Ukraine – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Mon, 12 Jul 2021 15:38:50 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Die Top-8 der EM: Echte Top-Teams und einige Glücksritter https://ballverliebt.eu/2021/07/12/die-top-8-der-em-echte-top-teams-und-einige-gluecksritter/ https://ballverliebt.eu/2021/07/12/die-top-8-der-em-echte-top-teams-und-einige-gluecksritter/#comments Mon, 12 Jul 2021 15:38:02 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17680 Die Top-8 der EM: Echte Top-Teams und einige Glücksritter weiterlesen ]]> Europameister Italien, Finalist England, Halbfinalist Spanien: Auch wenn sich viele prominente Namen schon im Achtelfinale aus dieser EM verabschiedet haben, hatte die Finalphase immer noch einiges an Prominenz zu bieten. Die meisten Teams, die im Viertelfinale vertreten waren, haben sich den Platz unter den Top-8 der EM redlich verdient. Es waren aber auch Glücksritter dabei, die es bei einem Turnier mit 16 Teams wohl eher nicht so weit geschafft hätten.

Hier der dritte und letzte Teil unserer Team-Analysen der nun zu Ende gegangenen EM: Jene acht Teams, die im Viertelfinale, Semifinale und Finale dabei waren.

Italien: Stabil, balanciert, clever

Da schau her: Italien kann auch feinen, attraktiven Vorwärts-Fußball spielen. Die Truppe ohne echte Superstars begeisterte in der Vorrunde, in der sie – zugegeben ohne allzu große Gegenwehr – dreimal locker gewann. In der K.o.-Runde zeigte Italien, dass man auch harzige Spiele (wie gegen Österreich im Achtelfinale) gewinnen, solche gegen wirklich starke Teams drüberverteidigen (wie gegen Belgien im Viertelfinale) und solche gegen dominante Teams ohne großen Schaden aussitzen kann (wie gegen Spanien im Halbfinale).

Das prominenteste Feature war die asymmetrische Angriffsformation, in der links der Außenverteidiger Leonardo Spinazzola – bis zu seiner Verletzung gegen Belgien – hoch aufrückte, um Insigne nach innen dribbeln zu lassen, während rechts der Achter Nicolò Barella erst Berardi, dann Chiesa ähnlich unterstützte. Dafür sorgten Jorginho und Verratti aus dem Sechserraum für die Gestaltung und der defensivere Rechtsverteidiger Di Lorenzo gemainsam mit den Juve-Zwillingen für die stabile Abwehr.

Italien zeigte sich als gut balanciertes Team mit einer Handvoll Alternativen im Kader – Locatelli vertrat Verratti in der Vorrunde stark, Emerson war als Spinazzola-Ersatz sehr ordentlich, Belotti und Bernardeschi sorgten im Angriff für Entlastung der Starter. Mancini musste allerdings auch nie wirklich tief in seinen Kader greifen.

Ob das jetzt wirklich der strukturelle Neustart ist, der nach der verpassten WM-Teilnahme von 2018 nötig war, oder doch „nur“ wieder ein gutes Abschneiden aufgrund von sehr gutem Coaching, wie 2012 mit Prandelli und 2016 mit Conte, bleibt aber trotz des EM-Titels noch abzuwarten. Gerade die Innenverteidigung wird spannend – denn hinter Bonucci und Chiellini ist aktuell nur Inters Alessandro Bastoni als gutklassiger Nachrücker in Sicht.

England: Viel Talent, tendenziell zu zögerlich

45 Minuten lang hatte England die Dänen im Halbfinale hergespielt. Als das Tor in der 104. Minute endlich fiel, stellte Southgate auf ein 5-4-1 um und erweckte den Halbfinal-Gegner wieder zum Leben. Im Endspiel gelang schon in der 2. Minute das Führungstor, aber danach kam nicht mehr allzu viel – und bis zur 120. Minute gab es nur einen einzigen offensiven Wechsel.

Das junge englische Team, das ein Produkt von 10 Jahren gezielter Aufbauarbeit (Stichwort „England DNA“) ist, langweilte sich kraftsparend durch die Vorrunde, trieb im Achtelfinale die deutschen Geister der Vergangenheit aus und überfuhr ein defensiv heillos überfordertes Team der Ukraine im Viertelfinale mühelos. Aber Southgate scheute in Halbfinale und vor allem im Finale, nach einem sich erarbeiteten Vorteil weiter die Daumenschrauben anzuziehen. Die Defensive war mega-stabil (kein einziges Gegentor aus dem Spiel in sieben Partien), das Mittelfeld mit Rice und Phillips defensive herausragend, aber die Verbindung ins Angriffsdrittel war ausbaufähig. Es war am Ende etwas zu viel Kontrolle und etwas zu wenig Kaltblütigkeit.

England hatte den ersten großen Titel seit 1966 mit sechs Heimspielen, einer unproblematischen Gruppe und den jeweils leichteren Gegnern in Viertel- und Halbfinale auf dem Tablett, ließ die Möglichkeit aber aus den Händen flutschen. Dieses englische Team kann über Jahre hinweg eine starke Rolle bei WM- und EM-Turnieren einnehmen. Aber ob die Chance noch einmal so groß wird wie 2021?

Ballverliebt gibt es nur mit deiner Hilfe!

Ballverliebt braucht deine Hilfe zum Weitermachen. Wenn du Artikel wie diese, kritische Analysen und Podcasts von uns magst und weiter von uns lesen und hören willst, dann unterstütze uns bitte. Der Preis eines Getränks pro Monat hilft schon sehr. Mehr dazu findest du hier.

Become a Patron!

Spanien: Neue Spieler, alter Stil

Es ist ein neues Spanien, aber mit altbekannten Tugenden. Es war das Team mit dem meisten Ballbesitz der EM (67,2 Prozent) und der höchste Passgenauigkeit (89,6 Prozent), übte damit Dominanz über die Spiele aus – wobei sich zumindest fünf der sechs Gegner auch bewusst defensiv eingestellt hatten. Es gab unzählige Halbchancen, von denen in den ersten zwei Spielen nur eine genützt wurde. Es gab auch zahlreiche Top-Chancen – in den kommenden zwei Matches erzielte Spanien ZEHN Tore.

Aber am Ende, als es darauf an kam, fehlten einfach wieder die Tore. Es war wieder der ewige spanische Grat zwischen einem Stürmer, der sich aufreibt, aber im Strafraum präsent ist (Morata) und einer falschen Neun, die für mehr Dominanz in Mittelfeld und Zehnerraum sorgt, dafür ist im Strafraum zu wenig los. Das geht sich mit einer starken Abwehr aus – wie 2010 und 2012, als man in zusammen 13 Spielen nur drei Tore kassierte, davon kein einziges in einem K.o.-Spiel.

Diesmal war das Mittelfeld mit dem unfassbaren Pedri extrem stark, die Angriffsreihe zumindest in Ordnung, aber die Abwehr der Schwachpunkt. Weder die Paarung Laporte/Pau Torres noch die Paarung Laporte/Eric Garcia überzeugte vollends und Unai Simón war ein ständiger Unsicherheitsfaktor. Fünf Gegentore in drei K.o.-Spielen, das geht sich einfach irgendwann nicht mehr aus.

Dennoch: Die stark verjüngte Truppe hat Zukunft. Mit Pedri (der für seine 18 Jahre eine nicht zu glaubende Reife und Übersicht bewies) als legitinem Xavi-Nachfogler, mit den jungen Flügelspielern Ferrán Torres und Dani Olmo, mit dem immer noch erst 24-jährigen Rodri als demjenigen, der Busquets auf der Sechs ablösen wird und, durchaus bemerkenswert, keinem einzigen Kaderspieler von Real Madrid. Luis Enrique ist vor der EM alles andere als unumstritten gewesen. Im Ganzen hat er und sein Team aber für überwiegend zufriedene Gemüter im eigenen Land gesorgt.

Dänemark: Kein normales Turnier

Mit normalen Maßstäben ist die Performance des dänischen Teams bei diesem Turnier nicht zu beurteilen. Der Herzstillstand von Christian Eriksen nach 44 Minuten des ersten Spiels hat alles verändert: Von der mentalen Einstellung des Teams über die Wahrnehmung von Außen bis hin zum System und auch ein wenig des Spielstils.

Ohne Eriksen fehlte Hjulmand der Zehner, um den herum das 4-2-3-1 aufgebaut war. Also installierte er ein 3-4-3 ohne Zehner, dafür mit einer offensiveren Doppelbesetzung der Außenbahnen – vor allem das Duo mit dem großartigen Joakim Mæhle und dem jungen Mikkel Damsgaard auf der linken Seite sorgte für ordentlich Wirbel. Da Damsgaard erst für Eriksen ins Team gerutscht war, hätte es dieses Wirbelwind-Duo sonst gar nicht gegeben.

Ein weiterer Aspekt der dänischen Flexibilität war das situative Aufrücken von Andreas Christensen in den Sechserraum – vor allem gegen Russland beim 4:1-Sieg im emotionalen dritten Gruppenspiel im gefühlt randvollen Parken – um im Mittelfeld-Zentrum schon für mehr Stabilität zu sorgen. Das Aufrücken eines Innenverteidigers wurde somit zum defensiven Move.

Der körperliche Stress, den vor allem die drei Spiele gegen Russland (daheim), Wales (in Amsterdam) und Tschechien (in Baku) verursacht haben sorgte in Kombination mit dem nicht besonders tiefen Kader dafür, dass die emotionale Welle, auf der Dänemark ins Halbfinale geritten ist, dort an einer englischen Mauer gebrochen wurde. Ja, den entscheidenden Elfmeter hätte es eher nicht geben sollen. Aber das Team war einfach leer.

Dennoch: Diese EM war für Dänemark mit der dritten EM-Halbfinal-Teilnahme nicht nur ein sportlicher Team-Erfolg – und für den überragenden Kasper Schmeichel auch ein persönlicher – sondern sie hat auch den Weg in eine wahrscheinliche Zukunft ohne Eriksen vorgezeigt. Und, dass es Danish Dynamite nach der quälend lähmenden Spielweise unter Hjulmands Vorgänger Åge Hareide doch noch gibt.

Belgien: Letzte Chance… vorbei?

Durch die Vorrunde war Belgien im Cruise-Modus gegangen, mit kurzen Tempo-Verschärfungen. Eden Hazard und Kevin de Bruyne, angeschlagen ins Turnier gegangen, wurden geschont. Die betagten Herren in der Abwehr rotierten raus und wieder rein. Das Achtelfinale gegen Portugal wurde zu einer Demonstration in der richtigen Balance aus Vorsicht und und Gegner locken, einem Katz-und-Maus-Spiel mit den ähnlich veranlagten Portugiesen, das ein Glücksschuss entschied.

Belgien schien sich immer irgendwie für die spätere Turnierphase schonen zu wollen, ja nicht zu früh zu viele Körner verpulvern, die man später brauchen könnte. Zu diesem „später“ ist es aber nicht mehr gekommen. Weil man im Viertelfinale im wahrscheinlich hochklassigsten Spiel dieses Turnieres den Italienern zweimal einen halben Meter zu viel Platz ließ, aus wenig zwei Tore kassierte, und man das gegen Italien nun mal nicht wieder gut machen kann.

Natürlich werden Kevin de Bruyne und Romelu Lukaku, die beide ein recht vernünftiges Turnier gespielt haben, zumindest noch einen EM-Zyklus zur Weltspitze gehören; wird Youri Tielemans ein großartiger Sechser bleiben und Jérémy Doku ein großartiger Außenstürmer werden. Und doch fühlt es sich so an, als wäre dies die letzte Chance für Belgien gewesen. Die Abwehr ist zu alt und zunehmend zu langsam, das hat das Italien-Spiel gezeigt. Kein Innenverteidiger im Kader war jünger als 25 Jahre, zehn Spieler gehören schon zur Ü-30-Fraktion.

Das auf Augenhöhe geführte, aber durch einen Eckball 0:1 verlorene WM-Halbfinale gegen Frankreich 2018 – ein Wendepunkt wie das gegen Maradona verlorene WM-Halbfinale von 1986?

Schweiz: Gläsernen Plafond durchbrochen

Die Vorrunden-Spiele der Schweiz ließen einen Exploit wie jenen im Achtelfinale gegen Frankreich nicht gerade erahnen. Tempolos beim 1:1 gegen Wales, heillos überfordert beim 0:3 gegen Italien und, ja, klar besser beim 3:1 über die Türkei, aber die Türken waren bei dieser EM auch wirklich unterirdisch schlecht.

Teamchef Petkovic baute nach den ersten beiden Spielen seine linke Seite etwas um – Rodriguez einen Schritt nach hinten, dafür der gerade gegen die Türkei überragende Zuber rein und Innenverteidiger Schär raus – und das sorgte für spürbare Belebung. Ebenso viel wird es aber wohl die psychologische Gemengelage gewesen sein, welche den Schweizern das erstmalige Durchbrechen des gläsernen Achtelfinal-Plafonds ermöglicht hat. Man ging die Franzosen von Beginn an aktiv an und erkannte die französische Arroganz, als der Weltmeister das Match vermeintlich doch gewonnen hatte.

Man sah Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri an, dass sie das Gefühl hatten, allen etwas beweisen zu müssen. Für Seferovic galt ähnliches. Sie trugen die Nati gemeinsam mit dem gewohnt starken Torhüter Yann Sommer, sie führten das Comeback gegen Frankreich an und auch ohne den im Viertelfinale gelbgesperrten Xhaka setzten sie dem Gegner 120 Minuten lang zu, weil dieser es wiederum mit verringertem Tempo versucht hatte, einen Führung gegen die Schweizer über die Zeit zu bringen.

Ein wenig erinnerten die K.o.-Partien der Schweizer an jene der ÖFB-Frauen bei der EM 2017: Im ersten Spiel einen auf dem Papier deutlich besseren Kontrahenten ins Elferschießen hinein nerven und ihn dort mit breiter Brust bezwingen, aber in der nächsten Runde – trotz bester Absichten – mit der noch historischeren Chance vor Augen nicht mehr die 100 Prozent im Kopf zusammen zu bekommen. Gegen Frankreich haben alle fünf Schweizer getroffen. Gegen Spanien haben drei von vier vergeben.

Was machen die Schweizer nun mit diesem Turnier? Der als etwas unbeweglich gescholtene Vladimir Petkovic geht auf jeden Fall gestärkt aus der EM hervor. Die Teilnahme an der WM in Katar wird dennoch ein Kraftakt. Man ist in der Quali-Gruppe mit Italien gelandet – und wird vermutlich durch die Playoff-Lotterie müssen.

Tschechien: Solide wie immer

Gehört Tschechien zu den besten acht Teams Europas? Nein, ganz sicher nicht. Aber man machte das Maximum aus den Möglichkeiten. Bezwang ein im Spiel klar besseres, aber auch sehr harmloses schottisches Team. Kam gegen ein undynamisches und suchendes Kroatien zu einem 1:1, was schon für das Achtelfinale reichte. Neutralisierte dort Holland geschickt und schlug zu, als sich Oranje dezimierte.

Patrik Schick machte die Tore, fünf an der Zahl, niemand traf bei dieser EM öfter. Souček war ein umsichtiger und fleißiger Motor im Mittelfeldzentrum, man merkt ihm die Erfahrung aus der Premier League an. Slavia Prag war in den letzten drei Jahren zweimal im Europa-League-Viertelfinale, hat dabei etwa Sevilla und Leicester besiegt, holte in der Champions League Auswärtspunkte bei Inter und in Barcelona. An Qualität fehlt es nicht.

Die Tschechen verstanden es gut, den Gegnern – vor allem Kroatien in der ersten Hälfte, Holland im Achtelfinale und Dänemark im Viertelfinale in der zweiten Hälfte – die Zeit zum Spielaufbau zu nehmen. Die Anlaufstrukturen waren gut, Tschechien ein unangenehmer und vor allem einigermaßen furchtloser Gegner. Die eigene Kreation lief vor allem über Außenverteidiger Coufal, Souček und lange Bälle, aber in erster Linie war das Spiel darauf angelegt, den Gegner nicht zur Entfaltung kommen zu lassen.

Immerhin: Das war deutlich weniger plump als der ultra-defensive Zugang, der 2016 zum EM-Desaster geführt hat. Und es war auch erfolgreicher. Gute Mittelklasse kann man den Tschechen nun guten Gewissens zuschreiben. Vom Unterhaltungswert war es eher nur so mittel, aber was die Tschechen gemacht haben, hat durchaus funktioniert.

Ukraine: Mehr als zugestanden

Was ist jetzt die wahre Ukraine? Jene, die sich gegen Holland und Schweden ins Spiel zurück gekämpft hat? Oder jene, die sich Österreich und England ohne spürbare Gegenwehr opferte und dabei erstaunliche defensive Unzulänglichkeiten offenbarte?

Dass die erste Wahl auf der Sechs (Taras Stepanenko) verletzungsbedingt nur sporadisch zur Verfügung stand, merkte man vor allem, wenn er nicht dabei war (also gegen Österreich und England). Dass Shevchenko die erste Wahl auf der linken Außenbahn (Viktor Tsygankov) verletzungsbedingt nur sporadisch und dessen Back-up (Marlos) aus dem gleichen Grund de facto gar nicht zur Verfügung stand, merkte man vor allem, weil die linke Seite immer die Problemzone war. Malinovski, eigentlich ein Achter, war dort so schwach, dass der Teamchef ihn in der K.o.-Phase strich und lieber auf ein 5-3-2 umstellte.

Das hat im Achtelfinale gegen Schweden funktioniert, weil er Alexander Zinchenko als linken Wing-Back postierte und dieser dort Raum vorfand, den er bespielen konnte. Das ging im Viertelfinale gegen England gar nicht, weil Zinchenko als Achter von Rice und Phillips aufgeschluckt wurde. Hinzu kam, dass Jarmolenko als einzige wirkliche Alternative im Vorwärtsspiel gewohnt unkonstant war und gegen starke Gegenspieler wie Alaba oder Maguire kein Land sah.

Die Ukraine hat zumindest eine Runde mehr erreicht, als dem jungen und nicht gänzlich talentfreien, aber doch überwiegend biederem Team mit zwei bis drei Spielern von internationalem Potenzial zustehen würde. Denn die Limits nicht nur in der Offensive, sondern vor allem in der Abwehr wurden beim 0:4 gegen England im Viertelfinale nur allzu offensichtlich.

Kurzer Ausblick

Die zweite EM-Endrunde mit 24 Teams war wesentlich unterhaltsamer und kurzweiliger als die ausgesprochen zähe Erstauflage von 2016. Die kommende Europameisterschaft steigt in drei Jahren in Deutschland, die zehn Spielorte sind Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt, Gelsenkirchen, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart.

Schon zuvor ist natürlich die WM in eineinhalb Jahren in Katar auf dem Spielplan, zu der die Qualifikation ja bereits im Gange ist und für die sich 13 europäische Teams qualifizieren werden – die offensichtlichen Kandidaten auf die zehn Direkt-Tickets sind Italien, England, Spanien, Dänemark, Belgien, Frankreich, Portugal, Deutschland, Kroatien und Holland. Die zehn Gruppenzweiten und die zwei besten nicht anderweitig qualifizierten Nations-League-Gruppensieger spielen im März 2022 um die verbleibenden drei Plätze. Das wird ein Gemetzel.

Link Tipps:
Analyse der Vorrunden-Verlierer (FIN, HUN, MKD, POL, RUS, SCO, SVK, TUR)
Analyse der Achtelfinalisten (AUT, CRO, FRA, GER, NED, POR, SWE, WAL)

]]>
https://ballverliebt.eu/2021/07/12/die-top-8-der-em-echte-top-teams-und-einige-gluecksritter/feed/ 1
1:0 über die Ukraine: Starke erste Hälfte bringt Österreich ins Achtelfinale https://ballverliebt.eu/2021/06/21/10-ueber-die-ukraine-starke-erste-haelfte-bringt-oesterreich-ins-achtelfinale/ https://ballverliebt.eu/2021/06/21/10-ueber-die-ukraine-starke-erste-haelfte-bringt-oesterreich-ins-achtelfinale/#comments Mon, 21 Jun 2021 20:10:45 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17573 1:0 über die Ukraine: Starke erste Hälfte bringt Österreich ins Achtelfinale weiterlesen ]]> Mit einem 1:0-Sieg über die Ukraine springt Österreich zum Abschluss der EM-Gruppenphase auf den zweiten Platz der Gruppe C und hat damit erstmals seit der WM 1982 die Vorrunde eines großen Turniers überstanden. Schlüssel zum Erfolg war ein mutiger Auftritt in der ersten Halbzeit: Hier nagelte man die Ukrainer hinten fest, sorgte mit wirksamem Offensiv- und giftigem Gegenpressing für viele Ballgewinne im Angriffsdrittel. Zwar lehnte sich das ÖFB-Team etwas gar früh zurück, aber es reichte zum Sieg.

Österreich – Ukraine 1:0 (1:0)

Die Formationen

Franco Foda stellte umfassend um: Erstmals im Turnier war das Team wieder in einem 4-2-3-1 formiert. Alaba war statt als zentraler Verteidiger auf der linken Seite aufgeboten, dafür musste Ulmer weichen. Grillitsch und Schlager waren hinter Sabitzer im Mittelfeld-Zentrum daheim, Konrad Laimer wurde auf die rechte Außenbahn geschoben. Vorne begann Arnautovic nach abgesessener Sperre.

Bei der Ukraine kehrte gegenüber dem 2:1-Sieg über Nordmazedonien auf der Sechs Sidorchuk wieder für den am Knie lädierten Stepanenko zurück, ansonsten war es das gleiche Personal in der gleichen 4-1-4-1-Formation.

Ballverliebt gibt es nur mit deiner Hilfe!

Ballverliebt braucht deine Hilfe zum Weitermachen. Wenn du Artikel wie diese, kritische Analysen und Podcasts von uns magst und weiter von uns lesen und hören willst, dann unterstütze uns bitte. Der Preis eines Getränks pro Monat hilft schon sehr. Mehr dazu findest du hier.

Become a Patron!

Druckvoller Beginn

Statt einem langsamen Beginn ohne Risiko – schließlich konnten beide Mannschaften davon ausgehen, mit einem Remis weiter zu sein – wollte das ÖFB-Team von Beginn an nichts wissen. Im Gegenteil: Bei Ballverlusten im Angriffsdrittel wurde sofort ein giftiges Gegenpressing gezeigt. Auch die Spieleröffnung der Ukraine wurde aggressiv angelaufen, und zwar aus einem sehr frontalen Winkel. Damit war es den Ukrainern nicht möglich, den Rückraum der österreichischen Pressingwelle zu bespielen.

Das Team der Ukraine produzierte derart unter Druck gesetzt viele Ballverluste und blinde Bälle ins Nirgendwo. Vor allem Grillitsch und Sabitzer waren extrem aufmerksam und sammelten solche freien Bälle beinahe im Minutentakt auf. Der druckvolle Beginn der Österreicher zeigte früh Wirkung, wie Matvienkos unbedrängter 40-Meter-Querpass ins Seitenaus nach etwa einer Viertelstunde zeigte.

Hilflose Ukrainer – direkte Österreicher

Andrej Shevchenko und sein Team hatten einen derart forschen Gegner offenkundig nicht erwartet, zumal nach dem behäbigen und eher leblosen Auftritt des ÖFB-Teams zuletzt in Holland. Die Ukrainer kamen überhaupt nicht in Kontersituationen (von einem schnellen Einwurf in der 2. Minute abgesehen), und wenn, war sich im österreichischen Team niemand zu schade, auch nach hinten zu arbeiten. Das zeigte beispielsweise Christoph Baumgartner, der für den aufgerückten Alaba am eigenen Strafraum einen ukrainischen Angriff entschärfte

War es gegen Holland noch ein großer Schwachpunkt, dass das Spiel in die Spitze so gut wie gar nicht vorkam – und wenn doch, dann viel zu langsam – war Österreich in diesem Spiel darauf bedacht, möglichst schnell und direkt ins Angriffsdrittel zu kommen. Die Genauigkeit beim Pass aus dem Zentrum nach vorne war dabei gar nicht so entscheidend, weil schnell auf den zweiten Ball gepresst wurde, um vorne den Ballbesitz etablieren zu können.

Der Lohn für die dominant geführte erste halbe Stunde war das hochverdiente 1:0 durch Christoph Baumgartner nach einem Eckball. Schon zuvor hatte es ein

Leichter Bruch nach einer halben Stunde

Baumgartner war zuvor bei einem Kopfballduell mit Zabarny zusammengestoßen, nach einer halben Stunde musste er vom Feld. Der für ihn eingewechselte Alessandro Schöpf ging auf die rechte Seite, Laimer auf die linke. In der Folge wurde die Intensität beim ÖFB-Team spürbar zurückgefahren.

Das ist nach einer solchen Phase wie den ersten 30 Minuten kein Wunder und es muss gar nicht zwingend am Fehlen des starken und umtriebigen Baumgartner liegen. Jedenfalls konnten die Ukrainer mit etwas mehr Ruhe im Spiel ein wenig durchatmen und sie konnten Ballbesitzphasen verlängern, gefährlich wurden sie aber nicht – sie schlossen die erste Halbzeit mit einem geradezu peinlichen xG-Wert von 0,04 ab.

Das ist noch weniger, als Österreich in den ersten 45 Minuten in Amsterdam produziert hatte. Das ÖFB-Team hätte hingegen durch Schlager (37.) und Arnautovic (43.) auf 2:0 stellen können.

Die zentrale Figur: Florian Grillitsch

Dass die Ukraine so harmlos war, lag zu einem großen Teil an David Alaba. Als Linksverteidiger neutralisierte er Andrej Jarmolenko komplett, womit den Ukrainern viel von ihrer Gefährlichkeit genommen wurde. Das Team von Shevchenko wurde damit gezwungen, mehr durch das Zentrum zu spielen.

Und dort war Florian Grillitsch. Er hatte Alexander Zinchenko, immerhin in Manchester bei Pep Guardiola im Training, so bombenfest im Griff, dass der 24-Jährige schon früh sich selbst mental fertig machte. Wo und wann immer Zinchenko einen Ball annehmen und was damit machen wollte, war Grillitsch längst da. Auch die Außenbahnen – der gegen Mazedonien so starke Malinovski und der flinke Jarmolenko – entfalteten keine Wirkung, Linksverteidiger Alaba hatte Jarmolenko sprichwörtlich in der Westentasche eingesteckt.

Grillitsch war aber auch der Dirigent im österreichischen Zentrum. Ukrainische Versuche, ihn anzupressen, prallten wirkungslos an ihm ab. Dafür fand er fast immer einen Raum in seiner Nähe, in den er den Ball hinein spielen konnte. Bei ihm war der Ball sicher: 85 Prozent seiner Pässe fanden einen Abnehmer, nur Innenverteidiger Dragovic (der fast jeden zweiten Ball bei Lainer oder eben Grillitsch ablieferte) kam auf einen höheren Wert.

Weniger direkte in die Tiefe nach der Pause

Das österreichische Spiel nach der Pause wirkte deutlich weniger offensiv, das lag aber nicht daran, dass man den Ukrainern mehr Zeit ließ. Zumindest nicht generell. Denn die Ukrainer bekamen immer noch kaum Zeit für ein zielgerichtete Spieleröffnung. Was sich allerdings änderte: Es gab deutlich weniger direkte Bälle in die Spitze, wie das noch vor der Pause der Fall gewesen war.

Die Folge war, dass es den Ukrainern leichter fiel, im eigenen Verteidigungsdrittel an den Ball zu kommen. Aber das Spiel nach vorne war immer noch davon geprägt, dass dem Mittelfeld keinerlei Wirkung zugestanden wurde.

Durch die fehlenden Pässe in die Tiefe sah das eigene Offensivspiel der Österreicher aber ähnlich bruchstückhaft aus wie gegen die Niederlande. Es gab einige Pässe im Aufbau, die in die Isolation führte; Laimer wurde einige Male in den Schwitzkasten zwischen Außenlinie auf der einen und zwei bis drei Ukrainern auf der anderen Seite geschickt.

Über die Zeit gelangweilt

Der Expected-Goals-Wert in der zweiten Halbzeit weist 0,19 für Österreich und 0,20 für die Ukraine aus. Das heißt: Was Torszenen angeht, war in den zweiten 45 Minuten auf beiden Seiten bis auf einige (bestenfall) Halbchancen so gut wie nichts mehr los. Österreich drehte an der Uhr: Ilsanker kam für Laimer und ging auf die Sechs neben Grillitsch, dafür wechselte Schlager auf jene linke Abwehrseite, auf der eingewechslte Marlos und Jarmolenko mit Tempo durchstoßen sollten.

Österreich machte es sehr geschickt, den Ukrainern ihre größte Stärke – das schnelle Konterspiel – nicht zuzugestehen und zwang ihnen auf, das Spiel in einem Rückstand selbst gestalten zu müssen. Das ÖFB-Team störte diese Versuche über weite Stecken gut: Wenn ein Spieler aus dem Verbund herausrückte, wurde hinter ihm abgesichert; die generelle Struktur wurde beibehalten, die Ukrainer hatten nicht die zündenden Ideen.

In den letzten 15 Minuten zog Österreich die Daumenschrauben sogar wieder ein wenig an. Man hatte nie den Eindruck, dass sich die Ukrainer ernsthaft einem Ausgleich annähernd würden.

Fazit: Eines der besten Spiele unter Foda

Das 90-minütige Nichts von Amsterdam wurde etwa in der Totally Football Show von The Athletic als „grindige Ödnis“ verrissen, der Guardian bezeichnete das ÖFB-Team als „deutlich schlechter als die Summer seiner Einzelteile“. Einem der inhaltslosesten und planlosesten Auftritte der Ära Foda folgte noch eines der besten Spiele unter dem Teamchef, der seit Herbst 2017 die Geschicke der Mannschaft leitet.

Man hat die Ukrainer, die sich offenbar geistig auf eine Mischung aus Vorsicht und Nichtangriffspakt eingestellt hatte, komplett überrumpelt. Die erste halbe Stunde war wie aus einem Guss, auf den Punkt ausgeführt und das 1:0 das Minimum, was man sich verdient hat. In dieser Phase hat man die Ukrainer so mürbe gemacht, dass sie selbst dann noch verzagt waren, als der Druck längst nachgelassen hatte.

Bis auf Shaparenkos Schuss von der linken Seite und der von Lainer abgefälschten Flanke musste Bachmann kaum eingreifen. Österreich habe die taktische Herangehensweise verändert „and bulldozed right over Ukraine“ konstatierte Between The Posts. Österreich habe der Ukraine „Angst eingeflößt und weiche Beine verursacht“, kommentierte die Gazzetta dello Sport, die sich schon auf ein Duell mit Ex-Milan-Star Shevchenko gefreut hatte.

Was das Spiel vor allem gezeigt hat: Wie gut Österreich sein kann, wenn das Team das spielen darf, was es am besten kann.

]]>
https://ballverliebt.eu/2021/06/21/10-ueber-die-ukraine-starke-erste-haelfte-bringt-oesterreich-ins-achtelfinale/feed/ 1
EURO 2020- Letzte Runde, letzte Chance: Österreich gegen die Ukraine https://ballverliebt.eu/2021/06/19/euro-2020-podcast-vorrunde-letzte-chance/ https://ballverliebt.eu/2021/06/19/euro-2020-podcast-vorrunde-letzte-chance/#respond Sat, 19 Jun 2021 19:32:58 +0000 Die EURO 2020 geht in die heiße Phase – und das nicht nur wegen der Hitzewelle. Die ersten Teams müssen die Heimreise antreten. Wird Österreich nach dem Spiel gegen die Ukraine dabei sein? Und wie enttäuschend war eigentlich der Auftritt gegen die Niederlande? Und ist Deutschland nach dem Sieg gegen Portugal plötzlich wieder Favorit? Tom und Philipp schwitzen sich durch Folge 3 des Ballverliebt EURO Podcasts.

]]>
https://ballverliebt.eu/2021/06/19/euro-2020-podcast-vorrunde-letzte-chance/feed/ 0
Die Vorrunden-Verlierer: Viele Ost-Teams, viele einfallslose Truppen https://ballverliebt.eu/2016/06/24/die-vorrunden-verlierer-viele-ost-teams-viele-einfallslose-truppen/ https://ballverliebt.eu/2016/06/24/die-vorrunden-verlierer-viele-ost-teams-viele-einfallslose-truppen/#comments Thu, 23 Jun 2016 22:13:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12701 Die Vorrunden-Verlierer: Viele Ost-Teams, viele einfallslose Truppen weiterlesen ]]> Die Vorrunde ist vorbei, die ersten acht Teams haben sich aus der Europameisterschaft verabschiedet. Bei den meisten konnte man damit rechnen, schon in der ersten der geplanten drei Teamanalyse-Teile vertreten zu sein, andere (von denen man es auch erwartet hatte), haben sich zumindest in die zweite (die nach dem Achtelfinale kommt) gerettet.

Wenn man es vereinfacht sagen will: Viele Teams aus Osteuropa sind schon auf dem Heimweg, und vor allem viele Teams, die nicht wirklich wissen, wie sie selbst ein Spiel gestalten sollen.

Die Sorgenkinder mit der Heim-WM: Die heillosen Russen

Team RusslandIn zwei Jahren geht Russland in die Heim-WM – und nach dem furchtbaren Auftritt der Sbornaja lässt erwarten, dass man eher mit bangen Erwarten statt mit Vorfreude in das Turnier gehen wird. Russland war spielerisch eines der ärmlichsten Teams dieses Turniers.

Querpässe der Abwehr-Holzhacker Beresutzki und Ignashevitch, bis einer der beiden den Ball in die grobe Richtung des bulligen Stürmers Artom Dzyuba drischt: Sehr viel mehr war in fünf der sechs Halbzeiten „spielerisch“ nicht zu sehen. Am hektisch eingebürgerten Roman Neustädter und dem jungen Alexander Golovin (tatsächlich der einzige im Kader unter 25 Jahren) im defensiven Mittelfeld lief das Spiel komplett vorbei; Glushakov und Mamajev waren zumindest in der zweiten Hälfte gegen die Slowakei sinnvoll zu sehen – die einzigen guten 45 Minuten, die die Russen zustande brachten.

Der Kader ist vor allem im Defensiv-Bereich hoffnungslos überaltert und gereicht nicht mehr den Ansprüchen modernen Fußballs von internationalem Format. Auch weiter vorne gibt es kein wirkliches Entwicklungspotenzial mehr. Teamchef Leonid Slutski dankt ab und wird sich nun wieder ganz auf ZSKA Moskau konzentrieren – Sportminister und Verbands-Präsident Vitali Mutko muss also praktisch bei Null anfangen. Russland hat keinen Trainer, keine brauchbare Mannschaft, kaum nennenswerten Nachwuchs und eine Liga, die lieber auf bewährte Einheimische und Legionäre vertraut.

Zwei reichen nicht, Teil 1: Die punkt- und torlosen Ukrainer

Team UkraineDass auch eine UdSSR-Mannschaft dieser Tage weitgehend wertlos wäre, liegt auch daran, dass es dem ungeliebten Nachbarn der Russen aus der Ukraine kaum besser geht. Der Gastgeber von vor vier Jahren krachte ebenso wie damals in der Vorrunde raus, diesmal allerdings ohne einen Sieg (da gab’s 2012 immerhin ein 2:1 gegen Schweden) und sogar ohne ein einziges Tor erzielt zu haben.

Bei den Ukrainern stimmt zwar die Altersstruktur – drei Routiniers, eine Handvoll Jungspunde und viel zwischen 25 und 30 – aber dafür fehlt es an der Klasse. Die Konzentration auf die beiden Flügelstars Jarmolenko und Konoplyanka machte das Team sehr ausrechenbar, was vor allem die Nordiren und die Polen weidlich nützten: Sie überließen den Gelben einfach den Ball und sie konnten sich darauf verlassen, dass ihnen nichts damit einfällt, was nicht das Flügel-Duo involvierte. Das zu verteidigen ist keine Kunst.

Eine gute Viertelstunde gegen Deutschland gab es und man kontrollierte eine Halbzeit lang etwas unsortierte Polen, aber sonst war nichts los. Teamchef Fomenko nahm wie sein russischer Amtskollege Slutski den Hut, aber auch sein Nachfolger wird es schwierig haben. Zwar gibt es mit Sinchenko und Kovalenko hoffnungsvolle, wirklich junge Offensiv-Kräfte, aber in der Breite fehlt es an der Qualität – weil bei den beiden Spitzenklubs Dynamo Kiew und Shachtar Donetsk die Legionäre den sportlichen Ton angeben.

Ein Wort noch zu der Spielerei einer UdSSR-Mannschaft: Bis auf den Armenier Henrikh Mkhitayan käme auch aus den anderen altsowjetischen Republiken kein Spieler, der eine echte Aufwertung brächte. Eine Fußball-Krise ist also kein singuläres Thema, sondern ein generelles in diesem Kulturkreis. Es gibt keine fünf Spieler von internationaler Klasse aus dem Bereich der früheren Sowjetunion.

Zwei reichen nicht, Teil 2: Die knapp gescheiterten Türken

Team TürkeiEin ähnliches Phänomen wie bei der Ukraine zeigt sich bei den Türken: Wie die Ukrainer verfügen auch sie nur über zwei international höherklassige Spieler, der Rest des Teams besteht aus Spielern aus der eh okayen, aber in der Breite nur mittelmäßigen nationalen Ligen. Das reicht, um sich knapp aber doch zu qualifizieren (sowohl die Türkei als auch die Ukraine waren in der Quali Gruppendritte), aber nicht, um dort auch eine wirkliche Rolle zu spielen.

Schon im ersten Spiel gegen Kroatien wurde die limitierte Klasse des Teams offenbart (aber nicht wirklich bestraft), gegen die Tschechen gewann man auch eher nur, weil man besser aufeinander abgestimmt war als der Gegner, nicht, weil man wirklich besser gewesen wäre. Auch die für Terim ja üblichen Umstellungen halfen nicht immer: Gegen Kroatien wurde ohne Wirkung zweimal das System gewechselt, das 4-2-3-1 beim Sieg gegen die Tschechen allerdings tat dem Team merklich gut.

it dem Dänen Emre Mor, den man sich rechtzeitig vor der EM für das türkische Team gesichert hatte, gibt es ein absolutes Kronjuwel, das bei seinen Einsätzen schon die Gefährlichkeit angedeutet hat und bei Borussia Dortmund perfekt weiter geschult wird. Dafür deutet sich an anderer Stelle, nämlich in der Abwehr, in näher kommender Zukunft eine personelle Umstellung an. Womöglich findet man ja auch wieder außerhalb der Türkei neue Kräfte: Neben dem Dänen Mor und dem Holländer Oguzhan waren mit Balta, Calhanoglu und Stürmer Cenk Tosun auch drei Deutsche im Einsatz.

Unausgegoren und widersprüchlich: Die seltsamen Tschechen

Team TschechienAuch so eine Truppe, die wie die Russen tendenziell überaltert ist und über keine außergewöhnlichen Spieler verfügt, ist die aus Tschechien. Das sang- und klanglose Vorrunden-Aus ist aber aus mehreren Gründen etwas seltsam. Nicht nur, weil die Tschechen die Quali-Gruppe mit Island, der Türkei und Holland siegreich beendet hatten.

Einerseits spielte man die vermutlich disziplinierteste Leistung aller 24 Teams in der Vorrunde im Match gegen Spanien, wo der Abwehrverbund 90 Minuten lang praktisch überhaupt nichts zugelassen hat. Andererseits war es mit der Kompaktheit und dem gegenseitigen Aushelfen in der Raumaufteilung völlig vorbei, als man selbst etwas mehr tat und das Mittelfeld-Zentrum (vor allem im letzten Spiel gegen die Türken) eine an sich spannende und im Idealfall auch sicherlich wirksame Fluidität an den Tag legte. So einig man in der Defensive agierte, so sehr spielten die Tschechen nach vorne jeder für sich aneinander vorbei.

Was erstaunlich ist, denn Sparta Prag (wo die Flügelspieler Dockal und Krejci sowie Joker Sural unter Vertrag stehen) kam gerade wegen der taktischen Flexibilität ins Viertelfinale der Europa League. Außerdem fehlte es dem Team gerade an der Routine nicht. Rosicky ist 35, Plasil 34, die Abwehr-Leute Limbersky, Hubnik und Sivok 32, Sturm-Joker Lafata 34. Mittelfristig wird von der aktuellen Mannschaft nicht viel übrig bleiben.

Trainer Pavel Vrba hat nach seinen Erfolgen mit Viktoria Pilsen und der starken Qualifikation noch Kredit, der passive Auftritt gegen die Kroaten und der planlose gegen die Türken hat aber daran gekratzt.

Eh okay, aber halt harmlos: Die biederen Rumänen

Team RumänienNicht großartig, aber auch nicht dramatisch schlecht war der EM-Auftritt der Rumänen. Dass es dem Team eklatant an jeglicher Klasse in der Offensive fehlt, war vorher schon allen klar, dafür schlug man sich allerdings recht wacker. Man traute sich im Eröffnungsspiel, die Rumänen anzugehen und richtig zu ärgern und ließ gegen die optisch überlegenen Schweizer nicht so arg viel zu.

Die auf dem Papier recht mittelmäßige Verteidigung mit einem Serie-A-Reservisten, einem Endzwanziger aus Katar, einem ehemaligen Porto-Legionär auf Heimat-Karriere-Auskling-Tour und einem altersschwachen spanischen Absteiger machte wie schon in der Qualifikation (nur zwei Gegentore, allerdings in einer recht schwachen Gruppe) eine äußerst solide Figur.

Was letztlich zum Aus führte, war die fehlende Klasse im Vorwärtsgang. Mit einem Punkt und -1 Toren aus den beiden Spielen gegen Frankreich und die Schweiz war die Ausgangslage vor dem abschließenden Albanien-Spiel sehr akzeptabel; aber der bombensicheren und aufopferungsvoll kämpfendenDefensiv-Darbietung der Albaner stand Rumänien ziemlich ratlos gegenüber. Dem fälschlicherweise wegen angeblichen Abseits aberkannten vermeintlichen Ausgleich zum Trotz: Das war zu wenig.

So ist man zwar Gruppenletzter, hat sich aber im Rahmen der ziemlich begrenzten Möglichkeiten relativ ordentlich präsentiert. Das ist aber auch das Optimum, das der aktuellen Spielergeneration möglich ist – wie bei den Tschechen stehen auch bei den Rumänen zahlreiche Spieler recht unmittelbar vor dem internationalen Karriereende.

Quälender Zeitlupen-Fußball: Die alterschwachen Schweden

Team SchwedenDas internationale Karriereende hat mit dem schwedischen Aus in der Vorrunde nun auch Zlatan Ibrahimovic vor sich. Und nicht nur er: Neben dem bei Fast-Absteiger Sunderland zum Bankangestellten degradierten Seb Larsson und dem bei diesem Turnier einmal mehr völlig abgetauchten Markus Berg wird auch Zlatans Intimfeind Kim Källström, mit dem sich Zlatan abseits des Platzes nie vertragen hatte, unter dem neuen Teamchef Janne Andersson mit höchster Wahrscheinlichkeit keine Chance mehr haben.

Gerade Källström war das Sinnbild für den Zeitlupen-Fußball, den das Trekronor-Team in Frankreich zeigt. Fehlende Kreativität, wie sie den Schweden seit vielen Jahren eigen ist, ist das eine. Aber wie sehr vor allem Källström in der Mitte praktisch immer jegliches Tempo auch aus potenziellen Gegenstößen genommen hat, war schon erstaunlich. Würde man sagen, er spielt wie einer, der sich aufs Altenteil in die Schweizer Liga zurückgezogen hat, wäre das eine Beleidigung für die Schweizer Liga.

Von den Jungen, die letztes Jahr U-21-Europameister wurden, durfte nur Abwehrspieler Victor Lindelöf als Stammkraft ran, John Guidetti war Joker, Oscar Lewicki nur einmal im Einsatz. Oscar Hiljemark (auf der Källström-Position daheim) sah sich alle drei Spiele von der Bank an, Linksverteidiger Ludwig Augustinussen ebenso. Der vermutlich talentiertste der Europameister, der potenziell großartige Alleskönner Simon Tibbling, war nicht einmal im Kader.

Nach dem Ende der Generation mit Ljungberg, Mellberg und Henrik Larsson vor acht Jahren steht nun der nächste Generationswechsel an – ähnlich wie bei Rumänien, bei den Tschechen und bei den Russen. Dass mit dem Abgang diverser Spieler und Förbundskapten Erik Hamrén auch die quälende Ideenlosigkeit seiner sechsjährigen Amtszeit vorbei ist, ist nicht ganz unwahrscheinlich.

Hinter den Erwartungen: Die verunsicherten Österreicher

ÖsterreichEine ausführliche Evaluierung, aber keine Palastrevolution – weder im Kader, noch auf der Trainerbank – steht nach dem enttäuschenden Auftritt von Österreich bei diesem Turnier an. Nach einer glanzvollen Qualifikation (28 von 30 möglichen Punkten) galt das Erreichen des Achtelfinals als absolutes Minimalziel, zumal man eine nicht gerade problematische Gruppe erwischt hatte.

Viele verschiedene Umstände führten dann aber dazu, dass praktisch nichts so klappte wie erwünscht. Coaching-Fehler, die Verletzung von Junuzovic und der Ausschluss von Dragovic führten zu einem 0:2 gegen Ungarn, die nach einer harzigen Vorbereitung angeknackste Psyche krachte nun in sich zusammen. Mit einer ungewohnten Defensiv-Taktik und einigem Glück trotze man den Portugiesen ein 0:0 ab, erst in der zweiten Hälfte des letzten Spiels gegen Island konnte man erstmals erahnen, wie dieses Team eine so starke Qualifikation gespielt hatte.

Hohe Erwartungshaltung (sowohl öffentlich als auch an sich selbst) traf auf gut eingestellte Gegner, Formschwächen von Schlüsselspielern (Alaba, Harnik), verletzte oder gerade genesene Spieler (Junuzovic, Dragovic, Janko). Der Teamchef traute sich, auf diese Umstände zu reagieren und experimentierte mit Spielanlage und System. Das ging auch nur teilweise auf.

Bis auf Keeper Almer und Wechselspieler Schöpf geht kein Österreicher als Gewinner aus dem Turnier raus, aber mehr als ein oder zwei Stammkräfte werden aus dem Team, das sich derzeit im besten Alter befindet, erstmal nicht rausfallen. Man wird personell nur punktuell verändert in die WM-Quali gehen.

Sich ordentlich verkauft: Die Albaner aus aller Herren Länder

Team AlbanienDas einzige in der Vorrunde ausgeschiedene Team, das mit einem zufriedenen Gefühl nach Hause fahren darf, ist jenes aus Albanien – wiewohl auch hier mehr möglich gewesen wäre. Ein wenig cooler gegen die in Überzahl implodierenden Schweizer, noch drei Minuten länger stand gehalten gegen die Franzosen, und die Albaner wären alles andere als unverdient in der nächsten Runde gestanden.

Natürlich war wie bei vielen Teams die Grundausrichtung eher defensiv, aber nicht so unterkühlt wie bei Island, nicht so planlos wie bei den Ukrainern. Man erwischte die richtige Balance aus taktischer Disziplin und feuriger Leidenschaft. Für viel mehr als einen vierdienten Sieg und zwei unglückliche Niederlagen reicht halt die individuelle Klasse halt nicht aus.

Außerdem haben das Team und dem vernehmen nach auch die Fans alles dafür getan, das aus der Qualifikation etwas ramponierte Image (Stichwort Fight Night von Belgrad) aufzupolieren. Das Team kämpfte hart, aber nie unfair (Canas Ausschluss war patschert, aber mehr nicht), ließ in keinem Spiel nach, wirkte geschlossen und kameradschaftlich; die Anhänger brachten bedingungslose und lautstarke Unterstützung, aber machten keine Troubles. So sind die Albaner auf jeden Fall ein gern gesehener Gast bei Turnieren (wiewohl es in der WM-Quali-Gruppe gegen Italien und Spanien, nun ja, eher schwierig wird).

Albanien und die nationale Jugendarbeit kann übrigens so gut wie nichts für den Aufschwung: Fast der halbe Kader (Abrashi, Ajeti, Aliji, Basha, Gashi, Kukeli, Lenjani, Veseli und Xhaka) ist in der Schweiz geboren und/oder aufgewachsen, Mavraj ist Deutscher, Memushaj Italiener, Kace Grieche. Kapitän Cana (der seine Teamkarriere beendet) und Goalie Berisha sind Kosovaren und wären ab sofort auch für die Kosovo-Auswahl spielberechtigt.

Fazit: Viel Biederheit ohne Idee nach vorne

Wer hat das Turnier also verlassen? Überwiegend biedere Truppen ohne echte Idee nach vorne (Russland, Ukraine, Rumänien, Tschechien, Schweden), Teams die von einigen wenigen Individualisten leben (Ukraine, Türkei), eine höher gehandelte Truppe, bei der viel zusammen gekommen ist (Österreich) und eine Mannschaft, die in jedem Bereich alles gegeben hat und nicht eigentlich nichts vorwerfen muss (Albanien).

Auf ins Achtelfinale also.

turnier

]]>
https://ballverliebt.eu/2016/06/24/die-vorrunden-verlierer-viele-ost-teams-viele-einfallslose-truppen/feed/ 3
Die tollen Kroaten, die feinen Bosnier, das EM-Gastgeber-Duell und das dänische 3:0 in Tschechien https://ballverliebt.eu/2013/03/25/die-tollen-kroaten-die-feinen-bosnier-das-em-gastgeber-duell-und-das-danische-30-in-tschechien/ https://ballverliebt.eu/2013/03/25/die-tollen-kroaten-die-feinen-bosnier-das-em-gastgeber-duell-und-das-danische-30-in-tschechien/#comments Mon, 25 Mar 2013 00:30:40 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8517 Die tollen Kroaten, die feinen Bosnier, das EM-Gastgeber-Duell und das dänische 3:0 in Tschechien weiterlesen ]]> WM-Quali kompakt – quasi Häppchen in Form von Kurz-Analysen von der Jagd nach den Startplätzen für Brasilien 2014! Wo Kroatien mit einer aufregenden Mannschaft wahrscheinlich dabei sein werden. Die Bosnier, die Griechenland 3:1 besiegten, mit einem sehr schiefen 4-2-3-1 ebenso. Auch die Ukraine war systematisch schräg unterwegs und gewann auswärts in Polen. Während Dänemark in einem seltsamen Spiel in Tschechien die Chance auf das WM-Ticket wahren konnte!

Kroatien – Serbien 2:0 (2:0). Mandžukić 23, Olić 37.

Kroatien - Serbien 2:0 (2:0)
Kroatien – Serbien 2:0 (2:0)

Schon bei der EM unter Slaven Bilić war das kroatische Team eines der interessanteren des Turniers, und das ist auch unter Nachfolger Igor Štimac so. Er lässt das Team in einem Hybrid aus 4-2-3-1 und 4-4-2 antreten. Der große Rivale Serbien hatte der gewaltigen Klasse dieses Teams auf fast jeder Position nichts entgegen zu setzen.

Einzige Schwachstelle bei Kroatien ist die Innenverteidigung. Ćorluka und der alte Šimunic sind keine Spieleröffner, erstens, und könnten mit internationalen Klasse-Stürmern sicherlich nicht mithalten. Štimac geht aber deswegen keinen Kompromiss im zentralen Mittelfeld ein und stellt eine robuste Absicherung hin – nein, er wählt den Weg mit zwei Passgebern. Der gebürtige Linzer Mateo Kovačić (im Winter von Dinamo Zagreb zu Inter Mailand gewechselt) und Luka Modrić sind für die Impulse aus dem Zentrum zuständig. Vor allem der 18-jährige Kovačić beeindruckt dabei mit seiner extremen Ruhe am Ball und der Resistenz gegen Pressing-Versuche des Gegners. Was Modrić kann, ist eh bekannt.

Die beiden nominellen Außenspieler, Rakitić und Kranjčar, rücken sehr weit ein und erlauben den extrem offensiven Außenverteidigern Srna und Strinić das hinterlaufen. Damit ist nicht nur Überzahl im Zentrum hergestellt, sondern auch die Breite. Vorne steht Ivica Olić als hängende Spitze und Mario Mandžukić als Knipser. Beide arbeiten extrem viel.

Die Serben, die sich unter Teamchef Siniša Mihajlović im völligen Umbau befinden, waren komplett überfordert. Das teilweise heftige kroatische Pressing verhinderte jeden Versuch von Spielaufbau bei den Serben, die Flügelspieler waren von Strinić und Srna komplett abgemeldet, Kolarov war ein komplettes Desaster (das 1:0 für Kroatien resultierte etwa aus einem schlimmen Schnitzer von Kolarov), Ivanović wurde hinten festgenagelt und konnte Strinić und Olić trotzdem nie Einhalt gebieten. Die beiden armen Teufel, die im serbischen 4-4-1-1 vorne agierten, sahen kaum einen Ball. Kroatien kam zu einem mühelosen und nie gefährdeten 2:0-Sieg.

In der Gruppe A liegt Kroatien punktgleich mit Spitzenreiter Belgien an zweiter Stelle. In dieser Form ist davon auszugehen, dass sich die Kroaten für die WM qualifizieren werden. Dieses aufregende Team wäre sicher eine Bereicherung für das Turnier.

—————————————

Bosnien – Griechenland 3:1 (2:0). Džeko 30, 54, Ibišević 35; Gekas 90.

Bosnien - Griechenland 3:1 (2:0)
Bosnien – Griechenland 3:1 (2:0)

Dass auch die Bosnier ein ziemlich attraktives Team sind, ist schon seit längerem bekannt. Nun haben sie nach zwei Play-off-Niederlagen endlich auch eine Gruppe bekommen, in der sie sich durchsetzen sollten und endlich eine Endrunde erreichen dürften.

Der interessanteste Aspekt im Team von Safet Sušić, wie es sich beim womöglich schon vorentscheidenden Spitzenspiel der Gruppe gegen EM-Viertelfinalist Griechenland darstellte, ist die Assymmetrie im 4-2-3-1. Weil Sušić sowohl Edin Džeko von Man City als auch Vedad Ibišević von Stuttgart in seiner Start-Formation haben will, stellt er Ibišević nominell auf die rechte Mittelfeld-Seite. Er spielt aber recht weit innen und rückt auch oft ins Sturmzentrum, wodurch Rechtsverteidiger Mujdža gezwungen ist, extrem offensiv zu agieren, um die Flanke nicht offen zu lassen.

Auf der anderen Seite jedoch agiert Lulić (von Lazio) eher aus der Tiefe heraus und er hält auch die Außenbahn. Somit kann Linksverteidiger Zukanović hinten bleiben und sich, wie in diesem Spiel, um Salpingidis kümmern, ohne dass nach vorne etwas abgehen würde.

Das Hauptaugenmerk im Zentrum bei Zahirović und Medunjanin liegt im gezielten Pressing, dabei unterstützen sie vor allem Zehner Misimović. Weil sich aber die Griechen darauf recht gut eingestellt hatten und mit Torosidis und Holebas auf den Flügeln sowie dem robusten Salpingidis und dem großen Samaras vorne Anspielpunkte hatte, konnte Bosnien das gewohnte schnelle Umschaltspiel nicht etablieren. Stattdessen bestand der Spielaufbau vor allem aus langen Flankenwechseln auf Lulić oder Ibišević bzw. auf den robust verteidigten Džeko. Das klappte gar nicht.

Nach rund 20 Minuten erkannte Džeko das Problem und ließ sich extrem weit zurückfallen – also sogar hinter die Mittelfeld-Reihe – um besser anspielbar zu sein, während Misimović und vor allem Ibišević sich vorne anboten. Damit war Griechenland im Zentrum in Unterzahl und Bosnien flugs 2:0 in Front. Die Tore waren zwar ein Freistoß und ein Elfer-Nachschuss (der ziemlich erbärmlich verteidigt wurde), waren aber ein logisches Produkt der etwas veränderte Spielanlage der Bosnier.

Die das Spiel mit der Führung im Rücken in der Folge beinahe nach Belieben kontrollierten. Griechenlands Teamchef Fernando Santos nahm in der Pause Linksverteidiger Tzavellas raus und brachte mit Gekas einen neuen Mittelstürmer, dafür ging Samaras auf die linke Angriffs- und Holebas auf die linke Abwehrseite. So wollte er mehr Zug Richtung bosnischen Strafraum bringen – doch konnte diese Maßnahme nicht greifen, ehe Džeko, wieder nach einem Freistoß, das 3:0 markierte. Die Entscheidung.

Nach einer kurzen Orientierungsphase kontrollierte Bosnien also den stärksten Gruppengegner und gewann hochverdient. Damit führt man die Gruppe dank der hervorragenden Tordifferenz de facto vier Punkte vor den Griechen an und hat bereits beide Spiele gegen diese absolviert. Es sollte als endlich mit einer Endrunde klappen.

—————————————

Polen – Ukraine 1:3 (1:3). Piszczek 17; Jarmolenko 2, Gusev 6, Sosulia 45.

Polen - Ukraine 1:3 (1:3)
Polen – Ukraine 1:3 (1:3)

Die beiden Gastgeber der letzten EM sind in ihrer Gruppe (gegen England und Montenegro) beide schon ziemlich im Hintertreffen – sowohl für Polen als auch für die Ukraine war das ein Spiel der letzten Chance.

Der Schlüssel, um mit Polen umzugehen, hat sich seit der EM nicht verändert: Die extrem starke rechte Seite mit Piszczek und Błaszczykowski muss kontrolliert werden, denn der Rest der Mannschaft genügt internationalen Ansprüchen nicht. Michailo Fomenko, der das Amt des ukrainischen Teamchefs von Oleg Blochin übernommen hatte, ließ sich auch etwas einfallen: Ein extrem schiefes 3-4-3, mit dem die starke polnische Seite personell in Unterzahl gestellt werden sollte.

Während also Andrej Jarmolenko de facto alleine die rechte Angriffsseite beider Ukraine bildete und sich mit dem unauffälligen Rybus und dem schwachen Boenisch vor allem in der Anfangsphase einen Spaß machte, blieb mit Shevchuk der linke Wing-Back hinten und achtete auf Błaszczykowski, während Linksaußen Gusev an der Seitenlinie blieb und sich um Piszczek kümmerte. Unterstützt wurden die beiden, wenn es ernst wurde, von Sechser Stepanenko und dem linken Mann in der Dreier-Abwehr, Alexander Kutcher.

Der Clou war, dass dann immer noch mit Fedetski und Khacheridi zwei Innenverteidiger übrig waren, um Lewandowski nicht zur Geltung kommen zu lassen. Zusätzlich spielte den Ukrainern natürlich massiv in die Hände, mit zwei Weitschüssen in den ersten sieben Minuten – die von Boenisch bzw. Wasilewski aber leicht zu unterbinden gewesen wären – blitzschnell 2:0 in Front lagen und sich in der Folge auf die Defensive konzentrieren konnten.

Natürlich kann man Klasse-Leute wie Piszczek und Błaszczykowski nie ganz kaltstellen, wie die hervorragend herausgespielte Aktion zum Anschlusstreffer wie Piszczek zeigt, aber im Großen und Ganzen hatte die Ukraine die Angelegenheit im Griff. Und als kurz vor der Pause Boenisch einmal mehr schlief, schlug es durch den fleißig laufenden Stürmer Sosulia von Dnipropetrovsk zum 3:1 für die Ukrainer ein.

Polens Teamchef Waldemar Fornalik, der wie sein Gegenüber nach der EM übernommen hatte, brachte für die zweite Hälfte Kosecki statt Rybus und ließ den neuen Mann deutlich höher agieren, um Jarmolenko effektiver nach hinten zu drücken. Weil aber erstens mit Fedetski der rechte Mann in der Dreierkette der Ukraine mehr aufrückte und zweitens Boenisch weiterhin grobe Schwächen im Zweikampf und auch im Positionsspiel zeigte, kam Polen trotz des Wechsels nicht zurück ins Spiel – im Gegenteil, die Ukrainer hatten zwei Topchancen und hätten schon 5:1 führen können, als nach einer Stunde mit Obraniak ein neuer Zehner bei den Polen kam.

Fomenko reagierte prompt und brachte Tymoschuk statt des müdegelaufenen Stepanenko. So wurde Obraniak neutralisiert – und die Ukrainer kontrollierten den 3:1-Sieg ohne gröbere Probleme über die Zeit. Nach dem Punktverlust in Moldawien und der Heimniederlage gegen Montenegro wahrte die Ukraine somit die verbliebene Mini-Chance, aber es wurde auch deutlich, dass die spielerischen Mittel begrenzt sind – und man wird nicht in jedem Spiel zwei Weitschuss-Tore erzielen und danach kontern können.

Eine Teilnahme an der WM ist für die Ukrainer damit ebenso unwahrscheinlich wie für die Polen. Mit einer Heimniederlage gegen die Ukraine im Gepäck werden wohl zwei Überraschungen gegen England und Montenegro nötig sein, um nach von der Endrunde träumen zu dürfen. Dafür ist die Mannschaft mit der Konzentration auf die rechte Seite aber wohl zu berechenbar.

—————————————

Tschechien – Dänemark 0:3 (0:0). Cornelius 57, Kjær 67, Zimling 82.

Tschechien - Dänemark 0:3 (0:0)
Tschechien – Dänemark 0:3 (0:0)

Jeweils Unentschieden gegen die seit Jahren wertlosen, sich aber auf dem Weg nach oben befindenden Bulgaren bedeuteten sowohl für Tschechien als auch für Dänemark einen eher durchwachsenen Start in die WM-Quali.

Grundsätzlich haben sich aber beide Teams gegenüber der EM nicht großartig verändert. Tschechien ist weiterhin ein eher gesichts- und konturloses Team: Keine glanzvollen Spieler, kein ungewöhnliches System, kein besonderes Flügelspiel. Ein ordentliches, aber nicht brutales Pressing gegen die gegnerische Spieleröffnung. Solide Arbeiter, die aber auch keinen Kampf-Fußball zeigen. Auf die Frage, wofür das tschechische Team Anno 2013 steht, wird man eher ratlose Blicke ernten.

Und auch die Dänen sind sich treu geblieben: Ein 4-4-1-1 mit extrem nach vorne pushenden Außenverteidigern, die von einem zwischen die Innenverteidiger abkippenden Sechser (in diesem Fall Stokholm) abgesichert werden; einrückende Außenstürmer, in Eriksen einen trickreichen, aber noch immer nicht besonders gefährlichen zentralen Gestalter – und vorne ein Pflock von einem Stürmer. In Abwesenheit des nach einer Alko-Fahrt suspendierten Bendtner ist das der Shooting-Star der dänischen Liga, Andreas Cornelius vom FC Kopenhagen.

Dadurch, dass beide Teams darauf achteten, die Räume zwischen Mittelfeld und Abwehr eng zu halten, war im Spiel nach vorne jeweils erhöhte Präzision gefordert. Die es aber nicht gab: Viele schlampige Abspiele (vor allem von Jørgensen und Krohn-Dehli) und die Tatsache, dass Eriksen von Plašil und Darida gut in Schach gehalten wurde, hinderte die Dänen an Torchancen.

Aber auch die Tschechen konnten sich nicht nach vorne kombinieren, weil immer ein Däne da war, der das zu verhindern wusste. Mit ihrer sehr kompakten und taktisch äußerst disziplinierten Defensiv-Arbeit im Mittelfeld schafften es so auch die Skandinavier, von Tschechien nicht nachhaltig in Gefahr gebracht zu werden. Die Folge: Ein zwar intensives, aber in Ermangelung von konkreten Aktionen nicht besonders unterhaltsames Spiel und ein logisches 0:0 zur Pause.

In der zweiten Hälfte stieg bei Dänemark nach vorne die Konzentration und damit auch die Genauigkeit und Cornelius drosch bei seinem Start-Elf-Debüt nach knapp einer Stunde einen Ball, der ihm eher zufällig an der Strafraumgrenze vor die Füße gefallen war, unhaltbar für Cech in den Winkel. Der tschechische Teamchef Bilek brachte im Gegenzug mit Rosický einen echten Gestalter statt Kämpfer Jiráček. Ein guter Wechsel, denn in das auffallend unkonkrete Offensiv-Spiel der Tschechen kam sofort viel mehr Direktheit und Zug zum Tor.

Die Gastgeber waren also drauf und dran, das Spiel auszugleichen, als Simon Kjær nach einem Eckball per Kopf das 2:0 erzielte. Das lässt sich eine so kompakte Mannschaft wie jene der Dänen natürlich nicht mehr nehmen – und Zimlings 3:0 in der Schlussphase machte den Deckel drauf.

Was nichts daran ändert, dass es ein seltsames Spiel war. Keines der beiden Teams wusste wirklich zu überzeugen und vor allem in der Offensive ist extrem viel pures Stückwerk. Dennoch: Bei den Dänen ist ein konkreterer Plan zu erkennen als bei den Tschechen, denen in der Startformation eklatant die Kreativität und die Qualität im gegnerischen Strafraum abgeht. Mit David Lafata muss ein Stürmer ran, der vor Jahren bei der Wiener Austria keinen bleibenden Eindruck hinterließ.

Aber trotz des 3:0-Erfolgs vermittelte auch Dänemark nicht den Eindruck, dass man zwingend viel Geld auf eine WM-Teilnahme setzen sollte. Freilich: Viel dramatisch negatives ist resultatsmäßig noch nicht passiert (Remis gegen Tschechien und in Bulgarien, Niederlage in Italien). Aber dieser Sieg war auch das erste positive Ausrufezeichen. Sollte im nächsten Spiel daheim gegen Bulgarien ein weiterer Dreier folgen, stimmt der Fahrplan in Richtung Play-Off.

(phe)

]]>
https://ballverliebt.eu/2013/03/25/die-tollen-kroaten-die-feinen-bosnier-das-em-gastgeber-duell-und-das-danische-30-in-tschechien/feed/ 1
Frankreich versenkt den Gastgeber; Welbecks Traumtor die Schweden https://ballverliebt.eu/2012/06/16/frankreich-versenkt-den-gastgeber-welbecks-traumtor-die-schweden/ https://ballverliebt.eu/2012/06/16/frankreich-versenkt-den-gastgeber-welbecks-traumtor-die-schweden/#comments Fri, 15 Jun 2012 23:51:32 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7511 Frankreich versenkt den Gastgeber; Welbecks Traumtor die Schweden weiterlesen ]]> Land unter in Donetsk! Während die Franzosen mit einer Stunde Verspätung nach einem heftigen Unwetter dank einer sehr ordentlichen Leistung Gastgeber Ukrainer versenkt hat, lieferten sich Schweden und England einen offenen Schlagabtausch. Das war zwar dank des Spielverlaufs dramatisch. Aber hochklassig war es nicht.

Schweden - England 2:3 (0:1)

Es ist so eine Sache mit der flachen Viererkette im Mittelfeld, mit zwei Spielern, die in der Zentrale recht tief stehen. Es macht einen ausrechenbar, weil man auf die Außenbahnen angewiesen ist. Wenn aber zwei Teams gegeneinander spielen, die beide mit so einer Mittelfeld-Kette agieren, besteht die große Gefahr, dass die Partie vor allem eines wird: Langweilig. Nun, der Unterhaltungswert und die Dramatik beim Aufeinandertreffen von Schweden und England war durchaus gegeben. Es war ein spannendes Spiel. Aber es war weit davon entfernt, auch ein gutes Spiel zu sein.

Die Leuchttürme

Dazu spielten beide Teams zu ähnlich und zu sehr auf die gleichen Bereiche auf dem Feld vertrauend. Im 4-4-1-1 von beiden Teams gab es im Vorwärtsgang vor allem zwei Aspekte: Die Flügel und die Leuchttürme im Angriff. Wie Letztere ihre Rolle interpretierten, war der größte Unterschied bei den sonst sehr ähnlich unspektakulären Teams.

Roy Hodgson brachte bei den Engländern Andy Carroll für den Angriff zu Danny Welbeck, dafür rückte Ashley Young auf die linke Seite und The Ox auf die Bank. Keine Frage, Hodgson wollte gegen die robuste und körperlich starke schwedische Innenverteidigung einen ebenso körperlich beeindruckenden Stürmer aufbieten. In der Praxis war Carroll der Anspielpunkt, den die Engländer mit ihren langen Bällen nach vorne suchte. Carrolls Aufgabe war es, diese Anspiele zu kontrollieren, den Ball zu behaupten und so die schnellen Spielern um ihn herum – also in erster Linie Welbeck und Young – in die Aktion einzubinden.

Zlatan Ibrahimovic hingegen war zwar grundsätzlich auch hinter der Spitze aufgeboten, war aber extrem aktiv. Er wich viel auf die Flügel aus, ließ sich zurückfallen und verstand sich viel mehr als Gestalter. Oft war Ibra so weit hinten, dass er beide englische Viererketten zwischen sich und dem Tor hatte. Der Milan-Stürmer ist aber vieles – Vollstrecker, Austeiler, Weg-frei-Blocker – aber Spielmacher ist er keiner, vor allem nicht, wenn er eine extrem verdichtete Abwehr vor sich hat.

Der Kampf um die Flügel

Letztlich verteidigten beide Abwehrreihen die Mischung aus körperlicher Erscheinung und flinkem Sturmpartner beim jeweiligen Gegner ganz gut, wodurch die Flügel umso mehr in Erscheinung traten. Hier hatten die Engländer Vorteile. Nicht nur, was die individuelle Qualität der Spieler angeht, sondern auch in der Art und Weise, wie sie diese nützten. Vor allem die linke englische Seite mit den beiden Ashleys Cole und Young war recht fleißig und drückte Granqvist brutal nach hinten. Das war auch möglich, weil der schwedische RM Seb Larsson nach innen rückte.

Genauso im Übrigen wie dessen Widerpart auf der linken Seite, Rasmus Elm. Der Grundgedanke dahinter war wohl, dass man die Schnittstellen zwischen zentralem Mittelfeld der Engländer und den Außenspielern nützen wollte, aber weil Gerrard und Parker mit großer defensiver Übersicht agierte, passierte da sehr wenig.

Das konnten sie auch deshalb tun, weil sie schnell bemerkten: Von ihren direkten Gegenspielern, Svensson und Källström, war überhaupt nichts zu befürchten. Was seltsam war – denn beide können eigentlich recht gut das Spiel eröffnen, Ibrahimovic versuchte sich auch immer, frei zu laufen und anspielbar zu sein, aber sinnvolle Vorwärtspässe kamen aus derm schwedischen Zentrum überhaupt nicht.

Tore aus Fehlern und Einzel-Aktionen, nicht aus stratigischen Überlegungen

S0 war ein strategisches Patt gegeben, das eigentlich einem logischen 0:0 entgegen lief. Dass es dennoch Tore gab, lag an individuellen Abwehrfehlern (wie beim 1:0 für England, als sich weder Mellberg noch Granqvist für Carroll verantwortlich fühlten), schlechtem Verteidigen von Standards (wie beim 1:1 und dem 2:1 für Schweden, als jeweils Mellberg der entscheidende Mann war), einem krachenden Weitschuss (das 2:2 des kurz zuvor für den eher blassen Milner eingewechselten Walcott) und einer individuellen Meisterleistung von Welbeck zum 3:2-Siegtor.

Letztendlich kann man nur das Tor zum 3:2 mit einer echten strategischen Überlegung begründen, und sei es auch nur die, mit Walcott viel frischen Wind auf die rechte englische Abwehrseite zu bringen und so Martin Olsson in Verlegenheit zu bringen. Ein Zuspiel von Walcott bereitete letztlich das sensationelle Siegtor von Welbeck vor.

Fazit: Englischer Sieg nicht unverdient

Das Tempo war überschaubar, die Kreativität weitgehend nicht vorhanden. Es war, vom inhaltlichen betrachtet, ein recht enttäuschendes Spiel, das mit den Engländern aber dennoch einen verdienten Sieger gefunden hat. Sie zeigten auf den Flügeln die höhere individuelle Klasse und hatten so etwas mehr vom Spiel, und es machten einen recht ordentlichen Job, wenn es darum ging, Ibrahimovic aus dem Spiel zu nehmen.

Den Schweden wurde letztlich ihre Eindimensionalität und ihre Abhängigkeit von Ibrahimovic zum Verhängnis. Von ihm abgesehen fehlt es an der Klasse, an den Ideen und auch an der Qualität, sich gegen einen auch nicht gerade überragenden, aber individuell besser besetzten Gegner durchzusetzen. Weshalb sie auch verdient nach der Vorrunde die Koffer packen müssen.

Gegen England schaffte es Frankreich nicht, einen tief und kompakt stehenden Gegner zu knacken. Zu phantasie- und drucklos war der eigenen Auftritt. So änderte Laurent Blanc nicht nur seine Aufstellung für das Spiel gegen Gastgeber Ukraine, sondern auch das System: Hier war das Team in einem klaren 4-2-3-1 aufgestellt. Cabaye agierte neben Diarra als Achter, Nasri als zentraler Offensiv-Mann, und Jérémy Ménez kam für die rechte Seite in die Partie. Die erstmal nur vier Minuten dauerte – nach einer einstündigen Unterbrechung wegen den heftigen Unwetters ging es dann aber doch weiter.

Seltsame Abwehrkette

Ukraine - Frankreich 0:2 (0:0)

Das System der Ukrainer hing dabei ein wenig gar schief auf dem Platz. Während auf der rechten Seite Gusev, wie gewohnt, den Vorwärtsgang drin hatte, blieb Linksverteidiger Jevgeni Selin komplett hinten, rückte weit ein – vor allem, wenn Gusev aufgrückt war. So ergab sich zuweilen eine Dreier-Abwehr.

Auffällig war dabei, dass der Abstand zwischen Gusev und seinem Nebenmann in der Innenverteidigung, Taras Michalik, oftmals extrem groß war und nicht nur Ribéry, sondern auch Nasri das bemerkten und diese offene Schnittstelle auszunützen versuchten. Allerdings zunächst ohne Erfolg.

Ukrainischer Aufbau

Die Abwehrreihe der Gastgeber schob im Ballbesitz sehr weit nach vorne und stellte so sehr geringe Abstände her. Zudem ließ sich Voronin geschickt ins Mittelfeld fallen, was den Franzosen den Aufbau zusätzlich erschwerte, während er selbst gut anspielbar war.

Dazu versuchte die Ukraine, vor allem über die Seite mit dem zum Rechtsverteidiger umfunktionierten Gusev und Jarmolenko nach vorne zu kommen. Zudem ließ sich Voronin geschickt ins Mittelfeld zurück fallen, um sich dort als Anspielstation anzubieten, wären Andriy Shevchenko vorne verblieb und sich zwischen den französischen Reihen bewegte.

Entscheidender Mann in der Spieleröffnung war wenig überraschend Tymoschuk, der wieder als tiefster Spieler im Mittelfeld agierte. Der Plan war ganz offensichtlich, ihn als Ballverteiler zu nützen, der entweder Nasarenko kurz, Voronin steil odder Jarmolenko auf dem Flügel schickte. Sein Problem dabei war allerdings das des ganzen ukrainischen Teams.

Französisches Pressing

Das Pressing der Franzosen nämlich. Nasri und oft auch Cabaye setzten Tymoschuk unter Druck, Clichy und Ribéry machten das selbe auf ihrer Außenbahn, Debuchy und Ménez auf der ihren. Zudem lief Benzema geschickt, oft auch mit der Unterstützung von Nasri, die ukrainischen Innenverteidiger an. So unterband Frankreich nicht nur das Spiel des Gegners – das sich nach vorne somit immer mehr auf lange Bälle beschränkte – sondern verunsicherte ihn dabei auch noch.

Vor der Pause hatte das noch keinen zählbaren Erfolg, danach aber schon. Die deutlich verunsichert wirkenden Ukrainer schafften es auch mit Devic statt des diesmal nicht so starken Voronin nicht, die Hoheit über das Mittelfeld zu bekommen – im Gegenteil. Weil sich Devic höher orientierte als Voronin vor ihm, musste sich der französische Sechser Diarra weniger um ihn kümmern und hatte nun mehr Zeit und Ruhe am Ball. Und dann nützten die Franzosen doch noch zwei sehr stark herausgespielte Chancen zu einem Doppelschlag.

Zeit für Wechsel

Oleg Blochin brachte in der Folge mit Milevski einen weiteren Stürmer statt Nasarenko. Das war zwar nominell ein offensiver Wechsel, wirkte letztlich aber logischerweise eher kontraproduktiv – denn nun war zwischen dem tief stehenden Tymoschuk und den nun drei Stürmern endgültig kein Mitspieler mehr, dafür jede Menge Franzosen. Devic orientierte sich in der Folge etwas tiefer, um zumindest einen Verbindungsspieler zu haben. Shevchenko hingegen zog es vermehrt auf die rechte Seite von Gusev und Jarmolenko

Die französischen Mittelfeld-Außen waren zwar nicht gerade die allerfleißigsten, was die Rückwärtsbewegung angeht, aber die Ukrainer schafften es dennoch nicht, die Franzosen in Bedrängnis zu bringen. Was auch daran lag, dass es nun keinen Ukrainer mehr gab, der die französische Zentrale kontrolliert unter Druck setzen konnte. Dennoch entschied sich Blanc dafür, nicht Cabaye den nun mehr vorhandenen Platz auszunützen, sondern ließ statt ihm in der Schlussphase M’Vila neben Diarra die Anspielwege für die drei Ukrainer in der Spitze zuzustellen.

Fazit: Hochverdienter Sieg für Frankreich

Die Franzosen zeigten sich gegenüber der mauen Leistung gegen England klar verbessert. Das hohe Pressing setzte den Ukrainern ziemlich zu, viel mehr als Konter brachten sie offensiv nicht zu Stande. Frankreich zeigte die nötige Geduld und nützte den vermehrten Platz im Mittelfeld nach der Pause gut aus, ehe man routiniert den Vorsprung über die Zeit verwaltete. Davon zu schreiben, Frankreich hätte „trocken an der Uhr gedreht“, verbieten die Umstände.

Die Ukrainer hingegen müssen nach dieser Niederlage ihr letztes Gruppenspiel gegen England unbedingt gewinnen, alles andere ist für das Viertelfinale zu wenig. Der Plan, dem Gegner durch eine hohe Linie den Platz zu nehmen, funktionierte defensiv war recht ordentlich, aber im Spielaufbau waren doch erhebliche Mängel auszumachen. Dazu wurde der Halbzeit-Wechsel von Devic statt Voronin zum Bumerang, weil die Franzosen damit doch mehr Platz in der Zentrale hatten.

Womit sich Frankreich nun doch als recht eindeutig stärkstes Team der Gruppe etabliert hat.

(phe)

]]>
https://ballverliebt.eu/2012/06/16/frankreich-versenkt-den-gastgeber-welbecks-traumtor-die-schweden/feed/ 3
Ausgeglichen schwach: Ernüchterung zum Start der Gruppe D https://ballverliebt.eu/2012/06/12/ausgeglichen-schwach-ernuchterung-zum-start-der-gruppe-d/ https://ballverliebt.eu/2012/06/12/ausgeglichen-schwach-ernuchterung-zum-start-der-gruppe-d/#comments Mon, 11 Jun 2012 22:21:01 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7458 Ausgeglichen schwach: Ernüchterung zum Start der Gruppe D weiterlesen ]]> Was vor acht Jahren noch eines der besten Spiele der Euro 2004 war – England gegen Frankreich zum Start für beide Teams – war diesmal eine zähe, mühsame und öde Angelegenheit. Und auch die biederen Schweden und die brav kämpfenden, aber eigentlich nicht besonders guten Ukrainer wussten nicht wirklich zu überzeugen. Ein eher ernüchternder Spieltag.

Frankreich - England 1:1 (1:1)

Wer Roy Hodgson auf die Bank setzt, der weiß, was er bekommt: Gute Organisation in einem 4-4-2, grundsätzlich eher defensive Ausrichtung. Eng zusammen stehenden Viererketten, die gut verschieben. Den Versuch, nach Ballgewinn schnell umzuschalten und mit Einbeziehung der beiden Stürmer mit wenigen Pässen nach vorne zu kommen. Was man bei Roy Hodgson nicht bekommt: Aufregenden Fußball, überraschende taktische Experimente und Pressing. Und, oh Wunder, genau so agierten die Three Lions in ihrem ersten Turnier-Spiel gegen Frankreich.

Hodgson stellte Jungstar Alex Oxlade-Chamberlain auf die linke Seite. Das muss man durchaus als kleines Risiko betrachten, da es dem 18-Jährigen natürlich an der internationalen Routine fehlt und er mit dem bekannt offensiven Außenverteidiger Mathieu Debuchy einen nicht ungefährlichen Gegenspieler hatte. Allerdings hatte er das Glück, dass die Franzosen ihr System so interpretierten, dass Ox gemeinsam mit Ashley Cole praktisch nur Debuchy gegen sich hatten.

Wenig Tempo, noch weniger Ideen

Und zwar deshalb, weil Samir Nasri – nomineller Linkaußen im 4-3-3 von Laurent Blanc, schon grundsätzlich recht zentral agierte und sich mehr als Zehner präsentierte. Weil aber zwischen den Reihen der Engländer eben recht wenig Platz war, gab es auch kaum Möglichkeiten für Nasri, dort zur Entfaltung zu kommen.

So sammelten die Franzosen zwar Ballbesitz, aber gegen den kompakten Acht-Mann-Block der Engländer fehlten die Ideen und das Tempo. Malouda machte auf der linken Halbposition einen etwas verlorenen Eindruck; sein Gegenstück auf der rechten Seite, Yohan Cabaye, versuchte es zwar immer wieder selbst, aber auch er bekam keinen Zugriff auf den Strafraum. So entwickelte sich schon früh ein ziemlich zähes Spiel.

England ging nach einer Standard-Situation in Führung – wie auch sonst – und kassierte wenig später aus einem Weitschuss – wie auch sonst – den Ausgleich. Sonst waren Torszenen selten, vor allem aus dem laufenden Spiel heraus, und die Begegnung plätscherte vor sich hin. Eine blutleere Vorstellung von beiden Teams.

Todlangweilig

Das ist bei den Engländern noch eher nachvollziehber. Dem Team fehlen viele Leistungsträger, die Erwartungshaltung ist praktisch nicht vorhanden, und Roy Hodgson hat nach der eher chaotischen Suche nach einem Nachfolger für Fabio Capello vor dieser Begegnung erst zwei Spiele mit der Mannschaft hinter sich gebracht. Die Herangehensweise an die Partie gegen Frankreich war recht eindeutig: Nehmen wir einen Punkt mit, passt das.

Aber die Franzosen? Debuchy schaffte es nie, den unerfahrenen Oxlade unter Druck zu setzen, weil er dabei auch keine Unterstützung erhielt – Nasri und Cabaye zog es immer nur ins Zentrum mitten rein ins Gewühl. Im kompakten und auf Fehlervermeidung ausgerichteten Spiel der Engländer war das der wohl offensichtlichste mögliche Schwachpunkt, aber hier geschah gar nichts. Auch nicht, nachdem er mit Milner in der zweiten Hälfte Platz getauscht hatte: Evra ließ Ox ziemlich in Ruhe.

So stand ein Unentschieden, das beiden weder hilft noch, zumindest akut, schadet. Auch weil danach die beiden anderen Teams ebenfalls keinen allzu starken Eindruck machten:

Die Ukraine tut sich schwer, das Spiel selbst zu gestalten – das wurde auch bei der 2:3-Niederlage in Österreich im Vorfeld der EM deutlich. Gegen die recht passiv agierenden Schweden war das allerdings, wie kaum anders zu erwarten war, dennoch notwendig, auch weil man gegen die eher bieder daherkommenden Skandinavier auch den 70.000 Zuschauern gegenüber nicht auf Abwarten und Reagieren plädieren konnte.

Ukraine - Schweden 2:1 (0:0)

Auch bei der Startaufstellung ging Teamchef Oleg Blochin durchaus ein Risiko: Andriy Shevchenko war praktisch das komplette Frühjahr verletzt ausgefallen, machte auch in den Aufbauspielen keinen guten Eindruck, aber Sheva ist nun mal ein Denkmal – auch wenn es für den Spielaufbau womöglich sinnvoller gewesen wäre, die jüngeren Devic und Milevskyi zu bringen, ließ Blochin die gemeinsam knapp 250 Jahre alten Shevchenko und Voronin starten.

Die Sache mit Toivonen

Erik Hamrén, der schwedische Teamchef, wusste: Die größte Waffe in der ukrainischen Spielgestaltung ist Oleg Gusev – der gelernte Flügelstürmer, der als Rechtsverteidiger spielt. Sein Tempo und sein Zusammenspiel mit Andriy Jarmolenko vor ihm wollte Hamrén neutralisieren, indem er Gusev einen gelernten Stürmer entgegen stellte: Ola Toivonen.

Der Kapitän vom PSV Eindhoven wird üblicherweise als vorderste oder hängende Spitze eingesetzt, aber nicht auf dem Flügel als de facto vorderster Defensiv-Mann, und das merkte man. Von seiner Aufgabe, Druck auf Gusev auszuüben, war rein gar nichts zu sehen – im Gegenteil, Gusev ließ Toivonen stehen, machte nach vorne was er wollte. Die Folge: Schwedens Linksverteidiger Martin Olsson wurde in 2-gegen-1-Situationen verwickelt.

Risiko wird gescheut

Das Glück der Schweden war dabei, dass es den Ukrainern an der letzten Konsequenz, am Zug zum Tor und an der Bereitschaft zu Risiko-Pässen fehlte. Im Zweifel wurde das Tempo aus dem Angriff genommen, zurück gespielt, auf Ballbesitz geachtet, und dass man nur ja nicht in Konter rennt. Die besten Aktionen hatten die Gastgeber, wenn es gelang, durch die Mitte einen der alten Männer im Angriff einzusetzen. Denn ja, Voronin und Shevchenko sind längst nicht mehr die schnellsten, aber durch ihre enorme Routine haben sie einen hervorragenden Blick für Laufwege und wissen, wie man sich zwischen den Reihen postiert.

Eigene Angriffe gab es beiden Schweden kaum. Ibrahimovic spielte im 4-4-1-1 hängend hinter dem viel arbeitenden, aber wenig Gefahr ausstrahlenden Rosenberg und er war ganz deutlich die primär gesuchte Anspielstation. Das wussten halt auch die Ukrainer und machten ihm das Leben schwer: Tymoschuk zeigte gutes Stellungsspiel, Katcheridi und Michalik als robuste Zweikämpfer.

Aus 0:1 mach 2:1

Die Gedankenschnellsten sind die beiden aber nicht, wie beim 1:0 für die Schweden deutlich wurde: Källström spielte einen Wechselpass schnell zurück in die Mitte, Ibra stand richtig und netzte ein. Wie wichtig dem seit seinem verunglückten Abenteuer bei Chelsea oft recht lethargischen Shevchenko dieses Spiel war, wurde aber in der Folge deutlich. Er suchte vor allem nach dem Rückstand jede Chance, dem Ball entgegen zu gehen und sein Team zurück zu bringen. Was gelang: Erst setzte er sich exzellent gegen Mellberg durch und traf zum 1:1, dann ging er einer Ecke stark entgegen und lenkte den Ball zum 2:1 ab.

Erst jetzt reagierte Hamrén auf die immer eklatanter werdende Unterlegenheit auf den Flügeln und besetzte beide neu. Statt dem defensiv wirkungslosen und offensiv unsichtbaren Toivonen und dem generell schwachen Seb Larsson stellte er nun Chippen Wilhelmsson (links) und Rasmus Elm (rechts) auf die Außenbahnen – zumindest nominell – und brachte Anders Svensson für die Zentrale.

Weiter ab nach vorne

Die beiden neuen Mittelfeld-Außen rückten ein, ermöglichten so den aufrückenden Außenverteidigern, sich nach vorne einzuschalten. Aber das Spiel der Schweden blieb ungenau und ohne einen Plan, der vom Schema „Ball zu Ibra“ merklich abwich. Dennoch wurde es noch eine relativ wilde Schlussphase.

Und zwar, weil die Ukrainer, vermutlich in einer Mischung aus „Yay, wir haben das Spiel gedreht“ und der Begeisterung im vollen Kiewer Stadion, fleißig weiter angriffen. Die Abwehrreihe rückte sehr weit auf, die Mannschaft warf sich nach vorne, und vergaß dabei, dass sie das eigentlich gar nicht so gut kann – und dass das brandgefährlich ist, sollte der Gegner die Qualität haben, das zu nützen.

Die Schweden hatten diese nicht.

Fazit: Ausgeglichen schwache Gruppe

Nach den Eindrücken des damit zu Ende gegangenen ersten Durchgangs ist die Erkenntnis, dass diese Gruppe D die schwächste des Turniers ist. Und zwar ohne wirklichen Ausreißer nach oben oder nach unten, sondern recht ausgeglichen schwach.

Die Engländer zeigten sich komplett phantasielos, die Franzosen ohne einen Plan und irgendwie kopflos, die Schweden begaben sich bereitwillig in volle Abhängigkeit von Ibrahimovic und die Ukrainer kämpften gut, aber höhere Qualität war da auch nicht dahinter.

Das muss nicht heißen, dass die beiden Viertelfinalisten aus dieser Gruppe unbedingt in der Runde der letzten Acht rausfliegen müssen – vor allem die Engländer könnten Spanien mit ihrer Taktik ziemlich auf die Nerven gehen – aber dass der Europameister aus diesem Quartett kommt, ist nach den Eindrücken dieses Spieltags nur schwer vorstellbar.

(phe)

 

]]>
https://ballverliebt.eu/2012/06/12/ausgeglichen-schwach-ernuchterung-zum-start-der-gruppe-d/feed/ 2
3:2 über die Ukraine – es geht was weiter https://ballverliebt.eu/2012/06/02/32-uber-die-ukraine-es-geht-was-weiter/ https://ballverliebt.eu/2012/06/02/32-uber-die-ukraine-es-geht-was-weiter/#comments Sat, 02 Jun 2012 00:47:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7328 3:2 über die Ukraine – es geht was weiter weiterlesen ]]> Eine Woche vor EM-Start ist ein 2:3 in Österreich für den Co-Gastgeber nicht gerade ein Boost für’s Selbstvertrauen. Für das ÖFB-Team allerdings sind neben dem Erfolg über die Ukraine vor allem die Erkenntnisse aus dem Testspiel nicht schlecht: Ein klares Defensiv-Konzept, gute Chancenverwertung und eine immer klarerer erkennbare Handschrift des Teamchefs darf man als positiv vermerken. Fehlende Breite von den Außenverteidigern und überhasteter Spielaufbau als negativ.

Österreich - Ukraine 3:2 (1:0)

Ein Freistoß-Tor von Junuzovic und zwei Prachtschüsse von Marko Arnautovic – es waren die Tore des Duos von Werder Bremen, das im Heimspiel gegen die Ukraine in Innsbruck für den 3:2-Sieg gegen den EM-Co-Gastgeber sorgten. Auch, wenn die Ukrainer durch zwei Gusev-Tore (ein Abstauber nach abgefälschtem Freistoß und ein Weitschuss) zweimal ausgleichen konnten, war der zweite Sieg im dritten Einsatz von Teamchef Marcel Koller nicht unverdient. Auch, weil man die Handschrift des Schweizers immer besser erkennen kann.

Defensives Pressing

Man sah, dass im Laufe der Trainingswoche das Augenmerk in erster Linie am Defensiv-Verhalten gelegen hat. Durchaus mit Erfolg, denn hier war ein klarer Plan zu erkennen, der auch recht konsequent durchgezogen wurde. Wie international längst üblich, schob Zehner Junuzovic, wenn die Ukrainer hinten den Ball hatten, nach vorne auf annähernd eine Höhe mit Janko, um von hinten heraus die Spieleröffnung zu verhindern. Vor allem Dortmund hat das zuletzt zur Perfektion getrieben.

Wesentlich interessanter war aber das Pressing-Verhalten in der eigenen Hälfte. Die Österreicher ließen die Ukrainer unbehelligt, wenn sie sich auf Höher der Mittellinie daran machten, eine Anspielstation zu suchen. Diese wurde aber, sobald der Ball in der Nähe war, konsequent angepresst, oftmals mit zwei Mann, sodass dem Ukrainer kaum Zeit blieb, den Ball sinnvoll anzunehmen – von einer durchdachten Weiterverarbeitung oder gar einem Pass nach vorne ganz zu schweigen. Das machte das ÖFB-Team hervorragend und die Ukrainer wurden, bis auf zwei Szenen, in der ersten Hälfte nicht gefährlich.

Die Innenverteidigung mit Scharner

Es war gut zu erkennen, dass die österreichische Viererketten sofort nach vorne schob, wenn das eigene Team vorne Ballbesitz hatte. Das hatte zwei Effekte: Zum einen wurde so quasi die Fallhöhe verringert, sollte es einen Rückpass geben müssen; zum anderen vermied man so, dass sich die Ukrainer zwischen den Linien breit machen konnten. Das allerdings schafften Devic und Jarmolenko ganz gut, wenn die Gelben in Ballbesitz waren und die österreichische Kette nach hinten sackte.

Der Versuch, Paul Scharner in die Innenverteidigung zu stellen, war sinnvoll. Schließlich kommt es immer mehr in Mode, defensive Mittelfeld-Spieler in der zentralen Abwehr aufzustellen, um schon von hinten heraus mit guten Pässen das Spiel zu eröffnen. Pep Guardiola machte das etwa mit Busquets und Masch, Marcelo Bielsa mit Javi Martinez. Erstaunlicherweise aber kamen vor allem von Scharner relativ wenige Pässe nach vorne, sondern hauptsächlich Richtung Suttner. In der unmittelbaren Defensiv-Arbeit kann man Scharner nicht viel vorwerfen, aber in der Spieleröffnung durfte man sich schon etwas mehr erwarten.

Die Außenverteidiger

Sowohl Markus Suttner als auch Florian Klein haben klar gezeigt, warum sie auf den AV-Positionen nicht erste wahl sind. Vor allem beim Bald-Salzburger Klein wurde der Unterschied zu Garics durch die frühe Auswechslung sehr deutlich. Als Garics in der ersten Aktion nach seiner Einwechslung in einem Höllentempo hinter Arnautovic die Linie entlang nach vorne spurtete, merkte man erst, wie sehr genau das bei Klein gefehlt hatte. Garics ließ defensiv gegen Konoplyanka wenig zu und sorgte mit seinem Offensiv-Drang auch für gute Unterstützung für Arnautovic bzw. Ivanschitz.

Vor allem in der generell stärkeren zweiten Halbzeit war das Spiel von Österreich zunehmend rechtslastig. Auch, weil Suttner zwar brav agierte, aber an einem Christian Fuchs nicht vorbeikommt. In der Rückwärtsbewegung hatte er trotz recht konservativem Stellungsspiel gegen den mit Tempo auf ihn zu oder nach innen laufenden Jarmolenko immer wieder leichte Probleme; nach vorne kam praktisch gar nichts. Das erledigte auf der linken Seite ein anderer.

Das zentrale Mittelfeld

David Alaba nämlich. Der Shooting Star von Bayern München, eigentlich als Achter aufgestellt, hatte einen recht deutlichen Linksdrall und preschte oftmals so die linke Seite nach vorne, wie man das von seinen starken Auftritten als Linksverteidiger der Bayern macht. Das erlaubte es Ivanschitz bzw. Arnautovic, nach innen zu ziehen. Der 19-Jährige war, wie man es von ihm kennt wenn er im Mittelfeld postiert wird, im Grunde überall zu finden, schaltete sich nach vorne ein, presste und war so ein wenig der Mann für alle Fälle.

Julian Baumgartlinger neben ihm war viel defensiver eingestellt. Im Erkämpfen des Balles und in Sachen Pressing auf den ukrainischen Pass-Empfänger machte er eine ganz ordentliche Figur, aber überhastete und ungenaue Abspiele in der Vorwärtsbewegung, die immer wieder billige Ballverluste zur Folge hatten, machten ihm und dem ganzen Abwehrverbund das Leben schwer. Das zweite Gegentor wurde genau so eingeleitet.

Marko Arnautovic

Anders als in den ersten beiden Spielen unter Marcel Koller, dem 1:2 in Lemberg und dem 3:1 über Finnland, spielte Marko Arnautovic diesmal nicht als versetzter Zehner zentral hinter bzw. neben Janko, sondern auf den Flügeln. Zu Spielbeginn war er rechts postiert, nach einer halben Stunde wechselte er die Seite, nach einer Stunde kam er wieder zurück auf die rechte Außenbahn. Entgegen anders lautender Meinungen (ORF und so) war das Bremer Enfant Terrible aber keineswegs unsichtbar, sondern verrichtete viel Arbeit. Auch in der Defensive, wo er Konoplyanka den einen oder anderen Ball von den Füßen grätschte und sich gut am Pressing gegen den ukrainischen Pass-Empfänger beteiligte.

Schlussphase

Wenn man von Arnautovic nur Tempo-Dribblings und technische Gustostückerl erwartet, ist man natürlich enttäuscht, wenn man solche Einlagen nicht so oft sieht (und die sieht man mit Recht nicht so oft, denn einige überflüssige Ballverluste fabrizierte er durch seinen Übermut sehr wohl). Dennoch, und das monierte Koller auch nach dem Spiel, muss Arnautovic öfter auch mal geradlinig in den Strafraum kommen. Da ist er brandgefährlich, wie auch seine beiden Tore zeigten.

Das Problem: Janko ins Spiel bekommen

Unter Didi Constantini klappte es praktisch nie, und auch bei Marcel Koller funktioniert es noch nicht nach Wunsch – das Einsetzen von Marc Janko. Der Porto-Legionär erfüllte seine Aufgaben im Anpressen der ukrainischen Innenverteidiger gegen den Ball ganz ordentlich, fand aber im eigentlichen Offensiv-Spiel, wie auch der für ihn nach einer Stunde eingewechselte Patrick Bürger, nicht statt. Das mag zum Teil an der eher auf Reaktion ausgelegten Spielanlage liegen.

Aber sicher auch an den Spielertypen, die Ivanschitz und Arnautovic nun mal sind: Der eine hat es bei Mainz hauptsächlich mit schnellen, wendigen Stürmern zu tun, die er schicken soll. Der andere ist halt eher einer, der seine Stärken mit dem Ball am Fuß hat. Nur: Das kann kein Problem sein – wenn denn die Außenverteidiger ihren Job erledigen würden. Das Spiel breit zu machen, die gegnerische Viererkette auseinander ziehen, von der Grundlinie flanken. Das passierte bei Klein gar nicht, bei Suttner ebenso, und ein Garics alleine ohne Gegenstück auf der anderen Seite richtet auch nicht viel aus.

Der Gegner: EM-Reife sieht anders aus

Natürlich: Es war für die Ukrainer nur ein Testspiel. Allerdings war die Vorstellung des Co-Gastgebers zehn Tage vor seinem ersten EM-Spiel weit davon entfernt, um den Eindruck von EM-Reife zu erwecken. Anatoli Tymoschuk etwa wirkte im defensiven Mittelfeld geistig oft völlig abwesend, schlecht im Zweikampf, ungenau im Spielaufbau. Funktionierender Rückhalt und notwendiger Taktgeber für seine Mannschaft ist er in dieser Form keinesfalls.

Wie generell das Tempo bei den Ukrainern völlig fehlte. Voronin bewegte sich in der ersten Hälfte ähnlich schlecht wie Shevchenko und Milevskyi nach dem Seitenwechsel, weswegen sie alle um nichts weniger wirkungslos waren wie Janko bei Österreich. Nie schafften es die Ukrainer, ihre Stürmer einzusetzen, aus dem Spiel heraus gab es nicht mal eine handvoll Torchancen. Impulse von Außen, wie den kompakt stehenden Österreichern beizukommen ist, kamen auch keine: Blochin wechselte nur innerhalb seines 4-1-3-2.

Es wurde ganz deutlich, dass sich die Ukrainer ebenso mit dem Reagieren deutlich leichter tun als mit dem Agieren – wie schon im November, als sie EM-Mitfavorit Deutschland beim 3:3 am Rande der Niederlage hatten und wenige Tage später eben gegen Österreich nur mit Glück ein 2:1 einfahren konnten und dabei nicht mal ansatzweise überzeugen konnten.

Das muss bei der EM gegen Frankreich und womöglich auch gegen England kein so großes Problem sein, weil man in diesen Spielen ohnehin das Spiel kaum selbst gestalten wird müssen. Im ersten Spiel gegen die Schweden allerdings könnte das zu einem Geduldspiel werden. Vielleicht nicht gar so übervorsichtig wie vor vier Jahren bei Schwedens Spiel gegen Griechenland – aber die Ukraine wird mit einem Erfolg starten müssen, um nicht gegen England und Frankreich unter Siegzwang zu stehen.

Mit einer Leistung wie in Innsbruck wird das aber kaum gelingen.

Fazit: Defensive gut, Offensive ausbaufähig, Chancenverwertung stark

Gut an der Vorstellung der Österreicher war das stringente Defensiv-Konzept, das durchgezogen wurde und an sich funktioniert hat. Gut war auch, dass man in der zweiten Halbzeit nicht mehr so viele Bälle durch überhastete Aktionen allzu leicht wieder verloren und im Ansatz gute Aktionen somit länger am Leben erhalten konnte – wodurch man die Partie deutlich in den Griff bekam. Und ebenfalls sehr zufriedenstellend muss man die Chancenverwertung nennen: Geradezu un-österreichisch wurden die wenigen echten Torgelegenheiten auch wirklich genützt, was letztlich den erfreulichen Sieg brachte.

Nicht so gut ist weiterhin das Spiel der Außenverteidiger, wenn nicht die jeweilige Einserlösung auf dem Feld ist. Klein ist in keinster Weise ein adäquater Ersatz für Garics auf der rechten Seite (und der bei seiner Hochzeit weilende Schiemer erst recht nicht). Ebenso wie Suttner auf der linken Seite zwar sicherlich einer der besten und konstantesten Linksverteidiger der österreichischen Liga ist, aber auch im zweiten Länderspiel nicht annähernd den Schwung und den Mut zur Offensive mitbringt wie Christian Fuchs. Und natürlich wäre es von Vorteil, einen Weg zu finden, wie man auch Marc Janko ins Spiel einbinden kann.

Dennoch: Im dritten Spiel unter Marcel Koller wurde wieder ein schöner Schritt nach vorne gemacht. Inhaltlich ist das natürlich alles nichts übertrieben Weltbewegendes, aber die Richtung zu einem Fußball, wie er den aktuellen internationalen Anforderungen entspricht, ist deutlich erkennbar. Das war ja davor nicht immer so.

(phe)

]]>
https://ballverliebt.eu/2012/06/02/32-uber-die-ukraine-es-geht-was-weiter/feed/ 5
Marcel Koller, Spiel 1: Positive Ansätze, durchwachsene Ausführung https://ballverliebt.eu/2011/11/16/marcel-koller-spiel-1-positive-ansatze-durchwachsene-ausfuhrung/ https://ballverliebt.eu/2011/11/16/marcel-koller-spiel-1-positive-ansatze-durchwachsene-ausfuhrung/#comments Wed, 16 Nov 2011 00:32:06 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6074 Marcel Koller, Spiel 1: Positive Ansätze, durchwachsene Ausführung weiterlesen ]]> Der Ansatz: Positiver Fußball, das Spiel selbst in die Hand nehmen – auch auswärts bei guten Gegnern. Die Ausführung in Lemberg: Bemüht, aber mit einigem Ungleichgewicht ohne ohne echte Durchschlagskraft. Das Resultat: Eine unglückliche 1:2-Niederlage, die einige Erkenntnisse liefert.

Ukraine - Österreich 2:1

Neunmal Deutschland. Einmal Holland. Und nur noch ein einziger Österreicher, der auch in Österreich spielt: Dummerweise war ausgerechnet Fränky Schiemer, wenn auch auf einer Position, die er eigentlich nicht kann, der mit sehr viel Abstand schlechteste Mann am Platz, verschuldete beide Gegentore zumindest mit und offenbarte so, dass auch unter Marcel Koller die Position des Rechtsverteidigers wohl die größte Baustelle bleibt.

Im ersten Spiel unter dem Schweizer war Österreich bemüht, das Heft in die Hand zu nehmen, hatte deutlich mehr Ballbesitz und setzte die Ukraine zum Teil recht früh unter Druck. Zwei Gegentore (eines halb durch die erste Hälfte, das andere in der Nachspielzeit) bescherten dem nicht wirklich beeindruckenden EM-Co-Gastgeber einen etwas schmeichelhaften 2:1-Erfolg, der aber eher zweitrangig ist. Viel wichtiger als das Resultat, zumal in einem Testspiel, sind die Erkenntnisse, die man nach einer Woche gemeinsamen Trainings unter Koller ziehen kann.

Umschalten nach Ballgewinn

Hier machten die Österreicher die beste Figur. Vor allem in der Anfangsphase, als die Ukrainer gerne mit einigen Leuten aufgerückt waren, ging das Umschalten sehr schnell und in deutlich geplanten Wegen: Schneller Pass auf einen sich etwas zurückfallen lassenden Spieler aus der Offensivreihe (zumeist Ivanschitz bzw. Arnautovic), der legt kurz für einen aus der hinteren Reihe ab (zumeist Alaba bzw. Fuchs), und starten steil nach vorne. Von hinten kommt dann entweder der Pass in den Lauf (Alaba) oder ein Dribbling (Fuchs).

Nach dem 0:1 klappte das nicht mehr wie davor. Das lag zu einem großen Teil natürlich daran, dass die Ukrainer sich zurückzogen, nicht mehr mit so vielen Spielern herausrückten und mit zwei Viererketten die Räume, durch die das ÖFB-Team zuvor hatte stoßen können, zumachten.

Spieleröffnung mit Zeit

Was deutlich wurde: Auch, wenn die Österreicher durchaus versuchten, das Spiel selbst zu gestalten – was gegen die sich etwas einigelnden Ukrainer auch gelang – bleibt eine Erkenntnis dieses Spiels, dass sich das ÖFB-Team mit der Reaktion immer noch deutlich leichter tut als mit der Aktion. Sprich: Umschalten und kontern geht besser als selbst das Geschehen nach vorne gestalten. Das ist nicht verwunderlich und auch ganz logisch, schließlich fehlte der Mannschaft in den letzten Jahren eine durchgängige Philosophie des eigenen Gestaltens, wurde selbst ein biederes Team wie Litauen stark geredet und es vermieden, selbst das Heft in die Hand zu nehmen.

Wie holprig das alles noch ist, wurde vor allem nach dem 0:1 deutlich. Nicht nur, dass Almers Abschläge eine Streuung wie eine Schrotflinte hatten und im Aufbau unbrauchbar waren. Nein, die Viererkette stand danach viel tiefer als zuvor (als sie sich im Ballbesitz knapp hinter der Mittellinie positionierte), sodass die schnellen Pässe auf Arnautovic und Ivanschitz nicht mehr möglich waren. Es war immer wieder zu sehen, dass Alaba und Baumgartlinger diese Pässe antizipierten und lossprinteten, aber der entsprechende erwartete Ball nach vorne nicht gespielt wurde. Immer mehr wurde daher auf lange Bälle zurückgegriffen – oder, was mehr Erfolg versprach, die linke Seite ins Spiel gebracht.

Die linke Seite

Es war schon beim Ivanschitz-Comeback in Aserbaidschan zu erkennen, wie gut er und sein ehemaliger Mainzer Teamkollege Christian Fuchs harmonieren. Diese beiden waren auch in diesem Spiel klar die besten Österreicher. Fuchs orientierte sich, wie das auch so sein muss, extrem weit nach vorne, legte dabei zumeist auf Ivanschitz ab und hinterlief ihn. So hatte Ivanschitz die Wahl, entweder in die Mitte zu spielen, selbst zu gehen oder wiederum Fuchs steil anzuspielen.

Der ukrainische Rechtsvertediger Fedetski hatte damit Probleme und Jarmolenko war viel in der Defensive gebunden. Die Ukrainer schafften es auch nicht, anders als die Gegner in den letzten Spielen, im Rücken von Fuchs den Platz zu nützen und dort eigene Angriffe aufzuziehen. Zum einen, weil Aliev immer recht zentral blieb und zum anderen, weil Pogatetz hier gut abdeckte. Es ist beinahe logisch, dass der zwischenzeitliche Ausgleich zum 1:1 über diese Flanke vorbereitet wurde: Fuchs eroberte den Ball, ging nach vorne und seine präzise Flanke fand den passenden Abnehmer.

Die Abwehrkette

Der Plan in der Anfangsphase war ganz deutlich, dass die beiden Innenverteidiger Prödl und Pogatetz sehr weit Richtung Außen verschoben und Baumgartlinger davor zentral absicherte, damit die Außenverteidiger schon im Aufbau nach vorne gehen konnten und dort anspielbar waren. Aber je länger das Spiel lief, umso mehr wurde klar, dass nur Fuchs sich dabei wirklich wohl fühlte, Schiemer aber überhaupt nicht.

Somit verlegte sich der einzige Spieler in der Partie, der es noch nicht aus der österreichischen Liga heraus geschafft hat, sehr auf die Defensive, sodass aus der Abwehr des ÖFB-Teams oftmals eine etwas windschiefe Dreierkette wurde: Fuchs preschte, wann immer es ging, nach vorne, Schiemer aber blieb hinten und sicherte ab. Mit doppelt negativem Effekt: Einerseits zog er gegen den flinken Konoplianka immer wieder den Kürzeren und war bei beiden Gegentoren recht ursächlich beteiligt, andererseits tötete er damit seine Seite offensiv komplett ab.

Die rechte Seite

Harnik und Kavlak: Arme Hunde

Denn ohne den wirklich absolut inferioren Schiemer, der nicht die geringste Hilfe war, musste Harnik alles auf eigene Faust machen. Das Unbehagen war dem Stuttgart-Legionär deutlich anzumerken: Er sah, dass Schiemer defensiv gravierende Probleme hatte und zuweilen haarsträubende Fehl- und Risikorückpässe spielte, war sich aber seiner Verantwortung auch im Spiel nach vorne bewusst.

Die generelle Linkslastigkeit des Spiels – Fuchs/Ivanschitz, dazu die zumeist über die halblinke Seite aufziehenden Alaba und Arnautovic – nahm Harnik zusätzlich aus dem Spiel. Er versuchte es, indem er nach innen zog und sich zumindest in der Zentrale anbot, aber auch das half nichts. Die rechte Seite blieb einsames und unbespieltes Gelände, auch nachdem Harnik nach einer Stunde Veli Kavlak hatte weichen müssen.

Baumgartlinger und Alaba

Das Duo im defensiven Mittelfeld harmoniert an sich recht gut und die Frage, wo da ein Paul Scharner reinpasst, stellt sich durchaus – auch, wenn David Alaba vor allem in der zweiten Hälfte deutlich abbaute, sich nur noch auf Sicherheitsbälle verlegte und eine Leistung zeigte, die wohl irgendwo zwischen „brav“ und „dezent“ liegt. Zu Beginn der Partie war Alaba ein deutlicher Aktivposten, stets bemüht immer anspielbar zu sein. Ein Achter mit deutlichem Zug nach vorne, gut eingebunden ins schnelle Spiel nach vorne, eben vor allem nach schnellem Umschalten. Zumindest bis zur Pause.

Julian Baumgartlinger spielte seinen Part als Sechser vor der Viererkette sehr ordentlich. Er eroberte viele Bälle und versuchte sie wie in besten Tagen, diese mit möglichst wenig Risiko möglichst gewinnbringend weiter zu leiten. Man merkt ihm die Spielpraxis, die er in den letzten Wochen in Mainz immer mehr bekommt, durchaus an. Je länger das Spiel dauerte, umso mehr wurde Baumgartlinger der dominante Teil dieses Duos. Eine Leistung, auf die man aufbauen kann.

Arnautovic

Beim Bremer ist es so eine Sache: Entweder er geigt richtig auf, reißt das Spiel an sich und damit die ganze Mannschaft mit, oder es gelingt ihm wenig bis gar nichts. In Lemberg klappte bei ihm leider kaum etwas. Ihm versprangen einige Bälle (was sicher auch, aber nicht nur mit dem Baustellenrasen zusammen hängt), er konnte Zuspiele nicht verarbeiten und brachte kaum einen Pass wirklich an.

Seine Rolle war im System recht klar definiert: Gegen den Ball sollte er vorne praktisch auf einer Höhe mit Janko stehen und die gegnerische Spieleröffnung stören – hier wurde aus der österreichischen Formation ein 4-4-2 – bei eigenen Angriffen aber ließ sich Arnautovic eher etwas fallen, agierte von hinten heraus, um mit Steilpässen die im Vorfeld von Marcel Koller geforderten Bälle aus der Tiefe zu spielen. Das Highlight in seinem Spiel war sicher das Tor, das – sagen wir mal so – jeweils zu einem Drittel Janko (der den Ball vors Tor brachte), Kutcher (der wohl als letzter dran war) und Arnautovic (der den Einsatz des ukrainischen Innenverteidigers provozierte) gehört.

Das war gut

Das Bemühen war klar ersichtlich, dass auch gegen einen vom Potenzial her sich in etwa auf Augenhöhe befindenden Gegner das Spiel selbst gemacht werden sollte. Das war ja unter Constantini, wie erwähnt, nicht mal daheim gegen klar schwächere Kontrahenten immer so. Gerade in der Anfangsphase wurde der Gegner schon sehr hoch angepresst, was es den Ukrainern unmöglich machte, selbst das Geschehen konstant und zielführend in die österreichische Hälfte zu verlagern. Selbst in der Phase nach dem 0:1, als beim ÖFB-Team nach vorne kaum mehr etwas ging, wurde so zumindest ein nachhaltiges Aufkommen der Ukrainer verhindert.

Dazu war natürlich einmal mehr die linke Seite das Prunkstück der Mannschaft. Fuchs zeigte vor allem im direkten Vergleich mit Schiemer, wie wichtig ein funktionierender offensiver Außenverteidiger ist, wenn man die Initiative übernehmen will. Der Schalker war ständig im Vorwärtsgang und dank Pogatetz brannte in seinem Rücken relativ wenig an.

Das war nicht gut

Anders als beim eh schon übervorsichtigen Schiemer, der sich mit dieser Leistung recht nachhaltig für weitere Einsätze als Rechtsverteidiger disqualifiziert hat. Ein Glück, dass Gyuri Garics nach fast einem Jahr endlich wieder spielen kann – sollte er in Bologna über den Winter Spielpraxis sammeln können, führt an dem von Constantini auf so schäbige Weise verstoßenen Italien-Legionär kein Weg vorbei.

So bemüht das ÖFB-Team war, das eigene Spiel dem Gegner aufzuzwingen, so wenig zwingend war das in diesem Spiel letztlich. Aber, wie erwähnt, das braucht Zeit und einige Spiele, die mit diesem Ansatz, positiven Fußball selbst spielen zu wollen, durchgezogen werden. Nur so kann sich die Mannschaft so weit finden, dass Automatismen entstehen und das alles konkreter und mit mehr Torgefahr aufziehen zu können.

Ausblick

Zweifellos, die Spieler dazu sind absolut vorhanden. Fuchs und Ivanschitz links sowieso, Baumgartlinger und Alaba sind beides spielintelligente Jungs mit dem Blick nach vorne gerichtet, Janko arbeitet vorne viel – jetzt braucht es nur noch ein Gegenstück zu Fuchs auf der rechten Seite.

Gegen Finnland – ein Team, das nicht annähernd die Qualität der Ukrainer hat – darf man beim nächsten Test im Februar schon erwarten, dass der grundsätzliche Ansatz der gleiche sein wird. Positiven Fußball, den will Marcel Koller sehen.

Und wir auch.

(phe)

]]>
https://ballverliebt.eu/2011/11/16/marcel-koller-spiel-1-positive-ansatze-durchwachsene-ausfuhrung/feed/ 12
Bären, Falken und Pharaonen – Gemeinsam im Urlaub https://ballverliebt.eu/2010/04/22/baren-falken-und-pharaonen-gemeinsam-im-urlaub/ https://ballverliebt.eu/2010/04/22/baren-falken-und-pharaonen-gemeinsam-im-urlaub/#comments Thu, 22 Apr 2010 12:07:33 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=1935 Bären, Falken und Pharaonen – Gemeinsam im Urlaub weiterlesen ]]> WM-SERIE: “LEIDER NEIN”, Teil 2 | Russland, der EM-Semifinalist? Nicht dabei. Schweden, Dauergast seit vielen Jahren? Auch nicht dabei. Ägypten, zuletzt dreimal in Serie Afrikacup-Sieger? Auch nicht! Nicht alle Favoriten haben’s nach Südafrika geschafft…

Es war eine vermeintlich leichte Aufgabe. Slowenien. In einer leichten Gruppe an die zweite Stelle gespült worden. Für einen amtierenden EM-Semifinalisten doch kein Problem! Und genauso traten die Russen im Playoff-Hinspiel in Moskau auch auf: Drückend überlegen, dem Gegner in allen Belangen überlegen. Nur das mit dem Torabschluss, das wollte nicht so richtig klappen – so stand es kurz vor Schluss nur 2:0 für den schon zu dem Zeitpunkt als WM-Mitfavoriten gehandelten russischen Bären. Es hätte mindestens 5:0 stehen müssen! Doch so kam wie aus dem nichts Nejc Pečnik und erzielte das Auswärtstor für die Slowenen. So gewannen die Russen ein hochüberlegen geführtes Match nur mit 2:1. Immer noch kein Problem, beim Rückspiel in Maribor ist auch ein knapper Vorsprung eigentlich nur da, um über die Zeit gebracht zu werden. Aber dann…

Aber dann spielten die Slowenen, die plötzliche WM-Chance vor Augen, groß auf und gingen vor der Halbzeit durch Bochum-Legionär Zlatko Dedič in Führung. Und die Russen warfen die Nerven weg! Alexander Kershakov flog nach 65 Minuten vom Platz, der Ausgleich wollte nicht gelingen. Und spätenstens, als in der Nachspielzeit auch noch Juri Shirkov vorzeitig vom Platz musste, war klar: Russland ist raus! Ein hoch gehandelter Mitfavorit, mit Trainerfuchs Guus Hiddink, mit so vielen Klassespielern in den eigenen Reihen – gescheitert an der eigenen Überheblichkeit. Das Desater kostete Hiddink den Job, vielen Spielern ihr gutes Image in Russland. Und einem wie Andrej Arshavin verhagelte es die komplette Saison bei Arsenal, er wirkte daskomplette restliche Jahr deutlich gehemmt.

Die Russen bauen nun schon vor, in Richtung Euro2012. Dick Advocaat ist neuer Teamchef, eine logische Wahl, schließlich holte der Holländer schon mit Zenit St. Petersburg 2008 zum ersten Mal einen Europacup nach Russland. Er vollzog einen fliegenden Wechsel von Belgien nach Russland, um es besser zu machen als sein Landsmann.

Nicht nur die Russen sind es allerdings, die die Qualifikation als zumindest sicherer Tipp für die Endrude verpasst haben. Auch die Schweden haben es nicht geschafft. Erstmals seit der WM 1998 sind die Skandinavier damit nicht dabei, Teamchef Lars Lagerbäck nahm seinen Hut selbst, Zlatan Ibrahimovic zumindest bis zum nächsten Turnier ebenso. Bei den Schweden muss allerdings angemerkt werden, dass sich ihr Scheitern schon bei ihrer äußerst matten EM in Österreich angedeutet hat. Das überalterte Team wirkte langsam und hölzern, wurde so vor allem von den Russen regelrecht vorgeführt. In der Gruppe zogen die Schweden gegen Dänemark und Portugal den Kürzeren, immerhin konnten die Ungarn noch eingeholt werden.

Auf ein Neues nach der WM heißt es auch bei den Tschechen, bei dene nach dem unnötigen Vorrudenaus in der Schweiz das pure Chaos folgte. Neuer Teamchef, neue Verbandsspitze, und eine Horror-Qualifikation. Als Verbandsboss Hašek für die letzten Spiele selbst den Teamchef-Posten übernahm, war es schon zu spät und die Tschechen in einer wirklich leichten Gruppe an der Slowakei und Slowenien gescheitert. Michal Bilek ist der neue sportliche Verantwortliche. Für die nächste Europameisterschaft soll der Generationswechsel, wie bei den Schweden, vollzogen sein.

Und um den Haken zu den Russen zu schlagen: Auch der zweite unterlegene Semifinalist der letzten Europameisterschaft hat den Sprung nach Südafrika verpasst. Die Türken! Sie standen gegen die überragenden Spanier und die dank ihrer Weltklasse-Offensive tatsächlich bärenstarken Bosnien von Anfang an auf verlorenem Posten. Der Nachfolger von Fatih Terim auf der Kommandobrücke? Ausgerechnet der mit den Russen gescheiterte Guus Hiddink… Die Türken eliminierten im Viertelfinale von Wien die Kroaten, welche ebenso fehlen. Zweimal gegen England verloren, zweimal gegen die Ukraine nicht gewonnen – das war zu viel. Und von den beiden Gastgebern der nächsten Europameisterschaft schaffte es kein einziger zur WM-Endrunde. Die Ukrainer blieben im Playoff gegen die Griechen hängen. Und die Polen waren in der leichten Tschechien-Gruppe sogar noch schlechter als der Nachbar…

Verlassen wir aber nun Europa – denn auch anderswo blieben namhafte Mannschaften auf der Strecke. Wie etwa in Afrika! Die „Pharaonen“ aus Ägypten sind zweifelsfrei die beste Mannschaft ihres Kontinents, gewannen die Afrikacups von 2006, 2008 und 2010. Und scheiterten dennoch auch dieses Mal! Ausgerechnet gegen Erzfeind Algerien, im Entscheidugsspiel – weil am Ende der Gruppenphase die beiden Teams exakt punkt- und torgleich waren. Zuzuschreiben haben sich die Ägypter das Aus vor allem selbst, denn hätten sie im Heimspiel gegen Sambia nicht Punkte gelassen, alles wäre im Lot gewesen. Auch Tunesien scheiterte vornehmlich an sich selbst: Der WM-Teilnehmer von 98, 02 und 06 hatte Nigeria im Griff und hätte in Mosambik wohl nur ein Remis gebraucht. Die Tunesier verloren aber mit 0:1, so schnappten ihnen die Nigerianer im letzten Moment doch noch das WM-Ticket weg!

Meilenweit von einer Teilnahme entfernt waren indes die Marokkaner – sieglos, mit nur drei Toren in den sechs Finalrundenspielen müssen sie daheimbleiben. Wie auch der Senegal, der Viertelfinalist von 2002! Die neue Generation der Senegalesen überstand nicht einmal die Vorrunde, wie auch Angola. Der Gastgeber des Afrikacups hielt sich zwar dort mit dem erneuten Viertelfinal-Einzug schadlos, aber die WM geht ohne die „Schwarzen Antilopen“ in Szene.

Ordentlich gerupft wurde in der Qualifikation vor allem der arabische Raum. Neben den Ägyptern verpassen schließlich auch Stammgäste wie der Iran (trotz nur einer Niederlage, aber mit zu vielen Remis) und die „Falken“ aus Saudi-Arabien (im Playoff gegen Bahrain) das WM-Ticket. Und Bahrain zog ja dann auch noch gegen Neuseeland den Kürzeren! Auch der amtierende Asien-Meister Irak fehlt. Und die Chinesen standen völlig auf verlorenem Posten.

Vor alle diese Teams gilt nun die Hoffnung auf die Endrunde in Brasilien 2014. Dort wollen sie alle wieder dabei sein. Aber sicher nicht alle werden es auch schaffen!

Ballverliebt-WM-Serie | Leider Nein!
Teil 1 – Zwerge / Teil 2 – Favoriten / Teil 3 – Stars

]]>
https://ballverliebt.eu/2010/04/22/baren-falken-und-pharaonen-gemeinsam-im-urlaub/feed/ 2