Lampard – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Sun, 20 May 2012 00:55:42 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Die Bayern sind haushoch überlegen, aber Chelsea spielt den Party-Crasher https://ballverliebt.eu/2012/05/20/die-bayern-sind-haushoch-uberlegen-aber-chelsea-spielt-den-party-crasher/ https://ballverliebt.eu/2012/05/20/die-bayern-sind-haushoch-uberlegen-aber-chelsea-spielt-den-party-crasher/#comments Sun, 20 May 2012 00:48:35 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7178 Die Bayern sind haushoch überlegen, aber Chelsea spielt den Party-Crasher weiterlesen ]]> Gespielt hat nur eine Mannschaft – die Bayern. Torchancen hat sich auch nur ein Team aktiv erarbeitet – die Bayern. Eine Mannschaft war bis kurz vor Schluss vorne, hatte in der Verlängerung einen Elfer und war auch im Shoot-Out vorne – die Bayern. Gewonnen hat das Finale der Champions League in München aber trotzdem Chelsea. 120 Minuten den Bus parken, einen Eckball verwerten und dann die Elfer-Lotterie gewinnen: Auch so kann man den Pokal holen.

Chelsea - Bayern 1:1 n.V., 4:3 i.E.

Am 18. Mai 2005 war es, in Lissabon. Da hatte Sporting das Finale des Uefa-Cups daheim, im eigenen Stadion, gegen ZSKA Moskau. Ging dabei sogar in Führung. Und verlor letztlich dennoch mit 1:3. Fast auf den Tag genau sieben Jahre später, Schauplatz München, wiederholte sich Geschichte. Mit einem kleinen Unterschied: Ivica Olic, damals im Trikot der Russen, stand diesmal auf der falschen Seite.

So viele gesperrte Spieler

Die Tatsache, dass bei den Bayern drei Stammkräfte (Badstuber, Alaba, Luiz Gustavo) gesperrt waren und bei Chelsea gleich vier (Terry, Ramires, Meireles und Ivanovic) zwang beide Trainer zu Umstellungen. Inhaltlich schmerzte Di Matteo vor allem der Ausfall von Ramires, der in den letzten Wochen der konstanteste Spieler war, sowohl defensiv sicher als auch offensiv, ob nun zentral oder auf dem Flügeln, ein integraler Bestandteil der Mannschaft. So brachte Di Matteo den langsamen Lampard und den im Vorwärtsgang eher limitierten Mikel für die Zentrale. Bosingwa und Cahill  ersetzten Ivanovic und Terry direkt.

Bei den Bayern waren die Umstellungen subtiler, aber dennoch merkbar. Was die größte Umstellung nach sich zog war die Sperre von Luiz Gustavo. Dieser ist zwar, was das Passspiel angeht, ohne Zweifel der unsicherste Bayern-Spieler und er ist im Aufbau gerade auf höchstem Niveau immer am ehesten ein Wackelkandidat, aber seine Zweikampfstärke ist unbestritten. Ohne den schmächtigen, aber in seinem Kerngebiet hervorragenden Brasilianer spielten mit Schweinsteiger und Kroos zwei Ballverteiler im defensiven Mittelfeld der Bayern, aber kein Ballgewinner mehr.

Wie Chelsea mit Robben und Ribéry umging

Alleine – ein solcher war gar nicht nötig. Chelsea präsentierte sich in einem 4-4-1-1, mit Mata sehr hoch fast auf einer Linie mit Drogba, und zwei Viererketten, die vor allem das Zentrum zumachten, sich gerade in der Anfangsphase zu zweit und zu dritt auf Robben stürzten, aber ansonsten keinerlei Druck auf den Ballführenden ausübten. Besonders auffällig war das bei Lampard und Mikel in der Mittelfeld-Zentrale.

Sie schirmten Müller ganz gut ab; ließen aber Schweinsteiger und Kroos – die beiden wechselten sich im Spiel nach vorne ab – einigermaßen unbehelligt. Sie stellten die Bayern nur, griffen sie aber nicht an. Das sah sehr passiv auf, hatte aber den Effekt, dass Chelsea die Bayern auf die Flügel zwang. Und dort hatte man gegen Robben und Ribéry eine gute Strategie am Start.

Es war abzusehen, dass die Duelle Bosingwa-Ribéry und Cole-Robben die Schlüsselduelle des Spiels werden würden. Ribéry durfte gegen Bosingwa durchaus immer wieder den Ball haben, verweigerte ihm aber durch gutes Positionsspiel und vor allem gutes Zweikampfverhalten den Weg in den Strafraum. Zusätzlich profitierte der Portugiese davon, dass das Hinterlaufen Ribérys von Alaba-Vertreter Diego Contento überhaupt nicht funktionierte. Contento spielte brav, wirkte in der Vorwärtsbewegung aber gehemmt, ging ganz selten bis zur Grundlinie durch und brachte in 120 Minuten auch nur eine einzige brauchbare Flanke in den Straufraum (in Minute 37).

Die Chelsea-Flügel: Kalou und Bertrand

Salomon Kalou ist kein besonders prickelnder Spieler. Dem Ivorer fehlt es deutlich an der Torgefahr, die ein Flügelstürmer normalerweise ausstrahlen sollten. Was er aber sehr wohl hat: Ein Gespür für sinnvolle Defensiv-Arbeit. Zweifellos war das der Grund dafür, dass er den Vorzug vor Daniel Sturridge erhalten hat. Und er erfüllte seine Aufgaben gut: Kalou schaffte es, Contento nie jenen Schub zu ermöglichen, den David Alaba in den letzten Monaten gemeinsam mit Ribéry entfalten konnte. All das jedoch: Keine echte Überraschung.

Womit allerdings viele nicht gerechnet hätten: Auf der linken Seite spielte nicht Florent Malouda, sondern der junge Ryan Bertrand in seinem allerersten Champions-League-Spiel. Der 22-Jährige ist gelernte Linskverteidiger, und das merkte man auch: Er schaute in erster Linie, dass Philipp Lahm nicht zu viel nach vorne machen konnte und Robben so möglichst isoliert war. Er mühte sich nach Kräften, aber defensiv brauchte es trotzdem immer wieder Ashley Cole, der einige Situationen bereinigen musste, und nach vorne war diese Seite tot.

Das Aufbauspiel der Bayern

Holger Badstuber ist Spieleröffner Nummer eins bei den Bayern, aber er neigt nicht zu großen Ausflügen. Das machte sein Vertreter Anatoli Tymoschuk etwas anders: Zusätzlich zu den beiden Kreativen Schweinsteiger und Kroos (die in Mata nur einen Gegenspieler hatten und so immer einer gefahrlos aufrücken konnte) vor ihm schaltete sich auch der Blondschopf, wenn auch vorsichtig, im Spiel nach vorne ein. Das Aufrücken des Ukrainers erlaubte es zusehens auch dem absichernden Spieler des zentralen Duos, sich höher zu positionierten – und natürlich auch Lahm im Zweifel auch mal vorne zu bleiben.

Zu sagen, das Spiel der Bayern hatte etwas Barcelona-eskes, wäre wohl etwas übertrieben. Aber die Münchner hatten doch sehr viel Ballbesitz und spielten von einer Seite zur anderen auf der Suche nach dem Loch im Abwehr-Verbund von Chelsea. Das wirkte oft auch ein wenig umständlich, mit zu wenig Tempo vorgetragen. Natürlich ergaben sich dadurch auch immer wieder Chancen – Robben in der 21. und 32., Müller in der 36., Gomez in der 42. – aber es fehlte ein Überraschungs-Moment, auch mal ein Tempo-Wechsel, und vor allem die wirkliche Gefahr über die Flügel.

Was aber vor allem ein Manko war: Wann immer Chelsea mal mit mehreren Spielern aufgerückt war und die Bayern eroberten in diesen Situationen den Ball, wurde zu langsam umgeschaltet, nicht konsequent genug nachgerückt und damit das Tempo aus dem Angriff genommen.

Je länger das Spiel dauerte, umso besser kam jedoch Thomas Müller in die Partie: Sobald er merkte, dass vor allem Lampard kein großes Interesse zeigte, das Zentrum zu verlassen, fing er an, zu rochieren – vornehmlich auf die rechte Seite. Weil er dort leichter anspielbar war, wurde er ein zunehmender Faktor im Spiel, er versuchte den Raum zwischen den Linie zu nützen und es war nicht unlogisch, dass er letztlich auch das Tor für die Bayern erzielen sollte.

Chelsea eher mühsam

Einen großen Offensiv-Plan hatten die Blues nicht zu bieten. Wenn der Ball erobert wurde, folge oft recht fix der lange Hafer Richtung Drogba. Damit hatten die Bayern-Verteidiger aber selten Probleme: Jerome Boateng lieferte eine starke Leistung ab und vor allem Philipp Lahm war in der Rückwärtsbewegung enorm stark, klärte immer wieder vor Drogba. Mata, die hängende Spitze, leistete auch enorm viel Arbeit gegen den Ball, rieb sich dadurch aber auf und war in der Vorwärtsbewegung kaum ein Faktor.

Bis auf einige kurze Phasen – also zwischen der 30. und 35. Minute und zwischen Wiederanpfiff und der 55. Minute – parkte Chelsea den Bus und strahlte wenig bis gar keine Torgefahr aus. Dafür verteidigten sie den eigenen Strafraum mit allem, was sie hatten. Da wurde sich in Schüsse geworfen und Bälle geblockt, dass bei den Bayern die Eckball-Statistik in lichte Höhen getrieben wurde. Das war recht mühsam anzusehen und es brauchte auch weiterhin etwas Glück, dass die Bayern weiterhin zu wenig präzise mit ihren Chancen umgingen – Ribéry in der 64., Robben in der 72., Müller in der 78. – aber bis sieben Minuten vor Schluss hielt das Bollwerk.

Nach 0:1 kommt Torres. Für den Flügel!

Als Thomas Müller in der 83. Minute doch noch das längst überfällige 1:0 für die Bayern erzielt hatte, musste bei Chelsea etwas passieren. Und Di Matteo tauschte das Personal auf den Flügeln aus: Nachdem zuvor schon Malouda statt Bertrand gekommen war, ersetzte er nun Kalou durch Torres. Das Signal war klar: Kompakte Defensive war von den Außenspielern nicht mehr gefragt, sondern der Vorwärtsgang. Dennoch brauchte es eine Ecke, um kurz vor Schluss noch zum 1:1 zu kommen. Das ist ein Vorwurf, den sich die Bayern machen lassen müssen: Sie selbst haben aus 20 Ecken nichts herausgeholt, Chelsea aus der einen sehr wohl.

Verlängerung

Interessanterweise ging Torres nicht in die Spitze zu Drogba, sondern besetzte die rechte Seite. Es wurde auch schnell klar, warum: Der flinke Spanier, der zuletzt doch so ein wenig zu seiner Form gefunden hat, ging konsequent in 1-gegen-1-Situationen gegen Diego Contento. Damit hatte dieser merklich Probleme, was dazu führte, dass Ribéry (und nach dessen Austausch wegen Verletzung auch Olic) sehr auf sich alleine gestellt war.

Zudem zeigten David Luiz und Gary Cahill beide wirklich starke Leistungen und ließen Gomez bis auf ganz wenige Situationen in der ersten Hälfte praktisch nicht am Spiel teilnehmen. Den Elfmeter, den Robben in der 97. Minute verschoss, verursachte Drogba mit einem eher ungeschickten Foul an Ribéry.

Das Pendel schwang nun immer weiter in Richtung von Chelsea. Die linke Angriffsseite der Bayern war weitgehend stillgelegt, Schweinsteiger pumpte schon kräftig, Gomez war abgemeldet und die beiden herben Rückschläge – das Gegentor in der 88. Minute und der verballerte Elfer in der 97. – hinterließen auch psychisch ihre Spuren.

So ging’s ins Elferschießen. In dem Cech den entscheidenden Versuch von Schweinsteiger an den Pfosten lenkte. Und gerade Drogba den letzten Penalty sicher verwandelte – für den Ivorer der erste große Titel.

Fazit: Bayern haushoch überlegen, aber zu wenig konsequent

Natürlich wäre ein Sieg der Bayern in ihrem Heim-Finale hochverdient gewesen. Chelsea hatte nie das geringste Interesse daran, irgend etwas für das Spiel zu tun, sie pressten nicht auf den Gegner, die griffen nicht an, Angriffszüge suchte man vergebens, aus dem Spiel heraus gab’s genau eine einzige echte Torchance (Kalou, 38.). Die Spielweise von Chelsea war mühsam, was destruktiv, war – wie es Sky-Kommentator Reif ausdrückte – „nervig“.

Doch so sehr man auch über Chelsea jammern mag, die extrem passive Spielanlage führte letztlich zum Erfolg. Nicht, weil diese Taktik so genial gewesen wäre. Im Gegenteil: Hätte Müllers 1:0 Bestand gehabt, Di Matteo wäre wohl medial gesteinigt worden, weil er nicht einmal versucht hat, das Spiel zu gewinnen. Nein, Chelsea geht mit dem Pokal aus dem Stadion, weil die Bayern aus ihrer haushohen Überlegenheit einfach viel zu wenig gemacht haben. Und Chelsea erst aus keiner Chance ein Tor machte und dann im Elferschießen die Nerven bewahrte.

So einfach kann Fußball manchmal sein.

(phe)

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1:3 bei Man Utd macht klar: Villas-Boas ist bei Chelsea noch ein Suchender https://ballverliebt.eu/2011/09/19/13-bei-man-utd-macht-klar-villas-boas-ist-noch-ein-suchender/ https://ballverliebt.eu/2011/09/19/13-bei-man-utd-macht-klar-villas-boas-ist-noch-ein-suchender/#respond Mon, 19 Sep 2011 14:26:00 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5788 1:3 bei Man Utd macht klar: Villas-Boas ist bei Chelsea noch ein Suchender weiterlesen ]]> Spätestens nach diesem Spiel ist klar: Während Manchester United ein heißte Anwärter auf die Titelverteidigung ist, wird das für Chelsea im ersten Jahr unter André Villas-Boas eher ein Übergangsjahr. Der Portugiese befindet sich jedenfalls noch in der Findungsphase, was beim 1:3 in Old Trafford ersichtlich wurde.

Manchester United - Chelsea FC 3:1

Er hat es bei Porto so gemacht. Und auch bei Chelsea präferiert André Villas-Boas das 4-3-3 als das System der Wahl. Für die Blues keine gravierende Umstellung, denn schon unter Ancelotti war das die Grundformation. Bis Torres kam. Und Ancelotti das System verbiegen musste, um den Spanier irgendwie reinzuflicken. Mit äußerst mäßigem Erfolg gegen Top-Teams, und so gut wie ohne Torerfolg für Torres.

Kein Druck im Zentrum

Didier Drogba ist nicht fit, und so fällt dieses Problem für Villas-Boas derzeit weg. Dennoch wurde das 4-3-3 vor der Pause von einer in enorm starker Form spielenden Mannschaft von Manchester United ziemlich aufgemacht, was vor allem daran lag, dass das Mittelfeld von Chelsea keinerlei Druck auf die Gegner ausübte. So wurde die numerlische Überlegenheit im Zentrum völlig neutralisiert: Meireles sicherte nur hinten ab und versuchte, Rooney nicht allzu viel ins Spiel kommen zu lassen; Lampard und Ramires waren zwischen Zentrum und notwendiger Hilfe auf den Außenbahnen hin- und hergerissen.

Was Anderson und Flechter erlaubte, das Spiel zu diktieren und vor allem Nani auf der linken Seite immer wieder ins Spiel zu bringen. Ashley Cole machte einen einigermaßen überforderten Eindruck, weil es ihm an Hilfe aus dem Mittelfeld fehlte – Juan Mata stand, systembedigt, recht hoch und war dort außerdem mit Chris Smalling beschäftigt. Viel Vorwärtsdrang konnte Cole darüber hinaus auch nicht entwickeln.

Vorentscheidung vor der Pause

Hinzu kam, dass United die Tore zu günstigen Zeitpunkten erzielte: Das 1:0 nach einem Freistoß war schon nach wenigen Minute gefallen, und das 2:0 – ein sehenswerter Schuss von Nani – fiel, als Chelsea gerade ein wenig besser ins Spiel kam und es besser gelungen war, Mata und Sturridge über die Flügel einzusetzen. Was notwendig war, weil nicht nur kein Druck auf die United-Zentrale ausgeübt wurde, wenn diese im Ballbesitz war, sondern es auch nicht gelang, durch die Mitte gegen Anderson und Fletcher wirklich durchzukommen.

Und mit dem 3:0 kurz vor der Pause war das Spiel dann im Grunde entschieden. Innenverteidiger Phil Jones durfte mit dem Ball am Fuß bis zum gegnerischen Strafraum durchgehen, dort ging es der Chelsea-Defensive zu schnell und Rooney drückte den Ball über die Linie. Rooney spielte relativ hoch, fast auf einer Linie mit Hernández, rochierte aber sehr viel horizontal. Was das Positionsspiel von Meireles etwas wackelig machte und den Portugiesen aus der Spieleröffnung ziemlich herausnahm.

Umstellung bringt Torres besser ins Spiel

Der Weisheit letzter Schluss, wenn es um das bestmögliche Einsetzen von Torres geht, ist das 4-3-3 ohne Zehner, mit dem Villas-Boas in Porto so einen großen Erfolg hatte, aber nicht. Weil einerseits Torres nicht so ein bulliger, körperbetont spielender Mittelstürmer wie Radamel Falcao ist, und weil es (wie in diesem Spiel) auch Mata und Sturridge an der Wucht fehlt, die etwa ein Hulk über die Flügel entwickeln konnte (ob Lukaku das kann, muss sich erst zeigen). Und auch Bosingwa und Cole preschen nicht so viel nach vorne wie Sapunaru und Alvaro Pereira. Und natürlich ist Manchester United auch nicht irgendein Gegner.

Zweite Halbzeit

Das Hauptproblem mit Torres ist aber, dass er über Flanken in den Strafraum seine größten Stärken – Technik und Tempo – vor allem gegen die kompromisslosen Innenverteidiger auf der Insel nur schwer ausspielen kann. Darum war die Umstellung von Villas-Boas in der Halbzeit richtig: Er nahm den schwachen Lampard raus und brachte dafür Anelka, stellte somit auf ein 4-2-3-1 um. Vorteil für Torres: Mit Mata hatte er nun einen Zehner hinter sich. Und Anelka, der sich viel bewegte und auch mal einrückte, setzte Torres schon nach wenigen Sekunden so ein, wie er es braucht: Steil und mit Tempo. Prompt war das Tor gefallen, es stand nur noch 1:3.

Sir Alex reagiert

In dieser Besetzung machte Chelsea im 4-2-3-1 einen deutlich kompakteren Eindruck und fühlte sich sichtlich wohler. Alleine die Präsenz von Mata im Zentrum erlaubte es Flechter und Anderson nicht mehr annähernd so frei wie vor dem Seitenwechsel, die Bälle zu verteilen. Die etwas tiefere Positionierung von Anelka auf der Außenbahn gegenüber der ersten Halbzeit entlastete Ashley Cole merklich, und so reagierte Ferguson nach einer Stunde.

Er brachte den passgenaueren, aber weniger offensiven Carrick statt Anderson und versuchte mit Valencia (statt Smalling) auf der Linksverteidiger-Position, Anelka weiter nach hinten zu drücken und ihm so ein wenig die Gefährlichkeit zu nehmen. Maßnahmen, die durchaus fruchteten und Chelsea den frisch gewonnenen Wind wieder aus den Segeln nahmen. Dass es in den letzten zehn Minuten aber nicht doch noch zu einer Zitterei wurde, lag an Torres: Sein unglaublicher Fehlschuss besiegelte die Niederlage.

Fazit: Villas-Boas ist noch in der Findungs-Phase

So wirklich die optimale Formation und das am besten zu den Spielern passende System hat André Villas-Boas noch nicht gefunden. Sein favorisiertes 4-3-3 schafft es nicht, aus Torres das Optimum herauszuholen, zumal es in diesem Spiel gegen diesen starken Gegner einfach auch komplett am Druck im Zentrum fehlte – in der ersten Hälfte konnte United hier nach Belieben schalten und walten.

Mit einem Zehner hinter sich kam Torres in der zweiten Hälfte deutlich besser zur Geltung, aber wenn Drogba wieder dabei ist, sind alle diese Überlegungen natürlich Makulatur, weil Drogba ein ganz anderes System und einen ganz anderen Spielaufbau braucht als der Spanier. Und dass die beiden zusammen kein funktionierendes Tandem abgeben, hat der vergangene Frühling eindeutlig gezeigt.

Anders als Chelsea zeigt sich Manchester United als funktionierende und flexible Einheit.  Jones und Evans haben zwar nicht die Präsenz von Ferdinand und Vidic, wachsen aber am Vertrauen, dass ihnen Ferguson gibt. Ashley Young war bemüht, Nani auf der linken Seite ein ständiger Gefahrenherd, und die Spielübersicht von Rooney ist bekanntermaßen großartig. Und eben, weil das so ist – also sich Chelsea noch finden muss, während United schon funktioniert – werden auch die einen um den Titel spielen und die anderen „nur“ um Platz drei.

(phe)

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Giggs lenkt, Rooney rennt https://ballverliebt.eu/2011/04/12/giggs-lenkt-rooney-rennt/ https://ballverliebt.eu/2011/04/12/giggs-lenkt-rooney-rennt/#comments Tue, 12 Apr 2011 21:14:41 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4545 Giggs lenkt, Rooney rennt weiterlesen ]]> Mit einem Tannenbaum und hoch stehenden Außenverteidigern versuchte Chelsea, im Old Trafford den nötigen Druck aufzubauen – doch United reagierte cool und gewinnt schließlich verdient. Vor allem dank zweier Spieler: Dem unermüdlichen Rooney – und dem Lenker Ryan Giggs.

Manchester United - Chelsea FC 2:1

Nach dem 0:1 im Hinspiel musste Chelsea im Old Trafford das Spiel machen. und Ancelotti entschied sich für eine eher überraschende Variante: Weniger das 4-3-3, das er auf das Feld schickte war unerwartet, sondern die Interpretation und die Besetzung: Denn zum einen agierte Florent Malouda nicht als Linksaußen, sondern sehr weit hinten und eher zentral halblinks im Mittelfeld, dafür ging Lampard sehr weit nach vorne und spielte halblinks hinter Torres. Ihm zur Seite stand Anelka, der sich sehr viel bewegte und sich auch in tieferen Regionen immer wieder anbot. Generell aber versuchte Chelsea natürlich, so weit wie möglich nach vorne zu schieben und United so unter Druck zu setzen – was sicher auch eine Überlegung hinter der Maßnahme war, Malouda nach hinten zu stellen. Er und Ramires sollten Giggs und Carrick in der Zentrale von Manchester aus dem Spiel nehmen. das gelang aber nur begrenzt.

Die Breite im Spiel der Blues kam ausschließlich über die sehr aktiven Außenverteidiger Ivanovic und Cole. Zudem kam durch die Spielstarken Malouda und Ramires einiges an Vorwärtsdrang aus dem defensiven Mittelfeld. United wusste zunächst nicht so recht, wie man darauf reagieren sollte.

Alles über Rooney

Sir Alex schickte wieder jenes 4-4-1-1 ins Spiel, das ihm schon das Hinspiel an der Stamford Bridge mit 1:0 gewann, wenn auch mit leichten Änderungen: Park Ji-Sung spielte rechts statt Valencia, dafür kam Nani auf links ins Team. Außerdem ersetzte rechts hinten John O’Shea Rafael. Nach vorne ging bei den Hausherren zunächst aber sehr, sehr wenig. Durch Malouda und Ramires waren das Mittelfeld von Manchester viel mit Defensivarbeit beschäftigt, so war der entscheidende Mann Rooney: Wenn etwas ging, dann über ihm. Der spulte ein großes Laufpensum ab und löste sich so immer wieder von Essien.

Am gefährlichsten wurde Chelsea, wenn es schnell und direkt mit Steilpässen in Richtung Grundlinie ging, nur gelang dies zu selten. Die Außenverteidigier machten zwar viel nach vorne, aber die Flankenbälle brachten wenig – vor allem jene von Ivanovic waren zumeist grässlich. So konnte sich United sogar den Luxus erlauben, Rio Ferdinand 75 Minuten lang humpeln zu lassen wie ein angeschossenes Reh, ohne ihn auszuwechseln.

…und Giggs

Nach etwa einer halben Stunde nahm neben Rooney auch Giggs das Spiel seiner Mannschaft etwas in die Hand. United muss erkannt haben, dass es eines eigenen Flügelspiels bedarf, um jenes von Chelsea etwas zu bremsen, und so ging der Waliser gegen Ende der Halbzeit immer mehr auf die rechte Seite hinaus. Im Gegenzug nahm Park Ji-Sung weiterhin vermehrt Defensivaufgaben wahr und rückte auch etwas ein. Mit all seiner Erfahrung verteilte Giggs die Bälle aus dem Zentrum und nun verursachte er auch bei Ashley Cole große Probleme.

Die Folge war, dass es United sofort besser gelang, den Ball in den eigenen Reihen zu halten und ihn auch in die Spitze zu bringen – etwas, was der auf sich allein gestellte Rooney zuvor nicht bewerkstelligen konnte. Die unmittelbare Folge war das vermeintliche 1:0 für die Hausherren nach einer Flanke von Rechts, bei dem Hernández zu Recht wegen Abseits zurückgepfiffen wurde – und in der 43. Minute beinahe eine Kopie der Szene, nur dass diesmal Hernández die Flanke von Giggs verwertete. Zwar wohl wieder aus haarscharfer Abseitsposition, aber das Tor zählte.

Mehr Präsenz durch Drogba

Chelsea hatte nun noch eine Hälfte Zeit, zwei Tore zu erzielen, und dafür brachte Ancelotti statt des einmal mehr enttäuschenden Torres nun Drogba. Der Ivorer zeigte sofort eine ganz andere Präsenz und eine deutlich selbstbewusstere Körpersprache, allerdings schaffte es Chelsea nun noch weniger als vor der Pause, Zugriff auf den gegnerischen Strafraum zu entwickeln.

Vor allem Evra und Nani steigerten sich nun massiv. Sie drückten Ivanovic immer mehr in seine eigene Hälfte und nahmen den rechten Flügel von Chelsea somit komplett aus dem Spiel – machten also das, was Giggs schon vor der Pause mit dem anderen Flügel gemacht hatte. Chelsea blieb somit nur noch der Weg über das Zentrum. Doch Malouda, der aus der Etappe kam, biss sich am defensiv sehr starken Carrick die Zähne aus, Anelka hatte generell keinen guten Tag und Lampard alleine konnte die sicher stehende Deckung auch nicht überwinden.

Erst mehr Breite, dann weniger Spieler

Die logische Reaktion von Carlo Ancelotti war, Salomon Kalou statt Anelka zu bringen. Der Ivorer sollte die eingeschlafene linke Offensivseite etwas beleben. Das Pech bei dieser Maßnahme: Nur kurze Zeit später flog Ramires mit seiner zweiten Verwarnung vom Platz und Chelsea war nur noch zu zehnt…

Somit stellte Ancelotti nun auf ein 4-3-2 um, was von Kalou verlangte, ins Zentrum neben Drogba zu gehen. Dahinter blieb Lampard zentral, Malouda halblinks und Essien als Quarterback in der Defensive. Die rechte Seite blieb vor Ivanovic unbesetzt – und es musste nun die Brechstange herhalten. Das klappte in Minute 76 für einmal sehr gut: Ein lange Ball von Essien aus der Tiefe, und die sonst so sichere Defensive von United war überrumpelt, Drogba schloss zum mittlerweile eher überraschenden 1:1 ab.

Die prompte Reaktion

Womöglich wäre ein noch eine richtig heiße Schlussphase geworden, hätte sich Chelsea nicht 50 Sekunden später im direkten Gegenzug das 1:2 durch Park Ji-Sung eingefangen. Damit war alles entschieden, denn in den verbleibenden 15 Minuten noch zwei Tore zu schießen, daran fehlte auch den Blues der Glaube, was an der eindeutigen Körpersprache abzulesen war.

Außerdem hatten Evra und Park Ji-Sung (der auf links gegangen war, der für Nani gekommene Valencia ging auf rechts) nun einen Spaß mit der unterbesetzten rechten Abwehrseite von Chelsea. Paulo Ferreira versuchte zwar, den Ball nach vorne zu tragen, aber letztlich brachte United das 2:1 sicher über die Zeit

Fazit: Chelsea fehlt die Klasse

Chelsea versuchte es mit der unüblichen Besetzung des 4-3-2-1 vor der Pause, Druck von hinten heraus aufzubauen. Das Prinzip war gut, hätte aber noch viel besser funktioniert, hätten die Flankenbäller der sehr hoch stehenden Außenverteidiger besser gepasst – hier

United sah sich das eine halbe Stunde an und reagierte dann angemessen. Giggs mit seiner Übersicht und Rooney mit seiner enormen Laufbereitschaft waren hierbei die entscheidenden Spieler. Chelsea fehlte es schlicht an den Mitteln und wohl auch ein wenig an der Klasse, United wirklich entscheidend unter Druck zu setzen.

Die Red Devils waren über zwei Spiele gesehen fraglos die bessere Mannschaft.

(phe)

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Die ??? bei den Drei Löwen https://ballverliebt.eu/2010/05/30/die-bei-den-drei-lowen/ https://ballverliebt.eu/2010/05/30/die-bei-den-drei-lowen/#respond Sun, 30 May 2010 11:24:43 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2090 Die ??? bei den Drei Löwen weiterlesen ]]> WM-SERIE, Teil 28: ENGLAND | Bis auf das bedeutungslose Spiel in der Ukraine gewann England nach der verpassten EM alle Quali-Partien klar. Dennoch kann das Team von Fabio Capello nicht als ganz großer Favorit gelten. Neben einigen kleinen dominieren drei große Fragezeichen.

„Machtdemonstration“ – anders kann man die Qualifikation der Engländer nicht nennen. Vor allem, nachdem die „Three Lions“ die vergangene Europameisterschaft verpasst hatten, waren gerade das 4:1 und das 5:1 gegen Kroatien wichtig. Und zwar für die eigene, innere Hygiene – schließlich waren es die Kroaten, welche England vor zwei Jahren die Teilnahme gekostet hatten. Diesmal konnte der Spieß umgedreht werden.

Was vor allem ein Verdienst von Fabio Capello ist. Der italienische Trainerfuchs verstand es, aus den Spielern aus den verschiedenen Lagern eine funktionierende Mannschaft zu machen. Eine, die hinten sicher steht, im Mittelfeld endlich einigermaßen funktioniert und vorne auch die Tore schießt. Capello brachte beinahe italienische Organisation ins englische Team. So will der zumeist als Mitfavorit gehandelte Weltmeister von 1966 diesmal wirklich ein ernsthaftes Wort um die Titelvergabe mitreden.

Doch alles verläuft auch diesmal nicht nach Wunsch. Die Vorbereitung ist bislang durchwachsen, mit Gareth Barry und Wayne Rooney kämpfen zwei absolute Stützen gegen Blessuren. Zudem spielten mit Steven Gerrard, Glen Johnson und Jamie Carragher drei potentielle Stammspieler mit Liverpool eine schreckliche Saison und strotzen daher nicht gerade vor Selbstvertrauen. Außerdem gibt es die in England ja schon fast traditionelle Torhüterdiskussion. Und nicht zuletzt nagt sicherlich auch das frühe Champions-League-Aus der Premier-League-Giganten – kein einziges englisches Team überstand auch nur das Viertelfinale – am Selbstverständnis.




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Was Capello am meisten zu schaffen macht ist, was für das Land der Premier League erstaunlich erscheint, die fehlende Kaderdichte. Zwar verfügen die Engländer über eine eminent starke erste Mannschaft, aber viele Ausfälle darf es nicht geben – nicht zuletzt deshalb, weil die Ausländeranteil in der Liga bei etwa zwei Dritteln liegt und es Spielern, die nicht bei den absoluten Topklubs spielen, mangels Champions-League-Einsätzen doch so ein wenig an internationaler Erfarhung auf allerhöchstem Niveau fehlt. Dass die Herren Milner und Heskey mit Aston Villa gegen einen internationalen No-Name wie Rapid Wien schon vor der EuroLeague-Gruppenphase gescheitert waren, mag dafür als Anzeichen herhalten.

Genau deshalb ist auch das große Fragezeichen hinter dem Sechser Gareth Barry so schmerzlich. Der Mittelfeldspieler von Manchester City wäre im fitten Zustand ohne Zweifel die Wunschbesetzung, aber eine Knöchelverletzung setzte ihn zuletzt außer Gefecht. Sein Back-up Michael Carrick wurde von nicht wenigen für die letztlich nicht den hohen Erwartungen entsprechende Saison und den verpassten Titel von Manchester United verantwortlich gemacht und konnte auch im Testspiel gegen Mexiko, in welchem er statt Barry zum Einsatz kam, nicht überzeugen. Und selbst wenn Barry rechtzeitig fit werden sollte, wonach es zur Erleichterung der Beteiligten aussieht, fehlt es ihm an der Spielpraxis und weiter Teile der WM-Vorbereitung.

Weswegen es in erster Linie an Frank Lampard sein wird, das Spiel der Engländer im defensiven Mittelfeld zu ordnen und zu lenken, egal ob nun an der Seite des indisponierten Carrick oder den rekonvaleszenten Barry. So oder so, die zentrale Position neben dem Star von Chelsea ist die erste große Bauchweh-Entscheidung von Capello. Der das Problem „Lampard und/oder Gerrard“ gelöst hat, indem er Gerrard im 4-4-2 auf die linke Mittelfeldseite stellt. Der Liverpool-Regisseur hat mit Weltmeisterschaften noch eine dicke Rechnung offen: Die Endrunde in Asien 2002 verpasste er verletzt, beim Viertelfinal-Aus vor vier Jahren verschoss der mittlerweile 30-Jährige im Viertelfinal-Shoot-Out gegen Portugal einen Elfmeter. Dass er nach einer Saison voller Enttäuschungen mit Liverpool zur WM fährt, muss nichts schlechtes sein – ein neues Umfeld könnte ihn zu „Jetzt-erst-recht“-Leistungen treiben.

Auf der rechten Seite hat Capello einige Möglichkeiten. Da wäre etwa Joe Cole, der aber in der letzten Zeit mehr gegen Verletzungen kämpfte als gegen Konkurrenten auf dem Feld. Oder Theo Walcott von Arsenal, der vor vier Jahren noch die große Überraschung im WM-Aufgebot war. Walcott hätte gegenüber Cole den Vorteil, dass er größeren Zug zum Tor besitzt. Zudem bekam er von Arsène Wenger vor allem im Frühjahr viele Einsätze und entwickelte sich zum Stammspieler. Ganz im Gegensatz zum dritten Kandidaten, Aaron Lennon. Der rechte Flügelmann war über weite Strecken des Frühjahrs mit einer Leistenverletzung außer Gefecht. Eine weitere Option von Capello wäre, Gerrard wie bei Liverpool ins Zentrum hinter eine Solospitze zu stellen, das wird vermutlich vor allem von Gerrards Form in der Vorbereitung abhängen, und davon, wie das funktioniert. Capello wird das ohne Zweifel noch testen.

Das zweite, wenn auch nicht ganz so große Fragezeichen steht hinter Wayne Rooney. Zwar sollte seine Verletzung, die er im Champions-League-Spiel gegen die Bayern erlitten hat, weit genug ausgeheilt sein, dass einem Einsatz von Beginn an nichts im Wege steht. Doch brachte die Zwangspause kurz vor Saisonschluss den bulligen Stürmer sicherlich so ein wenig aus dem Tritt. Und er ist für sein Team zweifellos noch wichtiger als es etwa Gareth Berry im defensiven Mittelfeld ist. Denn alleine mit seiner Präsenz, seinem Einsatz und seiner Laufbereitschaft ist Rooney unmöglich gleichwertig zu ersetzen. Ja, Tore können auch Crouch oder Heskey erzielen. Aber ihnen fehlt es eklatant an der Klasse eines Wayne Rooney. Und Zweifel, ob der 24-Jährige von Manchester United tatsächlich schon wieder bei 100% seiner Leistungskraft ist, wenn das erste Spiel gegen die Amerikaner angepfiffen wird, sind legitim.

Wer der Sturmpartner von Rooney wird, ist hingegen eher noch offen. Zwei-Meter-Hüne Peter Crouch wäre die logische Variante, weil er das genaue Gegenteil von Dauerläufer und Viel-Arbeiter Rooney ist: Der ungelekt wirkende Tottenham-Angreifer ist ein klassischer Strafraumstürmer. Emile Heskey wäre andererseits eher ein bulliger Stürmer, der Räume freiblocken kann. Es kann aber eben auch sein, dass Capello ganz auf den zweiten Stürmer verzichtet und Rooney alleine vor Gerrard stürmen lässt. Wird sich zeigen.

Gesetzt scheint dafür die Abwehrkette hinten. Mit Rio Ferdinand und John Terry in der Zentrale verfügen die Engländer zweifellos über eines der besten Innenverteidiger-Paare der Welt. Wenn sie fit sind, und da hatte vor allem Ferdinand in der letzten Zeit so seine Probleme. Mit Ledley King – der Tottenham-Verteidiger erlebt seinen zweiten Frühling – stünde zur Not ein patenter Ersatzmann bereit. Außerdem zeigt die Nominierung von Jamie Carragher, dass Capello sowohl für innen als auch für außen für Notfälle gerüstet sein möchte. Rechts hinten hat sich Glen Johnson von Liverpool etabliert, links ist das Terrain von Ashley Cole.

Das dritte große Fragezeichen betrifft bei den Engländern dafür die Position des Torhüters. Traditionell – Robinson wird das EM-Quali-Aus angekreidet und wurde nicht einmal nominiert, der alte David James hat eine Geschichte von peinlichen Fehlgriffen. Deswegen fährt James auch nur als Ersatzmann mit. Die meisten Spiele in der souveränen Qualifikation absolvierte Rob Green. Der Keeper von West Ham ist mit seinen 30 Jahren aber auch nicht mehr direkt ein Nachwuchstalent, zudem fehlt es ihm an internationaler Erfahrung.

Ein großes Turnier bereits absolviert hätte dafür Joe Hart. Der von Manchester City zuletzt an Birmingham verliehene Torhüter wurde letztes Jahr Vize-Europameister mit dem englischen U21-Team, spielte in der Premier League eine starke Saison und wird weithin als der Keeper der Zukunft gesehen. Aber ob er in Südafrika schon die Nummer eins ist, ist noch eher zweifelhaft. Da dürfte Green die Nase leicht vorne haben.

Natürlich, die Baustellen bei den Engländern bedeuten sicher so ein wenig Jammern auf hohem Niveau. Aber nach 44 Jahren ohne großen Titel steht außer Frage, dass im „Mutterland des Fußball“ mit der trotz allem immer noch besten Liga der Welt die Zeit reif wäre. Aber ist das die Mannschaft auch? Einerseits hätte die Mannschaft alles, was es zu einem guten Turnier braucht. Doch mit „langsam ins Turnier reinkommen“, wie es vor allem die Italiener vor vier Jahren meisterhaft vorgemacht haben, wird es trotz der auf dem Papier recht simplen Gruppe erst einmal nichts. Denn wird der Gruppensieg verpasst, droht mit einiger Wahrscheinlichkeit der große Gegner Deutschland schon im Achtelfinale. Ein Horrorszenario! Denn ein Aus noch vor dem Viertelfinale würde die ganze starke Qualifikation entwerten und die ganze behutsame Arbeit von Capello wäre umsonst gewesen.

Denn bei allen Fragezeichen in der Mannschaft: Das größte betrifft eigentlich nur die Frage, wann die Engländer endlich wieder ein richtig großes Turnier spielen. Und wenn es unter Trainerfuchs Capello nichts wird – wann dann?

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ENGLAND
weißes Trikot, blaue Hose, Umbro – Platzierung im ELO-Ranking: 4.

Spiele in Südafrika:
USA (Abendspiel Sa 12/06 in Rustenburg)
Algerien (Abendspiel Fr 18/06 in Kapstadt)
Slowenien (Nachmittagsspiel Mi 23/06 in Port Elizabeth)

TEAM: Tor: Joe Hart (23, Birmingham), David James (39, Portsmouth), Rob Green (30, West Ham). Abwehr: Jamie Carragher (32, Liverpool), Ashley Cole (29, Chelsea), Michael Dawson (26, Tottenham), Rio Ferdinand (31, Manchester Utd), Glen Johnson (25, Liverpool), Ledley King (29, Tottenham), John Terry (29, Chelsea). Mittelfeld: Gareth Barry (29, Manchester City), Michael Carrick (29, Manchester Utd), Joe Cole (27, Chelsea), Steven Gerrard (30, Liverpool), Tom Huddlestone (23, Tottenham), Frank Lampard (32, Chelsea), Aaron Lennon (23, Tottenham), James Milner (24, Aston Villa), Shaun Wright-Phillips (28, Manchester City). Angriff: Darren Bent (26, Sunderland), Peter Crouch (29, Tottenham), Jermaine Defoe (27, Tottenham), Emile Heskey (32, Aston Villa), Wayne Rooney (24, Manchester Utd), Theo Walcott (21, Arsenal).

Teamchef: Fabio Capello (63, Italiener, seit Dezember 2007)

Qualifikation: 2:0 in Andorra, 4:1 in Kroatien, 5:1 gegen Kasachstan, 3:1 in Weißrussland, 2:1 gegen die Ukraine, 4:0 in Kasachstan, 6:0 gegen Andorra, 5:1 gegen Kroatien, 0:1 in der Ukraine, 3:0 gegen Weißrussland.

Endrundenteilnahmen: 12 (1950 Vorrunde, 54 Viertelfinale, 58 Vorrunde, 62 Viertelfinale, 66 Weltmeister, 70 Viertelfinale, 82 Zwischenrunde, 86 Viertelfinale, 90 Vierter, 98 Achtelfinale, 2002 und 06 Viertelfinale)

>> Ballverliebt-WM-Serie
Gruppe A: Südafrika, Mexiko, Uruguay, Frankreich
Gruppe B: Argentinien, Nigeria, Südkorea, Griechenland
Gruppe C: England, USA, Algerien, Slowenien
Gruppe D: Deutschland, Australien, Serbien, Ghana
Gruppe E: Holland, Dänemark, Japan, Kamerun
Gruppe F: Italien, Paraguay, Neuseeland, Slowakei
Gruppe G: Brasilien, Nordkorea, Côte d’Ivoire, Portugal
Gruppe H: Spanien, Schweiz, Honduras, Chile

* Die Platzierung im ELO-Ranking bezieht sich auf den Zeitpunkt der Auslos

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