Tabarez – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Wed, 15 Nov 2017 21:56:29 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Erstes Abtasten von Team und Foda – 2:1 über Uruguay https://ballverliebt.eu/2017/11/15/foda-debut-oesterreich-uruguay/ https://ballverliebt.eu/2017/11/15/foda-debut-oesterreich-uruguay/#comments Wed, 15 Nov 2017 21:55:11 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=14356 Erstes Abtasten von Team und Foda – 2:1 über Uruguay weiterlesen ]]> Dieses erste Spiel unter dem neuen Teamchef Franco Foda lässt einen irgendwie mit ein paar Fragezeichen zurück. Gute Unterhaltung war der etwas glückliche 2:1-Sieg gegen Uruguay nicht, die erste Hälfte war furchtbar, die zweite überwiegend ganz gut. Aber mehr als ein gegenseitiges Abtasten und Kennenlernen von Team und Trainer war dieser erste Lehrgang und auch das erste Match unter Foda natürlich nicht – und viele Fragen bleiben logischerweise vorerst auch noch unbeantwortet.

Österreich – Uruguay 2:1 (1:1)

Die Zusammensetzung von Fodas erstem Kader ließ eher ein System mit Dreier-Abwehr vermuten. Die Realität war aber ein 4-4-2 mit dem einzigen Rechts- und dem einzigen Linksverteidiger im Aufgebot – Bauer und Ulmer.

Eine Hälfte wie vor zehn Jahren

Ein, klassisches flaches 4-4-2 kam im Nationalteam unter Koller nur sehr punktuell zum Einsatz (Constantini verwendete es in seinem ersten Jahr als Teamchef 2009 zuletzt auf längerer Basis), und selbst Foda hat sein einstiges Stamm-System schon längere Zeit nicht mehr verwendet. So wirkte die erste Hälfte des ÖFB-Teams auch irgendwie wie vor zehn Jahren; altbacken und etwas ratlos.

Baumgartlinger und Grillitsch konnten im zentralen Mittelfeld nichts gestalten, weil zwischen ihnen und dem nächstvorderen Spieler meist drei, vier Uruguayer platziert waren. Es blieb der Weg über die Außenspieler, in der Passmap spricht man von einer „U-Form“: Viel Passverkehr in der Abwehrkette und zwischen den Außenverteidigern und ihren Mittelfeld-Außen, wenig Konstruktives aus dem Zentrum, praktisch keine Bälle für die beiden Stürmer.

Die Mittelfeld-Außen Sabitzer und Kainz viel damit beschäftigt, einzurücken und die Halbfelder gegen den gegnerischen Aufbau zuzumachen. Ein Pressing wie vor allem in der Frühphase der Koller-Ära war überhaupt nicht mehr vorhanden.

Uruguays flexibles Mittelfeld

Die Urus spielten aus einer 4-1-4-1-Grundordnung heraus, dieses wurde aber flexibel interpretiert: Giorgian de Arrascaeta rückte von der linken Seite situativ in den Angriff neben Cavani auf; auch wechselte er mit Jonathan Urretaviscaya zuweilen sie Seiten. Fix blieb nur das Zentrum mit Sechser Vecino und den ihn flankierenden Jungspunden Betancur (20) und Valverde (19). Diese drei riegelten die Passwege durch das Zentrum ab.

Im Aufbau wurde in der Regeln zunächst der kurze, sichere Pass gesucht – meist tat sich Uruguay damit aber schwer, weil die Österreicher schnell beim Passempfänger waren und so einen geordneten Aufbau von Uruguay ganz gut verhinderten. Häufig spielte Uruguay daher lange Diagonalbälle in die Schnittstelle zwischen ÖFB-LV Ulmer und IV Dragovic – oder, wie bei Cavanis Tor zum 1:1-Ausgleich, auf die linke Angriffsseite, wo Bauer zu weit eingerückt war.

Uruguay erarbeitete sich neben dem Tor – das vom ÖFB-Team von A bis Z horrend schlecht verteidigt war – noch zwei, drei weitere sehr gute Chancen. Vor allem Hereingaben in den Rückraum waren ein Mittel, das Österreichs Defensive öfters in Verlegenheit brachte. Dass es zur Halbzeit 1:1 stand, schmeichelte Österreich.

Umstellung zur Pause fruchtet

Foda hatte erkannt, dass das flache 4-4-2 null Torgefahr brachte (die frühe Führung durch Sabitzer war auch nur durch einen seltsamen Ausflug von Uru-Keeper Martín Silva möglich), und wechselte die Raumaufteilung für die zweite Hälfte. Arnautovic, der seine Stärken als abgeschnittene Sturmspitze zuvor überhaupt nicht einbringen konnte, spielte nun auf seiner Stammposition im linken Mittelfeld, dafür übernahm Kainz (und zehn Minuten später Louis Schaub) die Zehn in einem 4-2-3-1.

Nun hatten die drei Uruguayer im Zentrum einen dritten Spieler zu beachtet, wodurch sich mehr Räume und mehr Passoptionen für Baumgartlinger und Grillitsch ergaben. Zudem rückte oftmals Baumgartlinger oder (eher) Grillitsch neben Schaub auf; diese gegenüber der ersten Hälfte deutlich gesteigerte Mobilität stellte Uruguay vor Probleme.

Vor allem Grillitsch zeigte in dieser Phase erneut eine großartige Leistung: Er erkennt Räume und sich ergebende Passwege, verteilt die Bälle ungemein intelligent. Wenn der Hoffenheim-Legionär am Ball ist, kann man sich fast sicher sein, dass die folgende Aktion Hand und Fuß hat.

Tabárez reagiert

Schlussphase

Das ÖFB-Team wurde zwar nicht torgefährlich, hatte aber das Zentrum im Griff und damit Uruguay an der kurzen Leine. Uruguays Langzeit-Teamchef Óscar Tabárez sah sich das veränderte Geschehen 20 Minuten lang an und reagierte dann.

Aus dem 4-1-4-1 wurde ein 4-3-1-2, womit Uruguay wieder Überzahl im Zentrum hatte. Mit dem österreichischen Schwung war es damit wiederum vorbei, zumal wenig später auch Grillitsch ausgewechselt wurde und die vielen personellen Änderungen generell den Spielfluss brachen.

Die Gäste waren in der Schlussphase dem Siegtreffer wiederum näher als das ÖFB-Team. Aber es war eine Freistoß-Flanke von Louis Schaub, die sich hinter dem verdutzten Martín Silva, Keeper von Brasiliens Erstliga-Klub Vasco da Gama, ins Tor senkte.

Fazit: Ausbaufähig

Die Vorstellung beim ersten Spiel von Marcel Koller war bemüht, aber unausgewogen. Jene bei der Constantini-Premiere war furchtbar, obwohl es einen Sieg gab. Das erste Spiel der Amtszeit von Franco Foda war auch keine Offenbarung, vor allem die erste Halbzeit war Anlass zur Verwunderung: Was dieses flache 4-4-2 sollte, ist rätselhaft.

Foda zeigte aber die grundsätzliche Bereitschaft zu taktischen Umstellungen, auch ohne das Personal dafür zwingend tauschen zu müssen. Die Änderungen für die zweite Hälfte waren die richtigen Antworten auf ein nicht funktionierendes System. So zog man die Initiative im Spiel auf seine Seite – zumindest für eine halbe Stunde. Dass es einen Sieg gab, ist für das öffentliche Standing von Foda sicher von Vorteil.

Im Trainingslager ging es in erster Linie darum, dass sich Spieler und Trainerteam kennen lernen und ein Gefühl füreinander entwickeln. Das Spiel war wohl kaum mehr als ein erster Testlauf für Foda, wie sich das Team in einem Match coachen lässt, das muss sich alles noch ein wenig finden. Ist völlig normal. Wie alle Seiten beteuern, ist die Chemie durchaus in Ordnung, das ist ein gutes Zeichen. Wenn Alaba, Ilsanker und Hinteregger wieder fit sind, hat er auch mehr Alternativen, womöglich ist auch Prödl noch ein Thema.

Viele Fragen hat diese erste Trainingswoche und das erste Spiel unter Franco Foda aber auch (logischerweise) nicht beantwortet bzw. beantworten können. Etwa, ob es ein bevorzugtes System gibt (wie unter Koller) oder dieses von Spiel zu Spiel angepasst wird (wie bei Sturm unter Foda). Oder, wo der Teamchef gedenkt, David Alaba einzusetzen – neben dem diesmal eher durchschnittlichen Baumgartlinger gab Florian Grillitsch ein nächstes, starkes Statement für sich im Mittelfeld-Zentrum ab.

Auch, ob das Pressing ein Mittel ist/bleibt oder ob man sich unter Foda weiter davon verabschiedet, werden erst andere Spiele gegen andere Gegner und mit womöglich anderem Personal zeigen können. Ob Lindner die Nummer eins im Tor bleibt, ist sicherlich ebenso noch offen.

Am 19. März kommt das ÖFB-Team das nächste Mal für einen Lehrgang zusammen. In den beiden Ende März geplanten Testspielen wird man vermutlich schon ein wenig mehr erkennen können, wohin Foda die Nationalmannschaft steuern will.

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Südamerika bei der WM: Zwar wieder kein Titel, aber erneut breiter geworden https://ballverliebt.eu/2014/07/18/zwar-wieder-kein-titel-aber-suedamerika-stellt-sich-immer-noch-breiter-auf/ https://ballverliebt.eu/2014/07/18/zwar-wieder-kein-titel-aber-suedamerika-stellt-sich-immer-noch-breiter-auf/#comments Thu, 17 Jul 2014 22:34:03 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10428 Südamerika bei der WM: Zwar wieder kein Titel, aber erneut breiter geworden weiterlesen ]]> Nur ein Team von außerhalb konnte südamerikanische Teams in der K.o.-Runde besiegen. Eines! Was nur zeigt, wie stark und vor allem mit welcher beeindruckenden Breite die Teams aus Südamerika bei der WM auftrumpften. Mittlerweile sind nicht nur zwei Teams da, die Weltmeister werden können, sondern vier, die von extrem hoher Qualität sind. Und ein Fünfter war vor vier Jahren ja immerhin im Semifinale. In dem das Team des Gastgebers diesmal ja ein historisches Debakel erlitt.

Brasilien: Wo sind die ganzen Samba-Kicker hin?

Als die Seleção vor einem Jahr den Confed-Cup gewann, sah man eine Mannschaft, die nichts besonders innovatives machte, aber eine solide Mischung aus allen Einflüssen war, die es im modernen Fußball so gibt. Keine aufregende, aber eine grundsolide Truppe. Zwölf Monate später gab es den krachenden Einsturz eines Teams, das offenbar alles verlernt hatte, nicht als Mannschaft funktionierte und in dem Teamchef Scolari zu viel und zu lange an „seinen“ Spielern festhielt.

Brasilien
Brasilien: Wenn Fred der beste Mittelstürmer ist, hat die Seleção ein ziemlich massives Problem.

Dabei war eben in der Tat alles weg. Paulinho, der aus dem Mittelfeld den Punch bringen sollte, ist nach einem verlorenen Jahr in Tottenham ein Schatten seiner selbst. Hulk stagniert oder enwickelte sich sogar zurück. Fred ist eine Gemeinheit von einem Mittelstürmer, verglichen mit ihm war Toni Polster ein Dauerläufer.

In keinem Spiel konnte Brasilien wirklich überzeugen. Gegen Kroatien hätte man ohne das Elfer-Geschenk wohl nur 1:1 gespielt, Kamerun war kein Gegner, gegen Chile und Kolumbien wackelte man bedenklich, ehe es gegen Deutschland das 1:7-Desaster im Halbfinale setzte. Die vermutlich beste Leistung konnte man gegen Mexiko abrufen. Bezeichnenderweise gewann Brasilien dieses Spiel nicht.

Das Halbfinale, das in die WM-Geschichte eingehen wird, offenbarte drastisch, wie sehr die Mannschaft von Thiago Silva (der den Laden hinten zusammenhielt) und Neymar lebte. Unter dem Druck des Gewinnen-Müssens warfen die Spieler übermotiviert alle Grundlagen der Taktik über Bord und liefen Deutschland nicht ins Messer, sondern mit Anlauf in ein deutsches Katana.

Die grundsätzliche Frage, die sich Brasilien nach Platz vier bei der Heim-WM (was ja rein als Ergebnis eh nicht so schlecht ist) stellt, ist eine aus brasilianischer Sicht erschreckende: Wie kann es sein, dass es ausgerechnet im Land des Samba-Fußballs, im Land von Pelé, Garrincha, Zico, Romario, Ronaldo und Ronaldinho nur einen einzigen Offensiv-Akteur von Weltformat gibt? Inhaltliche Fehlleistungen und Spiele, in denen alles daneben geht, können immer mal passieren. David Luiz und Thiago Silva sind dennoch Weltklasse-Spieler, Luiz Gustavo trotz allem ein Sechser von internationalem Format. Aber Oscar tauchte völlig unter, Hulk ebenso. Alles hing an Neymar.

Die Seleção ist nicht in einem so tiefen Loch, wie es nun scheint. Der neue Teamchef, wer immer es sein wird, muss aber einen Weg finden, dass nicht alles zusammenklappt, wenn Neymar nicht dabei ist oder einen schlechten Tag hat. Und ganz generell muss sich der Verband etwas einfallen lassen, wie man wieder ein paar ordentliche Offensiv-Spieler und vor allem Mittelstürmer aus dem Zuckerhut zaubert. Denn was den Zug zum Tor angeht, ist man alleine in Südamerika nicht mehr unter den Top-3.

Argentinien: Wo ist die Hilfe für Messi?

Nein, dass die Albicelete prickelnden Offensiv-Fußball gezeigt hätte, könnte man nicht gerade behaupten. Auch, dass Lionel Messi zu jeder Zeit Herr der Lage ist und ein Kapitän, der vorangeht und die Kollegen pusht, wenn’s mal nicht läuft, kann man nicht sagen. Allerdings war der große kleine Mann von Barcelona fast immer zur Stelle, wenn seine Mannschaft mal ein Tor oder zumindest einen Assist von ihm brauchte.

Argentinien
Argentinien: Es lebte mehr von Messi, als bei der Besetzung nötig war. Aber es funktionierte.

Seltsam, aber obwohl die Qualität der Spieler direkt um Messi herum – Higuaín, Lavezzi, Agüero, natürlich Di María – deutlich höher ist als die der Nebenleute von Neymar, steht und fällt auch bei Argentinien alles mit einem Spieler. Die Auftritte des knapp unterlegenen Finalisten waren selten wirklich unterhaltsam und fußten vornehmlich auf einer außergewöhnlich sicheren Defensiv-Abteilung.

Die vom wahren Chef auf dem Feld dirigiert wurde, nämlich von Javier Mascherano. Er hatte mit Biglia einen patenten Adjutanten, hatte mit Garay und Demichelis sichere Hinterleute und Torhüter Romero zeigte ein sehr gutes Turnier, obwohl er bei Monaco nur in internen Trainings-Spielchen Praxis bekam.

Im Grunde spielte Argentinien so, wie Finalisten oft spielen: Hinten wenig anbrennen lassen, vorne im entscheidenden Moment zuschlagen. Wiewohl es Alejandro Sabella, so sehr es ihm an Charisma zu fehlen scheint, gelungen ist, die Gruppe zu vereinen, und sei es nur, um gemeinsam Sabellas Autorität öffentlich in Frage zu stellen. Seinen Grundsatz von „Humilidad y Trabajo“, von Demut und Arbeit, haben aber alle angenommen.

Nach dem überforderten Clown Maradona und dem ahnungslosen Selbstdarsteller Batista hatte Argentinien einen Teamchef gefunden, der sich ausschließlich mit dem sportlichen beschäftigt. Das wurde belohnt, aber um in vier Jahren auch wieder eine gute Rolle zu spielen, muss es gelingen, neue Schlüsselfiguern zu finden. Mascherano ist schon 30, Messi befindet sich seit einem, anderthalb Jahren am absteigenden Ast. Es wird sicherlich noch mehr Verantwortung auf Angel di María zukommen.

Denn Messi wird schon ein wenig mehr Hilfe benötigen, in Zukunft.

Kolumbien: Wäre mit Falcao noch mehr möglich gewesen?

Er war eine Augenweide, dieser James Rodríguez (der, um das ein für allemal festzuhalten, NICHT „dscheims“ heißt, sondern „chames“). Vorbereiter, Vollstrecker, Gegenspieler-Verrückt-Macher, und das alles mit einem Babyface, das das genau Gegenteil der wilden Erscheinung Carlos Valderrama ist. Kolumbien stürmte unaufhaltsam ins Viertelfinale und hatte dort gegen Brasilien zu spät gemerkt, dass man gar keine Angst vor dieser Truppe haben muss.

Kol
Kolumbien: Eine Augenweide. Tolle Spieler, viel Initiative, und das nicht mal in Bestbesetzung

Weshalb sich die Frage stellt: Wäre mit einem fitten Radamel Falcao vielleicht sogar noch mehr möglich gewesen? Denn Teo Gutiérrez zeigte sich als hervorragender Arbeiter, als guter Mitspieler für James und Cuadrado, aber nicht als Vollstrecker. Während hinter im die vermutlich beste offensive Mittelfeld-Reihe des Turniers wirbelte. Dazu verwirrte man die Gegner mit permanenten Rochaden: Da agierte James mal als Sturmspitze, mal links, da ging Jackson Martínez mal ins Zentrum, dazu gab’s mit Armero und Zuñíga zwei forsche Außenverteidiger. Eine Augenweide.

Die Cafeteros bestätigten den Aufwärtstrend, der schon unter Hernán Dário Gomez begonnen wurde und José Néstor Pekerman, an sich ja ein ruhiges Gemüt, formte Kolumbien zu einer ähnlich aufregenden Mannschaft wie seine „Fabelhaften Peker-Boys“ aus Argentinien bei der WM 2006. Und das Schöne ist: Bis auf Kapitän Mario Yepes fällt in näherer Zukunft kein Stammspieler aus Altersgründen aus dem Team.

Kolumbien kann also als Ganzes noch besser werden. Und Falcao ist bald wieder zurück.

Chile: Ist diese Form konservierbar?

Nächsten Sommer findet in Chile die Cópa America statt. Die Roja hat dieses Turnier noch nie gewonnen und nach dem knappen und auch eigentlich nicht verdienten Achtelfinal-Aus gegen Brasilien versprach Arturo Vidal, dass sich das ändern wird. Die Vorzeichen sind gut: Die Mannschaft ist mit einem Schnitt von 26,5 Jahren noch relativ jung, alle haben die komplexen Taktik-Varianten von Teamchef Jorge Sampaoli verinnerlicht, und Vidal selbst war nicht mal voll fit.

Chile
Chile: Das mit Abstand aufregendste, was dieses WM-Turnier zu bieten hatte. Viel zu früh raus.

Und die Chilenen waren, wie schon vor vier Jahren unter Marcelo Bielsa, eine überaus geile Mannschaft. Sampaoli ist ein im positiven Sinne fußballerischer Geistesgestörter, ein Besessener, ein Freak. Und so spielen auch seine Teams. Wie einst das 3-1-4-2-Monster von La U, wie das 2-1-3-4-0-Gebilde, das Australien eine halbe Stunde lang verzweifeln ließ. Wie das Pressing-Ungetüm, das Xabi Alonso so sehr in den Wahnsinn trieb, dass dieser sich nach einer Halbzeit traumatisiert auswechseln ließ.

Und mit Eduardo Vargas hat man nun auch endlich einen Stürmer, der auch mal Tore macht, Alexis Sánchez in Top-Form bringt auch die nötige Direktheit mit. Marcelo Díaz auf der Sechs – neben Mena, Aranguiz und Silva einer von vier Stammkräften, die unter Sampaoli bei La U gespielt haben – ist die personifizierte Balance. Dazu ist Claudio Bravo ein exzellenter Torhüter.

Und wohlgemerkt: Im ganzen Kader gibt es nicht einen einzigen gelernten Innenverteidiger. Keinen.

Chile hat es absolut drauf, auf absehbare Zeit eine bestimmende Kraft in Südamerika und damit auch in der Welt zu werden bzw. zu bleiben. Wenn Pinilla gegen Brasilien in der 120. Minute nicht die Latte, sondern das Tor getroffen hätte, wer weiß, wie weit Chile gekommen wäre.

Eines ist nur klar: Kein Team bei dieser WM ist mit dem nackten Resultat – Aus im Achtelfinale – so massiv unter Wert geschlagen worden wie Chile. Jetzt muss nur noch die Form bis nächstes Jahr konserviert werden.

Uruguay: Wer folgt den alten Herren?

José Maria Giménez erspielte sich schon einen Stammplatz bei den Großen, Stürmer Nico López kommt bei Udinese regelmäßig zum Einsatz, Linksaußen Diego Laxalt bei Serie-A-Absteiger Bologna. Aber sonst? Keiner der Mannschaft aus Uruguay, die vor einem Jahr Vize-Weltmeister bei der U-20-WM wurde, ist auch nur in der Nähe eines Stammplatzes bei einem halbwegs vernünftigen Klub, geschweige denn in der Nähe der Nationalmannschaft. Das wird über kurz oder lang zum Problem werden.

Uruguay
Uruguay: Fast alles hing an Godín und Suárez. Folgt nun der Generationswechsel bei der Celeste?

Denn obwohl man sich alte Willenskraft zeigte und somit England und Italien in 50:50-Spielen nieder ringen konnte, bleibt nach dem WM-Turnier, das mit einer Demontage im Achtelfinale gegen Kolumbien endete, die Erkenntnis: Besser ist Uruguay nicht geworden. Noch mehr als zuletzt schon hängt praktisch alles an Luis Suárez vorne und Diego Godín hinten.

Der Rest ist, bei allem Respekt, braver Durchschnitt und es ist weit und breit niemand in Sicht, der etwa im Mittelfeld das Spiel an sich reißen könnte. Arévalo ist nicht der Typ dafür, Lodeiro ist ein seit Jahren steckengebliebenes Talent, Cavani ist im Trikot von PSG wesentlich gefährlicher.

Und dann wird auch noch der ganze Auftritt überschattet von Suárez ekelhafter Dummheit gegen Italien. Die folgende Sperre heißt, dass Suárez die Copa America nächstes Jahr verpasst. Das wird für Langzeit-Teamchef Tabárez die Nagelprobe werden. Noch ein weiteres Mal mit den alten Recken, aber ohne den besten Spieler versuchen, alles rauszuquetschen, oder im Wissen um die Chancenlosigkeit, um den Titel mitzuspielen, den Umbau starten?

Die Antwort darauf wird gleichzeitig die Antwort auf die Frage sein, ob sich Tabárez, 67 Jahre alt, den Generationswechsel noch antun will.

Ecuador: Wäre die Quali auch ohne Höhenlage gelungen?

Immerhin: Seine drei Tore (also alle, die Ecuador bei dieser WM schoss) brachten Enner Valencia einen Premier-League-Vertrag bei West Ham ein. Sehr viel mehr wird aber nicht bleiben. La Tri verlor zwar nur knapp gegen die Schweiz und rang Frankreich ein verdientes Remis ab, aber dennoch hinterließen die drei Spiele vor allem eines: Verwunderung ob des antiquierten Spielstils der auch nicht mehr ganz jungen Mannschaft.

Ecuador
Ecuador: Mit dem flachen 4-4-2 und Konzentration auf die Flügel war das reichlich antiquiert.

Neben Honduras kam nur noch Ecuador mit einem flachen 4-4-2 mit zwei defensiven Mittelfeld-Leuten in einem damit unterbesetzten Zentrum auf, das Spiel nach vorne passierte praktisch ausschließlich über die Flügelspieler Valencia und Montero. Sturmspitze Caicedo fiel in den ersten zwei Spielen nur durch seine Mähne auf, und im dritten nicht mal mehr das, weil er zwischendurch beim Friseur war.

Anders als Enner Valencia. Der Angreifer, der nur durch den plötzlichen Tod von Chicho Benítez vor einem Jahr in die Mannschaft gerutscht war, war beweglich, hatte Übersicht und war auch torgefährlich.

Inhaltlich aber hat sich Ecuador seit der WM 2006, als man mit einem flachen 4-4-2 souverän das Achtelfinale erreichte und dort eher unglücklich England unterlag, keinen Zentimeter weiterentwickelt. Das Team vor acht Jahren war auch individuell echt gut (mit Leuten wie Delgádo, Méndez, dazu Reasco und De la Cruz als AV). Dieses ist eher wieder eines wie 2002, das sich wegen der Höhenlage in den Quali-Heimspielen zur Endrunde gemogelt hat.

Natürlich: Mit Carlos Gruezo von Stuttgart gibt es ein Riesen-Talent im zentralen Mittelfeld. Aber der hat vor drei Jahren noch U-17-WM gespielt. Für eine tragende Rolle bei einer WM der Großen war’s noch ein wenig früh.

Nächste Kontinental-Meisterschaft: Juni 2015 in Chile

Die Brasilianer, die viel gutzumachen haben. Die Argentinier mit Messi, der so knapp dran war, aber nun immer noch keinen Nationalteam-Titel gewonnen hat. Der Offensiv-Wirbel der Kolumbianer. Und natürlich die positiv Verrückten von Gastgeber Chile. Nicht zu vergessen Titelverteidiger Uruguay, der zeigen muss, wie er sich selbst neu erfindet.

Die Copa America, die in einem Jahr stattfindet, ist von der Ausgangslage elf Monate davor die wohl spannendste seit Jahrzehnten, weil sie mehr ist als nur das programmierte Finale zwischen Brasilien und Argentinien, sondern  es gleich zwei Teams gibt, die mindestens auf Augenhöhe mit ihnen sind, wenn nicht sogar schon besser. Die Teams des südamerikanischen Kontinents rücken immer weiter zusammen. Eine Entwicklung, die nur gut sein kann.

Fünf der sechs CONMEBOL-Teams überstanden die Vorrunde, und es gab nur ein Team von außerhalb, das K.o.-Spiele gegen das Quintett gewinnen konnte (Deutschland). Anders gesagt: Hätte man sich nicht gegenseitig eliminiert, wäre die kollektive Stärke noch viel augenfälliger geworden. Andererseits hat es nun drei Turniere hintereinander keinen südamerikanischen Weltmeister gegeben – die längste Durststrecke der Geschichte. Weil die beiden Großen im entscheidenden Moment wieder Federn ließen und die Nachrücker halt doch noch nicht ganz so weit sind.

Noch.

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Überzahl in Ballnähe entscheidend: Erst Österreich mit Vorteilen, dann Uruguay https://ballverliebt.eu/2014/03/06/ueberzahl-in-ballnaehe-entscheidend-erst-oesterreich-mit-vorteilen-dann-uruguay/ https://ballverliebt.eu/2014/03/06/ueberzahl-in-ballnaehe-entscheidend-erst-oesterreich-mit-vorteilen-dann-uruguay/#comments Thu, 06 Mar 2014 08:24:04 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9977 Überzahl in Ballnähe entscheidend: Erst Österreich mit Vorteilen, dann Uruguay weiterlesen ]]> Das Ergebnis, ein 1:1 gegen Uruguay, sieht gut aus. Die erste Halbzeit, in der Österreich den amtierenden Südamerika-Meister an die Wand spielte, sah ebenfalls sehr gut aus. Dass es auf die logischen Änderungen beim Gegner für die zweite Hälfte aber keinerlei nennenswerte Reaktion gab, sah gar nicht gut aus. Ein Test mit durchaus Licht, aber auch mit einigem Schatten.

Österreich - Uruguay 1:1 (1:0)
Österreich – Uruguay 1:1 (1:0)

Kein Cavani bei Uruguay – kein Nachteil für Österreich. Ohne den PSG-Stürmer brachte Tabárez ein 4-4-2 auf’s Feld, das einen ganz großen Nachteil gegenüber dem durchaus spritzigen ÖFB-Team hatte: Die ungeheure Langsamkeit der teil massiv in die Jahre gekommenen Akteure.

Österreich im 3-gegen-1-Vorteil

Das auffälligste bei Österreich war, neben dem nennenswerten Offensiv-Pressing der vier vorderen Spieler, vor allem die geschickte Art und Weise, wie im Mittelfeld Überzahl geschaffen wurde. Dabei hatte Österreich natürlich den Vorteil der numerischen Überlegenheit im Zentrum (systembedingt), außerdem hielt sich Diego Pérez fast ausschließlich in der Nähe von Alaba auf. Das ging doppelt daneben: Zum einen war Alaba dennoch der unumstrittene Boss auf dem Feld, zum anderen entstanden so noch größere Löcher im uruguayischen Zentrum.

So gelang es Österreich fast immer, wenn Uruguay den Ball nach vorne tragen wollte, den Ballführenden zu stellen. Und zwar nicht nur mit 2-gegen-1-Situationen, sondern oft sogar mit 3-gegen-1. Die Abstände zwischen den Spielern und das fehlende Tempo dieser Spieler machte es Uruguay unmöglich, auf diese Weise vor das Tor von Robert Almer zu kommen. Suárez hing in der Luft und war in der ersten Hälfte kaum ein Faktor.

Nach Ballgewinn schnell und direkt

Dass das österreichische Offensiv-Pressing bald nachließ, hatte einen simplen Grund: Wenn man selbst zwei Drittel Ballbesitz hat, gibt es einfach keinen Gegner mit Ball, den man anpressen könnte. Gegen die in der Defensive durchaus kompakt stehenden Urus tat sich Österreich mit dem eigenen Aufbau allerdings durchaus schwer. Von hinten heraus erfolgte die Spieleröffnung zumeist über Hinteregger, und da oft über lange Diagonalpässe. In puncto körperlicher Robustheit hat Uruguay allerdings einen Vorteil, so taten sich Arnautovic und Harnik recht schwer. Auch, weil die Außenverteidiger Suttner und Garics (später Klein) sehr vorsichtig begannen und erst nach und nach ein wenig auftauten.

Deutlich besser klappte es bei Österreich, wenn man in den erwähnten Überzahl-Situationen im Mittelfeld den Ball eroberte und schnell umschalten konnte. Dann ging es mit schnellen, direkten Vertikalpässen innerhalb kürzester Zeit in den gegnerischen Strafraum. Dass Maxi Pereira der Ball vor dem 1:0 für Österreich verspringt, konnte man nicht einkalkulieren, aber dass aus genau so einer Situation das Tor fiel, ist logisch und alles andere als Zufall. Wie es auch kein Zufall war, dass das österreichische Team – das wann immer möglich den Abschluss suchte – bis zur Pause noch einige weitere gute Torgelegenheiten hatte.

Tabárez stellt um…

Großmeister Tabárez erkannte die Probleme natürlich und reagierte entsprechend. Er nahm den gegen Alaba untergehenden Pérez raus (positionsgetreu kam Gargano) und, noch wichtiger, er ließ den unsichtbaren Forlán draußen und brachte quasi gemeinsam mit Gastón Ramírez von Southampton ein neues System – ein 4-1-4-1. Damit hatte er die massive Unterlegenheit im Zentrum zahlenmäßig schon einmal ausgeglichen. Weil Gargano ein weiter gestreutes Betätigungsfeld hatte als nur Alaba nachzulaufen.

Zweite Halbzeit
Zweite Halbzeit

Und, weil Ramírez seinen Part sehr giftig spielte und so die pure Körperlichkeit von vor der Pause in ein gezieltes Angehen der Österreicher umgewandelt wurde. Inhaltlich ganz simpel: Nun schaffte es Uruguay besser, im Zentrum Überzahl-Situationen in Ballnähe herzustellen, damit bekam die Celeste das ganze Spiel besser in den Griff. Nun wirkte es sich auch noch mehr aus, dass den österreichischen Flügelspielern (nun Arnautovic rechts und Ivanschitz links) nicht so viel gelang – obwohl zumindest Arnautovic, der negativen Körpersprache zum Trotz, viel versuchte und nie aufsteckte. Für den Maestro das Signal, die Daumenschrauben weiter anzuziehen: Es kamen Álvaro Pereira und Nico Lodeiro.

…und zieht die Daumenschrauben an

Der ob der sich klar geänderten Kräfteverhaltnisse war das 1:1, obwohl im speziellen Fall es eine patschert verteidigte Ecke und kein taktischer Geniestreich war, folgerichtig. Wie auch, dass Uruguay nun mit zwei offensiv denkenden zentralen Mittelfeld-Leuten (neben Ramírez eben Lodeiro) das Geschehen auch weiterhin im Griff behielt.

Weil Ivanschitz gegen Aushilfs-Rechtsverteidiger Gargano (ein Duell zweier eigentlich Zentral-Spieler auf der Seite, auch nicht uninteressant) keinen Stich machte und die Wechsel von Koller zwar das Personal änderten (Kavlak für Leitgeb, dann Hinterseer für Junuzovic), aber nicht so sehr die Raumaufteilung. Einem möglichen Siegtreffer war nun Uruguay deutlich näher, von Österreich kam keine nennenswerte Reaktion mehr.

Fazit: Erst super, dann ohne Reaktion – wie in Schweden

Es erinnerte bei Österreich sehr viel an das entscheidende WM-Quali-Spiel in Stockholm: Eine großartige erste Halbzeit, in der die Marschrichtung passte und von den Spielern sehr gut umgesetzt wurde, ehe der Gegner in der Pause umstellt, das Heft in den Hand bekommt – und von Österreich aber keine Reaktion mehr kommt. So sehr man sich über die funktionierende Taktik zu Beginn freuen darf, so sehr muss man sich über ausbleibende Adaptierungen nach solchen des Gegners wundern.

Das Ergebnis, ein 1:1 gegen den amtierenden Südamerika-Meister, ist sehr respektabel, wiewohl natürlich allen klar sein muss, dass diese Mannschaft aus Uruguay ihren Zenit schon ganz deutlich überschritten hat. Österreich hat gezeigt, dass man sich auch vor Teams aus der erweiterten Weltspitze nicht fürchten muss. Eher schon davor, dass man guten Änderungen beim Gegenüber noch immer hilflos gegenüber steht.

Das darf sich ruhig ändern.

(phe)

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Confed-Cup 2013: Wenig bedeutendes Turnier, sehr bedeutende Erkenntnisse https://ballverliebt.eu/2013/07/02/confed-cup-2013-wenig-bedeutendes-turnier-sehr-bedeutende-erkenntnisse/ https://ballverliebt.eu/2013/07/02/confed-cup-2013-wenig-bedeutendes-turnier-sehr-bedeutende-erkenntnisse/#comments Tue, 02 Jul 2013 00:04:57 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8953 Confed-Cup 2013: Wenig bedeutendes Turnier, sehr bedeutende Erkenntnisse weiterlesen ]]> Ja, das hat durchaus Spaß gemacht. Eine ziemliche Dichte an ziemlich feinen Teams, in einem Turnier, dass war weltweite Aufmerksamkeit, aber vergleichsweise geringe Bedeutung hat. Das Resultat: Ein ausgesprochen gutklassiges Turnier mit vielen unterhaltsamen Spielen, aber (vom Gastgeber abgesehen) ohne den Druck des Gewinnen-Müssens. Ein Jahr vor der WM also eine Gelegenheit zu probieren und Erkenntnisse zu sammeln. Nicht unbedingt nur taktische, auch solche das Klima betreffend.

1.: Brasilien ist auf einem guten Weg

Grundformation von Brasilien beim Confed-Cup 2013
Grundformation beim Confed-Cup 2013

Wie viel der Sieg beim Confed-Cup im geschichtlichen Großen Granzen wert ist, darüber lässt sich trefflich diskutieren. Sicher ist aber: Gastgeber Brasilien ist sportlich auf bestem Weg, für die Heim-WM in einem Jahr gerüstet zu sein. Das Duo Thiago Silva/David Luiz in der Innenverteidigung ist auf Nationalteam-Ebene womöglich das beste der Welt, mit Marcelo und Dani Alves kommt man zumindest bei den acht teilnehmenden Nationen dem Ideal der zwei guten Außenverteidiger am Nächsten, das Mittelfeld-Zentrum hält dicht, nach vorne gibt es mit Neymar und Oscar einiges an Talent – wiewohl die beiden ihr bestmögliches Zusammenspiel noch nicht gezeigt haben.

Hauptmerkmal der Seleção unter Luiz Felipe Scolari ist vor allem die extrem druckvolle Anfangsphase in jeder Partie gewesen. Japan und Mexiko geriet da schon vorentscheidend ins Hintertreffen, Spanien im Finale musste auch einem frühen Rückstand hinterherlaufen. Allen Spielen gemein war aber auch, dass Brasilien die Intensität nach dieser starken Anfangsphase – mit dem Finale als Ausnahme – danach deutlich zurückschraubte. Man cruiste, wenn möglich auf der frühen Führung im Halbgas-Modus dem Sieg entgegen. Gegen Japan und Mexiko klappte das, gegen Italien (wo es kein schnelles Tor gab) nicht, auch Uruguay überstand diese Phase im Semifinale.

Brasilien bei der Copa América 2011
Brasilien bei der Copa América 2011

Vergleicht man die Truppe mit jener, die vor zwei Jahren bei der Copa América – wo es nach einer mühsamen Gruppenphase das Aus im Viertelfinale gegeben hatte – so erkennt man vieles nicht mehr wieder. Nicht nur personell. Beim Turnier in Argentinien machte die Seleção unter Mano Menezes nicht nur einen seltsam langsamen und uninspirierten Eindruck, sondern ließ vor allem zwei Dinge komplett vermissen: Kompaktheit im Mittelfeld und Breite im Spiel nach vorne.

„Zu wenig Bewegung, zu wenig Tempo, sehr statisches Spiel und vor allem: Ein zu großer Abstand, bzw. zu wenig Kontakte zwischen den sechs Spielern hinten und den vier vorne“, analysierten wir im ersten Gruppenspiel, dem 0:0 gegen Venezuela.

„Weil die Brasilianer wieder ein veritables Loch zwischen defensivem Mittelfeld und Offensivreihe ließen, hatten die drei Paraguayer im Mittelkreis das Zentrum sehr gut unter Kontrolle, weil wiederum nur Ramires einen Link zwischen der Defensive und Ganso und Co. darstellte. Auch von den Außenverteidigern kam wieder gar nichts“, hieß es in der Analyse vom zweiten Gruppenspiel, einem 2:2 gegen Paraguay.

„Das brasilianische Spiel verfiel in den alten Trott: Wenig Breite, viel Platz zwischen Defensive und Offensive und ein Offensiv-Quartett, dass nicht gut harmonierte, wenn der Ball doch einmal vorne war“, im Viertelfinale gegen Paraguay – das letztlich im Elferschießen verloren wurde.

Im zentralen Mittelfeld ist von der Copa 2011 keiner mehr übrig: Luiz Gustavo sorgt für Umsicht und defensive Stabilität, Paulinho – die große Entdeckung des Turniers – für den Schub nach vorne, und Oscar versuchte, sich durch extrem viel Laufarbeit immer anspielbar zu machen. Scolari packte also vor allem körperliche Präsenz ins Zentrum. Während Marcelo auf der linken AV-Position ein Fixpunkt ist, kämpft Scolari rechts hinten mit den gleichen Problemen wie seit Jahren: Dani Alves performt in der Seleção einfach nicht, Maicon ist längst endgültig kein Thema mehr, und viele Alternativen hat Scolari nicht.

Die rechte Seite mit einem schwachen Dani Alves und dem ebenfalls nicht überzeugenden Hulk ist der wohl größte Schwachpunkt, den es für die WM noch zu beheben gilt. Im Tor ist Júlio César immer noch ein guter Mann, aber nicht mehr der Weltklasse-Keeper vergangener Tage. Und bei allem Respekt vor seiner sehr ansprechenden Performance bei diesem Turnier: Brasilien hatte auch schon mal bessere Mittelstürmer als Fred. Der noch dazu der einzige echte, gelernte Mittelstürmer im ganzen Kader war.

2. Pressing- und ballbesitzorientierte Europäer werden’s schwer haben.

Grundformation von Spanien
Grundformation von Spanien

Man sollte sehr vorsichtig sein, Spanien nach einem mauen Turnier und nach den Vernichtungen von Real und vor allem Barcelona im CL-Semifinale schon abschreiben zu wollen. Immerhin wurde die U-21 gerade einmal mehr Europameister.

Aber: Der Confed-Cup zeigte sehr wohl, dass es für Teams, die ihr Spiel auf Pressing und Ballbesitz anlegen, vor allem aufgrund der klimatischen Bedingungen – heiß und schwül – sehr schwer sein wird. Vor allem, wenn man bedenkt, dass den Top-Klubs aus Spanien und Deutschland, deren Nationalteams so spielen, wieder eine lange Saison mit vielen Europacup-Partien bevorsteht.

Spanien war körperlich im Halbfinale gegen Italien schon schwer am Limit und im Finale dann komplett tot, obwohl man in der Gruppenphase das billige Trainingsspielchen gegen Tahiti hatte, anstatt drei echte Ernstkämpfe absolvieren zu müssen. Angesichts dieser Erkenntnisse gilt es, bei der WM danach zu trachten, nach zwei Gruppenspielen den Aufstieg geschafft zu haben und Verlängerungen in der K.o.-Phase auf jeden Fall zu vermeiden. Vor allem für Teams aus den hinteren Gruppen, also E bis H, wäre eine Verlängerung wohl tödlich, weil diese Teams im weiteren Turnierverlauf immer einen Tag weniger zur Regeneration haben als jene aus den vorderen Gruppen.

Darauf gilt es sich vor allem eben für Deutschland und für Spanien, aber auch für Bosnien und Holland einzustellen, will man wirklich eine Chance auf den Titel haben. Denn würde im Viertelfinale etwa die ohnehin starke Truppe aus Kolumbien, die Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit noch dazu wie kaum eine zweite kennt, und man ist physisch schon derart bedient wie Spanien beim Confed-Cup schon nach zwei ernsthaft geführten Spielen, wird garantiert Schluss sein.

3.: Reaktive Teams aus Europa dürften im Vorteil sein

Auch, wenn sich Italien im Gruppenspiel gegen Japan – dem wohl aufregendsten bei diesem Turnier – nicht so besonders geschickt anstellte, ist es dennoch so, dass man die Italiener groß auf der Rechnung haben muss. Weil Prandelli bei seinem Team, anders als etwa Del Bosque mit Spanien, aus einer Vielzahl von Systemen (4-3-2-1 gegen Mexiko und Japan, 4-4-1-1 gegen Brasilien, 3-4-2-1 gegen Spanien und wieder 4-3-2-1 gegen Uruguay), Formationen und Taktiken wählen kann, einige extrem vielseitige Spieler zur Verfügung hat (Marchisio, Giaccherini, De Rossi, etc.) sich dabei am Gegner orientiert und überhaupt kein Problem damit hat, selbst das Spiel nicht zu machen.

Dreimal verwendete Italien das 4-3-2-1
Dreimal verwendete Italien das 4-3-2-1

Weil Italien in der Regel nicht bzw. nur wenig presst, was vor allem gegen Spanien im Halbfinale auffällig war, spart das Team einiges an Kraft. Durch den relativ breiten Kader und angesichts der Tatsache, dass Prandelli zu regelmäßigen Umstellungen neigt – mal spielte Marchisio, mal Aquilani, gegenüber wechselten sich Giaccherini und Candreva ab, Pirlo bekam immer wieder seine Pausen, durch die Wechsel zwischen Dreier- und Viererkette auch Barzagli bzw. Bonucci – bekommen viele Akteure auch im Regelfall ihre Downtime.

Dass das Klima reaktive Mannschaften bevorzugt, kann aber auch für andere europäische Mannschaften von Vorteil sein. Hodgsons England fällt einem da spontan ein, auch die Schweizer. Die Portugiesen, sollten sie sich qualifizieren, könnten das auch.

Sicher ist nur: Vor allem für die europäischen Teams wird das Wetter ein ganz entscheidender Punkt werden.

4.: Südamerikanische Dominanz zu erwarten

Schon in Südafrika trumpften vor allem die südamerikanischen Teams „hinter“ Brasilien und Argentinien auf. Uruguay erreichte das Halbfinale, Paraguay das Viertelfinale, Chile das Achtelfinale (und scheiterte dort an Brasilien). Mit Spaniens 2:1 gegen Chile  gab es bis zum Achtelfinale in 19 Spielen gegen nicht-südamerikanische Teams nur eine einzige Niederlage.

Auch Uruguay zeigte sich vom System her flexibel
Auch Uruguay zeigte sich vom System her flexibel

Eine ähnliche Dominanz darf man auch nächstes Jahr erwarten – nicht nur, weil es einige richtig gute Teams aus den Conmebol-Verband sein werden, die teilnehmen, sondern auch, weil diese die klimatischen Bedingungen einfach gewöhnt sind.

Dabei ist Uruguay, trotz des Semifinales beim Confed-Cup, nicht mal der heißeste Kandidat. Óscar Tabárez ist zwar immer noch ein interessanter Trainer, dem Flexibilität in Systemfragen sehr wichtig ist – er switchte zwischen Dreier- und Viererkette, zwischen zwei und drei Stürmern, zwischen flachem und etwas windschief-rautenförmigen Mittelfeld. Aber das Team ist tendenziell überaltert und über den Zenit, den es 2010 und 2011 erreichte, schon ein wenig hinaus. Es ist seither sehr wenig frisches Blut und neuer Konkurrenzkampf in den Kader gekommen.

Zu wenige Tore: Mexiko
Zu wenige Tore: Mexiko

Aber das sehr gut funktionierende Team aus Kolumbien um die Neo-Monegassen Falcao und James Rodríguez und dem hochinteressanten Teamchef José Néstor Pekerman kann durchaus ein Kandidat für das Semifinale sein. Auch Chile, mit Jorge Sampaoli ebenso mit einem aufregenden Trainer im Amt, ist einiges zuzutrauen.

Die Kenntnis um das Klima wäre grundsätzlich auch bei Mexiko vorhanden. Dort scheitert es aber an anderer Stelle: Das Team von Juan Manuel de la Torre ist erstens ziemlich eindimensional, vom 4-4-1-1 mit Giovani als hängender Spitze geht er nicht ab – wiewohl in den U-Teams etwa durchaus eher mit Dreierkette agiert wird. Und, zweitens, ist Mexiko bei aller Spielstärke, erschreckend harmlos vor dem Tor. Nur drei in sechs Quali-Finalrundenspielen, in den ersten zweieinhalb Spielen beim Confed-Cup nur ein Elfer-Tor. Obwohl mehr als genug Chancen dagewesen wären.

5.: Japan kann viel, muss es sich aber auch zutrauen

Japan: Personell seit 2011 unverändert
Japan: Personell seit 2011 unverändert

Wer vom ziemlich flachen Auftritt Japans beim Auftakt-0:3 gegen Brasilien enttäuscht war, wurde im zweiten Spiel gegen Italien wieder in die Realität versetzt: Wie schon beim Asien-Cup, den Japan nach Strich und Faden zerlegte, zeigte sich das Team von Alberto Zaccheroni (auch er so ein feiner Trainer!) von seiner guten Seite: Ramba-Zamba-Tempofußball, mit viel Vertrauen in das eigene Können.

Wie den Mexikanern fehlt es aber auch Japan an den Toren. Maeda ist ein fleißiger Arbeiter, aber kein Goalgetter, Mike Havenaar fehlt da auch die internationale Klasse. Interessantes Detail: Obwohl es einige neue Alternativen in europäischen Top-Ligen gibt, vor allem in Deutschland, ist es beim Confed-Cup die exakt gleiche Grundformation gewesen wie vor zweieinhalb Jahren beim Asien-Cup. Heißt: Die Mannschaft ist eingespielt, kenn sich in- und auswendig. Sie kann auch bei der WM aufzeigen, wenn Zac einen Weg findet, mit dem Klima umzugehen und wenn sich die Japaner auch wirklich etwas zutrauen.

6.: Die Afrikaner werden wieder früh heimfahen. Das wird aber nicht am Klima liegen.

Nigeria hat fraglos Potenzial. Nicht so viel, um in der K.o.-Runde bei der WM weit zu kommen. Nein, sie werden froh sein müssen, die Vorrunde zu überstehen. Aber immerhin ist man in Nigeria mit Stephen Keshi auf einem guten Weg – sportlich.

Nigeria fehlten zwei wichtige Spieler
Nigeria fehlten zwei wichtige Spieler

Man war gegen Uruguay auf Augenhöhe, traute sich gegen Spanien im Mittelfeld zu attackieren. Zudem ist man noch stärker, wenn mit Victor Moses von Chelsea und Mittelstürmer Emmanuel Emenike von Spartak Moskau, die verletzt fehlten. Linksaußen Nnamdi Oduamadi zeigte durchaus auf, der in Italien spielende 22-Jährige ist eine der Entdeckungen dieses Turniers. Die Qualifikation für die WM sollte gelingen (wenn es auch ziemlich wahrscheinlich nicht besonders glanzvoll geschehen wird) und es ist auch kein Afrika-Cup mehr im Weg, nach dem afrikanische Verbände ja gerne den Panik-Button drücken.

Doch obwohl auch Côte d’Ivoire an sich die Qualität hätte, zumindest ordentlich abzuschneiden, ist nicht zu erwarten, dass alle fünf afrikanischen Teilnehmer im kommenden Jahr zu den „Geläuterten“ gehören wird. Was nach dem Afrika-Cup Anfang des Jahres galt, gilt nämlich natürlich weiterhin: So lange die nationalen Verbände nicht professionell arbeiten, können sich die Teams sportlich nicht entwickeln. Nicht zuletzt stritt man auch in Nigeria auch vor diesem Turnier mal wieder um die Prämien.

Und der sportliche Wert der allermeisten Teams aus Afrika ist, das wurde beim von Nigeria gewonnen Turnier deutlich, jämmerlich. Weshalb man davon ausgehen kann, dass sich der größte Teil dss Quintetts nächstes Jahr sehr schnell wieder von der WM verabschieden wird. Und es wird nichts mit dem Klima zu tun haben.

7.: Tahiti – ein witziger Farbtupfer

Immerhin: Tahiti schon ein Tor
Immerhin: Tahiti schoss ein Tor

Dass die mit dem längst aufs sportliche Altenteil des griechischen Mittelständlers Panthrakikos geschobenen Marama Vahirua verstärkte Hobbykicker-Auswahl aus Tahiti die Bude dreimal angefüllt bekommen würde, war von vornherein klar. Ob man die Bilanz von 1:24 Toren jetzt als Erfolg sehen möchte oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen. Zum Vergleich: Bei der U-20-WM vor vier Jahren kam man mit 0:21 Toren davon.

Man wusste um die Chancenlosigkeit und präsentierte sich als witziger Farbtupfer. Teamchef Eddy Etaeta ließ alle drei Torhüter je ein Spiel ran, gegen Nigeria gab es sogar ein Tor. Die Grundausrichtung war mit dem 5-4-1 klar defensiv, aufgrund des eklatanten Klasse-Unterschieds half das aber natürlich auch wenig.

Aber die Teilnahme kann Tahiti keiner mehr nehmen, mit einem Spiel gegen Spanien vor 71.800 Zuschauern im Maracanã. Dass es 0:10 verloren wurde, was soll’s. Marama Vahirua übrigens hat seine Karriere nach dem Turnier beendet.

Fazit: Feines Turnier mit interessanten Erkenntnissen

Das Turnier hat einige schöne Spiele produziert und einen schönen Überblick über die allgemeinen Formkurven gegeben. Vor allem Italien hat einiges ausprobiert. Spanien wird sich etwas überlegen müssen, in Richtung WM. Die nachrückenden Teams wie Mexiko und Japan haben ihre Möglichkeiten angedeutet, mehr aber (noch?) nicht.

In jedem Fall aber ist dieser Confed-Cup ein Plädoyer dafür gewesen, dieses Turnier nicht mehr per se zu belächeln, weil es ja sportlich um nicht allzu viel geht. Dazu war der Unterhaltungswert zu hoch und die Erkenntnisse daraus zu bedeutend.

(phe)

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Die ’11-Besten https://ballverliebt.eu/2011/12/29/die-11-besten/ https://ballverliebt.eu/2011/12/29/die-11-besten/#comments Wed, 28 Dec 2011 23:02:28 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6279 Die ’11-Besten weiterlesen ]]> Das Jahr 2011 verlässt uns, aber die Erinnerungen an viele tolle Spiele aus den vergangenen zwölf Monaten wird uns natürlich bleiben. Darum gibt’s wie schon letztes Jahr noch mal die besten, interessantesten, richtungsweisendsten Spiele. Die Reihenfolge dieser elf Spiele aus 2011 ist natürlich willkürlich und nicht allzu eng zu sehen!

Platz 11 | Premier League | Chelsea – Liverpool 0:1

Chelsea-Liverpool 0:1

„Das sieht nach einem durchaus tauglichen Konzept aus, was Kenny Dalglish da mit seiner Dreierkette gefunden hat. Und Chelsea? Da könnte das Luxusproblem “Torres und Drogba und Anelka” zu einem tatsächlichen werden. Die Variante mit Drogba und Torres vorne und Anelka als Zehner dahinter war ein totaler Flop.“ – Die einen waren mit King Kenny auf der Bank auf dem Weg nach oben, zum Teil mit unüblichen Aufstellungsvarianten. Die anderen begannen zu erkennen, dass es vielleicht doch keine so einfach war, Torres sinnvoll einzubauen. Er verlor hier sein erstes Spiel im Chelsea-Dress ausgerechnet gegen sein altes Team. Süße Rache, nennt man so etwas wohl.

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Platz 10 | Asien-Cup | Japan – Syrien 2:1

Japan - Syrien 2:1

„In der offensiven Dreierreihe wird rochiert, was das Zeug hält. Da taucht Matsui schon mal auf der ganz anderen Seite auf, Kagawa in der Mitte oder gar als Sturmspitze, Honda mal zurückhängend, mal auf die Seiten, dann wieder ganz vorne. Fàbregas, Nasri, Rosický und Konsorten lassen grüßen. Und vorne macht Ryoichi Maeda, was bei Arsenal einen Robin van Persie ausmacht. Vom Toreschießen mal abgesehen.“ – Was der Italiener Alberto Zaccheroni aus den Japanern gemacht hat, war atemberaubend. Ein Tempo, eine Ballsicherheit eine Dominanz: Man war beim ganzen Asien-Cup, nicht nur im Gruppenspiel gegen Syrien, die mit sehr viel Abstand beste Mannschaft. Und wenn man etwas konsequenter im Ausnützen der Torchancen gewesen wäre, hätte das Arsenal Asiens nicht so sehr um den Titel zittern müssen.

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Platz 9 | Europa League | ZSKA Moskau – FC Porto 0:1

ZSKA Moskau - FC Porto 0:1
„Zwei der interessantesten Trainer Europas: Wunderkind André Villas-Boas vom FC Porto und der etwas schrullige Leonid Slutski von ZSKA Moskau. So unterschiedlich die beiden Trainer der zwei womöglich aufregendsten Mannschaften sind, die sich unter den letzten 16 der diesjährigen Europa League befinden, so ähnlich ist das Leistungsvermögen.“ – Auf dem Weg zum Sieg in der Europa League mit Porto bekam es André Villas-Boas im Achtelfinale mit einem ähnlich tollen Team und einem ganz anderen Trainer-Typen zu tun. Die beiden Mannschaften neutralisierten sich. Und wer weiß, womöglich wäre der Portugiese heute nicht Chelsea-Coach, hätte nicht Fredy Guarín das 1:0-Goldtor erzielt. In einem Spiel, das gezeigt hat, wie ähnlich sich so verschiedene Typen doch sein können.
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Platz 8 | Frauen-WM | USA – Brasilien 2:2 n.V., 5:3 i.E.

USA - Brasilien 2:2 n.V., 5:3 i.E.
„Kurioserweiser übernahmen die US-Amerikanerinnnen sofort wieder das Kommando. Mit der ganzen Wut über den harten Strafstoß samt Ausschluss und der überaus kleinlichen Entscheidung, den Elfer wiederholen zu lassen, drückten sie das brasilianische Team nun vor allem über die Flanken nach hinten.“ – Es war beileibe nicht das beste Spiel der Frauen-WM in Deutschland, dieses Viertelfinale. Im Gegenteil: Zwei hypernervöse Teams überboten sich lange in Fehlpässen. Aber die ganze Dramatik, die der Partie durch eine schreckliche Schiedsrichter-Leistung und dem US-Ausgleich in der 122. Minute eigen war, ließ sie doch zum zentralen Spiel des Turniers werden. Ein Spiel, in dem krass benachteiligte US-Girls Brasilien bestraften.
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Platz 7 | Europa League | SV Ried – Brøndby IF 2:0

SV Ried - Brøndby IF 2:0
„Weswegen Brøndby umso mehr schauen musste, über die Flügel nach vorne zu kommen. Damit hatte Ried das Ziel im Grunde erreicht: Die Mitte zwar offenlassen, aber keine Kreativität zulassen, das Spiel des Gegners so auf die Flügel zu verlagern, und dort den numerischen Vorteil ausspielen.“ – Zwar waren die Rieder letztlich die einzige österreichische Mannschaft, die sich nicht für die EL-Gruppenphase qualifizieren konnte, aber dennoch sind die Innviertler der große Gewinner des Jahres 2011. Nicht nur wegen des Cup-Siegs, sondern auch deshalb, weil man dank einer konsequent verfolgten Vereinsphilosophie auch den Abgang der halben Mannschaft verkraften konnte und zum zweiten Mal hintereinander Herbstmeister wurde. Weil sich eben nicht nur Brøndby am Rieder System die Zähne ausbiss.
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Platz 6 | EM-Qualifikation | Frankreich – Bosnien 1:1

Frankreich - Bosnien 1:1
„Was alles in einem irren Tempo geschah, weil der Spielplan der Bosnier in einem Guss funktionierte: Pressing, Ball erobern, blitzschnell umschalten und die freien Räume ausnützen. Die Franzosen wussten in der ersten Viertelstunde überhaupt nicht, wie ihnen geschah.“ – Bosnien ist die wohl beste Nationalmanschaft Europas, die bei der EM nicht dabei sein wird. Denn bevor Dzeko und Co. im Playoff gegen Portugal die Nerven verließen, spielten sie Frankreich komplett her und nur zwei Faktoren rettete den Bleus das Remis und die direkte Qualifikation: Eine Umstellung von Blanc und ein starker Nasri.
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Platz 5 | Deutsche Bundesliga | Bayern München – Borussia Dortmund 1:3

Bayern München - Borussia Dortmund 1:3
„Dortmund verfügt über ein hervorragendes Flügelspiel und nahm Ribéry und Robben ziemlich aus dem Spiel. Die beiden sahen sich, wann immer sie am Ball waren, sofort mit mindestens zwei Gegenspielern konfrontiert; oftmals sogar mit noch mehr. Das, und das für die Borussia so typische aggressive Pressing führte dazu, dass die Bayern nicht zu einem geordneten Spielaufbau kamen.“ – Die Bayern-Kapitel „Van Gaal“ endete als großes Missverständnis. Wirre Aufstellungs-Varianten, die Unfähigkeit, aus Fehlern zu lernen und natürlich atmosphärische Störungen führten zum vorzeitigen Ende. Und natürlich die brutale Überlegenheit von Dortmund, die sich vor allem im direkten Duell zeigte. Jürgen Klopp manövrierte seinen Kontrahenten auf jeder Position aus und machte damit im Titelrennen den Deckel drauf.
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Platz 4 | EM-Qualifikation | Aserbaidschan – Österreich 1:4

Aserbaidschan - Österreich 1:4
„Willi Ruttensteiner hatte es angekündigt, und er machte es auch wahr: Der Interims-Teamchef wollte vom ÖFB-Team beim Spiel in Aserbaidschan frühes Pressing sehen, er wollte die Gastgeber unter Druck setzen, sie gar nicht erst zur Entfaltung kommen lassen. Und tatsächlich: Die Spielanlage der Österreicher war gegenüber den letzten Spielen kaum noch wiederzuerkennen.“ – Kaum war Constantini nicht mehr Teamchef, war sofort zu erkennen, was für ein Potential wirklich in der Mannschaft steckt. Ja, es war „nur“ Aserbaidschan, aber jeder Spieler machte den Eindruck, genau zu wissen, welche Aufgabe er genau hat. So machte vor allem die Art und Weise des Spiels beim 4:1 in Baku Freude.
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Platz 3 | La Liga, Copa del Rey, Champions League | Der Clásico-Vierteiler

1:1-Remis, 1:0 n.V. Real, 2:0 Barça, 1:1-Remis
„Real ging viel aggressiver zu Werke als beim 1:1 am Wochenende, störte deutlich früher, presste auf den Gegner und stand teilweise verteufelt hoch – die Mittelfeldreihe machte sich genau dort breit, wo Barcelona eigentlich das eigene Spiel aufziehen wollte. So kamen die Katalanen kaum wirklich dazu und Real war gut im Spiel.“ – Groß war die Vorfreude auf vier Clásicos in nur 17 Tagen, aber nachdem die letzte Schlacht geschlagen war, blieben im Rückspiegel vor allem Härteeinlagen in Erinnerung. Und nach den Titeln in Liga und Champions League ein Punktsieg für Barcelona. Nach den Spielen am 16. April (1:1 in Madrid in der Liga), am 20. April (1:0 n.V. für Real im Cupfinale), am 27. April (2:0 für Barça im CL-Semi-Hinspiel in Madrid) und am 3. Mai (1:1 in Barcelona im CL-Semi-Rückspiel).
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Platz 2 | Copa América | Uruguay – Chile 1:1

Uruguay - Chile 1:1
„Und in dieser Tonart ging es weiter: Chile spielte nun Rambazamba-Fußball wie in besten Bielsa-Tagen, zudem kam mit Paredes statt dem müder werdenden Suazo noch ein frischer Mann. Die Chilenen spielten sich in einen Rausch, in dem Uruguay unterzugehen drohte.“ – Die Copa América wurde zum Triumph für Uruguay, aber eine Mannschaft setzte der Celeste schon in der Gruppe ganz extrem zu: Chile! Jenes Team, dass unter Claudio Borghis Vorgänger Marcelo Bielsa bei der WM für tollen Offensivfußball stand, zeigte in diesem grandiosen Spiel ein Feuerwerk. Das mit Abstand beste Spiel einer eher enttäuschenden Copa. Weil Chile weiterhin ein Team zum Verlieben ist.
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Platz 1 | La Liga | FC Barcelona – Villarreal CF 5:0

FC Barcelona - Villarreal CF 5:0
„Weil es dank des Verzichts auf eine nominelle Abwehr mehr Ballverteiler gibt, weil die Breite dennoch gegeben ist, und weil Messi und Fàbregas jetzt schon zuweilen miteinander harmonieren, als spielten sie schon seit Jahren zusammen. Pep Guardiola ist gerade dabei, die Pyramide mit diesem 3-3-4-ähnlichen System wieder zurückzudrehen. Womit er potentiell ein neues Kapitel der Fußballgeschichte aufschlägt.“ – Im Grunde war es „nur“ ein Liga-Spiel. Aber was Barcelona hier spielte, war ein Blick in eine mögliche Zukunft. Ob es ein Modell für die ganze Fußball-Welt ist oder nur für eine Mannschaft von der Qualität Barças, ist eine andere Frage. Aber Villarreal war tatsächlich nicht die letzte Mannschaft, die dieser Formations-Variante rein gar nichts entgegensetzen konnte. Weil Barcelona damit noch stärker aussieht als vorher.

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Das Team von Ballverliebt bedankt sich für das Interesse im Jahr 2011 und wir würden uns freuen, wenn ihr unsere Analysen auch im Jahr 2012 fleißig lest. Ein gutes neues Jahr euch allen!

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Copa, SF1: Suárez nützt Torwartfehler – Uruguay steht im Endspiel https://ballverliebt.eu/2011/07/20/copa-sf1-suarez-nutzt-den-torwartfehler-uruguay-steht-im-endspiel/ https://ballverliebt.eu/2011/07/20/copa-sf1-suarez-nutzt-den-torwartfehler-uruguay-steht-im-endspiel/#respond Wed, 20 Jul 2011 09:59:38 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5370 Copa, SF1: Suárez nützt Torwartfehler – Uruguay steht im Endspiel weiterlesen ]]> Sicher stehen und keine Fehler machen – das klappte bei Überraschungs-Semifinalist Peru gegen Favorit Uruguay 52 Minuten lang wunderbar. Einmal im Rückstand, fehlte aber die Klasse, das Spiel zu drehen. Weshalb die beiden Tore von Suárez den Finaleinzug für Uruguay bedeuten!

Uruguay - Peru 2:0

In ihrer ersten Partie bei dieser Copa América standen sich diese beiden Mannschaften schon einmal gegenüber. Da trotzte Peru mit einer starken Defensivleistung dem Favoriten ein 1:1 ab, weil es gelang, die Flügel der Urus auszuschalten – das war auch in diesem Halbfinale, in welches das Team von Sergio Markarián sensationell schaffte, die Marschroute.

Gegenseitige Blockade

Erstaunlicherweise war es zunächst nicht das Team aus Peru, welches sich zurückzog. Nein, Uruguay zwang mit einer recht passiven Anfangsphase und zwei tief stehenden Viererketten dem Außenseiter das Spiel auf – und dieser war damit auch einigermaßen überfordert. Weil Uruguay eben so tief stand und mit Vargas und Guerrero die Spitzen in Sergio Markariáns 4-4-1-1 im Getümmel untergingen, blieb oft nur die Option „Langer Ball“, diese wurden aber leichte Beute der Uru-Defensive.

Besonders kreativ war aber auch die Celeste nicht, als sie sich nach einigen Minuten entschied, doch am Spiel teilzunehmen. Weil beide Mannschaften in einem sehr ähnlichen System spielten, standen sich zwei recht defensive Mittelfeld-Zentralen gegenüber, die sich gegenseitig blockierten. Dennoch versuchte es auch Uruguay vermehrt über die Mitte – Forlán und vor allem Suárez gingen kaum auf die Flügeln, wie das in den vergangenen Spielen noch der Fall gewesen war. Vor allem Suárez steigerte sich früh in Frust hinein: In den ersten fünf Minuten legte er sich zweimal mit den Referees an (einmal zu Recht, einmal zu Unrecht) und kassierte nach einem eher dämlichen Foul auch gleich die gelbe Karte.

Action auf den rechten Flügeln

So fehlte es auch an der Breite im Spiel beider Teams. Lediglich auf den jeweiligen rechten Flügeln kam so etwas wie Action auf: Maxi Pereira preschte bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach vorne, weil er vom früh verwarnten Yotún wenig zu befürchtet hatte und auch defensiv vom jungen Peruaner kaum gestört wurde. In diesem Fällen blieb Martín Cáceres hinten, wodurch im Bellbesitz bei Uruguay hinten eine Dreierkette entstand. Allerdings schaffte es Maxi Pereira nicht oft, Bälle auch wirklich in die Mitte zu bringen.

Der sehr aktive Luís Advíncula auf peruanischer Seite drückte den sonst sehr gefährlichen Álvaro Pereira nach Kräften zurück und verwickelte ihn in viele Zweikämpfe, aber spätestens beim starken Martín Cáceres war auch bei ihm Schluss: Oft kam Advíncula gar nicht dazu, Flanken zu schlagen oder nach innen zu ziehen. So ging es mit einem logischen 0:0 in die Halbzeit.

Wer den ersten Fehler macht…

Die zweite Hälfte schickte sich an, ähnlich zu verlaufen wie die erste – bis Peru-Goalie Fernández einen Weitschuss von Forlán nach vorne abprallen ließ. Suárez ließ sich nicht zweimal bitten und versenkte den Ball zum 1:0. Ein individueller Fehler warf die ganze, an sich gut funktionierende Marschroute der Peruaner über den Haufen.

Der Außenseiter musste nun natürlich aufmachen, selbst aktiver werden und höher stehen. Und genau das nützte wiederm Suárez nur wenige Minuten später: Die Abseitsfalle überlistend, nützte er nach einem langen Ball von hinten den vielen Platz hinter der peruanischen Defensive und besorgte somit aus einem Konter das 2:0 – die Vorentscheidung.

…und nicht für Druck sorgen kann…

Markarián brachte mit Chiroque (für Advíncula) einen neuen Mann für die rechte Seite. Der wuselige Chiroque sollte dringend benötigtes Tempo in die ansonsten nicht gerade mit übertriebener Schnelligkeit gesegnete Mannschaft bringen, um die nun naturgemäß wiederum sehr dichte uruguayanische Defensive zu knacken. Zudem kam mit Lobatón (statt Yotún) ein zusätzlicher Mann für das Mittelfeldzentrum, um dort Überzahl herzustellen und die Kontrolle zu erhalten.

Die Formation hatte nun aber deutliche Schlagseite nach rechts, weil es links am Flügelspieler fehlte: Nach dem Austausch von Yotún musste Linksverteidiger Vílchez die komplette Seite übernehmen; Vargas und Guerrero wichen zwar immer wieder dorthin aus, aber Druck kam über die Flanke, die er weiterhin recht umtriebige Maxi Pereira verteidige, nicht.

…fliegt raus

Endgültig geschlagen war Peru, als sich Vargas zwanzig Minuten vor dem Ende zu einem Ellbogen-Schlag ins Gesicht von Coates hinreißen ließ. Der Referee stand nur einen Meter daneben und zögerte keine Sekunde, Vargas die korrekte rote Karte zu zeigen.

Von einer Szene abgesehen, in der Torhüter Muslera nicht ganz auf der Höhe war, spielte Uruguay den Vorsprung nun trocken über die Zeit. Peru fehlten ohne Vargas und mit einem Mann weniger schlichtweg die Mittel, um das Team aus Uruguay noch wirklich zu gefährden.

Fazit: Höhere Klasse setzt sich durch

Spektakulär war es wahrlich nicht: Etwa 50 Minuten kam Uruguay nur schwer durch und sorgte auch Peru nicht für großen Druck, dann zwei schnelle Tore, und die letzte halbe Stunde wurde verwaltet. Am Ende setzte sich mit Uruguay aber die klar besser besetzte Mannschaft durch, weil Peru einen Fehler zu viel machte. Es lässt sich aber dennoch nicht leugnen, dass bei Uruguay zu viel über die Mitte ging und es einen individuellen Fehler beim Gegner brauchte, um zum Torerfolg zu kommen.

Peru stand mit ganz wenigen Ausnahmen defensiv wieder einmal sehr diszipliniert und ließ vor allem Suárez aus dem Spiel heraus kaum zur Geltung kommen, weil man das Zentrum gut zumachte und der Favorit es versäumten, über die Flügel mehr Druck auszuüben. Um selbst das Spiel in die Hand nehmen zu können, fehlte neben der individuellen Klasse einen Pizarro oder Farfán vor allem die Schnelligkeit, welche diese beiden gegen die ebenso sehr sichere Hintermannschaft der Urus bringen hätten können

Internationale Klasseleistung war das von Uruguay eher nicht – aber manchmal reicht es ja auch aus, die wenigen Fehler des Gegnern zu nützen.

(phe)

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Copa, Tag 11: Uruguay weiter, auch ohne zugemachten Sack https://ballverliebt.eu/2011/07/13/copa-tag-11-uruguay-weiter-auch-ohne-zugemachten-sack/ https://ballverliebt.eu/2011/07/13/copa-tag-11-uruguay-weiter-auch-ohne-zugemachten-sack/#respond Wed, 13 Jul 2011 09:24:45 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5201 Copa, Tag 11: Uruguay weiter, auch ohne zugemachten Sack weiterlesen ]]> Auch ohne den angeschlagenen Cavani dominiert Uruguay das Spiel gegen Mexiko nach belieben, dennoch schaut am Ende „nur“ ein knapper 1:0-Sieg heraus. Weil vor allem die Chancenverwertung sehr zu wünschen übrig ließ. Und es so verpasste, schon frühzeitig den Sack zuzumachen.

Uruguay - Mexiko 1:0

Cavani verletzt – aber Uruguay-Teamchef Tabárez ist ja flexibel. So ließ er sein Team im entscheidenden Spiel um den Viertelfinal-Einzug gegen Mexiko mit einem 4-4-2 auflaufen, in dem Forlán etwas hinter der vordersten Spitze Suárez agerte. Álvaro González besetzte, wie schon in der zweiten Hälfte gegen Chile, die rechte Außenbahn, für die linke Seite rutschte Cristián Rodríguez in die Startformation.

Aber auch Luis Fernando Tena wechselte sein System. Statt jenes 3-4-1-2, das er in den ersten beiden Partien spielen ließ, war nun auch die mexikanischen U23 mit einem 4-4-2 unterwegs. Allerdings waren einige Elemente von Dreierkette weiterhin zu erkennen, vor allem in der Vorwärtsbewegung – da hielt sich Mier sehr zurück.

Flügel wenig eingebunden

Was bei Uruguay auffällig war: Obwohl nun, anders als zuvor, beide Flügel de facto doppelt besetzt waren, wurden sie nicht genug eingebunden, um die mexikanische Viererkette hinten wirklich auseinander zu ziehen. Vor allem am rechten Flügel lief das Spiel eher vorbei, von dort kamen kaum Akzente.

Stattdessen wurde versucht, Angriffe eher über Forlán aufzuziehen. Das funktionierte aber nur bedingt, weil die Mexikaner das Zentrum gut dicht machten. Forlán kam kaum einmal an Reyes und Enríquez vorbei, Suárez war bei Reynoso und Araujo zumeist gut aufgehoben – weshalb er mit Fortdauer des Spiels immer mehr selbst auf die Flügel auswich. Er machte dort viel Betrieb, viel erreichen konnte er so aber nicht.

Drei Wege zum Erfolg

So gab es nur drei Wege für die Uruguayer, zum Erfolg zu kommen: Durch schwere Schnitzer in der Abwehr (Forlán, 30.), durch wunderbare Einzelaktionen (Suárez, 36.) – oder durch Standardsituationen. Hier ist Forlán, seines schwachen Jahres bei Atlético Madrid zum Trotz, eine absolute Macht. Und weil die mexikanische Hintermannschaft bei einem seiner Frestöße die Zuordnung nicht einhielt, konnte Álvaro Pereira den Ball zum 1:0 über die Linie stochern (14.).

Die Mexikaner agierten in ihrem neuen System aber dennoch sicherer und forscher als in den ersten beiden Spielen. Den Flügelspielern tat es sichtlich gut, sich nicht alleine um die ganze Flanke kümmern zu müssen. Die Tri stand zwar grundsätzlich schon tief und versuchte, die Räume für Uruguay so eng wie möglich zu machen, gleichzeitig machten die Konter aber einen deutlich energischeren Eindruck als zuletzt.

Verstärkte Dominanz

Nach der Pause verstärkte sich die Dominianz der Urus merklich, auch die Chancen häuften sich. Das lag zum einen daran, dass der Mexikaner Aguilar wegen akuter Gelb-Rot-Gefahr draußen bleiben musste (Aquinho nahm seine Position ein), und zum anderen, dass die Flügelspieler der Uruguayer deutlich höher standen als noch vor der Pause, was ein Eingreifen der mexikanischen Außenverteidiger im Spiel nach vorne verunmöglichte

Zudem wurde der schon vor der Halbzeit starke Suárez endgültig zur dominierenden Figur auf dem Platz. Er deckte die komplette Breite des Spielfelds ab und die Mexikaner fanden kein Mittel dagegen. Zudem stand Uruguay nun gegen die immer seltener werdenden mexikanischen Konter sehr sicher und ließen kaum noch etwas zu – der Abseitstreffer von Márquez-Lugo war die einzige ernsthafte Tormöglichkeit der Mittelamerikaner.

Dass sie dennoch bis zuletzt auf einen Punkt hoffen konnten, lag nur an der äußerst mangelhaften Chancenverwertung der Uruguayaner. Deren Druck sich noch zusätzlich erhöhte, als Nico Lodeiro für Álvaro González kam und sich zentraler orientierte, somit besser mit Forlán und Suárez zusammen spielte. Die Mexikaner kamen erst in der Schlussphase zu etwas Luft. Da war es aber schon längst zu spät und Uruguay war nie in Gefahr, das Spiel tatsächlich zu verlieren

Fazit: Uruguay stark im Spiel und schwach vorm Tor

Natürlich ist es vor allem dank der extrem dominanten zweiten Hälfte ein hochverdienter Sieg für Uruguay. Die sich vor dem Viertelfinale gegen Argentinien aber dennoch dezente Sorgen machen müssen, wenn die Verwertung der Torchancen weiterhin dermaßen mangelhaft ist. Beruhigend dürfte dafür sein, dass die Celeste auch ohne Cavani in der Lage ist, ein Spiel sicher im Griff zu haben.

Das Olympiateam vom Mexiko hingegen konnte auch im dritten Auftritt nicht wirklich überzeugen. Anders als die A-Mannschaft (Goldcup-Sieger) und die U17 (Weltmeister) fehlte es diesem Team massiv an Flair nach vorne – Giovani dos Santos alleine kann eine ansonsten vor allem im Kreativspiel äußerst magere Mannschaft nicht retten. Vor allem, wenn er wirklich nicht gut drauf ist, er wirkte vor allem beim zweiten und dritten Auftritt matt und überspielt. Kein Wunder, war er doch auch beim Goldcup bis zum Schluss dabei…

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Beide Teams waren schon vor Anpfiff fix im Viertelfinale. Und beide Teams nützten die Gelegenheit, viele Stammkräfte zu schonen. Was dem Unterhaltungswert des Spiels ebenso nicht gut tat wie die überaus defensive Spielweise von Peru. Erst nach einem Doppel-Ausschluss drückte Chile aufs Gaspedal.

Chile - Peru 1:0

Wirklichen Drang zum Sieg konnte man schon bei den Aufstellungen bei keinem der beiden Teams erkennen. Bei Chile wurden Alexis Sánchez, Arturo Vidal, Gary Medel, die Spielmacher Fernández und Valdivia, sowie Flügelmann Isla und Torhüter Claudio Bravo geschont.

Und auch in Serio Marariáns Aufstellnug blieb kein Stein auf dem anderen: Sage und Schreibe neun (!!!) Spieler kamen für das letzte Gruppenspiel neu in die Mannschaft. Zu einem großen Teil sicherlich, um nach dem bereits Feststehenden Einzug ins Viertelfinale keine Verletzungen oder Sperren mehr zu riskieren. Wohl aber auch, weil ein zweiter Gruppenplatz nicht erstrebenswert war – denn da wäre es gegen Argentinien gegangen, während als Dritter wahrscheinlich Kolumbien wartet.

Defensive Grundordnung bei Peru

Auch das System hat der peruanische Teamchef auf den Kopf gestellt: Mit Dreierkette hinten, und sehr defensiven Flügelspielern sollten die chilenischen Stürmer Suazo und Paredes, sowie deren Flügel Beausejour und Fierro neutralisiert werden; dazu stand Ballon sehr tief und passt auf Jimenez auf. Das machte es für die ungewohnt zahmen Chilenen sehr schwer, Räume und freie Mitspieler zu finden. Viele lange Bälle waren die Folge.

Zudem machte Peru auch schon auf Höhe der Mittellinie die Räume eng und ließ den Chilenen kaum Zeit am Ball. Das Team von Claudio Borghi machte allerdings keine Anstalten, allzu wild auf Sieg zu spielen. Sie agierten durchaus geduldig und hinten auch recht sicher gegen die (wenigen) peruanischen Angriffe. Doch weite Teile des Spiels spielten sich im Mittelfeld ab, und die erste Hälfte plätscherte eher vor sich hin.

Chile dominiert 10 gegen 10

Das Vorhaben, möglichst ohne Sperren durchzukommen, wurde nach einer Stunde bei beiden Teams vermasselt: Der Chiliene Beausejour und der Peruaner Giancarlo Carmona sahen nach einer Rudelbildung samt Ragnelei beide die rote Karte.

Das Spiel zehn gegen zehn hatte Chile danach deutlich besser im Griff, auch weil Borghi die besseren Spieler von der Bank bringen konnte. Alexis Sánchez und Jorge Valdivia, die wenige Minuten zuvor (für Fierro und Paredes) gekommen waren, teilten sich nun die linke Seite und das Zentrum auf, Estrada übernahm die rechte Seite; Suazo blieb alleine vorne.

Bei Peru wurde ohne Innenverteidiger Carmona hinten auf eine Viererkette umgestellt, dazu musste Chiroque zurückweichen, um gegen Valdivia und Sánchez zu verteidigen. Das bedeutete ein 4-4-1 und hatte die Konsequenz, dass Borghi hinten seine Dreierkette logischerweise auflöste und mit Medel einen neuen Mann für die Spieleröffnung brachte.

Spätes Eigentor belohnt Chilenen

Bis auf einige wenige Konter und Einzelaktionen wurde Peru nicht mehr gefährlich, Chile war dem Siegtreffer wesentlich näher. Vor allem das ständige Rochieren von Valdivia und Sánchez riss immer wieder Löcher in die peruanische Defensive, die ja nun auch um einen Mann dezimiert war.

Dennoch dauerte es bis tief in die Nachspielzeit, bis Chile für die Tempoverschärfung nach dem Doppelausschluss belohnt wurde, und selbst da brauchte es ein Eigentor des eingewechselten Carrillo nach einem Eckball. Aber so oder so – das war der Gruppensieg für die Chilenen.

Fazit: Chile ein verdienter Gruppensieger

Viele Rückschlüsse lässt dieses Spiel nicht zu, weil zu viele Akteure geschont wurde. Ersichtlich wurde aber schon, dass Chile sofort besser ist, wenn ein Alexis Sánchez auf dem Feld ist. In der letzten halben Stunde verdiente sich Chile den Sieg wegen einer konzentrierten Leistung, in der die Handbremse deutlich gelöst worden war. Bei Peru sah man, dass Makarián sich nicht scheut, sein Spiel ganz auf jenes des Gegners abzustimmen, hier war er zufrieden, Chile zu kontrollieren und nicht selbst wirklich auf das Tor zu spielen.

(phe)

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Copa, Tag 7: Chile – weiterhin ein Team zum Verlieben https://ballverliebt.eu/2011/07/09/copa-tag-7-chile-weiterhin-ein-team-zum-verlieben/ https://ballverliebt.eu/2011/07/09/copa-tag-7-chile-weiterhin-ein-team-zum-verlieben/#comments Sat, 09 Jul 2011 03:47:39 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5147 Copa, Tag 7: Chile – weiterhin ein Team zum Verlieben weiterlesen ]]> Eine halbe Stunde lang war Uruguay das spielbestimmende Team. Doch dann schaltete Chile in den Rambazamba-Modus und zerpflügte die Celeste, ließ Suárez, Forlán und Co. aussehen wie die Schulbuben! Es reichte zwar „nur“ zu einem 1:1, aber das Spektakel von Mendoza war eines der absoluten Highlights des Fußballjahres 2011.

Uruguay - Chile 1:1

Ein wenig überraschend war es schon, dass Chiles Teamchef Claudio Borghi gegen das uruguayanische Dreigestirn in der Offensive eine Dreier- statt einer Viererkette brachte – üblicherweise ist Chile eigentlich für systematische Flexibilität, je nach Gegner, bekannt. Überraschend war aber auch, dass auch Oscar Tabárez auf eine Drei-Mann-Abwehr setzte, zumal mit dem international noch sehr unerfahrenen, aber zwei Meter großen 20-jährigen Sebastián Coates von Nacional Montevideo in der Mitte. Kapitän Lugano besetzte die rechte Seite.

So stand dem 3-4-2-1 von Chile (Alexis Sánchez kam deutlich mehr aus der Etappe als zu Beginn des Mexiko-Spiels) ein 3-4-3 der Urus gegenüber. Und Forlán und Co. hatten noch ein weiteres Mittel parat, das Chile auf dem falschen Fuß erwischte: Extrem hohes Pressing. Suárez, Cavani und Forlán pressten mit Macht auf die chilenische Dreierkette, vor allem auf den zentralen Mann Waldo Ponce. Dem fehlte es somit an Zeit und an offenen Anspielstationen, weshalb aus der chilenischen Defensive vermehrt lange Panik-Bälle nach vorne geholzt wurden.

Varianten in den Defensivreihen

Es dauerte eine Zeit lang, bis Chile darauf reagierte. Mit Fortdauer des Spiels orentierte sich dann aber Gary Medel vermehrt Richtung Abwehrkette neben Ponce, was in Drucksituationen – vor allem, wenn Uruguay presste – eine Vierer-Abwehr gegen das offensive Uru-Trio stehen ließ. So taten sich die Chilenen dann etwas leichter.

Bei Uruguay stieß Lugano immer wieder etwas nach vorne, um vor allem die Kreise der etwas zurückgezogen agierenden und ständig rochierenden Jiménez und Sánchez zu stören, die beiden hatten allerdings mehr mit Arévalo und Pérez zu tun. Von den Wing-Backs der Uruguayer war Maxi Pereira rechts der etwas defensivere, er ließ sich im Zweifelsfall etwas zurückfallen und ließ so die Abwehr zu einer Viererkette werden.

Die Duelle auf den Flügeln

Álvaro Pereira machte zwar auch einiges nach hinten, dachte aber grundsätzlich etwas offensiver als sein Namenskollege auf der anderen Seite. Generell waren auch die Duelle auf den Flanken von großem Interesse für das Spiel, weil eben beide Teams mit einer Dreierkette hinten und einem eher eng stehenden Dreigestirn vorne agierten. Das hieß: Beide Mannschaften hatten ihre Flügel jeweils nur mit einem Spieler besetzt.

Die beiden Pereiras waren das eben bei Uruguay, Beausejour und Isla bei den Chilenen. Hier hatte das Duo aus Uruguay deutliche Vorteile: Isla kommt eher von der Außenverteidigerposition und Jean Beausejour ist wohl einer der wenigen Spieler, die nach einem Jahr in der Premier League (Birmingham) schlechter sind als vorher.

Vor allem Alvaro Pereira aber hatte Isla weitgehend im Griff und versuchte immer wieder, sich mit dem Sturmtrio zu verbinden. Das gelang in diesem Spiel deutlich besser als beim eher enttäuschenden 1:1 gegen Peru, weil die Offensivkräfte tiefer standen und weniger nachlässig im Passspiel agierten. Allerdings hatte die tiefere Positionierung zur Folge, dass man meist zumindest vier Chilenen noch zwischen Ball und Tor hatte.

Sánchez tiefer, mehr Kontrolle

Alexis Sánchez hatte gegen Mexiko das halbe Feld beackert, ehe er in einer etwas zurückgezogenen Rolle mit Matí Fernández das Spiel an sich riss. Diesmal begann Sánchez gleich in einer etwas tieferen Position, allerdings stand ihm permanent Diego Pérez auf den Beinen. Erst, als er sich noch weiter zurückfallen ließ, in den engeren Raum zwischen Uru-Mittelfeld und Uru-Sturm, bekam die Celeste Probleme mit ihm.

Zumindest einer der Sechser hatte nun aufzurücken, was dahinter Platz schuf – in erster Linie für Jimenez. Wenn Lugano oder Cáceres rausrückten, hatte aber wiederum Humberto Suazo, „Chupete“ (Schnuller) genannt, Platz. Zumden wurde nun selbst durchaus Pressing insziniert und die drei gefährlichen Stürmer bekamen immer weniger Gelegenheit, selbst mit aggressivem Zum-Mann-Gehen Chile unter Druck zu setzen.

Cavani muss raus

Besser wurde es nach der Pause nicht – im Gegenteil. Weil sich Edinson Cavani am Knie verletzt hatte, musste der Napoli-Stürmer draußen bleiben, und mit dem Wechsel – Álvaro González kam – veränderte Tabárez auch sein System. González ging auf die rechte Mittelfeldseite, Maxi Pereira blieb hinten, dafür blieb auf der linken Seite Álvaro Pereira vorne und Cáceres rückte auf die Flanke. Uruguay spielte nun also ein einem klassischen, flachen 4-4-2, was Chile voll in die Hände spielte.

Denn zwar hatten Isla und Beausejour nun an den Seitenlinien jeweils zwei Gegenspieler, aber jetzt passte das Verhältnis in der Abwehr (3 Chilenen gegen 2 Urus) und im Zentrum hatte Chile ebenso eine Überzahl. Vidal rückte auf, Sánchez konnte sich ausbreiten, und Uruguay hatte kaum noch etwas zu melden. Umso mehr fiel das 1:0 für die Celete aus heiterem Himmel: Álvaro Pereira ging mit nach vorne, der Laufweg von Suárez verwirrte die Abwehr. Ponce wusste nicht, wen er decken sollte, Contreras deckte die Torlinie ab, statt Pereira zu stellen, und schon war Chile hinten.

Mit Valdivia endgültig Rambazamba

Ab etwa der 60. Min.

Weshalb Claudio Borghi nach einer Stunde endgültig auf volle Offensive setzte. Verteidiger Jara ging raus, und mit Valdivia kam ein echte Zehner, der um sich herum de facto fünf offensive Anspielstationen hatte: die beiden Flügel, die beiden hängenden Spitzen und Suazo. Zudem rückte Vidal, der die Position von Jara eingenommen hatte, immer wieder weit auf um das Spiel zu eröffnen.

Uruguay fand gegen den unglaublichen Valdivia überhaupt kein Mittel, weil Arévalo und Pérez jetzt gegen drei Spielen mussten (Sánchez und Jimenez eben noch dazu). Gegen dieses quirlige, spielstarke und schnelle Trio waren die beiden Kanten heillos überfordert.

Und nicht nur die: Auch Lugano und Coates kamen in dieser Phase mit dem schauen nicht hinterher, wen von den vielen Chilenen sie denn nun bewachen sollte. So fand Valdivia, kaum fünf Minuten auf dem Feld, den auf der Seite freien Beausejour, dessen Hereingabe den aus der Etappe kommenden Sánchez, und weil Coates zu weit weg war, war der Ball zum 1:1 ins Netz geflogen.

Und in dieser Tonart ging es weiter: Chile spielte nun Rambazamba-Fußball wie in besten Bielsa-Tagen, zudem kam mit Paredes statt dem müder werdenden Suazo noch ein frischer Mann. Die Chilenen spielten sich in einen Rausch, in dem Uruguay unterzugehen drohte.

Voll unter Druck, also kommt ein Offensiver

Darum musste Tabárez natürlich wieder reagieren, und er tat es auch. Aber nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, mit einem zusätzlichen Verteidiger, nein, der Uru-Teamchef brachte mit Nico Lodeiro einen Offensiven und stellte wieder auf drei Stürmer um, mit Arévalo verließ ein Sechser den Platz. Somit gab Tabárez zwar eine Viertelstunde vor Schluss das Zentrum endgültig auf, wollte aber vorne wieder mehr Druck auf die seit längerem unbehelligte chilenische Defensive auszuüben.

Die kurz zuvor von Borghi um den gelernten Sechser Carlos Carmona verstärkt worden war. Dennoch hatte Chile auch weiterhin alles bombenfest im Griff; spielte Uruguay zwar in der Schlussphase nicht mehr ganz so her wie zwischen 60. und 75. Minute, als das eine Demontage reinsten Wassers war. Chancen auf einen Siegtreffer, der hochverdient gewesen wäre, waren zwar noch da. Aber auch mit dem 1:1 ist Chile auf dem Weg zum Gruppensieg und damit gut im Rennen, Argentinien im Viertelfinale aus dem Weg zu gehen – denn es ist gut möglich, dass es der Zweite mit dem Gastgeber zu tun bekommen wird.

Fazit: Was für ein sensationelles Spiel

Es war nicht nur das bislang mit sehr viel Abstand beste Spiel dieser Copa América sondern mit Sicherheit auch eines der besten Fußballspiele im Jahr 2011 überhaupt. Der enorme Druck, den Uruguay in der ersten halben Stunde ausgeübt hat zeigte, wie dieser chilenischen Mannschaft beizukommen ist. Aber nicht nur für Uruguay oder die Gegner war dieses Spiel als Anschauungsuntericht wichtig.

Nein, vor allem Claudio Borghi hat schon zum zweiten Mal hintereinader gezeigt, dass er mit klugen Umstellungen in der Lage ist, ein Spiel komplett an sich zu reißen und selbst einen so starken Gegner wie den WM-Vierten in der zweiten Halbzeit in alle Einzelteile zu zerlegen. Valdivia geigte nach seiner Einwechslung sofort auf, war trotz zahlloser Fouls nie unter Kontrolle zu bringen und sicherlich der Schlüsselspieler in dieser Partie.

Natürlich weiß Borghi, dass er als Nachfolger des nicht nur in Chile ungemein beliebten Marcelo Bielsa immer mit seinem Vorgänger verglichen wird. Spätestens in dieser zweiten Hälfte aber wurde klar, dass auch in Borghi ein Anhänger des spektakulären Offensivfußballs steckt. Wohl nicht ganz so unvoreingenommen bedingungslos wie „El Loco“, aber wenn es die Situation erfordert, weiß er, was die Mannschaft kann. Und er scheut nicht davor zurück, die Waffe, die sein Team darstellt, auch zu benützen.

Da kann man nur sagen: Bitte mehr davon!

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Es war ein Double-Header in Mendoza. Darum waren die eigentlichen armen Hunde des Abends die Akteure aus Peru und Mexiko. Denn zum einen interessierte sich selbst im Stadion kaum noch jemand für den späten, aber hochverdienten 1:0-Sieg der Peruaner – als das Spiel eine halbe Stunde nach Ende des chilenischen Feuerwerks losging, waren die Ränge halbleer. Und zum anderen KONNTE das Niveau gar nicht mit dem ersten Spiel schritthalten.

Peru - Mexiko 1:0

Mit Sergio Makarián stellte der peruanische Teamchef im Gegensatz zum erstaunlich guten Auftritt gegen Uruguay sein System um: Aus dem 4-1-4-1 wurde gegen die frisierte U23 von Mexiko ein 4-4-1-1. Juan Vargas, der gegen Uruguay nur eine halbe Stunde spielen konnte, war nun fit genug für die Startelf und er agierte versetzt hinter Paolo Guerrero. Ließ sich immer mal wieder ins Mittelfeld fallen, versuchte aber vor allem, in die Schnittstelle zwischen Mier, dem rechten Mann in der mexikanischen Dreierkette, und Wing-Back Aguilar zu kommen. Das gelang im immer wieder ganz gut, aber die Bälle auf Guerrero kamen kaum einmal an.

Ähnlich wie bei Advincula auf der anderen Seite. Anders als Cruzado links ging er im Ballbesitz mit nach vorne, wodurch im Angriffsfall ein schräges 4-3-3 aus der Formation wurde. Die Absicht war klar: Die mexikanische Dreierkette auseinander ziehen. So hatte Peru das Spiel recht sicher im Griff, das allerdings auf einem nach dem Chile-Spiel kurz davor mäßigen Niveau und in einem noch überschaubareren Tempo.

Mexikos Offensive kaum im Spiel

Das Probelm bei den Mexikanern war, dass die drei Offensivspieler kaum ins Spiel eingebunden waren, bzw. das hauptsächlich nur dann waren, wenn sie sich relativ weit fallen ließen. Gerade Aquiño tat das durchaus, dann wiedern blieben Giovani und Marquez-Lugo oft so weit vorne, dass das wenig brachte.

Mexikos Aushilfs-Teamchef Tena änderte nach der Pause das Personal, behob damit aber nicht das Problem: Pacheco kam neu ins Offensiv-Trio, dafür spielte Aquiño nun für den in der Kabine gebliebenen Aguilar den Wing-Back. Weil aber nun der neu besetzte Angriff ebenso hoch stand und die Peruaner den Druck deutlich erhöhten, wurde genau gar nichts besser. Auch, weil Bälle, wenn sie doch mal in die Spitze kamen, viel zu leicht wieder verloren wurden.

Makarián mit den besseren Änderungen

Die klügere Umstellung nahm für die zweite Hälfte Sergio Makarián vor. Er brachte Yotun für den schwachen Advincula, der Neue ging auf die linke Seite, dafür rückte rechts Außenverteidiger Contreras mit Macht nach vorne. War dieser in der Offensive, deckte Sechser Balbín den Rückraum ab. Mit großem Erfolg: Peru machte nun über beide Flanken Druck, standen hinten aber dennoch sicher und mussten sich so kaum Sorgen machen.

Einige Male klopfte vor allem Guerrero an, zweimal rettete nur das Aluminium für die Mexikaner, immer wieder auch Torhüter Michel, ehe zehn Minuten vor Schluss doch noch der längst überfällige Siegtreffer für Peru fiel: Die Abseitsfalle schnappte bei einem Querpass auf den freistehenden Guerrero nicht zu, und das Tor war gefallen. Die Entscheidung.

Fazit: Undankbare Situation, aber Peru behält die Nerven

Hatte Bolivien gegen Costa Rica noch die Nerven weggeworfen, blieben die Peruaner trotz all der Umstände bis zum Schluss ruhig und gesammelt. Weder die Tatsache, dass sich das beim Spiel zuvor noch kochende Stadion immer mehr leerte, noch die Vielzahl an vergebenen Hochkarätern ließ die Peruaner verzweifeln. Sie hielten sich konsequent an ihren in der Halbzeit modifizierten Plan und wurden dafür belohnt.

Enttäuschend war dafür auch der zweite Auftritt der jungen Mexikaner. Ohne wirkliche Inspiration und vor allem ohne echten Plan im Spiel nach vorne schien es von Anfang an nur zwei Optionen zu geben: Entweder sie schaffen ein torloses Remis, oder sie fangen sich doch noch eines. Aber es kam auch von der Bank nichts – es wurden von Luis Fernando Tena nur die Symptome behandelt, aber nicht das Problem behoben.

(phe)

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Copa, Tag 4: Ein Chile ohne Marcelo Bielsa ist… anders https://ballverliebt.eu/2011/07/05/copa-tag-4-ein-chile-ohne-marcelo-bielsa-ist-anders/ https://ballverliebt.eu/2011/07/05/copa-tag-4-ein-chile-ohne-marcelo-bielsa-ist-anders/#respond Tue, 05 Jul 2011 03:14:36 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5117 Copa, Tag 4: Ein Chile ohne Marcelo Bielsa ist… anders weiterlesen ]]> Des Offensiv-Power-Trios mit Suárez, Forlán und Cavani zum Trotz – auch Uruguay gewann mit dem 1:1 gegen Peru den Auftakt nicht. Viel interessanter war aber der Auftritt von Chile! Denn es war das erste große Spiel nach dem Abgang von „El Loco“ Marcelo Bielsa. Und einiges ist unter Nachfolger Claudio Boghi anders.

Chile - Mexiko 2:1

Unter Marcelo Bielsa war das chilenische Team einer der begeisternden Farbtupfer einer von defensiver Organisation geprägten WM in Südafrika: Bedingungslose Offensive in einem extrem flexiblen 3-4-3 mit konsequentem Flügelspiel. Gerade letzteres hat Alexis Sánchez zum Durchbruch verholfen und nach einer Weltklasse-Saison mit Udinese schlüpft er kommende Saison wohl ins Barcelona-Trikot.

Unter Bielsas Nachfolger Claudio Borghi – „El Loco“ ist im Streit mit dem Verband gegangen – ist zwar das Personal dasselbe wie vor einem Jahr, aber die Spielweise unterscheidet sich schon deutlich. Borghi stellt sein Team in einem 3-4-1-2 auf, in dem vor allem eines keinerlei Rolle spielt: Angriffe über die Flügel. Weil Alexis Sánchez nominell zweiter Stürmer neben Humberto Suazo ist; Isla und Beasejour aber verhältnismäßig tief stehen und somit nicht allzu viel nach vorne bringen.

Was macht Sánchez?

Auffallend war im Spiel gegen die mexinanische Olympia-Auswahl (die von Luis Fernando Tena, dem Co-Trainer von Teamchef De la Torre betreut wird) vor allem die äußerst unklare Rolle von Sánchez. Er ließ sich oft auf den Flügel fallen, weil er dort einfach mehr daheim ist als im Sturmzentrum, oder ging zurück ins Mittelfeld um Vidal und Fernández zu unterstützen. So versuchte Sánchez alles ein bisschen zu machen, und schaffte aber nichts so richtig.

Der zentrale Mann im Spiel nach vorne war aber ganz eindeutig Matí Fernández. Über ihn liefen fast alle Angriffe der geduldig mit viel Ballbesitz auf die Lücke im dichten mexikanischen Abwehrverbund wartenden Chilenen (auch etwas, was es unter Bielsa in der Form nicht gab). Was natürlich zur Folge hatte, dass sich alles sehr auf das Zentrum konzentrierte und die Flügel vernachlässigt wurden.

Trotzdem genug Chancen

Nicht falsch verstehen: Chile war der mexikanischen Olympia-Auswahl dennoch haushoch überlegen und hatte genug Chancen, um schon vor der Pause alles entscheiden zu können. Doch eines hat sich seit der WM nicht geändert: Chile fehlt es einfach ein einem Spieler, der diese Unzahl von Chancen auch verwertet. Genau aus diesem Grund musste das Team in Südafrika auch bis zum Schluss um den Achtelfinal-Einzug zittern.

Und wie es so oft ist: Die mexikanische No-Name-Truppe, in der mit Giovani dos Santos nur ein einziger namhafter Spieler vertreten ist, ging mit der ersten wirklich gelungenen Aktion kurz vor der Pause wie aus heiterem Himmel zum Führungstreffer. Eine weite Flanke von Giovani wurde nicht konsequent genug verteidigt und der aufgerückte Araujo hob die Kugel per Kopfball über Goalie Bravo hinweg ins Tor.

Wechsel bringt Besserung

Auch nach dem Seitenwechsel krankte das chilenische Spiel vor allem am Mangel an Breite. Sánchez tauchte weiterhin überall auf, Isla alleine konnte die rechte Seite nicht ausreichend bedienen, Jean Beasejour links schloss nahtlos seine enttäuschende Saison bei Birmingham an. Erst Borghis Wechsel nach einer Stunde behob einige Schwächen in der Raumaufteilung.

Er nahm den schwachen Beausejour vom Platz, brachte dafür mit Estebán Paredes einen echten Stürmer, der sich neben Suazo gesellte. Dafür ging Sánchez zurück ins zentrale Mittelfeld auf die Position, die zuvor Tausendsassa Vidal eingenommen hatte, Letzterer besetzte ab sofort die linke Seite. Und plötzlich passte es: Sánchez hatte als Spiellenker hinter Fernández endlich eine klare Rolle, vorne gab es nun permanent zwei Anspielstationen, und die linke Seite war gewinnbringend besetzt. Was folgte, war die stärkste Phase der Chilenen.

Ecken drehen das Spiel

Die allerdings zwei Eckbälle brauchten, um das Spiel innerhalb weniger Minuten zu ihren Gunsten zu drehen – erst stocherte Paredes einen Schuss von Contreras über die linke, dann wuchtete Vidal einen Kopfball zum 2:1 in die Maschen. Wenig ließ in der Folge erwarten, dass die jungen Mexikaner noch einmal ins Spiel zurück kommen sollten.

In der Schlussphase machte Borghi aber wiederum etwas, was es unter Bielsa nicht gab: Er nahm mit Matí Fernández seinen Zehner raus und brachte mit Carlos Carmona einen zweiten Sechser neben Medel. Einen Spielstand zu verwalten gehört aber nicht zu den Stärken dieses chilenischen Teams, das in der Schlussphase auch prompt doch noch einmal richtig zittern musste. Doch die Mexikaner konnten ihre zwei Top-Chancen in der Nachspielzeit auch nicht mehr nützen.

Fazit: Chile ohne Bielsa ist eben Chile ohne Bielsa

Die Stärken und Schwächen dieser Mannschaft haben sich in den letzten zwölft Monaten nicht verändert – wie auch, schließlich waren alle elf Spieler aus dieser Partie auch bei der WM in der Stammformation. Geändert hat sich allerdings, wie diese Mannschaft von der Trainerbank aus gelenkt wird: Viel durch die Mitte, kaum Flügelspiel, abwartenderes und ballbesitzorientieres Spiel als unter Bielsa, und vor allem gab es mit Sánchez einen Spieler, bei dem eine Stunde lang nicht klar war, das den nun seine Kernaufgabe sein soll.

Natürlich, diese Mannschaft aus Chile machte von allen zwölf Teilnehmern im ersten Durchgang dennoch den klar besten Eindruck, und wäre die Chancenverwertung nicht ebenso bescheiden wie in Südafrika, wäre die mexikanische De-facto-U21 deutlich höher geschlagen worden. Aber es ist augenscheinlich, dass es „El Loco“ deutlich besser verstand als Nachfolger Borghi, wie die Stärken dieses Kaders am besten zur Geltung kommen.

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Pizarro verletzt, Farfán verletzt, dazu mit Juan Vargas der dritte Star von Peru nur fit genug für die Bank – und das bei jenem Team, das zuletzt das schlechteste in der WM-Quali von Südamerika war, auf der einen Seite. Auf der anderen die lateinamerikanische Verion von Napoli…

Uruguay - Peru 1:1

Denn nicht nur die Farbe, in der Uruguay antritt, ist ebenso in hellblau gehalten wie die bei Napoli. Nein, auch die Spielweise ähnelt jener des Dritten der abgelaufenen Saison in der Serie A, bei dem Edinson Cavani eine sensationelle Saison spielte, durchaus: Hinten sicher stehen, das Zentrum zumachen, und vorne drei tolle Individualisten, die nicht an eine Position gebunden sind, sondern machen können was sie wollen – unterstützt von den Flügelspielern, die für die nötige Breite sorgen sollen.

Bei Uruguay heißen die drei Star-Spieler in der Spitze eben Cavani, Forlán und Suárez, aber ihr Zusammespiel haperte ziemlich. Zwar bekamen die drei vom Gegner viel Platz zwischen den Reihen serviert, in denen sie sich ausbreiten und ihre Positionen wild tauschen konnten, aber ihr Passspiel war nachlässig, ja beinahe überheblich, und es war letztlich doch immer ein peruanisches Bein dazwischen, dass einen allzu lässigen Pass abfangen konnte.

Flügel dicht

Die Peruaner wussten, dass sie es mit der Klasse des Uru-Trios ganz vorne nicht aufnehmen konnten, und konzentrierten sich darauf, es der Celeste so schwer wie möglich zu machen, die drei mit leicht zu verarbeitenden Bällen zu versorgen. So übten Cruzado und Guevara Druck auf Diego Pérez und vor allem Nico Lodeiro aus. Und, noch viel wichtiger: Die Außenstürmer im perunaischen 4-3-3, Advincula und Yotun, standen sehr hoch und beschäfrigten die uruguayanischen Flügel.

So konnten Maxi Pereira und (vor allem) Martín Cáceres nicht für die dringend benötigte Breite sorgen. Das aufs Zentrum reduzierte Angriffsspiel von Uruguay beschränkte sich somit immer mehr auf lange Bälle auf das Angriffs-Trio, am ehesten zog sich Cavani ins Mittelfeld zurück, um sich die Bälle zu holen.

Rückstand schockt Uruguay nicht

Dass diese Marschroute richtig war, wurde spätetestens klar, als nach einem Eckball für Uruguay ein Pass aus der peruanischen Verteidigung den aus der eigenen Hälfte startenden Paolo Guerrero fand, der noch Uru-Goalie Muslera ausspielte und zum 1:0 einschob. Das peruanische Zentrum zog sich daraufhin etwas zurück und machte den Platz für das Angriffstrio der Celeste noch enger.

In der Phase vor der Pause gelang es jedoch Maxi Pereira immer besser dem international unerfahrenen Yotun öfter hinter sich zu lassen und zumindest über seine rechte Seite das Spiel in den Griff zu bekommen. Peru bekam so hinten mehr zu tun, und aus einer Unachtsamkeit heraus konnte Suárez von Forlán kurz vor der Halbzeit doch noch freigespielt werden und das 1:1 erzielen.

Tabarez reagiert, Makarián zieht nach

In den Anfangsminuten des zweiten Spielabschnitts drückte die Celeste auf den Führungstreffer. Forlán ließ sich nun zentral etwas weiter zurückfallen und war so für Lodeiro leichter anzuspielen, zudem rückte die ganze Verteidigungslinie im Ballbesitz deutlich weiter auf als zuvor. Peru hatte damit sichtlich Probleme und alle Hände voll zu tun, um nicht nach dem Ausgleich auch den Rüstand hinnehmen zu müssen.

Perus Teamchef Serio Makarián reagierte nach einer Stunde und brachte seinen letzten verbliebenen Star, Juan Vargas von der Fiorentina, doch noch – Yotun, der mit Pereira immer größere Probleme bekam, verließ das Feld. Zudem kam statt Guevara mit Carlos Lobatón ein neuer Bewacher für Lodeiro. Beide Wechsel zeigten enorme Wirkung: Lodeiro war nun vom wiederum deutlich weiter vorne stehenden Forlán abgeschnitten, und Maxi Pereira stolperte gegen Vargas von einer Verlegenheit in die Nächste

Peru bleibt zielstrebiger

Die Pässe bei Uruguay, vor allem in der Offensive, blieben über die ganze Spielzeit ungenau und ließen eine konstante Angriffsleistung nicht zu. Der Celeste fehlte es an der Kompaktheit und mitunter sah das Team einfach schlecht aufeinander abgestimmt aus; weniger in der Defensive, aber in der Distribution nach vorne und im Aufbau von Angriffen.

Ganz anders die erstaunlichen Peruaner, die in der Schlussphase mit einem Kopfball von Guerrero (natürlich nach Flanke von Vargas) sogar noch die Riesenchance auf den Siegtreffer hatten. Die Roten agierten viel zielstrebiger im Spiel nach vorne und der Punkt, den die für das letztlich kaum noch gefährdete 1:1 mitnahmen, ist hochverdient.

Fazit: Der nächste Underdog mit funktionierendem Plan

Man muss sich die Frage stellen, wie es möglich ist, dass die Mannschaft von Peru in den letzten Jahren ein so jämmerliches Bild abgegeben hat. Mit Pizarro und Farfán fehlen zwei der drei besten Spieler, mit Vargas ist der dritte nur eine halbe Stunde dabei, und dennoch hatte die Mannschaft den WM-Vierten am Rande der Niederlage. Gute Organisation, konsequentes Dichtmachen der gegenrischen Flügel und geradliniges Spiel nach vorne waren die Zutaten zu einer sehr respektablen Leistung.

Aber was war mit Uruguay los? Die Celeste enttäuschte wie schon die Mitfavoriten Brasilien und Argentinien zum Auftakt; das Weltklasse-Angriffstrio konnte seine Gefährlichkeit nur andeuten. Zu wenig Zug zum Tor und vor allem viel zu schlampiges Passspiel machten es der guten peruanischen Defensive nicht allzu schwer, Uruguay bei nur einem Tor zu halten. Auch für das Team von Oscar Tabárez gilt: Das muss noch besser werden!

(phe)

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AF 1 & 2 | Ordnung und Kampfgeist fressen Kreativität https://ballverliebt.eu/2010/06/27/day-17-kampfgeist-frisst-kreativ/ https://ballverliebt.eu/2010/06/27/day-17-kampfgeist-frisst-kreativ/#respond Sun, 27 Jun 2010 03:26:27 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2383 AF 1 & 2 | Ordnung und Kampfgeist fressen Kreativität weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Achtelfinals 1 und 2 | Die US-Boys präsentierten sich gewohnt willensstark – die Ghanaer dafür effizient – zu kurz kam letztlich die Kreativität. Wie auch bei den Südkoreanern: Sie scheiterten gegen Uruguay letztlich an der Unfähigkeit, aus dem Spiel für Torgefahr zu sorgen.

Uruguay – Südkorea 2:1 (1:0)

Uruguay - Südkorea 2:1

Die Außenverteidiger der Koreaner erwiesen sich in den Gruppenspielen zuweilen als Schwäche – und diese suchten die Urus gleich auszunützen. Und es dauerte in der Tat nicht lange, bis das belohnt wurde: Schon in der 8. Minute große Verwirrung in der koreanischen Abwehr, RV Cha steht in der Mitte, LV Lee verliert Suárez hinter im aus den Augen, und schon stand’s 1:0 für Uruguay.

Die Südamerikaner waren wieder mit de facto drei Stürmern angetreten, mit Suárez zentral, Forlán etwas dahinter und Cavani über die rechte Seite. Mit ihrem flotten Beginn und dem frühen Tor versetzten sie Den Koreanern erst mal einen Schlag, von dem sie sich nur langsam erholten. Die Uruguayer lehnten sich mit der Führung im Rücken und dem Spiel im Griff etwas zurück und ließen den Koreanern dann aber immer mehr Ballbesitz. Sie standen im Mittelfeld allerdings so gut, dass es den Asianen lange nicht möglich war, ihr schnelles Kurzpassspiel aufzuziehen, sondern zu langen Bällen fast gezwungen waren – welche gegen die robusten Urus natürlich nicht zielführend waren.

Lediglich über die rechte Seite vergaßen Álvaro Pereira und Fucile desöfteren auf Cha, der in der Vorwärtsbewegung wesentlich stärker ist als nach hinten. So richtig drehten die Koreaner dann erst nach der Pause auf – dann aber so richtig. Die Urus standen nun sehr tief und da Cavani nun endgültig ins Mittefeld zurück wanderte, stellte sich die Formation der Uruguayer nun als recht klassisches 4-4-2 dar. Den Koranern war es nun möglich, im Zentrum ein personelles Übergewicht zu erzeugen, weil die Außenverteitiger Cha und Lee YP nun verkappte Außenstürmer spielen konnten. Der Lohn für die Bemühungen war der verdiente Ausgleich.

Doch anstatt nun in große Verwirrung zu verfallen, schalteten die Uruguayer den Schalter von einer Minute auf die andere wieder auf Offensive, womit die Koreaner nicht allzu viel anzufangen wussten. So dauerte es nicht allzu lange, ehe Suárez mit seinem wunderbaren Tor zum 2:1 den Endstand herstellte – auch, weil die Koreaner ihre letzte Chance kurz vor dem Schluss kläglich vergaben.

Fazit: Mit dem Team aus Uruguay hat die reifere Mannschaft gewonnen, die das Spielgeschehen sofort wieder in die Hand nehmen konnte, als dies nach dem Ausgleich notwendig war. Den Südkoreanern fehlte es vor allem an der Torgefahr aus dem Spiel heraus – im ganzen Turnier haben sie sich nicht ein einziges Tor aus dem Spiel selbst vorbereitet…

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USA – Ghana 1:2 n.V. (1:1, 0:1)

USA - Ghana 1:2 n.V.

Die Partie begann flott und beide Teams zeigten, was sie eigentlich so drauf haben. Flott ging es hin und her, schön wurde kombiniert, die Ideen sprühten, Ghana schoss ein Tor. Kevin Prince Boateng fand spektakulär das kurze Eck, Minute 6.

Das frühe Gegentor veranlasste die US-Boys zuerst einmal eine halbe Stunde lang (mehr oder weniger gut kombiniert) nach vorne anzurennen und sich beinahe Kontertore zu fangen – Ghana dominierte und forderte Tim Howards Können mehrmals heraus (etwa ein gut angetragener Freistoß in Minute 19). Dann war etwas die Luft draussen. Bis zum Halbzeitpfiff blieben nur vereinzelte Vorstöße beider Teams, eine gefährliche Chance der USA – Findley scheiterte an Kingson – und die schwelende Gefahr der Afrikaner. Soweit, so unterhaltsam.

Dann kam Halbzeit Zwei, und exakt 17 Minuten ging es eigentlich nett weiter. Beide Teams versuchten sich wieder nach vorne zu passen, wobei die Ghanaer jetzt etwas disziplinierter auf Konterchancen warteten und weniger vorpreschten.

Schließlich schickte Feilhaber (er ließ kurz davor eine Großchance nach Zuspiel von altidore aus) den Premier League-Routinier Clint Dempsey auf die Reise in den ghanischen 16er, die von Mensah jäh beendet wurde. Der durfte letztlich froh sein, dass der Schiedsrichter seine Umräumaktion nicht als Notbremse einstufte und nur Gelb zeigte. Zum folgerichtigen Elfmeter trat dann Vorrunden-Hero Landon Donovan himself an und versenkte das Leder mit einer Mischung aus Mut und Dusel via Stange im rechten Eck. Selbst wenn sich Kingson für die richtige Seite entschieden hätte, wäre da nichts zu machen gewesen.

1:1 war nun der Stand und die Amerikaner hatten sich einmal mehr aus einem Rückstand herausgebissen. Beide Teams beschlossen aus unerfindlichen Gründen, die Vorwärtsarbeit weitgehend einzustellen. Ab und an gab es noch ein paar schlampige Kurzpässe die sowas wie kreative Offensive andeuten sollte. Aber eben nur manchmal, denn beide Teams schienen plötzlich mehr Angst vor einem Rückstand zu entwickeln als Lust auf einen Führungstreffer.

Weil beide Abwehrreihen sich als nicht übermäßig souverän bei Flanken präsentiert hatten, spiele sich am Rasen auf einmal etwas ab, was in der Sportwelt auch als „Ping-Pong“ oder „Tischtennis“ bekannt ist. Bloß mit 22 Leuten, ohne Netz und eben einem Jabulani. Der Unterhaltungswert pendelte bald gegen 0 – langsam aber sicher übermannte mich Müdigkeit vor dem TV – trotzdem lag noch Spannung in der Luft, weil ein früherer oder späterer Patzer eines Defensivteams absehbar war.

In der regulären Spielzeit sollte das aber nicht mehr passieren, stattdessen setzte man das gegenseitige Weitdreschen des Balles mit Beginn der 2×15 Verlängerungsminuten fort. Mit frühem Knalleffekt, denn es war die US-Abwehr, die zuerst aussetzte. Asamoah Gyan schnappte sich das Leder, dass Jay DeMerti und Carlos Bocanegra gnädigerweise zu zweit falsch berechnet hatten, und drückte schön zum 1:2 ab.

Der Rest ist Geschichte, weitere 27 Minuten sollte der Jabulani zumeist Langstreckenflüge durch das Stadion absolvieren  – am ehesten kann man noch Ghana zugestehen, zwischendurch wirklich gespielt zu haben. Edu, in der Folgeaktion eines Feilhaber-Flachschusses in eine Horde Ghanaer, und eine Freistoßflanke konnten Kingson noch fordern. Abgesehen davon war der Wille der Amerikaner weiterhin voll intakt, nur die Mittel fehlten ihnen völlig.

Die Abwehr-Mittelfeldbrücke war in der Verlängerung völlig zerbrochen und aufgegeben, von den Prinzip-Hoffnung-Weitschlägen sollte keiner mehr die Wende bringen.

Kampfgeist ist gut, aber Kampfgeist allein kann nicht alles richten, so wie in der Gruppe mit schwächelnden Engländern (bzw. Greens Patzer im ersten Spiel), schiribeglückten Slowenen oder vorne völlig harmosen Algeriern.

Ich habe mich gefreut, dass die USA dieses Last-Minute-Tor gegen die Wüchstenfüchse vor ein paar Tagen noch geschafft haben, da ich den Teamspirit dieser Truppe sehr schätze Gleichwohl muss ich attestieren, dass das Ausscheiden heute gerechtfertigt war. Es fehlte die Kaltschnäuzigkeit, die die Ghanaer für sich wiedergefunden haben, und noch viel mehr fehlte ein Konzept gegen das Forechecking des Gegners.

Wenn Ghana vorne gefährlich und effizient bleiben kann,  sind die Siegeschancen fürs Viertelfinale intakt, wenn auch als klarer Aussenseiter. Auch für die Soccerboys wäre heute mehr drinnen gewesen, trotzdem müssen sie sich für ihr Abschneiden nicht schämen. Der US-Fußball ist am aufsteigenden Ast, wenngleich es für eine echte Großmacht des Leders noch Einiges benötigt. Keep it up!

(phe/gpi)

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