Island – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Fri, 13 Jul 2018 04:13:15 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Europas zweite Reihe bei der WM 2018: Fundament der Top-Bilanz https://ballverliebt.eu/2018/07/12/wm-2018-russland-schweden-daenemark-schweiz-serbien-island-polen/ https://ballverliebt.eu/2018/07/12/wm-2018-russland-schweden-daenemark-schweiz-serbien-island-polen/#comments Thu, 12 Jul 2018 09:26:48 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15018 Europas zweite Reihe bei der WM 2018: Fundament der Top-Bilanz weiterlesen ]]> Ein unermüdlicher Gastgeber. Drei skandinavische Teams, die das zufrieden sein dürfen. Und drei Teams, sie sich mehr erhofft haben. Europas „zweite Reihe“ bei dieser WM – also Russland, Schweden, Dänemark, Island, die Schweiz, Serbien und Polen – hat dazu beigetragen, dass es die die UEFA-Teams eine so starke Bilanz vorzuweisen hat.

1,97 Punkte pro Spiel haben die 14 europäischen Teams in der Gruppenphase (also in jenem Abschniss in dem noch alle Teilnehmer im Turnier sind) erreicht. In den letzten 36 Jahren war er nur einmal noch mehr (2006). Das ist nur möglich, wenn auch die vermeintlich Kleinen relativ tief in den Punktetopf greifen.

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LINK-TIPP: Europas zweite Reihe bei der WM 2014

Russland: Limitiert, unermüdlich, diszipliniert

Was macht man, wenn man nicht kicken kann? Man lässt es bleiben. So könnte man die Herangehensweise des Gastgebers beschreiben. Spielerisch waren die russischen Auftritte bei WM 2014 und EM 2016 (jeweils raus in der Vorrunde) am Ärmlichkeit kaum zu überbieten gewesen. Also verzichtete man unter dem ehemaligen Tirol-Coach Stanislav Tcherchessov einfach daruf, die Kugel zu haben.

Mit 39 Prozent Ballbesitz hatte man den drittniedrigsten Wert aller Teilnehmer. Und: Man lief. Ohne Unterlass. Die fünf Spieler, die nach dem Viertelfinale die meisten Kilometer an dieser WM abgespult haben, waren allesamt Russen. Einer davon, Abwehr-Chef Ignashevitch, ist 38 Jahre alt. Anders als die Kroaten – die ebenfalls 510 Minuten, also fünf Spiele mit zwei Verlängerungen absolviert hatten – zeigte sich bei den Russen allerding keine Anzeichen von Ermüdung. Angesichts der unrühmlichen Rolle, die Russland in Sachen Doping spielt, ist all dies zumindest erwähnenswert. Zumal Tcherchessov verschmitzt grinste, als er in Interviews vom „guten Programm in der Vorbereitung“ sprach.

In jedem Fall aber schaffte es Tcherchessov, eine ausgesprochen disziplinierte Truppe auf den WM-Rasen zu stellen. Schwächen in Eröffnung (Kutepov überließ den ersten Pass fast immer Ignashevitch, der seinerseits keine Koryphäe ist) wurden mit den starken Außenspielern Fernandes (rechts) und Tcherishev (links) kompensiert. Der noch relativ junge Roman Sobnin zeigte starke Übersicht, Torhüter Akinfejev machte fast keine Fehler.

Und vor allem: Die Chancenverwertung war absolute Weltklasse. In Vorrunde erspielte sich Russland in drei Matches einen mäßigen Expected-Goals-Wert von 2,9 Toren (Platz 24 von 32, laut 11tegen11), traf aber achtmal ins Schwarze. Es wurden vor allem beim 5:0 gegen Saudi Arabien und beim 3:1 gegen Ägypten zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Entscheidungen getroffen. Ein wenig Abschlussglück war auch dabei.

Systematsich blieb Tchertchessov dem 4-4-1-1 mit Ausnahme des Achtelfinales gegen Spanien (5-4-1) durchwegs treu, unabhängig vom Personal. Angesichts der mangelnden Qualität hat Russland ein sehr vorzeigbares Turnier absolviert.

Schweden: Altbacken zum Favoritenschreck

Heimsieg in der Qualifikation gegen Frankreich. Holland eliminiert, Italien eliminiert, gegenüber Deutschland die WM-Gruppenphase überstanden. Die Schweiz niedergerungen. Und erst im Viertelfinale an England gescheitert. Mit Spielern von deutschen Absteigern, englischen Zweitligisten, russischen Mittelständlern und der Scheich-Liga aus den Emiraten.

Dieses Team muss doch etwas ganz besonders machen. Oder? Nein. Schweden ist weiterhin das Vorzeige-Team, was biederen, aber gut aufeinander abgestimmten 4-4-2-Fußball angeht. Einziger Unterschied zu den letzten Turnieren: Zlatan ist nicht mehr da.

Norrköpings Meistertrainer Janne Andersson hat vor zwei Jahren das Teamchef-Amt übernommen, mit dem Auftrag, die Trekronor-Mannschaft in eine Zukunft ohne Ibrahimovic zu führen. Das hat er gemacht, und auf dem Weg auch noch einige U-21-Europameister von 2015 eingebaut – wie Lindelöf und Augustinsson, die Stamm sind. Wie Hiljemark und Thelin, die zu Joker-Einsätzen kamen. Wie Helander, der zumindest im Kader war.

Das schwedische Spiel ist sehr reaktiv und darauf ausgelegt, nicht in Rückstand zu geraten. Gegen Südkorea wurde den Schweden der Ball aufgedrängt, es brauchte einen Elfmeter zum 1:0-Sieg. Gegen Deutschland unterlag man erst tief in der Nachspielzeit. Mexiko riss man hingegen bei Kontern in Stücke und gewann 3:0. Gegen die Schweiz hatte man wieder weit unter 40 Prozent Ballbesitz, nützte aber eine von zwei Torchancen zum 1:0-Sieg.

Als man gegen England allerdings doch nach einer halben Stunde in Rückstand geriet, gingen schnell die Ideen aus. Mehr als zwei, drei mittelprächtige Torgelegenheiten gingen sich nicht mehr aus. So ist das Viertelfinale definitiv das Optimum, was aus dem Kader herauszuholen war. Vermutlich sogar mehr.

Dänemark: Glanzlos ins Achtelfinale

Danish Dynamite? Nein. Vom explosiven und temporeichen Spielstil der 1980er und 90er ist nichts mehr übrig. Selbst die pragmatischeren Nuller-Jahre unter Morten Olsen waren wesentlich einprägsamer als jenes Spiel, das Dänemark nun immerhin ins WM-Achtelfinale gebracht hat.

Dabei hatte Åge Hareide zu Beginn seiner Amtszeit vor zwei Jahren einige spannende und teilweise spektakuläre Experimente abgeliefert, gerne auch mit dem potenziell genialen, aber oft nicht verlässlichen Højbjerg. Nur: Die Resultate passten nicht. Also wurde auf Sicherheit gespielt, back to basics, und das WM-Ticket wurde auf diese Weise noch gesichert. Mit einer sichere. Defensive und Tempo auf den Außenbahnen (Poulsen von Leipzig, Sisto von Celta Vigo, Braithwaite von Bordeaux). Und mit Christian Eriksen, der für die individuellen Momente sorgen soll. Viel mehr hatte Dänemark bei der WM nicht zu bieten.

Im Turnierverlauf ging mit Andreas Christensen auch noch ein Innenverteidiger auf die Sechs (für den verletzten Kvist). Die Dänen spielten sich in allen ihren vier Spielen praktisch keine nennenswerten Torchancen heraus, ließen aber auch nicht viel zu. So besiegte man Peru mit 1:0 und holte gegen Australien den nötigen Punkt. Im Achtelfinale gelang es durch Mannorientierungen sehr gut, Modrić und Rakitić zu neutralisieren. Den Kroaten war man dann erst im Elfmeterschießen unterlegen.

Es ist das beste WM-Abschneiden seit 2002, als es ebenfalls ins Achtelfinale gegangen ist. Dem ließ man damals zwei Jahre später ein EM-Viertelfinale folgen. Das wäre diesmal aus heutiger Sicht eher eine Überraschung. Dänemark ist eine solide Truppe, die kaum Fehler macht. Die individuelle Qualität in der Breite war früher aber deutlich höher.

Schweiz: Am gläsernen Plafond

Warum geht es im entscheidenden Moment immer schief? Wo sind die vermeintlichen Führungsspieler? Halten wir Beobachter die Nati und sie sich auch selbst für besser, als sie ist? Die Schweizer Medienlandschaft ging nach dem Achtelfinal-Aus gegen Schweden sehr hart mit ihrem Team ins Gericht.

Das ist Jammern auf hohem Niveau. Bei der WM 2018, der EM 2016 und der WM 2014 hat die Schweiz stets die Vorrunde überstanden, war bei sieben der letzten acht Großturniere qualifiziert. Aber das Achtelfinale scheint eine gläserne Decke zu sein, welche nicht durchbrochen werden kann. Auch diesmal präsentierten sich die Eidgenossen als renitenter Gegner für die Großen (wie beim 1:1 gegen Brasilien) und als kampfstark in offenen Spielen gegen Gegner auf Augenhöhe (wie beim 2:1 gegen Serbien).

Gegen Costa Rica (2:2) und im Achtelfinale gegen Schweden (0:1) zeigte sich aber auch, dass gegen defensiv eingestellte Kontrahenten ein wenig das Tempo und die Kreativität fehlt. In diesen beiden Partien hatten die Schweizer jeweils über 60 Prozent Ballbesitz. Aber vor allem gegen Schweden keine einzige gute Torchance. Damit ist dieses Schweizer Team – in dem auch die Mischung zwischen Routine und Jugend stimmt – gehobener Durchschnitt, der eigentlich nie patzt, aber die Erwartungen auch nie übertrifft.

Serbien: Überwiegend sich selbst geschlagen

Der Schweizer Gruppengegner Serbien ist dafür vor allem an sich selbst gescheitert. An einem völlig unnötigen Trainerwechsel, einem peinlichen Hickhack zwischen Verband und sportlicher Leitung. Den eigenen Nerven. Und, ja, ein wenig auch an Referee Felix Brych.

Die taktisch punktgenau eingestellte und fast immer sehr gut funktionierende Truppe, die Ex-Teamchef Slavoljub Muslin in der Qualifikation auf die Beine gestellt hat, wich unter seinem (bestenfalls) unerfahrenen Nachfolger Mladen Krstajić einem ziemlich gewöhnlichen, teilweise uninspirierten Spiel. Jetzt ist zwar Sergej Milinković-Savić drin (auf den Muslin zum Ärger des Verbands konsequent verzichtet hatte), aber es ist im Gegenzug alles weg, was Serbien zuvor stark gemacht hatte.

Dabei zeigten die ersten 20 Minuten gegen die Schweiz, dass viel mehr in diesem serbischen Team steckte, als es in der überwiegenden Mehrheit der anderen 250 Vorrunden-Minuten zeigte. Aber selbst in diesem Match wurde man viel zu früh viel zu passiv, überließ den Schweizern die Initiative, ohne selbst defensiv sicher genug zu stehen. Der verweigerte Elfmeter beim Stand von 1:1 war sicher ein schwerer Schlag, alleinschuldig an der Niederlage und dem damit verbundenen frühen (De-Facto)-Ausscheiden ist er aber nicht.

Zu wenig Substanz war beim 1:0-Sieg über Costa Rica, durch einen Freistoß gesichert, zu sehen. Gegen Brasilien gab es starke zehn Minuten in der zweiten Hälfte, aber viele Spieler schienen sich schon von Vornherein mit der Aussichtslosigkeit des Unterfangens abgefunden zu haben.

Serbien ist vor drei Jahren U-20-Weltmeister geworden, hatte immer talentierte Spieler. Milinković-Savić wird weiter reifen, Milenković und Veljković können ein sehr gutes Vertedigier-Duo werden. Mitrović ist kein Edel-Kicker, aber als kopfballstarke Kampfsau recht brauchbar. Fünf Weltmeister – neben Milinković-Savić (Lazio) auch Gaćinović (Frankfurt) und Veljković (Bremen) sowie Živković (Benfica) und Torhüter Rajković (Maccabi Tel-Aviv) – sind in ihren Klubs Stammkräfte und werden das Nationalteam noch ein Jahrzehnt tragen können.

Island: Die eigenen Mittel ausgeschöpft

Die Nordmänner von der Atlantik-Insel zeigten auch bei ihrem zweiten Turnier auf Erwachsenen-Level (2011 war der Kern dieses Teams ja bei der U-21-EM und hat in der Qualifikation die Deutschen eliminiert) ihr typisches Spiel. Wenig Ballbesitz (nur der Iran hatte weniger), viel Kampfkraft. Keine technischen Schmankerl, dafür jede Menge Disziplin.

Auf diese Weise hielt man Argentinien im ersten Spiel bei einem 1:1. Damit war der Ausflug nach Russland schon ein großer Erfolg. Gegen die spielerisch ähnlich limitierte Truppe aus Nigeria ließ man sich nach einer torlosen ersten Hälfte ein wenig locken und lief in zwei Konter. Gegen die kroatische B-Formation hielt man stark dagegen und war auf dem Weg zu einem weiteren Punkt, der Island erst durch das 1:2 in der Nachspielzeit entrissen wurde.

Wieder sorgte Island für große Begeisterung bei den Landsleuten – 10 Prozent der Insel-Bevölkerung war in Russland dabei, der Rest saß daheim zu 99,6 Prozent vor den TV-Schirmen. Wieder wurde Island, der einwohnerschwächste WM-Teilnehmer aller Zeiten, zum Darling der neutralen Fans. Und wieder, wie schon bei der EM, ließ Island die Zungen der Puristen nicht direkt höher schlagen. Fußballerisch ist Island weiterhin öde und nichts für Feinschmecker.

Andererseits: Island hat etwa so viele Einwohner wie Graz. Dass sich dieses Team nun für die WM 2018 und die EM 2016 qualifiziert hat, dazu für die WM 2014 erst im Playoff gescheitert ist, ist aller Ehren wert. Wie lange der Run anhält, ist aber die Frage: Fast alle maßgeblichen Spieler stehen altersbedingt vor dem internationalen Karriere-Ende. Da wird sich zeigen, was die vor dem Crash der Staatsfinanzen aufgebaute Hallen-Infrastruktur kann.

Polen: Zu viel hängt an Lewandowski

So schön hatten sich die Polen das geplant: Keine Testspiele absolvieren, dadurch im FIFA-Ranking klettern, aus dem ersten Topf in eine machbare WM-Gruppe gelost werden und dann in Russland lässig weit kommen.

Bis auf den letzten Punkt hat das wunderbar funktioniert. Aber der etwas langweilige Zweck-Fußball, den die Polen schon beim Lauf ins EM-Viertelfinale vor zwei Jahren gezeigt hatte, wurde diesmal von den Gegnern durchschaut. Nachdem der Senegal vor allem wegen höherer geistiger Beweglichkeit gegen die Polen gewonnen hatte, warf Teamchef Nawałka im zweiten Spiel alles über den Haufen.

Das 3-4-3 funktionierte vorne wie hinten nicht. Wie gegen den Senegal war das alleine auf Robert Lewandowski ausgerichtete Offensiv-Spiel viel zu leicht zu unterbinden. Nun aber – und das noch dazu gegen ein besseres Team als es jenes aus dem Senegal war – brach auch die Defensiv-Ordnung auseinander. Kolumbien konnte gar nicht fassen, wie viel Raum die Polen anboten. Nach dem 0:3 war für Polen alles vorbei. Wie schon 2002 und 2006, bei den letzten Teilnahmen, nach dem zweiten Spiel. Der abschließende Sieg gegen die auf Resultat pokernden Japaner war nur noch Kosmetik.

Taktgeber Grzegorz Krychowiak wirkte nach einer Saison, in der sein Passspiel bei West Bromwich verkümmerte, als ob er alles verlernt hatte. An Piotr Zieliński, der bei Napoli Teil einer offensivstarken Kurzpass-Maschine ist, liefen die Spiele vorbei. Und hinten fehlte der angeschlagene Kamil Glik (der erst wirklich spielen konnte, als alles zu spät war) deutlich.

Nun endet die Ära Nawałka. Trotz des frühen WM-Aus war es die erfolgreichste Zeit seit den 1970er- und frühen 80er-Jahren (Olympia-Gold und -Silber, zweimal WM-Dritter). Sich für aufeinanderfolgende EM- und WM-Turniere zu qualifizieren, war Polen davor erst ein einziges Mal gelungen. Nawałkas Nachfolger Jerzy Brzęczek (ja, der frühere FC-Tirol-Spieler) wird Lösungen für die Abhängigkeit von Robert Lewandowski finden müssen.

So geht es weiter

Im Herbst beginnt die Nations League. Die Schweiz, Polen und Island sind in der A-Gruppe und könnten diese damit theoretisch sogar gewinnen. Eher aber wird es für diese Teams darum gehen, sich ein Sicherheitsnetzt für die EM-Qualifikation aufzubauen. Wird diese in der eigentlichen Qualifikation (von März bis November 2019) verpasst, gibt es für vier Teams pro Leistungsstufe die Chance auf jeweils ein weiteres Ticket.

In der A-Gruppe sind eben die Schweiz, Polen und Island. In der B-Gruppe kommen neben den WM-Teilnehmern Russland, Schweden und Dänemark beispielsweise auch Österreich, Tschechien und die Türkei zum Einsatz. Serbien schließlich ist in der C-Gruppe eingeteilt, ebenso wie Ungarn, Griechenland, Schottland und Rumänien.

Das klingt auf dem Papier alles furchtbar kompliziert, dürfte in der Praxis aber realtiv leicht zu durchschauen sein. Und eines ist in jedem Fall klar: Für jeden der sieben „kleineren“ europäischen WM-Teilnehmer wäre es eine Enttäuschung, die 2020 in ganz Europa ausgetragene EM zu verpassen.

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ÖFB-Frauen nach klarem 3:0-Sieg Gruppensieger https://ballverliebt.eu/2017/07/27/oesterreich-frauen-island-gruppensieg/ https://ballverliebt.eu/2017/07/27/oesterreich-frauen-island-gruppensieg/#comments Wed, 26 Jul 2017 23:15:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=13840 ÖFB-Frauen nach klarem 3:0-Sieg Gruppensieger weiterlesen ]]> Mit einer überzeugenden Vorstellung und einem verdienten 3:0-Erfolg über Island fixieren die ÖFB-Frauen endgültig den Viertelfinal-Einzug bei der EM in Holland. Dank Schweizer Schützenhilfe ist Österreich sogar Gruppensieger vor Frankreich – eine absolute Sensation. Die auch möglich war, weil man die eigenen Hausaufgaben machte und Island vor allem dank der überlegenen Strategie klar besiegte.

Österreich – Island 3:0 (2:0)

Was Island gut kann: Dafür sorgen, dass man nicht von hinten heraus spielen kann, weil ihre bevorzugte Spielanlage genau darauf ausgelegt ist – vor allem im neuen, erst für diese EM impementierten 3-4-3-System. Was Island nicht gut kann: Damit umgehen, wenn der Gegner mit Tempo und hohem Pressing Druck ausübt.

Was ÖFB-Frauen-Teamchef Dominik Thalhammer sehr gut kann: Gegnerspezifische, punktgenaue Matchpläne zu erarbeiten.

Mit Pressing kontrollieren und die Lust nehmen

Also presste Österreich gleich von Beginn an volle Hütte auf alles, was ein blaues Trikot anhatte. Egal, ob Wing-Back, Innenverteidigung oder Torhüterin: Sofort liefen zwei, drei Österreicherin auf die ballführende Isländerin zu. Die Folge: Befreiungsschläge blinder Natur.

Island ist als knochenharte Truppe berüchtigt – das mussten auch die Schweizerinnen erfahren, gegen die die Isländerinnen einige eher derbe Attacken auspackten. Umso entscheidender war es für Österreich, die Pressingwege auch eisenhart durchzuziehen. Da gab schon mal Nici Billa einer Gegenspielerin bewusst noch einen kleinen Schulter-Check mit. Da rannte Katharina Schiechtl eine Isländerin gleich ganz über den Haufen.

Normal ist Dominik Thalhammer kein Fan von Fouls im Pressingspiel – it beats the purpose. Aber die Konsequenz, mit der die ÖFB-Frauen durchliefen, sorgte bei Island sichtlich für Frust. Nicht vergessen: Island war trotz anderthalb sehr vorzeigbarer Leistungen schon vor dem Match fix eliminiert. Natürlich war Island darauf aus, sich nicht mit einem maximal enttäuschenden Nuller von der EM zu verabschieden. Da ist es wichtig, einem solchen Team ganz schnell die Lust zu nehmen.

Schnell nach vorne, auch mit Weitschüssen

Bei Ballgewinnen im Mittelfeld wurde bei Österreich sehr darauf geachtet, möglichst schnell einen ersten Vertikalpass zu setzen – erst dann wurde der Ballbesitz an der gegnerischen Strafraumgrenze konsolidiert. So kam man nicht in die Gefahr, aus dem Mittelfeld heraus selbst in isländische Umschalt-Aktionen zu laufen. Defensiv ließ es Island andererseits nicht zu, dass Österreich in Umschaltmomenten gleich in den Strafraum ziehen konnte.

Ein Stilmittel, das die ÖFB-Frauen recht häufig einsetzten, waren jedoch Weitschüsse von der Strafraumgrenze. Aufgrund des auch in Holland seit Tagen herrschenden Dauerregens muss der Rasen den Bällen eine für Torhüter wirklich grausige Glitschigkeit geben. Zwar gilt Gudbjörg Gunnarsdottir als eine der besseren Torhüterinnen der relativ starken schwedischen Liga, aber wenn Keeper bei solchen Bedingungen nicht die Chance bekommen, Fehler zu machen, werden sie auch keine machen.

Es war ein von Gunnarsdottir fallengelassener Ball, der Sarah Zadrazil vor die Füße fiel. Sie drückte zum 1:0 ab.

Außenverteidiger drehen den Spieß um

Auffällig war, dass Österreichs Außenverteidigerinnen relativ weit hinten blieben. Durch die hohe Positionierung der Wing-Backs im 3-4-3 konnten die Isländerinnen so Frankreich sehr gut kontrollieren, weil Frankreich vornehmlich über die Außenverteidiger aufbaut – das verhinderte Island da geschickt.

Aschauer und Schiechtl drehten den Spieß ein wenig um: Dadurch, dass sie ihre Position eher konservativ interpretierten und in weiterer Folge eher wenig in den Aufbau eingriffen, nahmen sie Islands Wing-Backs ihre taktische Existenzberechtigung. Das gab Thalhammer wiederum die Möglichkeit, mit den Mittelfeld-Außen (Makas und Feiersinger) gefahrlos Überladungen rund um den Mittelkreis herzustellen. Auch Nina Burger orientierte sich von der Spitze oft sehr weit zurück, holte sich dort Bälle, unterstützte das Pressing.

So standen Sara-Björk Gunnarsdóttir und Dagny Brynjarsdóttir – die beiden klar besten Spielerinnen Islands – im Mittelfeld-Zentrum einer permanenten, massiven Unterzahl gegenüber und gleichzeitig konnte Österreich bei Ballgewinn immer wieder mit Tempo auf die isländische Dreier-Abwehr zugehen. Damit war es Island über weite Strecken auch unmöglich, die eigenen drei Spitzen sinnstiftend einzusetzen.

Erst Rückzugsphase, dann Erleichterung

Nach 25 Minuten, noch vor dem Führungstreffer, gab es die erste Rückzugsphase der Österreicherinnen. Bis dahin war man zwar nicht zwingend vor das isländische Tor gekommen, hatte den Gegner aber gut im Griff. Erst in dieser Phase nach einer halben Stunde kam Island innerhalb kurzer Zeit zu zwei gefährlichen Szenen.

In der 37. Minute, Österreich hatte die Daumenschrauben schon wieder angesetzt, schenkte Island den ÖFB-Frauen das 1:0. Das war auch dahingehend eine Erleichterung, da die Schweiz ja zeitgleich gegen Frankreich führte und auch in Überzahl war – eine Niederlage gegen Island hätte bei diesem Stand zum österreichischen Aus geführt.

Nachdem Österreich per Eckball noch vor der Pause auf 2:0 gestellt hat (Burger? Zadrazil? Wir werden’s wohl nie endgültig klären), war die Gefahr auszuscheiden de facto gebannt.

Ein wenig an den Systemen drehen

In der zweiten Halbzeit versuchte Österreich zunächst, den Griff einigermaßen beizubehalten; stellte kurzzeitig auch auf das in der Vorbereitung immer mal wieder angetestete 3-2-2-3 um (mit den Außenverteidigerinnen Aschauer und Schiechtl auf der Sechs und Puntigam-Kirchberger-Wenninger hinten), allerdings nur situativ und nicht besonders lange.

Als sich Österreich um die 65. bis 75. Minute sicher auch aufgrund schwindender Kraftreserven mit erhöhter isländischer Präsenz um den eigenen Strafraum konfrontiert sah, wurde ebenso situativ auch wieder auf das gegen Frankreich sehr konzentriert angewendete 5-4-1 umgestellt. Nach einer längeren Phase, in der viele Fouls zwar Zeit von der Uhr nahmen, aber Island auch diverse heikle Freistoß-Positionen gewährt wurden, bekam Österreich so auch wieder Ruhe in das Spiel hinein.

Ab der 80. Minute steckte Island auf. Auf jede Aktion war innerhalb kurzer Zeit die passende österrechische Reaktion gefolgt – ein trotz ganz guter Leistungen frustrierend verlaufenes Turnier endete für Island in der vollständigen taktischen Unterlegenheit gegen Österreich. Und das erste Nationalteam-Tor der erst kurz davor eingewechselten Stefanie Enzinger zum 3:0-Endstand – aufgelegt von der ebenfalls eingewechselten Nadine Prohaska – war dann noch das i-Tüpfelchen.

Fazit: Der Grandmaster of Matchplan hat wieder zugeschlagen

„Island trat den Beweis an, dass auch nur zwei wirklich guten Spielerinnen (Viðarsdóttir und Gunnarsdóttir), eine solide Torfrau und guter Teamgeist in einer sonst ziemlich durchschnittlich besetzten Truppe reichen können, um ins Viertelfinale zu kommen.“ So hieß es in unserer Abschluss-Analyse zur Frauen-EM 2013. Dass Österreich eine solide Torfrau und einen überragenden Teamgeist hat, war bekannt. Mittlerweile sind die ÖFB-Frauen aber auch individuell breiter aufgestellt als Island – und taktisch ist man dem Viertelfinalisten von 2013 ohnehin meilenweit überlegen.

Wie kaum ein zweiter Trainer bei dieser EM kann Dominik Thalhammer sein Team zentimetergenau auf jeden Gegner vorbereiten – umso mehr, wenn er ein halbes Jahr dafür Zeit hat. Das kann in dieser Präzision vermutlich sonst nur noch der englische Teamchef Mark Sampson. Island wurde, der plötzlichen Systemumstellung bei der EM zum Trotz, von Thalhammer durchschaut. Auch das In-Game-Coaching praktisch immer punktgenau sitzt. Das war auch in diesem Spiel gegen Island so.

Auf dem Platz steht dann noch ein Team, das die Vorgaben umsetzt und auch die Umstellungen während des Spiels richtig hinbekommt. Mal nicht so gut, wie im Test gegen England im April. Mal annähernd perfekt, wie in diesem Spiel gegen Island. Der Lohn dafür ist das souveräne erreichen des EM-Viertelfinales als Gruppensieger. Vor dem (vermeintlichen) Titelkandidaten Frankreich, das einen fürchterlichen Fehler der Schweizer Torfrau brauchte, um nicht gar schon in der Vorrunde auszuscheiden.

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Die EURO-Top-8: Überraschungen und zu kurz Gekommene https://ballverliebt.eu/2016/07/12/die-euro-top-8-ueberraschungen-und-zu-kurz-gekommene/ https://ballverliebt.eu/2016/07/12/die-euro-top-8-ueberraschungen-und-zu-kurz-gekommene/#comments Tue, 12 Jul 2016 13:31:02 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12795 Weltmeister Deutschland, Gastgeber Frankreich, Geheimfavorit Belgien: Solche Teams hat man unter den besten acht Mannschaften des Turniers erwartet. Island und Wales hingegen eher weniger. Hier der dritte und letzte Teil unserer Team-Analysen der EM 2016: Jene acht Teams, die im Viertelfinale, Semifinale und Finale dabei waren.

Portugal: Pragmatisch zum Titel

Team PortugalMit Spielern wie Rui Costa, Figo und Ronaldo stand Portugal in der Vergangenheit in erster Linie für schöngeistigen Angriffs-Fußball, dem es auch in Ermangelung eines echten Knipsers ein wenig am Endzweck mangelt. Die portugiesische Mannschaft, die nun endlich den Bann gebrochen und jenen großen Titel einfuhr, den sich Portugal längst verdient hatte, ist genau das nicht. Oder: War genau das in der K.o.-Phase dieser EM nicht.

In der Gruppenphase hatte Ronaldo alleine mehr Torschüsse als neun Teams bei diesem Turnier, er rettete in einem Chaos-Spiel noch das 3:3 gegen Ungarn und damit den Platz im Achtelfinale. Von da an konzentrierte man sich darauf, die Gegner zu neutralisieren – und das klappte vorzüglich. Adrien Silva, nominell auf der Zehn, war eher vorderster Manndecker als Spielgestalter; weil es weiterhin keinen wirklichen Center-Forward von adäquatem Niveau gibt, spielte Trainer Fernando Santos gleich ganz ohne einen solchen. Der Pragmatiker stellte sein Team punktgenau auf jeden Gegner ein, ohne Rücksicht darauf, ob das nun attraktiv aussieht oder nicht.

Portugal agierte bei dieser EM nicht herzerwärmend und hat wohl kaum neue Fans dazugewonnen. Mit einem Blick auf die Trophäe, die sich der Verband ab sofort in den Wandschrank stellen darf, werden Ronaldo und Co. das aber verschmerzen können.

Frankreich: Fast nie das Optimum erreicht

Team FrankreichDer Gastgeber landete im schweren Turnier-Ast und hat auf dem Weg ins Finale trotzdem nur eine einzige Klassemannschaft vorgesetzt bekommen. Der Halbfinal-Sieg gegen Deutschland hatte auch deutlich mehr mit Glück zu tun als mit einem patenten Matchplan – man stand 80 der 90 Minuten eingeschnürt am eigenen Strafraum.

Wie überhaupt Frankreich individuell einige herausragende Leistungen präsentierte. Allen voran natürlich Torschützenkönig Antoine Grizemann, aber auch Spätzünder Dimitri Payet und das für 25 Millionen Euro zu Barcelona wechselnde Abwehr-Juwel Samuel Umtiti. Aber als Deschamps im Achtelfinale seine Formation gefunden hat – aus dem 4-3-3 bzw. 4-2-3-1 der Vorrunde wurde ein 4-4-2 mit Grizemann als etwas hängender Spitze neben Giroud, dafür musste Kanté aus dem Mittelfeld-Zentrum weichen – wurde nichts mehr verändert.

Es kamen auch keine Impulse mehr von Deschamps. Der einstige Weltklasse-Mittelfeld-Regisseur vermochte es wie schon vor zwei Jahren bei der WM nicht, seinem Team eine neue Richtung zu geben, wenn es nicht funktionierte. Damals rannte man 80 Viertelfinal-Minuten ohne wirklichen Plan einem 0:1 gegen Deutschland hinterher, hier verließ sich Deschamps im Finale darauf, dass einer seiner Einzelkönner schon noch für die Entscheidung sorgen würde.

Hinzu kamen die immer gleichen Wechsel (Gignac für Giroud, Coman für Payet). Obwohl Frankreich das Finale erreichte und dort erst durch einen Weitschuss in der Verlängerung bezwungen wurde: Man wird das Gefühl nicht los, dass Deschamps das gigantische Potenzial dieses Kader nicht auszuschöpfen vermag.

Deutschland: Sehr solide, aber nicht perfekt

Team DeutschlandSehr stabil, gruppentaktisch extrem unanfällig für Fehler, flexibel im Gestalten der Matchpläne: Von alles 24 Teams bei diesem Turnier war jenes von Weltmeister Deutschland vermutlich das Kompletteste.

Man kam gegen schwächere Gegner nie in die Gefahr, etwas liegen zu lassen; begnügte sich gegen Mittelklasse-Team Polen mit einem 0:0, als man merkte, dass man nicht durchkommt; überraschte und kontrollierte Italien und dominierte Frankreich beinahe nach Belieben. Letztlich waren es zwei Punkte, die den Deutschen den Titel raubten: Individuelle Fehler (Handspiele im Strafraum, in erster Linie) und die Tatsache, dass man auf zwei, drei Positionen halt doch nicht ganz optimal besetzt ist. Nach dem Ausfall von Mario Gomez (eh auch schon nur im äußerst weiteren Sinne ein europäischer Klassespieler) gab es bei aller Dominanz keine Präsenz mehr im Strafraum; Linksverteidiger Jonas Hector macht nichts kaputt, er bringt aber auch nichts; und Joshua Kimmich war – wie schon bei den Bayern – offensiv stark, aber defensiv wechselten sich grandiose Aktionen mit Anfängerfehlern ab.

Das Turnier war beliebe kein Fehlschlag für den DFB und mit Leuten wie Julian Weigl und Leroy Sané (die schon im Kader waren) sowie Julian Brandt und Mahmoud Daoud (die noch nicht dabei waren) gibt es gerade im Mittelfeld spannende junge Spieler mit großer Zukunft. Die Problemstellen Außenverteidiger und Stoßstürmer bleiben aber weiterhin eher dünn besetzt.

Wales: Alles auf das Top-Quartett ausgerichtet

Team WalesMit Deutschland im Halbfinale hatte man rechnen können, mit Wales eher nicht. Das ist nicht nur mit einer nicht übertrieben problematischen Auslosung (Russland und Slowakei in der Gruppe, Nordirland im Achtelfinale) zu erklären. Die Waliser verfügen über eine äußerst intelligent zusammen gesetzte Truppe mit vier Schlüsselspielern – Joe Allen als Taktgeber auf der Sechs, für den Bartträger Joe Ledley die Drecksarbeit erledigt, davor/daneben Aaron Ramsey als raumübergreifender Verbindungs-Spieler zwischen Mittelfeld und Angriff und natürlich Superstar Gareth Bale.

Um alle vier aus diesem Quartett bestmöglich in Szene setzen zu können, adaptierte der clevere Chris Coleman sein System dahingehend. Weil er nicht links und rechts jeweils zwei Spieler einsetzen konnte (wie im 4-2-3-1 oder 4-4-2) UND einen weiteren Stürmer an die Seite von Gareth Bale stellen, besetzte er die Außenbahnen nur Singulär und installierte dafür hinten eine Dreierkette. So hat er noch einen zehnten Feldspieler übrig, den er neben/vor Bale und Ramsey stellen konnte. Meistens war das Hal Robson-Kanu, auch Sam Vokes kam als Stürmer zum Einsatz.

Wales war eines der wenigen Teams, die sowohl das Heft in die Hand nehmen, als auch defensiv stehen und Druck absorbieren können. Bei aller Qualität der ersten Elf muss aber auch gesagt werden: Wenn aus dem Schlüssel-Quartett einer ausfällt, gibt der Kader keinen annähernd gleichwertigen Ersatz her. Das wurde vor allem im Halbfinale gegen Portugal deutlich, als Aaron Ramsey gesperrt fehlte. Dennoch kann Wales mit dem Turnier überaus glücklich sein und es besteht absolut die Möglichkeit, dass man mit dieser Gruppe von Spielern auch noch die WM 2018 und die EM 2020 erreicht.

Italien: Erfrischend großartiges Coaching

Team ItalienZu beneiden war Antonio Conte ja nicht, als er vor zwei Jahren die Squadra Azzurra übernahm. Das Loch einer verlorenen Generation, das sich nach den heute 30-Jährigen auftut, wird immer mehr deutlich. Im Grunde geht es für Italiens Teamchefs dieser Tage nur darum, die Zeit möglichst ohne Blamage zu überbrücken, bis wieder eine breitere Basis an jungen Spielern durchkommt.

Neben dem verletzten Marco Verratti (23) gibt es nur zwei Spieler (Florenzi und De Sciglio), die deutlich unter 30 Jahre alt sind, auf die sich Conte (und vorläufig auch Nachfolger Ventura) verlassen können; nur für Buffon steht ein designierter Nachfolger bereit (Milan-Wunderkind Gigio Donnarumma nämlich). So war es Contes Aufgabe, aus den routinierten, aber gerade in Mittelfeld un Angriff nicht höchsten Ansprüchen genügenden Spielern eine patente Truppe zu formen.

Und das ist Conte vollauf gelungen. Mit den vier alten Herren von Juventus in der Abwehr hatte Conte eine hervorragende Basis, auf der er sein restliches Team aufbauen konnte. Das italienische Team ist taktisch eines der am besten ausgerüsteten des ganzen Turniers, jeder weiß immer was die anderen tun und vorhaben. Als einziger Trainer dieser EM ließ Conte außerdem signifikant asynchron spielen – mit Giaccherini, nominell linker Achter, als de-facto-Außenstürmer vor dem defensiven De Sciglio; dafür übernahm rechts Wing-Back Florenzi die offensive Außenbahn und Parolo sicherte im Halbraum ab.

Mit extrem viel Hirnschmalz, großartiger taktischer Einstellung und ohne den Druck allzu hoheer Erwartungen war der vermutlich schwächste italienische Kader seit Jahrzehnten eine der positiven Überraschungen des Turniers. Der Gedanke ist nicht einmal abwegig, dass Italien Europameister geworden wäre, hätte man das Elferschießen gegen die Deutschen gewonnen.

Belgien: Erschreckend schwaches Coaching

Team BelgienSo großartig die Italiener gecoacht wurden, so übel war die Figur, die Belgien in diesem Bereich machte. Zyniker sagen, dass es im Team unter Marc Wilmots keine Trennlinien mehr zwischen Flamen und Wallonen gibt – weil diese nun zwischen Befürwortern (um Eden Hazard) und Gegnern (um Thibaut Courtois und Kevin de Bruyne) des Teamchefs verläuft.

Kaum ein Kader bei dieser EM war individuell so stark besetzt, annähernd ohne markante Schwachstellen, wie jene der Belgier. Ein Weltklasse-Goalie, eine starke Innenvertdigiung (auch ohne den verletzten Kompany), ein gleichermaßen energiegeladenes wie kreatives Mittelfeld-Zentrum, junge und extrem talentierte Außenspieler und ein gutklassiger Stürmer – Belgien hatte alles, was es zum EM-Titel braucht. Außer einem Trainer, der das auch drauf hat. Gerade gegen geschickte Teams wie Italien und Wales wurde überdeutlich, wie unsagbar schlecht Belgien gecoacht war.

Wilmots stellte, überspitzt formuliert, elf Leute auf, und verließ sich darauf, dass einem davon schon was Sinnvolles einfallen würde – gerade Hazard nimmt sich viele Freiheiten, was dem Vernehmen nach sogar einigen Mitspielern (wie De Bruyne) merklich missfällt. Ein tiefergreifendes Verständnis für die Pläne der Nebenspieler war aber ebenso wenig erkennbar wie eingeübte oder gar überraschende Varianten bei Standards.

Von selbst wird Wilmots, der noch Vertrag bis zur WM 2018, keinesfalls zurücktreten und seine Entlassung würde dem klammen Verband eine Million Euro an Abfindung kosten – außerdem bekam Michel Preud’Homme, Wunschkandidat der Verbandsspitze, gerade erst seine Kompetenzen bei Meister Club Brügge erweitert.

Polen: Wenig gezeigt, viel erreicht

Team Polen„Nicht enttäuschend, aber doch zumindest unterwältigend – trotz des Einzugs ins Viertelfinale.“ So hieß es an dieser Stelle vor zwei Jahren über Belgien. Dieser Satz gilt praktisch baugleich über das polnische Team bei dieser EM. Und auch: „Ihr Spiel hatte immer so ein wenig die Aura von Dienst-nach-Vorschrift, von Uninspiriert- und Biederkeit.“ Genau.

Grundsätzlich baute Adam Nawalka eine funktionierende Mischung als Klasseleuten wie Glik, Krychowiak, Milik und Lewandowski mit unbekannten Spielern aus der polnischen Liga (wie Pazdan, Jedrzejczyk, Maczynski und Kapustka). Weil sich die gegnerischen Abwehrreihen auf Lewandowski konzentrierte, öffenten sich für Arek Milik die Räume, so war er der deutlich gefährlichere der beiden Stürmer.

Allerdings: Das den Gegner stets kontrollierende, aber zurückgenommene und kontrollierte Spiel der Polen vor allem in den Spielen gegen die Ukraine und die Schweiz, aber auch bis zu einem gewissen Grad gegen die geschickten Portugiesen, versprühte nicht nur keinen Glanz – bei aller internationalen Routine wird man auch das Gefühl nicht los, dass dieser Kader mit einer etwas mehr nach vorne gerichteten Spielanlage besser fahren würde.

Aber auch so reichte es für den Sicherheits-Fußball von Adam Nawalka zu einem Viertelfinale, das dem Potenzial des Teams auch durchaus entspricht. Es ist vermutlich die beste polnische Mannschaft seit 34 Jahren.

Island: Langweiliger Fußball, mitreißender Anhang

Team IslandDie beste Nationalmannschaft des Landes seit immer stellt die derzeitige Truppe von Island. Zwar deutete sich die Qualität der Truppe schon seit Jahren an – etwa mit dem WM-Playoff 2013, aber auch mit den Siegen über Holland und die Türkei in der EM-Quali. Aber dass sich die Isländer gar ins Viertelfinale durchkämpfen würden, kam dann doch ein wenig überraschend.

Dabei klafft auch bei keinem Team die Attraktivität des Spiels und die wahrgenommene Attraktivität bei den Fans und Sympathisanten weiter auseinander als bei Island. Keine der 23 anderen Mannschaften spielte einen simpleren, langweiligeren und vorhersehbareren Fußball als Island. Knallhartes Verteidigen in zwei mitteltief stehenden Ketten, eisenhartes Einhalten der Abstände, strikte Zonen-Verteidigung und nicht einmal der Versuch von spielerischem Glanz prägten das Team von Lars Lagerbäck und Heimir Hallgrimsson. Dass die weiten Einwürfe von Aron Gunnarsson das mit Abstand auffälligste Element in Islands Angriffsspiel ist, spricht Bände.

In krassem Gegensatz dazu steht die aufgeschlossene, fröhliche und einladende Grundstimmung der großartigen Fans genauso wie innerhalb der Mannschaft – ein Phänomen, das auch schon vor drei Jahren bei Islands Frauen bei ihrer EM („Was die Mannschaft an Glamour am Platz vermissen ließ – biederes 4-4-2, kompakt stehen, schnell kontern – machte sie durch ihre überbordende Freude an ihrem Tun wett“) extrem positiv auffiel. Und der isländische Aufschwung ist auch kein Zufall im Sinne einer plötzlichen goldenen Generation, sondern das Produkt einer extremen Infrastruktur-Offensive und zielgerichteter Nachwuchsarbeit.

Gylfi Sigurdsson, Gunnarsson, Bjarnason, Sightorsson und Finnbogason waren 2011 bei der U-21-EM dabei und haben auf dem Weg dorthin Deutschland (mit Hummels, Höwedes, Schmelzer, Großkreutz und Lars Bender) mit 4:1 abgeschossen; 18 Mann aus dem damaligen 23er-Kader haben bereits Länderspiele absolviert. Und auch die aktuelle U-21 ist nach einem Sieg über Frankreich auf dem Weg zur Endrunde.

Es ist also durchaus möglich, dass sich der brutal simple, aber gleichzeitig extrem zielgerichtete isländische Fußball in Zukunft öfter bei Endrunden-Turnieren zeigt.

Das war’s

Damit ist das Kapitel „EURO 2016“ geschlossen und der Blick geht nach vorne. Erstmal auf die demnächst startende Qualifikation für die WM in zwei Jahren in Russland. Dann, zwischendurch, ist auch der Confed-Cup (im Juni 2017, mit Europameister Portugal, Weltmeister Deutschland und Gastgeber Russland). Und natürlich die Nations League, das Quasi-Freundschtsspiel-Turnier, mit drei Doppelspieltagen im Herbst 2018.

Die nächste EM-Endrunde (deren Quali von März bis November 2019  steigt) wird bekanntlich über ganz Europa verstreut ausgetragen: Vorrunden- und Achtelfinalspiele in Amsterdam, Bilbao, Budapest, Bukarest, Brüssel, Dublin, Glasgow und Kopenhagen; Vorrunden- und Viertelfinalspiele in Baku, München, Rom und St. Petersburg und dem „Final Four“ in London.

Link-Tipps:
Analyse der Vorrunden-Verlierer (ALB, AUT, CZE, ROU, RUS, SWE, TUR, UKR)
Analyse der Achtelfinal-Verlierer (CRO, ENG, ESP, HUN, IRL, NIR, SVK, SUI)

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EURO 2016: Der Podcast zum Halbfinale https://ballverliebt.eu/2016/07/04/euro-2016-der-podcast-zum-halbfinale/ https://ballverliebt.eu/2016/07/04/euro-2016-der-podcast-zum-halbfinale/#respond Mon, 04 Jul 2016 00:05:54 +0000 Und da waren es nur noch vier! Die Deutschen, die Franzosen, die Portugiesen und die Waliser machen sich bei der EURO 2016 die Sache mit dem Titel aus. Wie es im Viertel- und Achtelfinale dazu gekommen ist und was sie sich vom Halbfinale erwarten, darüber sprechen Tom und Philipp in der aktuellen Podcast-Folge. Da schimpfen sie über die Belgier, da zweifeln sie an den Franzosen, relativieren die Isländer, hadern mit der Regelung für Gelbsperren und wundern sich über die deutsche Debatte rund um Mehmet Scholl. Aber wir beantworten auch wieder zahlreiche Fragen, die ihr uns geschickt habt (macht das doch bitte auch weiterhin, zum Beispiel unter diesem Beitrag auf ballverliebt.eu oder auf unserer Facebook-Seite oder auf Twitter). Viel Spaß mit dem Podcast zum Halbfinale!

Shownotes zum EURO 2016 Halbfinal-Podcast

00:01:20 – Frankreich haut Island raus
00:07:57 – Belgien zeigt gegen Wales bekannte Schwächen
00:10:55 – Die Sache mit den Gelben Karten, ein bisserl Österreich und andere Fragen
00:18:15 – Deutschland ringt Italien nieder
00:22:08 – Wir beantworten Userfragen zur Renaissance der Dreierkette
00:27:30 – Polen scheitert an Portugal
00:30:05 – Halbfinale 1: Portugal gegen Wales
00:34:20 – Halbfinale 2: Deutschland gegen Frankreich
00:41:28 – Was war da mit Mehmet Scholl?
00:45:56 – Letzte Fragen, Antowrten und Anweisungen

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Endlich erinnert Österreich an die Quali – dennoch das Aus https://ballverliebt.eu/2016/06/22/oesterreich-koller-island-euro-schoepf/ https://ballverliebt.eu/2016/06/22/oesterreich-koller-island-euro-schoepf/#comments Wed, 22 Jun 2016 19:24:03 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12703 Schade! Nach einem gut gemeinten, aber fehlgeschlagenen System-Experiment vor der Pause erinnert Österreich nach dem Seitenwechsel erstmals in diesem Turnier an die Form aus der Qualifikation. Das ÖFB-Team hatte Island (natürlich) klar im Griff, hatte auch die eine oder andere Chance – aber am Ende reicht es nicht ganz. Nach dem Konter-Gegentor quasi mit dem Schlusspfiff steht sogar noch eine 1:2-Niederlage zu Buche.

Österreich - Island 1:2 (0:1)
Österreich – Island 1:2 (0:1)

Im Idealfall kreiert man mit der System-Idee von Koller eine Überzahl im Zentrum, hat zwei Stürmer vorne und kann die Außenspieler noch nach vorne schicken, um Breite herzustellen ohne dabei defensiv an Stabilität zu verlieren. Gegen einen defensiven, in einem flachen 4-4-2 spielenden Gegner wie Island alles nachvollziehbare Gedanken.

Gegen den Ball rückten Sabitzer rechts und Arnautovic links auf die Außenpositionen im Mittelfeld, Alaba blieb als vorderster Mann im Zentrum und lief die isländische Eröffnung an. Allerdings merkte man schon in den Anfangsminuten, dass das ganz deutlich nicht die gewohnten Positionierungen auf dem Feld waren. Selbst kurze Pässe gingen schnell mal ins Nichts.

Überlegungen gingen nicht auf

Aber auch andere Überlegungen gingen nicht auf. Die österreichischen Wing-Backs, vor allem Fuchs, wurde sofort von zwei Isländern isoliert, sobald er den Ball hatte. So kam er weder zu Vorstößen, um hinter die Ketten zu kommen; noch konnte er in das Kombinationsspiel im Mittelfeld so eingreifen, wie das sicherlich geplant war.

Außerdem suchte Österreich vor allem in der ersten halben Stunde beinahe krampfhaft den frühen Vertikalpass, selbst wenn dieser einfach nicht da war. Längere Ballbesitzphasen im Zentrum, mit denen man einerseits etwas Ruhe in das eigene Spiel bringt und andererseits den isländischen Abwehr-Block austestet, wo doch vielleicht mal Lücken aufgehen, gab es nicht.

Das Resultat: Viele unnötige Ballverluste in der Vorwärtsbewegung. Diese waren auch bedingt durch kurzes Rausrücken der isländischen Innenverteidiger in den Sechserraum, wodurch es den österreichischen Spitzen – vor allem Arnautovic, Sabitzer war kaum eingebunden – extrem schwer fiel, den Ball zu kontrollieren und eine weiterführende Aktion zu lancieren.

Weg vom hektischen Vertikal-Drang

Das änderte sich zunächst auch nach dem fürchterlich billigen Treffer für Island nicht. Erst rund zehn Minuten später, nach einer halben Stunde, kam Österreich von dem Drang zum schnellen Vertikalpass ab. Nun stabilisierte sich auch die Genauigkeit von Julian Baumgartlinger, man gewann etwas an Sicherheit.

In der Viertelstunde vor der Halbzeitpause hatte Österreich 71 Prozent Ballbesitz, hätte einen Elfmeter bekommen müssen (Trikotvergehen an Arnautovic) und erhielt wenig später tatsächlich einen (Halten gegen Alaba), den Dragovic allerdings an den linken Pfosten setzte.

Zurück zu den Wurzeln

Zweite Halbzeit
Zweite Halbzeit

Dennoch betrachtete Koller in der Halbzeit das Experiment mit dem 3-4-1-2 als gescheiteret und stellte wieder auf das gewohnte 4-2-3-1 um. Mit Schöpf auf der Zehn und Janko ganz vorne war dies nun nur noch von der Personalie Junuzovic abgesehen genau die Truppe, die in der Qualifikation so überzeugt hatte.

Die Folge war, dass, mit dem Rücken zur Wand, Österreich in der sechsten Halbzeit dieses Turniers erstmals so gespielt hat, wie man sich das ungefähr vorstellt. Anders als noch bei Spiel gegen Ungarn waren nun auch die Außenverteidiger sehr hoch positioniert. Damit tackelte Koller praktsich alle Problemfelder: Die Außenbahnen waren nun jeweils 2-gegen-2 besetzt, im Zentrum herrschte immer noch eine 3-gegen-2-Überzahl und vorne gab es nun einen echten Zielspieler.

Mehr Präzision, mehr Chancen

Die Überlegung dieser Umstellung hatte ÖFB-Sportdirektor Ruttensteiner in der Halbzeit erläutert („Mehr Durchschlagskraft auf den Flügel und einen Abnehmer für Zuspiele“), und auch wenn nicht alles an diesem Plan aufging, so zeigte dieser recht radikale Halbzeit-Umbau doch deutlich Wirkung.

Auch, weil die Geduld im Aufbau bis zu einem gewissen Grad zurück war, kletterte die Passquote zwischendurch auf 86 Prozent (am Ende des Spiels sank er ob des gegangenen Risikos auf 84%) – der mit sehr viel Abstand beste Wert von Österreich im gesamten Turnier. Island wurde am eigenen Strafraum eingekerkert.

Das ist grundsätzlich genau das Spiel, das die Isländer wollen und über die längste Zeit der zweiten Hälfte limitierte man Österreich auf Weitschüsse, aber es ist nicht so, dass es nicht dennoch genug Chancen gegeben hätte, mehr als nur das eine Tor durch den Schöpf-Slalom nach einer Stunde zu erzielen. Ein weiteres Mal war Schöpf frei durch und scheiterte an Halldórsson, es hätte noch insgesamt zwei weitere Strafstöße für Österreich geben müssen (zu dem von Dragovic verschossenen dazu), Janko scheiterte einmal knapp.

Bemüht, aber nicht ganz gut genug

Island, das wurde durch die Wechsel deutlich, riskierte nichts – nicht einmal Umstellungen, wenn zusätzliche Defensiv-Leute kamen. So ging LM Birkir Bjarnason in die Spitze, als ein gelernten Außenverteidiger kam; vom 4-4-2 gingen Lagerbäck und Hallgrimsson nicht ab. Die eingelernten Mechanismen und die Abstände im kompakten Verschieben sollten nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Und natürlich war auch bei Österreich nicht alles super. Arnautovic war sehr bemüht, aber auch ebenso glücklos in vielen seiner Aktionen; Alaba spielte deutlich besser als in den ersten beiden Spielen, immer wieder ließ aber auch er die Präzision vermissen; Sabitzer war kaum eingebunden und Jantscher blieb oft hängen.

Je näher der Schlusspfiff rückte, desto mehr warf Österreich alles nach vorne, in der letzten Viertelstunde war zumeist Julian Baumgartlinger der letzte Mann – und das auch in der gegnerischen Hälfte. Dass man quasi mit dem Schlusspfiff noch in einen Konter lief, den der Bald-Rapidler Traustason zum 2:1-Endstand abschloss, ist zwar doof für die Optik, aber für Österreich letztlich irrelevant.

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Ein ÖFB-Trio zeigte auf, aber als Ganzes war es nicht so gut – 1:1 gegen Island https://ballverliebt.eu/2014/05/31/ein-oefb-trio-zeigte-auf-aber-als-ganzes-war-es-nicht-so-gut-11-gegen-island/ https://ballverliebt.eu/2014/05/31/ein-oefb-trio-zeigte-auf-aber-als-ganzes-war-es-nicht-so-gut-11-gegen-island/#comments Fri, 30 May 2014 22:28:32 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10206 Ein ÖFB-Trio zeigte auf, aber als Ganzes war es nicht so gut – 1:1 gegen Island weiterlesen ]]> Zum vierten Mal hintereinander nicht verloren – aber gegen eine biedere Auswahl aus Island auch nicht gerade geglänzt. Österreich offenbarte beim 1:1 gegen die Nordmannen altbekannte Schwächen im Aufbau, ungewöhnliche Schwächen im Pressing und eine allgemeine Schwächung durch den Ausfall von David Alaba. Dafür übernahm Marko Arnautovic Verantwortung, zeigte Markus Suttner eine sehr ordentliche Leistung und Stefan Ilsanker war sofort einer der besten auf dem Platz.

Österreich - Island 1:1 (1:0)
Österreich – Island 1:1 (1:0)

Kein kompaktes Verschieben im Pressing-Rückraum

Auffällig: Zwar wurde auf Seiten Österreichs vorne versucht, die Spieleröffnung der Isländer anzupressen, das klappte aber aus zwei Gründen nicht wunschgemäß. Erstens bestand diese ohnehin hauptsächlich aus langen Bällen und zweitens wurde im Mittelfeld nicht so recht nachgerückt. Ilsanker und Leitgeb verblieben bei ihren Pendants in der isländischen Zentrale und Klein agierte überhaupt ausnehmend passiv.

So entstanden Lücken zwischen Mittelfeld und Angriff, die zwar Island nicht auf spielerischem Wege zu nützen vermochte, die aber das Anlaufen der isländischen Spieleröffnung ziemlich ins Leere rennen ließen. Das gruppentaktischer Verschieben in Richtung des gegnerischen Ballführenden, wie es in der abgelaufenen Saison etwa Salzburg so brillant gezeigt hat, war nicht erkennbar. Was insofern erstaunlich ist, da ja Ilsanker und Leitgeb von den Bullen genau dieses kompakte Verschieben kennen und können.

Flügelspiel gegen biedere Gäste

Das Konzept von Lars Lagerbäck variiert de facto nicht von jenem, das er in seinen zwölf Jahren als Teamchef der Schweden spielen ließ, passierte aufgrund der weniger hohen Klasse defensiver als früher: Gegen den Ball mit zwei Viererketten das Zentrum eng machen, aber nicht die Ballführenden attackieren. Den Gegner ruhig mal über die Außenbahnen kommen lassen, aber im Zentrum alles abräumen. Und im Ballbesitz einen der beiden zentralen Mittelfeldspieler tiefer stehen lassen – in diesem Fall Kapitän Gunnarsson – um eine kurze Anspielstation von hinten zu haben und ansonsten schauen, die Stürmer zu bedienen.

Gegen diese Spielanlage gilt es, die Ketten vor allem horizontal auseinander zu ziehen, dafür braucht es intelligentes Flügelspiel. Das brachte auf der rechten Seite Arnautovic mit dem sehr aktiven Suttner durchaus zustande: Mit gutem Hinterlaufen und geschickten Doppelpässen gelang es ihnen immer wieder, Räume zu schaffen. Arnautovic zeigte zwar vor allem zu Beginn immer wieder die für ihn bekannten hängenden Schultern, wenn etwas nicht gelang, aber er war im Offensivspiel der mit Abstand beste Österreicher.

Klein zu passiv, Aufbau zu statisch

Junuzovic hätte das vom Spielverständnis genauso drauf, er konnte durch seine Positionierung in der Mitte nicht viel ausrichten. Auf der linken Seite war Startelf-Debütant Sabitzer sehr bemüht, aber ihm fehlte es ohne die dringend nötige Hilfe von Klein (wovor hatte er Angst, dass er so wenig nach vorne machte? Der blonden Mähne von Birkir Bjarnason?) an der Durchschlagskraft. Immerhin: Er blieb cool, als er von Arnauovic einen starken Pass in den Lauf bekam und erzielte sein erstes Länderspiel-Tor zum 1:0 nach einer halben Stunde.

In dieser Szene wurde gut und schnell von Defensive auf Offensive umgeschalten und auch mit Tempo der Weg nach vorne gesucht. Ansonsten aber fehlte im eigenen Aufbau gegen die kompakten Viererketten der Isländer aber genau dieses Tempo und die Bewegung. So hatten die Isländer gegen den Ball meist alles im Griff.

Ilsanker sehr ansprechend

Neben Arnautovic zeigte vor allem Debütant Stefan Ilsanker eine äußerst ansprechende Leistung. Sein entschlossenes Handeln leitete den Führungstreffer ein, und auch sonst war Ilsanker sehr präsent, sehr umsichtig. Er ist kein Alleskönner wie David Alaba, aber von Ilsanker darf man auch im Team eine sehr solide Defensiv-Arbeit erwarten, ein sicheres Passspiel, ein gutes Auge und dank des Salzburger Europacup-Laufs auch auf dem für das Nationalteam nötigen Niveau.

Defensivtaktisch war bei Österreich auffällig, dass bei Flankenläufen der Isländer beide Innenverteidiger im Strafraum blieben und keine Hilfestellung für die Außenverteidiger gaben, die im 1-gegen-1 verblieben. Das sah ob den vielen leeren Raumes, der dazwischen entstand, zuweilen etwas seltsam aus, ist aber vom vermutlichen Gedanken dahinter nicht unlogisch: Es ist in solchen Fällen so gut wie immer mit Flanken auf die robusten Stürmer zu rechnen, da braucht man Manpower vorm Tor.

Arnautovic als Flügelspieler UND Spielmacher

Nachdem die zweite Halbzeit mit dem 1:1 begonnen hat, änderte sich bei Österreich gegenüber der ersten Hälfte vor allem die Positionierung von Marko Arnautovic. Er rückte nun deutlich früher ein und übernahm zusätzlich zu seiner Rolle als Flügelspieler auch immer mehr jene des zentralen Spielmachers – Junuzovic agierte dafür etwas zu hoch.

Das hieß, dass Suttner nun noch mehr Verantwortung an der Außenbahn übernehmen musste und das auch tat. Die Folge: Arnautovic agierte im Ballbesitz als halblinks agierender Zehner, Suttner hatte die komplette Außenbahn über und Junuzovic hing seltsam in der Luft. Das änderte sich mit einem Doppelwechsel nach einer Stunde.

Nur noch durch die Mitte

Mit Hinterseer (statt Leitgeb) kam eine neue hängende Spitze, mit Weimann (statt Janko) eine neue Speerspitze und Junzovic ging zurück ins zentral-defensive Mittelfeld. Der Effekt war, dass mit Junuzovic (aus der Tiefe), Hinterseer (von weiter vorne) und Arnautovic (von der Seite einrückend) drei Mann das Spiel tenendziell noch enger machten und viel nur noch versucht wurde, den Ball vertikal nach vorne zu bringen bzw. auf eigene Faust aus der Entfernung abzuziehen.

So bekam man die isländischen Ketten aber natürlich nicht auseinander gezogen, und als in der 75. Minute Arnautovic ausgewechselt wurde, war das Flügelspiel tatsächlich praktisch tot. Debütant Lazaro (vermutlich ein Abchecken, wie er sich in die Gruppe einfügt, auf und vor allem außerhalb des Platzes) ging nach rechts, Sabitzer (der zunehmend nachließ) nach links. Ohne Arnautovic fehlte das kreative Moment nun volleds – es blieb beim 1:1.

Fazit: Team ohne Fortschritt, aber Trio zeigte Gutes

Wenn man bedenkt, dass Island im WM-Playoff war, ist ein 1:1 okay. Wenn man sieht, wie passiv und altbacken Island spielt, ist das 1:1 zu wenig. Echte gruppentaktische Fortschritte brachte der Test nicht: Zu wenig Balance herrschte zwischen den Flügeln (fast alles über links), zu wenig Nachrücken im Pressing (wirklich gute Teams nützen das aus), zu wenig Tempo und Bewegung im eigenen Aufbau. Die Position Rechtsverteidiger ist und bleibt eine Problemstelle und wie sich Klein in Stuttgart durchsetzen will, wenn er sich nicht dramatisch steigert, bleibt ein Rätsel.

Die positiven Aspekte waren mehr individueller Natur: Arnautovic ist in der Tat besonnener geworden, seit er in Stoke ist, und er versuchte auch, in Abwesenheit von David Alaba mehr Verantwortung zu übernehmen. Auch hat man gesehen, dass man sich auf Stefan Ilsanker verlassen kann. Und wenn Suttner so spielt, wie er gegen Island gespielt hat, braucht man an den seit anderthalb Jahren völlig außer Form spielenden (und daher bei Schalke ausgemusterten) Christian Fuchs gar nicht denken.

Klar ist aber auch: Ohne die Weltklasse eines David Alaba fehlt Österreich natürlich sehr viel und wenn Martin Harnik fit und halbwegs in Form ist, kann Marcel Sabitzer (noch?) keinen Platz im Team haben.

(phe)

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Island sensationell im Viertelfinale – der letzte freie Platz könnte aber ausgelost werden! https://ballverliebt.eu/2013/07/18/island-sensationell-im-viertelfinale-der-letzte-freie-platz-konnte-aber-ausgelost-werden/ https://ballverliebt.eu/2013/07/18/island-sensationell-im-viertelfinale-der-letzte-freie-platz-konnte-aber-ausgelost-werden/#respond Wed, 17 Jul 2013 23:14:28 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9129 Island sensationell im Viertelfinale – der letzte freie Platz könnte aber ausgelost werden! weiterlesen ]]> „Unsere Handball-Herren haben 2008 Olympia-Silber geholt“, sagte Islands Teamchef Siggi Eyjólfsson nach dem 1:0 seiner Fußball-Frauen über Holland, „aber gleich danach kommen jetzt wir, sporthistorisch gesehen!“ Als größter Außenseiter des Turniers gestartet, holten die Kickerinnen von der 300.000-Seelen-Insel ein Remis gegen Norwegen und nun auch einen Sieg gegen Holland. Womit sensationell das Viertelfinale erreicht wurde.

Der deutschen 0:1-Niederlage gegen Norwegen zum Trotz – das den Effekt hatte, dass man nun im vermeintlich leichteren Turnier-Ast „umzieht“ und Frankreich erst im Finale bekommen zu können: Island war die eigentliche Story des Tages.

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Die Ketten zusammen schieben, Holland nicht das Tempo von Spitze Manon Melis ausspielen lassen. Nach Ballgewinn schnell umschalten, über die Außenbahnen kommen, den Weg zum Tor suchen – so sah der Plan von Island aus. Die Holländerinnen? „Wir haben zu viel Platz im Zentrum gelassen“, war Bondscoach Reijners zerknirscht, „die zwei im defensiven Mittelfeld standen zu tief, die vier vorne waren zu viel auf sich alleine gestellt!“ Darüber hinaus war bei Holland viel zu wenig Bewegung ohne Ball, es gab oft keine sinnvollen Anspielstationen im Aufbau.

Holland - Island 0:1 (0:1)
Holland – Island 0:1 (0:1)

Und Island hatte Platz zum Kontern, erwischte Holland immer wieder auf dem falschen Fuß. Dass nur der Versuch von Dágny Brynjársdóttir nach einer halben Stunde zum 1:0 im Tor war, schmeichelte Holland durchaus. Für die zweite Hälfte brachte Reijners mit Dekker statt Slegers einen neuen Achter, dazu tauschten Solo-Spitze Melis und LM Martens die Plätze. Durch das Tempo von Melis bekam Oranje nun deutlich mehr Zugriff auf dieser Außenbahn und drückte Island ordentlich hinten rein.

Aus eigenen Aktionen wurde Holland zwar kaum gefährlich, aber Island ist nun mal immer für einen Schnitzer in der Abwehr gut. Aber nachdem Torfrau Guðbjörg Gunnarsdóttir zweimal in höchster Not rettete, war das 1:0 nach einer Abwehrschlacht in der zweiten Hälfte über die Zeit gebracht. Island im Viertelfinale – da sprangen sogar die isländischen Journalisten beim Schlusspfiff auf und jubeleten.

Auch die Journalisten aus Island waren aus dem Häuschen
Auch die Journalisten aus Island waren nach dem Schlusspfiff aus dem Häuschen

Margrét-Lara Viðarsdóttir (im Jubelbild oben die Blonde mit der Nr. 9), die auch schon für Duisburg und Potsdam in Deutschland gespielt hat und nun für Kristiansand in der Damallsvenskan in Schweden unter Vertrag steht, ist gemeinsam mit Sara-Björk Gunnarsdóttir (von Malmö) die einzige echte Top-Spielerin im Team. Sie sicherte mit ihrem Tor gegen Norwegen im ersten Gruppenspiel den ersten Punkt. Sie sagt: „Unsere große Stärke ist, an verrückte Sachen zu glauben!“

Margrét-Lara, ihr seid gerade zum Vorbild für andere Länder geworden – auch mit wenig Einwohnern kann man gleich viele Punkte holen wie Deutschland!

Es ist schon verrückt, wenn man nur daran denkt. In Island leben so viele Menschen wie in Berlin in einer Straße. Aber wenn man an etwas glaubt und eine Gruppe von Leuten hat, die alle an einem Strang ziehen, ist alles möglich. Das haben wir gezeigt.

Wenn man sich die Wettquoten vorm Turnier angesehen hat, war kein Team beim Turnier ein so großer Außenseiter wie ihr. Spielte bei euch auch eine „Wir-zeigen-es-euch-allen“-Mentalität mit?

Natürlich. Das entspricht auch der isländischen Mentalität. Obwohl wir so klein sind, und so wenige – wenn uns andere nicht ernst nehmen, sind wir am Besten. Denn dann rücken wir zusammen und schaffen Außergewöhnliches. Und ich bin auch sehr stolz, Isländerin zu sein und Teil dieser Gruppe zu sein. Jetzt leben wir natürlich schon in so etwas wie einem Traum. Jetzt sind wir im Viertelfinale und haben natürlich das Halbfinale im Sinn.

"Nach unseren Handball-Herren kommen in Island historisch gesehen jetzt schon wir": Teamchef Siggi Ejyolfsson
„Nach unseren Handball-Herren kommen in Island historisch gesehen jetzt schon wir“: Teamchef Siggi Ejyolfsson

Noch vor ein paar Monaten bezog Island beim Algarve-Cup ziemliche Prügel, kassierte ein 1:6 gegen Schweden und ein 0:3 gegen die USA – allerdings auch ohne dich und ohne Sara-Björk Gunnarsdóttir. Was ist jetzt anders, macht ihr beiden so einen Unterschied aus?

Es ist schon entscheidend, dass wir unsere besten Leute alle beisammen haben, weil wir einfach ein weniger großes Reservoir haben als Deutschland, Schweden und die anderen großen Länder. Aber es ist einfach wichtig, dass wir einen guten Team-Spirit haben. Das ist unsere große Stärke: Positiv zu denken und an verrückte Sachen zu glauben. Wir haben Europa gezeigt, dass wir bei der EM sind, um auch etwas zu erreichen – und nicht nur, um halt dabei zu sein.

Im ersten Spiel gegen Norwegen hast du mit deinem 1:1 kurz vor Schluss den ersten EM-Punkt überhaupt für Island gesichert. Wäre eine Leistung und ein Ergebnis wie jetzt beim 1:0 über Holland ohne dieses Erfolgserlebnis überhaupt möglich gewesen?

Der Punkt gegen Norwegen war extrem wichtig. Wir wussten, dass es auf diesen Punkt ankommen kann, und jetzt haben wir schon vier, wie Deutschland, und sind fix durch. Wir haben auch gegen Deutschland gekämpft, da hat es halt nicht geklappt, wir haben 0:3 verloren, die Deutschen waren halt besser. Aber gegen Holland waren wir in der ersten Hälfte das bessere Team. Wir wussten, dass wir das 1:0 über die Zeit bringen müssen und sind dann sehr tief gestanden. Aber es hat funktioniert.

Gab’s einen Zeitpunkt im Spiel, an dem dir klar war: Das wird klappen, Holland wird noch bis Mitternacht spielen können und kein Tor schießen?

Schwer zu sagen. Ich musste nach einer Stunde mit einer Muskelzerrung raus, und wenn man draußen sitzt und zusehen muss, wie Holland uns ziemlich hinten reindrückt, ist man schon nervös. Aber es sah schon so aus, als könnten wir noch zwei Stunden spielen und das Zu-Null halten, weil wir so gut gestanden sind und Guðbjörg im Tor so fantastisch war und der Team-Spirit so toll… Heute passte einfach alles!

Die Sache mit den zwei besten Dritten

tabellenIsland ist mit den vier Punkten auf der sicheren Seite, ist fix einer der beiden besten Gruppendritten. Aber wer wird der andere Dritte, der in die Runde der letzten acht kommt? Nicht ganz unwahrscheinlich ist, dass darüber das Los entscheidet. Weil Gruppen natürlich unterschiedlich stark sind, haben es manche Teams leichter, auf eine gute Tordifferenz zu kommen, als in anderen – was bei Punktgleichheit zwischen mehreren Gruppendritten ja durchaus den Ausschlag geben kann. Zudem wissen die Kandidaten aus den hinteren Gruppen genau, welches Resultat reicht, die aus den vorderen natürlich nicht.

So taten sich vor vier Jahren im letzten Gruppenspiel Schweden und Italien nicht mehr weh – die einen waren mit einem Punkt Gruppensieger, die anderen kamen mit einem Punkt noch auf einen der besseren beiden dritten Plätze. Es endete 1:1, Italien war weiter, Dänemark – zwei Tage zuvor schon fertig – war raus.

Weshalb sich die UEFA etwas ziemlich sportliches ausgedacht hat: Wenn mehrere Gruppendritte punktgleich sind, zählt nicht mehr die Tordifferenz – nein, dann wird sofort ausgelost, wer weiterkommt und wer nicht. Dann nämlich, wenn Russland oder England mit zwei Punkten Dritte werden – also es zu einem Remis gegen Spanien bzw. die fast sicher mit der Zweier-Panier spielenden Französinnen kommt. Dann hätte der Dritte der Gruppe C ebenso zwei Punkte wie mit Dänemark jener der Gruppe A.

Deutschland: Niederlage als Vorteil?

„Die Neid hat Angst vor Spanien und Frankreich“, konstatierten deutsche Fans nach ihrer Rückkehr nach Växjö vom 0:1 der DFB-Auswahl 75 Auto-Minuten entfernt in Kalmar gegen Norwegen. Der ersten EM-Endrunden-Niederlage seit zwanzig Jahren. Denn mit der Pleite gegen Norwegen und einer, wie man hört, recht uninspirierten Leistung verhindert man ein Viertelfinale gegen Spanien (gegen dieses Team gab’s in der Quali ein 2:2) und vor allem ein Halbfinale gegen jene Französinnen, die bisher die ganz klar stärkste Mannschaft im Turnier waren.

Kommt Deutschland nun über Italien im Viertelfinale drüber, wartet im Semifinale fast sicher Schweden. Zwar gegen 13.000 gelb-blaue Fans in Göteborg, aber sportlich wäre Schweden wohl ein leichterer Kontrahent als Frankreich.

(phe)

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Wenn man’s nicht wüsste, würde man’s kaum merken – das EM-UFO in Kalmar https://ballverliebt.eu/2013/07/11/wenn-mans-nicht-wusste-wurde-mans-kaum-merken-das-em-ufo-in-kalmar/ https://ballverliebt.eu/2013/07/11/wenn-mans-nicht-wusste-wurde-mans-kaum-merken-das-em-ufo-in-kalmar/#comments Thu, 11 Jul 2013 19:26:14 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9037 Wenn man’s nicht wüsste, würde man’s kaum merken – das EM-UFO in Kalmar weiterlesen ]]> Kalmar ist von Göteborg nicht nur räumlich ein schönes Stück entfernt – eine vierstündige Schnellzugfahrt, um genau zu sein – auch im Umgang mit der Frauen-EM herrscht zwischen der doch recht großen Stadt an der Westküste und dem beschaulichen Städtchen an der Ostküste Schwedens ein ziemlicher Unterschied. Kurz gesagt: Wenn man nicht wüsste, dass hier insgesamt vier EM-Spiele steigen – im ersten davon hat ein schwaches Norwegen nur 1:1 gegen Island gespielt – würde man es fast nicht merken.

Der Wasserturm von Kalmar
Der Wasserturm von Kalmar

Statt einer EM-Fahne alle zehn Meter an jedem Straßenzug, wie in Göteborg, wehen in Kalmar nur eine Handvoll dieser Fahnen am Wasserturm. Statt an jeder Bushaltestelle wird nur sehr vereinzelt für die drei Gruppenspiele (alle mit Beteiligung Norwegens) und das eine Viertelfinale (vermutlich auch mit norwegischer Beteiligung) geworben. „Wir haben schon deutlich mehr norwegische Gäste als sonst“, beteuert man an der Hotel-Rezeption zwar. Aber so richtig viele Norweger ließen sich in der Stadt nicht als solche ausmachen.

In Göteborg ist die EM allgegenwärtig, wird auch gut angenommen und ist wie selbstverständlich ein Teil des Stadtbildes. In Kalmar wirkt sie so ein wenig wie ein UFO, das in dem dafür wohl doch etwas zu kleinen Städtchen gelandet ist, das nicht so recht weiß, was es damit anfangen soll.

Fan-Zone in Kalmar
Fan-Zone in Kalmar

Die Fan-Zone ist übersichtlich und noch deutlich vom  heftigen Regen gezeichnet, der tags zuvor sogar die Räumung zur Folge hatte. Ein kleiner Schweden-Fanshop, eine Hüpfburg, ein paar Rampen wie in einem Skater-Park und ein kleines Fußballfeld, ein Gastgarten und ein Café. Und gleich daneben ist der Startpunkt für den Gratis-Bus, der einen zum Stadion bringt. Das ist normalerweise nach dem Geflügel-Anbieter Guldfågeln benannt, heißt während der EM aber natürlich schlicht „Kalmar Arena“.

Das in die Perpherie gebaute, neue Stadion
Das in die Perpherie gebaute, neue Stadion

Die ist zwei Jahre alt, fasst 12.000 Zuseher und ist etwas lieblos in die Peripherie des nicht besonders aufregenden 36.000-Seelen-Örtchens gepflanzt worden. Normalerweise spielt dort der Erstligist Kalmar FF, an diesem Vorabend Norwegen gegen Island. Obwohl Norwegen schon in der Quali die gröbsten Probleme mit eben diesem Gegner hatte, war man dennoch klarer Favorit. Auf dem Papier zumindest.

Alt-Großmacht in Troubles

Norwegen - Island 1:1 (1:0)
Norwegen – Island 1:1 (1:0)

Norwegen ist eine traditionelle Macht im Frauen-Fußball, in den letzten Jahren – also seit dem EM-Finale 2005 – ging nicht mehr so richtig viel weiter. Bei der WM vor zwei Jahren gab’s schon das Aus in der Vorrunde, in der Qualifikation sicherte erst ein Sieg im allerletzten Match gegen Island die direkte Qualifikation. Teamchefin Eli Landsem musste gehen, Even Pellerud – unter dem Norwgen 1995 Weltmeister geworden war – kehrte zurück. Besser wurde dadurch aber nicht viel.

Das Team ist körperlich robust, aber nicht gut aufeinander abgestimmt. Die Laufwege werden oft erst eingeschlagen, sobald sich eine Spielerin für den eben gespielten Pass verantwortlich fühlt, Spielzüge nach vorne sehen nicht direkt einstudiert aus. Die hüftsteife und langsame Toril Akerhaugen, gelernte Innenverteidigerin, ist als LV eine Fehlbesetzung. Mjelde, auch eher zentral zuhause, ist auf rechts nicht viel besser aufgehoben. Caroline Hansen, vor der EM hochgelobt, deutete ihr Potenzial ein, zweimal kurz an, tauchte dann aber ab. Das 1:0 war das Resultat individueller Klasse, nicht von einstudiertem Spiel.

Voll war's wie erwartet bei Weitem nicht
Voll war’s wie erwartet bei Weitem nicht

Die knapp 4.000 Zuseher im Stadion (eine Zahl, die mir etwas hoch vorkommt) sahen, dass sich Island gegenüber dem Desaster beim Algarve Cup deutlich verbessert zeigte. Auch, weil mit Sara-Björk Gunnarsdóttir und Margret-Lara Vidarsdóttir die beiden Besten wieder dabei waren – sie fehlten beim Einladungsturnier im März. Vor allem dank der Übersicht von Schweden-Legionärin Gunnarsdóttir im Zentrum, die einiges an Druck absorbierte und die Abwehrreihe damit kaum die Gelegenheit bekam, Fehler zu machen.

Norwgen war vor der Pause nicht gut und danach richtig schlecht. Gleichzeitig merkte Island – beim bisher einzigen großen Turnier, wo man dabei war, setzte es bei der EM 2009 drei Niederlagen – dass Norwegen fällig war. Teamchef Siggi Eyjölfsson ließ Spitze Hönnudottir und RM Fridriksdottir die Plätze tauschen, das Team übernahm mehr Initiative, aber vor dem Tor blieb man zu unentschlossen, zu zögerlich, zu harmlos. Erst ein Elfmeter-Tor von Margret-Lara Vidarsdóttir in Minute 87 brachte das verdiente 1:1, das sich Island dann auch nicht mehr nehmen ließ.

Nach dem Teamchef Eyjölfsson zugab: „Ich war vor dem Elfmeter viel besorgter, als es Margret-Lara war!“ Und nach dem die Norwegerinnen mit einem recht übersichtlichen Gesichtsausdruck vom Platz schlichen. Tags zuvor hatte mit Dänemark ein anderer potentieller Semifinalist gegen einen deutlich besseren Gegner deutlich besser ausgesehen.

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(phe)

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