fabregas – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Thu, 28 Jun 2012 00:19:36 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.6.2 Pressing und hohe Linie: Portugal zeigt, wie man Spanien richtig nerven kann https://ballverliebt.eu/2012/06/28/pressing-und-hohe-linie-portugal-zeigt-wie-man-spanien-richtig-nerven-kann/ https://ballverliebt.eu/2012/06/28/pressing-und-hohe-linie-portugal-zeigt-wie-man-spanien-richtig-nerven-kann/#comments Thu, 28 Jun 2012 00:12:10 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7615 Pressing und hohe Linie: Portugal zeigt, wie man Spanien richtig nerven kann weiterlesen ]]> Da schau her: Endlich mal eine Mannschaft, die das spanische Spiel nicht über sich ergehen lässt oder „nur“ punktuell stört. Portugal presste im Halbfinale konsequent und etablierte eine extrem hohe Abwehr-Linie. Mit dieser Hoch-Risiko-Taktik darf sich Teamchef Paulo Bento durchaus als Gewinner fühlen. Auch, wenn für seine am Ende vom intensiven Spiel sehr müde Mannschaft im Elfmeterschießen den Kürzeren zog.

Spanien - Portugal 0:0 n.V., 4:2 i.E.

Es ist die ewige Frage gegen diese Spanier: Wie verhindert man, dass sie den Ball laufen lassen und man selbst Opfer des schnellen Gegenpressings wird? Vor zwei Jahren im WM-Achtelfinale haben es die Portugiesen mit eigenen Pressing versucht, sind dabei aber nicht konsequent genug nachgerückt. Dazu waren sie nach dem Gegentor zu Beginn der zweiten Halbzeit mental nicht mehr in der Lage zurück zu schlagen – und, weil sich Cristiano Ronaldo abgemeldet hatte.

Hohe Linie, hohes Pressing

Was unter Carlos Queiroz in Kapstand angedeutet worden war, ließ Paulo Bento nun in Donetsk in voller Härte spielen: Extrem hohe Verteidigungslinie, konsequentes Pressing weit in der gegnerischen Hälfte – so wurde einerseits vermieden, dass im Rücken des Pressing ein allzugroßes Loch entsteht (anders als etwa bei den Holländern, denen das vor allem gegen Dänemark, aber auch gegen Deutschland zum Verhängnis geworden war). Das braucht einerseits extremen Mut – schließlich ist keine Mannschaft so ballsicher und kann sich so schnell offensiv organisieren wie die Spanien. Und zum zweiten natürlich extreme Laufarbeit.

Die drei Mann im portugiesischen Zentrum – Meireles (wieder immer auf der Seite von Ronaldo), Veloso (zentral) und Moutinho – hatten eine ganz hervorragende Abstimmung beim Pressen auf ihre spanischen Gegenspieler (vor allem Xabi Alonso und Busquets): Zwei gingen, einer sicherte. Das machten sie mit einer Flexibilität, die seinesgleichen sucht. Aber auch Almeida war sehr viel unterwegs und sprintete die spanische Innenverteidigung und auch Casillas an.

Die Folge war, dass die Spanier öfter, als ihnen lieb war, auf lange Balle zurückgreifen mussten. Das ist nicht ihr Spiel, und so kamen sie auch nicht dazu, sich dauerhaft in der gegnerischen Hälfte festzusetzen. Allerdings ließen sie sich dadurch nicht davon abbringen, selbst ebenfalls ziemlich heftiges Pressing zu zeigen. Die Folge war ein wahres Pressing-Festival und zwei Mannschaften, die sich so im Mittelfeld neutralisierten.

„Echter“ Stürmer Negredo ein Schuss ins Knie

Vicente del Bosque hatte sich gegen Fàbregas als Falsche Neun entschieden und brachte mit Álvaro Negredo einen „echten“ Stürmer – das heißt, Del Bosque erwartete tief stehende Portugiesen, denen er mit Präsenz im Strafraum bekommen wollte. Eine Maßnahme, die aber die Portugiesen in ihrem Vorhaben, hoch zu stehen, zweifellos bestärkt hat: Einen spanischen Strafraumstürmer will man nicht im eigenen Strafraum haben. Durch das schnelle Herausrücken bis knapp vor die Mittellinie wurde Negredo seiner Stärke komplett beraubt.

Spanien wurde durch die mutige Spielweise der Portugiesen weiter zurück gedrängt, als man das gewohnt war. Nur Xavi bewegte sich eher in die andere Richtung: Der Mittelfeld-Stratege positionierte sich ungewohnt hoch, war zuweilen der vorderste Mann im Mittelfeld, beinahe auf einer Höhe mit Negredo. Die Idee dahinter war wohl, schneller in den Rücken der Portugiesen zu kommen, wenn er mal an den Ball kam. Aber es fehlte ihm an den gewohnten Anspielstationen um sich herum. So blieb Negredo über die kompletten 53 Minuten, auf denen er am Feld war, ein kompletter Null-Faktor.

Die Außenbahnen

Auch, weil das spanische Spiel einmal mehr komplett ohne jede Breite auskommen musste, vor allem die Seite von Arbeloa und Silva war anfällig. Silva turnte nämlich wie gewohnt fleißig im Zentrum umher und Arbeloa traute sich gegen Cristiano Ronaldo nicht so sehr den Vorwärtsgang einlegen – von allen Spaniern hatte er die geringste Laufleistung absolviert (als Außenverteidiger!). Das wiederum erlaubte Coentrão gefahrlose Vorstöße. Allerdings wurde die nicht vorhandene Hilfe von Silva für Arbeloa zu selten genützt. Dazu hätte sich der eher zentral als offensive Schaltstelle agierende Cristiano Ronaldo wohl etwas mehr auf die Flanke hinaus begeben müssen.

Auf der anderen Seite ist Jordi Alba schon im ganzen Turnier die größere offensive Bedrohung. Hier arbeitete Nani sehr gut gegen den Ball und er harmonierte auch gut mit dem sehr selbstbewusst auftretenden João Pereira. So wurde Spanien immer mehr ins Zentrum gedrängt, wo aber das portugiesische Pressing spanischen Raumgewinnen verhinderte. Spanien hatte kurz Halbzeit (verglichen mit sonst) kümmerliche 55% Ballbesitz, nicht die gewohnte Kontrolle über das Spiel und damit auch null Torgefahr.

Del Bosque bringt Breite rein

Nach einer Stunde reagierte Vicente del Bosque. Nicht nur, dass statt des unsichtbaren Negredo nun doch Fàbregas kam und statt des eben sehr zentral agierenden Silva mir Jesús Navas ein echter Flügelstürmer. Das sorgte dafür, dass Coentrão deutlich mehr nach hinten arbeiten musste und sich viel weniger an der Arbeit nach vorne beteiligen konnte. Am Ende war er der Portugiese mit der geringsten Laufleistung. Die Gefahr durch Navas limitierte ihn in ähnlichem Maße wie die Gefahr Ronaldo bei Spanien Arbeloa limitierte. So fehlte es nun auch den Portugiesen zumindest auf einer Seite an der Breite im Spiel.

Verlängerung

Wovon es Portugal nun aber noch viel mehr fehlte, war die Kraft. Halb durch die zweite Halbzeit hatten sie bereits zwei Kilometer mehr Laufleistung angesammelt als ihre elf Gegenspieler; vor allem das ständig pressende Zentrum mit Moutinho, Veloso und Meireles zeigte deutliche Verschleiß-Erscheinungen. Das Pressing ließ merklich nach, die Fehlpass-Quote stieg dafür in gleichem Maße.

Allerdings waren die Spanier in den etwa 70 Minuten, die dem portugiesischen Verfall vorangegangen waren, so sehr aus ihrem Konzept gebracht worden, dass sie es dennoch auch weiterhin nicht schafften, daraus Kapital zu schlagen. Sie kontrollierten nun zwar immer mehr den Ball, aber Zugriff auf den portugiesischen Strafraum bekamen sie kaum.

Verlängerung

Nachdem es beim torlosen Remis nach 90 Minuten geblieben war, ging es also in die Verlängerung, und kurz davor war bereits Pedro für den erstaunlich blassen Xavi gekommen. Damit war nun auch auf der linken Seite der portugiesische Vorwärtsgang gebremst.

Spanien stellte sich nun in einem recht klaren 4-1-4-1 auf. So „falsch“ war die Neun, die Fàbregas spielte, zwar gar nicht, aber er machte dennoch extrem viel Betrieb, war deutlich mobiler als Negredo vor ihm und spielte den eh schon platten Veloso endgültig kaputt, weswegen Bento stattdessen Custódio einwechselte. Er ließ sich merklich hinter Moutinho und Meireles fallen. Um das zu konterkarieren, kam kurz darauf Silvestre Varela für Meireles. Dieser hatte gegen Deutschland und Dänemark extrem viel Wirbel gemacht und kam nun über die rechte Seite in einem 4-2-3-1. Zentral agierte Ronaldo, links Nani. Vorne war Nélson Oliveira für Almeida gekommen: Ein frischer, lauffreudiger Spieler für den müde gelaufenen Almeida.

Dennoch: Portugal hing in den Seilen, aus den zwei Kilometern „Vorsprung“ bei der Gesamt-Laufleistung nach etwa 70 Minuten war am Ende der Partie ein knapper „Rückstand“ geworden. Es wurde nur noch mit großer Leidenschaft verteidigt und sich in jeden Pass, in jeden Schuss hineingeworfen. Das funktionierte: Portugal rettete sich ins Elfmeterschießen.

Dort allerdings rettete sich Spanien. Weil Bruno Alves, der ein starkes Spiel gezeigt hatte, seinen Verusch an die Latte knallte.

Fazit: Spanien im Finale, aber Daumen hoch für Paulo Bento

Dass sich ein Gegner von Spanier ein so großes Herz nimmt und tatsächlich (auch noch mit einigem Erfolg) versucht, das Spiel selbst in die Hand zu nehmen, gab es seit der Partie gegen Bielsas Chilenen – dem wohl besten Spiel der WM in Südafrika – nicht mehr. So lange Portugal die Kraft dazu hatte, also etwa 70 Minuten, zeigten sie der Welt, dass die Spanier durchaus zu verwirren sind, wenn man sie mit Teilen ihrer eigenen Waffen bekämpft. Mit konsequentem Pressing und einer hohen Linie ist diese Mannschaft vom eigenen Strafraum fern zu halten.

Allerdings hat auch eine Fehleinschätzung von Vicente del Bosque dazu geführt, dass Portugal so gut im Spiel war. Den Strafraumstürmer Negredo zu bringen, erwies sich als kontraproduktiv, weil durch die extrem hohe Linie der Portugiesen diese Typ Angreifer bei der Spielanlage der Spanier nicht gefragt war. Erst mit dem deutlich mobileren Fàbregas, der die erschöpfte portugiesische Mannschaft beschäftigte, kam mehr Kontrolle ins spanische Angriffsdrittel.

Auch, wenn es letztlich nicht dazu gereicht hat, eigene Chancen zu kreieren, muss Paulo Bento als einer der Sieger dieses Turniers im Allgemeinen und dieses Spiels im Speziellen gelten. Anders als etwa Laurent Blanc im Viertelfinale traute er es seiner Mannschaft zu, die spanische Kurzpass-Orgie nicht nur über sich ergehen zu lassen, sondern er hatte den Mut und vermittelte diesen auch seiner Mannschaft, die Spanier früh zu nerven.

Das hätte angesichts der Qualität der Spanier schlimm in die Hose gehen können, aber mit dem isolierten Negredo statt des spielstarken Fàbregas in der Spitze konnte Spanien lange nichts ausrichten. Ja, Portugal wurde selbst nicht gefährlich und war kräftemäßig nach 70 Minuten am Limit und nach 100 Minuten komplett streichfähig. Aber Daumen hoch für die mutige Herangehensweise.

(phe)

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Dreierkette gegen Falsche Neun: Italien taktischer Punktsieger über Spanien https://ballverliebt.eu/2012/06/11/dreierkette-gegen-falsche-neun-italien-taktischer-punktsieger-uber-spanien/ https://ballverliebt.eu/2012/06/11/dreierkette-gegen-falsche-neun-italien-taktischer-punktsieger-uber-spanien/#comments Mon, 11 Jun 2012 01:17:07 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7442 Dreierkette gegen Falsche Neun: Italien taktischer Punktsieger über Spanien weiterlesen ]]> Endlich mal etwas Abwechslung im Einheitsbrei der Systeme: Spanien und Italien lieferten sich ein hochinteressantes Spiel. Die Spanier kamen ohne echten Stürmer, die Italiener hielten mit einer Dreierkette dagegen – und trugen beim 1:1 wohl den taktischen Punktsieg davon. Beide Teams müssen aber als eine Klasse stärker als die zwei Gruppengegner gelten. Der Qualitäts-Unterschied zum 3:1 der Kroaten gegen Irland war enorm.

Spanien - Italien 1:1 (0:0)

Hinten einen Viererkette, vorne ein Stoßstürmer, ein Drei-Mann-Zentrum im Mittelfeld – bei den meisten Teams bei dieser Europameisterschaft unterscheiden sich die Systeme kaum. Da war dieses Spiel zwischen den letzten beiden Weltmeistern ganz anders: Spanien spielte in einem Barça nachempfundenen 4-3-3 ohne Stoßstürmer, dafür mit Fàbregas als Falsche Neun; die Italiener hielten mit einem 3-5-2 dagegen, mit dem gelernten Sechser De Rossi als zentralen Mann in der Dreier-Abwehrkette.

Und vor allem: Mit Wing-Backs. Maggio und Giaccherini waren für das Gelingen der italienischen Taktik von ganz eminenter Bedeutung. Weil Silva und Iniesta, die Fàbregas flankierten, keine Flügelspieler sind, die die Linie halten und ohne einen körperlich robusten Spieler in der Offensive, der Flanken verwerten könnte, war es vollkommen klar, dass das Vorwärtsspiel der Spanier nur durch das Zentrum kommen konnte und die Außenvertedigier Alba und Arbeloa hauptsächlich dafür zuständig sind, die gegnerische Abwehrkette auseinander zu ziehen, um für die techisch guten Kollegen in der Mitte Räume zu schaffen.

Das klappte allerdings überhaupt nicht, was am exzellenten Positionsspiel von Maggio und Giaccherini lag. Hatte Spanien den Ball, zogen sie sich recht weit zurück, wodurch eine Fünferkette entstand – die kann man kaum auseinander ziehen. Im Ballbesitz aber preschten die beiden extrem nach vorne, was ihre Gegenspieler zwang, selbst weit zurück zu weichen.

Das System Juventus

Juve beim 1:1 bei Milan am 25. Februar

Zwar war es auf den Flügeln jeweils 1-gegen-1, aber wegen des zusätzlichen Spielers in der Abwehr konnten die Italienischen Außenspieler wesentlich gefahrloser Aufrücken. So war dem spanischen Spiel die Breite genommen und im Zentrum lief es sich auf zwei 3-gegen-3 Duelle hinaus – die Mittelfeld-Reihen gegeneinander und die drei vorderen Spanier gegen die italienische Dreierkette.

Die Italiener hatten den zusätzlichen Vorteil, dass sie nicht in ein völlig ungewohntes System gepresst wurden. Zwar wurde das im Nationalteam noch nicht praktiziert. Aber erstens hat sich Prandelli diese Möglichkeit immer offen gehalten, und zweitens spiele fünf Feldspieler (Bonucci, Chiellini, Pirlo, Giaccherini und Marchisio) dieses 3-5-2 bei Juventus, dazu ist Maggio im 3-4-2-1 von Napoli ebenso die Rolle als rechter Wing-Back gewohnt.

Spanisches Pressing greift nicht

Zusätzlich gingen die Italiener die Spanier recht früh an und störten damit zusätzlich das geplante iberische Kurzpass-Spiel. Die einzige Möglichkeit, zum Torabschluss zu kommen, waren Vorstöße von David Silva, aber da die Italiener hinten immer in Überzahl waren, fischten sie auch dem Mann von Man City die Bälle immer wieder vom Fuß.

Das geschickte Positionsspiel der italienischen Wing-Backs störte zu allem Überfluss auch noch das spanische Pressing. Weil sich Maggio und Giaccherini gegen den Ball recht weit hinten positionierten, mussten die spanischen Außenverteidiger recht weit nach vorne kommen – schließlich waren sonst die italienischen Außenspieler immer frei und das spanische Pressing im Zentrum wäre sinnlos. Wenn sie allerdings aufrückten, ließen sie hinter sich viel Raum für Balotelli und Cassano, den die beiden ungemein schnellen und trickreichen Stürmer gut ausnützen konnten.

Was natürlich auch für den für Balotelli eingewechselten Antonio di Natale gilt, der nach einer Stunde richtig startete und einen von Pirlo kommenden Pass in seinen Lauf zum 1:0 verwertete; vier Minuten später ließ sich De Rossi einmal kurz aus der Position ziehen und hinter im Fàbregas entwischen, was das 1:1 bedeutete.

Adjustierungen von Del Bosque

Nach den beiden Toren stellte der spanische Teamchef Del Bosque etwas um. Statt dem sehr zentral agierenden Silva kam nun Jesús Navas in die Partie, der, wie er das auch bei Sevilla macht, recht konsequent die Linie hielt. Logische Folge: Giaccherini wurde nun hinten mehr gebunden und Chiellini rückte immer wieder etwas raus, wodurch nun tatsächlich etwas Platz in der italienischen Abwehr entstand. Diesen wollte Del Bosque ausnützen, in dem er in der Folge Fàbregas rausnahm und mit Torres einen echten, gelernten Stürmer brachte.

Die immer mehr steigende Müdigkeit bei den Italienern wurde in der letzten Viertelstunde recht offensichtlich, zeigte sich aber mehr im unpräzise werdenden Aufbau- und Konterspiel, weniger in der Abwehr. De Rossi zeigte gute Übersicht und konnte den Ball mit gutem Auge an den Mitspieler bringen, und drosch die Kugel nicht blind nach vorne. Torres hatte zwar sehr wohl noch zwei ausgezeichnete Chancen, aber einmal klärte Buffon überragend und einmal zog er zu überhastet ab.

Prandelli ging bis zum Ende nicht von seinem System ab. Warum auch, es funktionierte ja – er hatte am Ende nur ein anderes Sturmduo (Di Natale und Giovinco) auf dem Feld als zu Beginn, in der Nachspielzeit wechselte er noch einmal, um an der Uhr zu drehen. Italien war recht deutlich mit dem 1:1 zufrieden und auch die Spanier konnten nicht so schlecht damit leben. Die letzte Konsequenz fehlte gegen Schluss beiden Teams.

Fazit: Hochinteressante Partie, korrektes Remis

Diese Partie war taktisch mal etwas anderes als im bisherigen Turnier. Klar – es sind die einzigen beiden Mannschaften, die vom in Europa so gut wie einheitlichen System abweichen. Dreierketten und tief spielende Neuner ohne Stoßstürmer gibt’s bei den anderen Teilnehmern nicht.

Cesare Prandelli fand das richtige Rezept gegen den Welt- und Europameister, indem er mit seinen Wing-Backs die Flanken kontrollierte, die Spanier noch mehr in die Mitte zwang als diese das wollten und dort geschickt zumachte. Die Spanier hatten einige Probleme, weil sie erst nach den Wechseln eine Alternative zur gewohnten, diesmal aber nicht zielführenden Spielanlage hatten.

Das Remis geht voll in Ordnung, aber wenn man so will, darf man Cesare Prandelli durchaus als Punktsieger im Duell der Strategen bezeichnen.

So aufregend das Spiel der beiden Top-Teams der Gruppe war, so wenig gab das Aufeinandertreffen von Kroatien mit Irland her. Was in erster Linie an den Iren lag. Die Mischung aus dem beschränkten technischen Rüstzeug der Mannen von der grünen Insel, verbunden mit der grundsätzlichen Vorsicht eines Giovanni Trapattoni, ist nicht gerade anspruchsvoll. Einsatz, Kampf und Härte sind Trumpf. Spielerische Mittel, nun ja, nicht so sehr.

Kroatien - Irland 3:1 (2:1)

Die Marschrichtung ist simpel: Über die Mittelfeld-Außen im extrem altbackenen 4-4-2 (Duff und McGeady) nach vorne kommen, in den Strafraum flanken, und dort darauf bauen, dass sich Keane und Doyle durchsetzen. Die beiden Spieler im Mittefeld-Zentrum (Andrews und Whelan) sind reine Zerstörer und im Spielaufbau unbrauchbar. Ihre einzige Aufgabe bestand darin, Modrić so gut es geht aus dem Spiel zu nehmen.

Kroatiens 4-4-2

Auch der kroatische Teamchef Slaven Bilić baute auf ein 4-4-2, allerdings wurde dieses deutlich offensiver interpretiert. In der Zentrale war Vukojević der einzige Sechser, er sicherte für Luka Modrić ab. Die Mittelfeld-Außen (Perišić und vor allem Rakitić) rückten ein, um den sehr fleißigen Außenvertedigiern das Aufrücken zu ermöglichen.

So spielte Rakitić fast einen zweiten Spielmacher neben Modrić, während Srna neben ihm praktisch die Linie auf- und abwetzte. Das schränkte Duff und McGeady ziemlich ein. Doch trotz der Überlegenheit in eigentlich jedem Bereich auf dem Feld brauchte es zwei Standardsituationen, um zum Erfolg zu kommen – denn so sehr sich Jelavić und Mandžukić auch bemühten, gegen die kompromisslosen irischen Innenverteidiger kamen sie kaum zum Zug.

Kroaten kontrollieren das Spiel

Natürlich musste auch bei den Iren ein Freistoß herhalten, um den zwischenzeitlichen Ausgleich zu erzielen. Aber nach dem 1:3 kurz nach der Pause, dem zweiten Tor von Mandžukić, fühlten sich die Kroaten sicher genug, um den Druck etwas entweichen zu lassen. Er war einfach zu offensichtlich, dass die Iren nur eine einzige Strategie hatten und diese von den nicht nur variableren, sondern auch individuell klar besser besetzten Kroaten recht locker unter Kontrolle zu halten war.

Die größte Gefahr für das Team von Slaven Bilić bestand in einem klaren Elferfoul von Schildenfeld an Keane, das Referee Kuipers allerdings unverständlicherweise nicht ahndete. Selbst die Wechsel bedeuteten bei den Iren keine Veränderung: Long und Walters erstetzten Doyle und Keane auf deren Positionen, und Cox ging statt McGeady auf die linke Seite.

Fazit: Wohl beide nicht gut genug für’s Viertelfinale

Die Iren sind ein sympatisches Völkchen mit originellen Fans. Die auf Einsatz und Kampfkraft bauende Spielweise der Nationalmannschaft ist für Freunde des erdigen Fußballs genau das richtige. Nur: Taktisch gibt es kaum langweiligere Teams. Das System ist stockkonservativ, extrem ausrechenbar und ein seiner Simplizität enorm anspruchslos. Das ging sich in der Quali-Gruppe gegen die ambitionierten, aber international unerfahrenen Armenier aus und im Playoff gegen das andere Überraschungsteam aus Estland – aber gegen eine auch nicht gerade überragend aufspielende kroatische Mannschaft ist das nicht annähernd genug.

Die Mannschaft um Luka Modrić muss sich aber ebenso noch deutlich steigern, um gegen Italien und Spanien bestehen zu können. Der Auftritt gegen Irland war alles andere als beeindruckend, vor allem die Innenverteidigung mit Ćorluka und Schildenfeld ist nicht gerade internationale Spitzenklasse und dass Modrić Probleme hat, wenn ihm Gegenspieler mit vollem Körpereinsatz kommen, wurde in diesem Spiel schon deutlich.

Klar ist nach dem ersten Spieltag der Gruppe C: Wenn es nicht Spanien und Italien sind, die hier ins Viertelfinale einziehen, käme das einer kleinen Sensation gleich.

(phe)

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Die spanische Nacht von Wien https://ballverliebt.eu/2012/06/08/die-spanische-nacht-von-wien/ https://ballverliebt.eu/2012/06/08/die-spanische-nacht-von-wien/#comments Thu, 07 Jun 2012 23:18:29 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7400 Die spanische Nacht von Wien weiterlesen ]]> Iker Casillas stemmte den Cup in den Wiener Nachthimmel. Der Bann war gebrochen: Spanien, der ewige Under-Achiever, hatte endlich das Potenzial ausgeschöpft. Das Finale der Euro 2008 im Happel-Stadion brach den Bann, fortan etablierten sich die Spanier als bestes Team der Welt. Doch die Spielweise beim 1:0-Sieg über Deutschland war schon untypisch.

Spanien - Deutschland 1:0 (1:0)

Über die Russen hinweggefegt. Die Schweden niedergerungen, Griechenland mit einer B-Elf auch geschlagen. Im Elfmeterschießen gegen Italien die eigenen Dämonen aus der Vergangenheit ausgetrieben. Und auch im zweiten Spiel gegen Russland dem Gegner keine Chance gelassen: Das Turnier von Spanien war nicht nur von guten Leistungen geprägt, sondern auch von Siegen. War ja nicht immer der Fall.

Arbeitssieg gegen Polen, verdiente Pleite gegen Kroatien. Sich mit einem Gewalt-Freistoß über Österreich drüber gerettet. Portugal kontrolliert und ausgekontert. Und dann gegen das türkische Rumpf-Team mit ordentlich Glück und einem Tor in der Nachspielzeit ins Finale eingezogen: Das Turnier von Deutschland war, nun ja, typisch deutsch. Nicht geglänzt, aber irgendwie durchgewurschtelt.

Kein Villa, hoher Xavi, wenig Ballbesitz

Die Oberschenkel-Verletzung, die sich David Villa im Halbfinale gegen Russland zugezogen hatte, machten einen Einsatz im Endspiel im Wiener Happel-Stadion unmöglich. Darum kehrte Spaniens Teamchef Luis Aragonés zu jenem 4-1-4-1 zurück, das er schon in der Quali höchst erfolgreich angewendet hatte, und das er erst für das Turnier beiseite schob. Eben um für Villa UND Torres Platz zu schaffen. Das war nun nicht mehr nötig, also rutschte Fàbregas wieder ins Team, neben Xavi.

Erstaunlich war die hohe Positionierung von Xavi. Dieser schob, parallel mit Fàbregas, vor allem bei deutschem Ballbesitz oft weit in die gegnerische Hälfte hinein. Natürlich geschah das, um Druck auf die deutsche Spieleröffnung zu machen, aber es hieß auch, dass Xavi bei Ballgewinn nur eine Anspielstation vor sich hatte (eben Torres). Damit ist sicherlich auch zu erklären, wie es möglich war, dass die Deutschen in diesem Endspiel deutlich mehr Ballbesitz hatten als die Spanier, nämlich bei 55 Prozent.

Initiative beim deutschen Team

Im Halbfinale gegen die Türkei krankte das deutsche Spiel vor allem an der mangelnden Initiative und dem lange Zeit komplett fehlenden Zug zum gegnerischen Tor. Es war sofort zu merken, dass Ballack und Co. es diesmal ganz anders, viel besser machen wollten: Das Mittelfeld in Löws 4-2-3-1 rückte schnell auf, mit Schweinsteiger (rechts) und Podolski (links) gab es zwei agile Optionen auf den Flügeln. Und vor allem: Sturmspitze Miro Klose ließ sich sehr weit fallen.

Dadurch beschäftigte er Senna und entlastete sogleich Ballack. In der Anfangsphase hatte Deutschland das Mittelfeld komplett im Griff und hatte auch zwei kleinere Chancen. Auch, weil vor allem über die linke Seite mit Philipp Lahm und Lukas Podolski viel nach vorne gemacht wurde und so die Kreise von Sergio Ramos sehr gut eingeengt werden konnten.

Loch im Rücken des Mittefelds wird zum Problem

Nach rund 15 Minuten aber war zum einen der erste Schwung der Deutschen etwas verfolgen und zum anderen fanden die Spanier die zwei Schwachstellen im deutschen Team: Das Loch, das zwischen dem aufrückenden Mittelfeld und den Verteidigern entstand. Und, dass die deutschen Innenverteidiger Mertesacker und Metzelder massive Probleme bekommen, wenn ihre (eben nicht vorhandene) Schnelligkeit gefragt ist.

So breiteten sich Iniesta (eher über links, gegen den nach vorne sehr zurückhaltenden Friedrich) und David Silva (eher über rechts, im Rücken von Podolski) recht genüsslich zwischen den Linien aus, ohne dass sich vor allem Thomas Hitzlsperger groß um sie gekümmert hätte. Dazu zog sich nun auch Torres etwas zurück, um steil geschickt werden zu können und das Tempo-Defizit der deutschen Hintermannschaft ausnützen zu können.

Als das nach rund einer halben Stunde zum Erfolg, also zum 1:0 geführt hatte, lag die spanische Führung bereits in der Luft. Durch das Aufrücken von Fàbregas uns Xavi wich auch der Druck von Senna, weil dadurch auch Ballack gezwungen war, mehr nach hinten zu arbeiten. Die Spanier hatten sukzessive die Kontrolle über das Zentrum übernommen.

Deutsche Umstellungen…

Philipp Lahm musste mit einer Fleischwunde für die zweite Halbzeit passen, für ihn kam Marcell Jansen in die Partie. Normalerweise ist ein Ausfall von Lahm ein gewaltiges Problem für die deutsche Mannschaft, aber Jansen lieferte eine gute Partie ab. Wie zu Beginn der ersten Hälfte zeigten sich die Deutschen gewillt, das Heft des Handelns wieder in die Hand zu nehmen, aber die Spanier hatten sich auf das System und die Spielweise des Gegners eingestellt. Zudem hatte Ballack Probleme mit seiner Wade und konnte, je länger die Partie dauerte, dieser immer weniger seinen Stempel aufdrücken.

Löw sah, dass nichts weiterging, und opferte nach einer Stunde Achter Hitzlsperger und stellte mit Kevin Kuranyi eine zweite Spitze neben Klose. Das System war nun ein etwas schiefes 4-1-3-2. Schief, deshalb, weil Schweinsteiger von der rechten Seite sehr weit nach innen zog und die Flanke praktisch Arne Friedrich überließ. Weil dieser aber nun mal kein gelernter Außenverteidiger ist und ihm der Angriffsgeist fehlt, war diese Seite praktisch tot. Seltsam – denn mit Joan Capdevila war dort der klar schwächere der beiden spanischen Außenverteidiger postiert.

…und die spanische Reaktion

Luis Aragonés reagierte prompt auf die Umstellung von Löw und nahm Fàbregas aus dem Spiel. Für den Arsenal-Legionär kam mit Xabi Alonso ein zweite Mann für das defensive Mittelfeld – so stellte sich Spanien ab sofort in einem 4-2-3-1 auf, mit Xavi als Zehner, Cazorla (nun statt Silva dabei, der am Rande des Ausschlusses wandelte) rechts und Iniesta links bis halblinks.

Schlussphase

Die Absicht dahinter war klar: Mit Cazorla ein offensiver Mann gegen Jansen, um diesen nach hinten zu drängen und einen zweiten Sechser, um gegen Ballack und den nach innen ziehenden Schweinsteiger nicht in Unterzahl zu geraten.

Die Deutschen hatten zwar eine Phase, in der sie einige Male in den Strafraum kamen, aber nachhaltig war diese nicht – im Gegenteil. Weil das deutsche Team natürlich, je näher es dem Ende entgegen ging, immer mehr aufmachen musste, boten sich im Rücken von Ballack und Schweinsteiger natürlich immer mehr Räume. Torres hätte diese schon nützen können, der für „El Niño“ eingewechselte Güiza ebenso.

Ein zweites spanisches Tor, mit dem das Finale endgültig entschieden gewesen wäre, schien immer wahrscheinlicher zu sein, als ein Ausgleich der deutschen Mannschaft. Dem ungewohnten Minus in Sachen Ballbesitz zum Trotz.

Nötig war es nicht mehr. Spanien gewann 1:0. Und war erstmals seit 44 Jahren Europameister.

Nachwirkungen

Zwei Jahre nach der begeisternden Heim-WM schien Deutschland bei diesem Turnier in alte „Rumpelfußball“-Zeiten zurück zu fallen. Das sag aber vor allem an den Personalien Ballack und Frings – zwei Jahre später war die deutsche Mannschaft ohne diese beiden (Frings wurde aussortiert, Ballack war verletzt) spielerisch eines der stärksten bei der WM in Südafrika. Auf dem Weg entzauberte man die Russen in der Quali, rupfte die Engländer im Achtelfinale, machte im Viertelfinale aus Argentinien Kleinholz – und spielte im Halbfinale wieder gegen die Spanier.

Und das ist das große Paradoxon dieser beiden Mannschaften. Obwohl die deutsche Mannschaft beim Turnier in Südafrika um zwei Klassen besser war als bei jenem in Österreich und der Schweiz, obwohl mit dem Trio Özil/Khedira/Schweinsteiger im Zentrum statt Frings/Hitzlsperger/Ballack, war man in Durban „von A bis Z völlig und komplett ohne den Funken einer Chance„.

Spanien setzte in den Folgejahren auf personelle Kontinuität. Von den Finalisten von Wien waren nur Marchena und Senna zwei Jahre später beim WM-Titel nicht mehr mit dabei. Das Grundgerüst von Barcelona mit einer handvoll Real-Akteuren harmonierte, die Abwehr um Carles Puyol, möglicherweise dem weltbesten Abwehrspieler des Jahrzehnts, hielt komplett dicht.

Auch, wenn die Holländer im WM-Finale waren, steht doch außer Frage, dass in den Jahren nach der Euro 2008 die Spanier und die Deutschen die mit Abstand besten Nationalteams in Europa waren. So wurde in Wien durchaus so etwas wie ein Klassiker der Zeit begründet.

Spanien gegen Deutschland.

Das Personal

Spanien: Iker Casillas (27, Real Madrid) – Sergio Ramos (22, Real Madrid), Carles Puyol (30, Barcelona), Carlos Marchena (28, Valencia), Joan Capdevila (30, Villarreal) – Marcos Senna (31, Villarreal) – David Silva (22, Valencia), Xavi (28, Barcelona), Cesc Fàbregas (21, Arsenal), Andrés Iniesta (24, Barcelona) – Fernando Torres (24, Liverpool). Eingewechselt: Santi Cazorla (23, Villarreal), Xabi Alonso (26, Liverpool), Daniel Güiza (27, Mallorca). Teamchef: Luis Aragonés (69, seit vier Jahren).

Deutschland: Jens Lehmann (38, Arsenal) – Arne Friedrich (29, Hertha BSC), Per Mertesacker (23, Bremen), Christoph Metzelder (27, Real Madrid), Philipp Lahm (23, Bayern) – Torsten Frings (31, Bremen), Thomas Hitzlsperger (26, Stuttgart) – Bastian Schweinsteiger (23, Bayern), Michael Ballack (31, Chelsea), Lukas Podolski (23, Bayern) – Miroslav Klose (30, Bayern). Eingewechselt: Marcell Jansen (22, Bayern), Kevin Kuranyi (26, Schalke), Mario Gomez (22, Stuttgart). Teamchef: Joachim Löw (48, seit zwei Jahren).

(phe)

Die EURO 2008 in der Reihe „Ballverliebt Classics“:
Semifinals: Deutschland – Türkei 3:2 / Spanien – Russland 3:0
Viertelfinals:  GER-POR 3:2 / TUR-CRO 1:1 nV, 3:1 iE / RUS-NED 3:1 nV / ESP-ITA 0:0 nV, 4:2 iE
Gruppe A: Portugal 6, Türkei 6, Tschechien 3, Schweiz 3.
Gruppe B: Kroatien 9, Deutschland 6, Österreich 1, Polen 1.
Gruppe C: Holland 9, Italien 4, Rumänien 2, Frankreich 1.
Gruppe D: Spanien 9, Russland 6, Schweden 3, Griechenland 0.

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Euro-Classics 2008 – Den Sieg erzwungen / Zum Glück gezwungen https://ballverliebt.eu/2012/06/07/euro-classics-2008-den-sieg-erzwungen-zum-gluck-gezwungen/ https://ballverliebt.eu/2012/06/07/euro-classics-2008-den-sieg-erzwungen-zum-gluck-gezwungen/#comments Thu, 07 Jun 2012 00:04:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7389 Euro-Classics 2008 – Den Sieg erzwungen / Zum Glück gezwungen weiterlesen ]]> In den Halbfinals der Euro 2008 sahen jeweils klare Favoriten (Deutschland und Spanien) gegen zwei Außenseiter mit dem Turnierverlauf auf ihrere Seite (Türkei und Russland). Letztlich setzten sich die Favoriten durch, aber nicht ohne besondere Umstände. Die einen mussten den Sieg erzwingen, die anderen wurden von der Verletzung des Torschützenkönigs zum Glück gezwungen…

Na, wer fehlte den Türken denn diesmal? Antwort: Servet, Aşık, Güngör, Emre (alle verletzt), dazu Demirel, Arda und Nihat (gesperrt). Sprich: Den Türken stand für das Halbfinale gegen Deutschland ein flotter 15-Mann-Kader zur Verfügung. Darunter noch genau ein einziger Innenverteidiger. Kein Wunder, dass Fatih Terim im Vorfeld nur halb im Scherz meinte, dass womöglich der dritte Torwart Tolga als Feldspieler eingewechselt werden müsse.

Deutschland - Türkei 3:2 (1:1)

Freilich: Das war natürlich auch ein wenig Geplänkel, um die Deutschen in Sicherheit zu wiegen. Und das gelang auch, bis zu einem gewissen Grad. Dass sich die DFB-Elf aber generell schwer tat, ein Spiel selbst zu gestalten, war dem türkischen Trainer-Fuchs natürlich nicht entgangen und es spielte auch voll in seine Karten.

Es wären auch nicht typisch für die Türken in diesem Turnier gewesen, wenn sie nicht wieder in einem komplett neuen System angetreten wären. Nach einem symmetrischen 4-2-2-2 (gegen Portugal), einem 4-2-3-1 (gegen die Schweiz), einem assymmetrischen 4-2-2-2 (gegen Tschechien) und einem 4-3-3 (gegen Kroatien) war es diesmal ein ganz klares 4-1-4-1 mit einer wie auf einer Perlenkette aufgereihten Mittelfeldreihe.

Dahinter war Mehmet Aurélio weniger die klassische Absicherung, sondern vielmehr ein recht konsequenter Manndecker für Michael Ballack. Die Türken überließen den Deuschen recht bereitwillig den Ball, pressten ab der Mittellinie mit der Viererkette im Mittelfeld recht aggressiv, und nahmen den recht statischen und einfallslosen Deutschen die Anspielstationen vorne.

Die türkischen Außen, also Kâzım rechts und Boral links, rückten zudem immer wieder ein und wurden von Sabri und Balta hinten abgedeckt, sodass im Zentrum zuweilien vier Türken gegen maximal drei Deutsche standen. Bei Ballgewinn wurden bei den Türken schnell umgeschaltet – wie beim Lattenschuss nach rund zehn Minuten. Inhaltlich waren die Roten die klar bessere Mannschaft, und nach 22 Minuten wurde auch die defensive Passivität von Podolski ausgenützt: Er verhinderte Sabris Flanke nicht, und Boral verwertete den Abstauber, nachdem der Ball an die Latte geprallt war.

Die spielerische Brillanz bracht Jogi Löw erst in Richtung der WM in Südafrika in seine Mannschaft. Für das Team in diesem Turnier gab es im Grunde nur zwei Wege zum Torerfolg: Freistöße (einer gegen Österreich und zwei gegen Portugal) und Flanken von der linken Seite (einmal gegen Kroatien und einmal gegen Portugal). So war es auch in diesem Spiel. Podolski konnte in der ganzen ersten Hälfte nur zweimal in den Raum geschickt werden, einmal brachte er eine Flanke in die Mitte, wo Schweinsteiger verwertete – eine Kopie des ersten Tores gegen Portugal.

Konkreter wurden die Aktionen nach dem Seitenwechsel auch deshalb nicht, weil Rolfes verletzt ausscheiden musste und durch Frings ersetzt wurde. Kein guter Tausch – schließlich konnte Rolfes zumindest noch Ansatzweise sinnbringende Pässe nach vorne spielen, Frings war ein reiner Zerstörer.

So plätscherte das Spiel recht ereignisarm über weiter Strecken der zweiten Hälfte. Ehe die Deutschen aus einem Freistoß (wie auch sonst) etwas unverhofft zum 2:1 kamen – Rüştü kam aus seinem Tor, kam aber nicht mehr rechtzeitig vor Klose an den Ball, dessen Kopfball landete im Netz. Doch auch hier gilt: Die Türken wären nicht die Türken, wenn sie nach diesem Nackenschlag nicht doch wieder ausgleichen hätten können.

Terim brachte Gökdeniz (für den müde gelaufenen Boral auf links) und mit Mevlüt statt Ayhan eine zumindest hängende Spitze zu Semih dazu. Und natürlich war es auch wieder die Seite des defensiv recht, nun ja, passiven Lukas Podolski, über die Sabri durchging, sich auch gegen Lahm durchsetzte und einen Pass parallel zur Toraus-Linie zur Mitte brachte – wo Semih die Kugel an Lehmann vorbei ablenkte. Das 2:2.

Nun aber ging bei den Türken die Ordnung verloren. Was zuvor vorne klar strukturiert war und wo jeder seine genauen Aufgaben kannte, herrschte nach dem 2:2 etwas Chaos, und in der Rückwärtsbewegung war Sabri nicht so konsequent wie er hätte sein müssen. So war in der Nachspielzeit bei Deutschland wieder die Variante „Angriff von links“ an der Reihe, und Lahm wühlte den Ball zum 3:2 durch die Abwehr. Nun hatten die Türken keine Antwort mehr.

Nach 80 Minuten gegenseitiger Neutralisation und zehn Minuten wilden Treibens war Deutschland im Finale, das soll aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Offensivleistung mehr als mau war. Ohne den komplett neutralisierten Ballack war kaum Kreativität vorhanden. Podolski sorgte auf der linken Seite zwar für einige gute Aktionen und war letztlich auch an allen Toren irgendwie beteiligt, war aber doch ein extremes Sicherheits-Risiko nach hinten. Und die Zentrale konnte mit dem aggressiven türkischen Mittelfeld kaum umgehen.

Eigentlich hatte Fatih Terim mit seinem verbleibenden Mini-Kader alles richtig gemacht. Doch ein beinahe klischeehaft erkämpfter, „typisch deutscher“ Sieg bedeutete für eine der faszinierendsten Teams des Turniers das Aus im Halbfinale.

Luis Aragonés hasst Gelb. Er hasst es. Und doch musste seine Mannschaft in den gelben Ausweich-Trikots zum Halbfinale gegen Russland antreten. „Dabei ist das nicht mal ein richtiges Gelb“, brummte der spanische Teamchef noch, „sondern mehr sowas Senf-ähnliches.“ Gelbe Trikots hin oder her, Aragonés wusste, dass er Juri Shirkov stoppen musste, um nach dem 4:1 im ersten Gruppenspiel auch im Halbfinale die Oberhand gegen die Russen zu behalten.

Spanien - Russland 3:0 (0:0)

Er wies Rechtsverteidiger Sergio Ramos an, so hoch wie möglich zu stehen, Shirkov schon in der russischen Hälfte festzunageln, und so dem Aufbauspiel der Russen die größte Waffe zu nehmen. Der Effekt für die russische Mannschaft war verheerend. Weil Shirkov der einzige Spieler war, der überhaupt auf diesem Flügel aufgeboten wurde, fehlte die Breite, wodurch die Sbornaja ins Zentrum gezwungen wurde – wo sie wegen den einrückenden Silva und Iniesta immer wieder in eine 3-gegen-4-Unterzahl gerieten.

Andrej Arshavin versuchte zwar, über seine Positionierung über die halbrechte Seite zu retten, was zu retten war und den Rückraum hinter Ramos zu nützen, aber weil Puyol sehr aufmerksam agierte, funktionierte das gar nicht und Arshavin war genauso aus dem Spiel genommen wie Shirkov.

Und damit das Tempo im Spiel der Russen. Die hatten zwar zunächst sogar mehr Ballbesitz, konnten aber nie Tempo aufbauen und wussten so nicht so recht, was sie mit der Kugel anfangen sollten. Allerdings kamen durch das extrem enge eigene Spiel auch die Spanier nicht so recht durch. Das änderte sich erst durch die Verletzung von David Villa nach einer halben Stunde.

Es wäre natürlich etwas hart, zu sagen, die Verletzung von Villa wäre das beste gewesen, was Spanien in diesem Spiel passieren hätte können. Was aber nichts daran ändert, dass es stimmt. Denn mit Cesc Fàbregas kam genau jener Spieler rein, der in der Folge den Unterschied ausmachte. Durch die tiefere Positionierung von Fàbregas gegenüber Villa hatten die Spanier nun teilweise eine Zwei-Mann-Überzahl im Zentrum, das sich brutal auswirkte.

Und nach dem Seitenwechsel schnell für die Vorentscheidung sorgte. Die Russen hatten nun auf so viele Spanier aufzupassen, dass Prioritäten gesetzt werden mussten, und in der Nähe des eigenen Strafraums lagen diese eher auf Torres, Silva und Fàbregas – nicht aber auf Xavi. Bei Inestas Flanke fünf Minuten nach Wiederanpfiff hatten die Russen Xavi einfach nicht auf der Rechnung. Sie ließen ihn gewähren, er traf zum 1:0, und die Russen waren schwer getroffen.

Mit Fàbregas im Mittelfeld dominierte Spanien nun nach Belieben. Shirkov blieb abgemeldet, Arshavin isoliert und mit Ausnahme von fünf Minuten in der ersten Halbzeit war auch von Pavlyuchenko nicht viel zu sehen. Stattdessen drehten die Spanier an der Temposchraube und verwirrten die Russen mit ihren ständigen Rochaden immer mehr. Torres wurde in der Folge fast im Minutentakt bedient, er vernebelte aber die besten Chancen – ehe der halb durch die zweite Hälfte für ihn eingewechselte Güiza in der 73. Minute mit seinem 2:0 den Deckel draufmachte.

Bei den Russen waren zuvor Sychov für Saenko gekommen (rechte Angriffsseite), und mit Bilyaletdinov statt Semshov (der sich erfolglos darum bemüht hatte, Xavis Kreise einzuengen) sollte etwas mehr Punch nach vorne kommen – doch mit dem 2:0 und mit der Einwechslung von Xabi Alonso für Xavi, um die vorgezogene Positionierung von Bilyaletdinov auszugleichen, war alles vorbei. Das 3:0 durch den großartig aufspielenden David Silva war nur noch die Draufgabe.

So wurde Luis Aragonés mehr oder weniger zu seinem Glück gezwungen – die Einwechslung von Fàbregas bescherte seinem Team den entscheidenden Vorteil im Mittelfeld und damit den letzlich ungefährdeten Sieg.

(phe)

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1:2 – wieder zieht Mourinho in einem Clásico den Kürzeren https://ballverliebt.eu/2012/01/19/12-wieder-zieht-mourinho-in-einem-clasico-den-kurzeren/ https://ballverliebt.eu/2012/01/19/12-wieder-zieht-mourinho-in-einem-clasico-den-kurzeren/#comments Wed, 18 Jan 2012 23:52:08 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6478 1:2 – wieder zieht Mourinho in einem Clásico den Kürzeren weiterlesen ]]> Wieder versuchte es José Mourinho in diesem Hinspiel des Cups, dem FC Barcelona drei defensive Mittelfelspieler entgegen zu stellen. Weil diese zu Beginn auch recht gut pressten, lagen die Königlichen auch voran. Aber mit dem Ausgleich und dem Rückstand konnte Real auch diesmal nicht umgehen.

Real Madrid - FC Barcelona 1:2

Zehn verschiedene Aufstellungsvarianten präsentierte die Marca, das Haus-und-Hof-Blatt von Real Madrid, in ihrer Montag-Ausgabe. Keine davon war richtig: Mourinho verzichtete zunächst auf Özil und Kaká, und ohne den gesperrten Arbeloa gab er Hamit Altintop die Chance als Rechtsverteidiger aufzulaufen. Dazu gab Ricardo Carvalho in der Innenverteidigung sein Comeback nach langer Verletzungspause.

Das übliche Opfer in Spielen gegen Barcelona bleibt aber Mesut Özil: Der Deutsche wurde auch diesmal für einen dritten defensiven Mittelfeld-Spieler geopfert. So ließ Mourinho Pepe (mal wieder gegen Messi, hauptsächlich) im Mittelfeld spielen, flankiert von Xabi Alonso und Lass Diarra. Außerdem spielte Higuaín, nominell Sturmspitze, sehr tief und versuchte die Kreise von Busquets einzuengen. Es galt also, das Mittelfeld so gut es ging mit Spielern anzuräumen.

Dani Alves alleine gegen Ronaldo und Coentrão

Das Schlüsselduell fand aber auf der Flanke statt. Und zwar auf der linken Offensivseite von Real, wo Cristiano Ronaldo und Fabio Coentrão zuzuweit auf den mal wieder ungemein hoch postierten Dani Alves spielten. Im Optimalfall konnte der Vorwärtsdrang des Brasilianers natürlich bedeuten, dass er beide zurückdrängen kann, aber Real erkannte die mögliche Schwäche und so war es kein Wunder, dass das frühe 1:0 für die Königlichen just über diese Seite fiel: Benzema schickte Ronaldo steil, dieser hatte im Rücken von Alves viel Platz und Piqué konnte nicht mehr entscheidend eingreifen.

Es blieb auch weiterhin dabei, dass die beiden Portugiesen im Trikot von Real die meiste, weil einzige Gefahr ausstrahlten: Hamit Altintop hatte gegen den extrem hoch und konsequent außen bleibenden Iniesta alle Hände voll zu tun, außerdem hatte hier Barcelona (theoretisch) auch den personellen Vorteil, weil Benzema sehr weit innen agierte um dort die Offensiv-Option zu sein, die Higuaín nicht war. Abidal hielt sich aber eher zurück, verglichen mit Alves.

Pressing von Real

Das Rezept von Real im Mittelfeld war es vor allem, Barcelona durch dichte Deckung und gutes Pressing die Zeit am Ball und den Platz zu nehmen. Das verlangte durchaus aggressives Spiel von seiten der drei im defensiven Mittelfeld und man kann es durchaus als Erfolg für dieses Trio werten, dass es in der ersten Hälfte doch verhältnismäßig ruhig blieb und es kaum versteckte Nicklichkeiten oder gar böse Fouls gab. So lange die Madrilenen in Führung lagen, hatten sie ihre Nerven im Zaum und konnten sich auch immer wieder mal in der gegnerischen Hälfte festsetzen.

Die einzige echte Gefahr für Barcelona blieb aber dennoch Cristiano Ronaldo, der sich zuweilen sehr weit zurückzog, nicht nur um defensiv auszuhelfen, sondern auch, um mit Tempo auf Dani Alves zugehen zu ihn so überlaufen zu können. Barcelona kam zwar durchaus zu einigen Chancen und hatte das Spiel, wie es ihre Art ist, mit viel Ballbesitz (bei 70%) im Griff, bis zur Pause gelang es aber nicht, Casillas zu überwinden.

Fàbregas unterstreicht seine Wichtigkeit

Das wurde nach der Pause nachgeholt, als Puyol – völlig untypsch für Barça – einen Eckball per Kopf zum Ausgleich ins Netz wuchtete. Barcelona behielt die Kontrolle im Mittelfeld nicht nur, weil das Pressing von Real merklich nachließ, sondern auch wegen der Rolle von Cesc Fàbregas. Wie wertvoll seine unglaubliche Flexibilität für die Mannschaft ist, wird immer mehr deutlich. Spielte im Saisonverlauf mitunter einen Stürmer im 3-3-4, das die Katalanen immer wieder zeigen, war seine Rolle in diesem Spiel sehr viel tiefer angelegt.

Er spielte quasi einen Counterpart von Xavi auf der halblinken Seite, machte das recht tief und hatte fast immer zumindest drei Spieler noch vor sich. Noch wichtiger aber war, dass er damit Xabi Alonso dazu zwang, weiter aufzurücken, als der Defensivorganisation von Real mit der dreifachen Absicherung vor der bei Carvalhos Rückkehr nicht optimal aufeinander abgestimmte Viererkette gut tat.

Weil das hieß, dass entweder Carvalho aufrücken musste – was in seinem Rücken Platz für Sánchez und Messi zum Teil auch für Iniesta bedeutete, und Ramos mehr Raum abzudecken hatte als er realistischerweise konnte. Oder, wenn Carvalho hinten blieb, stachen Messi und Co. in den Raum zwischen Carvalho und Xabi Alonso. Dass sich Pepe schon recht früh eine gelbe Karte abholte und zunehmend heiß lief, hat Real auch nicht geholfen.

Umstellung von Mourinho fruchtet nicht

Wie überhaupt die Königlichen sich immer mehr in Nicklichkeiten und versteckten Schweinereien verloren, wie Pepes Tritt auf Messis Hand. Gleichzeitig fruchtete auch die Umstellung, die José Mourinho nach etwa einer Stunde vornahm, nicht: Statt Diarra und Higuaín kam mit Özil ein neuer Flügelspieler und mit Callejón ein neuer Zehner, Real stellte sich nun in einem recht klaren 4-2-3-1 auf.

In dem Cristiano Ronaldo auf die rechte Seite flüchtete. Dani Alves zog sich weiter zurück und hielt Ronaldo so gut im Griff, während sich Sánchez und auch Xavi um Coentrão kümmerten und Ronaldo damit so ein wenig abschnitten. Er kam nur gegen den defensiv sehr umsichtigen Abidal auch nicht besser zur Geltung, Özil verpuffte völlig und Callejón war mit der Aufgabe im Zentrum gegen dieses Team doch etwas überfordert.

So kam, was angesichts des klaren Chancenplus und durch die fehlende Entlastung seitens Reals beinahe kommen musste: Ein Pass auf den aufgerückten Abidal hebelte die Abeitsfalle aus, und der Franzose schoss eines seiner seltenen Tore zum 2:1-Endstand.

Fazit: Real konnte die Initiative nicht mehr zurückgewinnen

Kaum hatte Barcelona nach der Pause den zuvor defensiv anfällige rechte Abwehrseite gekittet und den Ausgleich erziehlt, fehlte es Real eklatant an Ideen, wie man das Heft des Handelns wieder in die Hand nehmen könnte. Zudem verloren bei den Königlichen die üblichen Verdächtigen – also allen voran wieder einmal Messis Kettenhund Pepe – die Nerven. Dass es keinen Ausschluss gab, war nur Mourinhos Schutz-Wechsel zu verdanken.

Die nächsten zwei Spiele werden für die Madrilenen nun zur Nagelprobe, denn erst geht es am Sonntag gegen das ungemein formstarke Team von Athletic Bilbao – die Basken haben nur eins der letzten 13 Liga-Spiele verloren, seit über 600 Minuten kein Tor kassiert und hatten auch Barcelona schon am Rande der Niederlage. Und dann natürlich nächsten Mittwoch das Rückspiel im Camp Nou.

Da wird sich Mou schon was ganz besonderes ausdenken müssen.

(phe)

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Klassenunterschied im Finale der Klub-WM: Barcelona fertigt Santos 4:0 ab https://ballverliebt.eu/2011/12/18/klassenunterschied-im-finale-der-klub-wm-barcelona-fertigt-santos-40-ab/ https://ballverliebt.eu/2011/12/18/klassenunterschied-im-finale-der-klub-wm-barcelona-fertigt-santos-40-ab/#comments Sun, 18 Dec 2011 13:37:20 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6252 Klassenunterschied im Finale der Klub-WM: Barcelona fertigt Santos 4:0 ab weiterlesen ]]> Das große Duell zwischen Messi und Neymar im Klub-WM-Finale? Nun ja, das fand so richtig nicht statt. Der Santos-Jungstar sah kaum einen Ball und konnte nicht verhindern, dass seine Mannschaft vom FC Barcelona absolut zerstört wurde und mit dem 0:4 noch gut bedient war.

FC Barcelona - Santos FC 4:0

David Villa fiel mit seinem im Semfinale des Klub-WM gegen Al-Sadd erlittenen Schienbeinbruch für das Finale gegen Copa-Libertadores-Sieger Santos aus. Für Pep Guardiola kein Problem – bringt er halt Cesc Fàbregas. Damit bekommt das 3-3-4 zwar eine etwas andere Anlage als das mit einem Mittelstürmer Villa der Fall ist, gegen den sicher stärksten Gegner bei dieser Veranstaltung hätte Guardiola aber womöglich so oder so gewechselt.

Überzahl im Mittelfeld

So hatte mit Barcelona gleich zwei zentrale Spieler, die aus der Tiefe nach vorne stoßen können und die Ordnung beim Gegner durcheinander bringen, eben Fàbregas und Messi. Auf den Außenpositionen spielten Dani Alves und Thiago Alcântara sehr hoch und sorgten dort für die nötige Breite, aus dem Mittelfeld verteilten Iniesta und Xavi wie gewohnt die Bälle. Im Grunde sah das Spiel von Barcelona genauso aus wie bei der Offenbarung gegen Villarreal.

Santos konnte Barça die Räume nicht nehmen - hier sind Messi (unten) und Fàbregas (Mitte) völlig frei.

Barcelona sammelte 75% Ballbesitz, es wurde viel rochiert und vor allem Messi und Fàbregas liefen sehr viel und holten sich die Bälle auch in tieferen Mittelfeld-Regionen. Das bereitet den Brasilianern große Probleme, denn die versuchten natürlich, immer möglichst Überzahl in Ballnähe zu bekommen. Was bei de facto fünf zentralen Mittelfeld-Männern bei Barcelona aber hieß das im (sehr schiefen) 4-2-3-1 von Santos aber: Es stand immer einer frei, oft auch mehr – so wie in diesem Bild, als Messi und Fàbregas weit und breit keinen Gegenspieler hatten.

So kam die Santos-Abwehr, die noch dazu einen erstaunlichen Respektabstand zu den Gegenspielern hielt und überhaupt nicht versuchte, mit Körpereinsatz dagegen zu halten, oft schwer in Bedrägnis und nach einer halben Stunde war Barça schon 2:0 voran, zur Halbzeit bereits mit 3:0.

Die Formation von Santos

Die zwei bestimmenden Figuren bei Santos sind natürlich Neymar und Ganso, die beide als heiße Aktien für einen baldigen Transfer nach Europa gehandelt werden. Die beiden haben grundsätzlich eine sehr hohe Qualität, aber gegen ein dermaßen dominantes Team aus Barcelona waren die Superstars zur absoluten Wirkungslosigkeit degradiert. Woran sie aber auch selbst Schuld sind.

Neymar spielte nominell auf der linken Seite im Mittelfeld, aber tatsächlich spielte der 19-Jährige einen Freigeist, spielte sehr zentral und auch recht hoch. Das hieß nicht nur, dass er in der Luft hing, sondern auch, dass Dani Alves die komplette Seite für sich alleine hatte und zudem Puyol immer wieder die Muße hatte, dort etwas weiter aufzurücken.

Ebenso enttäuschend war aber auch Ganso. Wenn nicht noch mehr: Denn der Zehner nahm eigentlich nicht am Spiel teil: Er war vom Passtempo der Katalanen überfordert, stand ebenso wie Neymar zumeist zu hoch, sah kaum Bälle und konnte sie noch weniger verteilen. Busquets hatte keinerlei Mühe, Ganso zu neutralisieren.

Ramalho gibt schon zur Halbzeit auf

Santos-Trainer Muricy Ramalho reagierte schon nach einer halben Stunde auf die komplette Chancenlosigkeit seiner Mannschaft und brachte für U-20-Weltmeister Danilo den routinierten Elano. Am Spiel änderte das aber nichts, die rechte Seite blieb genauso wirkungslos und so war mit dem 0:3 in der Halbzeit das Spiel entschieden.

Nach der Pause schien Santos nur noch darauf aus zu sein, das Ausmaß der sportlichen Katastrophe in Grenzen zu halten. So orientierte sich Elano nebem Henrique und Arouca gegen den Ball ins defensive Mittelfeld, wodurch ein fast italienisches 4-3-1-2 entstand, wobei Ganso auf der zehn blieb, sich Neymar aber vermehrt auf die linke Seite orientierte, um ein paar Bälle zu sehen. An Puyol gab’s aber kein Vorbeikommen.

So plätscherte die zweite Hälfte dahin, Barcelona kontrollierte den Ballbesitz und kam auch zu einigen Chancen, aber im Grunde war das Spiel aufgrund des Klassenunterschieds und des Spielstands ein Non-Contest. Auffällig war aber, dass Dani Alves in seiner extrem hohen Positionierung Probleme hatte, Abseitsstellungen zu verhindern. Er tappte ein ums andere Mal in die verbotene Zone, legte aber zehn Minuten vor Schluss noch den 4:0-Endstand durch Messi auf.

Fazit: Santos hatte nicht den Funken einer Chance

Der Copa-Libertadores-Sieger hatte vom Anpfiff an überhaupt keine Chance und der Endstandt von 0:4 drückt den Klassenunterschied in Wahrheit noch gar nicht wirklich aus – hätte Barcelona sieben oder acht Tore erzielt, keiner hätte sich beschweren können. Die hohe Positionierung von Neymar und die Passivität von Ganso taten ihr übriges. Barcelona hatte keine Mühe und konnte sich ungehindert die Bälle zuschieben.

Messi und Fàbregas genossen die ihnen gewährten Freiheiten sichtlich und arbeiteten extrem viel. Das 3-3-4 von Guardiola funktionierte hervorragend, Santos kollabierte unter dem aufgebauten Druck. Der Sieg stand nie zur Diskussion.

(phe)

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Ohne Xavi und ohne Abwehr – aber Barça sieht noch stärker aus als vorher! https://ballverliebt.eu/2011/08/29/ohne-xavi-und-ohne-abwehr-aber-barca-sieht-noch-starker-aus-als-vorher/ https://ballverliebt.eu/2011/08/29/ohne-xavi-und-ohne-abwehr-aber-barca-sieht-noch-starker-aus-als-vorher/#comments Mon, 29 Aug 2011 21:33:04 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5601 Ohne Xavi und ohne Abwehr – aber Barça sieht noch stärker aus als vorher! weiterlesen ]]> Pep Guardiola ist drauf und dran, die Pyramide wieder umzudrehen! Ohne Xavi und ohne Puyol und Piqué, mithin eigentlich ohne Abwehr, kommt mit Fàbregas eine neue Komponente ins Barça-Spiel. Das sah gegen Villarreal wie ein 3-3-4 aus, mit dem man dem Gegner gehörig den Hintern versohlte.

FC Barcelona - Villarreal CF 5:0

Große Mannschaften versinken immer wieder – weil sie zu lange im eigenen Saft schmoren und sich in Zeiten des Erfolgs, bis zu einem gewissen Grad natürlich verständlich, nicht erneuern. Weil es ein Risiko mit sich bringt: Was, wenn das Neue nicht funktioniert? Dann wäre eine Blütezeit mutwillig früher zerstört worden, als es notwendig gewesen wäre.

Genau das macht der FC Barcelona nicht. Von vielen als beste Fußballmannschaft aller Zeiten gefeiert, holte man sich im Sommer neben Alexis Sánchez auch Cesc Fàbregas, und nicht wenige fragten sich: Wo soll der Ex-Arsenal-Kapitän in die Mannschaft passen, bevor Xavi altersbedingt kürzer treten muss; und was heißt das für Supertalent Thiago Alcantara? Und neben dieser geht Pep Guardiola auch andere Fragen nach der langfristigen Strategie schon jetzt auf den Grund. Wie etwa der Nachfolge von Carles Puyol.

Fusion der Positionen hinten…

Ein Blick in eine mögliche Zukunft ohne Xavi und Puyol lieferte das erste Spiel von Barcelona in der neuen Saison der Premiera Division gegen Villarreal, denn weder Puyol noch Xavi konnten auflaufen. So krempelte Guradiola nicht nur die Aufstellung um, sondern auch das System. Denn ein 4-3-3 war das beileibe nicht. Was es genau war? Das sprengt die geläufigen Zahlenkombinationen.

Hinten stand in jedem Fall eine Dreierkette, besetzt mit nur einem gelernten Verteidiger – Eric Abidal. Zentral (Sergio Busquets) und rechts (Javier Mascherano) waren zwei Sechser, zwei Spieleröffner aufgestellt. Ein Zugeständnis an die Spielweise praktisch aller Gegner von Barcelona, die sich hinten reinstellen: Eine echte Verteidigung ist schlicht nicht notwendnig. Busquets und Mascherano fangen mit ihrem überragenden Stellungsspiel viele Konter ab, vor allem durch ihre extrem hohe Positionierung oft schon im Keim.

…bedeuten mehr Optionen vorne

Was weiter vorne bedeutet, dass Guardiola mehr Optionen hat, weil er hinten Verteidiger und Sechser de facto fusioniert hat. Das öffnet die Tür für eine Formation mit Messi UND Fàbregas. Die sich in den Halbfeldern schräg vor Keita breitmachten, während auf den Einsatz von Außenverteidigern vom Stile eines Dani Alves – er war gesperrt – verzichtet wurde. Mascherano und Abidal mussten defensiv die Flanken dicht halten.

Somit waren sechs Spieler mit dezidiert offensiver Grundausrichtung übrig, die hinter sich nur potentielle Ballverteiler und Spieleröffner hatten. Vorne bildeten sich drei Pärchen: Auf der rechten Seite Thiago Alcantara hinter Alexis Sánchez, auf der linken Seite Iniesta hinter Pedro, und zentral Fàbregas und Messi.

Endzweck bleibt, der Weg dorthin nicht

Das heißt, dass auch ohne aufrückende Außenverteidiger der Druck über die Flügeln aufrecht erhalten wurde, was für den Plan im Zentraum auch dringend notwendig ist. Denn während die verteidigenden Außen (diesmal Oriol und Zapata) mit den Duos an der Seitenlinie beschäftigt waren, versuchten Messi und Fàbregas in der Mitte, durch ihre unberechenbaren Laufwege Löcher im Deckungsverbund zu reißen.

Durch das Spiel mit gleich zwei falschen Neunern bekommt Barcelona zwar aus dem Fluss heraus keinen Zugriff auf den Strafraum, das ist aber auch gar nicht das Ziel. Das war es und bleibt es auch weiterhin, das sich unweigerlich früher oder später auftuende Loch durch einen schnellen Lochpass auf den hineinsprintenden Spieler zu nützen. Und weil nun eben mit Fàbregas ein zweiter Spieler da ist, der sowohl das Auge hat solche Pässe zu spielen, als auch das Spielverständnis, sie zu antizipieren und als Empfänger bereit zu sein, wird es für eine Abwehr so gut wie unmöglich, über 90 Minuten den Einschlag zu verhindern.

Auch Villarreal spielt mit neuem System – umsonst

So war es auch diesmal – und wohlgemerkt, Villarreal ist nicht irgendeine Mannschaft. Das Team von Trainer Juan Carlos Garrido kam in praktisch gleicher Besetzung in der letzten Saison ins Semifinale der Europa League und wurde immerhin Vierter in der spanischen Meisterschaft. Für dieses Spiel rückte er von seinem vertrauten 4-2-2-2 ab und stellte sich in einem 4-2-3-1 auf, um nicht im Mittelfeld gnadenlos in Unterzahl zu kommen. Vergeblich.

Beim ersten Tor nahm Fàbregas Alcantara mit, dieser zog alleine zum Strafraum und schoss aus 15m zum 1:0 ein; kurz vor der Pause nützten Messi und Fàbregas ein sich bietendes Loch zum 2:0. Kurz nach dem Seitenwechsel reichte ein genialer langer Pass von Alcantara auf Sánchez, um die zu hoch stehenden Villarreal-Abwehr auszutricksen, und auch beim 4:0 lief es nach dem gleichen Muster: Ein schneller Pass reichte aus, um einen kleinen Stellungsfehler blitzschnell auszunützen. Villarreal musste mehr oder minder hilflos zusehen, wie aus allen Richtungen die Bälle einschlugen, die Verzweiflung ob dieser absoluten Chancenlosigkeit war etwa Borja Valero ins Gesicht geschrieben – er schien den Tränen nahe.

Luft raus nach dem 4:0

Nach einer Stunde war mit dem 4:0 natürlich längst alles entschieden, und so gab sich die Gelegenheit für Guardiola, ein wenig zu wechseln: Xavi (für Iniesta) und Jonathan (für Fàbregas) nahmen ziemlich exakt die gleichen Positionen ein, Villa tendierte etwas mehr zur Mitte als der für ihn aus dem Spiel gegangene Pedro.

Villarreal-Coach Garrido gab das Spiel dann auch auf und ramschte sein Mittelfeld mit Defensivleuten voll, um Messi und Fàbregas enger zu nehmen und so ein noch ärgeres Debakel zu verhindern. Nun stand vor der Vierer-Abwehrkette eine Dreierreihe aus defensiven Mittelfeldspielern (Senna, Marchena und Soriano), flankiert von zwei zumeist tief stehenden Flankenspielern (Wakaso links und Camuñas rechts). Ganz klappte das mit dem sicher stehen aber immer noch nicht: Ein flinker Pass von Messi raus auf Alcantara, ein punktgenauer Pass zurück, und schon stand’s 5:0. Die Luft war in der letzten halben Stunde aber schon deutlich entwichen.

Fazit: Dieser FC Barcelona muss einem Angst machen

So unglaublich es klingt: Dieser FC Barcelona, ohne Xavi als Ballverteiler im Zentrum und ohne Puyol als Vieh in der Abwehr, macht einen potentiell noch stärkeren Eindruck. Weil es dank des Verzichts auf eine nominelle Abwehr mehr Ballverteiler gibt, weil die Breite dennoch gegeben ist, und weil Messi und Fàbregas jetzt schon zuweilen miteinander harmonieren, als spielten sie schon seit Jahren zusammen.

Zudem macht das Spiel mit zwei technisch so unglaublich starken falschen Neunern das Verteidigen für die gegnerische Innenverteidigung de facto unmöglich: Bleibt man hinten, gewährt man den beiden Platz vor dem Strafraum. Rückt man raus, folgt sofort der Lochpass in den entstehenden Raum im Rücken und es schlägt ein.

Villarreal, wie erwähnt eine der stärksten Truppen aus dem Land des Weltmeisters, fehlte komplett der Plan, wie man gegen dieses Barcelona agieren soll und so bekamen die Submarinos Amarillas gehörig den Hintern verhauen. Sie werden aber garantiert nicht das letzte Team sein, dem es so geht.

Jonathan Wilson beschreibt in seinem Standardwerk „Inverting The Pyramid„, wie aus dem 2-3-5 der Anfangszeit immer mehr ein defensivdominiertes Spiel mit zuweilen einem 5-3-2 wurde. Pep Guardiola ist gerade dabei, die Pyramide mit diesem 3-3-4-ähnlichen System wieder zurückzudrehen. Womit er potentiell ein neues Kapitel der Fußballgeschichte aufschlägt.

(phe)

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Arsenal nützt Gunst der Stunde https://ballverliebt.eu/2010/10/25/arsenal-nutzt-gunst-der-stunde/ https://ballverliebt.eu/2010/10/25/arsenal-nutzt-gunst-der-stunde/#comments Mon, 25 Oct 2010 14:26:12 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=3060 Arsenal nützt Gunst der Stunde weiterlesen ]]> Man braucht auch etwas Glück – und das hatte Arsenal beim letztlich zu hohen 3:0-Erfolg bei Manchester City. Denn die Gunners spielten zwar 85 Minuten in Überzahl, verpassten aber die frühe Entscheidung und kamen noch heftig in Bedrängnis. Weil Mancini in der Pause gut reagierte.

Man City - Arsenal 0:3 ... (bis Min. 5)

Nach dem klaren 5:1 über Donetsk wollte Arsenal nun auch in der Premier League nachlegen – aber Manchester City ist nicht Shakhtar, das wurde schnell deutlich. Denn City nahm sofort das Heft in die Hand, indem vor allem auf die linke Verteidigungsseite von Arsenal Druck ausgeübt wurde. Milner startete etwas ungewohnt rechts, dazu orientierte sich Silva auch auf diese Seite und selbst Tévez ging nach draußen. Denilson und Clichy konnten sich aber nicht zu zweit um bis zu vier Leute kümmern (wenn Richards auch noch mitging), sodass die Innenverteidigung von Arsenal ebenso Richtung Außenbahn rücken musste. Die Folge: Platz im Zentrum, den Silva gleich in der 1. Minute beinahe ausgenützt hätte. Ähnlich war das Strickmuster zwei Minuten später, als City zur nächsten großen Chance kam.

Arsenal drohte in den ersten Minuten, überrollt zu werden, ehe der statt Kolo Touré in der City-IV spielende Dedryk Boyata ihnen einen großen Gefallen tat: Er riss als letzter Mann Marouane Chamakh um und sah Rot – die vorentscheidende Situation in diesem Spiel schon in der 5. Minute! Denn somit war Arsenal im Spiel.

Man City - Arsenal 0:3 ... (nach dem Ausschluss)

Mancini reagierte, indem Milner zunächst nach hinten ging und Richards ins Abwehrzentrum ging, diese Maßnahme wurde aber schnell verworfen und mit Yaya Touré war es schnell die logische Lösung in der Innenverteidigung. Milner ging dafür ins defensive Mittelfeld. Somit war nicht nur die linke City-Flanke verwaist, sondern Mancini gab nun auch die rechte auf. Somit war Gaël Clichy nicht mehr defensiv durch eine Übermacht an City-Spielern gebunden, sondern konnte sich nun recht frei nach vorne bewegen, Arshavin hinterlaufen und so diese Seite bei Arsenal extrem zu beleben. Erstaunlicherweise blieb die linke Flanke über Sagna und Nasri da etwas hintennach – Barry und Boateng machten hier einen guten Job.

Das defensive Mittelfeld von City schaffte es von Beginn an nicht, Fàbregas unter Kontrolle zu Bringen. Dadurch, dass er nun mehr Anspielptionen in seiner Nähe hatte und nicht nur Chamakh tief (weil Arshavin nach innen rückte, wenn Clichy nach vorne kam), verstärkte sich die Kontrolle von Arsenal nun sukzessive. Jedoch blieben die Gastgeber durch steile Pässe vor allem auf Tévez immer noch gefährlich. Hatte City etwas Zeit, um einen Angriff aufzubauen, war das Rezept weiterhin dasselbe wie zu Beginn: Tévez zieht einen Innenverteidiger nach außen, Silva soll im Zentrum den entstehenden Platz nützen.

Arsenal nützt die Überzahl

Es dauerte eine Viertelstunde, ehe sich auch Sagna und Nasri etwas freispielen konnten und sich City nun Gefahr von drei Fronten entgegen gestellt sah – von rechts, von links und auch von Fàbregas aus dem Zentrum. Nach einem Vorstoß über rechts kam der Ball zu Sagna links, es folgte ein Doppelpass von Nasri mit Arshavin, und in der 21. Minute stellte Arsenal auf 1:0.

Arsenal lehnte sich nun etwas zurück, was es City ermöglichte, sich der Umklammerung etwas zu lösen. So sorgte etwa Richards einmal für mächtige Verwirrung bei Squillaci und Djourou, als er plötzlich in Mittelstürmer-Position auftauchte und beinahe ausglich. Mancini stellte seine Defensive nun ein weiteres Mal um: Yaya Touré ging wieder ins Mittelfeld, weil nun seine Fähigkeiten in der Spielgestaltung weiter vorne gefragt waren. Dafür ging Boateng nach innen und Barry machte nun den Linksverteidiger. Diese Maßnahme zeigte durchaus Wirkung: Arsenal fiel es nun trotz überwältigender Überzahl im Mittelfeld schwer, Chancen zu kreieren und City war dank Yaya Touré – der nun beinahe wie ein Spielmacher agierte – wieder etwas zielstrebiger im Spiel nach vorne.

Die Hausherren waren wieder im Spiel zurück und wären wohl recht locker mit dem knappen Rückstand in die Pause gekommen, um sich dort sammeln zu können und am Plan für die zweite Hälfte zu feilen, wäre nicht Arsenal fahrlässig mit der Chance zur Entscheidung umgegangen – aber Fàbregas scheiterte vom Elfmeterpunkt an Joe Hart, nachdem er aus dem Strafraum hinauslaufend völlig sinnbefreit von Kompany gefoult worden war.

Man City dank Umstellungen wieder voll dabei

City kam also unbeschadet in die Pause und konnte dort endlich Ordnung in die zuvor heftig durchgewechselte Formation bringen. Bridge kam für Yaya Touré und spielte den Linksverteidiger; City lief nun in einem 4-1-3-1 auf – in der Mittelfeldreihe mit Barry, Silva und Milner vorm Sechser De Jong. Vorne ersetzte kurz nach dem Seitenwechsel Adebayor den sichtlich angeschlagegen Tévez.

Man City - Arsenal 0:3 ... (nach Seitenwechsel)

Durch diese geschickten Umbauten in der Formation merkte man nun endgültig nicht mehr, dass City einen Mann weniger auf dem Platz hatten. Mit den aufrückenden Bridge und Richards gelang es nun, die Unterzahl im Mittelfeld auszugleichen und auch durchaus mit Zug nach vorne wieder aus der Kabine zu kommen; und außerdem hielten die Citizens somit auch Clichy und den im Laufe der ersten Hälfte immer mehr aufblühenden Sagna so sehr in Schach, dass sie nach vorne zunächst keine Faktoren mehr waren. Dass man allerdings in einen Konter lief, bei dem nur noch zwei Spieler hinten waren, hatte Mancini so sicher auch nicht geplant. Die Aktion in der 55. Minute konnte Arsenal aber nicht nützen.

Dennoch hatte City das Spiel wieder im Griff und war dem Ausgleich deutlich näher als Arsenal dem 2:0, Silva (57.) etwa hatte eine große Chance, gleich danach Adebayor (58.) – die Gäste waren in dieser Phase am eigenen Strafraum festgenagelt. Bei Arsenal ließ sich nun Fàbregas etwas weiter fallen, dafür entwickelten Denílson und Song, die zuvor ziemlich viel hinten gebunden waren, wieder deutlich mehr Vorwärtsdrang. Den Gunners gelang es so, das Mittelfeld wieder mehr unter eigene Herrschaft zu bringen, und mit dem 2:0 durch Song (66.) wurde das Team von Arséne Wenger auch prompt dafür belohnt.

Mancini brachte nun mit Mario Balotelli eine zweite Spitze, doch dieser Schuss ging nach hinten los. Denn ohne Gareth Barry, der für den Italiener ausgewechselt worden war, im Mittelfeld hatte Arsenal nun genau dort den Platz, um sich auszubreiten, den Ball zu kontrollieren und ohne allzu großen Aufwand die Zeit von der Uhr zu spielen. Das Spiel war entschieden, weil City kaum noch sinnvoll vor das Arsenal-Tor kam; und versuchte City es mit kontrolliertem Spielaufbau, standen sofort acht Arsenal-Spieler hinter dem Ball. Das 3:0 des in der Schlussphase für Chamakh eingewechselten Bendtner war nur noch Draufgabe, reine Kosmetik.

Fazit: City lange gleichwertig, Arsenal siegt zu hoch

Arsenal gewinnt zwar mit 3:0, der Sieg war aber alles andere als selbstverständlich und die Gunners hatten auch Glück. Zum einen, dass City 85 Minuten lang mit einem Mann weniger spielen musste – in den ersten Minuten war City drauf und dran, Arsenal zu überrollen. Und zum anderen, dass das 2:0 genau in eine Phase fiel, in der City das Spiel nach dem Seitenwechsel recht deutlich kontrollierte.

Mancini reagierte gut auf den Ausschluss, die Mannschaft fand sich im Laufe der ersten Hälfte trotz diverser Umstellungen wieder und in der zweiten Hälfte waren die Citizens, obwohl einen Mann weniger, wieder das spielbestimmende Team. Dass Mancini allerdings nach dem 0:2 einen zweiten Stürmer brachte und das Mittelfeld aufgab, hat das Match für City endgültig verloren.

(phe)

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Russland – Spanien https://ballverliebt.eu/2008/06/27/russland-spanien/ https://ballverliebt.eu/2008/06/27/russland-spanien/#comments Thu, 26 Jun 2008 22:14:32 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=234 Russland – Spanien weiterlesen ]]> Guus Hiddink wollte sich kein zweites Mal überrumpeln lassen, das war von Anfang an zu bemerken. Der spanische Coach Aragones hingegen – wohlwissend die Sbornaja in der Vorrunde schon einmal klar in die Schranken gewiesen zu haben – ging mit breiter Brust in die Partie. Und das sah man dann auch, je länger das Spiel dauerte. Der Offensivdrang des eurasischen Überraschungsteams, mit dem sie die in der Vorrunde brillierenden Holländer bezwungen hatten, war viel weniger spürbar. Und wenn dann doch einmal der Zug zum Tor da war, fiel sofort die schwache Tagesform des Wunderkinds Arschawin ins Gewicht.

Das war am Anfang noch in Ordnung, denn die Spanier kamen selbst noch nicht so richtig auf Touren, und wirkten verkrampft. Eine durchaus gut anzusehende Partie wog mit wenig zwingenden Gelegenheiten hin und her, mit leichter Feldüberlegenheit für die Iberer. Dann musste Villa verletzt ausgetauscht werden. Für den einen Weltklassekicker kam in Minute 35 ein anderer: Cesc Fabregas. Ich weiß nicht warum, aber in Folge dieses zwangsweisen Wechsels wurde aus Spaniens leichter Dominanz bis zur Pause eine eindeutige. Zur Pause war der Spielausgang trotzdem noch offen: 0-0.

Hiddink nutzte die Gelegenheit zum Wechsel nicht. Auch eine wirkliche Änderung der Spielanlage konnte ich nicht ausmachen, als das zweite Halbfinale in die zweiten 45 Minuten ging. Fünf Minuten später rächte es sich, als Xavi zu einem scharfen Querpass nur noch den Fuß richtig hinhalten musste. Akinfeev, an dem der Ball nur wenige Zentimeter vorbeiflog, sah nicht ganz glücklich aus, hatte aber aus der Distanz faktisch keine Chance zu reagieren.

Zwei weitere Wechsel (Biljaletdinow, Sytschew) änderten an den sich zuspitzenden Kräfteverhältnissen nichts. Russland rannte nun stärker an, versuchte Chancen zu erzwingen und über schnelle Angriffe in den Strafraum vorzustoßen, vergaben aber die wenigen sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Als es dank Guiza zum 2-0 krachte, stellte Hiddink als allerletzte Möglichkeit das System um. Das Mittelfeld rückte vor, eine hängende Spitze kam hinzu, die Abwehr spielte größtenteils nur noch Dreierkette. Doch so wirklich ins Trudeln mochte die Defensive der Seleccion nicht kommen. Es dauerte trotzdem knapp zehn Minuten, bis Villa, Iniesta und der Rest begriffen, dass die junge Sbornaja ihnen da die Räume im Angriff weit aufgemacht hatte. Acht Minuten vor Ende der regulären Spielzeit klingelte es dann zum dritten Mal im Kasten von Akinfeev. Spätestens da war sicher, dass für den Zweiten der Gruppe D der Traum vom Finale dahin war.

Spanien gewann dank ihrer Erfahrung und den sich daraus ergebenden Klasseunterschieds. Die zusammengewürfelten Einzelkämpfer von 2006 wurden von Aragones zu einem funktionierenden Kollektiv gemacht, dass nun aus der Summe seiner Genies profitiert. Für Russland bleibt der Ruhm als größte Überraschung dieser Europameisterschaft, als auch die Erkenntnis heute auf klare Grenzen gestoßen zu sein. Selbst wenn Arschawin heute „funktioniert“ hätte, wäre es nicht viel anders gekommen.

Spanien ging verdient als Sieger vom Platz. Das Ergebnis dürfte freilich etwas schmeichelhaft sein.

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