Xabi Alonso – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Wed, 22 Oct 2014 10:44:33 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Bayern mit offenen Messern zu 7:1 in Rom: „Doppelmühle“ ist ein Hilfsausdruck https://ballverliebt.eu/2014/10/22/doppelmuehle-ist-ein-hilfsausdruck-bayern-mit-offenen-messern-zu-71-rom/ https://ballverliebt.eu/2014/10/22/doppelmuehle-ist-ein-hilfsausdruck-bayern-mit-offenen-messern-zu-71-rom/#comments Tue, 21 Oct 2014 22:17:39 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10604 Bayern mit offenen Messern zu 7:1 in Rom: „Doppelmühle“ ist ein Hilfsausdruck weiterlesen ]]> Zug in die eine Richtung – es schlägt ein. Zug in die andere Richtung – es schlägt auch ein. Während es bei einer „Doppelmühle“ aber nur zwei Optionen gibt, die den Gegner abwechselnd schwächt, packten die Bayern mit einem total schrägen System gleich einen ganzen Koffer an Messern aus, in die man die Roma laufen ließ. Am Ende stand ein 7:1 als Belohnung für dieses System-Experiment.

Roma-Bayern 1:7 (0:5)
Roma-Bayern 1:7 (0:5)

Als 4-2-3-1 war die Formation der Bayern offiziell angekündigt. War nicht mal in der selben Galaxie mit der Realität. Denn in dieser schickte Guardiola – der ja schon vor drei Jahren ein 3-3-4 auf die Welt (bzw. auf Villarreal) losgelassen hatte – ein Systemgebilde auf den Rasen, das so haargenau auf den Gegner abgestimmt war, dass die Roma machen konnte, was sie wollte, sie lief immer in die zahlreich lauernden offenen Messer.

Die Rolle von Robben

Am Ehesten ist das System der Bayern mit einem 3-4-3 bzw. einem 3-4-2-1 beschrieben, im Angriffsfall wurde es zu einem 2-3-5. Dabei kamen Robben und Bernat als Wing-Backs über die Außenbahnen. Gerade Robben richtete durch seine Positionierung im System enormen Schaden bei der Roma aus. Weil er mit Tempo auf Roma-LV Ashley Cole zugehen konnte, dieser damit heillos überfordert war – bis zu seinem Tor in der 9. Minute war Robben schon dreimal an Cole locker vorbeigegangen – musste der Rest der Mannschaft reagieren.

Hieß: Entweder Yanga-Mbiwa aus der Innenverteidigung oder Nainggolan aus dem zentralen Mittelfeld in Rudi Garcias gewohntem 4-3-3 mussten helfen. Was Lücken riss. Denn Müller (und auch Götze und Lewandowski, der sich tendenziell nach halblinks orientierte) waren im Zentrum da, um in diese Löcher reinzustoßen. Robben hatte so immer mehrere Optionen: Selber gehen, zurück legen, ins Zentrum passen. Alle Wege konnte die Roma gar nicht zustellen.

Asymmetrisches System

Was die Benennung des Systems der Bayern so schwierig macht, ist ihre Asymmetrie. Rechts agierte Robben hoch, wurde dabei von Lahm (der im Zentrum neben Xabi Alonso aufgestellt war) abgesichtert und zur Not stand hinten auch noch Benatia aus der Dreier-Abwehr. Links aber ging Benatias Pendant Alaba so konsequent nach vorne mit, wie das ein Linksverteidiger macht – er wurde dabei abgesichert von Xabi Alonso.

Die Bayern nahmen so alles aus dem Spiel, was die Roma potenziell gefährlich machen könnte. Die aufrückenden Außenverteidiger waren brutal hinten gebunden (Cole durch Robben; Torosidis durch Bernat). Das Pressing, das die Römer gerne aus dem Mittelfeld-Zentrum heraus anbieten, konnte gar nicht erst angesetzt werden, weil die Bayern vier zentrale Mittelfelspieler hatten, also in Überzahl waren.

Dazu sah Totti, der oft alleine im Viereck von Alonso, Lahm, Götze und Müller war, praktisch keinen Ball. Wenn die Roma nach vorne kam, dann über die Außenbahn hinter Alaba und Bernat, also zumeist durch Gervinho.

Fünf Angreifer plus Alaba

Aber hinten herrschte gegen die de facto fünf Bayern-Angreifer plus Alaba, bei denen noch dazu die drei mittleren (also Götze, Müller und Lewandowski) permanent rochierten, die totale Überforderung. Sei es Robben mit einem simplen Doppelpass (wie beim 1:0 und beim 4:0), schnelles Kreuzen von Götze und Müller (wie beim 2:0), Verwirrung durch die Doppelbesetzung auf der linken Angriffsseite (wie beim 3:0 und beim Elfer zum 5:0): An keiner Ecke der Abwehr fanden die Römer einen Ausweg.

Egal, was sie auch versuchten, sie liefen mit jedem Laufweg, jedem Zweikampf, jeder Aktion nur in ein neues offenes Messer. Wenn die Roma hinten blieb, rückten die Bayern mit fast allen Mann auf. Wenn die Roma aufrückte, ließen sich fünf Angreifer nicht kontrollieren. Verschob man in Richtung Cole, um ihm gegen Alaba zu helfen, war auf der anderen Seite alles frei. Achtete man darauf, das Zentrum zu schließen, überrannte Robben seinen Gegenspieler.

Garcia stellt um, Bayern stellt ab

Als es mit dem Stand von 0:5 in die zweite Hälfte ging, hatte Roma-Coach Rudi Garcia nicht nur Cole erlöst und durch Holebas ersetzt, sondern mit der Auswechslung des unsichtbaren Totti auch sein System auf ein klaren 4-1-4-1 umgestellt: Florenzi kam nun über rechts, Iturbe sollte links an der Linie bleiben. Die Absicht dahinter war klar: Die zuvor im 4-3-3 de facto nur je einfach besetzten Flügel nun doppelt besetzen.

Ab der 60. Minute
Ab der 60. Minute

Was auch funktionierte, weil die Bayern deutlich ihren Fuß vom Gas nahmen. So kam vor allem Gervinho durch die weniger konsequent abgesichterte linke Bayern-Abwehrseite immer wieder durch, zweimal rettete nur ein ausgezeichneter Manuel Neuer vor dem Ehrentreffer, der dann in der 66. Minute doch noch gelang.

Nach einer Stunde änderte Guardiola sein wildes Etwas von einem System mit der Einwechlsung von Rafinha (für Müller) in ein recht konventionelles 4-3-3. So waren die Außenbahnen gegen die trotz des schlimmen Spielstandes weiter couragierten Römer besser abgesichert; und mit Ribéry und Shaqiri kamen dann noch neue Offensiv-Kräfte. Diese belebten das im Schongang eingeschlafene Bayern-Spiel und sorgten mit ihrem Schwung für noch zwei weitere Tore zum 7:1-Endstand.

Fazit: Extrem faszinierend

Die erste Hälfte war eine der faszinierendsten der jüngeren bis mittleren Vergangenheit. Die Roma, eigentlich eine gutklassige Mannschaft mit einem sehr modernen Spiel und einem versierten Trainer sah aus wie eine Wirtshaus-Truppe. Was immer versucht wurde, das Unheil abzuwenden, machte dieses nur noch schlimmer.

Die psychologischen Effekte auf die Roma muss man erst abwarten, aber auf dem Papier hat man immer noch beste Karten auf das Achtelfinale. Deutlich spannender aber ist, dass Guardiola Sachen probiert und Systeme auspackt, die er bei Barcelona nicht im Programm hatte. Er wird es einem wohl nicht öffentlich wahrheitsgetreu sagen, aber die Frage wäre schon interessant ob er sich bei Barcelona solche ganz wilden Experimente nicht getraut hat oder ob er der Meinung war, nicht das Spielermaterial dafür zu haben.

Sicher ist nur: Jetzt traut er sich. Und er hat auch die Spieler dafür.

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Zwei Rechtsverteidiger sind auch keine Lösung: Frankreich ist raus https://ballverliebt.eu/2012/06/24/zwei-rechtsverteidiger-sind-auch-keine-loesung-frankreich-ist-raus/ https://ballverliebt.eu/2012/06/24/zwei-rechtsverteidiger-sind-auch-keine-loesung-frankreich-ist-raus/#comments Sat, 23 Jun 2012 23:07:16 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7590 Zwei Rechtsverteidiger sind auch keine Lösung: Frankreich ist raus weiterlesen ]]> Mit einer starken Leistung, die er nebenbei mit zwei Toren krönte, führte Xabi Alonso in seinem 100. Länderspiel Spanien ins Halbfinale. Gegner Frankreich bot zwar eine interessante Variante in der Defensive an, aber viel zu wenig, wenn der Vorwärtsgang gefragt war. Auch nicht, als man in der Schlussphase von Spanien den Ball zur Verfügung gestellt bekam.

Spanien - Frankreich 2:0 (1:0)

Es ist die Frage aller Fragen, wenn man gegen Spanien spielt: Wie verteidigt man es möglichst effektiv, ohne sich dabei selbst allzu sehr zu kastrieren? Italien hat das ganz gut hinbekommen, ansonsten sind in den letzten Jahren aber die allermeisten an dieser Aufgabe gescheitert. Frankreichs Teamchef Laurent Blanc versuchte es in diesem Viertelfinale mit einer asymmetrischen Verteidigungs-Strategie.

Fünferkette

Nominell war Révellière als Rechtsverteidiger und Debuchy als rechter Mittelfeld-Mann aufgestellt. Tatsächlich aber spielte Révellière den Manndecker für Iniesta und Debuchy den Rechtsverteidiger. Damit konnte sich ein Verteidiger (eben Révellière) bedenkenlos vom spanischen Flügelspieler aus der Position ziehen lassen, ohne dass dadurch die Seite für den nachrückenden spanischen Außenverteidiger (in dem Fall Jordi Alba) frei war. Die Pärchenbildung war recht strikt: Révellière gegen Iniesta, Debuchy gegen Alba.

In der Praxis wurde das bei Frankreich damit eine Fünferkette, mit drei zentralen Mittelfeld-Spielern davor (Cabaye, M’Vila und Malouda). Und hier kommt die Asymmetrie ins Spiel: Während nämlich vor Debuchy überhaupt keiner mehr war und nur Vorstöße des Mannes von Lille für den Hauch von Offensive sorgten, war auf der linken Seite Franck Ribéry ein echter Flügelspieler im Mittelfeld. Er arbeitete wenig defensiv, was gegen Arbeloa aber kein Problem war: Erstens bohrte der den Platz hinter Ribéry eh kaum an und zweitens wurde er, wenn er es doch tat, von seinen Kollegen nicht gerade gesucht.

Was tun mit dem Platz?

Die Folge war, dass Spanien auf der linken Angriffsseite über Alba und Iniesta viel in den Verkehr hinein kamen, auf der rechten Seite über Silva und Arbeloa aber oft Platz ohne Ende war, weil auch Clichy immer wieder recht weit einrückte. Alleine: In den freien Raum gingen die Spanier mit dem Ball selten. Ohne Ball schon – da waren Silva und Arbeloa durchaus an der Außenlinie zu finden.

Ganz brach lag der viele Platz auf dieser Seite dennoch nicht, wie beim 1:0 für Spanien nach 19 Minuten deutlich wurde. Zwar brauchte es einen individuellen Fehler – einen Ausrutscher von Debuchy – um Alba die Flanke (ja, eine Flanke, und das von Spanien) zu ermöglichen, aber weil Clichy auf der anderen Seite zu weit eingerückt war, stand der aufgerückte Xabi Alsono komplett frei und verwertete völlig problemlos zur Führung.

Aufrücken im spanischen Mittelfeld

Wie generell das spanische Mittelfeld hinter dem als Falscher Neun aufgestellten Fàbregas eine deutlich aktivere Rolle einnahm als noch gegen Italien. Dort hatte man auch deshalb keinen Zugriff auf den Strafraum bekommen, weil aus dem Mittelfeld zu wenig nachgerückt wurde. So hatte der Druck gefehlt und Italien konnte das (ebenfalls mit fünf Verteidigern gegen den Ball) recht gut verteidigen.

Das war diesmal anders. Eine Fülle an Tormöglichkeiten konnten sich die Spanier (bei denen sich vor allem Xabi Alonso als extrem stark hervor tat) zwar nicht herausarbeiten, aber sie nagelten die Franzosen so sehr hinten fest, dass diese – anders als die Italiener – kaum zu einem konstruktiven Spielaufbau in der Lage waren. Weil M’Vila, Cabaye und der komplett überforderte Malouda gezwungen waren, sehr tief zu stehen und es nach vorne wenig Anspielstationen gab, zumal das Umschalten nicht schnell genug von statten ging.

Frankreich will früher Druck machen

Fehlender Druck und zu langsames Umschalten: Genau diese zwei offensichtlichen Schwachpunkte wollte Laurent Blanc für die zweite Hälfte beheben. Tatsächlich attackierte seine Mannschaft die Spanier nun deutlich früher und versuchte, höher zu stehen um selbst ein wenig Handhabe im Mittelfeld zu bekommen. Es gelang damit, die Spanier besser vom eigenen Tor weg zu halten.

Und es wurde außerdem nach Ballgewinn viel schneller umgeschaltet als vor dem Seitenwechsel. Der einzige offensive Gefahrenherd bei den Franzosen war, kaum überraschend, Franck Ribéry: Er ging von seiner linken Seite zuweilen auch ins Zentrum oder holte sich die Bälle tiefer ab, er war der einzige, der halbwegs Zug zum Tor entwickelte. Seine Flanke ermöglichte Debuchy eine gute Kopfball-Gelegenheit, er selbst versuchte es kurz darauf aus spitzem Winkel.

Dann sollen sie ihn haben…

Ab ca. 65. Minute

Außerdem stellte Blanc mit einem Doppelwechsel in dieser Phase auf ein recht klares 4-2-3-1 um: Nasri (als Zehner, für Malouda) und Ménez (für Debuchy) kamen ins Spiel. Klar: Nicht nur Ribéry sollte nach Ballgewinn für schnelle Zuspiele bereit sein, sondern auch Spieler im Zentrum und auf der rechten Seite. Die Reaktion von Spanien war sehr interessant und könnte auch in den kommenden Spielen durchaus eine Option sein.

Denn wie verhindert man, dass ein Gegner schnell umschaltet, nachdem er den Ball erobert hat? Man gibt ihm gar nicht die Gelegenheit, ihn zu erobern. Nach dem Motto: Wenn sie den Ball haben wollen, dann sollen sie ihn doch haben – nachdem man zwei Mal innerhalb kurzer Zeit durch schnelles französisches Umschalten in Bedrängnis gekommen war. Statt der gewohnten spanischen Kurzpass-Orgie hatte nun die Franzosen die Kugel gegen eine verhältnismäßig tief stehende spanische Mannschaft, die aber gegen den jeweils ballführenden Franzosen gepresst wurde.

Relativ heftig zwar, aber offensichtlich nicht mit dem dringenden Ziel, dem Gegner den Ball abzuluchsen – dazu wurden die französischen Nebenmänner zu wenig angegriffen – sondern einfach, um ihn zu ungewollt schnellem Abspielen zu zwingen und so einen Spielaufbau zu verhindern. Was also aussah wie das totale Fehlen jeglicher Kreativität von Seiten der Franzosen (wobei das ohne Frage auch mitspielte), war vor allem extrem geschicktes Verhindern von den Spaniern.

Dass denen in der Nachspielzeit noch ein (korrekter) Elfmeter zugesprochen wurde, den der extrem starke Xabi Alonso in seinem 100. Länderspiel zum 2:0 verwandelte, war nur der letzte Schubser, der Frankreich in den Abgrund beförderte.

Fazit: Interessante Varianten von beiden Teams

Bei den Spaniern war es 70 Minuten lang das gewohnte Spiel, wirklich interessant – weil noch nicht so oft zu beobachten – war allerdings erst die Schlussphase, in der man Frankreich den Ball überließ, aber nicht die Zeit an selbigem, um irgend etwas Konstruktives damit zu machen.

Frankreich bot letztlich zu wenig an, um Spanien dauerhaft in Bedrängnis kommen zu lassen. Die Variante, auf der rechten Abwehrseite mit zwei Außenverteidigern zu spielen war von der Überlegung her nicht uninteressant, wurde aber von einem individuellen Fehler zunichte gemacht. Im Rückstand kam dann auch von den eingewechselten Ménez und vor allem Nasri viel zu wenig. Was die angespannten Stimmung im französischen Lager nicht gerade entkrampfen wird.

(phe)

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