villa – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Thu, 07 Jun 2012 00:04:46 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.1 Euro-Classics 2008 – Den Sieg erzwungen / Zum Glück gezwungen https://ballverliebt.eu/2012/06/07/euro-classics-2008-den-sieg-erzwungen-zum-gluck-gezwungen/ https://ballverliebt.eu/2012/06/07/euro-classics-2008-den-sieg-erzwungen-zum-gluck-gezwungen/#comments Thu, 07 Jun 2012 00:04:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7389 Euro-Classics 2008 – Den Sieg erzwungen / Zum Glück gezwungen weiterlesen ]]> In den Halbfinals der Euro 2008 sahen jeweils klare Favoriten (Deutschland und Spanien) gegen zwei Außenseiter mit dem Turnierverlauf auf ihrere Seite (Türkei und Russland). Letztlich setzten sich die Favoriten durch, aber nicht ohne besondere Umstände. Die einen mussten den Sieg erzwingen, die anderen wurden von der Verletzung des Torschützenkönigs zum Glück gezwungen…

Na, wer fehlte den Türken denn diesmal? Antwort: Servet, Aşık, Güngör, Emre (alle verletzt), dazu Demirel, Arda und Nihat (gesperrt). Sprich: Den Türken stand für das Halbfinale gegen Deutschland ein flotter 15-Mann-Kader zur Verfügung. Darunter noch genau ein einziger Innenverteidiger. Kein Wunder, dass Fatih Terim im Vorfeld nur halb im Scherz meinte, dass womöglich der dritte Torwart Tolga als Feldspieler eingewechselt werden müsse.

Deutschland - Türkei 3:2 (1:1)

Freilich: Das war natürlich auch ein wenig Geplänkel, um die Deutschen in Sicherheit zu wiegen. Und das gelang auch, bis zu einem gewissen Grad. Dass sich die DFB-Elf aber generell schwer tat, ein Spiel selbst zu gestalten, war dem türkischen Trainer-Fuchs natürlich nicht entgangen und es spielte auch voll in seine Karten.

Es wären auch nicht typisch für die Türken in diesem Turnier gewesen, wenn sie nicht wieder in einem komplett neuen System angetreten wären. Nach einem symmetrischen 4-2-2-2 (gegen Portugal), einem 4-2-3-1 (gegen die Schweiz), einem assymmetrischen 4-2-2-2 (gegen Tschechien) und einem 4-3-3 (gegen Kroatien) war es diesmal ein ganz klares 4-1-4-1 mit einer wie auf einer Perlenkette aufgereihten Mittelfeldreihe.

Dahinter war Mehmet Aurélio weniger die klassische Absicherung, sondern vielmehr ein recht konsequenter Manndecker für Michael Ballack. Die Türken überließen den Deuschen recht bereitwillig den Ball, pressten ab der Mittellinie mit der Viererkette im Mittelfeld recht aggressiv, und nahmen den recht statischen und einfallslosen Deutschen die Anspielstationen vorne.

Die türkischen Außen, also Kâzım rechts und Boral links, rückten zudem immer wieder ein und wurden von Sabri und Balta hinten abgedeckt, sodass im Zentrum zuweilien vier Türken gegen maximal drei Deutsche standen. Bei Ballgewinn wurden bei den Türken schnell umgeschaltet – wie beim Lattenschuss nach rund zehn Minuten. Inhaltlich waren die Roten die klar bessere Mannschaft, und nach 22 Minuten wurde auch die defensive Passivität von Podolski ausgenützt: Er verhinderte Sabris Flanke nicht, und Boral verwertete den Abstauber, nachdem der Ball an die Latte geprallt war.

Die spielerische Brillanz bracht Jogi Löw erst in Richtung der WM in Südafrika in seine Mannschaft. Für das Team in diesem Turnier gab es im Grunde nur zwei Wege zum Torerfolg: Freistöße (einer gegen Österreich und zwei gegen Portugal) und Flanken von der linken Seite (einmal gegen Kroatien und einmal gegen Portugal). So war es auch in diesem Spiel. Podolski konnte in der ganzen ersten Hälfte nur zweimal in den Raum geschickt werden, einmal brachte er eine Flanke in die Mitte, wo Schweinsteiger verwertete – eine Kopie des ersten Tores gegen Portugal.

Konkreter wurden die Aktionen nach dem Seitenwechsel auch deshalb nicht, weil Rolfes verletzt ausscheiden musste und durch Frings ersetzt wurde. Kein guter Tausch – schließlich konnte Rolfes zumindest noch Ansatzweise sinnbringende Pässe nach vorne spielen, Frings war ein reiner Zerstörer.

So plätscherte das Spiel recht ereignisarm über weiter Strecken der zweiten Hälfte. Ehe die Deutschen aus einem Freistoß (wie auch sonst) etwas unverhofft zum 2:1 kamen – Rüştü kam aus seinem Tor, kam aber nicht mehr rechtzeitig vor Klose an den Ball, dessen Kopfball landete im Netz. Doch auch hier gilt: Die Türken wären nicht die Türken, wenn sie nach diesem Nackenschlag nicht doch wieder ausgleichen hätten können.

Terim brachte Gökdeniz (für den müde gelaufenen Boral auf links) und mit Mevlüt statt Ayhan eine zumindest hängende Spitze zu Semih dazu. Und natürlich war es auch wieder die Seite des defensiv recht, nun ja, passiven Lukas Podolski, über die Sabri durchging, sich auch gegen Lahm durchsetzte und einen Pass parallel zur Toraus-Linie zur Mitte brachte – wo Semih die Kugel an Lehmann vorbei ablenkte. Das 2:2.

Nun aber ging bei den Türken die Ordnung verloren. Was zuvor vorne klar strukturiert war und wo jeder seine genauen Aufgaben kannte, herrschte nach dem 2:2 etwas Chaos, und in der Rückwärtsbewegung war Sabri nicht so konsequent wie er hätte sein müssen. So war in der Nachspielzeit bei Deutschland wieder die Variante „Angriff von links“ an der Reihe, und Lahm wühlte den Ball zum 3:2 durch die Abwehr. Nun hatten die Türken keine Antwort mehr.

Nach 80 Minuten gegenseitiger Neutralisation und zehn Minuten wilden Treibens war Deutschland im Finale, das soll aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Offensivleistung mehr als mau war. Ohne den komplett neutralisierten Ballack war kaum Kreativität vorhanden. Podolski sorgte auf der linken Seite zwar für einige gute Aktionen und war letztlich auch an allen Toren irgendwie beteiligt, war aber doch ein extremes Sicherheits-Risiko nach hinten. Und die Zentrale konnte mit dem aggressiven türkischen Mittelfeld kaum umgehen.

Eigentlich hatte Fatih Terim mit seinem verbleibenden Mini-Kader alles richtig gemacht. Doch ein beinahe klischeehaft erkämpfter, „typisch deutscher“ Sieg bedeutete für eine der faszinierendsten Teams des Turniers das Aus im Halbfinale.

Luis Aragonés hasst Gelb. Er hasst es. Und doch musste seine Mannschaft in den gelben Ausweich-Trikots zum Halbfinale gegen Russland antreten. „Dabei ist das nicht mal ein richtiges Gelb“, brummte der spanische Teamchef noch, „sondern mehr sowas Senf-ähnliches.“ Gelbe Trikots hin oder her, Aragonés wusste, dass er Juri Shirkov stoppen musste, um nach dem 4:1 im ersten Gruppenspiel auch im Halbfinale die Oberhand gegen die Russen zu behalten.

Spanien - Russland 3:0 (0:0)

Er wies Rechtsverteidiger Sergio Ramos an, so hoch wie möglich zu stehen, Shirkov schon in der russischen Hälfte festzunageln, und so dem Aufbauspiel der Russen die größte Waffe zu nehmen. Der Effekt für die russische Mannschaft war verheerend. Weil Shirkov der einzige Spieler war, der überhaupt auf diesem Flügel aufgeboten wurde, fehlte die Breite, wodurch die Sbornaja ins Zentrum gezwungen wurde – wo sie wegen den einrückenden Silva und Iniesta immer wieder in eine 3-gegen-4-Unterzahl gerieten.

Andrej Arshavin versuchte zwar, über seine Positionierung über die halbrechte Seite zu retten, was zu retten war und den Rückraum hinter Ramos zu nützen, aber weil Puyol sehr aufmerksam agierte, funktionierte das gar nicht und Arshavin war genauso aus dem Spiel genommen wie Shirkov.

Und damit das Tempo im Spiel der Russen. Die hatten zwar zunächst sogar mehr Ballbesitz, konnten aber nie Tempo aufbauen und wussten so nicht so recht, was sie mit der Kugel anfangen sollten. Allerdings kamen durch das extrem enge eigene Spiel auch die Spanier nicht so recht durch. Das änderte sich erst durch die Verletzung von David Villa nach einer halben Stunde.

Es wäre natürlich etwas hart, zu sagen, die Verletzung von Villa wäre das beste gewesen, was Spanien in diesem Spiel passieren hätte können. Was aber nichts daran ändert, dass es stimmt. Denn mit Cesc Fàbregas kam genau jener Spieler rein, der in der Folge den Unterschied ausmachte. Durch die tiefere Positionierung von Fàbregas gegenüber Villa hatten die Spanier nun teilweise eine Zwei-Mann-Überzahl im Zentrum, das sich brutal auswirkte.

Und nach dem Seitenwechsel schnell für die Vorentscheidung sorgte. Die Russen hatten nun auf so viele Spanier aufzupassen, dass Prioritäten gesetzt werden mussten, und in der Nähe des eigenen Strafraums lagen diese eher auf Torres, Silva und Fàbregas – nicht aber auf Xavi. Bei Inestas Flanke fünf Minuten nach Wiederanpfiff hatten die Russen Xavi einfach nicht auf der Rechnung. Sie ließen ihn gewähren, er traf zum 1:0, und die Russen waren schwer getroffen.

Mit Fàbregas im Mittelfeld dominierte Spanien nun nach Belieben. Shirkov blieb abgemeldet, Arshavin isoliert und mit Ausnahme von fünf Minuten in der ersten Halbzeit war auch von Pavlyuchenko nicht viel zu sehen. Stattdessen drehten die Spanier an der Temposchraube und verwirrten die Russen mit ihren ständigen Rochaden immer mehr. Torres wurde in der Folge fast im Minutentakt bedient, er vernebelte aber die besten Chancen – ehe der halb durch die zweite Hälfte für ihn eingewechselte Güiza in der 73. Minute mit seinem 2:0 den Deckel draufmachte.

Bei den Russen waren zuvor Sychov für Saenko gekommen (rechte Angriffsseite), und mit Bilyaletdinov statt Semshov (der sich erfolglos darum bemüht hatte, Xavis Kreise einzuengen) sollte etwas mehr Punch nach vorne kommen – doch mit dem 2:0 und mit der Einwechslung von Xabi Alonso für Xavi, um die vorgezogene Positionierung von Bilyaletdinov auszugleichen, war alles vorbei. Das 3:0 durch den großartig aufspielenden David Silva war nur noch die Draufgabe.

So wurde Luis Aragonés mehr oder weniger zu seinem Glück gezwungen – die Einwechslung von Fàbregas bescherte seinem Team den entscheidenden Vorteil im Mittelfeld und damit den letzlich ungefährdeten Sieg.

(phe)

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Euro-Classics 2008 – Zwei Korken-Knaller https://ballverliebt.eu/2012/06/04/euro-classics-2008-zwei-korken-knaller/ https://ballverliebt.eu/2012/06/04/euro-classics-2008-zwei-korken-knaller/#respond Mon, 04 Jun 2012 06:48:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7244 Euro-Classics 2008 – Zwei Korken-Knaller weiterlesen ]]> Spanien? Trotz starkem Kader noch immer irgendwie gescheitert. Griechenland? Den Spielverderber der spielerisch ansonsten grandiosen EM vier Jahre davor wollte keiner sehen. Schweden? Immer dabei, meistens ganz gut, aber selten wirklich aufregend. Die Russen? Zwanzig Jahre her, dass die eine relevante Mannschaft hatten. Kaum jemand interessierte sich vor der Euro2008 für die eher unscheinbare Gruppe D. Zu Unrecht, denn zumindest zwei Teams drückten dem ganzen Turnier ihren Stempel auf!

Spanien - Russland 4:1 (2:0)

Spanien – Russland 4:1 (2:0)

Luxusprobleme plagten Luis Aragonés vor dem Turnier-Start seiner Spanier. Im Mittelfeld hatte er Silva, Xavi, Iniesta und Fàbregas, dazu Xabi Alonso und Senna zur Verfügung. Vorne David Villa und Fernando Torres. Wen sollte der 69-jährige Griesgram da draußen lassen? Und doch nahm vor dem Turnier niemand die Spanier für voll. Weil sie noch immer einen Weg gefunden hatten, kolossal zu scheitern.

Gegen Russland ging Aragonés von seinem aus der Quali gewohnten 4-1-4-1 ab und brachte Villa UND Torres, Senna statt Xabi Alonso und beließ Fàbregas auf der Bank. Senna war der tiefste Spieler im Mittelfeld, Silva besetzte die linke Flanke und Iniesta nominell die rechte. Letzterer orientierte sich aber eher in die Mitte Richtung Xavi. Villa agierte als hängende Spitze und bewegte sich über die komplette Breite des Feldes.

Die Spielweise der Spanier war aber jener, die Barcelona in den folgenden Jahren praktizierte, bestenfalls ähnlich. Ja, Xavi verteilte aus der Tiefe die Bälle und es wurden die Lücken gesucht, die vor allem Villa durch seine hervorragenden Laufwege riss. Aber es gab kein Pressing. Nach Ballverlust zog sich die Mannschaft zurück, verhielt sich abwartend.

Bei den Russen hatte es Guus Hiddink geschafft, aus der eher rustikalen Mannschaft, die in den vielen Jahren davor staubtrockenen und in jeder Hinsicht un-aufregenden Fußball gespielt hatte, komplett umzupolen. Das wurde hier auch deutlich, obwohl Andrej Arshavin, der Top-Star des überragenden Uefa-Cup-Siegers Zenit St. Petersburg, in den ersten zwei Spielen gesperrt war. Hiddink setzte auf ein 4-2-3-1, in dem der Achter Konstantin Siryanov viel aufrückte, Die Flügelspieler Bilyaletdinov und Sychov viel einrückten und die Außenverteidiger – vor allem Juri Shirkov auf der linken Seite – brutal nach vorne preschten. In der Zentrale tummelten sich dann bis zu fünf Russen, die fächerartig ausscherten.

Das Resultat war in diesem Fall ein hochklassiges Spiel, der erste Spielabschnitt war zweifellos eine der herausragenden Halbzeiten des kompletten Turniers. In der beide Teams Chancen hatten – so wie Siryanovs Pfostenschuss nach 23 Minuten – aber weil sich die Russen hinten etwas naiv anstellten, scorte Spanien zweimal. Kolodin und Shirokov, fußballerisch deutlich die schwächsten Russen, standen zuweilen arg weit auseinander und zeigten sich vor allem schnellen spanischen Steilpässen aus der Tiefe nicht gewachsen. Erst legte Torres nach einem solchen für Villa quer, dann steckte Xavi für den Torjäger von Valencia durch.

Hiddink brachte für die zweite Hälfte mit Bystov einen neuen Mann für die linke Angriffsseite, er wollte damit dessen Tempo die vermeintliche spanische Schwachstelle, Linksverteidiger Capdevila, anbohren. Doch Bystrov versteckte sich von der ersten Minute an. Zudem kamen in der Folge bei den Spaniern Fàbregas (für Torres) und Cazorla (für den nach einer Lebensmittelvergiftung nicht ganz fitten Iniesta). Diese Wechsel nahmen Russland aus dem Spiel: Denn mit Cazorla (rechts) und Silva (links) waren nun beide der extrem offensiven russischen AV gebunden, im Mittelfeld stand es durch die tiefere Positionierung von Fàbregas nun endgültig 3 gegen 3, und vorne war Villa ein ständiger Gefahrenherd.

Hiddink nahm in der 70. Minute den Totalausfall Bystrov wieder vom Platz, aber das Pendel war längst in Richtung der Spanier umgeschwungen. Umso mehr, als Villa einmal mehr Shirokov austanzte und zum 3:0 traf. Die Russen waren inhaltlich übervorteilt worden, damit auch psychisch geschlagen. Der Anschlusstreffer durch Pavlyuchenko kurz vor dem Ende war nur ein kleines Aufflackern, das (Abseits-)Tor von Fàbregas in der Nachspielzeit zum 4:1 kaum noch mehr als Kosmetik.

Griechenland – Schweden 0:2 (0:0)

Griechenland - Schweden 0:2 (0:0)

War das erste Spiel an diesem Tag noch zumindest eine Stunde lang uneingeschränkt großartig, bot das Abendspiel in Salzburg die mit Abstand ödesten 90 Minuten des Turniers.

Ottos Titelverteidiger aus Griechenland kamen wie schon 2004 mit einem klassischen Libero (Dellas) und zwei Manndeckern daher (Kyrgiakos gegen Ibra, Antzas gegen Henke Larsson). Das stellte sich defensiv als Fünferkette dar, im Ballbesitz gingen alle Spieler bis auf die drei hinten und noch Basinas weit nach vorne. Die Folge: Minutenlanges Hin- und Herschieben des Balles in der eigenen Hälfte, ehe ein komplett sinnbefreiter langer Ball in die grobe Richtung des gegnerischen Tores folgte. Bezeichnend dafür etwa der 70m-Torschuss von Dellas nach einer halben Stunde, der näher an der Eckfahne landete als am schwedischen Tor. Von einem der sich schlecht bis gar nicht bewegenden Mitspieler ganz zu schweigen.

Das unglaublich langsame Tempo der Partie war aber auch möglich, weil es die Schweden tunlichst vermieden, den ballführenden Griechen auch nur im Ansatz unter Druck zu setzen. Das flache 4-4-2 von Lars Lagerbäck war extrem statisch, im Umschalten langsam, ohne jedes Pressing und bar jeder Kreativität. Kurz: Hölzern. Die besten Szenen gab es, wenn Chippen Wilhelmsson die Seite wechselte und Seitaridis einen zweiten Gegenspieler hatte.

Erst nach dem Seitenwechsel rückten die Schweden etwas auf, um nicht das ganze Spiel zuzusehen, wie sich die Griechen, in ihrer Hälfte alleine gelassen, die Zeit runterspielten. Das behagte den Griechen zwar nicht, aber weil Kyrgiakos seinen Gegenspieler Ibrahimovic auf Schritt und Tritt verfolgte, kamen die Schweden kaum zu Torchancen. Erst nach 67 Minuten entwischte Ibra seinem Bewacher und er traf mit einem sehenswerten Schuss ins lange Eck. Wenige Minuten später nudelte der aufgerückte Innenverteidiger Petter Hansson den Ball zum 2:0 über die Linie, das Spiel war entschieden. Rehhagel löste zwar seine Dreierkette auf (nominell zuindest, weil nun dafür Seitaridis hinten blieb), aber zu viele Abspielfehler, technische Unzulänglichkeiten und fehlende Kreativität verhinderten griechische Torchancen.

Stand nach dem ersten Spieltag: Spanien 3, Schweden 3, Griechenland 0, Russland 0.

Schweden - Spanien 1:2 (1:1)

Schweden – Spanien 1:2 (1:1)

Der Ansatz von Aragonés, mit Villa UND Torres zu spielen, hat sich gegen Russland ausgezahlt. Darum war der Ansatz und die Aufstellung gegen die Schweden exakt gleich. Doch stellte sich schnell ein Lerneffekt ein: Mit langen Bällen in die Spitze wird’s gegen die robuste und vielbeinige schwedische Defensive nicht viel zu holen geben. Dem 1:0 durch Torres nach einem Eckball zum Trotz.

Das Trekronor-Team tat Spanien nämlich nicht den Gefallen, wie Russland mitspielen zu wollen, sondern stellte sich tief. Lediglich die Mittelfeld-Außen Ljungberg und Elmander schauten, dass sie halbwegs hoch standen, um den Vorwärtsdrang von Ramos und Capdevila zu bremsen. Die Spielanlage der Schweden war zumindest in der ersten Hälfte aktiver als noch gegen die Griechen, der Ausgleich durch Ibrahimovic nach einer halben Stunde war die Belohnung.

Dennoch: Je länger das Spiel dauerte, umso passiver wurden die Schweden, und umso mehr ähnelte das Spiel der Spanier nun doch jener ballbesitz-orientierten Kurzpass-Orgie an, für die Xavi, Iniesta und Co. bekannt sind. Es fehlte den Spaniern an der Breite und die Schweden machten im Zentrum hervorragend die Räume dicht.

Aragones reagierte nach einer Stunde darauf und brachte, wie schon in der ersten Partie, Cazorla für Iniesta; dazu Fàbregas statt Xavi. Die Neubesetzung auf den Flügeln hatte die Folge, dass neben Elmander (und später Seb Larsson) auch Ljungberg mehr in die Defensive eingebunden war. Schweden war extrem passiv, ließ das Spiel der Spanier über sich ergehen und wollte nur noch den einen Punkt über die Zeit mauern – die Einwechslung eines zusätzliches Sechsers (Källström) für Henke Larsson war ein klares Indiz dafür.

Es gelang allerdings nicht. Weil David Silva in der Nachspielzeit doch noch eine Lücke erspähte, in die er Villa schickte. Dieser ließ noch Mellberg aussteigen und schob zum 2:1 ein. Praktisch in letzter Sekunde, aber hochverdient.

Griechenland – Russland 0:1 (0:1)

Griechenland - Russland 0:1 (0:1)

Nachdem die Russen Spanien ins offene Messer gelaufen waren, agierten sie gegen Griechenland deutlich vorsichtiger. Semshov spielte zurückgezogen, mit Siryanov war eher ein gelernter Achter auf der rechten Außenbahn aufgestellt. Arshavin saß das letzte Spiel seiner Sperre ab.

Auf der anderen Seite trauten sich die Griechen mehr zu als beim Auftritt gegen Schweden, für den sie mörderische mediale Prügel bezogen hatten. Weil die Russen nur mit einem Stürmer spielten, sparte sich Rehhagel den zweiten Manndecker, mit Patsatzoglou kam dafür ein dritter Spieler ins zentrale Mittelfeld. Somit war dort wieder Gleichstand hergestellt. Zudem sorgte die hohe Positionierung von Charisteas und Amanatidis dafür, dass die sonst so aktiven russischen Außenverteidiger nicht so zur Geltung kamen wie noch gegen Spanien.

So trafen sich die Teams ziemlich in der Mitte. Das Spiel war geprägt von langen Bällen, wenig zusammen hängenden Aktionen und generell überschaubarem Niveau. Es gelang den Russen nicht, das Spiel breit zu machen und damit Räume zu schaffen – schließlich war die Grundausrichtung der Griechen immer noch defensiv und darauf bedacht, den Gegner nicht zur Geltung kommen zu lassen.

Die Griechen erinnerten in diesem Spiel deutlich mehr an jene Leistungen, die ihnen vier Jahre zuvor den Titel beschert hatten: Hinten nicht viel zulassen, aber zweikampfstark im Zentrum und stark über die Flügel. Seitaridis preschte bis zu seinem Austausch (Muskelzerrung) kurz vor der Halbzeit so die Flanke auf und ab, wie er das in Portugal gemacht hatte und bereitete so auch die eine oder andere Chance vor.

So brauchten die Russen einen ziemlich derben Fehler von Torhüter Nikopolidis, um zum 1:0 zu kommen: Der Torhüter lief einer Bilyaletdinov-Flanke am Tor vorbei nach, Semak brachte den Ball zurück zur Mitte und Siryanov konnte aus zwei Metern mühelos verwerten. Nach dem Seitenwechsel brachten die Russen mehr Leute in die gegnerische Hälfte, weil sie merkten, dass sie von den Griechen ohne Seitaridis auf der Außenbahn nicht mehr viel zu befürchten hatten. Es blieb aber eine schwache Partie mit vielen Fehlpässen. Und die schwächste Leistung der Russen in diesem Turnier.

Stand vor dem letzten Spieltag: Spanien 6, Schweden 3, Russland 3, Griechenland 0.

Griechenland – Spanien 1:2 (1:0)

Griechenland - Spanien 1:2 (1:0)

Die Spanier waren nicht mehr von Platz eins zu verdrängen, so konnte es sich Luis Aragonés erlauben, gegen die Griechen die Reservisten auflaufen zu lassen, lediglich Iniesta blieb in der Startformation. Statt Akteuren von Barça und Real waren das nun Spieler von Valencia und Liverpool. Also immer noch nominell stark genug, um die Griechen in Schach zu halten.

Bei den Hellenen zeigte sich in diesem Spiel wiederum deutlich, dass man zu deutlich besseren Leistungen in der Lage ist, wenn man nicht selbst Gestalten muss. Im Zentrum standen den drei spanischen Pass-Gebern drei recht defensive Gegenspieler gegenüber, so konnten die Spanier ihr Kurzpass-Spiel nicht aufziehen – ganz davon abgesehen, dass das Team nicht eingespielt war und auch das Tempo fehlte.

Und die Breite. Sergio García und Iniesta zogen zur Mitte, wurden aber von den etwas zu vorsichtigen Arbeloa und Navarro nicht hinterlaufen. Nikopolidis wurde, durchaus bewusst, immer wieder aus der Distanz getestet. Nicht ohne Grund, schließlich machte der Torhüter keinen sicheren Eindruck.

Der Spielaufbau bei den Griechen stützte sich einmal mehr auf viele lange Bälle. So wurde man nach vorne kaum gefährlich, zumal Salpingidis recht hoch stand und sich zwischen den spanischen Reihen positionierte – grundsätzlich keine dumme Idee, nur kamen die Anspiele auf ihn nicht an.

Dennoch: Wie in der Partie gegen die Russen zeigten die Griechen auch hier deutliche Ähnlichkeit mit ihrem Spiel bei der Euro 2004. Hinten wenig zulassen, über die Flügel für Entlastung sorgen (das machten Vyntra und Spiropoulos recht anständig) und im Zweifel auf Standards hoffen. Freistoß-Flanke Karagounis, Kopfball-Tor Charisteas: Das 1:0 kurz vor der Pause war wie aus dem Turnier von 2004.

Die Spanier schalteten nach dem Seitenwechsel einen Gang nach oben, die Außenverteidiger machten mehr, und mit der Zeit passte auch die Abstimmung. Für den Ausgleich musste zwar dennoch ein langer Ball herhalten (Güiza legte diesen auf De la Red ab, der verwertete dann), aber die Griechen ließen sich doch zu weit nach hinten drängen. Zusätzliche Probleme gab es, nachdem Kyrgiakos angeschlagen raus musste und Antzas gegen den beweglichen Güiza zunehmend schlecht aussah.

Rehhagel hatte keine echten Alternativen auf der Bank. Die Einwechslung von Tziolis für Karagounis machte sein Team zwar frischer, aber nicht besser. Spanien wartete geduldig auf die Chance, ließ den Griechen keinen Raum mehr. Und kurz vor dem Ende löste sich Güiza entscheidend vom schläfrigen Antzas, köpfte die Flanke von der rechten Seite mühelos ein – und Spanien hatte 2:1 gewonnen.

Russland - Schweden 2:0 (1:0)

Russland-Schweden 2:0 (1:0)

Im letzten Quali-Spiel, einem mühsamen 1:0 in Andorra, holte sich Andrej Arshavin eine rote Karte ab. Im letzten Spiel der Gruppe gegen Schweden war er wieder dabei. Gerade rechtzeitig für dieses „Achtelfinale“.

Das Russland gewinnen musste, den Schweden reichte ein Remis. Hiddink ließ, wie gewohnt, seine Außenverteidiger sehr weit nach vorne schieben. Kapitän Semak agierte als Sechser sehr tief und ließ sich immer wieder auf eine Höher mit den IV fallen – eher allerdings auf die Seite von Shirkov. In den ersten Minuten tat sich Russland etwas schwer, in die Gänge zu kommen.

Das änderte sich, als sich Semshov im Zentrum etwas fallen ließ. So wurde das Loch zwischen Defensive und Offensive geschlossen und die russische Show konnte beginnen. Mit Shirkov und Anyukov extrem hoch, Bilyaletdinov und Siryanov auf den Halbpositionen, dem aufrückenden Semshov und dem extrem aktiven Arshavin als hängende Spitze wurde ein Tempo-Fußball aufgezogen, mit dem die Schweden nicht mitkamen.

Vor allem die linke Abwehr-Seite mit Nilsson und Hansson wurde als Schwachstelle ausgemacht. Kein Zufall, dass das schon zu diesem Zeitpunkt überfällige 1:0 nach 20 Minuten über diese Seite aufgebaut wurde: Siryanov mit Lochpass für Anyukov, dessen Flanke verwertete Pavlyuchenko.

Die Schweden waren biedern, geradezu hölzern. Die Mittelfeld-Zentrale mit Svensson und Andersson stand oft viel zu hoch und kam überhaupt nicht in die Zweikämpfe, hielt also nichts her. Elmander und Ljungberg waren gegen die extrem offensiven Außenverteidiger komplett hinten gebunden und vorne standen zwei Stürmer, die kaum am Spiel teilnehmen konnten. Henke Larsson war wegen seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr der Schnellste, Ibrahimovic wegen hartnäckigen Problemen im linken Knie, die ihm schon die halbe Saison bei Inter gekostet hatten. Das Trekronor-Team konnte von Glück reden, dass die ein Feuerwerk abbrennenden Russen nicht schon längst viel höher führten.

Die Russen ließen zu Beginn der zweiten Hälfte ihre Stärken erneut aufblitzen: Schnelles Denken, schnelles Umschalten, schnelles Handeln. Ein langer Ball der Schweden wurde von Shirkov abgefangen, der legte zu Arshavin quer und startete sofort einen Sprint nach vorne, bekam den Ball in den Lauf gespielt, spielte 50 Meter oder sechs Sekunden später, längst im schwedischen Strafraum angekommen, auf Arshavin quer – dieser war ebenso schnell nach vorne gesprintet – und dieser erzielte das 2:0. Ein Weltklasse-Konter, die Schweden waren damit komplett überfordert.

Nach dem 2:0 schalteten die Russen zurück, sie waren ein ungeheures Tempo gegangen. Lagerbäck erlöste danach Daniel Andersson und versuchte, mit Kim Källström die Lücke im Offensiv-Zentrum ein wenig zu schließen. Dass dieser nicht schon in den Spielen vorher eingesetzt worden war, liegt vermutlich an einem internen Machtkampf – Källström und Ibrahimovic können sich bis auf den Tod nicht ausstehen. Lagerbäck hielt Källström wohl für verzichtbarer als Ibra. Mit dem neuen Mann und somit mehr Spielkultur und durch die gemächlichere Gangart der Russen bekamen die Schweden nun etwas Kontrolle über das Mittelfeld, viele Chancen kamen dabei aber nicht heraus.

Ehe in der Schlussphase, nachdem Lagerbäck seine Viererkette zugunsten eines neuen Stürmers (Allbäck für Nilsson) aufgelöst hatte, drückten die Russen wieder etwas aufs Gas – und kamen prompt wieder zu einigen guten Tormöglichkeiten. Es blieb beim 2:0. Ein Ergebnis, das den Russen das Viertelfinale bescherte – und den Schweden schmeichelt.

Endstand der Gruppe: Spanien 9, Russland 6, Schweden 3, Griechenland 0.

Alles auf Ibrahimovic‘ Knie oder interne Störungen zu schieben, ginge aber am Kern vorbei: Schweden war einfach zu alt, zu überholt, zu statisch, zu wenig kreativ, kurz, zu schwach. Die Zeit jener Generation, die 2002, 2004 und 2006 immer die Vorrunde überstanden hatte und zweimal heftig an die Tür zur zweiten K.o.-Runde angeklopft hatte, war schlicht vorbei. Genau wie die 12-jährige Amtszeit von Lars Lagerbäck nach der verpassten Quali für die WM 2010.

Die Griechen machten sich mit ihrem peinlichen Auftritt im ersten Spiel viel kaputt, denn in den verbleibenden Spielen war das durchaus halbwegs vernünftig. Was dem Titelverteidiger allerdings eklatant fehlte, war eine ordnende Hand im Zentrum. Das war beim Titelgewinn 2004 Theodoros Zagorakis gewesen, ohne ihm fehlte den Griechen die Schaltstelle und damit jegliches spielerische Moment.

Was bei den Russen und den Spaniern hingegen im Übermaß vorhanden war. Schon nach der ersten Halbzeit im ersten Spiel konnte kaum ein Zweifel daran bestehen, welche beiden Teams aus dieser Gruppe ins Viertelfinale einziehen. Zwar liefen die Russen den Spaniern dann ins offene Messer und so agierten sie gegen die Griechen übervorsichtig, aber dennoch war zu den beiden anderen Teams ein Klassenunterschied erkennbar.

Was den Spaniern ein Viertelfinale gegen Italien bescherte. Und Guus Hiddink eines gegen seine Heimat.

(phe)

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Die Krönung von Wembley https://ballverliebt.eu/2011/05/29/die-kronung-von-wembley/ https://ballverliebt.eu/2011/05/29/die-kronung-von-wembley/#comments Sun, 29 May 2011 01:04:39 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4907 Die Krönung von Wembley weiterlesen ]]> Das war das Finale der Champions League – und doch ließ der FC Barcelona den Gegner aus Manchester aussehen wie eine unbedarfte Schülertruppe. Das Endresultat von 3:1, mit dem Barça die Red Devils aus dem Wembley verabschiedeten, drückt das Ausmaß der Überlegenheit nicht einmal im Ansatz aus.

FC Barcelona - Manchester United 3:1

Dabei war Barcelona gar nicht in Bestbesetzung angetreten: Weil das Knie von Kapitän Puyol einen Einsatz von Anfang an nicht möglich machte, musste wie zuletzt häufiger Javier Mascherano neben Piqué in die Innenverteidigung. Und auf der linken Seite durfte nur zweieinhalb Monate nach seiner Thumor-OP der Franzose Éric Abidal, der in den letzten Liga-Spielen beuhtsam wieder in die Mannschaft eingebaut worden war, von Anfang an ran. Bei Manchester gab es keinerlei Überraschungen: Sowohl das 4-4-1-1 als auch dessen personelle Besetzung entspricht der Erfolgsformation, mit der die lange eher holprige Saison in den letzten Wochen und Monaten mit Meisterittel und CL-Finaleinzug einen so erfolgreichen Verlaf genommen hatte.

Steil gegen Mascherano

United fing, wie schon vor zwei Jahren, durchaus aktiv an. Vor allem die Seite mit Evra und Park Ji-Sung arbeitete viel nach vorne und drückte Dani Alves so in die Defensive. Das kreierte zwar keine Torgefahr, aber die Bedrohung, die ein nach vorne randalierender Dani Alves ausstrahlt, konnte so ganz gut gebannt werden. Patrice Evra konnte es sich deshalb erlauben, so viel nach vorne zu gehen, weil Vidic und Ferdinand im Ballbesitz sehr weit auseinander rissen, sich beinahe schon zu Villa und Pedro hin orientierten. So hielt Manchester die Flanken abgedeckt. Natürlich mit dem großen Risiko des Loches in der Mitte, hier war es vor allem an Carrick, schnelle Gegenstöße zu unterbinden.

Richtung Tor ging es bei Manchester in dieser Phase vor allem über Steilpässe gegen Javier Mascherano. Hernandez lauerte hier ganz besonders, aber auch Rooney wurde gerne in den Lauf gegen den Argentinier geschickt – Masch ist nun mal kein gelernter Innenverteidiger, hier glaubte United einen Schwachpunkt anzubohren. Die Versuche waren aber immer auch ein schmaler Grat zwischen zu steil und Abseits. So war der Gedanke sehr gut, brachte aber keinen nennenswerten Erfolg.

Einen Gang nach oben

Barcelona sah sich das zehn, fünfzehn Minuten an. Gepresst wurde nur relativ tief, je näher es dem eigenen Strafraum ging, desto weniger presste Barça. Dann schalteten die Katalanen einen Gang hoch: Es wurde nun schneller gelaufen, schneller gespielt, mehr Druck ausgeübt und auch die zuvor eher zurückhaltenden Außen schalteten sich immer mehr ein. Vor allem Dani Alves pushte nun mehr und sofort kam Park Ji-Sung gegen den wuchtigen Brasilianer im Schwierigkeiten. Das führte so weit, dass Giggs und der Koreaner immer wieder die Plätze tauschten, vor allem in der Vorwärtsbewegung.

Evra rückte defensiv oft sehr weit ein und überließ die Flanke dann defensiv Park Ji-Sung, der sich dann auf die Position des Linksverteidigers stellte. Interessanterweise aber ließ Manchester die Flanken unbesetzt, wenn Barcelona schon zentral vor dem Strafraum aufgetaucht war und Alves (und auch Abidal) dort ganz alleine standen: Pässe auf die Außen befürchtete man nicht zu Recht – Barcelona ist kein Team, das nach Außen spielt, um von dort in den Strafraum zurück zu flanken. Zumindest in diesem Spiel: *Noch* nicht.

Rooney stand bei United weiterhin zumeist recht hoch und versuchte, Busquets aus dem Spiel zu nehmen. Das gelang an sich nicht so schlecht, aber Barcelona stellte sich gut darauf ein: So ging einfach Xavi vermehrt ins Zentrum zwischen die Innenverteidiger, um sich dort die Bälle zu holen. Barcelona konnte in der Spieleröffnung auf Busquets im Grund verzichten, weil das hieß, dass auch Rooney aus dem Spiel war.

Zu wenig Breite im Konter

United stand in dieser Phase sehr tief mit zwei Viererketten und vor allem, wenn Messi von einer Sekunde auf die andere an der Temposchraube drehte, sah das in der Defensive der Red Devils schon sehr nach Sich-mit-Händen-und-Füßen-Wehren aus, weniger nach koordinierter und ruhiger Abwehrarbeit. Was nun komplett fehlte, war die Breite bei Gegenstößen: Hatte United den Ball erobert, wurde nicht sofort der Pass auf Valencia bzw. Park gesucht, um über die Flanken nach vorne zu kommen, sondern in der Mitte verharrt. Mit der Folge, dass der Ball umgehend wieder weg war. Ein Umstand, den Sir Alex an der Seitenlinie lautstark monierte: „Spread out!“

Dass es ungemein schwierig ist, gegen Barcelona die Balance zwischen nötiger Defensivarbeit und eigenen Angriffsversuchen zu finden, musste Manchester schon vor zwei Jahren im Finale feststellen. Und genau, als die Engländer für einmal aufgerückt waren, nützte Barça den in der Mitte entstandenen Platz sofort: Xavi tritt aus der eigenen Hälfte aus an, wird von Giggs nur eskortiert (wie vor zwei Jahren von Anderson), kann am zu hoch postierten Evra vorbei Pedro anspielen (wie vor zwei Jahren Eto’o), der tanzt Vidic aus (genau wie Eto’o in Rom) und versenkt den Ball an Van der Sar vorbei zum 1:0 im Tor.

Der Fehler bei United entstand natürlich schon im leichten Ballverlust in der Vorwärtsbewegung (Ronney verlor das Kopfballduell) – vor allem aber ließ Evra, der in der schnellen Rückwärtsbewegung richtigerweise einen engen Cordon mit seinen drei Kollegen der Abwehrkette bildete, im entscheidenden Moment von Pedro ab und orientierte sich zu Messi. Xavis Passweg zu Messi war aber ohenhin von Giggs abgeschnitten, es konnte nur der Pass zu Pedro kommen, und dieser kam dann auch. Pedro war Evra längst entwischt: Die falsche Entscheidung im Bruchteil einer Sekunde reichte aus, und schon war Barcelona in Front. Detail am Rande: Als dieses Tor in der 27. Minute fiel, gab es im ganzen Spiel noch kein einziges Foul!

Endlich Druck gegen Abidal

So sehr es natürlich eine Riesensache ist, dass Éric Abidal nur zwei Monate nach seiner Thumor-Operation wieder in so einem wichtigen Spiel auf dem Rasen steht, aber selbstredend fehlte es dem Franzosen natürlich massiv an Spielpraxis. So ist es schon etwas verwunderlich, dass sich bei United lange nur Valencia – und der kaum einmal konsequent, vor lauter Defensivarbeit – hin und wieder bemüßigt fühlte, Druck auf Abidal auszuüben. Das wurde nach dem Gegentor ganz anders: Statt wie in der Anfangsphase Mascherano wurde nun vermehrt Abidal das Ziel der Angriffe von United.

Mit Erfolg: Nur wenige Minuten nach dem Tor brachte Abidal einen Ball defensiv nicht richtig raus, auf dem folgenden Einwurf drückte United sofort nach, ein Doppelpass von Rooney mit (dem wohl leicht im Abseits stehenden) Giggs und mit seinem allerersten Tor gegen ein spanisches Team glich Rooney aus. Gegen schnelles Kurzpassspiel ist eben auch die Abwehr von Barcelona verwundbar.

Was aber nichts daran änderte, dass Ferguson mit dem Positionsspiel von Rooney generell nicht zufrieden war – anders ist seine Standpauke gegen seine Nummer 10 kurz vor der Pause kaum zu erklären. In der Tat war Rooney kaum ein Faktor: Er hielt sich, anders als zuletzt, aus der Defensivarbeit weitgehend heraus und war nach vorne gegen Busquets in guten Händen.

Defensiv-Schwachpunkte: Evra und vor allem Park

Park war defensiv der Schwachpunkt: Er übernahm die Seite defensiv nicht; tauschten er und Giggs die Plätze, verbreitete er im Zentrum Unsicherheit

Barcelona war natürlich nicht entgangen, dass das Übergeben der rechten Seite von Evra zu Park überhaupt nicht funktionierte und die Flanke somit oft verwaist blieb. Lange wurde das ignoriert, aber mit zunehmender Spieldauer entdeckte Barça das zunehmend als taugliches Mittel. Schon vor der Pause in einer Szene, in der Pedro den Querpass dann nur knapp verpasste. Und auch nach der Pause, als Park mal wieder nicht auf den einrückenden Evra reagiert hatte.

Der Koreaner machte einen zunehmend überforderten Eindruck, Valencia musste für ihn foulen, Carrick holte sich nach einem weiteren verlorenen Zweikampf des Koreaners notgedrungen Gelb ab. Immer öfter rückte Giggs nach draußen, um den ungewohnten Defensivschwächen von Park auszugleichen, was aber wiederum hieß, dass Carrick – an dem das Spiel so richtig vorbei lief – im Grunde alleine gegen alle stand. Bei einem simplen Querpass auf den losstürmenden Messi hob Park nur resignierend die Hände, anstand nachzugehen, Evra und Vidic konnten das Unheil nicht mehr verhindern, und Messis Schuss landete zum 2:1 im Tor. Van der Sar war machtlos.

Brutale Dominanz

Das alles sind nur Erklärungen, wie und warum es Manchester nicht schaffte, Barcelona Einhalt zu gebieten. Die Dominanz der Katalanen beschreiben zu wollen, kann nur scheitern. Alves war der absolute Herr auf seiner Seite, auch nachdem Giggs endgültig die Flanke vom hoffnugslos überforderten Park übernommen hatte. Abidal drückte Valencia in die Defensive, dass dieser im Grunde den Rechtsverteidiger gab (was er auch tatsächlich machte, nachdem Nani für den angeschlagenen Fábio gekommen war). Carrick tauchte komplett ab und brachte kaum brauchbare Bälle an den Mann, das Mittelfeld wurde von Xavi, Iniesta und Messi nach Belieben kontrolliert.

Und die Spieler von United, die ohnehin längst per Körpersprache die weiße Fahne gehisst hatten, hatten all dem NICHTS entgegen zu setzen. Das 3:1 war die logische Folge – Messi narrte Evra, dann zirkelte Villa den Ball von der Strafraumgrenze ins Kreuzeck – und die ultimative Entscheidung. Manchester war noch viel unterlegener als im Finale vor zwei Jahren. Ein Klassenunterschied – und das im Finale der Champions League.

Die absolute Chancenlosigkeit, die totale Hilflosigkeit, mit der Manchester United vor allem in der zweiten Hälfte unter die Räder kam, ist ein beinahe schockierendes Zeichen für das Maß der Überlegenheit, die Barcelona im Moment so weit über alle anderen Teams stellt. Ja, das ist nicht die beste Mannschaft, die United in den letzten zehn, fünfzehn Jahren hatte, aber sie ist immer noch einigermaßen komfortabel die beste Mannschaft der Premier League.

Und doch bekam das Team von Sir Alex erst wieder etwas Luft, als es Barcelona nach dem 3:1, nach einer halben Stunde unglaublichster Dominanz, die Zügel wieder etwas schleifen ließ. Ferguson brachte Scholes für Carrick (warum eigentlich nicht für Park?), und Nani sorgte auch für etwas mehr Betrieb auf der rechten Seite. Aber all das war nur noch ein Warten auf den Schlusspfiff. An eine Chance geglaubt hat United ganz deutlich selbst schon länger nicht mehr.

Fazit: Das war die Krönung

Angesichts der Qualität des Gegners – immerhin war das nicht irgenjemand, sondern Manchester United – und des Anlasses, zu dem Barcelona eine solche Dominanz an den Tag gelegt hat – eben nicht in irgend einem Ligaspiel, sondern im Finale der Champions League – ist die Frage legitim, ob das die beste Leistung dieser Generation des FC Barcelona war. Geschmackssache, Diskussionssache.

Unstrittig ist, dass United über die 90 Minuten gesehen nicht den kleinsten Funken einer Chance hatte, das Spiel tatsächlich zu gewinnen. Zu nachlässig agierter Park, zu wenig Präsenz zeigte Carrick, zu wenig Einfluss konnte Rooney nehmen. Zu wenig wurde das Mittelfeldkarrussell der Katalanen gestört.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hatte, dass das Barcelona anno 2010/11 de facto nicht zu schlagen und das mit Abstand Beste ist, was der Fußball derzeit hergibt – er wurde bei der Krönung von Wembley erbracht.

(phe)

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Luiz Adriano beschenkt Barcelona https://ballverliebt.eu/2011/04/07/luiz-adriano-beschenkt-barcelona/ https://ballverliebt.eu/2011/04/07/luiz-adriano-beschenkt-barcelona/#comments Wed, 06 Apr 2011 23:47:54 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4512 Luiz Adriano beschenkt Barcelona weiterlesen ]]> Das 5:1 sieht klar aus. Die Spielanteile waren auch, wie immer, klar auf Seiten von Barcelona. Aber dennoch haben die Katalanen auch Glück, dass vor allem Luiz Adriano mehrere Sitzer vergab und so Shachtar der realistischen Möglichkeit beraubt, ins Semifinale einzuziehen…

FC Barcelona - Shachtar Donetsk 5:1

Was kann man gar nicht brauchen, wenn man für ein Champions-League-Viertelfinale ins Camp Nou fährt? Genau – zwei verletzte Stamm-Innenverteidiger… Shachtar-Coach Mircea Lucescu musste auf Tchigrinski und Kutcher verzichten, und die Vertreter Ischenko und Rakitski waren der Aufgabe nicht ganz gewachsen. Das waren einige andere in der Mannschaft der Ostukrainer aber auch nicht.

Lucescu ließ sein gewohntes 4-2-3-1 auflaufen, mit den vier Brasilianern in der Offensive. Vor allem zu Beginn waren die vier auch durchaus im Spiel, mit schnellen Kontern über vor allem über Jadson versuchten die tief stehenden Ukrainer, Nadelstiche zu setzen und auch zu Zählbarem zu kommen. Das hätte auch ein, zweimal tatsächlich funktioniert – auch, weil Barcelona nach der frühen Führung durch Iniesta kurzzeitig etwas nachlässig agierten.

Einziger kleiner Hingucker in der Aufstellung von Barcelona war die Tatsache, dass David Villa auf der rechten Seite spielte, statt auf der linken – dort agierte diesmal Iniesta, mit Seydou Keita dahinter im Halbfeld. Ansonsten war das natürlich Barcelona, wie man Barcelona kennt: Viel Ballbesitz, schnelle Pässe, große Flexibilität im Positionsspiel und, zumindest zu Beginn, massiven Pressing nach Ballverlusten.

Shachtar lässt sich auseinander reißen

Die Katalanen machten einen hervorragenden Job darin, die Formation der Ukrainer auseinander zu ziehen und in die entstehenden Löcher zu stoßen. Shachtar versuchte, zentral dicht zu stehen und machte den Strafraum zu, davor waren mit Mchitarian und Hübschmann zwei zusätzliche dezidiert defensive Leute aufgestellt.Angesichts der Tatsache, dass vor allem Rat (aber auch Srna) oft weit einrückten und die brasilianischen Flügel vor ihnen die entstehenden Ecken nicht schlossen – sie passten auch auf Villa und Iniesta auf – gelang es Barcelona, mit hohen und schnellen Seitenwechseln den Gegner zu schnellem Verschieben zu zwingen, was nicht immer gelang.

Dani Alves und Adriano Correia bearbeiteten die Flügel und verursachten bei Rat und Srna durchaus Unsicherheiten. Denn gingen sie mit den offensiven Außenverteidigern mit, konnten Iniesta und (vor allem) Villa in ihrem Rücken in den Strafraum stechen; blieben sie etwas zentraler in Strafraumnähe, flankten Alves und Adriano ins Zentrum. Und dort war vor allem Ischenko ein Unsicherheitsfaktor.

Schon nach einer Viertelstunde versandeten die davor durchaus gefährlichen schnellen Gegenstöße von Shachtar zunehmend und es wurde (zu bald, aus Sicht der Gäste) eine reine Abwehrschlacht. Die Ukrainer versuchten so gut es ging, Barcelona um den Strafraum herum spielen zu lassen bzw. den Gegner möglichst von selbigem wegzuhalten, doch auch das funktionierte nicht immer – so fand ein toller Pass von Iniesta aus dem linken Halbfeld den von der rechten Seite in den Strafraum stürmenden Dani Alves. Ischenko hatte das Abseits aufgehoben, und schon stand es 2:0.

Luiz Adrianos schlimmer Tag

Die Spielweise von Lucescus Mannschaft war zwar ungewohnt defensiv, aber angesichts des Gegners durchaus verständlich. Und hätte Sturmspitze Luiz Adriano nicht gar so einen schlechten Tag gehabt, es hätte dennoch ein gutes Resultat werden können. Nachdem er schon in der ersten Halbzeit ein, zwei sensationelle Möglichkeiten kläglich vergab, versprang dem Brasilianer auch kurz nach Wiederbeginn eine punktegenaue Flanke von Razvan Rat.

Doch anstatt den 1:2-Anschluss zu erzielen, ließ sich Luiz Adriano kurz darauf von einer ins Backfield gespielten Xavi-Ecke düpieren, er ließ Piqué unbedrängt abziehen, und es stand 3:0 für Barcelona. Die Endscheidung in diesem Spiel, aber für Shachtar ging es weiterhin darum, sich eine zumindest machbare Ausgangsposition für das Rückspiel zu verschafffen – und angesichts der Heimstärke dürfen die Ukrainer da mit Fug und Recht vielleicht sogar als leichter Favorit gesehen werden. Und als Rakitski einen Srna-Freistoß zum 1:3-Anschlusstor ins Netz ablenkte, schien dieses Vorhaben trotz Luiz Adrianos Horror-Tag zu gelingen.

Barça lässt Ball und Gegner laufen

Wenn nicht 54 Sekunden später Keita sofort das 4:1 erzielt hätte. Mit dem erneuten Drei-Tore-Vorsprung im Rücken und gegen eine nun doch sichtlich geknickte Mannschaft aus Donetsk fiel es Barcelona nun nicht allzu schwer, den Ball im Mittelfeld zu kontrollieren, ohne wirklich noch zwingend auf einen fünften Volltreffer zu gehen. Daran änderten auch Lucescus Wechsel (Fernandinho statt Jádson im Zentrum, Teixeira statt Willian auf links) nichts.

Und doch war es zehn Minuten vor Schluss wieder Luiz Adriano, der mit seinem Pfostenschuss einen weiteren Sitzer vergab. Und 2:4 wäre noch ein erträgliches Resultat gewesen – doch Xavi machte im Gegenzug nach einer Hereingabe des überragenden Dani Alves das 5:1. Damit ist nach menschlichem Ermessen im Rückspiel nicht mehr mit einem Ausscheiden von Barcelona zu rechnen. Der Clásico im Semifinale kann kommen!

Fazit: Shachtar macht’s sich selbst schwer

Natürlich, Donetsk spielte defensiv. Das hätte aber wunderbar funktioniert, wenn nicht Luiz Adriano alleine von den drei Toren, die er mit seinen Chancen machen MUSS, kein einziges tatsächlich macht. So steht statt einem 3:5 oder 4:5 ein äußerst ernüchternden 1:5, das den eigentlich so bärenstarken Ukrainern jede realistische Chance nimmt, noch ins Halbfinale einzuziehen. In der Tat hat Shachtar in dieser Saison jedes Spiel in der Champions League gewonne – bis auf dieses hier und das 1:5 im Herbst bei Arsenal, als man den Gunners ins offene Messer lief. Das de facto als ukrainischer Meister feststehende Team wird auch kommende Saison ein Team sein, mit dem man rechnen muss.

Barcelona hat das gespielt, was Barcelona immer spielt. Und trotz der fünf eigenen Treffer muss Barça durchaus froh sein, dass die blitzschnellen Konter, mit denen vor allem Busquets als Aushilfs-Innenverteidiger nicht immer mitkam, vom Gegner nicht kosequenter ausgenützt wurde. Klar waren die Hausherren überlegen und gewannen auch verdient, aber so klar, wie es am Ende aussieht, hätte es beileibe nicht kommen müssen.

Gut für Barcelona aber, dass man nun nicht mehr mit einem allzu knappen Ergebnis in den Hexenkessel Donbass-Arena fahren muss.

(phe)

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Arsenal vs Barcelona – Die Effizienz entscheidet https://ballverliebt.eu/2011/02/17/arsenal-vs-barcelona-die-effizienz-entscheidet/ https://ballverliebt.eu/2011/02/17/arsenal-vs-barcelona-die-effizienz-entscheidet/#comments Thu, 17 Feb 2011 01:13:20 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4074 Arsenal vs Barcelona – Die Effizienz entscheidet weiterlesen ]]> Ein 3:3 hatte Herbert Prohaska als Wunschergebnis genannt. Am Ende wurden es nur halb soviele Tore, mit ein bisschen weniger Eigensinn und ein bisschen mehr Präzision im letzten Pass hätten es auch gut und gerne deutlich mehr werden können. Am Ende reichten den Gunners 5 Minuten, um den Spielverlauf auf den Kopf zu stellen.

Arsenal FC - FC Barcelona
Arsenal FC - FC Barcelona

Dieses Spiel war die Analysehölle. Sehen, begreifen, notieren. Normal kein Problem, wenn sich die Angriffsszenen aber derart überschlagen, wie heute Abend im Arsenal-Stadium (Remember: Keine Sponsorennamen in internationalen Partien), artet das alles zu harter Arbeit aus.

Zwei Möglichkeiten hatte ich für heute Abend gesehen: Einerseits zwei Teams, die sich mit des Gegners Stärke vor Augen gegenseitig totlauern. Oder zwei Teams, die sich im Bewusstsein ihrer eigenen Stärke bedingungslos nach vorne werfen. Geworden ist es glücklicherweise (trotz der erwähnten Nachteile für den geneigten Analytiker) Variante zwei.

System Flexibel

Glaubt man den Fernseheinblendungen, so war Arsenal heute in einem 4-5-1 unterwegs. Glaubt man dem Geschehen am Rasen, so war es über die meiste Zeit eher ein 4-4-1-1. CL-Debutant Szecsny hütete das Gunners-Tor, und das tat er – wie man vorausschicken darf – auch sehr souverän über die 90 Minuten. Eboue, Koscielny, Djourou und Clichy bildeten eine klassische Arsenal-Viererkette, die wirklich nur im Falle eines gefährlich anrückenden Gegenangriffs eine solche ist. Stammkraft Sagna fehlte, weil gesperrt.

Davor werkte Walcott als Pendler zwischen Linksaussen im Mittelfeld und Sturm nebst Neigung zu Ausflügen in die Mitte. Daneben werkte Song, der sich deutlich mehr auf Defensivaufgaben verlagerte. Wilshere und Nasri (in ähnlicher Ausführung zu Walcott) ergänzten die Zentrale des englischen Liga-Zweitplatzierten auf der linken Seite. Cesc Fabregas ackerte meist vor dem Mittelfeld als hängende Spitze, der Holländer Van Persie gab den einzigen nominellen Stürmer.

In einem nicht minder flexiblen 4-3-3  stand Gästeteam aus Spanien am Rasen. Stammgoalie Valdes hütete den Kasten, mit Alves, Pique, Abidal und Maxwell konnte Josip Guardiola aus dem Vollen schöpfen. Die Drei davor, namentlich Xavi, Busquets und Iniesta, bildeten den Mittelfeldstamm. An den Offensivseiten werkten Pedro Rodriguez und David Villa, in der Mitte durfte sich „La Pulga“, Lionel Messi, austoben.

Man darf diese Formationsangaben aber keinesfalls zu ernst nehmen, sind sie doch bestenfalls beim Spielaufbau aus der Abwehr heraus einigermassen exakt. In einer Partie, die größtenteils aus wechselseitigen Kontern oder schnellen Gegenschlägen aus Ballverlusten im Mittelfeld besteht, ist der Versuch, bunte Punkte repräsentativ auf einem zweidimensionalen Fussballfeld anzuordnen zum Scheitern verurteilt. Die Grafik dient heute lediglich als kleine Orientierungshilfe.

Schnellstart

Beide Teams warteten nach dem Anpfiff nicht lange ab, sondern leiteten umgehend eine flotte Partie ein, in der das Schaffen von Raum über intelligentes und brutal schnelles Passspiel beiderseits die wichtigste Devise war. Wer wartet, verliert. Beide Trainer ließen fast durchgehend bis an den gegnerischen Sechzehner Pressing betreiben. Barcelona praktizierte das häufig sogar mit 6-7 Mann.

Die ersten Minuten schien es, als wären die Gunners besser ins Spiel gekommen. Die Barca-Zentrale machte den Eindruck, noch nicht ganz warmgelaufen zu sein, denn die Fehlpassquote war die ersten zehn Minuten doch beachtlich, Ordnung in der Zentrale nur zaghaft erkennbar. Gefährliches Spiel nach vorne wollte dem Weltstarensemble aus Katalonien noch nicht gelingen. Wenn überhaupt, ging es über Maxwell an die Grundlinie.

Nach sechs Minuten prüfte Van Persie Victor Valdes das erste Mal aus spitzem Winkel nach einem Walcott-Solo und Fabregas-Zuspiel. Mehr sollte im ersten Neuntel des Spieles auch dem Heimteam nicht gelingen, sieht man von der Feldüberlegenheit ab.

Gäste am Ruder

In den Folgeminuten sollte sich das Bild sehr schnell und sehr deutlich ändern. Die Zentrale der Blaugrana rückte dichter zusammen, die oftmals schlecht angebundenen Offensivspieler rückten zur Verstärkung nach hinten. Nun waren es die Gunners, die auf einmal viele Bälle nicht mehr präzise an den Mann brachten. Die aufkeimende Nervosität ging soweit, dass Wengers Truppe die Kugel schon bei Einwürfen vor dem eigenen Strafraum recht schnell an den Gegner verlor. In Minute 26 krachte es schließlich.

Ein Gegenstoss von Barca, die zweite Reihe der Gunners ließ Messi weitgehend gewähren, Djourou und Koscielny machten die drei Schritte nach vorne, Clichy nicht. Damit war David Villa auch nicht Abseits, als Messi das sich ihm bietende Loch sah und das Leder hindurchbeförderte. Villa vollendete die Szene trocken und schob das Leder unter dem herausstürzenden Szcesny durch in die Maschen.

In der Hitze des Gefechts ging beinahe unter, dass Arsenal nur wenige Sekunden davor selbst dem Führungstreffer noch recht nahe gewesen war. Eine aus dem Konter geborene Flanke von Fabregas wurde dem Kopf von Van Persie erst im allerletzten Moment entzogen.

Eine Verschnaufpause blieb auch nach dem Tor nicht, nicht einmal drei Minuten nach der Führung, hätte Barca noch eins drauflegen können. Wieder sah es einfach aus: Ein Angriff über die rechte Seite, ein bisschen Wühlarbeit von Villa, der schließlich aus kurzer Distanz einen Stangerlpass auf Pedro anbrachte. Dem ging der Ball etwas zu weit in den Rücken, sodass er via Ferse vollstrecken wollte, aus wenigen Metern aber an Szczesny scheiterte. Die gleiche Szene, keine fünfzehn Sekunden später: Van Persie schießt aus halblinker Position vom Sechzehnereck der Gäste deutlich am Tor vorbei. Kein Zweifel: Diese Partie ist schnell.

Erste Erkenntnisse

Was aber über die erste Halbzeit hinaus auffiel war die Unsicherheit der Arsenal-Viererkette in der Rückwärtsbewegung. Mehrmals fehlte die Koordination im Nachrücken entlang der Spielfeldbreite, was zu gefährlichen Löchern führte. Auch die Abseitsfalle funktionierte manchmal nur mit Ach- und Krach.

Einmal – wir schreiben nun Minute 38 – funktionierte sie sogar überhaupt nicht. Messi überwand zuerst ein Tackling vor dem Strafraum mit einigem Ballglück, woraufhin die Defensive des Heimteams in ein leichtes Tohuwabohu geriete. Nutznießer war der angespielte Pedro, in dessen Schuss sich Szczesny zu werfen vermochte. Sein Passgeber wiederum erreichte diesen Abpraller und wuchtete ihn mit vollem Körpereinsatz ins Tor. Die Auflösung der Zeitlupe: Das Zuspiel auf Pedro war definitiv kein Offside. Der Abstauber von Messi auch nicht, denn der Ball, den er da noch erreicht hatte, war eindeutig kein Pass. Was der Linesman zum Glück für die Gunners aber anders gesehen hatte.

Und noch eine Erkenntnis drängte sich zum Ende dieser ersten 45 Minuten auf: Barcelona war nun wesentlich besser darin, das Spiel nach Ballverlusten des Gegners schnell zu machen. Die Ursache ist darin zu suchen, dass die Arsenal-Abwerreihe nach vorne langsamer nachrückte als das Mittelfeld nach vorn aufrückte. Der so entstandene Raum bot sich Iniesta und Co natürlich als Kurzpass-Eldorado an.

Zur Pause stand es in dieser Partie, übrigens die zweihunderste für den Arsenal FC im Rahmen des Europacups, also 0:1. Auf Wechsel wurde verzichtet, die Teams kamen unverändert wieder aufs Feld.

Schlechter Tausch

Immerhin, das Heimteam hatte sich nun besser auf den Gegner eingestellt. Vor- und Nachrücken lief nun ausreichend synchron ab, Wilshere startete nun 10 Meter tiefer und die Arsenal-Zentrale war weiter zusammengerückt. Sie spielte aber immer noch fehleranfälliger als jene von Barcelona. Nach einer Stunde Spielzeit (inklusive einem von Koscielny gerade noch vereitelten Pedro-Alleingang) lag Barca nicht nur bei deutlich mehr gespielten Pässen, sondern wies auch eine signifikant höhere Passerfolgsquote (ARS 73% – BAR 83%) auf.

Mit dem Offensivpressing der Katalonen hatte man aber immer noch seine liebe Mühe, und so brach nach 68 Minuten erneut Hektik im Rückraum aus, weil man einmal wieder den Ball nicht weg bekam. Es ist fürwahr selten, dass es einer Mannschaft gelingt, Arsenal im eigenen Strafraum festzunageln. Für die blieb die Szene ohne schwere Folgen.

Unmittelbar darauf schaltete Guardiola einen Gang zurück und brachte Mittelfeldmann Seydou Keita für Stürmer Villa. In die andere Richtung bewegte Arsene Wenger seinen Schaltknüppel, er brachte Andrej Arshavin ins Spiel und nahm den brav, aber insgesamt nicht überragend spielenden Song heraus. Der ordnete sich parallel zu Cesc Fabregas, sozusagen als zweite hängende Spitze, im Spiel ein. Das hatte den Effekt, dass im Mittelfeld ein Unterzahlspiel vermieden wurde und es für schnelle Gegenstösse eine weitere Anspielstation gab. Weil Guardiola mit seinem Tausch die offensive Schlagkraft seiner Mannschaft vermindert hatte, ergab sich nur geringe Mehrarbeit für die Gunners-Defensive.

Einige Momente und diverse Halbchancen später, entließ Wenger auch den müde werdenden Walcott in den Feierabend und brachte mit Nicklas Bendtner eine frische Kraft mit gleicher Aufgabe (77′).

Arsenal FC - FC Barcelona (ca. ab 70')
Arsenal FC - FC Barcelona (ca. ab 70')

Blitzartige Blattwende

Zwar keine unmittelbare Folge dieses Tauschs, aber durchaus auch als Konsequenz der taktischen Umstellung davor, gelang dem Heimteam nun der unerwartete Ausgleich. Wobei „unerwartet“ hier eher „wider dem Spielverlauf“ bedeutet, denn auch Arsenal hatte bis dahin schon ein paar hochkarätige Torgelegenheiten verbraten. Jedenfalls hatten sich die Gunners links vor den Strafraum vorgearbeitet, wo Clichy und Arshavin gefällig kombinierten. Ersterer wagte dann einen Schlenzer zu Van Persie, der seinen zu spät reagierenden Gegenspieler (die Barca-Abseitsfalle hatte für dieses Mal nicht funktioniert) hinter sich ließ und auf die Grundlinie zuging. Statt nun den von allen erwarteten Querpass oder eine Ablage zu bringen, knallte der Niederländer den Ball in den kurzen Winkel.

Am größten war die Verblüffung sicherlich bei Victor Valdes. Der hatte als Torwart freilich auch mit einer anderen Variante spekulieren müssen, hatte aber trotzdem zu früh zum Ausfallschritt angesetzt. Und so sauste der sonst sicherlich parierbare Schuss an ihm vorbei – 1:1 (78′). Wechseljoker Arshavin wendete das Blatt kurz darauf endgültig.

Ein verzweifelter Angriff der Blaugrana beschwor den Konter der Gunners herauf. Nasri bekam den langen Ball ab und marschierte relativ unbedrängt rechts in den Sechzehner von Barca. Dort genügte ein kleiner Haken um etwas Platz zwischen sich und dem mitgelaufenen Abidal zu schaffen. In der Mitte war Nasri mitgelaufen, Fabregas sah aber auch den etwas dahinter und links des Strafraums nachrückenden Arshavin. Und bediente ihn mustergültig. An zwei Gegnern vorbei schlenzte dieser das Leder mit sanftem Effet. Valdes, unterwegs in die andere Richtung, war die Sicht verstellt, und so konnte er wiederum nur hilflos zusehen, wie das Rund unweit von ihm ins Eckige einschlug – 2:1 (83′).

Guardiola setzte nun alles auf eine Karte, und er schickte Adriano zum Aufwärmen. In der 89. Minute der regulären Spielzeit ersetzte dieser schließlich Iniesta. 180 Sekunden später hatte Alves den Ausgleich am Fuß. Letztlich konnte er aber keinen Nutzen daraus ziehen, dass ihm Arshavin versehentlich eine Flanke per Kopf vor die Füße abwehrte. Hier war es der junge, polnische Torwart Szczesny, der in höchster Not den Winkel bewachte. Messi holte sich den Ball noch um es selbst zu probieren, letztlich konnte Arsenal den Ball aber aus dem Gewühl schlagen. Es blieb beim historischen, weil ersten Sieg von Arsenal über Barcelona.

Fazit

Das Spiel hielt, was die Namen versprachen. Für den Zuseher mit Chips und Bier ein Feuerwerk des Fussballs. Für den Analysten mit Kuli und Notizblock darüber hinaus aber auch ein Hort der Qualen. Arsenal und Barcelona praktizieren jeweils Fussball auf extrem hohen Niveau, und haben das heute deutlich zur Schau gestellt. Gerechterweise muss man sagen, dass der Tabellenführer der Primera Division etwas mehr glänzen konnte als der wohl letzte Titelrivale von Manchester United in der Premier League. Gemessen an den Chancen wäre heute so ziemlich jedes Ergebnis möglich gewesen.

Guardiolas Konzept, extrem frühes Pressing mit vielen Spielern, dazu ein enorm kompakt und flexibel spielendes Mittelfeld, ging eine Stunde lang gut auf. Obwohl sich Arsenal mit kleineren Veränderungen zur Pause darauf eingestellt hatte, kam nie das Gefühl auf, dass die Überlegenheit des Gastensembles in Gefahr wäre. Dann wurde die Einwechslung von Keita für Villa dank des Paralleltausches von Arshavin für Song unfreiwillig zum Knieschuss für die Katalanen. Aus taktischer Hinsicht, weil die Gunners die Offensive verstärkten ohne die Zentrale zu schwächen, und aus personeller Hinsicht, weil Keita seine liebe Mühe hatte, ins Spiel zu finden.

Zwei Geistesblitze und ihre perfekte Ausführung sicherten Arsenal den Sieg. Dahinter steht natürlich spielerische Klasse, entscheidend war aber schlichtweg Effizienz. Hätten die Gäste ihr Zielfernrohr heute besser justiert, wäre die Partie wohl deutlich anders ausgegangen. Vom Konjunktiv kann man sich aber bekanntlich nichts kaufen. (gp)

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VF4 – Verdient, ja. Überzeugend, nein. https://ballverliebt.eu/2010/07/03/vf4-verdient-ja-uberzeugend-nein/ https://ballverliebt.eu/2010/07/03/vf4-verdient-ja-uberzeugend-nein/#respond Sat, 03 Jul 2010 20:40:47 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2431 VF4 – Verdient, ja. Überzeugend, nein. weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Viertelfinale 4 | Wo ist der Glanz, den Spanien in den letzten Jahren verbreitet hat? Beim 1:0-Arbeitssieg gegen Paraguay tat sich die Furia Roja extrem schwer, und wieder rettete nur David Villa den Tag. Der Semifinaleinzug ist zwar verdient, wie ein Weltmeister agierte Spanien aber nicht.

Spanien – Paraguay 1:0 (0:0)

Spanien - Paraguay 1:0

Damit war nicht ganz zu rechnen: Beide Teams verzichteten zu Beginn auf ihr assymetrisches System! Bei den Spaniern spielte war David Villa sehr wohl auf einer Position, die eher einem Linksaußen entspricht, aber weil auch Fernando Torres auf der anderen Seite häufig den Weg über die Außen suchte, spielten die Spanier in den ersten 15 bis 20 Minuten de facto mit zwei Außenstürmern, aber ohne einen Mann im Zentrum. Ziel wäre es natürlich gewesen, dadurch die Innenverteidigung auseinander zu reißen, um in den Mitte etwas mehr Platz zu bekommen, weil aber vor allem Riveros da ganz gut aufgepasst hat, ging dieser Plan nicht auf.

Und natürlich, weil die Paraguayer ihrerseits sehr früh pressten, das Kurzpass-Spiel der Spanier nicht zur Entfaltung kommen lassen wollten und das in den Anfangsminuten auch sehr gut gelang. Die beiden Spitzen Valdéz und Cardózo wechselten sich oft ab, wer tendenziell eher den Weg über die linke Außenbahn suchte (und somit Ramos beschäftigen sollte). Erst war es zumeist eher Cardózo, dann eher Valdéz, und gegen Ende der ersten Hälfte gingen beide eher über die Mitte.

Somit war zu Beginn des Spiels Ramos zwar nicht aus dem Spiel, aber gut beschäftigt – in den Anfangsminuten spielte sich praktisch das komplette Spielgeschehen vor den Trainerbänken ab. Erst, als Torres wieder mehr die Zentrale übernahm und Villa, wie gewohnt, einen klassischen Linksaußen gab, aus der spanischen Formation aus einem eher durchsichtigen 4-2-2-2 (wie es etwa Real Madrid ganz gerne spielt) wieder das assymetrische 4-2-3-1 wurde, gelang es den Spanien, die Kontrolle über das Mittelfeld besser zu übernehmen.

Die Paraguayer überließen dem Europameister nun viel Ballbesitz, attackierten aber immer noch sehr früh und durchaus aggressiv, sodass ein kontrollierter Spielaufbau bei Spanien nicht mehr möglich war. Zudem stellten sie die Passwege so gut dicht, dass Xabi Alonso als Quarterback zur Wirkungslosigkeit verdammt war. Spanien kontrollierte bis zum Schluss der ersten Hälfte somit den Ball, das Spielgeschehen hatten die in ihrem heute sehr klassischen 4-4-2 angetretenen Paraguayer ohne gröbere Probleme im Griff.

Das Angriffsspiel der Südamerikaner manifestierte sich nun zwar nur noch in Kontern, weil aber die flinken Valdéz und Cardózo immer eine potentielle Bedrohung darstellten, waren sich auch Puyol und Piqué in der spanischen Innverteidigung nie ganz sicher, inwieweit sie sich in die Offensive einschalten dürften. So wagte zwar Piqué den einen oder anderen Vorstoß (vor allem über die halbrechte Seite), entscheidende Impulse vermochte er aber nicht zu setzen.

Weil sich auch zu Beginn der zweiten Hälfte nichts gravierend änderte, brachte Del Bosque nach einer Stunde dann mit Fàbgreas einen zusätzlichen Mann für das Mittelfeld, aus dem ihm zu wenig Impulse kamen, um dort mehr personelle Alternativen anzubieten. Villa ging ins Zentrum für den ausgewechselten Torres, nominell war es nun ein 4-1-4-1 (bis Busquets als Sechser), aber Ramos und vor allem Capdevila sollten nun versuchen, über die Außen vermehrt Druck zu machen.

Was allerdings erst nach dem kuriosen Doppel-Elfmeter (Cardozo verschießt in der 59., Xabi Alonso verschießt im zweiten Versuch in der 61., Schiri Batres verweigert Spanien einen klaren weiteren Strafstoß nach einem Foul an Fàbregas beim Nachschussversuch) wirklich zu greifen beginnen konnte. Aber weil die Paraguayer weiterhin auch das spanische Aufbauspiel nicht schlecht unterbinden konnte, sah sich Del Bosque eine Viertelstunde vor Schluss gezwungen, den heute recht blasse Xabi Alsono aus dem Spiel zu nehmen und mit Pedro einen echten Außenstürmer ins Spiel zu werfen. Pedro kam vermehrt über die rechte Seite, über die sich Ramos heute nicht wie gewünscht in Szene setzen konnte.

Dass das Siegtor der Spanier wenige Minute vor Schluss aus einem Abstauber resultierte, der von der Stange zurückgeprallt war und selbst nur via Stange den Weg ins Tor fand, passte zum Bild. Genauso die Tatsache, dass es David Villa erzielte – von den sechs Toren der Spanier in diesem Turnier erzielte er fünf und bereitete das sechste vor. Paraguay-Teamchef Martine setzte nach dem 0:1 dann alles auf eine Karte, brachte mit Barrios (für Sechser Cáceres) einen dritten echten Stürmer und wäre fast noch belohnt worden, hätte Santa Cruz die Unsicherheit des einmal mehr etwas flatterhaften Casillas nützen können.

Fazit: Das 1:0 kann man aus spanischer Sicht bestenfalls als „Arbeitssieg“ bezichnen. Natürlich haben es die Südamerikaner dem Europameister extrem schwer gemacht und standen zumeist ausgezeichnet nicht nur in der Abwehr, sondern auch im Mittelfeld. Am Ende ist der spanische Sieg aber dennoch nicht unverdient, weil das Team von Vicente del Bosque über die 90 Minuten einfach mehr für das Spiel getan hat. Dennoch wurde deutlich, dass der Erfolg mit David Villa deutlich mehr an einer Einzelperson hängt, wie noch vor zwei Jahren beim EM-Titel. Und das darf den Spaniern durchaus Sorge bereiten und den Deutschen nicht unberechtigte Hoffnungen machen.

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Topfavorit. Wirklich! Wirklich? https://ballverliebt.eu/2010/06/09/topfavorit-wirklich-wirklich/ https://ballverliebt.eu/2010/06/09/topfavorit-wirklich-wirklich/#comments Wed, 09 Jun 2010 14:15:56 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2153 Topfavorit. Wirklich! Wirklich? weiterlesen ]]> WM-SERIE, Teil 32: SPANIEN | Wie reagiert der seit vier Jahren de facto unschlagbare Europameister darauf, absoluter Top-Favorit zu sein? Das war früher ein Riesenproblem – doch die immer noch verflixt junge Mannschaft macht mental einen extem stabilen Eindruck.

„Schreckliche Planung“, jammerte Thierry Henry. Es war der 3. März diesen Jahres und Frankreich war gerade in einem Testspiel von Spanien förmlich am Nasenring durchs Stade de France gezogen worden, wurde mit einem Wort vernichtet. Hätten die Spanier wollen, die Franzosen hätten sich wohl sechs oder sieben Tore eingefangen. „Wie kann man ein Testspiel gegen Spanien festsetzen, so kurz vor der WM?“ Wohlgemerkt: Henry spielt für Frankreich, den Finalisten der letzten WM.

Was viel über diese Mannschaft aus Spanien aussagt. Seit dem Achtelfinal-Aus bei der WM in Deutschland vor vier Jahren, just gegen die Franzosen, hat die Mannschaft genau ein einziges Pflichspiel verloren (das Semifinale im Confed-Cup gegen die USA). Das war auch die einzige Niederlage seit November 2006. Das heißt: Eine einzige Niederlage in den letzten 48 Spielen. In der Qualifikation für diese Endrunde in Südafrika? Zehn Spiele, zehn Siege, 28:5 Tore. Und auch in Testspielen hat sich der Europameister nicht versteckt – Argentinien, England, Frankreich, Italien, keiner konnte Spanien biegen. Die Frage scheint nur zu sein, wer im Finale die Ehre hat, gegen die Spanier zu verlieren.

Aber langsam. Spanien gehörte immer zumindest zu den Teams im erweiterten Kreis der Kandidaten, bevor es in Turniere ging. Aufgegangen ist der Knopf erst, als endgültig alle gesagt haben: „Die haben’s noch nie geschafft, da braucht man jetzt gar nicht mehr drauf hoffen!“ Und siehe da, der alte Luis Aragoñés fuhr genau da den Europameistertitel ein. Hochverdient, als mit Abstand bestes Team des Turniers. Es stimmte hinten, es funktionierte vorne, und ohne Raúl und Joaquín passte auch das Mannschaftsklima. Das war das Erfolgsgeheimnis, an dem auch Vicente del Bosque, der nach der EM den Posten des Teamchefs übernahm, nicht entscheidend rüttelte. Warum auch? Und unter dem letzten wirklich großartigen Trainer, den Real Madrid hatte (womöglich, weil er mit seiner spröden und gänzlich unglamurösen Art so gar nicht zu den Galaktischen passte), wurde aus der starken Form eine echte Dominanz.

Zudem hatten fast alle Leistungsträger, die in Deutschland noch etwas zu grün waren, beim Triumph von Wien noch immer kein fortgeschrittenes Alter: Torres war 24, Iniesta ebenso, Fàbregas erst 21 und David Silva auch erst 22, genau wie Sergio Ramos. Xavi ist nun, mit 30 Lenzen, auf seinem absoluten Leistungszenit angekommen. Intern gibt es die fiesen Animositäten zwischen dem Barcelona-Lager und dem Real-Madrid-Lager vergangener Tage nicht mehr. Dieser Kader ist vereint in dem Bestreben, gemeinsamen Erfolg zu haben und nicht vom Vorhaben entzweit, denen vom anderen Großklub die Show zu stehlen. Diese Mannschaft hat de facto keine Schwächen, agiert mit einem unglaublichen Selbstvertrauen, die Spieler sind alle im richtigen Alter, die Mischung stimmt. Und durch das 0:1 gegen die Amerikaner vor einem Jahr wissen sie nun auch, dass sie in jedem Spiel Gas geben sollten. Wer in Gottes Namen soll diese übermächtige Mannschaft stoppen?

Aber das mit der Bürde des Topfavoriten ist so eine Sache. 2006 führte der Weg nur über Brasilien, und die Franzosen gingen diesen im Viertelfinale; das selbe Spielchen gab es 1998 im Finale. 2002 konnten eigentlich nur Argentinien oder Frankreich den Titel holen, am Ende schaffte es keiner der beiden auch nur ins Achtelfinale. Deutschland musste sich 1994 den Titel vermeintlich nur abholen, ehe das Team Bekanntschaft mit Bulgarien machte. Sich einen WM-Titel einfach abholen, das läuft so nicht. Zumal es ja durchaus sein kann, dass es den Spaniern früher oder später so geht wie etwa dem FC Barcelona in der abgelaufenen Champions-League-Saison – irgendwann wird schon einer daherkommen, der dem Angriffswirbel der Europameister Einhalt gebieten kann. So wie Inter Mailand im CL-Semifinale, so wie die Amerikaner vor einem Jahr. Ein WM-Traum ist wahnsinnig schnell ausgeträumt.

Umso mehr müssen die Spanier darauf achten, sich auch in der Vorrunde schon keine Blöße zu geben. Wird die Gruppe mit der Schweiz, Chile und Honduras (welche der Favorit natürlich im Normalfall im Schlaf dominieren müsste) nicht gewonnen, wartet wahrscheinlich schon im Achtelfinale der große Co-Favorit, Brasilien. Und das so unbrasilianisch humorlose Team von Carlos Dunga wäre etwa so eines, das den Spaniern recht effektiv die Lust nehmen könnte. Einer K.o.-Partie gegen Portugal oder gar Côte d’Ivoire könnte Del Bosque wesentlich entspanner entgegen sehen. Weil seine Mannschaft diesen Teams in seiner Breite zweifellos klar überlegen ist.

Und das fängt schon hinten an. Iker Casillas wäre der erste Torhüter seit Dino Zoff 1982, der als Kapitän einen WM-Pokal entgegen nehmen würde. Er ist schon sehr früh Stammkeeper von Real und auch in der Nationalmannschaft geworden, spielt schon seine dritte WM und sein fünftes großes Turnier als spanische Nummer eins und hat schon über 100 Ländermachtes auf dem Buckel, obwohl der Madrilene noch keine 30 Jahre alt ist. Seit er seine Jugendschwächen abgelegt hat, ist er ein sicherer Rückhalt und auch so ein wenig die Symbolfigur des „neuen“ Spanien: Ruhig, bescheiden, unpretentiös. Aber auf dem Platz bärenstark.

Vor dem Schlussmann von Real Madrid wird vermutlich das Innenverteidiger-Duo des FC Barcelona aufräumen – der routinierte Wuschelkopf Carles Puyol, dessen Einsatz, Stellungsspiel und Spielverständnis auf seiner Position im Moment unübertroffen sind; und der 23-jährige Gerard Piqué, dessen Stärken im Zweikampf und im Kopfballspiel liegen. Er hat seit der erfolgreichen EM den Valencia-Spieler Carlos Marchena von der Stammposition verdrängt, was eine von nur ganz wenigen Änderungen gegenüber der Champions von Wien darstellt.

Rechts hinten marschiert wie gewohnt Sergio Ramos auf und ab. Auch der blonde Flügelflitzer ist schon so lange dabei, dass man sich kaum verstellen kann, dass er auch erst 24 Jahre alt ist. Die andere, die linke Seite war über Jahre hinweg der ganz große Schwachpunkt im Team der Spanier. Ob nun Juanfran (02), Raúl Bravo (04) oder Pernía (06), es war immer das schwächste Glied in der Mannschaft. Bis Spätstarter Joan Capdevila vor zwei Jahren ein wirklich tolles Turnier spielte – und nun dennoch von Álvaro Arbeloa verdrängt wurde. Der im Schatten seines Pendants auf der rechten Seite unauffällige Arbeloa ging auch letztes Jahr ein wenig unter, als er im Rahmen des galaktischen Kaufrausches von Real Madrid um geschmeidige vier Millionen Euro von Liverpool kam. Die Abwehrkette wird also von zwei Barcelona-Spielern innen und zwei Real-Spielern außen gebildet. Und es funktioniert grandios.

Gemeinsam mit Arbeloa wechselte vor einem Jahr auch Xabi Alonso von Anfield ins Bernabéu. Der Champions-League-Sieger von 2005 spielte sich fortan auch im spanischen Team fest – so sehr, dass Marcos Senna – vor zwei Jahren beim EM-Titel einer der ganz entscheidenden Figuren – nicht einmal mehr im Kader aufscheint. Neben (oder statt) ihm im defensiven Mittelfeld agiert wiederum ein Spieler von Barcelona, nämlich Sergi Busquets. Die komplette Defensiv-Abteilung wird somit ausschließlich von Spieler der beiden dominierenden Teams der Primera División gestellt. Kein Wunder, schließlich holten sie ihre 99 bzw. 96 Punkte ja nicht nur über ihre Offensive, sondern beide Teams kassierten auch mit Abstand die wenigsten Gegentore.

Vorne kommt Real hingegen nicht mehr vor. Was nicht daran liegt, dass die Königlichen dort nicht gut wären – im Gegenteil, mit 102 Treffern in der wahrlich nicht schlechten spanischen Meisterschaft gelangen sogar um vier mehr als Barcelona – sondern daran, dass bis auf den vor drei Jahren ausgebooteten Raúl bei Real keine Spanier spielen. In den Vorbereitungsspielen agierte Del Bosque mit einem 4-2-3-1, weil mit Andres Iniesta einer aus der angestammten Vierer-Offesnivkette im Mittelfeld ausfiel. Da er aber rechtzeitig fit werden dürfte, wäre es keine Überraschung, wenn Del Bosque, vor allem gegen die Gruppengegner, die Spanien das Wasser nicht reichen können, wieder auf ein 4-1-4-1 zurückwechselte – oder per 4-3-3 den Kontrahenten so richtig einheizt. Die Offensiv-Abteilung wäre identisch mit der vom EM-Finale: Xavi und Iniesta, die beiden genialen Zwillige vom FC Barcelona, dazu kommt ihr möglicher künftiger Mannschaftskollege Fàbregas (der heute 23-Jährige ist schon seit zwei Jahren Arsenal-Kapitän).

Und auch an David Silva, dem auch erst 24-jährigen Zauberer auf der linken Seite, hat der katalonische Großklub bereits Interesse bekundet. Dass der wunderbare Einfädler noch lange beim finanzmaroden Valencia spielt, glaubt niemand so wirklich. Der große Faustpfand von Del Bosque im Mittelfeld: Sollte einer der vier Weltklasse-Offensivspieler ausfallen, kann er immer noch ohne Qualitäts- und Offensivgeist-Verlust einen zweiten Sechser bringen, oder aber genauso auch eine zweite Sturmspitze. Und der große Faustpfand der Spanier in Zukunft: Mit Kader-Alternativen Javi Martínez (21), Juan Mata (22) und vor allem Jesús Navas (24) ist man auch in den nächsten Jahren stark aufgestellt.

Wie auch in der Abteilung Attacke. Liverpools Fernando Torres, goldener Torschütze im EM-Finale gegen Deutschland, sollte seine Knieblessur rechtzeitig auskurierten. Und selbst, wenn „El Niño“, der mit 26 auch schon sein viertes großes Turnier absolviert, nicht auflaufen kann: Kein Problem, es gibt ja immer noch David Villa. Der eiskalte Goalgetter von Valencia ist ja schließlich auch nur Torschützenkönig der letzten Europameisterschaft. Beide dürfen Del Bosque allerdings nicht ausfallen, denn als Alternative gibt es dann nur noch den international wenig erfahrenen Fernando Llorente von Bilbao; Pedro Rodríguez von Barcelona, die Entdeckung der abgelaufenen Saison, ist ein klassischer Flügelstürmer.

Was nichts daran ändert, dass man an den Spaniern erst einmal vorbei muss. Ohne Frage, wenn der Europameister sein Leistungspotential in jedem Spiel abruft, gibt es keine Mannschaft, die Spanien schlagen kann; wohl nicht einmal Brasilien. Aber wehe, das Team von Del Bosque erlaubt sich, vor allem in der K.o.-Phase, auch nur einen schwachen Tag! Frag nach bei all den gescheiterten Topfavoriten der letzten Turniere. Es geht schnell, und es heißt wieder: „Ja, diese Spanier, schon eine gute Mannschaft – aber mit dem Druck können sie nicht umgehen!“

Den Europameister-Titel kann Spanien keiner mehr nehmen. Die Rolle als WM-Favorit aber auch nicht. Mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt.

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SPANIEN
rotes Trikot, blaue Hose, adidas – Platzierung im ELO-Ranking: 2.

Spiele in Südafrika:
Schweiz (Nachmittagsspiel Mi 16/06 in Durban)
Honduras (Abendspiel Mo 21/06 in Johannesburg/S)
Chile (Abendspiel Fr 25/06 in Pretoria)

TEAM: Tor: Iker Casillas (29, Real Madrid), Pepe Reina (27, Liverpool), Víctor Váldes (28, Barcelona). Abwehr: Raúl Albiol (24, Real Madrid), Álvaro Arbeloa (27, Real Madrid), Joan Capdevila (32, Villarreal), Carlos Marchena (30, Valencia), Gerard Piqué (23, Barcelona), Carles Puyol (32, Barcelona), Sergio Ramos (24, Real Madrid). Mittelfeld: Xabi Alonso (28, Real Madrid), Sergi Busquets (22, Barcelona), Cesc Fàbregas (23, Arsenal), Andres Iniesta (26, Barcelona), Javi Martínez (21, Bilbao), Juan Mata (22, Valencia), Jesús Navas (24, Sevilla), David Silva (24, Valencia), Xavi Hernández (30, Barcelona). Angriff: Fernando Llorente (25, Bilbao), Pedro Rodríguez (22, Barcelona), Fernando Torres (26, Liverpool), David Villa (29, Valencia).

Teamchef: Vicente del Bosque (59, Spanier, seit August 2008)

Qualifikation: 1:0 gegen Bosnien, 4:0 gegen Armenien, 3:0 in Estland, 2:1 in Belgien, 1:0 gegen und 2:1 in der Türkei, 5:0 gegen Belgien, 3:0 gegen Estland, 2:1 in Armenien, 5:2 in Bosnien.

Endrundenteilnahmen: 12 (1934 Viertelfinale, 50 Vierter, 62 und 68 Vorrunde, 78 Vorrunde, 82 Zwischenrunde, 86 Viertelfinale, 90 Achtelfinale, 94 Viertelfinale, 98 Vorrunde, 2002 Viertelfinale, 06 Achtelfinale)

>> Ballverliebt-WM-Serie
Gruppe A: Südafrika, Mexiko, Uruguay, Frankreich
Gruppe B: Argentinien, Nigeria, Südkorea, Griechenland
Gruppe C: England, USA, Algerien, Slowenien
Gruppe D: Deutschland, Australien, Serbien, Ghana
Gruppe E: Holland, Dänemark, Japan, Kamerun
Gruppe F: Italien, Paraguay, Neuseeland, Slowakei
Gruppe G: Brasilien, Nordkorea, Côte d’Ivoire, Portugal
Gruppe H: Spanien, Schweiz, Honduras, Chile

* Die Platzierung im ELO-Ranking bezieht sich auf den Zeitpunkt der Auslosung

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Russland – Spanien https://ballverliebt.eu/2008/06/27/russland-spanien/ https://ballverliebt.eu/2008/06/27/russland-spanien/#comments Thu, 26 Jun 2008 22:14:32 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=234 Russland – Spanien weiterlesen ]]> Guus Hiddink wollte sich kein zweites Mal überrumpeln lassen, das war von Anfang an zu bemerken. Der spanische Coach Aragones hingegen – wohlwissend die Sbornaja in der Vorrunde schon einmal klar in die Schranken gewiesen zu haben – ging mit breiter Brust in die Partie. Und das sah man dann auch, je länger das Spiel dauerte. Der Offensivdrang des eurasischen Überraschungsteams, mit dem sie die in der Vorrunde brillierenden Holländer bezwungen hatten, war viel weniger spürbar. Und wenn dann doch einmal der Zug zum Tor da war, fiel sofort die schwache Tagesform des Wunderkinds Arschawin ins Gewicht.

Das war am Anfang noch in Ordnung, denn die Spanier kamen selbst noch nicht so richtig auf Touren, und wirkten verkrampft. Eine durchaus gut anzusehende Partie wog mit wenig zwingenden Gelegenheiten hin und her, mit leichter Feldüberlegenheit für die Iberer. Dann musste Villa verletzt ausgetauscht werden. Für den einen Weltklassekicker kam in Minute 35 ein anderer: Cesc Fabregas. Ich weiß nicht warum, aber in Folge dieses zwangsweisen Wechsels wurde aus Spaniens leichter Dominanz bis zur Pause eine eindeutige. Zur Pause war der Spielausgang trotzdem noch offen: 0-0.

Hiddink nutzte die Gelegenheit zum Wechsel nicht. Auch eine wirkliche Änderung der Spielanlage konnte ich nicht ausmachen, als das zweite Halbfinale in die zweiten 45 Minuten ging. Fünf Minuten später rächte es sich, als Xavi zu einem scharfen Querpass nur noch den Fuß richtig hinhalten musste. Akinfeev, an dem der Ball nur wenige Zentimeter vorbeiflog, sah nicht ganz glücklich aus, hatte aber aus der Distanz faktisch keine Chance zu reagieren.

Zwei weitere Wechsel (Biljaletdinow, Sytschew) änderten an den sich zuspitzenden Kräfteverhältnissen nichts. Russland rannte nun stärker an, versuchte Chancen zu erzwingen und über schnelle Angriffe in den Strafraum vorzustoßen, vergaben aber die wenigen sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Als es dank Guiza zum 2-0 krachte, stellte Hiddink als allerletzte Möglichkeit das System um. Das Mittelfeld rückte vor, eine hängende Spitze kam hinzu, die Abwehr spielte größtenteils nur noch Dreierkette. Doch so wirklich ins Trudeln mochte die Defensive der Seleccion nicht kommen. Es dauerte trotzdem knapp zehn Minuten, bis Villa, Iniesta und der Rest begriffen, dass die junge Sbornaja ihnen da die Räume im Angriff weit aufgemacht hatte. Acht Minuten vor Ende der regulären Spielzeit klingelte es dann zum dritten Mal im Kasten von Akinfeev. Spätestens da war sicher, dass für den Zweiten der Gruppe D der Traum vom Finale dahin war.

Spanien gewann dank ihrer Erfahrung und den sich daraus ergebenden Klasseunterschieds. Die zusammengewürfelten Einzelkämpfer von 2006 wurden von Aragones zu einem funktionierenden Kollektiv gemacht, dass nun aus der Summe seiner Genies profitiert. Für Russland bleibt der Ruhm als größte Überraschung dieser Europameisterschaft, als auch die Erkenntnis heute auf klare Grenzen gestoßen zu sein. Selbst wenn Arschawin heute „funktioniert“ hätte, wäre es nicht viel anders gekommen.

Spanien ging verdient als Sieger vom Platz. Das Ergebnis dürfte freilich etwas schmeichelhaft sein.

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