UEFA EM 2012 – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Fri, 04 Sep 2015 05:07:02 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.1 Als Kader-Bekanntgaben in Österreich noch spannend waren https://ballverliebt.eu/2015/09/03/oesterreich-koller-krankl-constantini-vergleich/ https://ballverliebt.eu/2015/09/03/oesterreich-koller-krankl-constantini-vergleich/#comments Thu, 03 Sep 2015 20:55:56 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=11527 Als Kader-Bekanntgaben in Österreich noch spannend waren weiterlesen ]]> Kaderbekanntgaben sind unter ÖFB-Teamchef Marcel Koller zu einem völligen Non-Event geworden. Seit Jahren gibt es keine nennenswerten Überraschungen peronseller Natur, flockige und/oder jenseitige Aussagen des grundseriösen Schweizers gibt es auch so gut wie nie. Das war in der Vergangenheit anders: Da waren die Kader-Bekanntgaben nicht selten unterhaltsamer als das folgende Match. Eine kleine Rückschau.

„Man muss wieder vor uns Zittern“, gab der neue Teamchef zu Protokoll, als er in Eisenstadt seinen ersten Kader präsentierte. Ein Testspiel gegen die Slowakei stand an. Eine neue Ära sollte anbrechen. Drei Mann waren dabei, die noch nie im Kader waren. Vier weitere, die zwar schon mal im Kader waren, aber noch kein Länderspiel absolviert hatten, ebenso. Eine Kader-Bekanntgabe war das, die viel Slapstickhaftes hatte und doch ein Vorgeschmack werden sollte auf das, was in den nächsten Jahren noch so allem kommen sollte.

Es waren aber auch echte Kapazunder von internationalem Format, die Hans Krankl am 21. März 2002 da nominierte. Die 29-jährige Nachwuchshoffnung Thomas Hickersberger von Salzburg, der 25-jährige Thomas Höller von Aufsteiger FC Kärnten und Jürgen Panis, 27, vom FC Tirol. Das waren die drei Teamkader-Debütanten – auch René Aufhauser (25) vom GAK, Ferdinand Feldhofer (22) von Rapid, Goalie Roland Goriupp (30) vom FC Kärnten und Roland Linz (20) von der Austria sollten Europa erzittern lassen.

Didn’t quite work out.

Dafür waren Kader-Bekanntgaben von Krankl immer spannend. In seinem zweiten Spiel ließ er Rolf Landerl debütieren, 26 Jahre und bei Fortuna Sittard unter Vertrag. „Ich werde mir weiter Spieler anschauen, mit denen niemand rechnet“, gab Krankl nach dem 2:6 in Deutschland zu Protokoll – Landerls einzigem Länderspiel. Alleine in seinem ersten Jahr ließ Krankl 18 (!) Spieler debütieren (Durschnitts-Alter: 24 Jahre), in den neun Spielen kamen 39 (!!) verschiedene Spieler zum Einsatz. Dazu kamen arme Teufel wie Robert Golemac und und Helmut Riegler, die nominiert waren, aber nie spielen durften.

Völliges Irrlichtern

Auch in seinen drei weiteren Jahren wurde jede Kader-Bekanntgabe zu einem heiteren Rätselraten, welchen Spieler er denn diesmal aus dem Hut zaubern würde. Da die Ausländer-Quote in der Bundesliga damals bei rund 50 % lag, konnte sich eigentlich jeder Österreicher, der halbwegs regelmäßig zum Einsatz kam, darauf verlassen, früher oder später mal einen Anruf vom Teamchef zu bekommen. „Niemand ist vor Krankl sicher“, unkte die OÖN nach Krankls erstem Jahr. „Man könnte behaupten, dass man Hans Krankl so lange als Teamchef einberufen lässt, bis er einen Weltrekord im Ausprobieren von Spielern aufgestellt hatte“, in seinem dritten.

hanseSeine Nominierungs-PKs waren immer spannend. Einmal trat GAK-Goalie Franz Almer aus dem Team zurück, unmittelbar nachdem er als 31-Jähriger erstmals nominiert worden war („Sie haben mich 10 Jahre ignoriert, jetzt interessiert’s mich auch nimmer“). Alen Orman berief Krankl, „weil ich ihn kenne, da ich ihn als 18-Jährigen bei Gerasdorf trainiert habe“. „Ich werde einen Kader nominieren, über den sich viele wundern werden“, meinte Krankl, ehe er nach anderthalb Jahren Didi Kühbauer (damals 32 Jahre alt) von Zweitligist Mattersburg reaktivierte. Dieser musste danach verletzungsbedingt absagen und noch weitere anderthalb Jahre auf sein Team-Comeback warten.

Der Beste wo gibt

„Wir schlogn Wales zwoamoi“, hatte Krankl im TV-Interview nach dem 3:3 in Nordirland gesagt. „Keiner verlangt von uns, Wales zweimal zu schlagen“, als er drei Monate später den Kader für die beiden Spiele einberief.

Alex Hörtnagl wurde nominiert, einen Tag nachdem er sich einen doppelten Bänderriss zugezogen hatte und gerade operiert wurde. „Es gibt keinen besseren für den Teamchef-Job als mich“, sagte Krankl dennoch (nach einem Test-2:0 über Costa Rica). Und: „Morientes ist um nichts besser als Glieder“ – wohlgemerkt ein paar Wochen, nachdem er Glieder wegen seines fortgeschrittenen Alters nicht in den Kader aufgenommen hatte. „Ich habe meinen Stamm gefunden“, erklärte er der verdutzten Reporterschar auch einmal – vier Monate später nominierte er die Spieler 49 und 50 in seiner bis dahin zweijährigen Amtszeit.

Hicke und Brückner

Es folgten sachliche und im Ton zuweilen einschläfernde Kader-PKs von Josef Hickersberger, der sich nur selten zu einem Bonmot hinreißen ließ. „Im Gegensatz zu Färöer sind Trinidad und Tobago zwei Inseln, also gleich doppelt gefährlich“, war eines der seltenen Highlights. Ansonsten regierte die Vernunft: „Kavlak und Junuzovic sind nicht dabei, weil ein U-21-Auswärtsspiel in Italien wertvoller ist als zehn Minuten im A-Team auf Malta“, erklärte Hickersberger etwa ganz ohne Pathos.

Vor gefühligen Ausbootungen war aber auch Hicke nicht gefeit: Scharner flog raus, weil er die schlechte Stimmung im Team monierte. Pogatetz, weil er inhaltliche Kritik übte. Prager, weil er sich über eine Auswechslung ärgerte. Linz, weil er zu Larifari-Trainingsleistungen neigt. Linz und Prager wurden nach vier Monaten pardoniert, Pogatetz nach einem Jahr, Scharner gar nicht.

Nachfolger Brückner kommunizierte zunächst nur via Dolmetsch und ließ diesen ausrichten, dass über seine Kader-Entscheidungen keine Fragen beantwortet werden. Überhaupt war der „Weiße Vater“ nicht gerade der Wuchtldrucker der Nation. Kritik an ihm kommentierte er lapidar mit „gehört zum Job“, über den Rücktritt von ÖFB-Präsident Stickler meine er knapp: „Das ist seine Sache, nicht meine.“ Und den Wechsel von Marko Stankovic in die Serie B nach Triest hielt Brückner schlicht für „keine gute Idee“.

Deutschland sollte sich hinterfragen

Es folgte der grummelige und tirolerisch-bärbeißige Constantini „Ich möchte ihn aus der medialen Schusslinie nehmen“, gab er sich bei seiner ersten Nominierungs-PK gegenüber Andreas Ivanschitz väterlich-fürsorglich, nur um nach dem Spiel (einem 2:1 über Rumänien trotz einer ganz schlechten Leistung) zu grinsen: „Damit er und Stranzl wiederkommen, müssen sie die anderen erst mal rausspielen!“

dicoStranzl trat etwas später sauer aus dem Team zurück, Ivanschitz war unter Constantini nie dabei. „Wenn er in Mainz weiter so aufspielt, gehört er ins Team“, sagte der Teamchef im August 2009. „Wer eine Stammplatz-Garantie haben will, den nehm ich ihn nicht mit“, einen Monat später. Ivanschitz‘ Konter („Hab‘ ich nie gefordert, ich bin doch kein Trottel“) quittierte Constantini bei der nächsten Kader-PK mit der nächsten Nicht-Berufung und einem „Das Leben ist halt ungerecht, ich muss nicht alles rechtfertigen“. In weitere Folge kam dann DiCos berühmter Sager, dass sich die deutsche Bundesliga hinterfragen muss, wenn Ivanschitz dort eine gute Figur abgibt.

Gute Gründe

Als der zuvor ausgebootete Alex Manninger seine folgende Nominierung mit dem Team-Rücktritt ablehnte, sagte Constanitini: „Soll ich vor ihm auf die Knie fallen und betteln?“ Als Ivanschitz mit Mainz in Flachau auf Trainingslager war, sprach der Teamchef nicht mit ihm: „Da standen 20 Autogrammjäger um ihn herum.“  „Er ist verrückt“, war dafür die offizielle Begründung dafür, dass Stefan Maierhofer berufen wurde, obwohl er nie beobachtet wurde.

Janko wurde einmal quasi prophylaktisch nicht berufen, weil Constantini nicht wusste, wie es um eine Knieblessur steht: „Ich hab‘ ihn drei, viermal angerufen, aber er hat nicht abgehoben.“ Arnautovic wurde im März 2011 trotz ständiger Espakaden in Bremen berufen: „Bei uns trifft er regelmäßig und liefert gute Leistungen ab. Deshalb ist er dabei.“ Beim nächsten Spiel fehlte Arnautovic im Aufgebot. Constantini: „Um wieder einberufen zu werden, muss er sich normalerweise total ändern.“

Constantini peitschte die Kader-Bekanntgaben üblicherweise in Rekordtempo durch, selten dauerte die PK länger als eine Viertelstunde. Seine pampige und nicht selten grantige Art und Weise, auf Nachfragen zu reagieren, trieb es den Anwesenden bald aus, ihn lange mit Fragen zu traktieren. Und als sich Veit Vinenz Fiala von 90minuten.at bei einer PK erdreistete, ihm eine spezielle Taktik-Frage zu stellen, war „Trottelgate“ die Folge.

Peinlichkeiten sind Vergangenheit

Nach vier Jahren Marcel Koller werden nun diese Kaderbekanntgeban kaum noch wahrgenommen. Und das ist gut so. Sätze wie „Die, die dabei sind, haben sich bewährt und genießen mein Vertrauen“ haben bei Koller in der Tat Hand und Fuß. Großartige Nachfragen sind gar nicht mehr wirklich nötig, weil eh alles eingespielt ist und nicht erklärt werden muss.

Peinliche Laviertänze wie von Constantini vor allem mit Ivanschitz gehören der Vergangenheit an. Krankls erstaunlicher Spagat zwischen absurder Selbstüberschätzung und clownesker Überforderung ebenso. Der Teamchef stellt sich weder mit übergroßem Ego noch mit betonter Griesgrämigkeit selbst in den Mittelpunkt.

Weil er es nicht nötig hat. Er lässt seine Arbeit für sich sprechen. Und die kann sich sehen lassen. Wenn nicht alles mit dem Teufel zugeht, qualifiziert sich Österreich für die EM in Frankreich 2016. An so einem Erfolg waren weder Krankl (wiewohl der auch nicht das Spielermaterial dazu hatte) noch Constantini auch nur nahe dran.

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Kurzanalyse: Wo schießt und bekommt Deutschland seine Tore? https://ballverliebt.eu/2012/09/11/kurzanalyse-wo-schiest-und-bekommt-deutschland-seine-tore/ https://ballverliebt.eu/2012/09/11/kurzanalyse-wo-schiest-und-bekommt-deutschland-seine-tore/#comments Tue, 11 Sep 2012 15:23:26 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7820 Kurzanalyse: Wo schießt und bekommt Deutschland seine Tore? weiterlesen ]]> Im Vorfeld des heutigen WM-Qualifikationsspiels zwischen Österreich und Deutschland haben wir noch einmal zurück zur Europameisterschaft 2012 geblickt, um rauszufinden, wo Deutschland seine Tore in den Pflichtspielen der jüngsten Vergangenheit erzielt und bekommt – und auch von wo die Schlüsselpässe kamen. Mithilfe von Videos und der Four Four Two Statszone sind wir dabei zu folgenden Erkenntnissen gelangt.

Alle Deutschland-Tore bei der EURO 2012

Deutschland erzielte in den sechs Spielen zehn Tore und erhielt sechs. Je ein Treffer ging auf das Konto eines Elfmeters. Aus dem Spiel heraus bleibt also eine Tordifferenz von 9:5. Das sind recht wenige Treffer, um statistisch konkrete Muster auszumachen, trotzdem genügt es zu einigen Erkenntnissen.

Wie Deutschland Tore erzielte:

Gefahrenzonen für und gegen Deutschland, Euro 2012
  • Kein deutscher Treffer entstand aus Zuspielen von der linken Flanke.
  • Deutschland erzielt seine Tore aus der naturgemäß gefährlichsten Zone, zentral im Strafraum. Man war nur einmal auf einen Weitschuss angewiesen.
  • Ein Drittel aller Tore entstand aus vertikalen Zuspielen von vor dem Strafraum in eben diesen.
  • Vier Tore entstanden aus einem Cross-Zuspiel von der rechten Seite, drei davon aus weit vorgezogenen Positionen.

Bemerkenswert für das Spiel gegen Österreich. Vorlagenkönig Mesut Özil (3) wird dabei sein, Co-Vorleger Bastian Schweinsteiger (2) aber nicht. Die Erkenntnis ist natürlich banal, aber Özil aus dem Spiel zu nehmen, dürfte damit tatsächlich ein Schlüsselelement für einen Punktegewinn zu sein. Gut für Österreich ist: Auch der Turnier-Co-Rekordtorschütze Mario Gomez (3) fehlt, ansonsten ist immerhin keinem Deutschen mehr als ein Treffer beim Turnier gelungen.

Wie man Deutschland Tore schoß:

Weniger sagt uns die Europameisterschaft naturgemäß darüber, wie man Deutschland ein Tor schießt. Auffällig ist, dass kein Zuspiel zu den Toren die aus Positionen in der besagten gefährlichen Zone erzielt wurden von außerhalb des Strafraums gekommen ist. Die Gegner mussten also Personal in den Strafraum bringen und zumindest die Außenverteidiger überwinden. Das weist darauf hin, dass die deutsche Abwehr bei Flanken und Querpässen gut eingestellt war.

Lediglich Van Persies Weitschuss und Balotellis Hammerkonter bekamen das letzte Zuspiel von außerhalb, dann aber gleich tief aus dem Raum heraus. Es gibt ansonsten kein erkennbares Muster, wie Mannschaften erfolgreich zum Abschluss gekommen sind.

Eine aus dieser Analyse geborene Devise könnte für das ÖFB-Team lauten:
1. Aus allen Lagen schießen.
2. Kompakt auf die deutsche Zentrale ausgerichtet kontern.

Dazu kommt die aus den vergangenen EM-Quali-Spielen gewonnene Erkenntnis (Heim/Auswärts von Philipp, Heim/Auswärts von mir), dass man gegen Deutschland keinesfalls auf häufiges Pressing verzichten darf. Wer Deutschland sein Spiel aus der Abwehr heraus aufziehen lässt, hat den Ball ganz schnell in den hier markierten empfindlichen Zonen, wer sie mit kollektiven Attacken stört, kann den Ball hingegen erobern und zum schnellen Gegenangriff umschalten.

(tsc)

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Kommentar: Spanien ist ja so langweilig? https://ballverliebt.eu/2012/07/02/kommentar-spanien-ist-ja-so-langweilig/ https://ballverliebt.eu/2012/07/02/kommentar-spanien-ist-ja-so-langweilig/#comments Mon, 02 Jul 2012 11:19:50 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7656 Kommentar: Spanien ist ja so langweilig? weiterlesen ]]>
Spanien begeistert nicht mehr alle? Zu unrecht. (Foto: sputnik-, CC2.0-BY-NC)

Wie in den vergangen Tagen und Wochen über den neuen und alten Europameister Spanien gesprochen wurde, ist schon erstaunlich. „Langweilig“ sei das, was die „satte“ Furia Roja zeige. Das „Ende des Offensivspektakels“ das sie sonst auszeichne, ja gar „Defensivfußball“ sei bei der Euro gekommen. Das Publikum pfiff zeitweise das wunderbarsten und kunstvollste Passspiel der Fußballgeschichte aus. Andere Kommentatoren finden, die Spanier hätten erst im Finale überhaupt 100 Prozent gegeben. Ein Realitätscheck ist angebracht.

Spanien hat über das gesamte Turnier die meisten Tore erzielt – sowohl pro Spiel (2) als auch insgesamt (12). Nur Deutschland (Schnitt 2, Gesamt 10) konnte da mithalten. Das allerdings wurde als „Sieger der Herzen“, ja fast als attraktive Supermannschaft überzeichnet. Vincente Del Bosques Mannschaft hat im Schnitt etwa 10 Torschüsse (auf das Tor!) pro Match abgegeben. Ein herausragender Spitzenwert, den sonst nur Italien erreichte. Die für das attraktive Spiel gelobten Italiener haben allerdings ein ganzes Tor weniger pro Spiel erzielt. Wenn man bedenkt, dass die Spanier den Ball mehr als jedes andere Team ins Tor zu tragen versuchen, kann man zu diesen Zahlen aber gut und gerne noch ein paar Riesenchancen ohne Abschluss dazurechnen. Muss man aber nicht, die Zahlen sprechen auch sonst für sich.

Schon im ersten Spiel gegen Italien waren die Europameister das bessere Team (23:11 Schussversuche), aber Italien kam die Sympathie der Überraschung zu und erkämpfte sich ein Remis in einem tollen Spiel. Niemand hatte damit gerechnet, dass die Squadra Azzura so gut mithalten konnte, was aber die Leistung der Spanier faktisch nicht schmälern sollte. Gegen Irland folgte ein 4:0 der Spanier, was kaum als langweilig zu denunzieren (35:8 Schüsse). Kroatien trat ohne jegliche Siegesambition gegen Spanien an, wurde verdient niedergerungen (1:0 bei 17:5 Schussversuchen). Ein paar Minuten wackelte man da sogar, aber man blieb (verdient) auf Kurs.

Gegen Frankreich, ein von vielen als Mitfavorit proklamiertes Team, gab es ein absolut souveränes 2:0. Die Franzosen sahen kein Land, auch ihre destruktive Spielweise rettete sie nicht, aber sie machte das Spiel natürlich zäh (13:4 Torschüsse). Das 0:0 gegen Portugal war eines der besten Spiele des Jahres, das abgesehen von Toren alle Stücke spielte (13:12 Torversuche). Und im Finale zerlegte man ein Team (das Deutschland und England ohne Chance zurück ließ) nach Strich und Faden (21:11 Torversuche). In jedem Spiel war Spanien nicht nur in Sachen Ballbesitz, sondern auch in Schussversuchen (und vor allem in Schüssen die tatsächlich auf das Tor gingen) besser.

Das Problem sind die Gegner

Diese Werte und Offensivkraft sind nach wie vor unerreicht. Möglich, dass sich so mancher an der Überlegenheit satt gesehen hat, aber die Spanier können nichts dafür. Was am Europameister langweilig ist? Seine Gegner. Spanien musste bei dieser Europameisterschaft nur 1 Gegentor hinnehmen, lediglich 51 Mal wurde in Richtung des spanischen Tors geschossen (rund 50% der Schüsse verfehlten ihr Ziel mitunter deutlich). Die meisten Widersacher (Ausnahme Portugal, mit Abstrichen Italien) verlagern sich auf destruktives Verhalten. Das führt aber sensationellerweise nicht dazu, dass Spanien merkbar weniger Chancen generiert, sondern dass den Spielen eine ebenbürtige Anzahl an Möglichkeiten der anderen Seite abgehen.

So kommen dann fast immer überlegene und einseitige Ballbesitzraten jenseits der 60% zustande. Die mögen zwar dem Spiel das packende Hin & Her nehmen, sind aber dafür gekennzeichnet von den wunderbarsten Ballstafetten, die der Fußball je hervorbrachte. Knapp 5000 Pässe, nicht ganz 4000 davon erfolgreich zeigte die Furie in den sechs Spielen ihres Turniers. 1000 erfolgreiche mehr als Italien.

Wer länger den Ball hat, öfter auf das Tor schießt, mehr ins Tor trifft und häufiger ein gerufenes „Bist du deppert, was hat er da wieder gemacht?“ provoziert als alle anderen Mannschaften, darf nicht als langweilig beschimpft werden. Das ist schlicht nicht gerecht.

Europameister wurde jenes Team, das zu jeder Phase des Turniers zumindest mit das beste war. Jenes Team, das faktisch belegt den offensivsten und rein von der technischen Schwierigkeit her den schönsten Fußball bietet. Europameister wurde das richtige Team, das immer 100% gab und sich nie hängen ließ. Europameister wurde jenes Team, dem seit etwa 4 Jahren kein anderes das Wasser reichen kann. Langweilig sind die anderen. (tsc)

(Foto: sputnik-, CC2.0-BY-NC)

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Spanien ist Europameister! Weil Italien auf das 3-5-2 verzichtete und Pech hatte https://ballverliebt.eu/2012/07/02/spanien-ist-europameister-weil-italien-auf-das-3-5-2-verzichtete-und-pech-hatte/ https://ballverliebt.eu/2012/07/02/spanien-ist-europameister-weil-italien-auf-das-3-5-2-verzichtete-und-pech-hatte/#comments Mon, 02 Jul 2012 00:01:56 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7645 Spanien ist Europameister! Weil Italien auf das 3-5-2 verzichtete und Pech hatte weiterlesen ]]> Es schaut wesentlich brutaler aus, als es wirklich war: Was nach einer Tracht Prügel aussieht, die Italien beim 0:4 gegen Spanien im EM-Finale von Kiew einstecken musste, war in Wirklichkeit zwar durchaus ein verdienter Sieg für die „Furia Roja“. Aber dass es so hoch geworden ist, lag auch an italienischem Pech. Ohne das die Azzurri aber wohl auch nicht gewonnen hätten.

Spanien - Italien 4:0 (2:0)

Es hatte alles so ausgesehen, als sollte es das Traumfinale geben – Spanien gegen Deutschland, die Dritte. Doch dann kamen die Italiener, und dank ihres überzeugenden Sieges über die Deutschen im Halbfinale waren sie im Finale gegen die Spanier zumindest nicht der krasse Außenseiter. Am Ende hatte die Squadra Azzurra vier Gegentore geschluckt. Und das Endspiel von Kiew vier Phase gesehen.

Phase 1: Die erste Viertelstunde

Bei den Spaniern fiel zunächst vor allem die einmal mehr extrem hohe Positionierung von Xavi auf. Dadurch war die spanische Formation ein recht klares, ziemlich eindeutiges 4-2-3-1 – auch, weil die „Neun“, die Fàbregas spielte, so „falsch“ gar nicht war. Die Absicht hinter der Positionierung von Xavi wurde auch recht schnell klar: Er und Fàbregas teilten sich die Aufgabe, Pirlo anzupressen und ihn nicht zu seinen öffenenden Pässen kommen zu lassen.

So verteidigte Spanien – ähnlich wie etwa Dortmund – mit einem 4-4-2, in dem Xavi und Fàbregas vorne agierten. Mit Erfolg: Der italienische Taktgeber wurde, wie schon in der ersten Hälfte gegen Deutschland, bei Querpässen gehalten. Die spanischen Flügelspieler blieben zudem, wie gewohnt, sehr zentral – ja, Silva und Iniesta spielten sogar noch zentraler als sonst. Damit sollte die Raute im italienischen Zentrum zusammen gezogen werden, um auf den Außenahnen noch mehr Platz für die aufrückenden Außenverteidiger zu machen. Doch Arbeloa und Alba stießen zunächst zu wenig in diesen Raum vor.

Im Gegenzug versuchten Abate und Chiellini ebenso etwas zu zögerlich, für Breite im eigenen Spiel zu sorgen. Im Zentrum hatten die Spanier indes durch ihre perfekte Abstimmung und angesichts der Tatsache, dass das ohnehin ihr Spiel ist, Vorteile – so entstand auch das 1:0 nach einer Viertelstunde, bei dem Iniesta mit einem Lochpass Fàbregas schickte, dessen Querpass vor das Tor verwertete Silva.

Phase 2: Italien rückt auf und presst

Cesare Prandelli musste kurz nach dem Rückstand verletzungsbedingt wechselt – für Giorgio Chiellini kam mit Federico Balzaretti ein neuer Linksverteidiger. Das Problem blieb aber bestehen: Auch Balzaretti beschleunigte zwar immer wieder vielversprechend, aber kaum über der Mittellinie, nahm er immer das Tempo aus dem Angriff und spielte den Ball zurück.

Allerdings machte die restliche Mannschaft nach dem Gegentor einen deutlich besseren Job, wenn es darum ging, im Ballbesitz aufzurücken. Mit einer hohen Verteidigungslinie und konsequentem Pressing setzte Portugal den Spaniern im Semifinale brutal zu, und auch gegen Italien ließen sie sich vom geringer werdenden Platz in der eigenen Hälfte und der weniger werdenden Zeit am Ball durchaus beeindrucken – De Rossi, Montolivo und Marchisio kamen dabei Schlüsselrollen zu.

Die Spanier hatten die Kontrolle über das Spiel zumindest teilweise eingebüßt und die Fehlpass-Quote stieg. Alleine: Nützen konnten es die Italiener nicht. Wie schon den Gegnern Spaniens in den Runden davor hielten die Azzurri damit zwar den Gegner gut vom eigenen Strafraum weg, aber eine eigene, echte Torchance wurde nicht herausgespielt.

Pirlo auf Querpässe reduziert

Pirlo wurde auf Querpässe reduziert

Was auch wiederum daran lag, dass Pirlo weiterhin kaum ein Faktor war: Er war vor allem auf der halbrechten Seite zu finden, weil Marchisio, wie gewohnt, deutlich höher stand als De Rossi auf der anderen Seite – aber der permanente Druck, der auf Pirlo ausgeübt wurde, nahm ihm Zeit und Anspielstationen.

Durch das etwas rechtslastige Spiel der Italiener gelang es auch nicht, den eher als Linksaußen denn als Sturmspitze agierenden Antontio Cassano einzusetzen, bzw. ihn im Bedarfsfall zu unterstützen. Er war bei Arbeloa in guten Händen. Auch deshalb, weil von Balzaretti überhaupt nichts kam.

Auch Montolivo konnte den weitgehenden Ausfall von Pirlo in der Spielgestaltung nicht ausgleichen. Gegen Xabi Alonso und Busquets kam er permanent in Unterzahl-Situationen. Marchisio war auf der rechten Seite zwar relativ hoch postiert, verlor dadurch aber oft Iniesta aus den Augen.

Und musste nebenbei noch darauf achten, dass Jordi Alba nicht in 1-gegen-1-Situationen mit Abate gehen konnte, weil der Spanier da ganz klare Qualitätsvorteile hatte. Was ein gravierendes Problem nach sich zog: Weil Marchisio (und auch De Rossi, wenn auch nicht so extrem) viel nach außen arbeiten musste, bot sich Platz in den Schnittstellen links und vor allem rechts von Pirlo. Was kurz vor der Pause gnadenlos ausgenützt wurde: Lochpass von Xavi in den Lauf von Alba, und es hieß 2:0.

Phase 3: Neuer Schwung mit De Rossi

Für die zweite Hälfte ließ Prandelli den schwachen Cassano in der Kabine und brachte mit Di Natale einen neuen Mann für die Spitze. Der Routinier von Udinese blieb deutlich zentraler als zuvor Cassano, außerdem rückten nun endlich die Außenverteidiger ohne Handbremse auf. So kamen die Italiener durch den frisch eingewechselten Stürmer prompt zu zwei guten Torchancen.

Die Spanier wirkten etwas verunsichert ob dieser Alles-oder-Nichts-Stratagie der Italiener, versuchten aber durchaus gefährlich, in den Platz zwischen den Offensiv-Spielern und den nicht in ausreichendem Maße nachrückenden Verteidigern zu stoßen. Beide Mannschaften achtete nun darauf, bei Ballgewinn möglichst schnell umzuschalten, wodurch das Spiel in dieser Phase das höchste Tempo aufnahm.

Die fehlende Ordnung im Umschalten auf Defensive aber dürfte Prandelli nicht gefallen haben. So nahm er in der 57. Minute Montolivo vom Feld und brachte den grundsätzlich etwas defensiver eingestellten Thiago Motta für die Position hintern den Spitzen. Wie sich herausstellen sollte: Ein verhängnisvoller Fehler.

Phase 4: Das Spiel ist gelaufen

Denn keine drei Minuten nach seiner Einwechslung war Motta schon so lädiert, dass er nicht mehr weitermachen konnt – Oberschenkel-Zerrung. Prandelli hatte aber bereits dreimal gewechselt. Was hieß: Eine halbe Stunde vor dem Ende war Italien nicht nur 0:2 hinten, sondern auch noch einer weniger. Damit war das Spiel natürlich vorbei – mit einem Schlag war das komplette Leben aus der nicht uninteressanten Partie gewichen.

Die Italiener stellten sich mit einem 4-3-2 nun sehr tief auf und versuchten, das Ausmaß der sportlichen Katastrophe möglichst in Grenzen zu halten. Man ließ den Spaniern nun den Platz und die Zeit, ihr gewohnten Kurzpass-Spiel aufzuziehen und hoffte, dass die Zeit möglichst schnell vergeht. Spanien legte sich die Italiener zurecht, und fand noch zweimal eine Lücke und eine nicht greifende Abseitsfalle – dass am Ende ein 4:0 steht, ist definitiv zu viel. In Wahrheit hat das Spiel nur 60 Minuten gedauert und hat mit einem spanischen 2:0-Sieg geendet.

Fazit: Pech für Italien, aber Spanien war schon besser

Ein wenig seltsam ist es schon: Da hat Italien mit dem 3-5-2 im Gruppenspiel die Spanier gut kontrolliert, hatte die Außenbahnen im Griff und das Zentrum zu gemacht – und doch hat Prandelli für das Finale gegen den selben Gegner in der selben Formation auf Viererkette und Mittelfeld-Raute spielen lassen. Damit brachte er nie genug Druck auf die Außenbahnen, war im Mittelfeld anfällig für Löcher und es gelang auch nicht, Balotelli und Cassano in gewünschtem Maße ins Spiel zu bringen.

Natürlich war für die Italiener auch viel Pech dabei: Die frühe Verletzung von Chiellini war der erste Tausch, die logische – und richtige – Einwechslung von Di Natale zur Halbzeit der zweite. Dass sich Motta nach kaum fünf Minuten den Muskel zerrt, war nicht vorhersehbar und entschied das Spiel.

Das Spanien zwar zu hoch gewann, aber dennoch die klar bessere Mannschaft war. Zwar war die erste Halbzeit längst nicht so souverän, wie der Stand von 2:0 ausdrückt, aber man hatte doch immer eine passende Antwort auf die Versuche der Italiener parat und brauchte vor allem nicht viele Chancen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte das 2:0 so oder so gereicht. Und mit dem Platz, der sich durch die schon fast ultra-offensive Spielweise der Azzurri nach der Pause ergab, wäre ein 3:0 aus einem Konter nicht unwahrscheinlich gewesen.

So steht am Ende der dritte spanische Titel bei einem großen Turnier hintereinander. Mit Recht: Es wurde nur ein einziges Tor in den sechs Spielen kassiert, und so gut wie kein Gegner wurde wirklich dauerhaft gefährlich. Mit Pressing und einer hohen Linie kann man Spanien nerven, keine Frage – Portugal hat das gezeigt – aber er wirkliches Rezept, Spanien auch zu schlagen, hat auch diesmal keiner gefunden.

(phe)

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1:2 gegen Italien: Deutschland scheitert wieder einmal kurz vorm Ziel https://ballverliebt.eu/2012/06/29/12-gegen-italien-deutschland-scheitert-wieder-einmal-kurz-vorm-ziel/ https://ballverliebt.eu/2012/06/29/12-gegen-italien-deutschland-scheitert-wieder-einmal-kurz-vorm-ziel/#comments Thu, 28 Jun 2012 23:38:42 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7627 1:2 gegen Italien: Deutschland scheitert wieder einmal kurz vorm Ziel weiterlesen ]]> Schon wieder Italien… Deutschland versuchte im Halbfinale wohl etwas zu viel, sich auf den Gegner zu konzentrieren und vergaß darüber die eigenen Stärken aus dem Auge. Da agierte die italienische Mannschaft abgeklärter, laufstärker und vor allem mit geschicktem Aufrücken. So ist für Deutschland das geplante Finale gegen Spanien geplatzt.

Italien - Deutschland 2:1 (2:0)

Schon im Vorfeld hatte Bundestrainer Löw verlauten lassen, dass sein Team die Pässe von Andrea Pirlo so gut es geht verhindern muss. Kroos war nominell als Zehner aufgeboten, hatte aber vornehmlich die defensive Aufgabe gegen Pirlo zu erfüllen. Das Kalkül dahinter war logisch: Wenn Pirlo aufrückt, steht ihm Kroos auf den Füßen, sollte sich der Altstar von Juve zurückfallen lassen, übernahm Gomez diese Aufgabe. Und in der Tat ließ sich Pirlo in der ersten Hälfte eher zurückfallen.

Ob mit Bewachung durch Kroos oder ohne: Pirlo konnte seine Pässe immer schlagen. Einziger Unterschied: Ohne Bewacher tat er das höher und vertikaler.

Seine Pässe allerdings wurden dadurch nicht unterbunden, sie fanden nur von deutlich weiter hinten statt – und bis auf wenig Ausnahmen wurde Pirlo auf Querpässe reduziert. Die wenigen echten Zuspiele nach vorne brachten allerdings immense Gefahr, einer davon leitete das 1:0 für Italien ein.

Weil Deutschland dann sogar mit einem 0:2-Rückstand in die Pause ging, war Löw gezwungen, auf die designierte Pirlo-Deckung zu verzichten. Das hatte überhaupt keine Auswirkungen auf die Ballkontakte von Pirlo und die Anzahl der Pässe, die er schlug. Sehr wohl aber auf Ausgangspunkt und Ziel dieser Pässe: Ohne Kroos, der ihn zurück schob, konnte Pirlo mit dem Ball weiter aufrücken und ob der Tatsache, dass die Deutschen hinten aufmachen mussten, auch deutlich vertikaler. Zudem hatte er mit Diamani und Di Natale dann auch zwei frische Anspielstationen.

Fazinierend ist dabei, dass lange Bälle von Pirlo praktisch immer einen Mitspieler fanden.

Rechte deutsche Seite

Zurück zur ersten Halbzeit. Kroos stand durch seine Aufgabe logischerweise auf der Zehn, was hieß, dass Mesut Özil um ihn herum spielen musste. Das ist für ihn normalerweise kein Problem und er war auch im Viertelfinale gegen Griechenland mehr auf der Flügel unterwegs als im Zentrum. In diesem Spiel allerdings vermied es Özil, allzu viel auf die sonst verwaiste rechte Seite zu gehen. Was seltsam ist – denn mit Chiellini stand dort zwar ein gelernte Innenverteidiger. Aber erstens spielt Italien ohnehin traditionell sehr eng, was den Platz in der Mitte ziemlich zumachte (auch weil De Rossi deutlich tiefer stand als Marchisio); und zweitens hätte Gomez in der Mitte durchaus ein paar Flanken brauchen können.

Das Vakuum auf der rechten deutschen Angriffsseite füllte immer wieder Sami Khedira, der aus der Schaltzentrale hinter Özil und Kroos herausging. Die Überlegung, Chiellini dadurch an allzu viel Vorwärtsdrang zu hindern, war an sich logisch, aber Khedira fehlte dadurch im Zentrum. Ohne die Übersicht, die Ruhe am Ball und das Spielverständnis von Khedira war der formschwache Schweinsteiger im Zentrum dann alleine. So hatte Montolivo fiel Platz, um sich auszutoben und als Verbindung zu den zwei Spitzen zu agieren.

Das teilweise Fehlen von Khedira im Zentrum resultierte zwar nicht direkt in Toren, aber es hat das deutsche Spiel merklich beunruhigt – eine Unruhe, die auf die bislang so starke Innenverteidigung ausstrahlte.

Podolski schwach, Marchisio weltklasse

Anders als die rechte deutsche Seite war die linke zwar besetzt, aber im Grunde nur nominell. An Lukas Podolski lief das Spiel komplett vorbei. Zum einen durch den generellen Rechtsdrall im deutschen Spiel, zum anderen aber auch deshalb, weil er sich zu wenig anbot und nie seine gegenüber Balzaretti überlegene individuelle Klasse ausspielen konnte. Und das, obwohl Balzaretti nicht nur der wahrscheinlich schwächste Italiener ist, sondern der gelernte Linksverteidiger wegen Abates Verletzung auch noch auf der für ihn ungewohnen Seite spielen musste.

Was für das Nicht-Vorhanden-Sein von Podolski ebenfalls von großer Bedeutung war: Die absolut überragende Leistung von Claudio Marchisio. Der 26-Jährige vom italienischen Meister Juventus war überall zu finden, half hinten, ging nach vorne, deckte vor Balzaretti die Flanke ab, zeigte exzellentes Stellungsspiel und warf sich, wenn nötig, mit voller Konsequenz in die Zweikämpfe. Außerdem spulte er in beiden Halbzeiten die meisten Meter seiner Mannschaft ab (6,2 km in der ersten und 6,0 km in der zweiten Hälfte).

Druck durch konsequentes Aufrücken

Überhaupt, die italienische Laufarbeit. Dass die Azzurri gegenüber den Deutschen zwei Tage weniger Pause hatten und obendrein im Viertelfinale noch in die Verlängerung gehen hatten müssen, war in keiner Phase des Spiels zu merken. Im Gegenteil: Italien lief den Gegner in Grund und Boden; pro Halbzeit liefen sie ihren deutschen Gegenspielern über drei Kilometer davon.

Was natürlich vor allem eine Folge des konsequenten Aufrückens der italienischen Mannschaft war. Das hatten schon im ersten Halbfinale die Portugiesen gegen Spanien mit einigem Erfolg praktiziert, und das machten nun auch die Italiener. Praktisch die komplette italienische Mannschaft rückte, wenn sich der Ball vom eigenen Tor weg bewegte, ebenso mit nach vorne. Das machte es bei Ballverlust wesentlich leichte, die Räume für den deutschen Spielaufbau sofort eng zu machen – und Deutschland fand kein passendes Mittel dagegen.

Womit Prandelli seinen Worten Taten folgen ließ – schließlich hatte er angekündigt, die Deutschen nicht tief zu empfangen. Das hatte er als nicht Zielführend gesehen. Das Aufrücken aber war goldrichtig.

Cassano und Balotelli

Genauso wenig wie für die beiden italienischen Sturmspitzen. In der deutschen Bundesliga spielen nur vier von 18 Teams konsequent mit zwei echten Stürmern (M’gladbach, Hamburg, Bremen und Hannover). Das heißt: Im Liga-Alltag hat des die deutsche Defensive nur selten mit zwei echten Stürmern zu tun. Und vor allem nicht mit solchen Kalibern wie Cassano und Balotelli. Die beiden decken einen enormen Raum ab, schaffen mit ihren oft unerwarteten Laufwegen permanent Unordnung beim Gegner und sind technisch absolut hochklassig.

Hummels und Badstuber hatten damit einige Probleme. Beim ersten Gegentor stellten sie sich zwar richtig (Hummels half Boateng gegen Cassano, Badstuber übernahm im Zentrum Balotelli), gingen aber beide nicht konsequent genug in den Zweikampf; beim zweiten Gegentor war man im Umschalten nach einer eigenen Standard-Situation nicht auf Balotelli gefasst.

Die beiden außerhalb des Spielfeldes eher zweifelhaften Figuren harmonieren auf dem Platz prächtig. Wahrscheinlich gerade weil sie beides Instikt-Fußballer sind.

Umstellungen

Mit 0:2 im Rückstand musste Joachim Löw natürlich reagieren. Für die zweite Hälfte brachte er statt des eher unglücklichen Gomez und der komplett unsichtbaren Podolski mit Klose und Reus gleich zwei neue Spieler. Das hieß, dass man die Manndeckung für Pirlo, wie erwähnt, weitgehend aufgab und sich darauf konzentrierte, das eigene Spiel wieder vermehrt zur Geltung zu bringen. Reus ging auf die rechte Seite, Kroos wich tendenziell auf die linke Seite aus und Özil war nun zumeist der Zehner. Alleine: Das deutsche Spiel blieb relativ eng.

Anders gesagt: Deutschland versuchte weiterhin, die Italiener in deren ureigenstem Kerngebiet, dem Spiel durch die Mitte, zu bezwingen – aber das kann Italien immer noch besser. Zumal Prandelli nach rund einer Stunde auf das sich etwas veränderte Spiel reagierte und seinerseits zwei neue Spieler brachte: Diamanti kam einmal mehr für Cassano und gesellte sich wie gewohnt etwas näher zum Mittelfeld und auf die halbrechte Seite, und für den sehr ordentlichen Montolivo kam mit Thiago Motta ein Spieler, der es perfekt versteht, Bälle abzulegen und mit kurzen Pässen dem Spiel Struktur zu verleihen.

Schlussphase

Deutschland spielte nun zwar etwas flüssiger, aber Italien verstand es immer noch, auch in den späteren Phasen der Partie weit aufzurücken – ein Umstand, der den Deutschen psychisch sichtlich zu schaffen machte. Nicht nur, weil es das eigene Spiel massiv behinderte. Sonder auch, weil die Italiener somit sagten: „Sehr her, wir sind immer noch fit!“

Brechstange

In der letzten Viertelstunde gab es für die Deutschen dann nur noch die Brechstange. Müller war für Boateng gekommen und dieser besetzte nun die rechte Seite, Reus ging ins Sturm-Zentrum zu Klose, Özil und Lahm kamen eher über links. Struktur hatte das sonst so durchgeplante deutsche Spiel nun natürlich nicht mehr, das ist in einer solchen Situation aber zu einem gewissen Grad wohl auch erwünscht. Schließlich hatte eben dieses durchgeplante Spiel in den 75 Minuten zuvor keine Wirkung erzielt.

Die Folge der Umstellung auf ein System, was man als 2-4-4 bezeichnen kann, hatte natürlich zur Folge, dass dir frisch eingewechselten und damit läuferisch den Gegenspielern nun natürlich haushoch überlegenen Diamanti und Di Natale Räume zum Kontern boten – spätestens hier hätte Italien den Sack zu machen müssen.

Dennoch musste man auch nach dem von Özil verwandelten Handelfmeter in der Nachspielzeit nicht mehr wirklich zittern. Italien war die cleverere Mannschaft und sich damit den Sieg verdient.

Fazit: Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht

Da versucht man einmal, sich als deutscher Teamchef in seiner Herangehensweise an ein Spiel auf die Eigenheiten des Gegners einzugehen – und schon geht’s schief. Durch die Manndeckung für Pirlo wurde dieser zwar zumeist zu Querpässen gezwungen, aber es wurde verabsäumt, die anderen drei Spieler im italienischen Mittelfeld (der überragende Marchisio, der fleißige Montolivo und der sichere De Rossi) aus der Gleichung zu nehmen, indem man sie aus ihrer Position zieht, sie zum Helfen auf den Flügel zieht.

Es ist bemerkenswert, dass Löw gerade gegen die für ihre Enge bekannten Italiener selbst den Weg über die Mitte suchen wollte und nicht den vielen Platz auf den Flanken nützte – Vor allem, wenn die Azzurri aufrückten. Es kamen keine Lochpässe von Özil in den Rücken der Abwehr, wenn diese hoch stand. Es wurde komplett verabsäumt, Balzaretti zu testen. Es wurde durch den zeitweisen Rechtsdrall von Khedira, als dieser das Vakuum auf der Außenbahn etwas füllen wollte, das defensive Zentrum preisgegeben.

Die Italiener machten nichts, mit dem man nicht rechnen konnte: Dass Teams von Cesare Prandelli nicht tief stehen, wusste man. Dass sich die Italiener auf die Mitte konzentrieren, um auf den Flanken Räume für die sehr mobilen Stürmer zu schaffen, wusste man auch. Alleine, dass die körperliche Verfassung dermaßen herausragend ist, mag als „erstaunlich“ durchgehen.

So bleibt nach dem vierten Semifinale, das Deutschland hintereinander erreicht hat, zum dritten Mal die Erkenntnis, dass der Gegner besser war. Diesmal vielleicht weniger von der individuellen Qualität, sondern von der inhaltlichen Herangehensweise.

Und damit war gerade bei den taktisch eigentlich so sicheren Deutschen nicht zu rechnen.

(phe)

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Pressing und hohe Linie: Portugal zeigt, wie man Spanien richtig nerven kann https://ballverliebt.eu/2012/06/28/pressing-und-hohe-linie-portugal-zeigt-wie-man-spanien-richtig-nerven-kann/ https://ballverliebt.eu/2012/06/28/pressing-und-hohe-linie-portugal-zeigt-wie-man-spanien-richtig-nerven-kann/#comments Thu, 28 Jun 2012 00:12:10 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7615 Pressing und hohe Linie: Portugal zeigt, wie man Spanien richtig nerven kann weiterlesen ]]> Da schau her: Endlich mal eine Mannschaft, die das spanische Spiel nicht über sich ergehen lässt oder „nur“ punktuell stört. Portugal presste im Halbfinale konsequent und etablierte eine extrem hohe Abwehr-Linie. Mit dieser Hoch-Risiko-Taktik darf sich Teamchef Paulo Bento durchaus als Gewinner fühlen. Auch, wenn für seine am Ende vom intensiven Spiel sehr müde Mannschaft im Elfmeterschießen den Kürzeren zog.

Spanien - Portugal 0:0 n.V., 4:2 i.E.

Es ist die ewige Frage gegen diese Spanier: Wie verhindert man, dass sie den Ball laufen lassen und man selbst Opfer des schnellen Gegenpressings wird? Vor zwei Jahren im WM-Achtelfinale haben es die Portugiesen mit eigenen Pressing versucht, sind dabei aber nicht konsequent genug nachgerückt. Dazu waren sie nach dem Gegentor zu Beginn der zweiten Halbzeit mental nicht mehr in der Lage zurück zu schlagen – und, weil sich Cristiano Ronaldo abgemeldet hatte.

Hohe Linie, hohes Pressing

Was unter Carlos Queiroz in Kapstand angedeutet worden war, ließ Paulo Bento nun in Donetsk in voller Härte spielen: Extrem hohe Verteidigungslinie, konsequentes Pressing weit in der gegnerischen Hälfte – so wurde einerseits vermieden, dass im Rücken des Pressing ein allzugroßes Loch entsteht (anders als etwa bei den Holländern, denen das vor allem gegen Dänemark, aber auch gegen Deutschland zum Verhängnis geworden war). Das braucht einerseits extremen Mut – schließlich ist keine Mannschaft so ballsicher und kann sich so schnell offensiv organisieren wie die Spanien. Und zum zweiten natürlich extreme Laufarbeit.

Die drei Mann im portugiesischen Zentrum – Meireles (wieder immer auf der Seite von Ronaldo), Veloso (zentral) und Moutinho – hatten eine ganz hervorragende Abstimmung beim Pressen auf ihre spanischen Gegenspieler (vor allem Xabi Alonso und Busquets): Zwei gingen, einer sicherte. Das machten sie mit einer Flexibilität, die seinesgleichen sucht. Aber auch Almeida war sehr viel unterwegs und sprintete die spanische Innenverteidigung und auch Casillas an.

Die Folge war, dass die Spanier öfter, als ihnen lieb war, auf lange Balle zurückgreifen mussten. Das ist nicht ihr Spiel, und so kamen sie auch nicht dazu, sich dauerhaft in der gegnerischen Hälfte festzusetzen. Allerdings ließen sie sich dadurch nicht davon abbringen, selbst ebenfalls ziemlich heftiges Pressing zu zeigen. Die Folge war ein wahres Pressing-Festival und zwei Mannschaften, die sich so im Mittelfeld neutralisierten.

„Echter“ Stürmer Negredo ein Schuss ins Knie

Vicente del Bosque hatte sich gegen Fàbregas als Falsche Neun entschieden und brachte mit Álvaro Negredo einen „echten“ Stürmer – das heißt, Del Bosque erwartete tief stehende Portugiesen, denen er mit Präsenz im Strafraum bekommen wollte. Eine Maßnahme, die aber die Portugiesen in ihrem Vorhaben, hoch zu stehen, zweifellos bestärkt hat: Einen spanischen Strafraumstürmer will man nicht im eigenen Strafraum haben. Durch das schnelle Herausrücken bis knapp vor die Mittellinie wurde Negredo seiner Stärke komplett beraubt.

Spanien wurde durch die mutige Spielweise der Portugiesen weiter zurück gedrängt, als man das gewohnt war. Nur Xavi bewegte sich eher in die andere Richtung: Der Mittelfeld-Stratege positionierte sich ungewohnt hoch, war zuweilen der vorderste Mann im Mittelfeld, beinahe auf einer Höhe mit Negredo. Die Idee dahinter war wohl, schneller in den Rücken der Portugiesen zu kommen, wenn er mal an den Ball kam. Aber es fehlte ihm an den gewohnten Anspielstationen um sich herum. So blieb Negredo über die kompletten 53 Minuten, auf denen er am Feld war, ein kompletter Null-Faktor.

Die Außenbahnen

Auch, weil das spanische Spiel einmal mehr komplett ohne jede Breite auskommen musste, vor allem die Seite von Arbeloa und Silva war anfällig. Silva turnte nämlich wie gewohnt fleißig im Zentrum umher und Arbeloa traute sich gegen Cristiano Ronaldo nicht so sehr den Vorwärtsgang einlegen – von allen Spaniern hatte er die geringste Laufleistung absolviert (als Außenverteidiger!). Das wiederum erlaubte Coentrão gefahrlose Vorstöße. Allerdings wurde die nicht vorhandene Hilfe von Silva für Arbeloa zu selten genützt. Dazu hätte sich der eher zentral als offensive Schaltstelle agierende Cristiano Ronaldo wohl etwas mehr auf die Flanke hinaus begeben müssen.

Auf der anderen Seite ist Jordi Alba schon im ganzen Turnier die größere offensive Bedrohung. Hier arbeitete Nani sehr gut gegen den Ball und er harmonierte auch gut mit dem sehr selbstbewusst auftretenden João Pereira. So wurde Spanien immer mehr ins Zentrum gedrängt, wo aber das portugiesische Pressing spanischen Raumgewinnen verhinderte. Spanien hatte kurz Halbzeit (verglichen mit sonst) kümmerliche 55% Ballbesitz, nicht die gewohnte Kontrolle über das Spiel und damit auch null Torgefahr.

Del Bosque bringt Breite rein

Nach einer Stunde reagierte Vicente del Bosque. Nicht nur, dass statt des unsichtbaren Negredo nun doch Fàbregas kam und statt des eben sehr zentral agierenden Silva mir Jesús Navas ein echter Flügelstürmer. Das sorgte dafür, dass Coentrão deutlich mehr nach hinten arbeiten musste und sich viel weniger an der Arbeit nach vorne beteiligen konnte. Am Ende war er der Portugiese mit der geringsten Laufleistung. Die Gefahr durch Navas limitierte ihn in ähnlichem Maße wie die Gefahr Ronaldo bei Spanien Arbeloa limitierte. So fehlte es nun auch den Portugiesen zumindest auf einer Seite an der Breite im Spiel.

Verlängerung

Wovon es Portugal nun aber noch viel mehr fehlte, war die Kraft. Halb durch die zweite Halbzeit hatten sie bereits zwei Kilometer mehr Laufleistung angesammelt als ihre elf Gegenspieler; vor allem das ständig pressende Zentrum mit Moutinho, Veloso und Meireles zeigte deutliche Verschleiß-Erscheinungen. Das Pressing ließ merklich nach, die Fehlpass-Quote stieg dafür in gleichem Maße.

Allerdings waren die Spanier in den etwa 70 Minuten, die dem portugiesischen Verfall vorangegangen waren, so sehr aus ihrem Konzept gebracht worden, dass sie es dennoch auch weiterhin nicht schafften, daraus Kapital zu schlagen. Sie kontrollierten nun zwar immer mehr den Ball, aber Zugriff auf den portugiesischen Strafraum bekamen sie kaum.

Verlängerung

Nachdem es beim torlosen Remis nach 90 Minuten geblieben war, ging es also in die Verlängerung, und kurz davor war bereits Pedro für den erstaunlich blassen Xavi gekommen. Damit war nun auch auf der linken Seite der portugiesische Vorwärtsgang gebremst.

Spanien stellte sich nun in einem recht klaren 4-1-4-1 auf. So „falsch“ war die Neun, die Fàbregas spielte, zwar gar nicht, aber er machte dennoch extrem viel Betrieb, war deutlich mobiler als Negredo vor ihm und spielte den eh schon platten Veloso endgültig kaputt, weswegen Bento stattdessen Custódio einwechselte. Er ließ sich merklich hinter Moutinho und Meireles fallen. Um das zu konterkarieren, kam kurz darauf Silvestre Varela für Meireles. Dieser hatte gegen Deutschland und Dänemark extrem viel Wirbel gemacht und kam nun über die rechte Seite in einem 4-2-3-1. Zentral agierte Ronaldo, links Nani. Vorne war Nélson Oliveira für Almeida gekommen: Ein frischer, lauffreudiger Spieler für den müde gelaufenen Almeida.

Dennoch: Portugal hing in den Seilen, aus den zwei Kilometern „Vorsprung“ bei der Gesamt-Laufleistung nach etwa 70 Minuten war am Ende der Partie ein knapper „Rückstand“ geworden. Es wurde nur noch mit großer Leidenschaft verteidigt und sich in jeden Pass, in jeden Schuss hineingeworfen. Das funktionierte: Portugal rettete sich ins Elfmeterschießen.

Dort allerdings rettete sich Spanien. Weil Bruno Alves, der ein starkes Spiel gezeigt hatte, seinen Verusch an die Latte knallte.

Fazit: Spanien im Finale, aber Daumen hoch für Paulo Bento

Dass sich ein Gegner von Spanier ein so großes Herz nimmt und tatsächlich (auch noch mit einigem Erfolg) versucht, das Spiel selbst in die Hand zu nehmen, gab es seit der Partie gegen Bielsas Chilenen – dem wohl besten Spiel der WM in Südafrika – nicht mehr. So lange Portugal die Kraft dazu hatte, also etwa 70 Minuten, zeigten sie der Welt, dass die Spanier durchaus zu verwirren sind, wenn man sie mit Teilen ihrer eigenen Waffen bekämpft. Mit konsequentem Pressing und einer hohen Linie ist diese Mannschaft vom eigenen Strafraum fern zu halten.

Allerdings hat auch eine Fehleinschätzung von Vicente del Bosque dazu geführt, dass Portugal so gut im Spiel war. Den Strafraumstürmer Negredo zu bringen, erwies sich als kontraproduktiv, weil durch die extrem hohe Linie der Portugiesen diese Typ Angreifer bei der Spielanlage der Spanier nicht gefragt war. Erst mit dem deutlich mobileren Fàbregas, der die erschöpfte portugiesische Mannschaft beschäftigte, kam mehr Kontrolle ins spanische Angriffsdrittel.

Auch, wenn es letztlich nicht dazu gereicht hat, eigene Chancen zu kreieren, muss Paulo Bento als einer der Sieger dieses Turniers im Allgemeinen und dieses Spiels im Speziellen gelten. Anders als etwa Laurent Blanc im Viertelfinale traute er es seiner Mannschaft zu, die spanische Kurzpass-Orgie nicht nur über sich ergehen zu lassen, sondern er hatte den Mut und vermittelte diesen auch seiner Mannschaft, die Spanier früh zu nerven.

Das hätte angesichts der Qualität der Spanier schlimm in die Hose gehen können, aber mit dem isolierten Negredo statt des spielstarken Fàbregas in der Spitze konnte Spanien lange nichts ausrichten. Ja, Portugal wurde selbst nicht gefährlich und war kräftemäßig nach 70 Minuten am Limit und nach 100 Minuten komplett streichfähig. Aber Daumen hoch für die mutige Herangehensweise.

(phe)

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England mal wieder bieder, aber Italien braucht zum Sieg das Elferschießen https://ballverliebt.eu/2012/06/25/england-mal-wieder-bieder-aber-italien-braucht-zum-sieg-das-elferschiesen/ https://ballverliebt.eu/2012/06/25/england-mal-wieder-bieder-aber-italien-braucht-zum-sieg-das-elferschiesen/#comments Sun, 24 Jun 2012 23:12:38 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7604 England mal wieder bieder, aber Italien braucht zum Sieg das Elferschießen weiterlesen ]]> Es dauerte 120 Minuten und neun Elfmeter. Doch am Ende hat das letzte Viertelfinale des Turniers mit Italien einen verdienten Sieger gefunden, weil die Azzurri, von einer recht aktiven englischen Anfangsphase einmal abgesehen, deutlich mehr für das Spiel taten. Überraschend war das nicht, schließlich war England schon in der Gruppenphase eine der unprickelndsten Mannschaften des Turniers.

England - Italien 0:0 n.V., 2:4 i.E.

Dass die Engländer gegen das von Haus aus sehr eng angelegte Spiel der Italiener das Zentrum verdichten würden, war klar – umso mehr kam auf die Flügel an. Und hier versuchte Hodgson sehr wohl, den natürlichen Nachteil des typisch italienischen 4-3-1-2 auszunützen: Anders als in den Gruppenspielen waren Ashley Cole und vor allem Glen Johnson extrem aktiv nach vorne, unterstützten Young und Milner nach Kräften und stellten so 2-gegen-1-Situationen gegen die italienischen Außenverteidiger her.

Damit hatte Italien zunächst große Probleme, weil es selbst nicht nach Wunsch gelang, einerseits in den Rücken der aufgerückten Engländer zu kommen. Was aber nichts daran änderte, dass auch sie über die Flügel das Spiel nach vorne tragen wollten: Abate und Balzaretti hatten durchaus Platz, weil die Engländer gegen den Ball vornehmlich gegen das Zentrum arbeiteten. Durch die guten Laufwege und die starke Technik von Balotelli und Cassano wurden auch Italien durchaus gefährlich.

Pirlo und De Rossi

Dass Italien vor allem nach dem Umschalten von Offensive auf Defensive immer wieder auf den Flügeln überrannt wurden, minderte sich erst, als De Rossi und Marchisio begannen, dort abzusichern, sobald Abate und Balzaretti aufgerückt waren. So konnten die Engländer nicht mehr ungehindert nach vorne preschen, die Italiener bekamen Kontrolle und Struktur in ihr Mittelfeld und damit zunehmend die Kontrolle im Spiel.

Auffallend war dabei, dass De Rossi oft sehr weit hinten blieb, kaum höher stand als Pirlo und dessen Position übernahm, wenn Pirlo horizontal verschob. Vor allem auf die eigenen rechte Seite wich er immer wieder aus, was möglich war, da Marchisio sich deutlich weiter nach vorne schob als De Rossi auf der anderen Seite. Im Gegenzug ließ sich Montolivo gerne in jenes Halbfeld zurückfallen, in dem Pirlo gerade nicht war.

Die Rolle von Montolivo

Montolivo wich viel auf die Flügel aus - recht mit veritkalem Spiel, rechts mit horizontalem.

Die Rolle des 27-Jährigen, der nach sieben Jahren bei der Fiorentina (wo er übrigens unter Prandelli den Durchbruch geschafft hatte) für die neue Saison zu Milan wechselt, war überhaupt sehr interessant und sie sagt auch einiges über das Spiel der Italiener aus. Er war zwar nominell als Trequartista aufgestellt, also als Zehner hinter den zwei Spitzen, aber diese Rolle ist nicht die von Montolivo.

Er ist eher jemand, der mit guten Pässen aus dem Halbfeld heraus das Spiel lenkt. Außerdem hatte er zwischen Gerrard und Parker auch so gut wie nie den Platz, sich gewinnbringend in dieser Zone zu bewegen. Also verteilte er nicht aus dem Zentrum heraus die Bälle nach vorne, sondern wich auf die Flügel aus oder ließ sich zurückfallen.

Erstaunlich ist dabei auch der Unterschied in seinen Pässen, abhängig davon, ober er auf die linke Seite (mit Balzaretti und dem eher defensiven De Rossi) ging, oder auf die rechte Seite (mit Abate und dem höher agierenden Marchisio). Auf dem rechten Flügel nämlich spielte Montolivo hauptsächlich vertikale Pässe, oft in den Lauf von Abate und auch von Cassano. Links hingegen war das alles eher horziontal, ohne wirklichen Zug zum Tor.

Was sich dann natürlich auch fortsetzte: Während Abate immer versucht war, Flanken in den Strafraum zu bringen, traute sich Balzaretti das wesentlich weniger zu. Wenig Wunder also, dass die Abate-Seite jene war, die den Engländern viel mehr Kopfzerbrechen bereiten muste.

Erlahmende Flügel und der Walcott-Boykott

Was sich gegen Ende der ersten Hälfte schon angedeutet hatte, setzte sich in der zweiten Halbzeit fort: Die Flügel der Engländer erlahmten immer mehr. Johnson und Cole hielten sich immer mehr zurück, wordurch die Italiener immer mehr Kontrolle ausüben konnten. So brachte Hodgson nach genau einer Stunde Carroll für Welbeck (wohl um einen Anspielpunkt für lange Bälle zu haben) und Walcott statt Milner – um wieder für etwas Schwung über jene Seite zu veranstalten, über die die Italiener ohnehin nicht viel Konkretes angeboten haben.

Doch warum auch immer – aber Walcott wurde, sobald er im Spiel war, von seiner Mannschaft richtiggehend boykottiert. Es war, als herrschte ein Verbot, den Ball auch nur in die Nähe von Walcott zu spielen, so sehr wurde fast krampfhaft versucht, Entlastungsangriffe über die andere Seite aufzuziehen. Durch die gute Defensiv-Arbeit von Marchisio war da aber nicht viel möglich.

Verlängerung

Drei Neue für Italien

Prandelli brachte in der Folge mit Diamanti und Nocerino (statt Cassano und De Rossi) ebenfalls zwei neue Spieler. Diese beiden wurden deutlich besser eingebunden als das neue Duo bei England: Diamanti spielte tiefer als Cassano und stellte mit seiner Wucht etwas mehr Körperlichkeit entgegen als das Cassano möglich war. Noch wichtiger war aber zunächst die Rolle von Antonio Nocerino: Er spielte eine wesentlich vorgerücktere Rolle als De Rossi vor ihm, statt kluger Pässe waren nun tatsächliche Vorstöße gefragt. Da die Engländer aber standhielten, ging es mit einem 0:0 in die Verlängerung

Dafür kam statt des immer aktiven, aber langsam etwas müde werdenden Abate mit Christian Maggio ein gelernter Wing-Back für die rechte Seite. Nun waren also Maggio und Diamanti für die rechte Außenbahn zuständig, Nocerino und Balzaretti für die linke; Montolivo und Marchisio sicherten ab.

Vor allem Maggio belebte das italienische Spiel. Was aber nichts daran änderte, dass die restliche Mannschaft immer müder wurde. Italien dominierte die Partie zwar nach Belieben, es fehlte aber die Konsequenz und der echte Zug zum Tor – selbst gegen einen Gegner, der schon längst stehend K.o. war. Womit es ins Elfmeterschießen ging – das mit den Italienern jene Mannschaft völlig zu Recht gewann, die zuvor die klar aktivere gewesen war.

Fazit: Italien bleibt interessant, England bleibt langweilig

Das Bemühen war bei den Engländern erkennbar, den systembedingten Vorteil auf den Außenbahnen auszunützen – allerdings zu wenig konsequent und vor allem zu wenig lang. Eine halbe Stunde, dann war der Spuk vorbei, und es spielte nur noch Italien. Diese Squadra Azzurra ist individuell sicherlich weit von der Klasse der Spanier und der Deutschen entfernt, aber durch ihre taktische Flexibilität kann sie den Turnier-Favoriten auf jeden Fall zumindest äußerst unangenehm werden.

Die Engländer fahren (mal wieder) nach einem verlorenen Elfmeterschießen heim. Beschweren darf sich dort aber keiner: Angesichts des Chaos im Vorfeld des Turniers ist der Viertelfinal-Einzug ohnehin ein herzeigbares Ergebnis. Einen Funkenflug, eine Initialzündung für eine mögliche bessere Zukunft konnten die Three Lions aber nicht setzen. Die unglaublich biedere, um nicht zu sagen todlangweilige Spielweise von Roy Hodgson hat funktioniert, um den sportlichen Totalschaden bei diesem Turnier abzuwenden. Zu mehr ist sie aber nicht gut.

Von eingefleischten England-Fans einmal abgesehen wird diesem Team aber keiner nachtrauern.

(phe)

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Zwei Rechtsverteidiger sind auch keine Lösung: Frankreich ist raus https://ballverliebt.eu/2012/06/24/zwei-rechtsverteidiger-sind-auch-keine-loesung-frankreich-ist-raus/ https://ballverliebt.eu/2012/06/24/zwei-rechtsverteidiger-sind-auch-keine-loesung-frankreich-ist-raus/#comments Sat, 23 Jun 2012 23:07:16 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7590 Zwei Rechtsverteidiger sind auch keine Lösung: Frankreich ist raus weiterlesen ]]> Mit einer starken Leistung, die er nebenbei mit zwei Toren krönte, führte Xabi Alonso in seinem 100. Länderspiel Spanien ins Halbfinale. Gegner Frankreich bot zwar eine interessante Variante in der Defensive an, aber viel zu wenig, wenn der Vorwärtsgang gefragt war. Auch nicht, als man in der Schlussphase von Spanien den Ball zur Verfügung gestellt bekam.

Spanien - Frankreich 2:0 (1:0)

Es ist die Frage aller Fragen, wenn man gegen Spanien spielt: Wie verteidigt man es möglichst effektiv, ohne sich dabei selbst allzu sehr zu kastrieren? Italien hat das ganz gut hinbekommen, ansonsten sind in den letzten Jahren aber die allermeisten an dieser Aufgabe gescheitert. Frankreichs Teamchef Laurent Blanc versuchte es in diesem Viertelfinale mit einer asymmetrischen Verteidigungs-Strategie.

Fünferkette

Nominell war Révellière als Rechtsverteidiger und Debuchy als rechter Mittelfeld-Mann aufgestellt. Tatsächlich aber spielte Révellière den Manndecker für Iniesta und Debuchy den Rechtsverteidiger. Damit konnte sich ein Verteidiger (eben Révellière) bedenkenlos vom spanischen Flügelspieler aus der Position ziehen lassen, ohne dass dadurch die Seite für den nachrückenden spanischen Außenverteidiger (in dem Fall Jordi Alba) frei war. Die Pärchenbildung war recht strikt: Révellière gegen Iniesta, Debuchy gegen Alba.

In der Praxis wurde das bei Frankreich damit eine Fünferkette, mit drei zentralen Mittelfeld-Spielern davor (Cabaye, M’Vila und Malouda). Und hier kommt die Asymmetrie ins Spiel: Während nämlich vor Debuchy überhaupt keiner mehr war und nur Vorstöße des Mannes von Lille für den Hauch von Offensive sorgten, war auf der linken Seite Franck Ribéry ein echter Flügelspieler im Mittelfeld. Er arbeitete wenig defensiv, was gegen Arbeloa aber kein Problem war: Erstens bohrte der den Platz hinter Ribéry eh kaum an und zweitens wurde er, wenn er es doch tat, von seinen Kollegen nicht gerade gesucht.

Was tun mit dem Platz?

Die Folge war, dass Spanien auf der linken Angriffsseite über Alba und Iniesta viel in den Verkehr hinein kamen, auf der rechten Seite über Silva und Arbeloa aber oft Platz ohne Ende war, weil auch Clichy immer wieder recht weit einrückte. Alleine: In den freien Raum gingen die Spanier mit dem Ball selten. Ohne Ball schon – da waren Silva und Arbeloa durchaus an der Außenlinie zu finden.

Ganz brach lag der viele Platz auf dieser Seite dennoch nicht, wie beim 1:0 für Spanien nach 19 Minuten deutlich wurde. Zwar brauchte es einen individuellen Fehler – einen Ausrutscher von Debuchy – um Alba die Flanke (ja, eine Flanke, und das von Spanien) zu ermöglichen, aber weil Clichy auf der anderen Seite zu weit eingerückt war, stand der aufgerückte Xabi Alsono komplett frei und verwertete völlig problemlos zur Führung.

Aufrücken im spanischen Mittelfeld

Wie generell das spanische Mittelfeld hinter dem als Falscher Neun aufgestellten Fàbregas eine deutlich aktivere Rolle einnahm als noch gegen Italien. Dort hatte man auch deshalb keinen Zugriff auf den Strafraum bekommen, weil aus dem Mittelfeld zu wenig nachgerückt wurde. So hatte der Druck gefehlt und Italien konnte das (ebenfalls mit fünf Verteidigern gegen den Ball) recht gut verteidigen.

Das war diesmal anders. Eine Fülle an Tormöglichkeiten konnten sich die Spanier (bei denen sich vor allem Xabi Alonso als extrem stark hervor tat) zwar nicht herausarbeiten, aber sie nagelten die Franzosen so sehr hinten fest, dass diese – anders als die Italiener – kaum zu einem konstruktiven Spielaufbau in der Lage waren. Weil M’Vila, Cabaye und der komplett überforderte Malouda gezwungen waren, sehr tief zu stehen und es nach vorne wenig Anspielstationen gab, zumal das Umschalten nicht schnell genug von statten ging.

Frankreich will früher Druck machen

Fehlender Druck und zu langsames Umschalten: Genau diese zwei offensichtlichen Schwachpunkte wollte Laurent Blanc für die zweite Hälfte beheben. Tatsächlich attackierte seine Mannschaft die Spanier nun deutlich früher und versuchte, höher zu stehen um selbst ein wenig Handhabe im Mittelfeld zu bekommen. Es gelang damit, die Spanier besser vom eigenen Tor weg zu halten.

Und es wurde außerdem nach Ballgewinn viel schneller umgeschaltet als vor dem Seitenwechsel. Der einzige offensive Gefahrenherd bei den Franzosen war, kaum überraschend, Franck Ribéry: Er ging von seiner linken Seite zuweilen auch ins Zentrum oder holte sich die Bälle tiefer ab, er war der einzige, der halbwegs Zug zum Tor entwickelte. Seine Flanke ermöglichte Debuchy eine gute Kopfball-Gelegenheit, er selbst versuchte es kurz darauf aus spitzem Winkel.

Dann sollen sie ihn haben…

Ab ca. 65. Minute

Außerdem stellte Blanc mit einem Doppelwechsel in dieser Phase auf ein recht klares 4-2-3-1 um: Nasri (als Zehner, für Malouda) und Ménez (für Debuchy) kamen ins Spiel. Klar: Nicht nur Ribéry sollte nach Ballgewinn für schnelle Zuspiele bereit sein, sondern auch Spieler im Zentrum und auf der rechten Seite. Die Reaktion von Spanien war sehr interessant und könnte auch in den kommenden Spielen durchaus eine Option sein.

Denn wie verhindert man, dass ein Gegner schnell umschaltet, nachdem er den Ball erobert hat? Man gibt ihm gar nicht die Gelegenheit, ihn zu erobern. Nach dem Motto: Wenn sie den Ball haben wollen, dann sollen sie ihn doch haben – nachdem man zwei Mal innerhalb kurzer Zeit durch schnelles französisches Umschalten in Bedrängnis gekommen war. Statt der gewohnten spanischen Kurzpass-Orgie hatte nun die Franzosen die Kugel gegen eine verhältnismäßig tief stehende spanische Mannschaft, die aber gegen den jeweils ballführenden Franzosen gepresst wurde.

Relativ heftig zwar, aber offensichtlich nicht mit dem dringenden Ziel, dem Gegner den Ball abzuluchsen – dazu wurden die französischen Nebenmänner zu wenig angegriffen – sondern einfach, um ihn zu ungewollt schnellem Abspielen zu zwingen und so einen Spielaufbau zu verhindern. Was also aussah wie das totale Fehlen jeglicher Kreativität von Seiten der Franzosen (wobei das ohne Frage auch mitspielte), war vor allem extrem geschicktes Verhindern von den Spaniern.

Dass denen in der Nachspielzeit noch ein (korrekter) Elfmeter zugesprochen wurde, den der extrem starke Xabi Alonso in seinem 100. Länderspiel zum 2:0 verwandelte, war nur der letzte Schubser, der Frankreich in den Abgrund beförderte.

Fazit: Interessante Varianten von beiden Teams

Bei den Spaniern war es 70 Minuten lang das gewohnte Spiel, wirklich interessant – weil noch nicht so oft zu beobachten – war allerdings erst die Schlussphase, in der man Frankreich den Ball überließ, aber nicht die Zeit an selbigem, um irgend etwas Konstruktives damit zu machen.

Frankreich bot letztlich zu wenig an, um Spanien dauerhaft in Bedrängnis kommen zu lassen. Die Variante, auf der rechten Abwehrseite mit zwei Außenverteidigern zu spielen war von der Überlegung her nicht uninteressant, wurde aber von einem individuellen Fehler zunichte gemacht. Im Rückstand kam dann auch von den eingewechselten Ménez und vor allem Nasri viel zu wenig. Was die angespannten Stimmung im französischen Lager nicht gerade entkrampfen wird.

(phe)

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„Real Deutschland“ ins Semifinale – dominanter 4:2-Sieg über Griechenland https://ballverliebt.eu/2012/06/22/real-deutschland-ins-semifinale-dominanter-42-sieg-uber-griechenland/ https://ballverliebt.eu/2012/06/22/real-deutschland-ins-semifinale-dominanter-42-sieg-uber-griechenland/#comments Fri, 22 Jun 2012 21:59:05 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7576 „Real Deutschland“ ins Semifinale – dominanter 4:2-Sieg über Griechenland weiterlesen ]]> Mesut Özil und Sami Khedira: Die beiden Deutschen von Real Madrid waren die dominanten Figuren beim 4:2 über Griechenland. Dass das Viertelfinale nicht schon viel früher entschieden war, lag eher an mangelnder Chancenverwertung als an den erwartet defensiv eingestellten Griechen. Letztlich war es aber ein ganz souveräner Sieg der um mindestens eine Klasse besseren Mannschaft.

Deutschland - Griechenland 4:2 (1:0)

Erstaunlich: In den neun Jahren, in denen Otto Rehhagel Teamchef war, spielte Griechenland nie gegen Deutschland. Weniger erstaunlich: Als es das erste Mal nach elf Jahren doch wieder so weit war, überließen die Griechen dem übermächtig scheinenden Gegner recht bereitwillig den Ball.

Drei Neue bei Löw

Joachim Löw nahm drei eher überraschende Veränderungen gegenüber seinem Team aus der Vorrunde vor: Gomez, Podolski und Müller blieben auf der Bank, dafür kamen Klose, Reus und Schürrle in die Partie. Dieses Trio hat andere Attribute als die „Starter“ aus den ersten drei Spielen. Bei Klose besteht der Hauptunterschied in seiner Arbeit und in seiner Bereitschaft, sich auch etwas fallen zu lassen und zwischen den Linien anspielbar zu sein.

André Schürrle (links) und Marco Reus (rechts) hingegen waren beide als Spielpartner für Mesut Özil geplant. Bei Schürrle fühlte man sich mit seinem Zug nach innen zuweilen ein wenig an Arjen Robben erinnert. Marco Reus hatte einen deutlich besseren Start: Er war mit seiner Technik und seinem Tempo sofort im Spiel. Zudem musste sich sein Gegenspieler Samaras nach einer frühen gelben Karte zurückhalten.

Die zentralen Figuren: Mesut Özil und Sami Khedira

Der Spielweise von Deutschland den Stempel aufgedrückt haben eindeutig Mesut Özil und Sami Khedira. Beide waren in diesem Spiel absolute Weltklasse, und sie teilten sich die gestalterischen Aufgaben im Mittelfeld auf.

Özil arbeitete vor allem auf den Flanken, Khedira verteilte die Bälle im Zentrum

Auffällig war, dass Özil sich fast nie im Zentrum aufhielt, sondern permanent auf die Flügel ging. So entkam er nicht nur der Bewachung der Griechen, sondern bildete mit den jeweiligen Außenspielern – also Boateng und Reus rechts, Lahm und Schürrle links – Überzahlsituationen gegen die griechische Besetzung auf den Außenbahnen. Verschärfend kommt da noch dazu, dass bei den Hellenen mit Samaras und Ninis zwei Mann dort aufgestellt waren, die mit Defensiv-Arbeit im normalen Leben überhaupt nichts zu tun haben.

Die Rolle des Ballverteilers im Zentrum übernahm dafür Özils Kollege von Real Madrid, Sami Khedira. Er zeigte sich schon in der Vorrunde enorm stark, in diesem Spiel war er nicht zu halten. Und das, obwohl im vor allem zu Beginn des Spiels Joannis Maniatis auf den Füßen stand, dieser Khedira zuweilen in Manndeckung nahm. Khedira konnte aus der Tiefe mit Tempo kommen und das Spiel gestalten.

Özil auf rechts, Özil auf links

Deutschland war dadurch zwar ein wenig vorhersehbar – es ging praktisch immer alles über jene Seite, auf der sich Özil gerade aufhielt – aber aufgrund der überlegenen individuelle Klasse war das überhaupt kein Problem. Interessant war nur, dass die Deutschen bei aller Konzentration auf das Flügelspiel auf hohe Bälle in den Strafraum komplett verzichteten. Sogar bei Eckbällen, die allesamt kurz abgespielt wurden.

Die Strategie war eine andere: Durch die horizontalen Laufwegen von Reus und Schürrle sollten ganz offensichtlich die Außenverteidiger herausgezogen werden, um Lahm bzw. Boateng (oder auch Özil) die Möglichkeit zu geben, in den Rücken der Viererkette zu kommen. Das funktionierte vor allem in der Anfangsphase und vor allem über Reus sehr gut, allerdings wurden die zahlreichen guten Chancen nicht zur Führung genützt.

Hart wurde das Leben von Schürrle und Reus erst, wenn Özil (der auf sagenhafte 109 angekommene Pässe kam) auf der jeweils anderen Seite war. Schürrle war in diesem Fall komplett isoliert, weil die Stoßrichtung von Khedira eher über die Reus-Seite war und auch, weil Boateng gegen den gelbbelasteten Samaras große Vorteile hatte. Bei Reus beeindruckte das Spiel ohne Ball: Er startete immer wieder in den Raum, versuchte Löcher zu reißen und Zug zum Tor zu entwickeln. Da konnte Schürrle nicht mithalten. Ihm fehlte nicht nur die Spritzigkeit von Reus, sondern auch die Passgenauigkeit.

Griechen in Unordnung

Bei den Griechen fiel vor allem die erstaunliche Unordnung im Zentrum auf. Vor allem in den Anfangsminuten konnten die Deutschen auch durch das Zentrum einiges an Lochpässen in den Strafraum bringen, vor allem aber blieb die genaue Aufgabenverteilung undurchsichtig – was sicher auch am Positionsspiel der Deutschen lag. Maniatis kümmerte sich zunächst vornehmlich um Khedira, das allerdings nicht besonders gut.

Vermutlich wäre es die Aufgabe von Katsouranis gewesen, auch Özil aufzupassen. Dadurch, dass dieser aber überall war, nur nicht im Zentrum, fehlte ihm so ein wenig der Auftrag. Mal stand er sehr tief, fast zwischen den Innenverteidigern, dann rückte er wieder auf und stand direkt hinter Salpingidis; ähnliche Unklarheiten in seinem Auftreten hatte auch Grigoris Makos. Dass es Deutschland erst kurz vor der Halbzeit aus einem Weitschuss von Lahm gelang, in Führung zu gehen, lag eher an mangelhafter Chancenverwertung als an der griechischen Defensiv-Arbeit.

Santos stellt mal wieder richtig um

Fernando Santos ist sehr gut, wenn es gilt, in der Halbzeit richtig umzustellen. Auch diesmal erkannte der die Problemzonen seiner Mannschaft und nahm Veränderungen vor: Linksverteidiger Tzavellas, der von Reus und Özil schwindelig gespielt worden war, musste draußen bleiben, dafür ging Torosidis von rechts nach links. Khedira-Bewacher Maniatis übernahm die Planstelle rechts hinten und Fotakis kam neu ins Mittelfeld.

Damit war die Abwehrseite gegen Reus sicherer aufgestellt und das Mittelfeld hatte etwas mehr Struktur. Darüber hinaus kam mit Fanis Gekas ein reiner Konterstürmer – auch diese Maßnahme sollte sich bezahlt machen. Denn die Griechen schalteten nun blitzschnell um und nützten dabei aus, dass die Deutschen mit der Führung im Rücken etwas nachlässig im Umschalten auf die Defensive wurden. Der erste Konter wurde noch ganz stark von Hummels abgefangen, der zweite saß – das 1:1 durch Samaras.

Deutschland macht den Sack zu

Die deutsche Mannschaft fing aber nicht zu wackeln an, sondern spielte ihr Spiel weiter und kam nur wenig später durch ein Weltklasse-Tor zur erneuten Führung. Boateng kam in den Rücken des Linksverteidigers, chippte einen Ball zur Mitte und Khedira versenkte volley. Nur wenige Minuten später war Miroslav Klose bei einem Freistoß per Kopf zur Stelle – das 3:1, die Vorentscheidung. Nun war auch die Chancenverwertung gut, das war zu viel für die Griechen.

Bei dnen nun mit Liberopoulos (statt Makos) ein zusätzlicher Stürmer für einen Mittelfeld-Mann kam. Natürlich mussten sie nun aufmachen, und das wurde auch prompt bestraft. Reus rammte einen Abpraller zum 4:1 in die Maschen – das war’s. So konnte Löw in der Schlussphase noch Mario Götze sein Turnier-Debüt ermöglichen. Und konnte über das Elfmeter-Tor von Salpingidis hinweg sehen, es hatte nur noch statistischen Wert.

Fazit: Özil und Khedira absolute Weltklasse

Vor allem die herausragenden Leistungen von Ballverteiler Khedira und dem omnipräsenten Özil bescherten dem deutschen Team den Sieg. Das DFB-Team sorgte für ständiges Übergewicht auf den Flügeln und tat den Griechen aber dennoch nicht den Gefallen, nur stupide Flanken ins Zentrum zu schlagen. Es wurde immer nach der spielerischen Lösung gesucht, diese oft auch gefunden, aber erst nach einer Stunde auch konsequent in Tore umgemünzt.

Die Griechen brauchen sich über dieses Viertelfinal-Aus nicht zu ärgern. Sie haben damit schon mehr erreicht als realistisch schien und gegen ein Deutschland in dieser Verfassung haben es auch viel bessere Mannschaften schwer. Obwohl man nicht umhin kann, den Eindruck zu haben, dass dieses deutsche Team noch immer nicht gezeigt hat, was sie wirklich kann.

(phe)

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Portugal zeigt Tschechien die Grenzen auf: Hochverdienter 1:0-Sieg https://ballverliebt.eu/2012/06/22/portugal-zeigt-tschechien-die-grenzen-auf-hochverdienter-10-sieg/ https://ballverliebt.eu/2012/06/22/portugal-zeigt-tschechien-die-grenzen-auf-hochverdienter-10-sieg/#respond Fri, 22 Jun 2012 00:04:25 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7561 Portugal zeigt Tschechien die Grenzen auf: Hochverdienter 1:0-Sieg weiterlesen ]]> Sie waren länger dabei als erwartet. Im Viertelfinale wurde den Tschechen nun die Grenze aufgezeigt: Gegen Portugal zeigte man sich zwar zunächst engagiert, aber ohne den verletzten Rosický verbreitete man genau Null Torgefahr. Das machte Portugal, gelenkt von Moutinho und vollstreckt von Ronaldo, vor allem nach der Pause besser. Und kommt daher zu einem verdienten 1:0-Arbeitssieg.

Tschechien - Portugal 0:1 (0:0)

Kein Tomáš Rosický – auch im Viertelfinale konnte der wichtigste Mann im Offensiv-Spiel der Tschechen nicht mit dabei sein. Statt seiner stellte Michal Bílek diesmal aber nicht Daniel Kolař auf, sondern ließ Jungsprung Vladimír Darida auf der Zehn spielen. Der Rest der Mannschaft war wie gehabt, wie auch bei den Portugiesen.

Wo Ronaldo ist, ist Meireles nicht weit

Wie schon gegen Dänemark agierte bei den Portugiesen Cristiano Ronaldo recht zentral, zuweilen als Zehner, mal aus dem Halbfeld, aber nur recht selten wirklich auf dem Flügel. Das war gegen Dänemark durchaus ein Problem, weil diese in den freien Raum hinein selbst nach vorne sehr aktiv wurden und dort oft gegen Coentrão in Überzahl waren. Dieses Defizit wurde diesmal mit einer geschickten Maßnahme ausgeglichen: Wo Ronaldo ist, dort ist Meireles nicht weit.

Der Mann von Chelsea spielte immer auf jeder Seite im zentralen Halbfeld, auf der sich Nani jeweils nicht bewegte. Nani nämlich blieb – egal, ob er nun wie nominell rechts spielte, oder mit Ronaldo die Seiten tauschte – recht konsequent an der Außenlinie und machte es so dem jeweiligen tschechischen Außenverteidiger recht schwer, selbst aktiv zu werden. Auf der Seite von Ronaldo hingegen rückte Meireles, wenn nötig, nach außen, um zuzumachen.

Tschechen mit Handbremse

Was zwar grundsätzlich nichts daran änderte, dass Theo Gebre Selassie einiges an Freiheiten genoss, aber nicht so bedingungslos nach vorne marschierte wie in der Gruppenspielen. Weil vor ihm Petr Jiráček in der Vorwärtsbewegung eher nach innen zog und nur gegen den Ball konsequent die Außenlinie hielt, fehlte es den Tschechen ein wenig an der Breite, um die sehr zentrale Positioniertung von Ronaldo wirklich ausnützen zu können.

So war die rechte Seite zu vorsichtig, die linke mit Limberský gegen Nani sehr vorsichtig, und im Zentrum wurde schnell deutlich, dass die Tomáš Hübschmann um Ronaldo kümmerte, sobald dieser seine Außenbahn verlassen hatte. Die Folge war, dass Tschechien zwar durchaus ein Plus an Ballbesitz hatte, aber wenig damit anzufangen wusste. Die Portugiesen standen sicher und ohne Rosický fehlte es den Tschechen an der Kreativität.

Darida: Gegen den Ball okay, nach vorne ein Totalausfall

Was vor allem deutlich wird, wenn man Darida mit Moutinho vergleicht. Natürlich ist das ein Vergleich, der ein wenig hinkt – Moutinho hatte drei Spieler vor sich und ist international um Lichtjahre erfahrender als der 21-Jährige von Viktoria Pilsen – aber er verdeutlicht schon, woran es den Tschechein gefehlt hat.

Vladimír Darida war kaum konstruktiv ins tschechische Spiel eingebunden.

Darida war zwar extrem lauffreudig und auch im anpressen des Gegners – vor allem in den ersten 20 Minuten des Spiels wurde das von den Tschechen relativ hoch praktiziert – recht brauchbar, aber im Spiel selbst war er überhaupt nicht drin. Konkrete Pässe kam von ihm im Grunde kein einziger, und nach dem Seitenwechsel baute seine Widerstandskraft, wenn seine Defensiv-Qualitäten gefragt waren, gemeinsam mit seiner Kraft merklich nach, sodass er nach einer Stunde ausgewechselt wurde.

Was diese Grafik nicht aussagt, ist Daridas Wirkung auf das portugiesische Aufbauspiel. Denn Miguel Veloso war durchaus mit dem jungen Mann beschäftigt und tat sich entsprechend schwer, von hinten heraus die Bälle schnell an den Mann zu bringen und so die dringend benötigte Geschwindigkeit in das eher behäbige porugiesische Spiel zu bringen.

Moutinho lenkt die Portugiesen

Das besserte sich erst im Laufe der ersten Halbzeit so ein wenig, und nach dem Seitenwechsel endgültig. Die relativ strikte Zuteilung bei den Tschechen – Hübschmann und Gebre Selassie gegen Ronaldo, Limberksý gegen Nani, Darida gegen Veloso – hatte zur Folge, dass Moutinho quasi ins direkte Duell gegen Plašil gehen musste. Und da war Moutinho ganz eindeutiger Punktsieger.

Das geduldige Passspiel von Moutinho lenkte das portugiesische Spiel vor allem nach der Pause.

Vor allem die Maßnahme der Portugiesen, in der zweiten Halbzeit generell höher zu stehen und die Tschechen früher zu attackieren, spielte Moutinho in die Karten. Sein Einfluss auf der rechten Seite war es, der das Spiel nach rund einer Stunde immer mehr auf die Seite mit João Pereira und Nani driften ließ.

Was von den massiv nachlassenden Kräften bei den Tschechen unterstützt wurde. Vor allem Linksverteidiger Limberksý kam überhaupt nicht mehr in die Zweikämpfe gegen Nani, weshalb der quirlige, aber nicht besonders robuste Pilař, der im linken Mittelfeld agierte, sich sehr weit zurück ziehen musste, um zu helfen. Das nützten Nani und João Pereire geschickt aus und Moutinho verteilte aus dem Zentrum heraus die Bälle.

Schon nach rund einer Stunde fiel ein von dieser rechten Seite vorbereitetes Tor, das wegen Abseits zu Recht nicht zählte. Aber da hatte sich schon angedeutet: Portugal kontrollierte das Spiel nicht nur, sondern machte sich auch daran, nun aktiv die Entscheidung zu suchen.

Mit Almeida im Strafraum

Dabei spielte Portugal auch die Muskelverletzung von Hélder Postiga ein wenig in die Karten. Hugo Almeida, der für Postiga kurz vor der Halbzeit eingewechselt wurde, ist ein statischerer Spieler, aber robust im Zweikampf und Durchsetzungsfähig bei Flanken. Die Tschechen machten einen guten Job, wenn es darum ging, Portugiesische Angriffe Richtung Eckfahne abzuleiten und keinen Zugriff auf den Strafraum bekommen zu lassen. Was wohl ein Grund war, warum sich Paulo Bento für Almeida und gegen U20-Vizeweltmeister Nélson Oliveira entschied, der in den Gruppenspielen zum Einsatz gekommen war.

Mit Almeida konnte man es bedenkenlos auch mit Flanken versuchen. Weshalb man gar nicht mehr so vehement probierte, den Strafraum mit spielerischen Mitteln anzubohren, sondern sich darauf verlegen konnte, die Tschechen einzuschnüren und darauf zu warten, dass sich eine Lücke auftat. In der 79. Minute war es dann soweit: Ein simpler Doppelplass ließ den wie angewurzelt stehenden Limberský aussteigen, die Flanke fand Cristiano Ronaldo, und dieser zielte nach zwei Pfostenschüssen nun besser und markierte das längst überfällige 1:0.

Tschechische Wechsel ohne positiven Effekt

Bílek hatte nach einer Stunde, wie erwähnt, Darida vom Platz genommen. Nun spielte Jiráček zentrale und der einwechselte Rezek auf der rechten Seite. Ein Wechsel, der sich nicht auszahlte. Denn Rezek konnte sich gegen Coentrão überhaupt nicht durchsetzen, dazu war Pilař auf der linken Außenbahn zusehends defensiv gebunden. Und Jiráček im Zentrum war zwar der mit Abstand fitteste Tscheche (kein Wunder, er hat beim VfL Wolfsburg auch Felix Magath als Trainer), aber ohne Unterstützung von hinten oder von den Flügeln konnte er auch wenig ausrichten.

Nach dem Rückstand warf Bílek mit Pekhart (statt Sechser Hübschman) noch einen zweiten Stürmer in die Schlacht, das machte aber nicht den geringsten Unterschied. Auch nach dem Rückstand blieben die Tschechen völlig harmlos und der Sieg der Portugiesen war überhaupt nicht mehr in Gefahr. Auch wegen einer nicht ungeschickten Maßnahme von Paulo Bento: Er schickte statt Meireles nun Rolando auf’s Feld, er bildete hingen mit Pepe und Bruno Alves eine Dreierkette gegen die zwei tschechischen Stürmer. So konnten João Pereira und Coentrão noch mehr nach vorne gehen, das Flügelspiel der Tschechen kappen. Alles war unter Kontrolle.

Fazit: Verdienter portugiesischer Arbeitssieg

Obwohl es keine Gala-Leistung der Portugiesen war, zeigten sie sich doch als deutlich stärkere Mannschaft als die Tschechen. Die müssen mit ihrem Turnier nicht unzufrieden sein, es wurde mehr erreicht, als man realistischerweise hatte erwarten können. Aber die Grenzen wurden hier ganz deutlich aufgezeigt – vor allem, wenn mit Rosický einer der ganz wenigen echten Klasse-Spieler im Team verletzt fehlt. Team Tschechien zeigte sich als recht ordentlich organisierte, aber wenig aufregende Mannschaft. Nichts, wofür man sich schämen müsste, aber eben auch nichts, mit dem man wirklich Bäume ausreißen kann.

Portugal brauchte eine Weile, bis man sich auf das Spiel eingestellt hatte, dann ging es aber recht gut. Meireles als Absicherung auf der Ronaldo-Seite war eine positive Erscheinung, Moutinho als Ballverteiler war wichtig, Nani als Flügelarbeiter entscheidend im Totspielen von Limberský, und Ronaldo ein ständiger Gefahrenherd, dessen Kollegen seine mäßige Rückwärtsbewegung gut ausgleichen. Natürlich gilt auch hier: Frühere portugiesische Mannschaften waren deutlich glanzvoller, aber das Halbfinale hat sich diese Mannschaft zu Recht erarbeitet.

(phe)

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