grunde entschieden, 86 Minuten bevor es abgepfiffen wurde. Denn natürlich machten die Iren nicht auf, sondern versuchten weiterhin nur, das Ausmaß der sportlichen Katastrophe in Grenzen zu halten.

Mit zwei extrem tief stehenden Viererketten wurden die Räume eng gemacht und die Spanier spielten in gewohnter Manier, wie eine Handball-Mannschaft, drumherum und suchten nach der Lücke. Es ging von Beginn an nur um die Höhe des spanischen Sieges.

Mit dem 2:0, bei dem sich Silva zu Beginn der zweiten Hälfte gegen gleich drei irische Gegenspieler durchsetzte, war der Deckel endgültig drauf. Bis dahin holzten die Iren den Ball bei eigenen Angriffsversuchen nur nach vorne, oder, noch häufiger, spielten ihn sich in den Viererketten zweimal hin und her, eher man dem spanischen Pressing erlegen war.

Nach einer Stunde machten sie hinten etwas auf, um vielleicht doch noch zumindest das Ehrentor zu erzielen, was prompt bestraft wurde – ein simpler Pass in den Lauf von Torres hinter die Abwehr, und schon stand es 3:0. Del Bosque nützte die Gelegenheit des längst gewonnen Trainingsspielchens und gewährte Fàbregas, Javi Martínez und Santi Cazorla noch etwas Einsatzzeit – aber die Iren wussten nur durch ihren stimmgewaltigen und trotz des Debakels gut gelaunten Anhang zu begeistern.

Fazit: Klassenunterschied

Wie nicht anders zu erwarten war, gestaltete sich das Spiel dem riesiegen Klassenunterschied entsprechend. Irland hatte nie den Funken einer Chance und wusste das auch.

(phe)

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Dreierkette gegen Falsche Neun: Italien taktischer Punktsieger über Spanien https://ballverliebt.eu/2012/06/11/dreierkette-gegen-falsche-neun-italien-taktischer-punktsieger-uber-spanien/ https://ballverliebt.eu/2012/06/11/dreierkette-gegen-falsche-neun-italien-taktischer-punktsieger-uber-spanien/#comments Mon, 11 Jun 2012 01:17:07 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7442 Dreierkette gegen Falsche Neun: Italien taktischer Punktsieger über Spanien weiterlesen ]]> Endlich mal etwas Abwechslung im Einheitsbrei der Systeme: Spanien und Italien lieferten sich ein hochinteressantes Spiel. Die Spanier kamen ohne echten Stürmer, die Italiener hielten mit einer Dreierkette dagegen – und trugen beim 1:1 wohl den taktischen Punktsieg davon. Beide Teams müssen aber als eine Klasse stärker als die zwei Gruppengegner gelten. Der Qualitäts-Unterschied zum 3:1 der Kroaten gegen Irland war enorm.

Spanien - Italien 1:1 (0:0)

Hinten einen Viererkette, vorne ein Stoßstürmer, ein Drei-Mann-Zentrum im Mittelfeld – bei den meisten Teams bei dieser Europameisterschaft unterscheiden sich die Systeme kaum. Da war dieses Spiel zwischen den letzten beiden Weltmeistern ganz anders: Spanien spielte in einem Barça nachempfundenen 4-3-3 ohne Stoßstürmer, dafür mit Fàbregas als Falsche Neun; die Italiener hielten mit einem 3-5-2 dagegen, mit dem gelernten Sechser De Rossi als zentralen Mann in der Dreier-Abwehrkette.

Und vor allem: Mit Wing-Backs. Maggio und Giaccherini waren für das Gelingen der italienischen Taktik von ganz eminenter Bedeutung. Weil Silva und Iniesta, die Fàbregas flankierten, keine Flügelspieler sind, die die Linie halten und ohne einen körperlich robusten Spieler in der Offensive, der Flanken verwerten könnte, war es vollkommen klar, dass das Vorwärtsspiel der Spanier nur durch das Zentrum kommen konnte und die Außenvertedigier Alba und Arbeloa hauptsächlich dafür zuständig sind, die gegnerische Abwehrkette auseinander zu ziehen, um für die techisch guten Kollegen in der Mitte Räume zu schaffen.

Das klappte allerdings überhaupt nicht, was am exzellenten Positionsspiel von Maggio und Giaccherini lag. Hatte Spanien den Ball, zogen sie sich recht weit zurück, wodurch eine Fünferkette entstand – die kann man kaum auseinander ziehen. Im Ballbesitz aber preschten die beiden extrem nach vorne, was ihre Gegenspieler zwang, selbst weit zurück zu weichen.

Das System Juventus

Juve beim 1:1 bei Milan am 25. Februar

Zwar war es auf den Flügeln jeweils 1-gegen-1, aber wegen des zusätzlichen Spielers in der Abwehr konnten die Italienischen Außenspieler wesentlich gefahrloser Aufrücken. So war dem spanischen Spiel die Breite genommen und im Zentrum lief es sich auf zwei 3-gegen-3 Duelle hinaus – die Mittelfeld-Reihen gegeneinander und die drei vorderen Spanier gegen die italienische Dreierkette.

Die Italiener hatten den zusätzlichen Vorteil, dass sie nicht in ein völlig ungewohntes System gepresst wurden. Zwar wurde das im Nationalteam noch nicht praktiziert. Aber erstens hat sich Prandelli diese Möglichkeit immer offen gehalten, und zweitens spiele fünf Feldspieler (Bonucci, Chiellini, Pirlo, Giaccherini und Marchisio) dieses 3-5-2 bei Juventus, dazu ist Maggio im 3-4-2-1 von Napoli ebenso die Rolle als rechter Wing-Back gewohnt.

Spanisches Pressing greift nicht

Zusätzlich gingen die Italiener die Spanier recht früh an und störten damit zusätzlich das geplante iberische Kurzpass-Spiel. Die einzige Möglichkeit, zum Torabschluss zu kommen, waren Vorstöße von David Silva, aber da die Italiener hinten immer in Überzahl waren, fischten sie auch dem Mann von Man City die Bälle immer wieder vom Fuß.

Das geschickte Positionsspiel der italienischen Wing-Backs störte zu allem Überfluss auch noch das spanische Pressing. Weil sich Maggio und Giaccherini gegen den Ball recht weit hinten positionierten, mussten die spanischen Außenverteidiger recht weit nach vorne kommen – schließlich waren sonst die italienischen Außenspieler immer frei und das spanische Pressing im Zentrum wäre sinnlos. Wenn sie allerdings aufrückten, ließen sie hinter sich viel Raum für Balotelli und Cassano, den die beiden ungemein schnellen und trickreichen Stürmer gut ausnützen konnten.

Was natürlich auch für den für Balotelli eingewechselten Antonio di Natale gilt, der nach einer Stunde richtig startete und einen von Pirlo kommenden Pass in seinen Lauf zum 1:0 verwertete; vier Minuten später ließ sich De Rossi einmal kurz aus der Position ziehen und hinter im Fàbregas entwischen, was das 1:1 bedeutete.

Adjustierungen von Del Bosque

Nach den beiden Toren stellte der spanische Teamchef Del Bosque etwas um. Statt dem sehr zentral agierenden Silva kam nun Jesús Navas in die Partie, der, wie er das auch bei Sevilla macht, recht konsequent die Linie hielt. Logische Folge: Giaccherini wurde nun hinten mehr gebunden und Chiellini rückte immer wieder etwas raus, wodurch nun tatsächlich etwas Platz in der italienischen Abwehr entstand. Diesen wollte Del Bosque ausnützen, in dem er in der Folge Fàbregas rausnahm und mit Torres einen echten, gelernten Stürmer brachte.

Die immer mehr steigende Müdigkeit bei den Italienern wurde in der letzten Viertelstunde recht offensichtlich, zeigte sich aber mehr im unpräzise werdenden Aufbau- und Konterspiel, weniger in der Abwehr. De Rossi zeigte gute Übersicht und konnte den Ball mit gutem Auge an den Mitspieler bringen, und drosch die Kugel nicht blind nach vorne. Torres hatte zwar sehr wohl noch zwei ausgezeichnete Chancen, aber einmal klärte Buffon überragend und einmal zog er zu überhastet ab.

Prandelli ging bis zum Ende nicht von seinem System ab. Warum auch, es funktionierte ja – er hatte am Ende nur ein anderes Sturmduo (Di Natale und Giovinco) auf dem Feld als zu Beginn, in der Nachspielzeit wechselte er noch einmal, um an der Uhr zu drehen. Italien war recht deutlich mit dem 1:1 zufrieden und auch die Spanier konnten nicht so schlecht damit leben. Die letzte Konsequenz fehlte gegen Schluss beiden Teams.

Fazit: Hochinteressante Partie, korrektes Remis

Diese Partie war taktisch mal etwas anderes als im bisherigen Turnier. Klar – es sind die einzigen beiden Mannschaften, die vom in Europa so gut wie einheitlichen System abweichen. Dreierketten und tief spielende Neuner ohne Stoßstürmer gibt’s bei den anderen Teilnehmern nicht.

Cesare Prandelli fand das richtige Rezept gegen den Welt- und Europameister, indem er mit seinen Wing-Backs die Flanken kontrollierte, die Spanier noch mehr in die Mitte zwang als diese das wollten und dort geschickt zumachte. Die Spanier hatten einige Probleme, weil sie erst nach den Wechseln eine Alternative zur gewohnten, diesmal aber nicht zielführenden Spielanlage hatten.

Das Remis geht voll in Ordnung, aber wenn man so will, darf man Cesare Prandelli durchaus als Punktsieger im Duell der Strategen bezeichnen.

So aufregend das Spiel der beiden Top-Teams der Gruppe war, so wenig gab das Aufeinandertreffen von Kroatien mit Irland her. Was in erster Linie an den Iren lag. Die Mischung aus dem beschränkten technischen Rüstzeug der Mannen von der grünen Insel, verbunden mit der grundsätzlichen Vorsicht eines Giovanni Trapattoni, ist nicht gerade anspruchsvoll. Einsatz, Kampf und Härte sind Trumpf. Spielerische Mittel, nun ja, nicht so sehr.

Kroatien - Irland 3:1 (2:1)

Die Marschrichtung ist simpel: Über die Mittelfeld-Außen im extrem altbackenen 4-4-2 (Duff und McGeady) nach vorne kommen, in den Strafraum flanken, und dort darauf bauen, dass sich Keane und Doyle durchsetzen. Die beiden Spieler im Mittefeld-Zentrum (Andrews und Whelan) sind reine Zerstörer und im Spielaufbau unbrauchbar. Ihre einzige Aufgabe bestand darin, Modrić so gut es geht aus dem Spiel zu nehmen.

Kroatiens 4-4-2

Auch der kroatische Teamchef Slaven Bilić baute auf ein 4-4-2, allerdings wurde dieses deutlich offensiver interpretiert. In der Zentrale war Vukojević der einzige Sechser, er sicherte für Luka Modrić ab. Die Mittelfeld-Außen (Perišić und vor allem Rakitić) rückten ein, um den sehr fleißigen Außenvertedigiern das Aufrücken zu ermöglichen.

So spielte Rakitić fast einen zweiten Spielmacher neben Modrić, während Srna neben ihm praktisch die Linie auf- und abwetzte. Das schränkte Duff und McGeady ziemlich ein. Doch trotz der Überlegenheit in eigentlich jedem Bereich auf dem Feld brauchte es zwei Standardsituationen, um zum Erfolg zu kommen – denn so sehr sich Jelavić und Mandžukić auch bemühten, gegen die kompromisslosen irischen Innenverteidiger kamen sie kaum zum Zug.

Kroaten kontrollieren das Spiel

Natürlich musste auch bei den Iren ein Freistoß herhalten, um den zwischenzeitlichen Ausgleich zu erzielen. Aber nach dem 1:3 kurz nach der Pause, dem zweiten Tor von Mandžukić, fühlten sich die Kroaten sicher genug, um den Druck etwas entweichen zu lassen. Er war einfach zu offensichtlich, dass die Iren nur eine einzige Strategie hatten und diese von den nicht nur variableren, sondern auch individuell klar besser besetzten Kroaten recht locker unter Kontrolle zu halten war.

Die größte Gefahr für das Team von Slaven Bilić bestand in einem klaren Elferfoul von Schildenfeld an Keane, das Referee Kuipers allerdings unverständlicherweise nicht ahndete. Selbst die Wechsel bedeuteten bei den Iren keine Veränderung: Long und Walters erstetzten Doyle und Keane auf deren Positionen, und Cox ging statt McGeady auf die linke Seite.

Fazit: Wohl beide nicht gut genug für’s Viertelfinale

Die Iren sind ein sympatisches Völkchen mit originellen Fans. Die auf Einsatz und Kampfkraft bauende Spielweise der Nationalmannschaft ist für Freunde des erdigen Fußballs genau das richtige. Nur: Taktisch gibt es kaum langweiligere Teams. Das System ist stockkonservativ, extrem ausrechenbar und ein seiner Simplizität enorm anspruchslos. Das ging sich in der Quali-Gruppe gegen die ambitionierten, aber international unerfahrenen Armenier aus und im Playoff gegen das andere Überraschungsteam aus Estland – aber gegen eine auch nicht gerade überragend aufspielende kroatische Mannschaft ist das nicht annähernd genug.

Die Mannschaft um Luka Modrić muss sich aber ebenso noch deutlich steigern, um gegen Italien und Spanien bestehen zu können. Der Auftritt gegen Irland war alles andere als beeindruckend, vor allem die Innenverteidigung mit Ćorluka und Schildenfeld ist nicht gerade internationale Spitzenklasse und dass Modrić Probleme hat, wenn ihm Gegenspieler mit vollem Körpereinsatz kommen, wurde in diesem Spiel schon deutlich.

Klar ist nach dem ersten Spieltag der Gruppe C: Wenn es nicht Spanien und Italien sind, die hier ins Viertelfinale einziehen, käme das einer kleinen Sensation gleich.

(phe)

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Euro-Classics 2008 – „Komm, Ümit, nimm deine Leiter mit auf’s Feld!“ https://ballverliebt.eu/2012/05/30/euro-classics-2008-komm-umit-nimm-deine-leiter-mit-aufs-feld/ https://ballverliebt.eu/2012/05/30/euro-classics-2008-komm-umit-nimm-deine-leiter-mit-aufs-feld/#comments Wed, 30 May 2012 08:23:35 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7215 Euro-Classics 2008 – „Komm, Ümit, nimm deine Leiter mit auf’s Feld!“ weiterlesen ]]> Was bleibt für Österreich von der Heim-EM? Ein paar gute Sprüche von Josef Hickersberger („Haben nur unsere Stärken trainiert, darum war die Einheit nach 15 Minuten vorbei“). Zu spätes Aufwachen gegen Kroatien. Eine Lastwagenladung vergebener Großchancen gegen Polen. Und ein Endspiel gegen Deutschland, in dem Michael Ballacks Gewaltschuss das Ende besiegelte. Aber auch Formationen, in denen seither kein ÖFB-Team mehr gespielt hat – vor allem das 3-4-2-1 gegen Kroatien und das für dieses Spiel perfekt passende 3-4-3 gegen die Deutschen. In in dieser Gruppe auch so ihre Mühe hatten.

Österreich - Kroatien 0:1 (0:1)

Österreich-Kroatien 0:1 (0:1)

Ein Rempler von Aufhauser, ein Pfiff von Referee Vink – das Spiel war 2 Minuten und 42 Sekunden alt, als es die richtige Entscheidung auf Elfmeter gab. Luka Modrić verwandelte sicher.

Die Österreicher? In einer Schockstarre, und die ultra-defensive Aufstellung half dabei nicht weiter. Nominell schickte Hickersberger ein 3-4-2-1 auf’s Feld, mit nur drei offensiv denkenden Spielern, und die waren zunächst weitgehend vom Spiel abgeschnitten. Das lag auch an den Wings-Backs – was Standfest und vor allem Gercaiu an Pässen ins Nirwana schlugen oder gleich direkt zum Gegner, war ein Wahnsinn.

Hinzu kam, dass die Kroaten mit der Art und Weise, wie sie ihr 4-4-2 interpretierten, die Schwächen der Österreicher gut nützten. Kranjčar zug vom linken Flügel gerne in die Mitte, beschäftigte dort Aufhauser, während Pranjić auf dem Flügel blieb und Standfest dort hielt. Womit er Modrić half, die Zeit für seine intelligenten Pässe zu haben. Auf der anderen Seite hielt sich Ćorluka eher zurück und unterstützte Niko Kovač, dafür preschte Darijo Srna viel nach vorne und hatte gegen den überforderten Gercaliu keine Probleme.

Vorne bewegten sich Olić und Petrić viel und gut, kam gegen die Dreierkette eher von außen oder bewegten sich von innen nach außen, um einen Verteidiger rauszuziehen und in der Mitte Löcher zu schaffen. Eine halbe Stunde lang zogen die Kroaten Österreich am Nasenring durch’s Stadion. Die Lage entspannte sich für den Gastgeber erst, als sich die Kroaten etwas zurücknahmen.

Doch nicht nur dass Hickersberger nicht sofort auf die Unzulänglichkeiten reagiert hätte, nein, sogar zu Beginn der zweiten Halbzeit änderte er genau nichts. Der effektivste Weg nach vorne blieben 60m-Bälle von Pogatetz zu Harnik (die gab’s im Fünf-Minuten-Takt) und selbst, als er nach einer Stunde Vastic für Säumel brachte, bedeutete das keine offensive Umstellung. Weil Vastic genau jene Position im defensiven Mittelfeld einnahm, die zuvor Säumel inne gehabt hatte. Erst nach 70 Minuten drehte sich die Partie zu Gusten der Österreicher, als Ümit Korkmaz statt Gercaliu kam und Hickersberger auf ein 4-3-3 umstellte – mit Korkmaz links und Harnik rechts als Außenstürmer, Kienast als Stoßstürmer; dahinter Ivanschitz als Zehner, Vastic als Achter und Aufhauser als Sechser.

Vor allem die jugendliche Energie von Korkmaz und das Tempo von Harnik gegen den langsamen Šimunić nagelten die Kroaten hinten fest. Denen war bis dahin alles viel zu leicht gegangen und sie hatten sich selbst eingelullt. Auf die plötzliche Gefahr und den Sturmlauf der bis dahin komplett harmlosen Österreicher reagierten sie mit greifbarer Nervosität, billigen Fehlpässen und einem gehetzten Gesichtsausdruck.

Erst, als Bilić sieben Minuten vor dem Ende mit Vukojević (statt Olić) einen zweiten Sechser brachte und auf ein 4-2-3-1 ging, beruhigte sich die Lage, weil die Sechser nun außen helfen konnten und die Mitte durch Modrić immer noch abgedeckt war. Die Auftaktpartie der Österreicher ging also mit 0:1 verloren, und es blieb die Erkenntnis, dass es 70 Minuten zu lang gedauert hat, bis man sich endlich getraut hat, die Kroaten unter Druck zu setzen.

Deutschland - Polen 2:0 (1:0)

Deutschland – Polen 2:0 (1:0)

Die Polen sind so etwas wie Quali-Experten: Der Weg zu einem Großereignis wird recht souverän bestritten, aber beim Turnier selbst geht nicht viel. Das war 2002 der Gall, 2006 ebenfalls, und 2008 machte da auch keine Ausnahme.

Mit ihrem holländischen Teamchef Leo Beenhakker stellten sich die Polen in ihrem ersten Spiel den Deutschen in einem 4-2-3-1 entgegen, allerdings nicht ohne Flaws. Die Außenverteidiger Golański und Wasilewski machten sehr wenig nach vorne und der auf die Zehn gestellte Jacek Krzynówek ist eher ein Flügelspieler.

Immerhin: Gegen das Mittelfeld-Duo im deutschen 4-4-2, Ballack und Frings, gelang es gemeinsam mit den Sechsern Dudka und Lewandowski, das Zentrum zu kontrollieren und die Deutschen auf die Flügel zu zwingen. Dort spielten Podolski links (was zu diesem Zeitpunkt eine komplette Neuheit war) und Fritz ersetzte den nicht ganz fitten Schweinsteiger auf der rechten Außenbahn.

Die Deutschen kontrollierten den Ball, rieben sich aber im Zentrum auf und bekamen überhaupt keinen Zugriff auf den Mittelkreis. Die erste Aktion, in der es doch mal über die Mitte ging, verwertete Podolski zum 1:0 nach zwanzig Minuten. Das Problem mit dem Zentrum blieb aber bestehen. Die Polen wurden zwar (mit einer einzigen Ausnahme nach rund einer halben Stunde) überhaupt nicht gefährlich, aber das zugemachte Zentrum setzte den Deutschen zu – Vorwärts-Läufe von Metzelder sollten immer wieder Abhilfe schaffen, taten das aber nicht wirklich.

Für die zweite Hälfte stellte Beenhakker um, brachte Guerreiro für die Zehn, stellte Krzynówek auf dessen linke Seite und Smolarek ging für den ausgewechselten Żurawski in die Spitze. Mit dem gebürtigen Brasilianer kam merklich Schwung ins Offensiv-Spiel der Polen, auch weil Krzynówek gegen Fritz ganz gut agierte. Löw konterte wenige Minuten später, indem er Schweinsteiger für Fritz brachte – aber weniger für die rechte Seite, sondern eher in eine zentralere Rolle um die Unterzahl dort etwas auszugleichen. Das erforderte im Gegenzug von Lahm, dass er deutlich mehr nach vorne marschierte als zuvor.

Zudem kam mit Schweinsteiger mehr Kampfkraft ins deutsche Spiel und eine zusätzliche Option für Angriffe, die nicht nur über die Flanken gingen. Ehe es ein guter Einsatz des neuen Mannes war, der in der 70. Minute das 2:0 für Deutschland einleitete. Das sicherte den Arbeitssieg der deutschen Mannschaft, aber die Probleme wurden selbst gegen die harmlosen Polen schon angedeutet: Im 4-4-2 fehlt es an Optionen im Zentrum, auch weil Frings ein reiner Zerstörer ist und Ballack in der Gestaltung aus dem Zentrum auf sich alleine gestellt war.

Stand nach dem ersten Spieltag: Deutschland 3, Kroatien 3, Österreich 0, Polen 0.

Kroatien – Deutschland 2:1 (1:0)

Wenn das die biederen Polen schon zumindest kontrollieren können, nützen das die individuell deutlich besseren Kroaten natürlich gnadenlos aus. Bilić stellte Kranjčar als hängende Spitze hinter Olić. Dadurch, dass sich Kranjčar bei Bedarf ins Mittelfeld zurückziehen konnte, war dort ein 3-gegen-2 gegen Frings und Ballack.

Kroatien - Deutschland 2:1 (1:0)

Womit die Kroaten das Zentrum in der Hand hatten und durch die aktiven Außenspieler von den Deutschen nichts befürchte mussten. Vor allem Ćorluka und Srna hatten keinerlei Mühe, auf der anderen Seite ließen sich Lahm und Fritz von den sich sehr gut bewegenden Pranjić und Raikitić oft aus der Position ziehen – so entstand das 1:0 von Srna nach einer Flanke von Pranjić.

Doch nicht nur die deutschen Spieler lieferten eine schwache Performance ab, auch Joachim Löw trug dazu bei. Er brachte für die zweite Hälfte Odonkor statt Jansen, dafür ging Lahm nach links, Fritz nach hinten und Odonkor auf die rechte Mittelfeld-Seite. Ein Komplett-Flop – denn Odonkor konnte kaum Bälle halten. Konnte sein Tempo nicht ausspielen, weil er erstens zu hoch stand und zweitens nie steil geschickt wurde. Und drittens war Pranjić noch freier als zuvor.

Zudem wurde auch das fragwürdige Positionsspiel der Außenverteidiger im Rücken der offensiven Mittelfeld-Außen nicht besser, so fiel das 2:0 durch Olić nach einer Stunde, weil Rakitić unbedrängt flanken hatten dürfen. Löw stellte wiederum nur innerhalb des Systems um – Gomez raus, Podolski nach vorne, Schweinsteiger rein – und behob das Grundproblem nicht. Ballack rückte zwar auf, aber Frings war mit dem sehr mobilen und gerne auf der Tiefen kommenden Modrić etwas überfordert.

Zwar fiel zehn Minuten vor Schluss der Anschlusstreffer durch Podolski. Doch schoss sich Löw mit seiner dritten Umstellung endgültig ins Knie: Kuranyi kam (für Fritz), es wurde auf ein 4-3-3 mit drei klaren Stürmern umgestellt, und Odonkor musste auf die LV-Position. Dort war dieser aber dermaßen verunsichert, dass es da wieder vermehrt Gefahr gab – während die Kroaten hinten nun mit einer Fünferkette (Knežević war für Kranjčar gekommen) das 2:1 über die Zeit schaukelte. Und am Ende sogar einer mehr war, weil Schweinsteiger nach einer Tätlichkeit die rote Karte sah.

Eine verdiente Niederlage für Deutschland in einem der wenigen Spiele, dass Jogi Löw komplett vercoacht hat.

Österreich - Polen 1:1 (0:1)

Österreich – Polen 1:1 (0:1)

Nein, eine Offensiv-Taktik gegen Polen werde es nicht geben. Nein, Ümit Korkmaz wird nicht von Beginn an spielen. Ja, es wird wieder genauso ultra-vorsichtig angelegt wie gegen Kroatien. Pepi Hickersberger verscheißerte mit seinen Aussagen im Vorfeld der Partie nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch Leo Beenhakker, denn der stellte Żewłakow auf die linke Abwehr-Seite, um dort auf Harnik aufzupassen, dafür mit Bąk und Jop zwei robuste, aber langsame Innenverteidiger gegen Linz.

Zudem trug er seiner Mannschaft auf, mit einer extrem hohen Verteidigungslinie zu spielen, um die Österreicher, wenn sie sich schon hinten einigelten, wenigsten mit Manpower zu überfahren. Was für ein grandioser Fehler das war! Hickersberger schickte ein seltsames Mittelding aus 4-3-3 und 4-2-4 auf’s Feld, in dem Linz und Harnik zentraler agierten, Ivanschitz tendenziell von der linken Seite kam. Und in dem die hohe Linie der Polen höchst offensichtlich bloßgestellt wurde – weil Jop fürchterlich spielte, Wasilewski mit Korkmaz nicht mitkam, Żewłakow keine Ahnung hatte, wen er decken sollte, und man daraus auch nicht lernte.

Zumindest nicht, ehe Harnik und Leitgeb diverse Male im Rücken der Abwehr alleine auf Boruc zugelaufen waren, es aber immer irgendwie geschaffte hatten, den Ball nicht im Tor unterzubringen. Und bis Roger Guerreiro, den Beenhakker diesmal auf die Zehn in seinem 4-2-3-1 stellte, völlig entgegen des Spielverlaufs zum 1:0 für Polen traf. Dabei stand er zwar meterweit im Abseits, aber das Tor zählte.

Die Polen reagierten auf den unverhoffte Führung gut: Zum einen zogen sie ihre Vertedigungslinie 30 bis 40 Meter zurück, zum anderen setzten sie den jeweils ballführenden Österreicher unter Druck, sodass das ÖFB-Team erst mal gar nicht dazu kam, sich schnell zu erholen und sofort zurück zu schlagen. Zudem stellte Beenhakker für die zweite Hälfte seine Viererkette um, nahm den inferioren Jop raus und brachte mit Golański einen gelernten Linksverteidiger. Somit stand auch die Abwehr besser, Korkmaz kam kaum mehr durch und die Fehlpässe im österreichischen Aufbau häuften sich.

Daran änderte sich auch nichts, als Vastic für Ivanschitz kam – der 39-Jährige war unsichtbar, schlug schreckliche Ecken, noch schrecklichere Freistöße und war eigentlich ein untragbarer Zustand – und auch nicht, obwohl mit Kienast (für Linz) ein Stürmer kam, der die Bälle besser halten konnte. Die Polen standen tief, machten die Räume eng; raubten den Österreichern so deren größter Stärke (dem Tempo) und förderten deren größte Schwäche (Spielgestaltung gegen einen defensiven Gegner) zu Tage. Die Maßnahme, Passgeber Säumel statt des Zerstörers Aufhauser zu bringen, war ein Schritt in die richtige Richtung, aber es brauchte einen Elfer in der Nachspielzeit, um doch noch zum Ausgleich zu kommen. Referee Webb ahndete ein Trikotvergehen von Bąk an Prödl, Vastic verwertete eiskalt. Die einzige gelungene Aktion des Oldies, aber sie rettete das 1:1 und damit die Chance auf das Viertelfinale.

Stand vor dem letzten Spieltag: Kroatien 6, Deutschland 3, Österreich 1, Polen 1.

Polen - Kroatien 0:1 (0:0)

Polen – Kroatien 0:1 (0:0)

Die Kroaten waren indes bereits fix Gruppensieger, weswegen Slaven Bilić gegen Polen die Reservisten ran ließ. Was aber nicht bedeutete, dass diese locker ließen. Im Gegenteil, vor allem Vukojević  und Porkivač im zentralen Mittelfeld machten komplett zu.

Beenhakker ließ mit Murawski einen zusätzlichen Mann für das offensive Mittelfeld ran, dahinter spielte der grimmige Lewandowski als alleiniger Sechser; Dudka ging in die Innenverteidigung. Was aber alles nichts daran änderte, dass das Spiel der Polen zu langsam und zu umständlich von Statten ging. Da Lewandowski keiner für die Spieleröffnung ist, standen Murawski und Guerreiro alleine gegen Vukojević  und Porkivač, da gab es kein Durchkommen.

Und weil mit Wasilewski und Wawrzyniak auch die Außenverteidiger nicht genug Dampf nach vorne machten um die Flügelspieler Łobodziński und Krzynówek zu unterstützen, hatte Kroatien keine groben Probleme. Im Gegenteil, vor allem Danijel Pranjić zeigte große Spielfreude, hinterlief Rakitić oft und legte auch das Siegtor von Rakitić kurz nach der Pause auf.

Beenhakker versuchte für die zweite Halbzeit, das Passspiel im Mittelfeld zu stärken, indem er Lewandowski aus dem Spiel nahm, Dudka nach vorne zu und Kokoszka neu für die Verteidigung brachte, und tatsächlich merkte man nun schon, dass das Mittelfeld einen sichereren Eindruck machte. Aber dennoch: Chancen konnte man sich bis zum Schluss keine herausspielen. Eine Qualitätsfrage; bei Kroatien machte auch die B-Elf einen guten Eindruck, bei den Polen fand man eben kein Rezept. Darum ist die eine Mannschaft Gruppensieger, die andere Gruppenletzte.

Österreich – Deutschland 0:1 (0:0)

Österreich - Deutschland 0:1 (0:0)

Nein, großgewachsen sind die österreichischen Offensiv-Kräfte nicht. Mertesacker und Metzelder in der deutschen Abwehr aber schon. „Soll ich jetzt sagen“, sagte Hickersberger vor der Partie, „Komm, Ümit, nimm deiner Leiter mit auf’s Feld?“ Ob er es tat, ist nicht überliefert. Korkmaz spielte aber. Genau wie Harnik – und Hoffer statt Linz in der Zentrale.

Überhaupt war das System ziemlich un-österreichisch. Mit einem astreinen 3-4-3 lief Österreich auf. Als Folge einer Reihe von Überlegungen, die allesamt Sinn machten. Hinten standen also Stranzl, Hiden (statt des gesperrten Prödl) und Pogatetz in einer Dreier-Kette gegen das Sturm-Duo Klose/Gomez. Im Zentrum kümmerte sich Aufhauser um Ballack, während Ivanschitz den Spielgestalter gab – ausgeglichene personelle Verhältnisse, bei Ballack und Frings war die Aufteilung ähnlich.

Der Clou war aber, dass Garics (rechts) und Fuchs (links) als Wing-Backs sehr hoch agieren konnten, somit einerseits Fritz und vor allem Podolski am Offensiv-Drang hindert konnten. Und andererseits, dass sie die beiden Außenstürmer Korkmaz und Harnik unterstützen konnten, ohne dabei defensiv in Troubles zu kommen, weil ja noch die Außenspieler der Dreierkette absichern konnten. Womit Friedrich und Lahm komplett hinten festegenagelt wurden.

Und weil eh kein Österreicher gegen Merte und Metze ein Kopfballduell holen könnte, durfte Wusler Jimmy Hoffer im Zentrum ran – den langen Kienast behielt Hicke als Joker auf der Bank. Hoffer war zwar extrem nervös, konnte kaum einen Ball stoppen und verstolperte einige gute Möglichkeiten, die Überlegung hinter seiner Nominierung war aber nachvollziehbar.

Nach einem von Gomez – der ein schreckliches Turnier spielte – aus einem Meter vergeben Torchance spielte dann auch nur noch Österreich. „Die Deutschen scheißen sich jetzt in die Hose“, hatte Martin Harnik im Vorfeld etwas gar vollmundig gemeint – der U20-Held von Kanada war zum Zeitpunkt des Turniers immerhin Stammspieler in Bremens Regionalliga-Team – und eine gewisse Verunsicherung war beim DFB-Team durchaus zu spüren. Weil eben wie schon in den ersten beiden Spielen das Mittelfeld-Zentrum neutralisiert wurde und durch die extrem offensiven Außen der Österreicher auf über die Flanken keine Impulse gesetzt werden konnten.

Alleine, die Konsequenz im Abschluss fehlte. Gerade Per Mertesacker machte eine starke Partie und Jens Lehmann war, anders als noch beim Testspiel im Februar ’08, recht sicher. So war Österreich die aktivere Mannschaft, die den Gegner mit einem passenden System erfolgreich bekämpfte, aber zur Halbzeit stand es Null zu Null. Übrigens nicht nur an Toren, sondern auch an Trainern in den Coaching-Zonen: Löw und Hickersberger mussten in der 40. Minute beide auf die Tribüne, weil sich der vierte Offizielle, Damir Skomina, bemüßigt fühlte, sich zwischen den lautstark Anweisungen gebenden Teamchefs etwas wichtig machen zu müssen.

Ein Unentschieden reichte den Deutschen für das Viertelfinale, aber sich auf ein 0:0 zu verlassen war gegen die beherzten Österreich doch etwas riskant. Ehe sich in der 48. Minute das Spiel mit nur einem Sechser rächte und Ivanschitz im Zurücklaufen in einen Defensiv-Zweikampf mit Lahm zu spät kam. Gelb, Freistoß aus 30 Metern – und dieser wurde per Gewaltschuss von Ballack, unhaltbar für Macho, zum 1:0 für Deutschland verwertet.

Letzte halbe Stunde

Der ein halbes Jahr nach diesem Spiel an Krebs verstorbene Peter Persidis, der nun in Vertretung von Hickersberger die Geschicke auf der Bank leitete, stellte nach einer Stunde um. Er löste die Dreierkette auf, brachte die Ballverteiler Säumel und Leitgeb statt der Zerstörer Aufhauser und Hiden; zudem stellte er mit Kienast (statt Harnik) nun doch einen Langen in den Strafraum.

Österreich warf mit dem Mut der Verzweiflung alles nach vorne. Garics übernahm die rechte Seite im Alleingang, auf der linken taten Fuchs und Korkmaz ihr möglichstes; dazu war Leitgeb sehr aktiv. Aber bis auf einen Drehschuss von Hoffer, der knapp links am Tor vorbeiging, gab es keine wirklichen Chancen mehr. Ein Spiegelbild des Turniers für das ÖFB-Team: Bemüht, zuweilen durchaus ansehnlich, aber harmlos vor dem Tor.

Am Ende schwanden neben der Hoffnung nach naturgemäß auch die Kräfte. Vor allem Philipp Lahm nützte das vermehrt für Vorstöße, und in der Schlussphase war die deutsche Mannschaft doch die mit den größeren Reserven. Der kurz vor Schluss für den schwachen Podolski gekommene Neuville vergab in der Nachspielzeit noch die Chance auf das 2:0. Aber das machte keinen Unterschied mehr.

Endstand der Gruppe: Kroatien 9, Deutschland 6, Österreich 1, Polen 1.

Österreich belegte am Ende verdientermaßen den dritten Gruppenplatz. Man zeigte sich engagierte und kompakter als das Team aus Polen, das in zweieinhalb Spielen klar schlechter war als der Gegner. Es wurde aus Sicht des Gastgebers nicht die allseits befürchtete Total-Blamage, konditionell war man voll dabei und ab der zweiten Hälfte gegen Kroatien passte auch der Einsatz. Das alles konnte aber nicht über die fehlende Klasse, das fehlende technische Rüstzeug und die fehlende internationale Erfahrung in Teilen der Mannschaft hinweg täuschen.

Das alles zeigten die Kroatien klar am Besten, die zittrige Schlussphase gegen Österreich war der Mannschaft ganz deutlich eine Warnung, das Spiel gegen Polen wurde selbst vom B-Team mit großer Ernsthaftigkeit durchgespielt. Die deutsche Mannschaft zeigte in allen drei Spielen, dass das 4-4-2 mit Frings und Ballack im Zentrum keine Option mehr war, mit der man im Turnier noch viel erreichen hätte können. Darum war der 1:0-Arbeitssieg gegen den Gastgeber auch das letzte Spiel mit dieser Formation. Schon im Viertelfinale gegen Portugal kam die System-Umstellung…

(phe)

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