Ungarn – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Fri, 25 Jun 2021 17:02:12 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Polen, Russen, Türken als Verlierer einer EM-Vorrunde mit Farbtupfern https://ballverliebt.eu/2021/06/25/polen-russen-tuerken-als-verlierer-einer-em-vorrunde-mit-farbtupfern/ https://ballverliebt.eu/2021/06/25/polen-russen-tuerken-als-verlierer-einer-em-vorrunde-mit-farbtupfern/#comments Fri, 25 Jun 2021 09:14:12 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17583 Polen, Russen, Türken als Verlierer einer EM-Vorrunde mit Farbtupfern weiterlesen ]]> Die Gruppenphase der EM dieses Jahres 2021 ist beendet. Das heißt, dass wir uns von den ersten acht Teams verabschieden müssen. Darunter sind einige relativ prominente Namen – wie etwa Polen, Russland und die Türkei – aber sie alle haben genug Schwächen gezeigt, um das Vorrunden-Aus zu rechtfertigen. Niemand kann sagen, dass es nur Pech oder unkontrollierbare äußere Einflüsse waren, die zum Aus geführt haben.

Hier die Bilanz der acht EM-Teilnehmer, die nach der Vorrunde die Segel streichen mussten.

Polen: Unter Wert geschlagen

Nein, natürlich wären die Polen nicht Europameister geworden, selbst wenn sie aus der Gruppe E herausgekommen wären. Aber die Truppe um Weltfußballer Robert Lewandowski ist doch unter Wert geschlagen worden und vieles erinnerte an den Auftritt von Österreich bei der EM 2016.

Polen spielt bei jedem Turnier die drei gleichen Spiele, ätzen Fans in der Heimat: Das Auftaktspiel, das Spiel der letzten Chance und das Spiel, um zumindest erhobenen Hauptes nach Hause zu fahren. Diesmal machte man gegen die Slowakei gar nicht so arg viel verkehrt, verlor aber durch einen Energieanfall von Róbert Mak und einen Eckball. Gegen Spanien war man zwar größtenteils am Verteidigen, holte aber immerhin das Remis ab. Und gegen Schweden kämpfte man sich nach 0:2 zurück, drückte auf den nötigen Sieg und lief in der Nachspielzeit in einen Konter – 2:3.

Es ist dennoch nicht nur Pech, weswegen Polen als einziger der zehn Quali-Gruppensieger vorzeitig ausscheidet. Es fehlt – wie so vielen der Mittelklasse-Mannschaften – an einem höherklassigen kreativen Aufbau, um einen tief stehenden Gegner zu knacken. Das wurde vor allem gegen die Slowakei evident, lange kam man auch gegen Schweden nicht so recht in Abschlusspositionen. Wenn das gelang, war Lewandowski sofort zur Stelle, er erzielte drei der vier polnischen Tore, aber von Krychowiak (Ausschluss im ersten Spiel) und Klich kam zu wenig.

Es gibt einige junge, nachrückende Spieler – Kozłowski (17, vermutlich zu Dortmund), Piątkowski (20, zu Salzburg), Puchacz (22, zu Union Berlin) – aber ohne die Klasse eines Lewandowski kommt Polen (noch?) nicht aus.

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Russland: Am Boden der Tatsachen

Vorrunden-Aus bei der EM 2012, bei der WM 2014 und bei der EM 2016 – jeweils mit sehr biederem, oft hilflosen Fußball. Dann mauerte sich Russland vor zwei Jahren ins WM-Viertelfinale, nun ist die Sbornaja aber wieder am bitteren Boden der Tatsachen angekommen.

Das Mittelfeld hat in drei Spielen nicht einen einzigen kreativen Pass zu Stande gebracht, was den Russen das Leben gegen Finnland ziemlich schwer gemacht hat. Die Abwehr war fehleranfällig, was den Belgiern einen leichten Sieg ermöglicht hat. Und als man gegen Dänemark gezwungen war, Risiko zu gehen, lief man sofort in die Gegentore.

Vor allem die völlige Abwesenheit jeglicher Kreativität – mehr als lange Bälle in die grobe Richtung von Angriffs-Leuchtturm Dzyuba fiel den Russen kaum ein – macht den letzten Gruppenplatz, sogar hinter Debütant Finnland, zu einem korrekten Resultat. Denn der Anspruch von Russland muss es sein, zumindest unter die 16 besten Teams Europas zu kommen. Mit Golovin und Miranchuk gab es zwei Hoffnungsträger, aber sie sind auch schon Mitte 20 und können dem russischen Spiel noch immer nicht ihren Stempel aufdrücken.

Ungarn: Beinahe Sensation geschafft

84 Minuten hielt man Portugal bei einem Remis, die Franzosen sogar bis zum Schlusspfiff und gegen die Deutschen fehlten auch nur zehn Minuten auf den Sieg: Dass Ungarn auch ohne den verletzten Dominik Szoboszlai beinahe die „Todesgruppe“ überstanden hätte, darf als eine der größeren Überraschungen des Turniers gelten.

Freilich, ein besonders unterhaltsames Vergnüngen war es für den neutralen Zuseher nicht, wie man die individuell massiv überlegenen Gegner zum mühsamen Steineklopfen zwang. Aber die Disziplin, mit der die Magyaren verteidigten, wie sie nie die Ruhe verloren und nach dem zwischenzeitlichen deutschen Ausgleich binnen Sekunden wieder in Führung gingen, war durchaus beeindruckend.

Zu überlegen, ob es mit Szoboszlai tatsächlich für die Situation gereicht hätte oder was in einer anderen Gruppe möglich gewesen wäre – etwa jener mit Spanien, Schweden und der Slowakei – ist müßig. Attila Szalai soll in eine größere Liga wechseln, es gibt noch einige weitere nachrückende Spieler. Damit ist das einzige Team, das als Viertplatzierter seiner Qualifikation-Gruppe über das Nations-League-Playoff zur EM gekommen ist, wohl zumindest im Kampf um weitere EM-Teilnahmen gerüstet. Mehr? Schwierig.

Türkei: Die große Enttäuschung

Guter Kader mit diversen Spielern, die von einer Saison als Meister (Lille) oder Vizemeister (Milan) oder Cupsieger (Leicester) in guten Ligen zur EM gefahren sind. Der Trainer, mit dem die Türkei 2002 ein verdienter WM-Dritter geworden ist. Starke Resultate, wie der 4:2-Sieg gegen Holland, im Vorfeld. Und eine nicht besonders problematische Gruppe. Alles war angerichtet für ein starkes türkisches Turnier. Und dann das.

Das chancenlose 0:3 im Auftaktspiel in Italien durfte man noch am starken Gegner festmachen. Aber auch gegen Wales (0:2) und die Schweiz (1:3) haben die Türken nichts angeboten. Im Vorwärtsgang war es reiner Zufallsfußball: Kaum drei zusammenhängende Pässe, viel Improvisation, enorme Ungenauigkeit. Hakan Çalhanoğlu konnte weder von der linken Außenbahn noch von der Acht/Zehn in Güneş‘ 4141/4231-Hybridsystem irgendeine Form von Struktur hinein bringen.

Das defensive Mittelfeld mit Okay und Ozan war so durchlässig, dass Güneş sie in den ersten beiden Spielen jeweils beide auswechselte und vermehrt den gelernten Innenverteidiger Ayhan auf die Sechs stellte. Die auf dem Papier gutklassige Abwehr war durchlässig; Demiral merkte man die fehlende Spielpraxis bei Juventus deutlich an. Und Uğurcan Çakır im Tor offenbarte einige technische Schwächen.

Die Türkei fährt mit der schlechtesten Bilanz alle EM-Teilnehmer – 0 Punkte, 1:8 Tore – nach Hause. Und das mit einem Team, das auch im Viertelfinale keine Sensation gewesen wäre.

Nordmazedonien: Achtbares Turnier-Debüt

Auch wenn es letztlich drei Niederlagen gab: Der Debütant hat eine gute Figur abgegeben und gezeigt, dass man eben nicht mehr das sportliche Anhängsel als traditionell schlechtestes Team aus dem ehemaligen Jugoslawien ist. Man machte Österreich und der Ukraine das Leben schwer, Goran Pandev erzielte beim Höhe- und Schlusspunkt seiner 20-jährigen Nationalteam-Karriere sogar noch ein EM-Tor und einige Junge lieferten Talentproben ab.

Vor allem die beiden Achter Eljif Elmas und Enis Bardhi – die auch beide jeweils als hängende Spitze hinter Pandev betätigten – dürften das Team in den kommenden Jahren prägen; Rayo Vallecano hat sich in Abwesenheit von Stammgoalie Stole Dimitrievski im Playoff um den Aufstieg in die La Liga durchgesetzt. Der routinierte Arjan Ademi hat auch sicher noch eine EM in den Beinen, der giftige Egzjan Alioski (Arnautovic‘ Spezial-Freund) auch.

Die Grundausrichtung war defensiv, aber die Mazedonien bunkerten sich nicht nur hinten ein, sondern hatten zuweilen – vor allem gegen die Ukraine – durchaus die Ambition, auch selbst nach vorne zu spielen. Zwar fährt man mit dem höchsten Gegentor-Wert bei den Expected Goals nach Hause, aber man hat sich keineswegs als der chancenlose Prügelknabe präsentiert, den man vom Team aus der hintersten Nations-League-Zug befürchtet hatte.

Und ja, Mazedonien hat sich über die Nations League qualifiziert und diese Bewerbsspiele, in denen man sich ohne Angst vor Debakeln entwickeln konnte, haben definitiv geholfen. Man darf aber nicht vergessen, dass sich das Team auch im alten Quali-Modus ohne NL-Hintertür zumindest für das Playoff qualifiziert hätte. Man war Gruppendritter hinter Polen und Österreich, und noch vor Slowenien und Israel. Auch in der WM-Quali für 2022 hat man mit dem Sieg in Deutschland schon ein Ausrufezeichen gesetzt.

Schottland: Bemüht, aber nicht gut genug

Erstmals seit der WM 1998 hat sich Schottland wieder für ein großes Turnier qualifiziert. Bei der elften Teilnahme an einer WM- oder EM-Endrunde steht letztlich zum elften Mal das Aus in der Vorrunde, aber neben einigen allzu offensichtlichen Schwächen gibt es auch Anzeichen, die eine gewisse Zuversicht geben können.

Die Schotten verfügen aktuell über drei Spieler, die höheren Ansprüchen in der Premier League genügen. Zwei davon sind Linksverteidiger (Robertson und Tierney), einer ist Sechser (McTominay). Steve Clarke etablierte in den letzten Monaten ein 5-3-2, in dem er sie alle drei unterbrachte – McTominay dabei in der Abwehrkette. Die Folge: Schottland legte alles hinein, spielte stets mit vollem Einsatz und hatte vor allem nach dem 0:0 gegen England den Applaus auf seiner Seite.

Am Ende war’s trotzdem deutlich zu wenig. Das Problem war, wie bei so vielen anderen Teams, die Kreativität im Mittelfeld und das Leistungsgefälle schon innerhalb der ersten Elf. Billy Gilmour hat viel Talent und spielte gegen England stark, fehlte gegen Kroatien aber nach einem positiven Corona-Test. Ché Adams brachte Belebung in den Angriff, er macht aber – wie auch in Southampton – etwas zu wenig daraus.

Dafür ist Stephen O’Donnell auf der rechten Seite ein braver Kämpfer, aber technisch zu schwach für eine EM. Lyndon Dykes, der alle drei Spiele starten durfte, brachte im Angriff keinerlei Mehrwert. Und Optionen von der Bank, die über Zweitliga-Niveau hinausgehen würden, hat Clarke ganz einfach nicht zur Verfügung. Realistisch betrachtet wird auch in absehbarer Zukunft schon die Qualifikation für eine EM ein Kraftakt bleiben.

Finnland: Kein zweites Island

Die Strategie des zweiten EM-Debütanten war erwartet simpel: Hinten mit Fünfer-Kette und drei defensiven Mittelfeldspielern davon nichts zulassen; und vorne auf die Torgefahr von Joel Pohjanpalo und vor allem Teemu Pukki hoffen. So holte Finnland tatsächlich annähernd das Optimum aus dem Turnier heraus, es gab sogar einen Sieg, über den man sich angesichts der Umstände (Stichwort Eriksen) in dem Moment kaum freuen konnte.

Der stets freudig lachende Paulus Arajuuri versinnbidlicht den finnischen Turnier-Erstauftritt. Man genoss die Spiele im Scheinwerferlicht, so weit das möglich war, und hatte sichtlich Freude daran, die individuell besser besetzten Gegner zu nerven. Es reichte zwar in der Offensive kaum kaum mehr als vier vernünftige Torschüsse in den drei Spielen (davon war einer drin, beim 1:0-Sieg über Dänemark). Aber man stellte die Gegner vor Probleme.

Und wer weiß, ob ohne Hradeckys unglücklichem Reflex, der die späte Niederlage gegen Belgien gebracht hat, nicht sogar noch ein vierter Punkt und damit die Achtelfinal-Teilnahme gestanden wäre. Dort hätte Wales gewartet, ein Viertelfinale wie vor fünf Jahren bei Island war also keineswegs völlig außerhalb der Reichweite. Man hat sich vorerst im zweiten Zug der Nations League etabliert, für die WM-Quali in den dritten Topf nach vorne gekämpft und wird mit der Ukraine um den zweiten Gruppenplatz in der Gruppe hinter Frankreich kämpfen.

Tatsache ist aber auch: Leistungsträger wie Pukki, Sparv, Arajuuri und Toivio nähern sich dem Herbst ihrer Karrieren und es gibt kaum nennenswert talentierten Nachwuchs.

Slowakei: Harmlos, langweilig, abgeschossen

Der Expected-Goals-Wert der Slowakei beträgt etwa 1,1 Tore. Wohlgemerkt: In allen drei Spielen zusammen. Es reichte zu einem glücklichen Sieg über ratlose Polen, der durch ein Solo-Dribbling und einen Eckball gesichert wurde – aber kreiert haben die Slowaken praktisch nichts. Man war das harmloseste und langweiligste Team der EM und gegen Spanien gab es einen der hilflosesten Auftritte eines EM-Teilnehmers ever.

Dass nach vorne nichts los ist, ließ sich schon beim 0:0 im letzten Test in Wien erahnen, daran änderte auch die Rückkehr des gegen Österreich noch geschonten Marek Hamšík nichts. Trainer Tarkovič spielte dann auch ohne gelernten Stürmer: Denn Hamšík ist immer eher auf der Acht daheim gewesen und Duda ist ein Zehner. Stürmer Ďuriš kam zweimal erst in den Schlussminuten. Der junge Robert Boženík, der in der Qualifikation vorne gespielt hatte, kommt bei Feyenoord kaum zum Zug und war in der der drei slowakischen EM-Spiele nicht einmal im 23er-Kader.

Dieses Team kann nur verteidigen und beim 0:5 gegen die Spanier – wo die Slowakei nicht einen einzigen Torschuss verzeichnete – nicht einmal das. Auch die mittelfristige Aussicht ist nicht rosig. In der Nations League ist man relativ krachend in den dritten Zug abgestiegen, die Qualifikation für Katar 2022 hat man mit Unentschieden gegen Malta und Zypern begonnen. Trotz des überraschenden Sieges gegen Russland: Die Chance selbst auf das Playoff ist schon jetzt stark beschädigt.

Fazit: Nur Fußnoten zu verabschieden

Wie schon vor fünf Jahre gilt: Die Erweiterung von 16 auf 24 Teams macht das Turnier größer, aber nicht unterhaltsamer. Haben wir in der Vorrunde eine Mannschaft verloren, die wirklich das Zeug für ein EM-Viertelfinale hätte? Eher nicht. Die Polen unter Umständen, die waren 2016 nur ein Elfmeterschießen vom Halbfinale entfernt. Die Russen? Trotz des WM-Viertelfinales von 2018, nein, das war einfach überhaupt gar nichts da.

Die Finnen und die Mazedonier haben sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten anständig verkauft, die Schotten in Wahrheit auch, aber das sind Farbtupfer, die im Ganzen kaum mehr als Fußnoten sind. Ungarn? Haben sich in der schwere Gruppe wacker verteidigt, immerhin. Die Türkei, gutes Potenzial, auf dem Platz ein Desaster. Die Slowakei? Schön für sie, dass sie dabei waren. Sollen sich über den Sieg gegen Polen freuen. Aber bitte reden wir nicht mehr drüber.

Im Achtelfinale gibt es immer noch einige Duelle von Teams, die man nicht zwingend als Bank für das Viertelfinale gesehen hätte, aber hier braucht es doch schon ernsthafte Qualität in dem, was man tut, um dorthin zu kommen. Das ist manchmal nicht so lustig anzushen (looking at you, Sweden), manchmal wirklich mitreißend (Dänemark!).

Oder sagen wir so: Die Vorrunde 2021 war deutlich unterhaltsamer als die Vorrunde 2016. Das lag aber nur zu einem kleinen Teil an den nun ausgeschiedenen Teams.

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Die Achtelfinal-Verlierer der EURO 2016: Zwischen Blamage und tollem Erfolg https://ballverliebt.eu/2016/06/28/die-achtelfinal-verlierer-der-euro-2016-zwischen-blamage-und-tollem-erfolg/ https://ballverliebt.eu/2016/06/28/die-achtelfinal-verlierer-der-euro-2016-zwischen-blamage-und-tollem-erfolg/#comments Tue, 28 Jun 2016 10:48:12 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12745 Erste K.o.-Runde der EURO 2016, erste wirklich prominente Opfer: Nachdem es in der Vorrunde mit ein, zwei Ausnahmen nur die Teams gescheitert waren, von denen man das auch so erwartet hat, ist das Feld der Achtelfinal-Verlierer schon etwas heterogener. Neben Glücksrittern aus der Vorrunde (die beiden irischen Teams etwa) hat er auch schon Teams aus dem Favortenkreis (Spanien, Kroatien) erwischt.

Hier im zweiten Teil unserer EURO-Teamanalyse: Die Plätze 9 bis 16, wenn man so will.

Spanien: Schwächen wurden eiskalt genützt

Team SpanienNicht nur, dass Vicente del Bosque diverse spannende Spieler gar nicht erst mitgenommen hat (Alcácer, Mata, Bernat, Javi Martínez, Cazorla, Ñíguez, Isco) – nein, von denen, die mit waren, durften auch nur genau elf zu Startelf-Einsätzen kommen.

Grundsätzlich hat sich seit 2010 am spanischen Spiel nichts wesentliches geändert, und das ist womöglich auch das Problem gewesen. Gegen die Tschechen (die sich hinten eingebunkert haben) und die Türken (die einfach nicht gut genug waren) wurde das noch nicht offenkundig. Aber sobald die Gegner eine gewisse Klasse hatten, wurde deutlich: Spanien ist mittlerweile recht leicht auszurechnen und offenbart in den wenigen Spielen, in denen sie wirklich gefordert werden, erstaunliche Schwächen in den defensiven Strukturen.

Konnte man das gegen Kroatien noch auf fehlende Ernsthaftigkeit schieben, war man den Italienern im Achtelfinale taktisch auf fast schon beängstigende Art und Weise unterlegen. Wie schon Portugal vor vier Jahren im Halbfinale traute sich Italien, das spanische Kurzpass-Spiel schon im Keim zu stören. Damals rettete sich Spanien noch ins Elferschießen und gewann.

Seither aber geht es gegen Teams, die auf diese Art und Weise spielen, fast schon regelmäßig kräftig in die Hose. Vor allem, wenn diese – wie eben Italien hier und 2012, aber auch Holland und Chile bei der WM 2014 – mit einer Dreierkette daherkommen.

Die Zukunft von Del Bosque ist ungewiss – nach zwei Turniersiegen schied er zweimal (zu) früh aus. Da er in den letzten Jahren zunehmend eine gewisse Bequemlichkeit an den Tag legt, was Coaching, inhaltliche Fragen und Weiterentwicklung angeht, aber auch die personelle Erneuerung seines Teams (warum hatte etwa Fàbregas nach einer furchtbaren Saison wie selbstverständlich einen Stammplatz, während Ñíguez nach einer großartigen Saison nicht einmal mitdurfte?), liegt der Verdacht nahe, dass die Ära Del Bosque nach acht Jahren zu Ende geht. Sicher ist aber: Die Mannschaft, der es ja keineswegs an Weltklasse mangelt, könnte den einen oder anderen neuen Impuls brauchen.

England: Starke Phasen und eine zünftige Blamage

Team EnglandEinen neuen Impuls wird England definitiv bekommen: Nach dem Generationswechsel auf dem Feld kommt nach der Achtelfinal-Blamage gegen Island auch ein neuer Trainer, keine halbe Stunde nach dem Abpfiff legte Roy Hodgson nach viereinhalb Jahren sein Amt nieder. Dabei ist England seit dem Vorrunden-Aus bei der WM vor zwei Jahren eigentlich einen guten Weg gegangen.

Mit der Umstellung auf das 4-1-4-1 hatte Hodgson es seinen Achtern (der aktive Alli und Rooney, der vor allem durch komplizierte lange Bälle statt einfache kurze auffiel) ermöglicht, sich auf ihre Aufgaben nach vorne zu konzentrieren. Genau diese Balance hatte im althergebrachten 4-4-2 (wir erinnern uns, in der Vergangenheit oft mit Gerrard und Lampard) gefehlt. Das Resultat war eine makellose Qualifikation und eine an sich sehr gute Vorrunde, wo es zumeist nur die mangelnde Chancenverwertung zu bekritteln gab.

Ihre stärksten Momente hat das englische Team, wenn es gegen den Ball arbeiten kann. Genau das aber erlaubte Island den Three Lions nicht, und es zeigte sich, was sich schon gegen die Slowakei andeutete: Das mit dem Ausspielen eines geschickt verteidigenden Teams – auch, wenn es wie Island eher höher spielt, und nicht ganz tief steht – funktioniert nicht. Das war gegen die Slowakei noch nicht sooo tragisch (obwohl man mit dem 0:0 den Gruppensieg verschenkt hatte), aber gegen Island war es fatal.

Diese Niederlage, so bitter sie ist, ändert allerdings nichts daran, dass dieses englische Team durchaus eine Zukunft hat. Es ist in weiten Teilen noch recht jung, es ist entwicklungsfähig und vor allem haben die maßgeblichen Spieler in der Liga die richtigen Trainer – Pochettino bei Tottenham, Klopp bei Liverpool, nun kommt Guradiola zu Man City. Wenn man nicht komplett in sich versinkt (wie etwa Österreich nach Landskrona), kann England aus diesem Turnier viel lernen.

Kroatien: Erst stark, dann verzweifelt

Team KroatienEs war womöglich nicht die letzte Chance der Generation Modric, einen Titel zu holen. Aber ganz sicher die größte: Kroatien zeigte in der Vorrunde (neben Deutschland) von allen stärkeren Teams konstant die beste Kombination aus individueller Klasse und gutem Coaching; das selbstgefälige Chaos unter Igor Stimac und die auf Motivation statt Taktik basiernde Amtszeit von Niko Kovac ist ganz deutlich vorbei.

Die Balance im Zentrum (Badelj als Absicherung, Modric als Hirn des Teams, Rakitic als Störer an vorderer Front) war hervorragend abgestimmt, Perisic und Srna sorgten für die Vertikalität auf den Außenbahnen. Lediglich die Innenverteidigung ist ein deutliches Stück von internationaler Klasse entfernt – machte aber gegen Spanien eine gute Figur.

Allerdings trifft auch auf Kroatien zu, was auf viele Teams der zweiten Reihe zutrifft: Wenn man auf die zwei besten Spieler verzichten muss, wird es schwer. Und Modric und Rakitic standen gegen Portugal zwar auf dem Platz, aber sie waren in der Manndeckung durch William Carvalho und Adrien Silva zur Wirkungslosigkeit verdammt. So war es nicht die Innenverteidigung, die diesem an sich tollen Team die Titelchance kostete (und die war im Außenseiter-Ast durchaus da), sondern die Abhänigkeit von Modric und Rakitic. Das kann man den Kroatien aber auch wieder nur schwer zum Vorwurf machen.

Schweiz: Weder begeisternd noch enttäuschend

Team Schweiz

Unser geschätzter Schweizer Taktikblog-Kollege Andreas Eberli konstatierte über das Nationalteam seines Landes: „Insgesamt gute, sehr typische Vorrunde der Nati, zeigen unter Petkovic seit langem konstant ziemlich genau dieses Spiel und Niveau. Sehr dominanzorientiert, auch wirklich gut in vielen Bereichen, ballsicher und damit die attraktivste und wohl beste Nati der letzten Jahre, aber auch nicht perfekt balanciert im Aufbau, ohne konstant saubere Verbindung nach vorne und zuweilen etwas zu lang/löchrig bei Ballverlust. Und halt im Offensivspiel ohne besondere Harmonie, Feinabstimmung oder überragende individuelle Qualität.“

Die große Schwachstelle des ersten Spiels – die fehlende Abstimmung im Mittelfeld-Zentrum – wurde so halb durch das zweite Spiel behoben, man kontrollierte danach Frankreich und Polen ganz gut, ohne aber selbst gefährlich zu werden. Shaqiri ist und bleibt zu unkonstant, Dzemaili ist ein Achter und kein Zehner, Seferovic vorne war eine Gemeinheit, Joker Embolo fehlt es deutlich an der internationalen Erfahrung.

Es ist nach dem dank seiner Vergangenheit in der Schweiz sakrosankten, aber gerade in den letzten Jahren quälend konservativen Ottmar Hitzfeld nun sehr wohl die Absicht zu erkennen, das Spiel vermehrt selbst in die Hand zu nehmen. Aber es wird halt doch deutlich, dass es einfach dauert und auch das Personal von richtiger Qualität zu haben. Embolo kann ein Baustein dafür sein, aber es braucht mit Sicherheit noch einen vernünftigen Zehner – oder ein anderes System mit einer angepassten Spielanlage.

Irland: Wenig Klasse, viel Kämpferherz

Team Irland

Es ist leicht, Irland als glücklichen Underdog zu sehen. Allerdings waren sie bei den letzten vier Turnieren zweimal dabei und sind einmal nur durch einen Hand-Ball im Playoff gescheitert – aus dem Nichts kommt das Team also nicht.

Dennoch wirkt das Team, das sich zum Großteil aus Kickern der zweiten englischen Liga rekrutiert, wie genau das: Ein englischer Zweitligist. Begrenzt in den fußballerischen Mitteln, aber mit einem unbändigen Willen versehen. Gegen Schweden war man die bessere von zwei nicht besonders guten Mannschaften, gegen Belgien chancenlos und dann hatte man das Glück, dass es die Italiener im letzten Gruppenspiel nicht wirklich interessiert hat. So schlich man ins Achtelfinale – dort lieferte man gegen Frankreich, der 1:2-Niederlage zum Trotz, die vermutlich beste Leistung des Turniers ab. Allen in allem sind die Iren zwar keine supertolle Mannschaft, können den Turnierverlauf aber absolut als Erfolg verkaufen.

Positiv vermekt werden muss, dass sich das irisch Team von den alten Herren (Robbie Keane und Shay Given) emanzipiert hat, ohne dramatisch an Qualität verloren zu haben. Im Gegenteil: Verglichen mit der heillos überforderten Truppe, die vor vier Jahren dreimal verlor und 1:9 Tore zu Buche stehen hatte, ist Irland diesmal deutlich solider aufgestellt gewesen. Die aktuelle Mannschaft hat auch noch locker zwei Turniere drin und sie weiß um ihre Limits; versucht nicht, etwas zu sein, was sie nicht sein kann.

Nordirland: Mit spannenden Fünferketten

Team NordirlandFast noch zufriedener als der größere Nachbar kann das Team aus Nordirland sein – anders als die Republik-Iren haben die Ulster-Boys nämlich keinerlei Turnier-Erfahrung in den Beinen. Ihr Zugang war deutlich defensiver: In der ersten Hälfte gegen Polen und im Achtelfinale gegen Wales kam Nordirland mit einer Fünfer-Abwehrkette daher, die aber durchaus spannend war.

So gab gegen Polen Zentral-Verteidiger Gareth McAuley den Manndecker für Lewandowski, während seine Nebenmänner eher im Raum verteidigten. Und gegen Wales klappte schon die Abschirmung so gut, dass man es sich erlauben konnte, immer wieder auch nicht ungefährliche Nadelstiche nach vorne zu setzen. Gegen die furchtbar biederen Ukrainer gab es sogar einen verdienten Sieg – nur gegen die Deutschen hatte Nordirland mächtig Glück, dass es dank Torhüter McGovern „nur“ 0:1 ausging.

Natürlich: In der WM-Qualifikation (gegen Deutschland und Tschechien) wird es wenig zu erben geben und für die EM in vier Jahren ist das aktuelle Team dann doch schon eine Spur zu alt (vor allem Führungsfiguren wie McAuley, Hughes und Davis) und natürlich profitierte man von einer leichten Quali-Gruppe. Aber Michael O’Neill hat es geschafft, das Team so zu optimieren, dass fast immer das Optimum heraus geholt werden konnte. Auch wenn dieses Turnier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen Eintagsfliege bleiben wird: Darauf können die Nordiren zweifellos stolz sein.

Slowakei: Solide, aber zu viel von Hamsik abhängig

Team SlowakeiAuch die Slowaken haben nicht enttäuscht: Auch beim zweiten Turnier der Verbandsgeschichte (nach der WM 2010) überstand man die Vorrunde und scheiterte im Achtelfinale an einem Titelkandidaten. Das ist genau, was die Mannschaft drauf hat – auch die Slowaken haben also das Optimum aus ihren Möglichkeiten heraus geholt.

Wie schon im Vorfeld klar war, beschränkte sich das Spiel vornehmlich auf eine sichere Defensive und geniale Momente von Marek Hamsik. Der Exzentriker von Napoli lieferte vor allem beim 2:1-Sieg gegen die Russen (wo er ein Tor erzielte und das andere vorbereitete) und stellte sich beim wichtigen 0:0 gegen England voll in den Dienst der Mannschaft.

Vom 0:3 gegen Deutschland im Achtelfinale abgesehen, stand der Abwehrverbund tatsächlich wirklich gut, allerdings wurde im Turnierverlauf schon auch klar, dass dieses Team ohne Hamsik keine Chance hätte, an so einer Endrunde überhaupt teilzunehmen. Die Flügelspieler (Weiss und Mak) sind kaum mehr als Durchschnitt und die zur Verfügung stehenden Stürmer (Duris und Duda) nicht einmal das.

Das Achtelfinale bei so einem Turnier ist der absolute Plafond für diese slowakische Mannschaft. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern – eher steht zu vermuten, dass es beim anstehenden Generationswechsel (sieben Stammkräfte der WM 2010 sind wieder dabei gewesen) zumindest einige Zeit eher nach unten gehen wird. Allerdings haben sie es in der WM-Qualifikation nicht ganz so übel erwischt.

Ungarn: Gut eingestellt und auch glücklich

Team UngarnBei der ersten Turnier-Teilnahme nach 30 Jahren wurde Ungarn völlig überraschend Gruppensieger – eine Leistung, die weit über das Talent des Teams hinausgeht. Umso mehr Credit muss an Bernd Storck gehen, der deutlich mehr aus der Mannschaft heraus geholt hat, als eigentlich drin war.

Sehr genau stellte der ehemalige Teamchef von Kasachstan seine Mannen auf jeden Gegner ein und er hatte auch das nötige Glück. Im Spiel gegen Österreich, dass man nicht nach einer halben Minute in Rückstand geriet und das ÖFB-Team nach einer Viertelstunde de facto erst Junuzovic und dann jedes Selbstvertrauen verlor. Gegen Island, dass kurz vor Schluss doch noch der 1:1-Ausgleich fiel. Und gegen Portugal, dass einige Schüsse zu Toren wurden, die eigentlich nie Tore hätten werden dürfen. Gegen die horrend schlecht gecoachten Belgier hielt man im Achtelfinale das Spiel bis zehn Minuten vor Schluss zumindest vom Ergebnis her offen.

Altmeister Gábor Király glückte mit einer starken EM ein toller Abschluss seiner langen Karriere, auch der betagte Zoltan Gera (einst im EL-Finale mit Fulham) und der nach vielen Jahren in Belgien in die Heimat zurück gekehrte Roland Juhász durften noch ein letztes Hurra feiern. Die meisten anderen haben es auch im besten Fußballer-Alter noch nicht in eine Top-Liga geschafft (Kádár, Lovrencsics) oder haben sich dort nicht nachhaltig durchgesetzt (Pintér). Selbst Adam Szalai hat seine beste Zeit vermutlich schon hinter sich.

Inwieweit die Fußball-Offensive, die in Ungarn auf Impuls von Ministerpräsident Viktor Orbán gestartet wurde, mittel- und langfristigen Erfolg zeigt, wird man erst in mehreren Jahren wissen (auch in Österreich dauerte es ja ein Jahrzehnt, bis man die Früchte ernten konnte). Aber zumindest ist Ungarn nun schon mal zurück auf der Fußball-Landkarte.

Fazit: Vier können zufrieden sein, drei nicht

Die Kritik, dass vier Gruppendritte es auch noch ins Achtelfinale schaffen, wird von vielen Seiten sehr unverhohlen geführt. Man muss aber sagen: Nur einer der vier fiel in seinem Achtelfinale deutlich ab (und dieser eine, die Slowakei, gegen den amtierenden Weltmeister). Die beiden irischen Teams haben ihre Gegner kräftig geärgert und Portugal (kein klassischer Dritter, schon klar) hat es sogar ins Viertelfinale geschafft.

Die Schweizer hätten sich ob des nicht unschlagbaren Gegners Polen mehr ausgerechnet, sie haben aber immerhin ihr Minimalziel erreicht und nicht enttäuscht.

Das sind die Kroaten sicher, aber viel werden sie nicht ändern können – außer, sich einen Plan zu überlegen, wie man reagiert, wenn Modric und Rakitic in Manndeckung genommen werden. Sicher zu mehr oder weniger großen Veränderungen wird es in Spanien und England kommen: Bei den einen eher, was die Besetzung auf dem Feld angeht, bei den anderen, was die Besetzung der Coaching-Zone angeht. Beide werden sich natürlich für die WM in zwei Jahren qualifizieren.

Spätestens da wird man sehen, ob es die richtigen Veränderungen waren.

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Ungarn ziehen ÖFB-Team auf ihr Niveau runter und siegen 2:0 https://ballverliebt.eu/2016/06/14/ungarn-ziehen-oefb-team-auf-ihr-niveau-runter-und-siegen-20/ https://ballverliebt.eu/2016/06/14/ungarn-ziehen-oefb-team-auf-ihr-niveau-runter-und-siegen-20/#comments Tue, 14 Jun 2016 18:31:08 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12648 Ungarn ziehen ÖFB-Team auf ihr Niveau runter und siegen 2:0 weiterlesen ]]> Das ÖFB-Team verhaut den Start in die EM gründlich: Mit einer ungewohnt schwachen Leistung wurde das unansehnlich schwache Spiel gegen Ungarn mit 0:2 verloren. Ungarn verstand es gut, das Spiel der Österreicher zu verhindern und schlug zu, nachdem man die Angriffswege nach dem Seitenwechsel adaptiert hatte. Österreich, dann ohne den verletzten Junuzovic und den ausgeschlossenen Dragovic, fand keinen Weg mehr zurück.

Österreich - Ungarn 0:2 (0:1)
Österreich – Ungarn 0:2 (0:1)

Die Ungarn waren, logisch, zunächst einmal darauf bedacht, die größte Stärke Österreichs zu neutralisieren: Die linke Seite. Arnautovic hatte sofort, wenn er in der Nähe des Balles war, drei Gegenspieler auf sich kleben. Zwei-, dreimal geriet Arnautovic in eine solche Traube. Nicht, dass darauf dramatische Umschaltmomente zu Gusten der Ungarn entstanden, aber es zeigte doch Wirkung.

Die Ungarn spielten in einem 4-1-3-1-1, das perfekt auf die Aufteilung des ÖFB-Teams abgestimmt war: Ádam Nágy, der Sechser, stand recht tief, half wenn nötig der Abwehr beim Herausspielen und engte den Wirkungskreis von Zlatko Junuzovic ein. Dzsudzsák berarbeitete Arnautovic, der routinierte Gera übernahm die Achter-Position rund um Alaba.

Vorne bildeten Kleinheisler und Sturmspitze Szalai ein Zweiergespann, dass es Österreich durch geschicktes Aufbauen von Decksungsschatten die Eröffnung durch das Zentrum kappte. Dragovic und Hinteregger konnten diese Situationen durch Aufrücken ein paar Mal auflösen, aber das hinterließ natürlich Löcher hinten. Darum machten sie das auch nicht allzu oft.

So verhinderten die Ungarn einen gezielten österreichischen Aufbau und es gelang ihnen schnell bei jedem Österreicher zu sein, der doch in ihre Gefahrenzone eindrang.

Geordneter Rückzug

Österreich erkannte, dass man die Ungarn so nicht ausgespielt bekam, und zog sich in der Folge etwas zurück. So zwang man Ungarn dazu, selbst etwas für den Aufbau zu tun. Es wurde schnell klar, dass ihnen recht schnell die Ideen ausgingen, sobald sie im Mittelfeld waren: Einstudierte Laufwege oder ein anderweitig gearteter Plan, wie man da sinnvoll in die Nähe des Strafraums kommen sollte, war nicht vorhanden.

Allenfalls, dass die es vermehrt über die Abwehrseite von Klein und Harnik versuchten, war auffällig – ist aber auch logisch. Generell aber deckte vor allem Baumgartlinger in der von ihm bekannten Aufmerksamkeit extrem stark viele Passwege zu, scheute keinen Zweikampf und gewann auch einige Bälle.

Auch der Raum zwischen den Linien, der bei Österreich zuweilen ja etwas weit aufzugehen droht, wurde gut kontrolliert.

Grausame Passquote

Wenn Österreich durch den Rückzug Ungarn locken und Umschaltmomente für sich selbst kreieren wollte, ging der Plan aber nicht wirklich auf: Zu viele einmal gewonnene Bälle wurde durch ungenaues Passspiel schnell wieder verschenkt. Die Passquote bei Österreich bewegte sich nur knapp über der 60-Prozent-Marke, das ist ziemlich schlecht. Auch Martin Harnik lieferte eine ziemlich dürftige Leistung ab.

Dass man dennoch zu zwei, drei guten Chancen kam (auch wenn man von Alabas Weitschuss nach ein paar Sekunden absieht), und jedes Mal, wenn man nach vorne kam, deutlich mehr Gefahr ausstrahlte als jeder ungarische Angriff (mit Ausnahme des verzogenen Schusses von Dzsudzsák) war ein kleiner Mutmacher für die zweite Hälfte.

Ungarn adaptiert die Angriffswege

Genau in der Phase nach Wiederanpfiff deuteten die Ungarn schon an, wie es gehen kann: Sie haben ihren Angriffsfokus nämlich auf die andere Seite verlegt. Nicht mehr gegen Harnik und Klein, sondern gegen die Seite mit Fuchs und Arnautovic liefen nun die Mehrzahl der Gegenstöße. Zu denen kamen sie, weil sie sich nun wieder zurück zogen und Österreich wieder weiter aufgerückt war.

Der Plan, den Storck seinem Team in der Pause ganz offensichtlich mitgegeben hatte: Nach Ballgewinn vertikal an Arnautovic vorbei, dann der kurzen Pass ins Halbfeld, und der nachrückende Ungar spielt den Ball wieder vertikal in Richtung österreichischem Strafraum. Logischer Grund: Das war das Halbfeld von Alaba – dieser war höher aufgerückt als Baumgartlinger, so ergab sich in genau diesem Halbfeld Platz.

Diesen exakten Move zeigte Ungarn in der 49. Minute, in der 52. Minute wieder. Und in der 62. Minute führte genau dieser Spielzug zum 1:0 für die Ungarn.

Chaos in Unterzahl

Drei Minuten davor musste Junuzovic angeschlagen endgültig raus (Sabitzer kam), nachdem er sich schon längere Zeit nach einem Foul auf eingeschränktem Kraftniveau durch die Partie geschleppt hatte; drei Minuten nach dem Tor folgte der nächste Tiefschlag für Österreich in Form der gelb-roten Karte für Dragovic (dem man die fehlende Wettkampf-Praxis nach seiner längeren Verletzungspause deutlich ansah).

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Nach dem Dragovic-Ausschluss (65.)

In der Folge ließ Österreich die Dragovic-Planstelle halb offen, Baumgartlinger rückte bei Bedarf nach hinten; andererseits agierte der Rest des Teams nun umso höher. Arnautovic war nun mehr im Zentrum zu finden als auf dem Flügel, Sabitzer agierte mehr als zweite Spitze denn als Zehner – indem er eher vorne auf Anspiele wartete als (wie Junuzovic) sich in den Aufbau einzubinden.

Die Folge war eine komplett über Bord geworfene Kompaktheit im Zentrum und tonnenweise Platz für die Ungarn, um zu kontern. Weder der Sechserraum noch das Abwehrzentrum war adäquat besetzt, und so schien es schon kurz nach dem Dragovic-Ausschluss nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die Ungarn einen Konter zum 2:0 abschlossen.

Denn das Passspiel der Österreicher blieb ob der nun natürlich immer mehr fehlenden Ruhe auf einem unterirdischen Niveau. So war es den Ungarn letztlich ein leichtes, genau ihre Stärken auszuspielen: Einen blindlings anrennenden und angeschlagenen Gegner mit einem offenen Zentrum zu verteidigen und zu kontern.

Kurz vor Schluss haben sie es dann doch noch geschafft, Stieber schloss einen dieser Gegenstöße in den offenen Raum zum 2:0-Endstand ab.

Fazit: Erst ungenau, dann panisch

Vielleicht haben die mäßigen Testspiele doch eine größere Wirkung hinterlassen als erhofft, ganz sicher haben es aber die Ungarn erfolgreich geschafft, das ÖFB-Team auf ihr Niveau herunter zu ziehen.

Ungarn brachte über weite Strecken des Spiels keine drei vernünftigen Vertikalpässe in einer Ballbesitzphase unter, hatten vor allem vor der Pause keinen wirklichen Plan zur Spielgestaltung und waren entsprechend harmlos. Weil es ihnen Österreich aber vor allem in puncto Passgenauigkeit gleich tat, konnte das ÖFB-Team diese Schwäche bei Ungarn nicht entsprechend nützen.

Natürlich, es gab vor allem vor der Pause drei wirkliche Chancen, um das Spiel auf Kurs zu bringen. Aber mit der neu gewonnenen Bürde des Favoriten-Daseins (und der entsprechenden Herangehensweise von auf dem Papier schwächeren, aber nicht heillosen Gegnern, wie etwa Ungarn) hat sich Österreich noch nicht angefreundet.

Diese Partie qualifiziert locker für die Top-3 der schlechtesten Performances unter Marcel Koller. Ist ein blöder Zeitpunkt dafür.

Wichtiges zum Lesen

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Österreich gewinnt den Cyprus-Cup (plus: noch viel mehr) https://ballverliebt.eu/2016/03/12/oesterreich-cyprus-olympia-frauenfussball-shebelieves-nadeshiko/ https://ballverliebt.eu/2016/03/12/oesterreich-cyprus-olympia-frauenfussball-shebelieves-nadeshiko/#comments Sat, 12 Mar 2016 19:30:40 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12148 Österreich gewinnt den Cyprus-Cup (plus: noch viel mehr) weiterlesen ]]> Ein Freistoß von der halbrechten Seite segelt in den polnischen Strafraum, eine Abwehrspielern verlängert die Kugel genau vor Katharina Schiechtl – und die Bremen-Legionärin sagt „Danke“. Das entscheidende 2:1 im Finale des Cyprus Cup für Österreich, es war die 89. Minute. Der erste Sieg bei einem der renommierten März-Turniere für Österreich.

Dies ist ein ziemlich ausführlicher Artikel. Zur Übersicht, folgende Themen werden behandelt: Erst geht es im Österreich beim Cyprus Cup, die ÖFB-Frauen haben mit drei Siegen und einem Remis das durchaus namhafte Turnier gewonnen. Dann werfen wir einen Blick auf das europäische Olympia-Quali-Turnier und dort im Speziellen auf das Team der Schweiz. Außerdem fand noch der hochkarätig besetzte SheBelieves Cup in den USA statt, wo die vier derzeit besten Nationalteams der Welt untereinander waren. Und am Ende geht der Blick noch nach Japan, weil der Teilnehmer an den letzten drei Finals von großen Welt-Turnieren die Qualifikation für Olympia sensationell verpasst hat.

Österreich gewinnt den Cyprus Cup

„Im Herbst haben wir mit zwei Sechsern gespielt“, erklärt Teamchef Dominik Thalhammer, nun nur noch mit einem. Das Grundgerüst mit dem Ball war ein 4-1-4-1 bzw. 4-3-3, mit nur einer defensiven Mittelfeld-Spielerin. Durch die doppelte Besetzung auf der Acht/Zehn konnten die Außenstürmer auch wirklich außen bleiben. „Im alten System tendierten die Mittelfeld-Außen dazu, früh einzurücken. So hat uns die Breite gefehlt, wenn die Außenverteidigerinnen nicht sehr weit nach vorne gerückt sind“, so der Teamchef.

Nun kann die Abwehrkette ein wenig flacher bleiben, mit zwei hohen Außenstürmern und zwei offensiv denkenden Achtern stellt man die Abwehr eines destruktiven und tief stehenden Gegners vor die Frage, wie sie es anstellen soll, nicht auseinander gezogen zu werden.

Experiment gegen Irland

Österreich - Irland 2:0 (1:0)
Österreich – Irland 2:0 (1:0)

Gegen Irland im ersten Spiel probierte man aber noch eine weitere Neuerung aus: Aus der Abwehr rückte Viki Schnaderbeck in den Sechserraum auf. So standen zwei Sechser (eher eng), davor zwei Achter (mit größerem Abstand), zwei weit agierende Außenstürmer und Mittelstürmerin Nina Burger. Ein wenig in Richtung WM-System, so wie ganz früher, mit einem aufbauenden, zentralen Viereck.

Wirklich funktioniert hat es offenbar noch nicht, die Abstände zwischen den Spielerinnen waren oft nicht optimal, „aber das ist nicht ungewöhnlich, wenn man etwas zum ersten Mal in einem echten Match ausprobiert“, so der Trainer. In jedem Fall aber hat man Irland doch einigermaßen verwirrt, mit dieser Raumaufteilung, und mit zwei vertikalen Pässen (einmal an die Strafraumgrenzen und einmal in den Rücken der aufgerückten irischen Abwehr) wurden die beiden Tore zum 2:0-Sieg eingeleitet.

In der letzten halben Stunde, nach dem Tor zum 2:0, zog sich das österreichische Team etwas zurück und testete das staubige Nach-Hause-Bringen eines Ergebnisses. Die Folge war eine optische irische Überlegenheit, die aber nicht wirklich etwas einbrachte.

Riegelknacken gegen Ungarn

Österreich - Ungarn 2:1 (0:0)
Österreich – Ungarn 2:1 (0:0)

Die Irinnen wollten durchaus mitspielen, Ungarn zwei Tage später nicht. Das war genau so erwartet worden; die ÖFB-Frauen stellten sich in einem 4-3-3 auf, erstmals mit Barbara Dunst in der Startformation. Die 18-Jährige vom nationalen Meister FSK St. Pölten ist eine Starkstrom-Spielerin, rastlos und unangenehm für jede Gegenspielerin. Mit ihr war der Teamchef auch recht zu zufrieden.

Die Vorgabe für dieses Spiel war, Geduld zu haben. „Oft wurde in der Vergangenheit zu schnell der vertikale Pass gespielt, obwohl dieser nur mit hohem Risiko oder nur ungenau spielbar war“, so Thalhammer. Die Schlussfolgerung: Länger den Ball auch öfter mal quer spielen, den Gegner zum Verschieben zwingen, Löcher abwarten. Eine Vorgabe, die erfüllt wurde: „Das erste Tor entstand aus dem 14. Ballkontakt dieser Ballbesitz-Phase“, freut sich der Teamchef, Sarah Zadrazil war als letzte am Ball, als kurz nach dem Seitenwechsel das 1:0 fiel.

Am Ende stand ein 2:1 (Billa erzielte nach einer Ecke das Siegtor, Bernadett Zágor hatte entgegen des Spielverlaufs den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielt) zu Buche, und weil Italien gegen Irland nur zu einem Remis kam, bedeutete das: Ein Punkt im letzten Gruppen-Match, und Österreich würde im Finale stehen.

Defensiv-Test gegen Italien

Österreich - Italien 0:0
Österreich – Italien 0:0

Das Spiel gegen den laut Weltrangliste stärksten Teilnehmer am Cyprus Cup, Italien (Nr. 13, Österreich ist derzeit 27.), war eher eine Trockenheizer-Partie. Die spanische Unparteiische Frías Acedo pfiff auf beiden Seiten viel ab, es gab viele Standard-Situationen, aber sehr wenig Spielfluss.

Italiens Teamchef Antonio Cabrini, Weltmeister von 1982, ging in diesem Turnier vom gewohnten 4-3-3 ab und spielte mit einem 4-4-2 durch. Sprich: konsequentere Besetzung der Außenpositionen und zwei Mittelstürmer, dafür ein Posten weniger zum Aufbauen. So segelten vor allem die langen Bälle von den Vieren hinten auf die Vier da vorne, bzw. die Flanken von den Mittelfeld-Außen in Richtung Strafraum. Italien hatte aber grundsätzlich zunächst mehr vom Spiel und traf auch einmal die Torumrandung.

Nach einer halben Stunde lief die österreichische Pressing-Maschine dann an, was Italien merklich zu schaffen machte und sichtlich nervte, auch kam die Defensive der Azzurre schon ein wenig ins Schwimmen, wenn Druck auf sie ausgeübt wurde. Halb durch die zweite Halbzeit änderte sich das Spiel wiederum radikal, weil Sarah Puntigam nach einem Handspiel mit Gelb-Rot vom Platz musste. Der erste Ausschluss bei den ÖFB-Frauen seit 21 Jahren (damals Gerti Stallinger in einem EM-Quali-Spiel im Horr-Stadion gegen Jugoslawien).

In den verbleibenden 25 Minuten konnte Österreich damit die Variante „Abwehrschlacht“ probieren – das entspricht nicht den Vorstellungen und dem Naturell des Teams, kann aber auch mal nötig sein. Italien machte wiederum Druck, vor allem über die Außenpositionen. „Da haben wir zu viel zugelassen“, moniert Thalhammer, „die Flanken müssen wir besser verteidigen.“ Vor allem, da Norwegen (in vier Wochen Gegner in der EM-Quali) auf eine praktisch idente Spielanlage baut wie Italien in diesem Spiel. Allerdings sagt Thalhammer auch: „Ausgespielt haben die uns nicht!“ Womit es beim 0:0 blieb, Nina Burger hatte in der Nachspielzeit sogar noch die Chance auf den Siegtreffer.

Mühsam gegen Polen

Österreich - Polen 2:1 (1:1)
Österreich – Polen 2:1 (1:1)

In der anderen Gruppe hatte sich Polen durchgesetzt, war deshalb der Finalgegner des ÖFB-Teams. Schnaderbeck rückte für die gesperrte Puntigam auf die Sechs, dafür verteidigte hinten Gini Kirchberger von Köln neben Carina Wenninger von den Bayern innen.

Polens Teamcher Wojciech Basiuk, das wurde schnell deutlich, wusste, wie Österreich spielen will. Er wies seine Spielerinnen an, dem ÖFB-Team gar nicht erst die Gelegenheit zu geben, in das Pressingspiel zu kommen, indem die Bälle schnell los zu werden waren – und zwar hoch und weit in die Richtung von Stürmerin Ewa Pajor. Das funktionierte einerseits ganz gut, weil Österreich tatsächlich nicht so richtig ins gewünschte Spiel kam (dem frühen 1:0 durch Nina Burger zum Trotz), andererseits aber wiederum nicht so richtig, weil Pajor alleine relativ wenig ausrichtete und der Ball zumeist längst wieder bei Österreich war, ehe das polnische Mittelfeld aufrücken konnte. Der Ausgleich (rund 10 Minuten nach dem 1:0) kam hingegen zustande, weil es Polen einmal schaffte, auf spielerischem Weg die erste Pressinglinie zu umspielen, die folgende Flanke verwertete Ewelina Kamczyk (die 19-Jährige stieg vor zwei Jahren direkt von der U-17 ins A-Team auf).

Dieses Spiel zeigte, dass gerade Topf-3-Teams, die sich etwas überlegen, Österreich zuweilen noch vor Probleme stellen können (wie im Herbst auch Wales mit einem durchaus geschickt aufgestellten 3-4-3). Das schnelle Rausbringen des Balles aus der Abwehr in Verbindung mit „drei, vier sehr schnellen Spielerinnen“ (O-Ton Thalhammer) machte Polen zu einem unguten Gegner. Österreich hatte in der Folge mehr vom Spiel, traf auch einmal die Latte (Billa), zwingende Torchancen gab es aber kaum – ehe Schiechtl aus einem Standard kurz vor dem Ende doch noch das Tor erzielte.

Bilanz

„Im Grunde haben wir alle Ziele erreicht“, ist Teamchef Thalhammer zufrieden: „Es war eine Weiterentwicklung in allen Bereichen und wir arbeiten gezielt an Details. Es gab einige gute Erkenntnisse was das Offensivspiel betrifft und unser Verhalten im Ballbesitz, aber auch bei Pressing-Situationen. Da sind wir oft nicht genau genug im Anlaufen, und das Gegenpressing ist manchmal etwas zu ungestüm.“ Sprich: Wenn man im Gegenpressing ein Foul verursacht, ist das nicht so furchtbar hilfreich.

Und Negatives? „Da kann ich nichts finden“, überlegt der Trainer, „alle sind fit wieder heimgekommen, das ist sehr wichtig. Außerdem haben wir gesehen, dass da ein Team auf dem Platz steht, das sehr stabil ist, egal was passiert. Ob es nun ein vermeidbares Gegentor, ein Ausgleich oder gar ein Ausschluss ist.“

Die nächsten Aufgaben warten am 6. und am 10. April im Vorwärts-Stadion von Steyr. Da kommen in der EM-Qualifikation Kasachstan (sollte ein klarer Sieg für Österreich werden) und Gruppenfavorit Norwegen. Und, nur um es noch einmal zu erwähnen: Die ÖFB-Frauen sind nun seit 17 Spielen oder ziemlich exakt zwei Jahren ungeschlagen, Gegner waren in dieser Zeit etwa Australien (WM-Viertelfinalist), Finnland (EM-Teilnehmer), Spanien (WM-Teilnehmer) und Italien (EM-Viertelfinalist).

Die Olympia-Quali

Schweden - Norwegen 1:0 (1:0)
Schweden – Norwegen 1:0 (1:0)

Norwegen spielte parallel zum Cyprus Cup in der europäischen Olympia-Qualifikation (Deutschland und Frankreich sind wegen ihrer WM-Leistungen schon qualifiziert, hier ging es um den dritten und letzten UEFA-Platz) und verpasste das Turnier in Rio, für das in der Vierergruppe (mit Schweden, Schweiz und Turnier-Gastgeber Holland) der ersten Platz notwendig gewesen wäre.

Unter Roger Finjord, seit einem halben Jahr Chef-Trainer, spielt der Weltmeister von 1995 und Olympiasieger von 2000 in einem 4-4-2, das im Aufbau eigentlich ein 4-2-4 ist: Zwei statische Sechser im Zentrum, gelernte Außenstürmer an den Flanken, eine bullige und eine trickreiche Stürmerin im Zentrum.

Wenn Norwegen aber gezwungen ist, das Spiel gegen einen Gegner von halbwegs Klasse zu gestalten, wird das alles sehr bieder – was aber zum insgesamt eher enttäuschenden Niveau bei diesem Mini-Turnier passt. Schweden etwa machte in erster Linie zu (passive Viererkette hinten, drei zentrale und defensiv denkende Leute im Mittelfeld), schlich und mauerte und mogelte sich zum Gruppensieg (frühes Tor und dann nix mehr beim 1:0 gegen Norwegen, klares Abseits-Tor beim 1:0 gegen die Schweiz, profitiert von einem Mörder-Bock in der holländischen Abwehr beim 1:1).

Schweden hat sich seit der Heim-EM 2013 in eine gravierende spielerische Krise manövriert, auch wegen personeller Aderlässe: Öqvist ist Mama, Göransson in der Anonymität von Mittelständler Vittsjö untergetaucht, Sjögran ist Sportdirektorin in Malmö und die dünnhäutige Asllani hat sich mit der zuweilen undiplomatischen Teamchefin Pia Sundhage überworfen. Kurz: Schweden hat derzeit nicht das Personal für ein Offensivspiel der Marke Sundhage, weshalb Pia den pragmatischen Weg gewählt hat und mauerte.

Holland war die einzige Mannschaft, die konsequent versucht hat, selbst ein Spiel aufzuziehen, das diesen Namen auch verdient, zerlegte so die Schweiz, aber gegen Schweden und Norwegen fehlte die individuelle Klasse (wohl auch, weil Außenstürmerin Lieke Martens und Abwehrchefin Stefanie van der Gragt verletzt fehlten). Der Weg zur Heim-EM im kommenden Jahr stimmt bei Oranje unter Bondscoach Arjan van der Laan aber.

Die Sache mit der Schweiz und Martina Voss

Holland - Schweiz 4:3 (1:1)
Holland – Schweiz 4:3 (1:1)

Das einigermaßen deutlich schwächste Team im Turnier war das aus der Schweiz. Das lag zum einen daran, dass Führungsspielerinnen wie Ramona Bachmann und Lara Dickenmann komplett von der Rolle waren. Aber auch daran, dass das System und die Spielanlage an Naivität kaum zu überbieten waren.

Die deutsche Trainierin Martina Voss-Tecklenburg stellte nach der WM vom flachen 4-4-2 auf ein 4-1-3-2 um, in dem die Außen im Mittelfeld recht breit stehen. Ziel: Mit vier Offensiven auf der ganzen Breite angreifen, plus einen zentralen Zehner, plus offensiv denkene Außenverteidiger (wie Ana Maria Crnogorcevic, die eigentlich Außenstürmerin ist). So überfährt man unterklassige Gegner wie Georgien und Nordirland in der EM-Quali im Herbst 4:0 und 8:1, eh klar. Beim 3:0 in Italien im Oktober hatte man schon Glück, dass Italien (damals im 4-3-3) die klare Überzahl im Zentrum wegen akutem Kreativitätsmangel nicht nützte – und, dass Azzurre-Goalie Giuliani zweimal grob daneben griff; das Resultat von 3:0 täuscht darüber hinweg, dass die Schweiz in Cesena sicherlich nicht die bessere Mannschaft war.

Italien - Schweiz 0:3 (0:0)
Italien – Schweiz 0:3 (0:0)

Nun ging es aber gegen wirklich gute Gegner, und schon die realtiv spielstarken Holländerinnen machten die offenen Halbräume, die Schweiz über 70 Minuten nicht zumachte, zu ihrem persönlichen Spielplatz. Spielerinnen wie Trainerin beklagten sich nach der Lehrstunde (in der man nur wegen konditioneller Mängel bei Holland in der Schlussphase noch von 1:4 auf 3:4 verkürzt hatte) über „zu große Räume“, die man Oranje im Mittelfeld gewährt hatte. Das ist aber außschließlich Voss anzukreiden.

Die Erkenntnisse der WM und der Spiele seither sprechen eine eindeutige Sprache: Geht es gegen deutlich schwächere Teams (wie Ecuador bei der WM), spielt man die individuelle Überlegenheit und die relative Offensivstärke gnadenlos aus. Gegen stärkere Gegner aber passt man die Strategie nicht an und rennt blindlings in offene Messer. So war es bis zu einem gewissen Grad beim eher peinlichen 1:2 gegen Kamerun bei der WM, so hätte es in Cesena gegen Italien werden können (wenn die es etwas intelligenter gespielt hätten), und so war es absolut bei 3:4 in Holland nun in der Olympia-Quali.

Immerhin: Gegen die zentral stark aufgestellten Schwedinnen stellte Voss tatsächlich auf ein 4-2-3-1 um (mit Zehnder und Wälti auf der Sechs) und hielt Schweden halbwegs an der Leine, ehe man das Pech hatte, dass das Referee-Gespann ein Tor für das Trekronor-Team anerkannte, bei der Torschützin Caroline Seger auf der Torlinie stand, also klar Abseits war. Im letzten Spiel gegen Norwegen (als die Schweiz schon aus dem Rennen um das Olympia-Ticket war) kam wieder das offene 4-1-3-2 zum Einsatz, was nur deshalb funktionierte, weil Norwegen eben ohne Aufbau via Zentrum spielt.

Österreich - Schweiz 1:2 (0:1)
Österreich – Schweiz 1:2 (0:1)

Martina Voss war als Spielerin gemeinsam Europameisterin und Vize-Weltmeisterin mit Silvia Neid, und gemeinsam ist ihnen das Vertrauen auf individuelle Klasse, das Überrennen der Gegner über die Flügel und offenbar auch die Abneigung, den eigenen Matchplan auf den Gegner anzupassen (womöglich, weil sie es unter ihrem damaligen Teamchef Gero Bisanz auch nicht anders gelernt hatten). Für die EM im kommenden Jahr wird sich die Schweiz natürlich völlig ohne Probleme qualifizieren, aber dort wird es das nächste Mal wieder spannend, inwieweit sich Voss da auf starke Gegner anpasst. Interessant wäre wieder mal ein Spiel der Schweiz gegen Österreich: Derzeit sieht es so aus, als wäre die Schweiz individuell besser aufgestellt, Österreich inhaltlich.

Das letzte Duell gab es im August 2012 in Altach, die Schweiz gewann damals 2:1 (Tore von Moser und Dickenmann bzw. Puntigam). Gerade Österreich, damals noch am Anfang der Entwicklung ist inhaltlich aber überhaupt nicht mit 2012 zu vergleichen.

Das Turnier der Großen in den USA

Das März-Turnier mit dem vermutlich dämlichsten Namen aller Zeiten („SheBelieves Cup“) war jenes mit dem wohl höchsten Niveau aller Zeiten. Gastgeber und Weltmeister USA gewann die Premiere mit drei Siege in drei Spielen vor Deutschland (6 Punkte), England und Frankreich (je 1 Punkt). Nun haben manche das Turnier ernster genommen (USA) als andere (Frankreich), ein paar schöne Erkenntnisse lassen sich auch dem durchaus ansehnlichen Cup aber schon ziehen.

USA - England 1:0 (0:0)
USA – England 1:0 (0:0)

Erstaunlich ist vor allem, dass die USA ohne Abby Wambach (der Sturmtank hat aufgehört) und Megan Rapinoe (die oft eigensinnige Flügelflitzerin riss sich das Kreuzband) viel flexibler ist. Im aktuellen Mix aus 4-2-3-1 und 4-4-1-1 kippen die beiden Sechser in der Regel seitlich ab, um die aufrückenden AV abzusichern; WM-Final-Star Carli Lloyd nimmt sich im Dienste der Mannschaft eher zurück. Und: Trainerin Jill Ellis baut jetzt, noch vor Rio, die Jungen ein.

Lindsey Horan, eigentlich ein Offensivgeist, fremdelt mit ihrer Rolle im defensiven Mittelfeld noch etwas. Emily Sonnett, der Nr.-1-Draft-Pick, spielte in der Innenverteidigung auf sicher und hielt sich an der routinierten Becky Sauerbrunn an. Und Mallory Pugh ist the real deal: Das 17-jährige Mädel (die schon vor anderthalb Jahren bei der U-20-WM die einzige US-Spielerin war, die auf der Höhe des Geschehens war) ist unerhört schnell, technisch schon extrem gut und hat auch durchaus Spielverständnis.

Allerdings: Furchtbar viel kommt, von diesen drei abgesehen, auf absehbare Zeit auch nicht nach und Trainerin Ellis rotiert auch eher ungarn. Mit Crystal Dunn als bullige und Christen Press als international routinierte Alternative für Pugh, und eher wieder mit Julie Johnston (wie bei der WM) statt Sonnett wird Ellis so in die Olympischen Spiele gehen. Ob Rapinoe rechtzeitig fit wird, muss sich zeigen – und ob ihre Rückkehr dem US-Spiel überhaupt gut täte, ebenso.

2016 03 03 Ger-Fra 1-0Bei Deutschland wurden von Noch-Bundestrainerin Silvia Neid ein paar neue Leute ausprobiert (Kerschowski und Blässe am Flügel, Hendrich als RV, Doorsoun als LV), andere Leute weiter mit einer kaum nachvollziehbahren Nibelungen-Treue bedacht (die IV mit Krahn, 30, und Bartusiak, 33, beide eher von der Holzfuß-Fraktion und nicht gerade die weiblichen Wiedergänger von Javi Martinez und Jerome Boateng) und im ersten Spiel mit einem 4-1-4-1 geteasert.

Dieser System-Test wurde aber extrem halbherzig absolviert, schnell kam man wieder auf das gewohnte, berechenbare Neid’sche 4-4-2, das dann auch beinhart durch das restliche Turnier durchgezogen wurde. So als ob Neid sagen würde: Ich habe mich zehn Jahre nicht um die Entwicklung einer taktischen Alternative geschert, warum sollte ich jetzt, ein paar Monate vor Ende meiner Amtszeit, damit anfangen. Nach Olympia übernimmt Steffi Jones, ob sie das Amt der Bundestrainerin etwas weltoffener anlegt als Neid, weiß noch niemand.

England zeigte sich etwas weniger systemvariabel als sonst, spielte aus einem 4-1-3-2 heraus das Turnier weitgehend durch und testete vor allem das Stören des Aufbaus von spielstärkeren Teams. Das gelang gut: Die USA fand trotz des 1:0-Sieges nie eine wirkliche Lösung, genauso die berechenbaren Deutschen (die nur wegen eines Eigentors und eines geschenkten Elfers 2:1 gewannen) und das Spiel gegen Frankreich endete 0:0. Zwar holte England also nur einen Punkt aus den drei Spielen, furchtbar unzufrieden wird Trainer Mark Sampson aber nicht sein.

Dafür spielte Frankreich diesmal ein bisschen „Little Britain“ und variierte das System (4-1-4-1 gegen Deutschland, 4-4-2 gegen die USA, 4-2-3-1 gegen England) – wenn auch nicht die Spielanlage. Frankreich will natürlich immer noch den Ball, ist technisch exzellent, erarbeitet sich Chancen – braucht aber zu viele und im entscheidenden Moment klappts einfach nicht. Irgendwie wie immer halt. Immerhin: Kheira Hamraoui zeigte im DM auf und ist eine echte Alternative zu Cammy Abily und Amandine Henry.

Was das für Rio bedeutet? Einerseits sollte man natürlich erst einmal die Auslosung der drei Gruppen am 14. April abwarten. Aber: Weltmeister USA ist stärker als bei der WM im letzten Jahr und ist der klare Favorit auf die fünfte Goldmedaille im sechsten olympischen Frauen-Turnier. Frankreich – bei der WM die deutlich stärkste Mannschaft, aber im Viertelfinale im Elferschießen an Deutschland gescheitert – hat es drauf, muss es aber erst einmal im Kopf zusammenbringen.

Deutschland wird genauso daherkommen wie immer und von jedem Gegner mit einem kleinen Stück Hirnschmalz und der nötigen individuellen Klasse dazu vor gravierende Schwierigkeiten gestellt werden. Algarve-Cup-Sieger Kanada ist Außenseiter, Veranstalter Brasilien (beim heuer mäßig besetzten Algarve Cup immerhin im Finale) ist nicht so gut und hat den größten Druck.

Sayonara, Norio-san

Und Japan? Nun ja: Jenes Team, das in allen drei großen Finals seit 2011 stand (2x Weltmeisterschaft und 1x Olympia) ist die größte Sensation der #RoadToRio. Nach einem verdienten 1:3 gegen Australien, einem peinlichen 1:1 gegen Südkorea und einem bitteren 1:2 gegen China stand schon nach drei der fünf Spiele fest, dass die Nadeshiko keine Chance mehr auf eines der beiden asiatischen Tickets für Olympia hat.

Trainer Norio Sasaki, der vor acht Jahren ein Mitläufer-Team übernommen und es zur zeitweise deutlich besten Mannschaft der Welt gemacht hat, nahm seinen Hut. Das blamable Scheitern ist zu einem gewissen Grad auch seine Schuld: Er hat es verabsäumt, einen wirklichen Generationswechsel zu vollziehen. Das Team, das sich letztes Jahr ins WM-Finale schleppte, hatte ein geradezu biblisches Durchschnitts-Alter, bis auf Homare Sawa (die 36-jährig ihre Karriere beendete) sortierte er aber weiterhin niemanden aus.

Ob Sasaki aber auch an der Schlampigkeit im Passspiel Schuld ist, das sein Team bei dem Olympia-Quali-Turnier gezeigt hat? Japans Anlage ist auf präzisen Pässen in der gegnerischen Hälfte ausgelegt, um die körperlichen Nachteile auszugleichen. Ständig aber musste Spielerinnen ungenauen Pässen nachlaufen, passierte billige Abspielfehler, wurde das Tempo heraus genommen. So kann man selbst als Japan Teams wie Australien und China nicht unter Druck setzen, selbst gegen die beiden koreanischen Teams mühte man sich ab. Eine entsetzte Homare Sawa gab zu Protokoll, dass der Fokus fehle, die Bereitschaft, auch wenn es nicht läuft konzentriert zu bleiben. Kurz: Japan wirkte alt und satt.

Aya Miyama, die das Spiel gestalten soll, spielt nur Alibi-Pässe. Die routinierte Yuki Ogimi konnte sich im Strafraum überhaupt nicht durchsetzen, die Zeit von RM Shinobu Ohno ist längst vorbei. Und Innenverteidigerin Azusa Iwashimizu, die wirklich schon alles gesehen hat, ist seit dem für sie desaströsen WM-Finale gegen die USA und Carli Lloyd komplett neben der Spur.

Wer auch immer Norio Sasaki nachfolgt – heißeste Kandidatin ist Japans Junioren-Teamchefin Asasko Takakura – hat nun gemütlich drei Jahre Zeit, um bis zur WM 2019 in Frankreich einen Generationswechsel zu vollziehen. Normalerweise dürften aus der aktuellen Stammformation dann kaum noch mehr als drei oder vier Leute übrig sein.

By the way: Australien und China fliegen für den asiatischen Verband nach Rio.

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Österreich beim Istrien-Cup: Irland körperlich eingeschüchtert https://ballverliebt.eu/2015/03/17/oesterreich-beim-istrien-cup-irland-koerperlich-eingeschuechtert/ https://ballverliebt.eu/2015/03/17/oesterreich-beim-istrien-cup-irland-koerperlich-eingeschuechtert/#comments Tue, 17 Mar 2015 22:55:23 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10905 Österreich beim Istrien-Cup: Irland körperlich eingeschüchtert weiterlesen ]]> Gegner in die eigene Hälfte locken, um sie erst dort anzupressen und gerade jene Gegner, die auf robustes Spiel und hohe Intensität setzen, rechts zu überholen – das ist, was die ÖFB-Frauen beim Istrien-Cup erprobt haben. Österreich trat eher als Bully auf, anstatt sich selbst einschüchtern zu lassen. Womit durchaus Wirkungstreffer erzielt wurden.

Ein auch an dieser Stelle immer wieder gerne zitiertes Beispiel für die Weiterentwicklung der ÖFB-Frauen ist ein Testspiel gegen die Slowakei im August 2011, das dritte Länderspiel unter Dominik Thalhammer. Es endete für Österreich in einem 0:4-Debakel – drei Jahre und einen Monat später war Österreich zum zweiten Mal in Serie Qualigruppen-Zweiter geworden, die Slowakei gleichzeitig Letzter.

1:1 gegen die Slowakei

Österreich - Slowakei 1:1 (0:0)
Österreich – Slowakei 1:1 (0:0)

Das erste Aufeinandertreffen seither, das erste Spiel bei diesem Istrien-Cup, litt in erster Linie unter jenen schlechten Platzverhältnissen, die es mit Ausnahme von Rovinj überall beim Turnier gegeben hat. Die Slowakinnen stellten sich in ihrem 4-1-4-1 recht defensiv auf und legten ihr Spiel auf lange Bälle nach vorne an. So kam Österreich nie wunschgemäß in das hohe Pressingspiel.

Hinzu kommt, dass viele Slowakinnen ihre Gegner gut kennen – Matysova ist bei Österreichs Tabellenführer St. Pölten Kapitänin; Biroova, Vojtekova und Skorvankova spielen bei Neulengbach, Klechova bis 2013 ebenso. Als Nici Billa nach 70 Minuten endlich auf 1:0 stellte, kassierte man postwendend den Ausgleich.

Personell orientierte sich Thalhammer weitgehend am 2:2 im letzten Test in Spanien, einzige Ausnahme war Gini Kirchberger, die statt Kapitänin Viki Schnaderbeck in die Innenverteidigung rückte. In der Halbzeit gab’s den Wechsel zurück.

1:0 gegen Ungarn

Österreich - Ungarn 1:0 (0:0)
Österreich – Ungarn 1:0 (0:0)

Das Spiel gegen Ungarn, bzw. der Umgang damit seitens des magyarischen Verbandes, war auch ein Lehrstück zum Dechiffrieren von Zitaten. Ungarns Teamchefin Edina Marko meinte da nämlich, dass „meine Mannschaft gut organisiert gestanden ist und, gemessen an den Torchancen, sich ein Remis verdient hätte“. In der Realität heißt das: Ungarn hat sich mit allen elf Spielerinnen am eigenen Strafraum eingebunkert und sonst 90 Minuten lang eigentlich gar nichts gemacht.

„Die waren noch defensiver und noch passiver als in unseren Spielen zuletzt in der WM-Quali“, bestätigt auch Österreichs Teamchef Thalhammer. So tat sich sein Team in einem von Sturmböen immer wieder beeinträchtigen Spiel wiederum schwer, den Riegel zu knacken, kam überhaupt nicht zum Anlaufen der Gegner – wen hätte man auch anpressen sollen, die Ungarinnen wollten den Ball ja auch gar nicht – und genau das ist die wahrscheinlich größte Schwäche der ÖFB-Frauen. Eine andere Schwäche aus vergangenen Tagen konnte man zu einer Stärke machen, aber dazu später mehr.

Lisa Makas, nach einem im ersten Spiel erlittenen Nasenbeinbruch mit Maske unterwegs, erzielte kurz nach Wiederanpfiff das 1:0, bei dem blieb es auch. Immerhin. Nun ist die Bilanz gegen Ungarn nach dem 13. Duell (gegen kein anderes Team spielte Österreich so oft) erstmals positiv (6 Siege, 2 Remis, 5 Niederlagen). Die letzten vier Spiele gegen den Nachbarn gewann Österreich dabei allesamt.

Das Schlüsselspiel – 2:0 gegen Irland

Österreich - Irland 2:0 (1:0)
Österreich – Irland 2:0 (1:0)

Bislang hatten die ÖFB-Frauen Irland in schlechter Erinnerung – beim bisher einzigen Duell in Dublin vor zwei Jahren verschwand das ganze Gepäck auf dem Flug, man musste sich eine komplette Ausrüstung vor Ort neu besorgen, und dann gab man auch noch eine 2:0-Führung her und spielte nur 2:2. Nun aber steht „Irland“ für ein weiteres, positives Schlüsselerlebnis.

Anstatt nämlich den Gegner hoch anzupressen, wie es auch Irland erwartete, überließ man den Irinnen den Ball, stellte sich in zwei Viererketten in der eigenen Hälfte auf, und agierte mit einem sehr tiefen Pressing. Sprich: Man ließ Irland in die eigene Hälfte und presste die Ballführende erst dort an. Die gewonnen Bälle wurden dann im flinken Umschaltspiel auf die schnelle Prohaska rechts oder die noch schnellere Makas links gegeben, um die Unordnung beim Gegner auszunützen. Irland war schon mit diesem überraschenden Zugang einigermaßen überfordert.

Ebenso wie – und damit zur einstigen Schwäche Österreichs – vom körperlich ungemein robusten Zugang des ÖFB-Teams. Das ging sogar so weit, dass sich Irlands Teamchefin Sue Ronan während des Spiels über die harte Gangart von Österreich beschwerte („Kommt mal runter, das ist doch nur ein Testspiel!“) und sich danach beeindruckt zeigte („Sehr scharf, sehr athletisch, große und starke Mädels„).

Hier verlinkt ein Video, wie sich das aggressive Pressingspiel gegen Irland – letztlich war’s ein nie auch nur im Ansatz gefährdeter 2:0-Sieg – dargestellt hat.

istria cup

2:1 gegen Frankreich B

Österreich - Frankreich B 2:1 (0:0)
Österreich – Frankreich B 2:1 (0:0)

Das Finale verpasste man wegen der Tordifferenz, so ging’s im Spiel um Platz drei gegen die B-Auswahl von Frankreich – das A-Team holte zeitgleich Platz zwei beim Algarve-Cup. Dieses B-Team bestand, grob gesagt, aus den besten Spielerinnen vom Rest der französischen Liga hinter den Top-Teams Lyon und PSG.

In diesem Spiel switchte Österreich dann zweimal. Es wurde mit dem gewohnten hohen Pressing begonnen, was aber nicht den gewünschten Erfolg hatte. Darum wurde auf das gegen Irland erprobte Abwehrpressing umgestellt, bekam das Spiel so in den Griff und ging auch 2:0 in Front, am Ende wurde wieder vermehrt die französische Spieleröffnung angegangen.

Zudem kamen für die zweite Halbzeit vier Spielerinnen, die (wenn’s drauf ankommt) eher zum Stamm gehören dürften – also RV Maierhofer, LV Aschauer, ZM Zadrazil und RM Prohaska statt Tabotta, Tieber, Eder und Pöltl. Zadrzil und Billa sorgten per Doppelschlag in den Minuten 59 und 61 für das 2:0, Billa hatte danach sogar das 3:0 auf dem Fuß, ehe Pauline Crammer per Hand-Elfer den 2:1-Endstand parierte.

Auch Jean-François Niemezcki, der die Französinnen betreute, maulte im offiziellen Statement über die aggressive Spielweise von Österreich. Thalhammer: „Diese Körperlichkeit ist der größte Unterschied von Frankreich B zu Frankreich A. Denn technisch sind auch die Spielerinnen der B-Mannschaft ausgesprochen gut ausgebildet.“

Fazit: Repertoire wieder erweitert

Genau gegen solche Gegner wie Ungarn, Slowakei oder Irland muss Österreich in der anstehenden EM-Qualifikation – die im April ausgelost wird – alle Spiele gewinnen, um sich für die Endrunde 2017 in Holland möglichst ohne den Umweg Play-Off zu qualifizieren. Dass man es drauf hat, Teams aus der zweiten Reihe (Finnland) und der dritten (Irland), die gerade über ihre Körperlichkeit kommen, auf diesem Gebiet zu überholen, ist dabei ein gutes Zeichen.

Dennoch wird es mit erhöhtem Standing immer mehr so werden, dass sich  Topf-3-Teams wie Ungarn und Topf-4-Teams wie die Slowakei gegen Österreich nur hinten reinstellen und den Strafraum zumachen. Weil sie eben wissen, dass sie weder spielerisch, noch körperlich und schon gar nicht taktisch in der Lage sind, Österreich beizukommen, sondern nur dadurch, indem man den Bus parkt.

„Nur mit einer Aggressivität und einer Intensität, wie sie vor allem gegen Irland zu sehen war, können wir uns Hoffnungen auf ein EM-Ticket machen“, insistiert Thalhammer. Und sicher ist auch: Österreich gehört mittlerweile zu den Topf-2-Teams, die Mannschaften aus den anderen Töpfen (von den echten Top-Teams Deutschland, Frankreich und Schweden mal abgesehen) eher lieber nicht ziehen möchten.

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Wie un-überzeugend zwei Siege sein können https://ballverliebt.eu/2014/09/17/wie-un-ueberzeugend-zwei-siege-sein-koennen/ https://ballverliebt.eu/2014/09/17/wie-un-ueberzeugend-zwei-siege-sein-koennen/#comments Wed, 17 Sep 2014 21:24:36 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10561 Wie un-überzeugend zwei Siege sein können weiterlesen ]]> Österreich ist Gruppen-Zweiter! Das ist das erfreuliche Fazit zum Ende der Frauen-WM-Qualifikation für die Endrunde in Kanada nächstes Jahr. Dabei waren die letzten beiden Auftritte, obwohl es ein 4:3 gegen Ungarn und ein 5:1 gegen Kasachstan gab, alles andere als überzeugend. Das ist natürlich auch mit einigen Ausfällen und dem jungen Alter der Truppe (im Schnitt knapp 22 Jahre) zu erklären, muss aber natürlich dennoch ganz klar so angesprochen werden.

Aut Hun Head

Österreich - Ungarn 4:3 (3:2)
Österreich – Ungarn 4:3 (3:2)

Dabei hat sich das im vorletzten Spiel gegen Ungarn so gut angelassen. Die Pressing-Formationen in der Angriffshälfte funktionierten, die Ungarinnen fanden dagegen überhaupt kein Mittel, die Abstände zwischen den Spielerinnen bei den Gästen waren zum Teil viel zu groß und nach 20 Minuten führte Österreich nach zwei Toren und einem Assist von Lisa Makas mit 3:0. Alles war auf Schiene für einen Kantersieg und diverse Chancen auf ein viertes und ein fünftes Tor wurden vergeben.

Bis das alles im Gefühl der haushohen Überlegenheit ordentlich ausfranzte. Neben Abwehrchefin Wenninger (Kreuzband) und der rechten Flügelspielerin Feiersinger (Schien- und Wadenbeinbruch) fehlten an diesem Doppelspieltag auch Linksverteidigerin Verena Aschauer (krankheitsbedingt) und mit Heike Manhart (Zerrung) eine jener Spielerinnen, die rechts hinten in Frage kommen.

Durch den fehlenden Zug nach vorne ihrer Vertreter auf den AV-Positionen, Schiechtl und Tieber, fand Ungarn Zugriff auf das Spiel und nützte individuelle Fehler zu Toren. Beim ersten kam Tieber zu spät, beim zweiten vertendelte Zadrazil nach einem etwas ungenauen Querpass in die Mitte. Mit einer ordentlichen Portion Verunsicherung ging’s dann in die zweite Hälfte, von beim dritten Gegentor Sarah Puntigam von Entstehung (Ballverlust in der Vorwärtsbewegung) bis zur Vollendung (in Übermotivation einen fast geklärten Ball der Ungarin vor die Füße gespielt) nicht besonders gut aussah.

In der Folge klappte das Mittelfeld-Zentrum bei Österreich völlig zusammen. Puntigam war durch den Wind, Zadrazil keine große Hilfe, so etwas wie Spielaufbau kam nur noch über erste Pässe aus der Innenverteidigung auf die Mittelfeld-Außen. Es brauchte eine abgefälschte Flanke und einen geschickten Drehschuss von Nina Burger, um für das 4:3 zu sorgen. Zittrig blieb das Spiel aber bis zum Ende, tief in der Nachspielzeit hatte Ungarn noch eine Riesen-Chance.

Aut Kaz Head

Österreich - Kasachstan 5:1 (2:0)
Österreich – Kasachstan 5:1 (2:0)

„Kaum ein Anbieten, kaum Kompaktheit, kaum ein wirkliches Zusammenspiel“, konstatierte Kapitänin Viktoria Schnaderbeck nach dem abschließenden 5:1 über Kasachstan. Vor allem in der ersten Stunde dieses Spiels war das eine ganz schlimme Vorstellung. Obwohl Österreich mit einem recht billigen Tor (Befreiungsschlag von Schnaderbeck zu Makas, die geht von links in den Strafraum und trifft aus spitzem Winkel) schon in der 4. Minute in Führung ging.

Kasachstan aber zeigte sich als zäher Kontrahent. Vor allem die Solo-Stürmerin Jalova lief ÖFB-Goalie Kristler jedesmal an, wenn es einen Rückpass auf diese gab. Und das war erstaunlich oft der Fall, und jedesmal kam Kristler unter Druck. Was nach der Pause in ihrem Patzer zum zwischenzeitlichen 1:2-Anschlusstreffer der Kasachinnen führte.

Aber wieder kam zu wenig von den Flügeln, wieder hatte die Innenverteidigung zu wenige Optionen zur Eröffnung, Puntigam brauchte bis zu ihrem Tor zum 3:1 nach einer Stunde, um sicherer zu werden. Sarah Zadrazil, die so geniale Pässe spielen kann, zeigte leider nur zwei, drei davon. Und vorne sorgte nur die unermüdliche Lisa Makas für Unruhe. Sie hat in diesen beiden Spielen vier Tore und drei Assists zu verbuchen – sprich, bei sieben von neun Toren war sie ursächlich dabei. Makas‘ fehlende Gefährlichkeit in Länderspielen? Das war einmal. Gut so.

Letztlich stocherte Burger kurz vor der Pause den Ball zum 2:0 ins Tor, wobei sich Kasachstan-Goalie Shelesnyuk verletzte und danach auch raus musste. Kristlers Touch zum 1:2 wurde schnell beantwortet, als Puntigam ihr Tor zum 3:1 selbst einleitete und nach Makas-Stanglpass verwertete. Damit war der kasachische Widerstand gebrochen und die Kraftvorteile machten sich bemerkbar. Billa traf nach einer Flanke von St.-Pölten-Sturmpartnerin Makas zum 4:1, ehe die Angreiferin von Österreichs Tabellenführer den 5:1 herstellte.

Erste Hälfte gar nix, dann so ein wenig, und am Ende es noch besser aussehen lassen als es war.

Fazit: Schwaches Ende, aber erfreulicher Zweiter

Dass es Frankreich im der Parallelpartie am letzten Spieltag fast noch verhagelte, gegen Finnland lange hinten lag und mit sehr viel Mühe 3:1 gewann, passte ins Bild. Und dass nach einer Attacke an Lisa Makas Hektik ausbrach, und es letztlich wilder aussah als es war, war auch irgendwie bezeichnend an einem Abschluss-Abend, der nicht rund lief, aber ein gutes Ergebnis brachte.

Österreich hat Finnland, immerhin Teilnehmer an den letzten beiden EM-Endrunden, hinter sich gelassen und beendet die Qualifikation als 13.-bestes Team Europas. Wenn in einem Jahr die Quali für die EM 2017 startet, wo 15 freie Plätze vergeben werden, wird Österreich ein mehr als ernsthafter Kandidat sein. Zumindest wenn es gelingt, gegen schwache Teams nicht so ins Zittern zu kommen wie nun gegen Ungarn und Kasachstan.

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WM-Geschichte für Einsteiger (1) https://ballverliebt.eu/2014/06/06/wm-geschichte-fuer-einsteiger-1/ https://ballverliebt.eu/2014/06/06/wm-geschichte-fuer-einsteiger-1/#comments Fri, 06 Jun 2014 10:44:38 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10220 WM-Geschichte für Einsteiger (1) weiterlesen ]]> Das war eine feine Sache, dieses Olympische Turnier von Amsterdam 1928. Genau wie jenes von 1924. Wenn man davon ausgeht, dass die FIFA damals schon so tickte, wie sie heute tickt (und zeitgenössische Berichte deuten darauf hin), musste sie der Neid gepackt haben. Kurz: Es kann nicht sein, dass die Entscheidung, wer denn die beste Nationalmannschaft im Fußball ist, bei den Kollegen des IOC fällt. Schließlich war man ja selbst der Weltverband.

1930 – ein besseres Jux-Turnier

Nach einem Rundruf in Europa und Südamerika – jenen beiden Kontinenten, die schon voll im Fußballfieber waren – meldeten sich von Italien bis Spanien jede Menge Länder, die sich die Austragung vorstellen konnten. Aber nur eine war bereit, die Kosten selbst zu tragen. Das war Uruguay. Logisch: Die letzten beiden olympischen Turnieren hatte das kleine Land zwischen Brasilien und Argentinien gewonnen, da ließ man sich nicht lumpen.

Anders als praktisch alle europäischen Länder, denen die Überfahrt zu teuer, zu strapaziös und überhaupt das Turnier dann irgendwie doch nicht wichtig genug war. Gab ja nichts zu verdienen und es war schließlich Welt-Wirtschaftskrise. So brauchte es auch keine Qualifikation, nein, man war froh, überhaupt 13 Teams zusammenkratzen zu können, davon sieben alleine aus Südamerika.

Finale 1930: Uruguay - Argentinien 4:2 (1:2)
Uruguay – Argentinien 4:2 (1:2)

Kein Wunder, dass sich letztlich mit Uruguay und Argentinien auch die Kontrahenten des Olympia-Finales von zwei Jahren davor im Finale trafen. Wie „professionell“ das Turnier organisiert war, zeigt auch die Tatsache, dass es die FIFA nicht mal für nötig befunden hatte, einen Ball zu bestimmen, mit dem gespielt werden sollte. So brachten die Finalisten jeweils ihren eigenen mit – Argentinien spielte vor der Pause mit dem eigenen Spielgerät eine 2:1-Führung heraus.

Nach dem Seitenwechsel war es aber wohl so, dass Uruguay es besser verstand, bei allem Individualismus der damals in Mode war, auch hie und da zu verteidigen. Die Celeste kassierte keinen Treffer mehr, aber schoss noch drei – so wurde Uruguay mit einem 4:2-Sieg erster Fußball-Weltmeister.

1934 – Auf Mussolinis Geheiß

Die Europäer sahen, dass das erste Turnier ein schöner Erfolg war und drängten nun doch auf den Markt. Italien bekam anderthalb Jahre nach dem Turnier in Uruguay den Zuschlag, das Turnier 1934 zu veranstalten. Sehr zur Freunde des faschistischen Diktators Benito Mussolini, der den Sport als hervorragendes Propaganda-Material betrachtete.

Deshalb wurden flugs ein paar argentinische Vize-Weltmeister von 1930, die in ihrer Ahnengalerie irgendwo was Italienisches aufweisen konnten, eingebürgert. Was Vittorio Pozzo, einem strammen Nationalisten (wenn auch, wie man später offenbar herausfand, kein Faschist) im Geiste und bedingungslosen Pragmatisten in Fußball-Fragen, nur recht war. Er ging zwar vom vorherrschenden 2-3-5 nicht grundsätzlich ab, verpasste dem Team eine defensive Grundausrichtung (sprich: Manndeckung) und setzte im Aufbau auf das Genie Giuseppe Meazza.

Hätte aber alles nichts geholfen, wenn nicht von oben ein wenig nachgeholfen worden wäre. Im Halbfinale gegen jene Österreicher, die in den Jahren davor als „Wunderteam“ die Konkurrenz demolierten, brauchte es schon eine ziemlich, nun ja, eigenwillige Schiedsrichter-Performance des Schweden Eklind. Dieser war vor dem Spiel von Mussolini persönlich eingeladen worden, erkannte dann einen Treffer von Rechtsaußen Enrique Guaita an, obwohl der österreichische Goalie von drei Italienern behindert wurde, und klärte später eine österreichische Flanke sogar höchst selbst. Italien siegte 1:0, der zeitgleiche Finaleinzug der Tschechoslowaken war deutlich weniger umstritten – 3:1 gegen die Deutschen.

Italien - Tschechoslowakei 2:1 n.V. (1:1, 0:0)
Italien – Tschechoslowakei 2:1 n.V. (1:1, 0:0)

Wegen seiner „hervorragenden“ Spielleitung im Halbfinale durfte Eklind auch das Endspiel von Rom leiten, wieder zeigten seine Entscheidungen einen gaaanz leichten Drall Richtung Italien. Die harte Gangart der Squadra Azzurra war ihm egal, dummerweise für die Italiener aber auch dem Gegner. Die Tschechoslowaken nämlich ließen sich nicht unterkriegen und glichen in der zweiten Halbzeit sogar zum 1:1 aus, weshalb es in die Verlängerung ging.

Kurz nach Beginn dieser sorgte allerdings Angelo Schiavio, Mittelstürmer aus Bologna, für das Tor zum 2:1. Es war der Endstand, Italien war Weltmeister – sehr zur Freude von Mussolini. Seine selbstgestellte Mission war erfüllt, und er selbst war daran wohl nicht ganz unbeteiligt.

1938 – Großdeutsche Blamage

Was die WM 1934 für Mussolini war, hätten zwei Jahre später die Olympischen Spiele von Berlin für seinen Diktator-Kollegen aus Deutschland werden sollen, dem kam da aber ein gewisser Herr Owens, Sprinter aus den USA, dazwischen, der den deutschen Modellathleten die Show gestohlen hat.

Knapp zwei Jahre später verleibte sich sein Land in Anbahnung eines Weltkriegs Österreich ein, und weil die athletischen und robusten Deutschen eine echt gute Mannschaft hatten und die flinken, technisch versierten Österreicher mit ihrem „Scheiberlspiel“ ebenso, hielt man die neu geschaffene Verbindung daraus für beinahe unschlagbar. Das Gegenteil war aber der Fall: Zwei so verschiedene Stile konnten in den wenigen Wochen zwischen Anschluss und WM nicht zusammengeschweißt werden und das großdeutsche Team flog bei der WM in Frankreich schon in der allerersten Runde raus. Gegen die kleinen, neutralen Schweizer. Wie peinlich.

Sogar Kuba hatte die erste Runde überstanden, aber am Ende stand wie schon vier Jahre davor ein Finale zwischen den humorlosen Italienern und einem Team aus dem spielstarken mitteleuropäischen Raum – diesmal den Ungarn. Diese waren im Semifinale gegen Schweden schon nach wenigen Sekunden im Rückstand, gewann aber noch 5:1, während Italien gleichzeitig die Brasilianer mit ihrem Superstar Leonidas mit 2:1 Einhalt bieten konnten.

Italien - Ungarn 4:2 (3:1)
Italien – Ungarn 4:2 (3:1)

Im Endspiel starteten die Italiener forsch und führten schon nach einer halben Stunde mit 3:1, danach verlegten sie sich darauf, den ungarischen Wirbelwind zu bremsen und die Führung über die Zeit zu bringen. Halb durch die zweite Hälfte gelang Kapitän György Sarosi – der nach dem Krieg nach Italien ging und dort bis zu seinem Tod mit über 80 Jahren blieb – der 2:3-Anschlusstreffer, aber mit dem Tor zum 4:2 zehn Minuten vor Schluss machte Silvio Piola von Lazio den Deckel drauf.

Die spannendste Figur in diesem Finale war aber Alfred Schaffer, der Trainer der Ungarn. Er suchte sich schon als Aktiver seine Vereine nach den Verdienstmöglichkeiten aus, gilt somit als erster kontinentaler Profi. So spielte er schon in den 1920-ern in Deutschland, arbeitete als Trainer dort genauso wie in Wien und auch in Italien, ehe er kurz nach Kriegsende 1945 tot in einem Zug in Prien am Chiemsee gefunden wurde. Weshalb er mit 52 Jahren starb, kam nie raus.

1950 – Maracanazo

Seine Bemühungen, Fußball-Weltmeister zu werden, gingen schief, aber Hitler schaffte es sehr wohl, mit dem von ihm angezettelten Weltkrieg die zwei folgenden Endrunden zu verhindern. Jene 1942 hätte er gerne im Deutschen Reich stattfinden gesehen, 1946 hatte die Welt verständlicherweise ganz andere Sorgen als ein Fußball-Turnier. Auch für 1950 standen die Bewerber nicht gerade Schlange. Brasilien hob schließlich als einziger die Hand. Deutschland war wegen der Kriegsschuld (wie auch Japan) ausgeschlossen.

Und durfte auch England begrüßen. Das Team von der Insel hatte die ersten drei Turniere verweigert, weil man ja ohnehin felsenfest davon überzeugt, war dem Rest der Welt um acht bis zwölf Klassen überlegen zu sein, und um dies zu demostrieren, ließ sich die FA herab, um Superstar Stanley Matthews herum eine Mannschaft nach Südamerika zu schicken – die dann prompt gegen eine bunt zusammengewürfelte Hobbykicker-Truppe aus den USA 0:1 verlor und wie begossene Pudel schon nach der Vorrunde rausflogen. In der Heimat glaubte man bei der Übermittlung des Resultats „0:1“ an einen Tippfehler, korrigierte diesen auf „10:1“ und freute sich des vermeintlichen Sieges.

Qualifiziert, aber nicht dabei war dafür das Team aus Indien. Die weit verbreitete Geschichte, man habe das Antreten verweigert, weil die FIFA die Inder nicht barfuß antreten lassen wollte, ist eine nette, aber falsche Story. Die Reise nach Brasilien war dem indischen Verband schlicht zu teuer. Ein schönes Einkommen sicherte dafür der von Brasilien vorgeschlagene neue Modus: Vier Gruppen, dann eine Finalgruppe von vier Teams statt des gruppenlosen K.o.-Modus von vor dem Krieg. Die Betonköpfe von der FIFA waren dagegen, gaben aber dann doch nach, weil die Veranstalter gedroht hatten, sonst kein Turnier zu veranstalten.

Brasilien - Uruguay 1:2 (0:0)
Brasilien – Uruguay 1:2 (0:0)

Die Endrunde fand statt, und nach dem frühen Aus der Engländer war eigentlich klar, dass nur Brasilien Weltmeister werden konnte. In der Finalrunde wurde Schweden 7:1 und Spanien 6:1 demoliert, sodass im letzten Spiel gegen Uruguay ein Remis reichte. So sicher waren sich die Hausherren, dass die Zeitungen schon am Tag des letzten Spieles den Titel feierten.

Offiziell 171.000, in Wahrheit wohl deutlich mehr, wollten im Maracanã bei der Krönung dabei sein, sie sahen aber die größte Katastrophe in der Geschichte der Seleçao: Hinten hielt Maspoli (bis auf einen Schuss von Friaça) alles, Uruguay nahm die Angreifer der Favoriten in Manndeckung und nützte es vorne aus, dass niemand wirklich verteidigen wollte und Linksverteidiger Bigode die Hosen gestrichen voll hatte. Erst glich nach einer Stunde Schiaffino aus, zehn Minuten vor Schluss schoss der zierliche Alcides Ghiggia den 2:1-Siegtreffer für Uruguay.

Die traurige Folge des „Maracanazo“ war eine Selbstmord-Welle in Brasilien – die bereits begann, indem sich einige schockierte Zuseher über die Brüstung des Stadions stürzten.

1954 – Goldenes Team nur mit Silber

Die Deutschen durften vier Jahre später in der Schweiz wieder mitmachen, wurden aber immer noch mit Argwohn betrachtet. Sportlich wurde das Team aber ohnehin als weitgehend chancenfrei betrachtet, weil es ja nur einen Weltmeister geben konnte: Ungarn. Das „Goldene Team“ um Ferenc Puskás und Nandor Hidekguti war das mit sehr viel Abstand beste der Welt, gewann als erste kontinentale Mannschaft ein Jahr davor im Wembley mit 6:3, und um zu beweisen, dass das kein Zufall war, legte man im letzten Spiel vor der WM gleich nochmal ein 7:1 in Budapest nach. Die Frage war nur, wer im Finale gegen die Ungarn verlieren durfte – die heißesten Kandidaten waren die wiedererstakten Österreicher um Ocwirk, Hanappi und Happel; die Engländer, Weltmeister Uruguay und die noch immer stinkigen Brasilianer.

Ungarn prügelte Südkorea 9:0, eine nicht in Bestbesetzung auftretende deutsche Mannschaft 8:3, schaltete im Viertelfinale ohne nennenswerte Probleme Brasilien 4:2 aus und traf erst im Halbfinale auf Widerstand – gegen Uruguay brauchte es die Verlängerung. Österreich entwickelte sich zum logischen Finalgegner, aber im Viertelfinale musste man bei über 40 Grad gegen den Gastgeber antreten, Torhüter Rudi Hiden erlitt einen Sonnenstich und musste quasi ferngesteuert werden. Österreich gewann zwar 7:5 (ein lächerliches Ergebnis, eigentlich), kroch aber im Halbfinale am Zahnfleisch und ging gegen die Deutschen 1:6 unter.

Deutschland - Ungarn  3:2 (2:2)
Deutschland – Ungarn 3:2 (2:2)

So waren die Deutschen also doch im Endspiel. Der Dauerregen, der sich am Finaltag über Bern ergoss, machte den Ungarn zwar etwas sorgen – im tiefen Boden fiel ihnen ihr flinkes, technisch starkes Kombinationsspiel deutlich schwerer – aber als Puskás und Czibor nach zwei deuschen Abwehrfehlern schon nach acht Minuten eine 2:0-Führung herausgeschossen hatten, war der ungarische Sieg nur noch eine Frage der Höhe.

Dachten wohl auch die Ungarn selbst. Doch die kampfbetonte deutsche Spielweise und ihre Spezialschuhe von Zeugwart Adi Dassler (Herr Adidas) – die hatten Schraubstollen. Das, in Verbindung mit dem Regen, in Verbindung mit Bruder Leichtsinn bei den Ungarn, führte dazu, dass die Deutschen schnell zum 2:2-Ausgleich kamen. Das vor allem auch deshalb lange Bestand hatte, weil Toni Turek im deutschen Tor einen fantastischen Tag hatte.

Kurz vor Schluss sorgte ein flacher Schuss ins linke Eck von Helmut Rahn für das 3:2 und die Entscheidung – zum zweiten Mal hintereinander hatte der haushohe Favorit im entscheidenden Spiel gegen einen krassen Außenseiter verloren.

Ungarn kam nie wieder auch nur in die Nähe eines WM-Endspiels. Brasilien dafür schickte sich an, die Fußball-Welt zu dominieren. Aber mehr dazu in Teil 2!

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Ballverliebt TV: Englands Schockniederlage gegen Ungarn 1953 als Video in voller Länge https://ballverliebt.eu/2013/11/24/ballverliebt-tv-englands-schockniederlage-gegen-ungarn-1953-als-video-in-voller-lange/ https://ballverliebt.eu/2013/11/24/ballverliebt-tv-englands-schockniederlage-gegen-ungarn-1953-als-video-in-voller-lange/#comments Sun, 24 Nov 2013 21:36:22 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9860 Ballverliebt TV: Englands Schockniederlage gegen Ungarn 1953 als Video in voller Länge weiterlesen ]]> England - Ungarn 3:6, 1953

An diesem Montag jährt sich zum 60. Mal die erste Heimniederlage für ein England gegen eine Mannschaft, die nicht von den britischen Inseln kam (1949 verlor man bereits einmal gegen Irland). Und die Art, wie sie zustande kam, war durchaus erschütternd für das trügerische, englische Überlegenheitsgefühl. Ja, ja, das 6:3 von Ungarn vor 105.000 Zusehern im „Empire Stadium“ in Wembley ist etwas, über das der geneigte Fußballfan von Welt ein paar Konversationsbrocken anbieten können sollte. Zum Glück haben wir von Ballverliebt TV die exklusiven* Youtube-Einbettungsrechte erworben, um es euch zeigen zu können. Hier ist es nun, in nahezu voller Länge: Der Triumph der „Magical Magyars„.

Und ja, der Fußball hat sich wohl ein wenig gewandelt seit den Zeiten von Sir Stanley Matthews und Ferenc Puskás. Der Vergleich der Spielweisen zu heute ist übrigens auch lehrreich, denn es fällt auf, welche Methoden sich als besser erwiesen haben: Eine davon ist offensichtlich der Pass nach hinten. Viel Spaß dabei, den Rest zu erkunden!

Aufstellung England (WM-Formation)
Trainer: Walter Winterbottom

GK 1 Gil Merrick (Birmingham City)
RB 2 Alf Ramsey (Tottenham Hotspur)
LB 3 Bill Eckersley (Blackburn Rovers)
RH 4 Billy Wright (Wolverhampton Wanderers) (c)
CB 5 Harry Johnston (Blackpool)
LH 6 Jimmy Dickinson (Portsmouth)
RW 7 Stanley Matthews (Blackpool)
IR 8 Ernie Taylor (Blackpool)
CF 9 Stan Mortensen (Blackpool)
IL 10 Jackie Sewell (Sheffield Wednesday)
LW 11 George Robb (Tottenham Hotspur)

Aufstellung Ungarn (2-3-3-2-Formation)
Trainer: Gusztáv Sebes

GK 1 Gyula Grosics (Honvéd) (c) (raus: 78′)
RB 2 Jenő Buzánszky (Dorogi)
LB 3 Mihály Lantos (Vörös Lobogó)
DM 4 József Bozsik (Honvéd)
CB 5 Gyula Lóránt (Honvéd)
CB 6 József Zakariás (Vörös Lobogó)
RW 7 László Budai (Honvéd)
FW 8 Sándor Kocsis (Honvéd)
AM 9 Nándor Hidegkuti (Vörös Lobogó)
FW 10 Ferenc Puskás (Honvéd)
LW 11 Zoltán Czibor (Honvéd)

Auswechlsung:
GK 12 Sándor Gellér (Vörös Lobogó) (rein: 78′)

* gilt für alle für Seiten, die Ballverliebt.eu heißen

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Souveränes 3:0 in Ungarn: Österreich besteht die Auswärts-Prüfung problemlos https://ballverliebt.eu/2013/10/27/souveranes-30-in-ungarn-osterreich-besteht-die-auswarts-prufung-problemlos/ https://ballverliebt.eu/2013/10/27/souveranes-30-in-ungarn-osterreich-besteht-die-auswarts-prufung-problemlos/#comments Sun, 27 Oct 2013 10:11:51 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9767 Souveränes 3:0 in Ungarn: Österreich besteht die Auswärts-Prüfung problemlos weiterlesen ]]> Was den Entwicklungsstand der ÖFB-Frauen angeht, waren in diesem Herbst zwei Spiele besonders interessant: Das bei EM-Teilnehmer Finnland (wo man mindestens auf Augenhöhe war) – und das in Ungarn, dem Topf-4-Team der Sechsergruppe. Um die Frage zu beantworten, wie es dem Team auswärts gegen einen Gegner mit halbwegs Qualität gelingt, das Spiel zu gestalten. Nach dem nie gefährdeten 3:0 in Budapest steht fest: Mannschaften wie diesen ist man schon meilenweit enteilt. Erst, als das Spiel entschieden war, ließ man es ein wenig schleifen.

Ungarn - Österreich 0:3 (0:2)
Ungarn – Österreich 0:3 (0:2)

Stamm-Goalie Kristler fehlte verletzt und Sarah Zadrazil, die zuletzt in Finnland eine starke Partie als Nina Burgers Sturmpartnerin ablieferte, bekam von ihrem US-Uni-Team keine Freigabe. Eine andere Spielanlage bedeuteten diese Änderungen (Makas zurück statt Zadrazil, Zinsberger statt Kristler mit dem Startelf-Debüt) nicht: Wille zum Gestalten, weit abkippende Sechs, einrückende Mittelfeld-Außen und aktive Außenverteidiger.

Österreichischer Sieg früh auf Schiene

So weit nichts Neues, und tatsächlich war die Spielanlage jener vom Spiel in Finnland praktisch identisch. Unterschied: Der Gegner hatte weniger Niveau als in Turku. Auch das erlaubte es der österreichischen Dreierkette, die sich im Aufbau bildete, deutlich weiter nach vorne zu schieben. Das allzu große Loch, dass dabei gegen Belgien und in Finnland davor aufgerissen wurde, verkleinerte sich dadurch; außerdem standen die nominellen Mittelfeld-Außen diesmal nicht auf einer Höhe mit den Sturmspitzen, sondern bearbeiteten dahinter den Platz zwischen den Reihen.

Das 1:0 für Österreich fiel schon in Minute 7: Eine Freistoß-Flanke von Puntigam (die diesmal als tieferer der beiden zentralen Mittelfeld-Leute begann) beförderte Burger in ihrem 50. Länderspiel der Ball an die Latte, die ungarische Abseitsfalle schnappte nicht zu und Carina Wenninger konnte völlig mühelos zu ihrem zweiten Tor im Nationalteam einköpfeln. Was allerdings nicht dafür sorgte, dass die Ungarinnen aktiver wurden.

Das „Problem Jakabfi“ ist keines

Die mit sehr viel Abstand beste Spielerin Ungarns ist Zsanett Jakabfi, Stammkraft bei Triple-Sieger Wolfsburg. Wenn sie denn fit ist. Denn das war sie in den letzten Monaten nicht, und das merkte man. Hastig einberufen und ohne mit der Mannschaft trainiert zu haben, war sie auf dem rechten Flügel im 4-4-2 von Teamchef Attila Vágó postiert. Potentiell ein extremer Gefahrenherd – vor allem ob der teilweise recht weit innen agierenden Prohaska – aber das Spiel lief komplett an Jakabfi vorbei, sie hatte kaum Ballkontakte und sie brachte Verena Aschauer nur sehr selten in Verlegenheit.

Bei Ungarn versuchten die Mittelfeld-Außen Jakabfi und Kaján, im Aufbau weit nach vorne zu schieben – vor allem Jakabfi – aber umso nahmen sie sich selbst aus dem Spiel, weil Österreich da geschickt die Passwege zustellte. Andererseits aber ließ sich Boglárka Szabó aus dem Zentrum zwischen Innenverteidiger fallen, wenn es hinten gefährlich wurde. So ergab sich ein Wall aus drei eng stehenden Verteidigierinnen im Zentrum.

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Wenn bei Österreich Puntigam abkippte (ganz links), staffelte sich das ungarische ZM vertikal und LM Kaján ging viel weiter zurück als RM Jakabfi. So hatte Österreich viel Raum zur Spieleröffnung.

Aber durch die Assymetrie auf den ungarischen Flügeln – Kaján links rückte gegen den Ball deutlich weiter zurück als Jakabfi rechts – und drm in der Defensive vertikal statt horizontal gestaffelten Duo im zentralen Mittelfeld waren auf dieser Seite deutlich mehr Optionen zur Spieleröffnung für Österreich, weil Ungarn da große Räume offen ließ. Darum war es auch Carina Wenninger, die rechte Innenverteidigerin, die oftmals mit dem Ball nach vorne in den freien Raum ging.

Man muss sich schon fragen, warum die Ungarn das ÖFB-Team dreimal beobachtet haben (gegen Belgien, gegen Bulgarien und in Finnland), wenn sie dann im Positionsspiel gegen den Ball erst recht alles falsch machen. Gefährlich wurde Ungarn jedenfalls nur aus Ecken: In Minute 9 streicht eine solche einen Meter am österreichischen Tor vorbei, und in Minute 42 kratzte Heike Manhart (die ja in der ungarischen Liga spielt) einen Schuss von Vágó wiederum nach einem Eckball von der Linie. Letzteres war die einzige echte Schrecksekunde im ganzen Spiel.

Klare Sache und Billa-Debüt

Durch die Mitte, wo sich die Ungarinnen in der Abwehrkette verdichtete, kam Österreich nicht so oft durch, und wenn, war meist Lisa Makas mit ihrem Tempo und ihrer Technik daran beteiligt (wie etwa auch schon bei ihrer sensationellen Vorarbeit im Europacup-Spiel gegen Sassari Torres). Nur im Abschluss haperte es. Die gefährlichsten Szenen kamen aber zustande, wenn es gelang, über die Außen mit Tempo in den Rücken der ungarischen Abwehr zu kommen.

Wie beim 2:0, als Aschauer durchging, flankte, und die ungarischen Innverteidigerinnen Demeter und Tóth beide den Ball klären wollten, dabei übereinander stolperten und den Ball dabei ins eigene Tor beförderten. Undwie beim 3:0, als Nina Burger steil geschickt wurde und ebenso zur Grundlinie durchging, zurücklegte, und Lisa Makas nach einer Stunde doch noch ihr Tor machte.

26. Oktober 2013 um 18.33 Uhr: Der Moment, in dem Nicola Billa im Team debütiert.
Budapest, 26. Oktober 2013, 18.33 Uhr: Der Moment, in dem Nicola Billa (Nr. 9) im Team debütiert.

Was die Gelegenheit gab, Nicole Billa ihr Teamdebüt zu ermöglichen. Die 17-Jährige, die Kapitänin vom U-19-Team ist, startete zuletzt mächtig durch, nach einer Saison in Innsbruck ging sie im Sommer zu St. Pölten und fällt auch dort durch eine Eiseskälte vor dem Tor auf.

Dass sie ihre größte Chance auf den ersten Treffer im ersten Spiel in der Nachspielzeit vergab, indem sie halb im Fallen aus zwei Metern über das Tor schoss, kann da schon mal passieren. Ungarn war zu diesem Zeitpunkt im Übrigen schon nur noch zu zehnt: Zsanett Jakabfi, im ganzen Spiel weitgehen unsichtbar, hatte in der 87. Minute angeschlagen das Feld verlassen, das Wechselkontingent war aber schon erschöpft.

Da wird sich Wolfsburg schön beim ungarischen Verband bedanken, der Jakabfi völlig unvorbereitet in die Schlacht warf.

Fazit: Nicht glanzvoll, aber problemlos

Mit dem 2:0 und dann dem 3:0 im Rücken franzte das österreichische Spiel ein wenig aus, es wurde zu eng, es fehlte ein wenig die Genauigkeit. Aber bis die Partie entschieden war, agierte Österreich konzentriert, umsichtig und bis auf wenige Ausnahmen souverän. Der Sieg stand nie in Frage. Es wurde versucht, die Schwächen von Ungarn anzubohren, man hatte immer das Heft des Handeln in der Hand und Schnitzer von Ungarn wurden ausgenützt. Kein ultimativ glazvoller Sieg, aber ein souveräner Erfolg gegen einen passiven und defensiven Gegner.

So leicht wird’s am Donnerstag in Ritzing gegen Frankreich natürlich nicht werden.

(phe)

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Sturm glänzt in Klagenfurt mit Effizienz https://ballverliebt.eu/2011/07/14/sturm-glanzt-in-klagenfurt-mit-effizienz/ https://ballverliebt.eu/2011/07/14/sturm-glanzt-in-klagenfurt-mit-effizienz/#respond Thu, 14 Jul 2011 04:08:26 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5240 Sturm glänzt in Klagenfurt mit Effizienz weiterlesen ]]> Vor 11.500 Zusehern bekamen es die wegen der Football-WM aus ihrer Heimstätte verbannten Blackies mit dem ungarischen Meister Videoton Szekesfehervar zu tun. Die von Paulo Sousa betreuten Magyaren erwiesen sich als die erwartet harte Nuss. Die Grazer konnten sie zwar knacken, präsentierten sich dabei aber noch längst nicht europareif.

Sturm Graz – FC Videoton (1. HZ)

Die Ungarn machten es den an den Wörthersee verlegten Hausherren nicht leicht. Tief stehen, früh stören, schnell nach vorne – Videoton präsentierte sich als unguter Gegner, während das Grazer Spiel flickwerkhaft und holprig anlief. Insbesondere die Abwehrkette mit Pürcher, Burgstaller, Feldhofer und Standfest zeigte bald Unsicherheiten und der Abgang von Schildenfeld erste ungute Wirkung. Nach einem Einwurf bediente Vasiljevic Alves mit einem mustergültigen Pass, der brachte den Ball an Standfest vorbei halbhoch in den Sechzehner, wo der einrückende Pürcher einen Schritt langsamer als Attila Polonkai war. Dessen direkte Abnahme geriet unter Bedrängnis jedoch zu schwach und unplatziert. Diese Situation hätte auch weitaus brenzliger werden können: Wo Pürcher aushalf, hätte eigentlich Burgstaller sein müssen – wenige Meter weiter war in Folge ein weiterer Videoton-Spieler im Strafraum komplett unbedrängt. Pürcher hatte sich also früh für einen der zwei Gegner entscheiden müssen, eine etwas längere Flanke von Alves hätte verheerende Folgen haben können.

Rückschlag für Bukva, Einstand für Wolf
Wenn bei Sturm überhaupt etwas gut nach vorne lief, so ging es über die Außenbahnen. Das waren Pürcher und Bukva zum Einen, sowie Standfest, Hölzl und Muratovic zum Anderen. Jedoch ging dies zu Lasten des inneren Mittelfelds, wo sich die Ungarn bis zur Halbzeit oft an einer 3-gegen-2 Mehrheit und viel Raum erfreuen durften. Denn Szabics war bis zur Pause vom restlichen Spielgeschehen relativ abgeschnitten und Muratovic ging die Luft aus, je näher der Halbzeitpfiff rückte.

Als Bukva sich nach 37 Minuten ohne Einfluss des Gegners verletzte, war das Spiel bereits auf Messers Schneide, und Szekesfehervar das dominierende Team. Patrick Wolf kam für den Angeschlagenen aufs Feld, und tauschte mit Hölzl die Seite (Wolf auf Rechts, Hölz ab dann auf Links). Der ehemalige Magna-Kicker brachte überraschend viel neuen Schwung in die Partie, auch weil er den ächzenden Oldie Muratovic entlasten konnte. Foda korrigierte nun auch das Mißverhältnis im Zentrum, in dem er Imre Szabics nun aus dem Mittelfeld starten ließ. Die personelle Verstärkung und die damit einhergehende, höhere Dichte störte den Spielaufbau von Sousas Truppe und führte zu häufigeren Ballverlusten in der Vorwärtsbewegung. Dass das Sturm-Team in seiner jetzigen Form aber weder komplett noch besonders eingespielt ist, demonstrierten die wenigen, guten Kontergelegenheiten der Partie, welche allesamt verstümpert wurden.

Foda tüftelt weiter
Mit einer weiteren Neuerung versuche Foda das Spiel der Blackies nach der Halbzeit aufzuwerten: Die Abwehrreihe rückte – ungeachtet ihrer Probleme – stärker auf und sollte so wohl zu einem flüssigeren Aufbauspiel beitragen. Gleichzeitig zog man in der Offensivbewegung das Spiel im Mittelfeld mehr in die Breite und verlagerte den Ball deutlich öfter von der einen auf die andere Seite. So erzwang man mehr Raumöffnungen, riskierte aber auch mehr Platz für den Gegner bei Ballverlust (gut zu sehen vor der Chance von Gosztonyi nach 56 Minuten). Videoton war zwar immer noch feldüberlegen, konnte aber vor dem Tor besser in Schach gehalten werden. Die Hausherren hingegen arbeiteten sich nun besser vor den Sechzehner vor, bissen sich dann aber an der disziplinierten Defensive immer noch die Zähne aus.

Besser wurde das mit der Einwechslung von Kienast für den ausgepowerten Muratovic. Dieser orientierte sich meist halblinks, und verstärkte damit die Achse Pürcher-Hölzl. Mit seinem Vorstoß auf Aussen und den Rückpass auf Pürcher – der so genug Platz für die Flanke hatte, da sich die äußere Defensive auf den Stürmer konzentrierte – leitete er den Führungstreffer von Sturm nach 68 Minuten ein. Pürcher zirkelte den Ball auf Imre Szabics, der den Ball wenige Meter vor dem Tor geschickt an zwei konfus reagierenden Verteidigern vorbeischummeln konnte und den Ball dann auch noch au spitzem Winkel vorbei an Goalie Tujvel ins lange Eck würgte. Wenige Momente darauf hätte Feldhofer nach langer Weber-Flanke hinter die zu spät herausgeeilte Abwehrreihe auf 2: erhöhen müssen. Allein, er war vom Erfolg des Zuspiels mindestens genauso überrascht wie der Rest des Stadions und produzierte in seiner Hektik lediglich einen harmlosen Roller. Jedoch: Sturm übernahm mehr Initiative.

Sturm Graz - FC Videoton (2. HZ bis ca. 80')

Sousa wagt den Umbau nicht
Walter Fernandez wurde nun von Sousa zur Belebung des rechten Mittelfelds aufs Grün geschickt. Die Flankenläufer agierten nun häufig schon auf Außenstürmer-Position. Jedoch verpufften diese dort, da Hölzl und Pürcher als auch Standfest ihren Job defensiv gut erledigten. Das Forechecking der sich müde laufenden Ungarn federte Sturm mit vermehrten Rückpässen auf Goalie Gratzei ab, dessen Abschläge jedoch den Nachteil so manchen Ballverlusts mit sich brachte. Ersterem Umstand musste Polonkai schließlich Tribut zollen, 8 Minuten vor Ende der regulären Spielzeit wurde er durch Nagy ersetzt (Bei Sturm kam Sandro Foda für Matthias Koch). Nachdem Sousa erkannt hatte, dass über die Außenbahnen wenig zu holen war, stellte er die Offensive auf lange Bälle in die Mitte um. Was sich als gefährlicher, aber letztlich nicht gefährlich genug erwies. Sturm stand nun tiefer, S. Foda und Weber saugten vor der Abwehr Staub.

Das 2:0 offenbarte schließlich, dass die Gäste aus Fehervar mittlerweile müde geworden waren. Feldhofer leitete einen schönen Doppelpass zwischen Hölzl und Foda ein, Ersterer setzte sich auf der linken Seite mühelos gegen brachi durch und bediente Kienast in der Mitte, der Horvath enteilt war. Zum Unglück des Videoton-Goalies brachte dieser den Ball ausgerechnet durch seine Beine in die Maschen – und sicherte Sturm damit ein beruhigendes 2:0-Polster für das Rückspiel in zwei Wochen.

Fazit:
Sturm hat das anvisierte Soll erreicht und sich eine gute Ausgangsposition geschaffen. Dazu reichten 20 Spielminuten, in denen der österreichische Meister zumindest teilweise zeigen konnte, was möglich ist. Über 90 Minuten wetzte Trainer Franco Foda die im Spiel aufgetauchten, taktischen Scharten Stück für Stück aus, und wirkte damit der vor allem in der ersten Hälfte spürbaren Unsicherheit entgegen. In der Offensive besorgten eine Individualaktion nebst Gastgeschenk  und ein flotter Angriff gegen eine erschöpfte Abwehrreihe das Wesentliche.

Paulo Sousa hingegen brachte bis auf seinen großen Namen nicht viel auf die Trainerbank mit: Videoton spielte von Beginn bis Ende taktisch kaum verändert, selbst nachdem Sturm Graz nach über einer Stunde endgültig in die Partie gefunden hatte. Videoton hätte in Klagenfurt als Sieger vom Platz gehen können und steht statt dessen mit anderthalb Beinen vor dem Europa-Aus. Die Blackies werden den Aufstieg vermutlich schaffen, brauchen aber eine gewaltige Steigerung, um wenigstens bis in die rettende vierte CL-Qualirunde vorzustoßen.

(gpi)

PS: Frage an die Insider – wann und wie kam es eigentlich zur Versöhnung zwischen Haris Bukva und Franco Foda?

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