Stranzl – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Wed, 20 Mar 2013 15:21:59 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.1 Ballverliebt Classics: Färöer II. https://ballverliebt.eu/2013/03/20/ballverliebt-classics-faroer-ii/ https://ballverliebt.eu/2013/03/20/ballverliebt-classics-faroer-ii/#comments Wed, 20 Mar 2013 14:56:08 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8442 Ballverliebt Classics: Färöer II. weiterlesen ]]> Vom Winde verwehrt: 18 Jahre nach Landskrona versuchte sich wieder ein österreichisches Nationalteam auswärts gegen die Färinger, und wieder war das Resultat eine Blamage. Keine Jahrhundert-Peinlichkeit wie das Spiel im September ’90 zwar, aber in ihrer Entstehung nicht weniger dämlich – und in der Erinnerung auch wegen der „Radio-Übertragung“ von Thomas König (der ORF bekam kein Bildsignal) berüchtigt. Im teils heftigen Sturm auf den Schafsinseln agierte das Team fast ausschließlich mit hohen Bällen. Das 1:1 war letztlich auch der Anfang vom Ende der kurzen Ära Brückner.

Färöer - Österreich 1:1 (0:0)
Färöer – Österreich 1:1 (0:0)

„Du kannst bei so einem Gegner nicht sagen, ‚du musst auf das oder auf das aufpassen‘, wenn die davor 21 Spiele lang ohne Sieg waren!“ – So bilanzierte Herbert Prohaska das Spiel danach. Es hätte vermutlich aber schon gereicht, wenn man der Mannschaft gesagt hätte: „Da hat’s einen ziemlich üblen Wind, vermeidet hohe Bälle um jeden Preis.“

Das Gegenteil war der Fall: Die allzu offensichtliche Vorgabe war, es ausschließlich mit hohen Bällen zu versuchen.

System und Raumaufteilung

In seinem vierten Länderspiel als Teamchef war Karel Brückner erstmals von seinem Hybrid aus 4-1-4-1 und 4-3-3 abgegangen und stellte ein 4-4-2 auf. Gegen den wie erwartet sehr tief stehenden Gegner mit dessen zwei dichten Viererketten standen vorne Leuchtturm Janko und Wusler Hoffer. Der Plan war klar: Janko soll die hohen Bälle annehmen und Hoffer bedienen bzw. diesem den Weg freiblocken.

Die Flügel waren nicht synchron besetzt. Auf der rechten Seite hatte RV Garics durchaus den Vorwärtsgang drin, Vordermann Harnik rückte relativ früh ein und sollte von Garics – zumindest in der Theorie – hinterlaufen werden. Links hingegen war Emanuel Pogatetz deutlich vorsichtiger, wodurch sich mitunter hinten eine De-facto-Dreierkette ergab.

Der Wind fängt die hohen Bälle

Die beiden Viererketten der Färinger fingen rund 30 Meter vor dem eigenen Tor an, den ballführenden Österreicher aggressiv zu doppeln. Nicht aber im Sinne von Pressing, sondern mit ganz erdigen, körperbetonten Zweikämpfen. Dass der slowenische Referee Ceferin das Spiel eher an der langen Leine ließ, kam den Färingern da durchaus zu Pass.

Die Folge war, dass die hohen Bälle von immer weiter hinten in die grobe Richtung von Janko und Hoffer geschlagen wurden. Das Hauptproblem dabei war der Wind: In der ersten Hälfte spielte Österreich mit Rückenwind und dieser fing die Bälle ab einer Höhe von etwa fünf Metern ein. Präzision war dadurch völlig unmöglich, zudem waren die Gastgeber diese Bedingungen natürlich gewöhnt.

Kaum Kombinationsspiel

Von einem Aufbauspiel der Färinger zu sprechen, wäre eine Übertreibung: Die Abschläge von Torhüter Mikkelsen plumpsten, gegenwindbedingt, schon deutlich vor der Mittellinie zu Boden. Versuche, aus dem Mittelfeld die beiden Stürmer Hansen und Holst zu bedienen, scheiterten an der Ungenauigkeit und der Hast, mit der diese Pässe gespielt wurden. Versuche, den Ball mal ein wenig in den eigenen Reihen zu halten, endeten zumeist beim eigenen Torhüter und einem Abschlag, der wiederum Opfer des Windes wurde.

Der die Österreicher aber weiterhin nicht davon abhielt, den Ball in die Höhe zu bringen. Was auch deshalb nötig war, weil es de facto kein Kombinationsspiel ab. Auf den Außenbahnen preschten zwar Garics und Fuchs nach vorne, sie taten das zumeist allerdings ohne einmal mit einem Doppelpass den Gegner auszuspielen.

Dennoch genug gute Chancen

Einen Schönheitspreis hat niemand verlangt, und auch wenn die Herangehensweise mit den langen Bällen kein wirklich taugliches Rezept war, heißt das nicht, dass es nicht dennoch genug Chancen gegeben hätte. So wurde ein Schuss von Hoffer aus spitzem Winkel auf der Linie geklärt (9.), konnte Färöer-Goalie Mikkelsen einen Janko-Kopfball aus kurzer Distanz halten (16.), verpasst Harnik eine Flanke von links nur knapp (18.). Nach einem zu kurzen und zu ungenauen Freistoß der Färinger an der Mittellinie fing Ivanschitz den Ball ab und schickte Janko in den für einmal offenen Rücken der Abwehr, aber auch aus dieser Chance wurde nichts (26.). Und schließlich schob der für den verletzten Harnik eingewechselte Andi Hölzl einen Abpraller nach einem Freistoß am Tor vorbei (32.).

Stranzl etwas unglücklich

Prödl und Stranzl waren in der ersten Hälfte null gefordert – die Gastgeber brachten in der ersten Hälfte nur einen Schuss auf das Gehäuse von Alex Manninger – und vor allem Stranzl machte in der Folge einen eher schläfrigen Eindruck. Eine Minute und 20 Sekunden nach Beginn der zweiten Hälfte rückte er bei einem Angriff der Färinger etwas halbherzig heraus und ließ Bogi Løkin in seinem Rücken entwischen. Der 19-Jährige, der den angeschlagenen Borg auf der rechten Mittelfeld-Seite ersetzte, schob mühelos zum 1:0 ein.

Im direkten Gegenzug machte Stranzl seinen Patzer wieder gut, indem er eine von Arnbjørn Hansen per Kopf verlängerte Ivanschitz-Ecke im Fallen aus kurzer Distanz zum 1:1 über die Linie drückte, aber hinten blieb er weiterhin anfällig – wenige Minuten nach dem Ausgleich ließ er erneut einen Färinger laufen. Diesmal wurde die Schläfrigkeit aber nicht bestraft.

Österreich spielte in dieser zweiten Hälfte nun mit Gegenwind. Das mag auch ein Grund sein, warum nun deutlich weniger schnell nachgerückt wurde. Dadurch wurden auch weniger zweite Bälle erkämpft und es fiel den Färingern zunehmend leichter, gute österreichische Chancen zu verhindern. In der 61. Minute scheiterte Janko aus einem Meter an Goalie Mikkelsen, sonst war nicht viel los. Weshalb Brückner nach 67 Minuten ein ein 3-4-3 umstellte.

Mit dem Kopf durch die Wand

Ab Minute 67
Ab Minute 67

Je länger das Spiel aber dauerte, umso mehr war es geprägt von immer verzweifelteren Einzelaktionen, anstatt sich am Zusammenspiel zu versuchen. Das sah in der Regel so aus, dass einer einen Alleingang startete und die Teamkollegen ihm, ohne sich groß selbst zu bewegen, dabei zusahen.

Nicht selten war ein Spieler in Rot von drei Weißen umringt, aber niemand bot sich zum Helfen an. Die Abstimmung der drei Stürmer vorne passte nicht, daran konnte auch der zehn Minuten vor Schluss für Janko eingewechselte Arnautovic nichts mehr ändern. In Minute 75 zielte Jimmy Hoffer bei einem Torschuss ein wenig zu hoch – es war die einzige echte Tormöglichkeit in der letzten halben Stunde.

Die Färinger brachten das 1:1 ohne wirklich in Gefahr zu kommen über die Zeit. Das zweite Mal, dass man dem ÖFB-Team ein starkes Resultat abtrotzen konnte.

Die Auswirkungen

So blöd es klingt: Rein sportlich hatte der Punktverlust in Tórshavn keine allzu gravierenden Folgen – zu weit war man am Ende ohnehin von der Konkurrenz in der Gruppe entfernt. Viel schlimmer waren aber einerseits die psychischen Folgen einer erneuten Blamage gegen die Färöer-Inseln und die unmittelbar nach dem Spiel einsetzenden Selbstzerfleischung. Dass die Funktionäre schnellstmöglich ausgeflogen wurden, während sich die Spieler die Nacht am Flughafen um die Ohren schlagen mussten – wegen des Windes wurde ein Startverbot verhängt – monierte etwa Marc Janko lautstark und bekam dafür einen ordentlichen Rüffel und viel Häme.

Zermürbt von den medialen Prügeln, der unglücklichen Heimreise und dem Wissen um die Blamage war Österreich vier Tage später im Heimspiel gegen Serbien völlig chancenlos und lag nach 25 Minuten schon 0:3 im Rückstand. Die Hoffnung auf eine WM-Qualifikation war schon nach dem vierten Spiel endgültig dahin, der Schwung aus der eh ganz okay verlaufenen Heim-EM, dem Test-Remis gegen Italien und dem erfreulichen 3:1-Sieg im ersten WM-Quali-Spiel gegen Frankreich war komplett verfolgen.

Teamchef Karel Brückner, der nach der EM und sieben Jahren als tschechischer Teamchef eigentlich in Pension gehen wollte und von ÖFB-Präsident Stickler aus selbiger geholt wurde, war nach dem 0:2 in Litauen schon ein wenig angezählt. Nach dem Doppelspieltag mit dem 1:1 in Tórshavn und dem 1:3 gegen Serbien bildete sich endgültig eine massive Front gegen den Tschechen. Ihm wurde vorgehalten, sich zu wenig in Österreichs Stadien blicken zu lassen, seinen Wohnsitz nicht von Olmütz nach Wien zu verlegen, mitunter die Vornamen der Spieler nicht zu kennen. Kurz: Desinteresse am Teamchef-Posten.

Es folgten eine schlechte Leistung beim 2:4 in einem Freundschaftsspiel gegen Türkei und eine desaströse im Februar 2009 beim 0:2 gegen Schweden, ehe Brückner nach nur sieben Spielen im Amt das Handtuch warf. Der kurz zuvor als Stickler-Nachfolger ins Amt des ÖFB-Präsidenten gekommene Leo Windtner installierte Didi Constantini als neuen Teamchef. Es folgte eine Ära, die gemeinhin, nun ja, nicht so gut davonkommt.

Das Personal

Österreich: Alex Manninger (31, Juventus) – Gyuri Garics (24, Atalanta), Sebastian Prödl (21, Bremen), Martin Stranzl (28, Spartak Moskau), Emanuel Pogatetz (25, Middlesbrough) – Martin Harnik (21, Bremen), Paul Scharner (28, Wigan), Andreas Ivanschitz (24, Panathinaikos), Christian Fuchs (22, Bochum) – Jimmy Hoffer (21, Rapid), Marc Janko (25, Salzburg). Eingewechselt: Andreas Hölzl (23, Sturm Graz), Roman Kienast (24, Helsingborg), Marko Arnautovic (19, Twente). Teamchef: Karel Brückner (Tscheche, 68, seit zwei Monaten).

Färöer: Jakup Mikkelsen (38, Klaksvík) – Jónas Tór Næs (21, Köge/Dänemark), Egil Bø (34, Streymur), Jón Rói Jacobsen (25, Frem Kopenhagen), Jóhan Davidsen (20, Runavík) – Jákup Borg (28, HB Tórshávn), Atli Danielsen (25, Frem Kopenhagen), Mikkjal Thomassen (32, Streymur), Christian Høgni Jacobsen (28, AB Kopenhagen) – Christian Holst (26, Silkeborg/Dänemark), Arnbjørn Hansen (22, Streymur). Eingewechselt: Bogi Løkin (19, Runavík), Frodi Benjaminsen (30, HB Tórshavn), Andrew Fløtum (29, HB Tórshavn). Teamchef: Jógvan Martin Olsen (47, seit drei Jahren).

(phe)

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M’gladbach scheitert im Elferschießen – zeigt aber eindrucksvoll seine Stärken https://ballverliebt.eu/2012/03/21/mgladbach-scheitert-im-elferschiesen-zeigt-aber-eindrucksvoll-seine-starken/ https://ballverliebt.eu/2012/03/21/mgladbach-scheitert-im-elferschiesen-zeigt-aber-eindrucksvoll-seine-starken/#comments Wed, 21 Mar 2012 22:51:20 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6902 M’gladbach scheitert im Elferschießen – zeigt aber eindrucksvoll seine Stärken weiterlesen ]]> DAS Überraschungs-Team dieser Bundesliga-Saison? Eindeutig Borussia Mönchengladbach! Aber was macht jenes Team, das mit dem selben Kader letztes Jahr zweifellos abgestiegen wäre, wenn Lucien Favre nicht das Traineramt übernommen hätte, so enorm stark? Das Pokal-Halbfinale gegen die Bayern lieferte, obwohl die Borussia im Elferschießen scheiterte, viele Antworten auf diese Frage.

Borussia M'gladbach - Bayern München 0:0 n.V., 2:4 i.E.

Als Lucien Favre vor etwas mehr als einem Jahr das Trainer-Amt bei Borussia Mönchengladbach übernahm, war der Verein am Boden. Interne Querelen und ein Putsch-Versuch waren die Folge einer enttäuschenden Saison, das Team war zwölf Spiele vor Schluss hoffnungslos abgeschlagen Letzter, sieben Punkte vom rettenden Ufer entfernt. Doch Favre schaffte den unglaublichen Turnaround, hielt dank eines Erfolgs in der Relegation die Klasse – und mischt nun die Bundesliga auf.

Das Erstaunlichste dabei: In jene Mannschaft, die derzeit auf Platz drei in der Bundesliga liegt, spielt in der Regel ohne einen einzigen Neuzugang. Es ist der selbe Kader, mit dem Favres Vorgänger Michael Frontzeck mit Pauken und Trompeten auf Abstiegs-Kurs war – lediglich Marco Reus ging in die Spitze und Patrick Herrmann (der nach einem Schlüsselbeinbruch im Pokal-Halbfinale gegen die Bayern erstmals wieder im Kader war) etablierte sich mit einer bärenstarken Saison im rechten Mittelfeld.

Gladbach macht die Räume eng

Was die Borussia zu einem dermaßen unangenehmen Gegner macht, ist vor allem die Art und Weise, wie sie die Räume verengt. Der Abstand zwischen Abwehrkette und den beiden Stürmern ist im Idealfall kaum 25 Meter. Das verlangt von der Abwehr eine extrem hohe und von den Angreifern eine extrem tiefe Positionierung von von allen Spielern höchste taktische Disziplin.

Dadurch, dass die Abwehrkette so hoch steht und der Abstand zur Mittelfeld-Kette so gering ist, bleibt für einen Gegner mit drei offensiven Mittelfeldspielern, einem Achter und einem Stoßstürmer praktisch kein Platz, sich zu entfalten. Die Bayern waren gezwungen, den Ball selbst tief zu halten und fanden durch das engmaschige Defensiv-Netz der Gladbacher nur sehr selten eine Anspielstation, und wenn doch, konnte diese mangels Platz und mangels Zeit am Ball nur sehr wenig damit anfangen.

Ribéry und Robben sind kein Faktor

Gegen eine Mannschaft wie die Bayern, die in ihren letzten drei Pflichtspielen 20 Tore erzielt haben (7:1 gegen Hoffenheim, 7:0 gegen Basel und 6:0 bei Hertha BSC) muss man aber auch die zuletzt gut aufgelegten Flügelspieler aus der Partie nehmen. Und auch das machte Gladbach hervorragend: Franck Ribéry wurde vom überragenden Toni Jantschke komplett abgemeldet, der Franzose brachte nicht einen Ball sinnvoll in die Mitte und es gelang ihm ihn 120 nur ein einziges Mal, in den Rücken der Abwehrkette zu kommen. Dass die Maßflanke auf Robben nicht im Tor landete, war nicht Ribérys Fehler.

Arjen Robben auf der anderen Seite wurde konsequent gedoppelt, zuweilen sogar von drei Borussen angegangen. Das ließ zwar immer wieder Platz für den Robben hinterlaufenden Philipp Lahm, was aber nichts machte – denn entweder waren seine Hereingaben ein gefundenes Fressen für die extrem starken Dante und Stranzl, oder ein Borusse nahm ihm ganz flink die Zeit am Ball.

Extreme Disziplin beim Verschieben

Das Einüben des kollektiven Verschiebens ist zwar, wie man hört, auch bei Lucien Favre eine mühselige und eintönige Dauer-Arbeit, aber es gibt in der deutschen Bundesliga wohl kein Team, dass dabei im Spiel eine so exakte Disziplin an den Tag legt. In jeder Situation weiß immer jeder ganz exakt, wie sich alle anderen verhalten und wie bzw. wohin genau er selbst zu laufen hat, ohne dass in der schnellen Rück- oder Seitwärtsbewegung Löcher entstehen, in die der Gegner hinein stoßen könnte.

Die Bayern ließen in der Vorwärtsbewegung oft das nötige Tempo vermissen, um auf diesem Weg zu versuchen, die Reihen der Borussia auseinander zu reißen. Natürlich kamen sie auch immer wieder zu Chancen – vor allem zu Beginn der zweiten Hälfte – aber in den Rücken der Abwehr kamen sie in 120 Minuten nur zwei- oder dreimal. Und wenn die Münchner doch zum Abschluss kamen, war Marc-André ter Stegen im Borussia-Tor zur Stelle.

Die Rolle von Reus und Hanke

Interessant ist bei Mönchengladbach auch die Rolle der beiden Stürmer. Denn von allen Angreifern, die Favre regelmäßig einsetzt, ist in Wahrheit nur Mike Hanke ein echter, gelernte Vollblut-Angreifer. Shooting-Star Marco Reus und Igor de Camargo hingegen sind Spieler, die sich (wie der Belgier) eher in der Etappe wohler fühlten oder (wie Bald-Dortmunder Reus) ursprünglich vom Flügel kommen. Das macht aber nicht nur nichts, nein, das System von Favre verlangt sogar nach solchen Spielern.

Eben weil durch das eng machen der bespielbaren Fläche die (nominellen) Stürmer so tief stehen, dass sie zeitweise als zusätzliche Mittelfeld-Spieler hinter dem Ball spielen, braucht es genau solche Spielertypen, die aus der Tiefe mit Tempo nach vorne gehen können. Vor allem Reus wurde immer wieder steil geschickt (oder es zumindest versucht), um mit seinem Tempo auf die Abwehr zulaufen zu können – nicht zuletzt Sebastian Prödl kann davon ein Lied singen, seit er im November bei Bremens 0:5 gleich dreimal von Reus überlaufen wurde.

Das Sturm-Duo hat aber noch eine andere, ganz wichtige Aufgabe: Auf die gegnerische Spieleröffnung pressen. Im Falle der Bayern ist es bekanntermaßen Holger Badstuber, der für den ersten Pass von hinten heraus zuständig ist, und Mike Hanke presste Badstuber immer wieder dermaßen an, dass ihm oft nur überhastete und damit ungenaue Pässe gelangen. Heißt: Obwohl – oder gerade weil – die Stürmer der Borussia eine so tiefe Ausgangsposition haben, ist ihr Spiel in höchstem Maße vertikal.

Bayern stellt auf 4-4-2 um

Ab ca. 60. Minute

Die Bayern reagierten nach einer Stunde darauf, indem Thomas Müller aus seiner Position im zentralen offensiven Mittelfeld – Müller, Robben und Ribéry rochierten zwar sehr viel, kehrten dann aber recht schnell auch wieder auf ihre Grundpositionen zurück – sich etwas weiter nach vorne orientierte. Er war oft zwischen Nordtveit und Neustädter eingezwickt, weiter vorne erhoffte er sich wohl etwas mehr Platz zwischen den Linien.

Vor allem aber schien die geänderte Positionierung Müllers eine Absicht zu haben: Einen Innenverteidiger heraus zu ziehen. Denn wenn sich das Spiel in die Richtung des Borussia-Tores bewegte und dort auch Gomez in diese Richtung lief, blieb Müller erst einmal stehen und ließ die sich nach hinten verschiebenden Ketten der Borussia ein wenig an sich vorbei ziehen. Die Hoffnung war offenbar, dass einer der zwei Innenverteidiger – am Ehesten der statt des verletzten Stranzl gekommene Brouwers – an Müller bleibt und so hinten Platz für Gomez schafft. Die Borussia ließ sich von diesem Köder aber nicht locken. So ging Müller (wie auch der in der Verlängerung für ihn eingewechselte Petersen) eher wieder zurück in die alte Position.

Verlängerung offenbart eine gewisse Fragilität

Die hochinteressante und extrem intensive Partie verließ in der fast logischen Verlängerung so ein wenig die qualitative Spannkraft – je länger das Spiel dauerte und je fataler ein möglicher Fehler wurde, desto vorsichtiger legten es die beiden Mannschaften auch an. Im Zweifel wurde immer eher der Rückpass gewählt, die Sicherheits-Variante gespielt. Dennoch bekamen die Bayern immer mehr Übergewicht, und das ist nicht nur mit der Müdigkeit zu erklären.

Nein: Roman Neustädter schleppte sich im zentralen Mittelfeld sichtlich angeschlagen nur noch über das Feld, nachdem Favre das Austauschkontingent bereits ausgeschöpft hatte. Neustädter konnte seine ihm zugedachten Aufgaben nicht mehr erfüllen und so konnte die ganze Mannschaft nicht mehr wie zuvor verschieben und hing vor allem in den letzten zehn Minuten gegen ein Bayern-Team, das ihre Chance witterte, noch ziemlich in den Seilen. Es reichte für das Elferschießen, dort verschoss aber Dante und der Versuch von Nordtveit wurde gehalten – womit das Pokal-Finale ohne Mönchengladbach stattfindet.

Fazit: Die Borussia zeigte eindrucksvoll ihre Stärken

Auch, wenn es letztlich nicht für den Final-Einzug gereicht hat: Borussia Mönchengladbach hat in diesem hochinteressanten und extrem intensiven Spiel, ohne Zweifel einem 0:0 der allerbesten Sorte, ganz deutlich gezeigt, was die Mannschaft so stark macht, dass ihr zumindest der Platz in der Champions-League-Quali kaum noch zu nehmen ist. Extreme Kompaktheit, höchste taktische Disziplin, dem Gegner keinen Platz lassen und nach vorne das eigene Spiel sehr vertikal anlegen.

Die Bayern, die ja in einer unfassbaren Form waren, taten sich dann auch extrem schwer. Das Team aus München kam zu einigen guten Chancen, keine Frage, aber die mussten alle hart erarbeitet werden: Ribéry kam kaum vor, Robben wurde nach Kräften zugedeckt, Müller und Kroos im Mittelfeld eingezwickt und Gomez von den Innenverteidigern abmontiert.

Keine Frage: Dieses Team, das sich vor zehn Monaten noch gerade mal so vor dem Sturz in die 2. Liga gerettet hat, steht vollkommen zu Recht auf dem dritten Platz in der Bundesliga.

(phe)

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Späte Strafe von fahrlässigem Gladbach gegen umständliches Bochum https://ballverliebt.eu/2011/05/19/spate-strafe-von-fahrlassigem-gladbach-gegen-umstandliches-bochum/ https://ballverliebt.eu/2011/05/19/spate-strafe-von-fahrlassigem-gladbach-gegen-umstandliches-bochum/#respond Thu, 19 May 2011 21:25:10 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4767 Späte Strafe von fahrlässigem Gladbach gegen umständliches Bochum weiterlesen ]]> Nach einer tollen Aufholjagd noch in die Relegation gekommen – das galt sowohl für M’gladbach als auch für Bochum. Im Hinspiel zeigte die Borussia aber, dass sie der Bundesligist ist: Nur, weil gerade gegen Ende zu viele Chancen liegen gelassen wurden, ist für die in diesem Spiel zu umständlich agierenden Bochumer noch alles drin.

Borussia M'gladbach - VfL Bochum 1:0

Was Bochum-Trainer Friedhelm Funkel unter „sicher stehen“ meinte, wurde relativ schnell klar: Mit Toski und Dabrowski hatten seine beiden zentralen Spieler der vorderen Viererreihe im 4-1-4-1 kaum eine andere Aufgabe, als die beiden Sechser von Gladbach, Neustädter und Nordtveit, aus dem Spiel zu nehmen: Die beiden Bochumer folgten den beiden Gladbachern fast auf Schritt und Tritt, übten dabei zwar keinen überharten Druck aus, ließen ihnen aber kaum Zeit am Ball und somit auch keine Bindung zum restlichen Spiel zu.

Interessant auch zu beobachten, dass durch die Fixierung auf das Gladbacher Zentral-Duo Toski und Dabrowski oft sogar deutlich höher standen als die beiden Flügelstürmer bei Bochum, Korkmaz und Freier. Die beiden arbeiteten sehr viel nach hinten: Jantschke und Daems kamen so zwar selten wirklich an ihren Gegenspielern vorbei und ins 1-gegen-1 mit den Außenverteidigern. Sie kamen aber im Gegenzug selbst defensiv kaum unter Druck, weil Bochum die eigenen Angriffe zumeist viel zu umständlich und langsam ausspielte, sodass sich die Gladbacher wieder stellen konnten.

Nur wenn sich Bochum locken ließ

Dennoch: Die Fohlen taten sich gegen das dichte Defensiv-Konzept der Bochumer schon einigermaßen schwer. Oft waren sie gezwungen, in der Verteidigung mit dem unsicheren Dante und dem deutlich stabileren Stranzl (der sich extrem stabilisiert hat, seit Lucien Favre Trainer wurde) hin und her zu spielen. Während sich der Brasilianer mit der auffälligen Frisur in der Spieleröffnung zumeist zurück hielt – was eine gute Idee war, wie seine teils haarsträubenden Fehlpässe deutlich zeigten – trug Stranzl den Ball oft bis zur Mittellinie, um Jantschke das Aufrücken zu erlauben. Erst in der zweiten Hälfte taute auch Dante auf.

Zu wirklicher Torgefahr kam es aber nur nach Standardsituationen, oder wenn es gelang, Bochum herauszulocken. Hier war die Marschroute klar erkennbar: Wenn die Gäste selbst eine Aktion nach vorne starteten oder eine Standardsituation vorfanden, zündete Gladbach nach Ballgewinn sofort den Turbo und kam so schnell wie möglich vor das Tor. Lobend erwähnt gehört an dieser Stelle vor allem Stürmer Mo Idrissou, der viel arbeitete, sich gut bewegte und immer wieder versuchte, vor allem mit Arango auf der linken Angriffsseite zusammen zu spielen.

Dennoch: Das Bochumer Konzept war durchaus nicht ohne jeden Erfolg, zwei tolle Chancen blieben ungenützt – einmal klärte Daems nach einer Ecke auf der Linie, dann verschluderte Maltritz einen schnellen Konter nach einer Gladbacher Ecke. Die reifere, nach vorne aktivere Mannschaft war aber ganz klar das Heimteam.

Offeneres Mittelfeld nach der Pause

Für die zweite Hälfte brachte Funkel statt des abgemeldeten Mirkan Aydin seinen nordkoreanischen WM-Stürmer Jong Tae-Se. Die eigentliche Änderung spielt sich aber in der Mittelfeldzentrale ab: Dort ließen Toski und Dabrowski nun etwas von ihren Gegenspielern ab, um sich vermehrt über ihre jeweiligen Seiten in das Angriffsspiel einschalten zu können. Das erlaubte vor allem Paul Freier, sich weiter nach vorne zu orientieren und auch Björn Kopplin, der Arango über die ganze Spielzeit recht sicher im Griff hatte, könnte ebenfalls aufrücken.

Was allerdings nichts daran änderte, dass die Angriffsbemühungen von Bochum weiterhin zu umständlich waren und wenig Torgefahr erzeugten – auch nicht, als Federico für den schwachen Korkmaz eingewechselt wurde. Üüüüümit machte zwar gegen Reus einen guten Job, versuchte nach vorne aber zu oft zu offensichtlich, Freistöße zu schinden und nur eine einzige seiner Flanken kam halbwegs genau vor das Tor.

Gladbach kommt nun zu Chancen

Lucien Favre brachte nach etwa einer Stunde mit Igor de Camargo einen frischen Mann für die kräfteraubende Rolle des zweiten bzw. hängenden Stürmers statt Idrissou. Ein guter Wechsel, denn obwohl der Kameruner keine schlechte Partie abgeliefert hatte, brauchte es nun doch einen frischen Mann, der die immer müder werdende Bochumer Defensive vor Probleme stellen konnte. Und tatsächlich häuften sich nun die wirklich guten Torchancen der Gladbacher – Hanke nach Arango-Flanke (68.), Dante nach Eckbällen (74., 84.) und erneut Hanke (87.) hätten allesamt für die längst überfällige Führung sorgen müssen.

Bei Bochum war recht schnell nach Spielbeginn klar, dass man aus Sicht der Gäste mit einem Remis durchaus leben konnte und im Grunde änderte sich daran bis zum Schluss nichts. Nach zwei direkten Wechseln (Jong für Aydin vorne, Federico für Korkmaz links) war der dritte kurz vor Schluss, als Spielgestalter Azaouagh für den in seiner Rolle eher defensiven Toski kam, eher nur Alibi – denn der Deutsch-Marokkaner reihte sich nahtlos und unauffällig in die offensive Viererkette ein.

Und just als sich die Bochumer aus der Umklammerung etwas befreien konnten, durch einen Dabrowski-Weitschuss (90.) sogar noch zu einer Chance kamen und das 0:0 fix schien, fiel doch noch das verdiente Gladbacher Siegtor. Typisch für das Spiel: Erst hielt Luthe großartig, dann verstoplerte der schwache Hanke kläglich – und De Camargo stand richtig und versenkte den Ball im Netz…

Fazit: Späte Belohnung für das bessere Team

Taktisch war diese Partie nicht übermäßig interessant – sie lebte von der Spannung und der Tatsache, dass so eine Relegation eben eine Alles-oder-Nichts-Situation ist. Mönchengladbach war hierbei aber die deutlich zielstrebigere, ballsicherere und auch reifere Mannschaft, die einen verdienten, aber über die 90 Minuten wohl nicht ausreichend hohen Sieg einfahren konnten.

Bochum legte es von Anfang an sehr defensiv aus und wäre mit dem 0:0 sicherlich zufrieden gewesen, wiewohl auch der Zweitligist durchaus die eine oder andere Torchance vorgefunden hat. Im Endeffekt wurde man für die vorsichtige Spielweise und vor allem das viel zu umständliche Spiel nach vorne noch bestraft.

Dennoch lässt das Resultat von 1:0 für Mönchengladbach für das Rückspiel alle Möglichkeiten offen. Eine Entscheidung in der Frage, wer den letzten verbleibenden Platz in der nächstjährigen Bundesliga-Saison erhält, hat dieses Hinspiel beileibe noch nicht gebracht.

(phe)

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