Slutski – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Mon, 01 Jul 2013 22:01:03 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Die ’11-Besten https://ballverliebt.eu/2011/12/29/die-11-besten/ https://ballverliebt.eu/2011/12/29/die-11-besten/#comments Wed, 28 Dec 2011 23:02:28 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6279 Die ’11-Besten weiterlesen ]]> Das Jahr 2011 verlässt uns, aber die Erinnerungen an viele tolle Spiele aus den vergangenen zwölf Monaten wird uns natürlich bleiben. Darum gibt’s wie schon letztes Jahr noch mal die besten, interessantesten, richtungsweisendsten Spiele. Die Reihenfolge dieser elf Spiele aus 2011 ist natürlich willkürlich und nicht allzu eng zu sehen!

Platz 11 | Premier League | Chelsea – Liverpool 0:1

Chelsea-Liverpool 0:1

„Das sieht nach einem durchaus tauglichen Konzept aus, was Kenny Dalglish da mit seiner Dreierkette gefunden hat. Und Chelsea? Da könnte das Luxusproblem “Torres und Drogba und Anelka” zu einem tatsächlichen werden. Die Variante mit Drogba und Torres vorne und Anelka als Zehner dahinter war ein totaler Flop.“ – Die einen waren mit King Kenny auf der Bank auf dem Weg nach oben, zum Teil mit unüblichen Aufstellungsvarianten. Die anderen begannen zu erkennen, dass es vielleicht doch keine so einfach war, Torres sinnvoll einzubauen. Er verlor hier sein erstes Spiel im Chelsea-Dress ausgerechnet gegen sein altes Team. Süße Rache, nennt man so etwas wohl.

———————————–

Platz 10 | Asien-Cup | Japan – Syrien 2:1

Japan - Syrien 2:1

„In der offensiven Dreierreihe wird rochiert, was das Zeug hält. Da taucht Matsui schon mal auf der ganz anderen Seite auf, Kagawa in der Mitte oder gar als Sturmspitze, Honda mal zurückhängend, mal auf die Seiten, dann wieder ganz vorne. Fàbregas, Nasri, Rosický und Konsorten lassen grüßen. Und vorne macht Ryoichi Maeda, was bei Arsenal einen Robin van Persie ausmacht. Vom Toreschießen mal abgesehen.“ – Was der Italiener Alberto Zaccheroni aus den Japanern gemacht hat, war atemberaubend. Ein Tempo, eine Ballsicherheit eine Dominanz: Man war beim ganzen Asien-Cup, nicht nur im Gruppenspiel gegen Syrien, die mit sehr viel Abstand beste Mannschaft. Und wenn man etwas konsequenter im Ausnützen der Torchancen gewesen wäre, hätte das Arsenal Asiens nicht so sehr um den Titel zittern müssen.

———————————–

Platz 9 | Europa League | ZSKA Moskau – FC Porto 0:1

ZSKA Moskau - FC Porto 0:1
„Zwei der interessantesten Trainer Europas: Wunderkind André Villas-Boas vom FC Porto und der etwas schrullige Leonid Slutski von ZSKA Moskau. So unterschiedlich die beiden Trainer der zwei womöglich aufregendsten Mannschaften sind, die sich unter den letzten 16 der diesjährigen Europa League befinden, so ähnlich ist das Leistungsvermögen.“ – Auf dem Weg zum Sieg in der Europa League mit Porto bekam es André Villas-Boas im Achtelfinale mit einem ähnlich tollen Team und einem ganz anderen Trainer-Typen zu tun. Die beiden Mannschaften neutralisierten sich. Und wer weiß, womöglich wäre der Portugiese heute nicht Chelsea-Coach, hätte nicht Fredy Guarín das 1:0-Goldtor erzielt. In einem Spiel, das gezeigt hat, wie ähnlich sich so verschiedene Typen doch sein können.
———————————–

Platz 8 | Frauen-WM | USA – Brasilien 2:2 n.V., 5:3 i.E.

USA - Brasilien 2:2 n.V., 5:3 i.E.
„Kurioserweiser übernahmen die US-Amerikanerinnnen sofort wieder das Kommando. Mit der ganzen Wut über den harten Strafstoß samt Ausschluss und der überaus kleinlichen Entscheidung, den Elfer wiederholen zu lassen, drückten sie das brasilianische Team nun vor allem über die Flanken nach hinten.“ – Es war beileibe nicht das beste Spiel der Frauen-WM in Deutschland, dieses Viertelfinale. Im Gegenteil: Zwei hypernervöse Teams überboten sich lange in Fehlpässen. Aber die ganze Dramatik, die der Partie durch eine schreckliche Schiedsrichter-Leistung und dem US-Ausgleich in der 122. Minute eigen war, ließ sie doch zum zentralen Spiel des Turniers werden. Ein Spiel, in dem krass benachteiligte US-Girls Brasilien bestraften.
———————————–

Platz 7 | Europa League | SV Ried – Brøndby IF 2:0

SV Ried - Brøndby IF 2:0
„Weswegen Brøndby umso mehr schauen musste, über die Flügel nach vorne zu kommen. Damit hatte Ried das Ziel im Grunde erreicht: Die Mitte zwar offenlassen, aber keine Kreativität zulassen, das Spiel des Gegners so auf die Flügel zu verlagern, und dort den numerischen Vorteil ausspielen.“ – Zwar waren die Rieder letztlich die einzige österreichische Mannschaft, die sich nicht für die EL-Gruppenphase qualifizieren konnte, aber dennoch sind die Innviertler der große Gewinner des Jahres 2011. Nicht nur wegen des Cup-Siegs, sondern auch deshalb, weil man dank einer konsequent verfolgten Vereinsphilosophie auch den Abgang der halben Mannschaft verkraften konnte und zum zweiten Mal hintereinander Herbstmeister wurde. Weil sich eben nicht nur Brøndby am Rieder System die Zähne ausbiss.
———————————–

Platz 6 | EM-Qualifikation | Frankreich – Bosnien 1:1

Frankreich - Bosnien 1:1
„Was alles in einem irren Tempo geschah, weil der Spielplan der Bosnier in einem Guss funktionierte: Pressing, Ball erobern, blitzschnell umschalten und die freien Räume ausnützen. Die Franzosen wussten in der ersten Viertelstunde überhaupt nicht, wie ihnen geschah.“ – Bosnien ist die wohl beste Nationalmanschaft Europas, die bei der EM nicht dabei sein wird. Denn bevor Dzeko und Co. im Playoff gegen Portugal die Nerven verließen, spielten sie Frankreich komplett her und nur zwei Faktoren rettete den Bleus das Remis und die direkte Qualifikation: Eine Umstellung von Blanc und ein starker Nasri.
———————————–

Platz 5 | Deutsche Bundesliga | Bayern München – Borussia Dortmund 1:3

Bayern München - Borussia Dortmund 1:3
„Dortmund verfügt über ein hervorragendes Flügelspiel und nahm Ribéry und Robben ziemlich aus dem Spiel. Die beiden sahen sich, wann immer sie am Ball waren, sofort mit mindestens zwei Gegenspielern konfrontiert; oftmals sogar mit noch mehr. Das, und das für die Borussia so typische aggressive Pressing führte dazu, dass die Bayern nicht zu einem geordneten Spielaufbau kamen.“ – Die Bayern-Kapitel „Van Gaal“ endete als großes Missverständnis. Wirre Aufstellungs-Varianten, die Unfähigkeit, aus Fehlern zu lernen und natürlich atmosphärische Störungen führten zum vorzeitigen Ende. Und natürlich die brutale Überlegenheit von Dortmund, die sich vor allem im direkten Duell zeigte. Jürgen Klopp manövrierte seinen Kontrahenten auf jeder Position aus und machte damit im Titelrennen den Deckel drauf.
———————————–

Platz 4 | EM-Qualifikation | Aserbaidschan – Österreich 1:4

Aserbaidschan - Österreich 1:4
„Willi Ruttensteiner hatte es angekündigt, und er machte es auch wahr: Der Interims-Teamchef wollte vom ÖFB-Team beim Spiel in Aserbaidschan frühes Pressing sehen, er wollte die Gastgeber unter Druck setzen, sie gar nicht erst zur Entfaltung kommen lassen. Und tatsächlich: Die Spielanlage der Österreicher war gegenüber den letzten Spielen kaum noch wiederzuerkennen.“ – Kaum war Constantini nicht mehr Teamchef, war sofort zu erkennen, was für ein Potential wirklich in der Mannschaft steckt. Ja, es war „nur“ Aserbaidschan, aber jeder Spieler machte den Eindruck, genau zu wissen, welche Aufgabe er genau hat. So machte vor allem die Art und Weise des Spiels beim 4:1 in Baku Freude.
———————————–

Platz 3 | La Liga, Copa del Rey, Champions League | Der Clásico-Vierteiler

1:1-Remis, 1:0 n.V. Real, 2:0 Barça, 1:1-Remis
„Real ging viel aggressiver zu Werke als beim 1:1 am Wochenende, störte deutlich früher, presste auf den Gegner und stand teilweise verteufelt hoch – die Mittelfeldreihe machte sich genau dort breit, wo Barcelona eigentlich das eigene Spiel aufziehen wollte. So kamen die Katalanen kaum wirklich dazu und Real war gut im Spiel.“ – Groß war die Vorfreude auf vier Clásicos in nur 17 Tagen, aber nachdem die letzte Schlacht geschlagen war, blieben im Rückspiegel vor allem Härteeinlagen in Erinnerung. Und nach den Titeln in Liga und Champions League ein Punktsieg für Barcelona. Nach den Spielen am 16. April (1:1 in Madrid in der Liga), am 20. April (1:0 n.V. für Real im Cupfinale), am 27. April (2:0 für Barça im CL-Semi-Hinspiel in Madrid) und am 3. Mai (1:1 in Barcelona im CL-Semi-Rückspiel).
———————————–

Platz 2 | Copa América | Uruguay – Chile 1:1

Uruguay - Chile 1:1
„Und in dieser Tonart ging es weiter: Chile spielte nun Rambazamba-Fußball wie in besten Bielsa-Tagen, zudem kam mit Paredes statt dem müder werdenden Suazo noch ein frischer Mann. Die Chilenen spielten sich in einen Rausch, in dem Uruguay unterzugehen drohte.“ – Die Copa América wurde zum Triumph für Uruguay, aber eine Mannschaft setzte der Celeste schon in der Gruppe ganz extrem zu: Chile! Jenes Team, dass unter Claudio Borghis Vorgänger Marcelo Bielsa bei der WM für tollen Offensivfußball stand, zeigte in diesem grandiosen Spiel ein Feuerwerk. Das mit Abstand beste Spiel einer eher enttäuschenden Copa. Weil Chile weiterhin ein Team zum Verlieben ist.
———————————–

Platz 1 | La Liga | FC Barcelona – Villarreal CF 5:0

FC Barcelona - Villarreal CF 5:0
„Weil es dank des Verzichts auf eine nominelle Abwehr mehr Ballverteiler gibt, weil die Breite dennoch gegeben ist, und weil Messi und Fàbregas jetzt schon zuweilen miteinander harmonieren, als spielten sie schon seit Jahren zusammen. Pep Guardiola ist gerade dabei, die Pyramide mit diesem 3-3-4-ähnlichen System wieder zurückzudrehen. Womit er potentiell ein neues Kapitel der Fußballgeschichte aufschlägt.“ – Im Grunde war es „nur“ ein Liga-Spiel. Aber was Barcelona hier spielte, war ein Blick in eine mögliche Zukunft. Ob es ein Modell für die ganze Fußball-Welt ist oder nur für eine Mannschaft von der Qualität Barças, ist eine andere Frage. Aber Villarreal war tatsächlich nicht die letzte Mannschaft, die dieser Formations-Variante rein gar nichts entgegensetzen konnte. Weil Barcelona damit noch stärker aussieht als vorher.

———————————–

Das Team von Ballverliebt bedankt sich für das Interesse im Jahr 2011 und wir würden uns freuen, wenn ihr unsere Analysen auch im Jahr 2012 fleißig lest. Ein gutes neues Jahr euch allen!

]]>
https://ballverliebt.eu/2011/12/29/die-11-besten/feed/ 5
Nur 48 Sekunden https://ballverliebt.eu/2011/03/17/nur-48-sekunden/ https://ballverliebt.eu/2011/03/17/nur-48-sekunden/#comments Thu, 17 Mar 2011 22:30:52 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4386 Nur 48 Sekunden weiterlesen ]]> Nicht länger als 48 Sekunden hatte es gedauert, da war das Europa-League-Achtelfinale zwischen dem FC Porto und ZKSA Moskau entschieden. Die Portugiesen gingen nach dem 1:0 in Moskau nun im Heimspiel umgehend in Führung und kontrollierten den Gegner danach mühelos.

FC Porto - ZSKA Moskau 2:1

Was war das nicht für eine interessante Partie, das Hinspiel: Zwei hochinteressante Trainer, zwei aufregende Teams, und am Ende entschied ein individueller Geniestreich für Porto. Was für das Rückspiel hieß: ZSKA musste unbedingt gewinnen, um doch noch eine Chance auf das Viertelfinale zu haben. Doch dann kam Hulk: Schon nach 48 Sekunden hüpfte ein Freistoß den Brasilianers an Freund und Feind vorbei ins Tor.

Bevor das Spiel wirklich begonnen hatte, gab’s also schon einen fürchterlichen Tiefschlag für das Team von Trainer Leonid Slutski. Von dem es sich nie mehr wirklich erholte. Dabei war das Personal – logischerweise – durchaus etwas offensiver als beim Heimspiel. Statt dem defensiven Mittelfeld-Duo Mamajev/Semberas wurde die Zentrale im 4-4-2 mit Aldonin als einzigem Defensiven neu besetzt, neben ihm rückte Keisuke Honda von der linken Seite ins Zentrum; dafür rutschte Zoran Tosic in die Mannschaft. Seydou Doumbia spielte eher eine hängende Spitze, um sich für kurze Anspiele anzubieten.

Doch nach dem frühen Gegentor war all das natürlich heftig erschwert: Porto konnte sich nun, wie schon nach dem Siegtor im Hinspiel, eher zurück ziehen und die Räume eng machen. So war ZSKA gezwungen, auch aufgrund des systemimanenten personellen Problemen im Zentrum umso schneller in die Spitzen oder auf die Flügel zu spielen. Das bedingte viele Ungenauigkeiten und fast immer hatte Porto den Ball abgefangen, ehe ZSKA auch nur in die Nähe des Strafraums kam.

Die endgültige Entscheidung war es letztlich, als in der 24. Minute Ignashevitch und Torhüter Akinfejev mit einem schreklichen Missverständnis Fredy Guarín das extrem billige 2:0 auflegten. Allen war klar, Porto war nun durch – wirkliche Hoffnung keimte bei den Russen nur nach dem Anschlusstreffer von Zoran Tošić nach etwa einer halben Stunde auf. Sapunaru hatte bei einem schönen Zuspiel das Abseits aufgehoben, der Serbe schoss ein.

Porto staubtrocken

Denn am grundsätzlichen Spiel änderte sich auch nach dem Seitenwechsel nichts: Porto stand sicher und hatte vor allem Honda und Dzagojev sehr gut im Griff – lediglich Tošić bereitete hin und wieder Probleme. Was sich spätestens mit dem Tausch erledigt hatte, den Porto-Trainer Villas-Boas in der 52. Minute tätigte: Belluschi kam für Rechtsaußen James Rodríguez und orientierte sich deutlich zurückgezogener. So war nun auch Tošić aus dem Spiel – und damit der letzte Schwung.

Denn vor allem Sturmspitze Vágner Love war eine absolute Zumutung. Er ließ jegliche Laufbereitschaft und Kampfgeist vermissen, und kam er an den Ball, war er viel zu eigensinnig. Umso unverständlicher, dass Slutski Sturmpartner Doumbia und die Außen Dzagojev und Tošić auswechselte, den blauhaarigen Brasilianer aber bis zum Schluss drin ließ, und zudem dem 4-4-2 bis zum bitteren Ende treu blieb. Eigentlich machte es aber keinen Unterschied. Villas-Boas nahm tröpfchenweise seine Stürmer heraus und stellte das Mittelfeld voll – in der letzten halben Stunde ging es nur noch darum, die Zeit vergehen zu lassen.

Fazit: Frühes Tor entscheidend, Porto letztlich klar besser

Hatte ZSKA im Hinspiel noch einige gute Chancen und war sicherlich nicht schlechter als der Gegner, fehlte es nach dem Blitz-Gegentor im Rückspiel zum einen an der individuellen Klasse und zum anderen am Plan B, wie das extrem sicher stehende Team aus Porto zu knacken gewesen wäre.

So hat letztlich nicht nur der FC Porto das Achtelfinale verdient für sich entschieden, sondern in gewisser Weise auch André Villas-Boas das Trainerduell gegen Leonid Slutski. Das 48-Sekunden-Tor hat natürlich mächtig geholfen, aber die Portugiesen stellten die über 180 Minuten reifere Mannschaft. Und sind sicher einer der heißesten Kandidaten auf den Cup.

(phe)

]]>
https://ballverliebt.eu/2011/03/17/nur-48-sekunden/feed/ 1
Slutski vs. Villas-Boas, oder: Wie ähnlich sich so verschiedene Typen sein können https://ballverliebt.eu/2011/03/10/slutski-vs-villas-boas-oder-wie-ahnlich-sich-so-verschiedene-typen-sein-konnen/ https://ballverliebt.eu/2011/03/10/slutski-vs-villas-boas-oder-wie-ahnlich-sich-so-verschiedene-typen-sein-konnen/#comments Thu, 10 Mar 2011 20:54:17 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4327 Slutski vs. Villas-Boas, oder: Wie ähnlich sich so verschiedene Typen sein können weiterlesen ]]> Zwei der besten verbliebenen Teams in der Europa League – zwei der interessantesten Trainer Europas: Wunderkind André Villas-Boas vom FC Porto und der etwas schrullige Leonid Slutski von ZSKA Moskau lieferten sich ein ausgeglichenes Duell der Matchpläne. Das Porto dank eines individuellen Geniestreichs von Guarín mit 1:0 gewann.

ZSKA Moskau - FC Porto 0:1

André Villas-Boas gilt als Wunderkind. Als legitimer Nachfolger von José Mourinho. Der Trainer des FC Porto ist erst 33 Jahre alt, sieht auch so aus, jugendlich, voller Elan, elegant angezogen und ein toller Trainer obendrein. Leonid Slutski hingegen ist so ein wenig die russische Version von Vicente del Bosque. Der 39-jährige ZSKA-Trainer kam als Interimslösung, etablierte sich aber als Chefcoach. Er versprüht einen deutlich herberen Charme (wenn man das bei ihm so nennen kann), sieht aus als würde er gerne mal ein Wässerchen mehr trinken als weniger, wippt 90 Minuten lang nervös auf seiner Bank hin und her.

Doch so unterschiedlich die beiden Trainer der zwei womöglich aufregendsten Mannschaften sind, die sich unter den letzten 16 der diesjährigen Europa League befinden, so ähnlich ist das Leistungsvermögen ihrer beiden Mannschaften – die sich nächste Saison auch folgerichtig beide in der Champions League wiederfinden werden: ZSKA ist russischer Vizemeister, Porto walzt wie ein Frachtzug die portugiesische Liga nieder.

Villas-Boas und sein 4-3-3

Beide Mannschaften praktizieren ein konsequentes Pressing, beide Abwehrreihen veruschen schnell aufzurücken und hoch zu stehen. Nur ihre Raumaufteilung teilen die beiden Teams nicht ganz. Der FC Porto spielt, wie schon im Herbst etwa gegen Rapid, in einem 4-3-3 ohne stringentes Mittelfeld: Ähnlich wie etwa bei Hoffenheim definiert sich das System von Villas-Boas eher durch zwei Dreiecke auf den jeweiligen Seiten. Über die linke Seite mit LV Fucile und Linksaußen James Rodríguez, zumeist unterstützt von Moutinho aus der Zentrale. Und über die rechte Seite, deutlich besser harmonierend, mit RV Sapunaru, Rechtsaußen Hulk und Guarín. Letzterer wechselte mit Moutinho oftmals die Seiten.

Die linke Flanke hinkte bei Porto ein wenig, was daran lag, dass sich James Rodríguez – auf seinem Trikot steht schlicht „James“ – sehr weit in die Mitte orientierte, ohne dass der mit dem sehr offensiven Keisuke Honda viel beschäftigte Fucile ihn oft hinterlaufen hätte können. Sapunaru auf der anderen Seite hatte Jungstar Alan Dzagojev komplett in der Tasche und verband sich gut mit Hulk. Alles in allem hatten die Gäste aus Portugal das Plus an Ballbesitz, kamen aber gegen die sicher stehenden Viererketten der Russen praktisch nie vor das Tor.

Slutski und sein 4-4-2

Ganz anders ZSKA: Mit ihrem zum Teil brutalen Pressing gegen den Ball erzwangen sie schon in der 1. Minute eine tolle Chance durch Doumbia, die Porto-Goalie Helton gerade noch entschärfen konnte. Das setzte den Ton für weite Strecken des Spiels: Porto hatte mehr Ball, aber ZSKA konnte mit explosivem Umschalten nach dem Ballgewinn immer wieder in den vielen Platz hinter der hoch stehenden Porto-Verteidigung stoßen und hatte somit das deutliche Übergewicht an Chancen.

Slutski, der seine Karriere als Torhüter nach einem Sturz von einem Baum – er wollte eine Katze retten – schon als 19-Jähriger beenden hatte müssen, setzt bei seinem Team auf ein 4-4-2, das im Ballbesitz im Idealfall zu einem 2-4-4 wird. Das heißt: Die Außen im Mittelfeld, diesmal Honda rechts und Dzagojev links, sind verkappte Außenstürmer; Honda war das in diesem Spiel tatsächlich. Und die Außenvertediger, Nababkin rechts und Schennikov links, sollen vor allem nach Ballgewinn so schnell nach vorne wie nur möglich.

Die numerische Unterlegenheit in der Zentrale, auf die Slutski in der letzten Runde gegen PAOK noch (weitgehend zu Recht) für verzichtbar hielt, glich er gegen Porto aus, indem einer der beiden Stürmer – zumeist war das eher Doumbia – etwas zurückfallen ließ und Fernando hinterertrottete. Was obendrein den Vorteil hatte, dass einer der beiden extrem trickreichen Stürmer nach Ballgewinn schnell anzuspielen war.

Individueller Geniestreich durchbricht Neutralisation

Die beiden konsequent verfolgten Matchpläne von zwei so ähnlich starken Teams hatte zur Folge, dass sich die Kontrahenten auf sehr ansprechendem Niveau neutralisierten: Porto mit mehr Spielanteilen, ZSKA mit den besseren Chancen. Daran änderte auch die Auswechslung des eher enttäuschenden James Rodríguez (für Silvestre Varela) nichts, weil beide Trainer bis zum Schlusspfiff nichts an ihrere Grundordnung änderten.

So musste in der 70. Minute ein individueller Geniestreich herhalten, um die Pattsituation zu durchbrechen: Fredy Guarín ließ an der Strafraumgrenze mit einer schnellen Körpertäuschung Vitali Beresutski aussteigen, fackelte nicht lange und versenkte den Ball unhaltbar für Akinfejev zum 1:0 für Porto im Tor. Ein Riesenvorteil für die Gäste, die nun mit einem Auswärtstor im Rücken in das Heimspiel gehen können.

Und nicht nur das – sogar mit einem 1:0-Auswärtssieg. Denn Slutski brachte zwar den starken Serben Tosic für Honda, doch weil sich Porto mit der Führung im Rücken etwas zurückziehen konnte, fand er kaum einmal den Platz vor, um sich und die beiden Stürmer wirklich in Szene zu setzen. Und wenn doch, verstümperte sie zumeist der zu umständliche und allzu verspielte Vagner Love. Und der zehn Minuten vor Schluss für Doumbia ins Spiel gekommene Tscheche Necid? Der fand überhaupt keine Bindung zu Spiel mehr.

Fazit: Porto gewinnt ein Münzwurf-Spiel

Man hätte auch eine Münze werfen können – es war angesichts der sehr ähnlichen Stärke der beiden Teams davon auszugehen, dass es eine sehr enge Partie wird, die, wenn überhaupt, entweder von einem groben Fehler oder von einem einzelnen Geniestreich entschieden wird. Es wurde letzteres, und so geht der FC Porto mit einem klaren Vorteil in das Rückspiel im heimischen Estadio do Dragão.

Einen klaren Sieger im Duell der ungleichen und doch so ähnlichen Trainer kann dieses Spiel aber nicht ausmachen – denn die Matchpläne waren im Endeffekt gleich gut geplant und auch gleich gut ausgeführt. Und dann entscheiden eben Kleinigkeiten, und auf eine feine Einzelleistung hat kein Trainer Einfluss.

(phe)

]]>
https://ballverliebt.eu/2011/03/10/slutski-vs-villas-boas-oder-wie-ahnlich-sich-so-verschiedene-typen-sein-konnen/feed/ 2