WM-System – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Thu, 14 Nov 2019 10:36:26 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 ÖFB-Frauen: Die Wiederentdeckung des WW-Systems https://ballverliebt.eu/2019/11/13/oefb-frauen-die-wiederentdeckung-des-ww-systems/ https://ballverliebt.eu/2019/11/13/oefb-frauen-die-wiederentdeckung-des-ww-systems/#comments Wed, 13 Nov 2019 11:40:13 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=16491 ÖFB-Frauen: Die Wiederentdeckung des WW-Systems weiterlesen ]]> Nach dem 3:0 in Nordmazedonien und dem 9:0 gegen Kasachstan blicken die ÖFB-Frauen  auf einen makellosen Herbst in der EM-Qualifikation zurück: Vier Spiele, vier Siege, 16:0 Tore. Ja, es ging nur gegen schwache Gegner – aber dies war bei der Erstellung des Spielplanes so angedacht, um gefahrlos taktisch experimentieren zu können.

3:0 in Mazedonien und 9:0 gg Kasachstan

„Die eigentliche Idee ist, gar nicht mehr in Systemen zu denken, sondern in Aufgaben“, erklärt Dominik Thalhammer: Also recht ähnlich dem „Positionsspiel“, welches Guardiola vor allem in seiner Bayern-Zeit (2013 bis 2016) an die Spitze getrieben hat – „oder vielleicht sogar noch etwas extremer als bei Guardiola“. Was als 4-3-3 angegeben wird, weil man es halt irgendwie angeben muss, ist in Wahrheit eher ein WW-System wie zu Zeiten des Wunderteams vor fast 90 Jahren. Nominell – weil eben die Aufgaben im Fokus stehen, nicht die Position an sich.

Ob Thalhammer den Reiz an Mittel- und Aufbauläufern bzw. Links- und Rechtsverbindern wiederentdeckt hat? „Wenn du es so sagen willst“, grinst er. Denn durch das Einrücken der (nominellen) Außenverteidiger entsteht eine krasse Überzahl im Zentrum, welche den Gegner in unübliche Formationen zwingt, um darauf zu reagieren. So kreieren die ÖFB-Frauen eine personelle Überlegenheit in der Mitte und/oder Platz auf den Außenbahnen. Mühle auf, Mühle zu.

Mazedonien hat zwei Klassespielerinnen (Roci und die beim Match im November verletzte Andonova), spielt ein gemessen an der fehlenden Qualität des restlichen Kaders nicht ungeschicktes, pendelndes Hybrid-System aus 4-5-1 und 5-4-1 (wiewohl die durch manche taktische Unachtsamkeit gelassenen Räume im Halbfeld von Österreich nicht gut genützt wurden) und versucht zumindest, kompakt und geradlinig zu verteidigen. So hielt man Österreich bei zwei 3:0-Siegen und wurde nicht abgeschossen. Die heillos unkompakten, defensiv oft panischen Kasachinnen liefen dafür in ein 0:9, und es hätte gut noch höher werden können.

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Kurzer Einschub: WW und WM…

Zu Zeiten des Wunderteams in den 1930ern spielte man in einem 2-3-5-System (oder „WW“, weil es zwei übereinander stehende W waren). In Österreich wurde dieses bis in die frühen 1950er beibehalten, ehe Team-Trainer Edi Frühwirth in Abwesenheit des erkrankten Verbandskapiätns Walter Nausch in der Vorbereitung für die WM 1954 auf das in anderen Ländern (und auch bei einigen heimischen Liga-Klubs, wie etwa Frühwirths Wacker) längst übliche 3-2-5 (also „WM“) umstellte.

Das Wunderteam in der WW-Formation und das 1954er-Team in der WM-Formation

Nausch hatte sich stets dagegen gewehrt, 1953 trennte er sich sogar vorübergehend von Frühwirth, der unbedingt endlich auch den Mittelläufer nach hinten ziehen wollte. Frühwirth (Wacker) und Co-Trainer Hans Pesser (der mit Rapid 1949 als Erster vom alten System abgegangen war) waren die Masterminds hinter dem damaligen WM-Erfolg.

Für die WM 1954 bot Frühwirth (Nausch, der halb genesen im Laufe des Turniers zum Team stieß, ließ Frühwirth werken) nur einen einzigen echten Verteidiger auf – Ernst Happel, der seinerseits keineswegs nur ein reiner Zerstörer war – und neben ihm zwei umfunktionierte Spieler, die aus der Läuferreihe vor der Abwehr kamen: Hanappi und Barschandt.

Davor postierten sich zwei spielintelligente Akteure in der Läuferreihe: Ernst Ocwirk, der zweifellos weltbeste kreative Mittelläufer seiner Zeit, und der zuverlässige Karl Koller von der Vienna. Der Fokus im ganzen Team lag also knallhart auf dem Spiel nach vorne und der Kreativität, es entsprach also der „Wiener Schule“. So sind Ergebnisse wie das 9:0 gegen Portugal in der Qualifikation und das 5:0 gegen die Tschechoslowakei in der WM-Vorrunde zu erklären, aber auch das 7:5 gegen die Schweiz im Viertel- sowie das 1:6 gegen Deutschland im Halbfinale.

Österreich war das letzte Land, das auf das WM-System umstellte und es sollte auch so ziemlich das letzte Land werden, welches das WM-System wieder zu den Akten legt: Zwölf Jahre später, als Edi Frühwirth (der zwischendurch zu Schalkes bis heute letztem Meistertrainer wurde) wieder Teamchef wurde, stellte er auf das längst weit verbreitete 4-2-4 um. Vor sämtlichen Klubs in der Liga wohlgemerkt. Kein Wunder, dass sich Österreich ab 1958 bis 1978 für keine Weltmeisterschaft qualifizieren konnte, so weit hinten, wie man war.

…und was das mit den ÖFB-Frauen zu tun hat

WM-System im März 2017

Im Sommer 2016 fing Thalhammer dann bei den Frauen an, mit einem WM-System zu experimentieren – so beispielsweise in der zweiten Hälfte des Quali-Spieles gegen Israel, aber auch ein halbes Jahr später in der unmittelbaren EM-Vorbereitung im Match gegen Schottland.

Auch damals war die Idee schon gewesen, weniger Abwehrspielerinnen zu haben, um dafür im Mittelfeld eine Überzahl herzustellen. Dies geschah damals mittels eines flexiblen Quadrats an vier zentralen Mittelfeldspielerinnen.

Thalhammer ist mit dem Switch auf die WW-Formation nun quasi den umgekehrten Weg zu damals gegangen: Aus einer experimentellen Dreierkette hinten und einem Vierer-Zentrum ist nun eine Zweierkette in der Abwehr und ein Fünfer-Zentrum geworden.

Sprich: Frühwirth hat damals aus einem WW ein WM und später ein 4-2-4 gemacht. Thalhammer machte in den letzten Jahren aus einem 4-4-2 und einem 4-3-3 ein experimentelles WM-System, und nun einen ganzen Quali-Herbst lang sowas wie ein WW-System.

Schnaderbeck und Aschauer (bzw. Puntigam, die im Heimspiel gegen Mazedonien dort spielte), die offiziell als Außenverteidigerinnen aufgeboten waren, rücken in den Sechserraum ein. So entsteht quasi ein 2-5-3 mit fünf zentralen Mittelfeldakteuren. Dies nimmt jedem Gegner dort die Luft zum atmen.

Wie damals kommt die Breite fast ausschließlich von den Außenstürmern. Thalhammer: „Sie sind die einzigen, die nicht so flexibel agieren können. Und: Sie müssen Tempo haben!“ Das Tempo und das furchtlose Suchen von 1-gegen-1-Situationen sind genau die Stärke von Julia Hickelsberger, die alle Herbst-Spiele gestartet hat und auch fünfmal getroffen hat, alleine viermal gegen Kasachstan. Wie damals in der „Wiener Schule“ ist alles auf Kreativität und das Spiel nach vorne ausgerichtet.

Der Nachteil an der Sache ist, dass defensiv ein gewisses Risiko besteht. Dies ist der Grund, warum man darauf achtete, nur gegen die schwächeren Teams in diesem Herbst zu spielen, um diese Herangehensweise gefahrlos testen zu können. „Die Spielerinnen lernen, selbstständig Dreiecke zu bilden und nicht nur eingeübte Passwege zu stellen. Das ist ein großer, weiterer Schritt in Richtung Flexibilität und Systemunabhängigkeit“, erklärt Thalhammer: „Es ist ungemein spannend, dies zu entwickeln.“

Die nominellen AV Schnaderbeck und Puntigam rücken in den Sechserraum ein (aus dem Hinspiel gegen Mazedonien im September 2019)

Zudem sind auch die fünf zentralen Mittelfeldleute nicht sklavisch an ihre Position gebunden. Da taucht schon mal Aschauer auf der Zehn auf, Puntigam auf der Acht oder Zadrazil auf der Sechs. „Wir konnten nicht vorhersehen, wie die schwächeren Teams, vor allem Mazedonien und Kasachstan, auf unsere Formationen reagieren“, so Thalhammer.

Das wird im Frühjahr in den beiden Spielen gegen die Französinnen wohl besser zu prognostizieren sein: Denen ist es wurscht, wie der Gegner spielt. Und, wie bei der WM zu sehen, wird seitens der Teamchefin Corinne Diacre auch nicht auf den Gegner reagiert. Das könnte eine Chance für Österreich sein.

Die Lage in der EM-Qualifikation

In der Qualifikation für die EM 2021 in England ist nun Winterpause. Man kann schon absehen, in welche Richtung sich die Gruppen bewegen und wie sich das Rennen der Gruppenzweiten entwickelt. Neben den neun Gruppensiegern sind die drei besten Zweiten direkt bei der EM dabei, die sechs restlichen spielen im Playoff um drei weitere EM-Tickets.

Mit Titelverteidiger und WM-Finalist Holland, Rekord-Europameister Deutschland, dem WM-Dritten Schweden, aber auch Norwegen und Frankreich sind die meisten Gruppenfavoriten noch makellos. Spanien ist in Polen nicht über ein 0:0 hinausgekommen, das ist für Spanien aber zu verkraften. Belgien und die Schweiz haben sich noch nicht getroffen, Italien und Dänemark auch nicht, auch Schweden und Island haben noch beide direkten Duelle vor sich. Ebenso Frankreich und Österreich.

Gereiht nach Punkte über/unter Fahrplan (grün), erreichte Punkte (rot), Tordifferenz. In blau die jeweiligen Gruppengegner.

Polen (Top-Stürmerin Pajor, Top-Goalie Kiedrzynek, sonst eher Durchschnitt) hat Spanien ein 0:0 abgerungen und damit schon einen Punkt mehr gemacht, als man erwarten kann. Dafür haben Finnland (gerade noch ein 1:1 in Portugal gerettet), Irland (in der Nachspielzeit das 1:1 in Griechenland kassiert) und Wales (zweimal Remis gegen Nordirland) schon Federn lassen.

Die Faustregel ist: Wer gegen die schwächeren Gruppengegner durchgewinnt, ist unter den besten Zweiten. Andererseits gibt es nun neun statt wie sonst sieben Gruppen, wodurch die Gruppen eher schwächer und die realistischen Chancen auf Patzer auch weniger geworden sind. Realistischerweise werden sich also die fünf Teams um die drei Direkt-Plätze streiten: Österreich, Polen, Island sowie die Zweiten aus Belgien/Schweiz und Italien/Dänemark.

Oder natürlich, Österreich wird vor Frankreich Gruppensieger. Dann ist die Rechnerei obsolet.

Was sich in der WoSo-Welt sonst tut

Weltmeister USA hat nach dem Rücktritt der doppelten Weltmeister-Teamchefin Jill Ellis im hoch angesehenen Vlatko Andonovski (zuletzt lange bei NWSL-Klub Seattle Reign) einen Nachfolger präsentiert, der den sich anbahnenden Generationswechsel moderieren soll und höchstwahrscheinlich auch sehr gut wird. Die Liga hat zum dritten Mal in vier Jahren das Team der North Carolina Courage gewonnen, im Finale gab es einen 4:0-Kantersieg gegen Chicago.

In Europa sind die ersten zwei K.o.-Runden der Women’s Champions League absolviert, im Viertelfinale (im März) sind die erwarteten Namen: 2x Frankreich (Lyon und PSG), 2x Deutschland (Bayern mit Wenninger sowie Wolfsburg), 2x Spanien (Atletico Madrid und Barcelona) und 1x England (Arsenal mit Zinsberger und Schaderbeck), dazu die Losglücks-Ritter aus Glasgow.

Manchester City ist hat knapp gegen Atletico Madrid gescheitert, die Italienischen Großklubs Juventus und Fiorentina waren gegen Barcelona und Arsenal schon in der ersten Runde völlig chancenlos. Und Schwedens Klubs hinken immer weiter hinterher: Der letztjähige Sensations-Meister Piteå sowie Göteborg sind schon in der 1. Runde gescheitert, die eigentlichen Top-Klubs Rosengård und Linköping werden regelmäßig von zahlungskräftigeren Klubs im Ausland gerupft.

Und aus österreichischer Sicht hat es zumindest den ersten Hauptrunden-Sieg seit 2014 gegeben, das 2:1 von St. Pölten bei Twente Enschede war nach dem 2:4 daheim im Hinspiel aber nicht genug. Damit ist nun endgültig der zweite Europacup-Platz futsch und der Meister muss schon in der Vorqualifikation ran – ab 2021 wird der Europacup aber ohnehin umfassend reformiert. Eine Gruppenphase bahnt sich an, die Top-Ligen werden dann drei statt wie bisher zwei Teilnehmer stellen dürfen.

Anderswo ist gerade die Olympia-Qualifikation voll im Gange. In Afrika (ein Team fix, eines im Playoff) hat es da schon diverse Überraschungen gegeben: Die Favoriten aus Nigeria und Südafrika haben jeweils im Elferschießen gegen die Côte d’Ivoire bzw. Botswana verloren. Im Finale stehen sich nun Kamerun (das waren die, die im WM-Achtelfinale gegen England nach VAR-Entscheidungen fast abgetreten wären) und der krasse Außenseiter Sambia gegenüber. Der Sieger fährt zum Olympia-Turnier nach Tokio, der Verlierer spielt im Playoff gegen Chile.

In Asien (Japan + zwei Qualifikanten) gibt es nach diversen komplizierten Vorrunden nun zwei Finalrunden-Gruppen, die im Februar ausgespielt werden. In Südkorea treffen Südkorea, Nordkorea, Vietnam und Myanmar auf einander. In China sind es China, Australien, Thailand und Taiwan. Die beiden Gruppensieger treffen dann im März auf die beiden Gruppenzweiten und die Sieger dieser beiden Finalduelle dürfen dann in Tokio mitspielen.

Bereits qualifiziert sind Gastgeber Japan, dazu aus Europa Holland, Schweden und England, Ozeanien-Meister Neuseeland sowie aus Südamerika Brasilien.

In der Concacaf-Zone findet das Quali-Turnier im Februar statt. Dass sich Weltmeister USA sowie Kanada die beiden zur Verfügung stehenden Tickets holen, ist Formsache. Interessanter wird sein, ob die WM-Quali-Flops von Mexiko und Costa Rica sowie die überraschende WM-Teilnahme von Jamaika (wo die WM-Prämien nicht ausbezahlt wurden und die Spielerinnen daher streiken, zudem fiel eine Teamspielerin in Kingston einem Messerattentat zum Opfer) tatsächlich nur Ausrutscher waren.

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ÖFB-Frauen: Viele Systeme und Spielanlagen gut getestet https://ballverliebt.eu/2017/03/11/cyprus-cup-oesterreich-schottland-belgien-korea-neuseeland/ https://ballverliebt.eu/2017/03/11/cyprus-cup-oesterreich-schottland-belgien-korea-neuseeland/#comments Sat, 11 Mar 2017 08:21:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=13383 ÖFB-Frauen: Viele Systeme und Spielanlagen gut getestet weiterlesen ]]> Zwei Remis, ein Sieg, eine Niederlage gab es für Österreich, und das durchwegs mit Gegnern auf Augenhöhe. Auch, wenn in diesem Test-Turnier vor der EM-Premiere im Sommer am Ende nur der achte Platz zu Buche steht und die ÖFB-Frauen damit deutlich unter Wert geschlagen wurden: Man kann dennoch viele positive Eindrücke und Erkenntnisse aus dem Cyprus Cup mitnehmen.


Gut: Systemflexibilität & defensive Anlage

„Von den Resultaten her ist es schon so, dass mehr drin gewesen wäre“, bilanziert Teamchef Dominik Thalhammer, „aber ich finde, insgesamt waren wir inhaltlich besser als letztes Jahr, als wir das Turnier gewonnen haben.“ Dass es nicht so gekommen ist, ist zwar ärgerlich, aber nicht schlimm. Lieber jetzt Fehler aufgezeigt bekommen, als bei der EM im Juli.

Äußerst positiv bewertet Thalhammer die mittlerweile extrem hohe System-Flexibilität: „Wir können problemlos aus vier, fünf Systemen wählen, auch innerhalb eines Spiels umstellen. Genauso wie wir die ganze Spielanlage von einer Minute auf die andere problemlos umstellen können.“ Hohes Pressing oder tief im Block verteidigen: Dieses Wechselspiel wurde bei den Spielen der ÖFB-Frauen beim Cyprus Cup verstärkt getestet.

Und dieses tiefe Verteidigen im Block – erstmals wurde hier ein 5-3-2 verwendet, zumeist mit Sarah Puntigam, die von der Sechs abkippt – hat sehr gut funktioniert. Thalhammer: „Wenn wir diese Anlage in diesem System gespielt haben, hat kein einziger Gegner auch nur eine ernsthafte Torchance erarbeiten können.“

Nicht so gut: Defensives Umschalten

Das Verhalten im Umschalten nach Ballverlusten hat Thalhammer hingegen gar nicht gefallen – vor allem im Spiel gegen Schottland, das wegen zwei genau solcher Situationen verloren wurde. „Hier müssen wir ganz eindeutig darauf schauen, dass wir da nicht mehr phasenweise eher naiv agieren“, so der Trainer. Billige Gegentore in Phasen, in denen man am Drücker ist: Das wäre bei der EM ganz besonders bitter.

Auch im Platzierungsspiel gegen Belgien war eigentlich nie eine Gefahr, bis die Belgierinnen auf einmal in Führung waren. Wir haben ein paar Fehler gemacht, waren – gerade gegen Schottland – in der einen oder anderen Situation nicht ganz auf der Höhe“, so der Teamchef, „und das wurde bestraft. Aber es ist ja der Sinn und Zweck eines solchen Turniers, dass solche Schwachstellen aufgezeigt werden.“

Anders gesagt: Aus einem gut geführten, aber verlorenen Match gegen Schottland kann man auch in Blickrichtung EM mehr mitnehmen als aus einem lockeren Sieg gegen ein unterlegenes Team.

0:0 gegen Südkorea – Adaptierungen greifen

Die Variante mit der nach hinten rückenden Puntigam kam im Auftakt-Spiel gegen WM-Achtelfinalist Südkorea schon zur Anwendung. Die Koreanerinnen dominierten die erste Hälfte – kamen aber in der Phase zwischen 15. und 30. Minute, wo Österreich mit Fünferkette verteidigt hat, nicht durch. Davor und danach schon, kurz vor der Pause verzeichnete Korea durch Kwon Eun-Som einen Stangentreffer.

„Wir verwenden jetzt auch Video-Analysen schon in der Halbzeit“, so Thalhammer – und bei dieser wurde unter anderem thematisiert, dass die Außenverteidigerinnen näher am Gegner sein müssen. Das wurde in der zweiten Halbzeit adaptiert, dazu wurde wieder auf das Hochpressingspiel umgestellt. Die Folge: Südkorea wurde hinten reingedrückt. Die ÖFB-Frauen dominierten, hatten drei Top-Chancen (Burger 2x, Aschauer), aber Koreas Goalie Kang Ga-Ae parierte jeweils.

„Wir haben viel Druck ausgeübt und hätten das Spiel gewinnen müssen“, so Thalhammer. So blieb es beim 0:0, dem Comeback der fast zwei Jahre verletzten Lisa Makas und dem Debüt von Stürmerin Viktoria Pinther.

Wechsel: Dunst für Prohaska (54.), Naschenweng für Maierhofer (67.), Makas für Aschauer (75.), Eder für Zadrazil (81.), Pinther für Billa (85.).

3:0 gegen Neuseeland – dominant und eiskalt

Der nächste Gegner, WM- und Olympia-Stammgast, Neuseeland, experimentierte mit einer 3-4-3-Formation (sonst lässt Ferns-Teamchef Tony Readings immer mit einem 4-3-3). Viel Plan im Vorwärtsgang war aber nicht zu erkennen.

„Neuseeland hat mit einer relativ hohen Abwehr gespielt und wir haben uns bewusst in einem tiefen Block postiert. Wir können nicht immer nur hohes Pressing spielen, das hält man nicht 90 Minuten durch“, erklärt Thalhammer. So hatte Neuseeland viel Ballbesitz, aber wenig Ideen. „Sie fanden keine Lösungsmöglichkeit gegen unser 5-3-2, haben im ganzen Spiel keine einzige echte Torchance kreiert“, so der Teamchef. Österreich nützte die eigenen Chancen dafür eiskalt. Erst verwertete Billa nach Schiechtl-Einwurf und Kopfballverlängerung von Burger, dann verdaddelte Kiwi-Keeperin Nayler den Ball gegen Aschauer und die sagt „Danke“. Und schließlich erzielte Jasmin Eder per Kopf ihr erstes Länderspieltor für die ÖFB-Frauen.

Tore: 1:0 (19.) Billa, 2:0 (53.) Aschauer, 3:0 (77.) Eder. Wechsel: Prohaska für Dunst (57.), Maierhofer für Naschenweng (57.), Eder für Zadrazil (71.), Pinther für Billa (71.), Makas für Aschauer (78.), Enzinger für Burger (78.).

1:3 gegen Schottland – Finaleinzug billig vertan

Ein Match mit viel Experimental-Charakter: Schottlands Teamchefin Anna Signeul verzichtete fast komplett auf ihre besten Spielerinnen (Kim Little, Rachel Corsie, Emma Mitchell, Joanne Love, Jennifer Beattie).

Und Dominik Thalhammer packte jenes System mit Dreierkette aus, das zwischen 3-5-2 und WM-System ist und schon gegen schwächere Gegner angetestet wurde und nun erstmal einem Härtetest gegen einen Kontrahenten auf Augenhöhe unterzogen wurde: „Aber das erste Mal, dass wir es mit drei echten Verteidigern und zwei echten Sechsern von Beginn an gespielt haben. Der Vorteil an diesem System ist, dass wir schnell in Überzahl in Ballnähe sind, egal wo auf dem Feld der Ball gewonnen wird.“

Dass das Spiel nicht gewonnen wurde, lag an einigen falschen Entscheidungen – wie vor dem Gegentor zum 1:2. Anstatt vor dem gegnerischen Strafraum vor das Tor zu spielen, wurde ein Doppelpass versucht, der Ball verloren und der Konter gefangen. Ganz ähnlich entstand auch das 1:3 durch einen sehenswerten Weitschuss von Bayern-Legionärin Lisa Evans. Trotzdem sagt der Teamchef: „Wir haben gegen Schottland besser gespielt als beim 3:0 gegen Neuseeland, finde ich.“

Tore: 0:1 (58.) J. Ross, 1:1 (65.) Billa, 1:2 (78.) L. Ross, 1:3 (90.) Evans. Wechsel: Naschenweng für Puntigam (53.), Eder für Prohaska (60.), Makas für Aschauer (76.), Pinther für Billa (80.).

1:1 gegen Belgien – Nicht hängen lassen

Vor allem die schwedischen Ligaklubs monierten relativ laut und merkbar indigniert den heftigen Zeitplan von vier Spielen in acht Tagen, denen ihre Spielerinnen beim Algarve Cup unterzogen waren. Beim Cyprus Cup wurde der selbe enge Zeitplan eingehalten. Kein Wunder also, dass beim Platzierungsspiel gegen Belgien beiden Teams die intensive Woche deutlich anzumerken war.

In diesem Spiel – Marina Georgieva gab ihr Team-Debüt – kehrte man zum aus der Qualifikation gewohnten 4-3-3 zurück, dafür erhielten Kirchberger, Zadrazil, Schiechtl und Billa erst einmal einen erholsamen Platz auf der Bank. „Belgien hat gegenüber der Vergangenheit das Spiel auch etwas geändert, agiert jetzt mehr mit langen Bällen als früher“, vergleicht Thalhammer mit den beiden Testspielen gegen die Red Flames (einem 0:2 in Gent und einem 2:1 in Stegersbach im Jahr 2013).

Das Spiel verlief insgesamt ausgeglichen, ohne dass man sich aus österreichischer Sicht sorgen hätte machen müssen. Nach der Pause wurde auf 4-4-2 gestellt, mit Dunst als zweiter Stürmerin – aber Belgien erzielte so ein wenig aus dem Nichts dir Führung. Die ÖFB-Frauen blieben aber dran und wurden durch die von Billa freigespielte Aschauer noch mit dem Ausgleich belohnt. Dass das Elferschießen verloren wurde, hatte nur statistischen Wert.

Tore: 0:1 (63.) Wullaert, 1:1 (78.) Aschauer. Wechsel: Kirchberger für Georgieva (Halbzeit), Zadrazil für Eder (Halbzeit), Billa für Burger (Halbzeit), Pinther für Prohaska (58.), Schiechtl für Wenninger (62.), Enzinger für Dunst (82.). Im Elferschießen treffen Kirchberger und Aschauer; Puntigam, Pinther und Billa vergeben.

Den Turniersieg holte sich übrigens die Schweiz (erster Gruppengegner von Österreich bei der EM), die – obwohl taktisch weiterhin zuweilen sehr naiv agierend – im Finale gegen Südkorea durch einen abgefälschten Freistoß 1:0 gewann. Der Auftritt von Italien mit zum Teil derben Niederlagen (wie dem 0:6 gegen die Schweiz) lässt für die EM fürchterliches erwarten.

Das nächste Spiel für die ÖFB-Frauen wird ein Test gegen England in Milton Keynes am 10. April sein.

Die andere Turniere

Der SheBelieves Cup in Amerika wurde von den Top-Nationen genützt, um zu probieren. Die USA experimentierte erstmals seit einem Jahrzehnt wieder eine Formation mit Dreier-Abwehr. Deutschland testete personell einiges aus, vor allem im Match gegen Frankreich. England war stark im hohen Pressing, aber schwach im eigenen Aufbau. Und Frankreich (zweiter EM-Gruppengegner von Österreich) hat das Turnier zwar gewonnen, aber spielerich überzeugt hat man – zumindest gegen Deutschland und England – eher nicht. Endstand: Frankreich 7 Punkte, Deutschland 4 Punkte, England 3 Punkte, USA 3 Punkte.

Den extrem stark besetzten Algarve Cup mit neun Teams aus den Top-15 der Weltrangliste gewann Spanien (im Finale 1:0 gegen Titelverteidiger Kanada). Österreichs letzter EM-Gruppengegner Island holte achtbare Remis gegen Norwegen und Spanien sowie eine Niederlage gegen Vize-Weltmeister Japan und einen Sieg gegen WM-Viertelfinalist China.

Und das schwächste März-Turnier, der Istria Cup in Kroatien, endete mit dem Turniersieg der Slowakei (im Finale 2:0 gegen Bosnien). Beeindruckend war dabei einerseits die gute Aufbereitung des Turniers auf Social-Media-Plattformen, Live-Übertragungen der meisten Spiele auf Facebook inklusive. Beeindruckend war aber auch der erbärmliche Zustand der Plätze.

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