Senegal – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Fri, 29 Jun 2018 16:24:16 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Afrikas Teams bei der WM: Kein Rückschritt trotz Debakel https://ballverliebt.eu/2018/06/29/wm-2018-bilanz-aegypten-marokko-tunesien-senegal-nigeria/ https://ballverliebt.eu/2018/06/29/wm-2018-bilanz-aegypten-marokko-tunesien-senegal-nigeria/#comments Fri, 29 Jun 2018 12:13:19 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=14904 Afrikas Teams bei der WM: Kein Rückschritt trotz Debakel weiterlesen ]]> Es ist paradox: Einerseits sind erstmals seit 1982 alle afrikanischen Teilnehmer in der Vorrunde gescheitert. Andererseits war es dennoch kein Rückschritt. Wir blicken auf die fünf Teams des ersten Kontinents, für den die WM in Russland vorbei ist. Die reine Punkte-Ausbeute ist mit 11 Punkten aus 15 Spielen fast gleich wie jede bei den letzten paar Turnieren – vor vier Jahren waren es zwölf Zähler gewesen.

Anders, als es in der Vergangenheit üblich war, zerfleischten sich die Teams diesmal nicht in aller Öffentlichkeit selbst – die Ägypter hielten die Spannungen zumindest bis nach dem letzten Spiel unter der Decke. Die Gründe, warum es nach Marokko (1986), Kamerun (1990), Nigeria (1994 und 1998), dem Senegal (2002), Ghana (2006 und 2010) sowie Nigeria und Algerien (2014) diesmal kein afrikansiches Team geschafft hat, liegen diesmal nicht an amateurhafter Organisation, einer korrputen Funktionärs-Kaste und individualistischen Ego-Shootern der Marke Eto’o im Spielerkader.

Die Reorganisation der Setzliste bei der Auslosung aber hat keinen Kontinent so hart getroffen wie Afrika. Dass erstmals nach FIFA-Ranking und nicht nach Geographie gelost wurde, bescherte Marokko und Tunesien Gruppen, aus denen sie realistischerweise unmöglich rauskommen konnten. Nach Papierform wäre das auf Nigeria genauso zugetroffen.

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LINK-TIPP: Afrikas Teams bei der WM 2014 in Brasilien.

Senegal: Simpel, solide, mit Potenzial

Aliou Cissé, der einzige schwarzafrikanische Teamchef bei dieser WM, hatte im Vorfeld einige System-Experimente absolviert, beim Turnier selbst spielte er aber in allen drei Spielen mit einem recht handelsüblichen 4-4-1-1 durch. Auch das Spielprinzip war relativ simpel: Umsichtige und körperstarke Innenverteidigung mit Koulibaly und Sané, kampfstarke Mittelfeld-Zentrale mit den England-Legionären Gueye, N’Diaye und Kouyaté, und nach vorne das Tempo und die Dribblings von Sarr und (vor allem) Sadio Mané.

Die Lions de la Téranga sind eine gut organisierte, sehr solide Mannschaft. Die Kehrseite der Medaille: Das Team ist auch relativ berechenbar und im offensiven Umschalten oft nicht konsequent genug. Das nützte Kolumbien im letzten Spiel – da konnte der Senegal nicht die nötigen Chancen kreieren.

Zeitweise war auch das Mitelfeld ein wenig offen (wie beim 2:2 gegen Japan) und obwohl er eine grundsätzlich recht ordentliche Figur abgegeben hat, war es auch ein Patzer des in Guinea spielenden Keepers Khadim N’Diaye gegen Japan, der zum Aus beigetragen hat. Am Ende waren es weder Punkte noch Tore, sondern zwei gelbe Karten gegenüber Japan, die den Unterschied zwischen Achtelfinale und Vorrunden-Aus gemacht haben.

Dennoch: Man darf mit dem ersten Auftritt auf der ganz großen Bühne seit 16 Jahren zufrieden sein. Das Team hat auf jeden Fall noch einen WM-Zyklus drin. Spieler wie Niang, Sarr und Wagué sind noch sehr jung und haben Entwicklungspotenzial. Für Aliou Cissé, der seit 2015 Teamchef ist, steht nun ein Afrikacup-Viertelfinale 2017 (Elferschießen-Aus gegen den späteren Sieger Kamerun) und eine sehr anständige WM-Gruppenphase zu Buche.

Nigeria: Gegen den Ball gut, mit Ball – naja

Das Team aus Nigeria verließ sich fast ausschließlich auf die defensive Stabilität. Gernot Rohr fehlte auch das Mittelfeld-Personal für ein gezieltes, offensives Ballbesitzspiel.

Der routinierte Ex-Chelsea-Spieler John Obi Mikel, der talentierte Wilfred Ndidi von Leicester, der auch noch sehr junge Oghenekaro Etebo (der vom spanischen Absteiger Las Palmas zum englischen Absteiger Stoke wechselt): Gut im Spiel gegen den Ball, aber nicht gerade kreative Köpfe.

Selbst gegen Kroatien, als Mikel nominell einen Zehner im 4-2-3-1 spielte, war dies eher als Abwehr-Maßnahme gegen Modric und Rakitic gedacht, nicht als Spielgestalter (was Mikel, bei aller Routine, nicht kann). Das 3-5-2, das gegen Island und Argentinien zum Einsatz kam, betonte die Stärken des Teams: Defensive Disziplin, Robustheit, Umschaltspiel.

Man wurde nur aus einem Eckball, einem Elfmeter, einem genialen Moment von Messi und einmal einer schlecht verteidigten Flanke bezwungen. Wie vor vier Jahren unter dem mittlerweile verstorbenen Trainer Stephen Keshi gilt aber auch 2018: Selbst ein Spiel aufziehen kann Nigeria nicht, und als Argentinien am Ende blind anrannte, gab es auch keinerlei offensive Entlastung.

Die Schwäche der Argentinier ermöglichte es Nigeria, in einer laut Papierform nicht zu überstehenden Gruppe nach dem Achtelfinale zu greifen. Es hat nicht ganz gereicht – aber man blieb ein fairer Verlierer und zerrüttete sich nicht intern. Und man hat nun den Kamerun als punktbestes afrikanisches Team der WM-Geschichte überholt. Immerhin.

Marokko: Spielerisch großartig, aber kein Stürmer

Hervé Renard heißt nicht nur „Fuchs“, er ist auch einer. Der Franzose, der schon Sambia und die Elfenbeinküste zu Afrikacup-Triumphen geführt hat, machte aus Marokkos Team in Rekordzeit die sicherlich aufregendste Mannschaft auf dem ganzen Kontinent. Vor ein paar Jahren war Marokko ein No-Name-Team, das außer einem Serie-A-Spielgestalter und einem Premier-League-Stürmer (Kharja und Chamakh) nichts hatte.

Heute ist Marokko ein Team, das alles hat – nur keinen Stürmer. Der wild rotierende Mittelfeld-Wirbel, der eine Halbzeit lang über den Iran hinweg fegte, war atemberaubend. Der Wille, mit dem man gegen Portugal den Ausgleich jagte, war beeindruckend. Und die Coolness, mit der man als bereits eliminiertes Team Spanien beinahe besiegt hätte, bestätigte den starken Eindruck, den Marokko hinterlassen hat.

Hätte Marokko am Ende sieben Punkte auf dem Konto gehabt und wäre Gruppensieger geworden – niemand hätte sagen können, es wäre unverdient gewesen. Aber: Trotz aller Dominanz wurde gegen den Iran und Portugal kein eigenes Tor erzielt und jeweils 0:1 verloren. Weder El Kaabi noch Boutaïb sorgten für die nötige Präsenz im Strafraum. Und so reichte es eben nicht zu sieben Punkten, sondern nur zu einem.

Anders als beim Senegal oder Nigeria ist diese marokkanische Mannschaft aber am Ende ihres Zyklus angekommen. Bis auf den hochveranlagten, aber schwierigen Hakim Ziyech von Ajax und Real-Madrid-Nachwuchs-Linksverteidiger Achraf Hakimi ist das komplette Team an die 30 Jahre alt oder schon drüber. Schade eigentlich.

Tunesien: Mit wehenden Fahnen, aber auch Pech

Erst war da die Auslosung, die den Tunesiern in der Gruppe Belgien und England beschert hat. Das war ein wenig Pech – denn so war das Vorrunden-Aus schon mehr oder weniger programmiert.

Und es kam auch noch Verletzungspech dazu. Der Kreuzbandriss von Kaptiän und Spielgestalter Youssef Msakni im Mai. Dann die Verletzung von Torhüter Moutaz Hassen im ersten Spiel. Die von Rechtsverteidiger Bronn im zweiten Spiel. Die von Ersatzkeeper Ben-Mustapha vor dem dritten Spiel. Die Tunesier konnten einem wirklich leid tun.

Dafür ließen sie sich nie entmutigen, und das ist ihnen hoch anzurechnen. Nach einer halben Stunde Verwirrung gegen England stellte man taktisch um, hielt bis zur Nachspielzeit das 1:1. Gegen Belgien bekam man zwar die Bude angefüllt, aber versteckte sich nicht und spielte mit. Ja, das war sicher ein wenig naiv. Aber Tunesien ging lieber mit fliegenden Fahnen unter, anstatt sich nur devot die zwei Niederlagen abzuholen.

Mit der selbstbewussten und vorwärtsgewandten Spielanlage zeigte auch Teamchef Nabil Maâloul, das er durchaus etwas bewegen kann, wenn er das Spielermaterial dazu hat. Beim Asien-Cup 2015 betreute er die völligen Blindgänger aus Kuwait, die selbst 5-Meter-Pass kaum auf die Reihe bekamen, bei drei Vorrunden-Niederlagen. Als eines von wenigen Teams switchte Tunesine zwischen mehreren Systemen (Grundlage war ein 4-1-4-1, zweite Halbzeit gegen England war es ein 5-3-2, gegen Belgien ein klares 4-2-3-1).

Die Belohnung für all das war der hochverdiente 2:1-Sieg zum Abschluss gegen Panama – nach einem frühen Rückstand. Es war der erste volle Erfolg nach 13 sieglosen WM-Spielen seit 1978. Die (in Europa überwiegend völlig unbekannten) Spieler sind auch durch die Bank noch so jung, dass dieses Team noch einige Jahre zusammenbleiben kann.

Ägypten: Harmlos auf dem Feld, unruhig im Umfeld

Nur Ägypten ist wirklich auf ganzer Linie gescheitert. Die Hoffnungen, dass Mo Salah dem Team den verblassten Glanz von drei Afrikacup-Siegen in Folge (2006, 2008, 2010) im Alleingang wieder zurückgibt, waren maßlos überzogen. Wahrscheinlich hätte das selbst ein vollkommen fitter Salah nicht geschafft. Drei Wochen nach der Schulterverletzung im Champions-League-Finale erzielte Salah zwar die einzigen beiden Tore. Die beste Leistung zeigte Ägypten aber im ersten Spiel gegen Uruguay, als Salah noch fehlte.

Die ägyptische Liga, von deren beiden Spitzenklubs Zamalek und Al-Ahly sich das Grundkorsett des Teams rekrutiert, ist laut Ranking die stärkste in ganz Afrika. Aber am Weg nach vorne fehlte es dem Nationalteam schon massiv an Tempo, Idee und Alternativen zum Plan „Gib Salah den Ball, der wird’s schon richten.“ Fünf der ohnehin nur acht Tore (in sechs Spielen) in der Qualifikationsgruppe hat Salah erzielt, ein weiteres hat er aufgelegt.

Wenn dann auch noch atmosphärische Störungen hinzu kommen, wie sie im ägyptischen Lager in Grosny im Nachgang des Turniers bekannt wurden, kommt man denn selbst in der leichtesten der acht Gruppen mit null Punkten aus dem Turnier heraus. Héctor Cúper, der Ägypten als erster Trainer nach dem großen Hasan Shehata wieder zu einigermaßen sinnvollen Resultaten geführt hat, wurde gleich nach dem 1:2 im letzten Spiel gegen Saudi Arabien entlassen.

Wer hat gefehlt?

Nicht dabei waren von den großen Namen der amtierende Afrikameister Kamerun, deren Vorgänger aus der Elfenbeinküste, dazu Ghana, Algerien und auch Südafrika. Sie haben den Cut zum Teil deutlich verpasst.

In Algerien hat nach der Trennung von Christian Gourcuff (der  Vahid Halilhodzic nach dem WM-Achtelfinale 2014 nachgefolgt war) wieder Chaos eingesetzt, man hat in den letzten zwei Jahren drei Teamchefs verbraucht und hat aktuell gar keinen – zudem steht alsbald ein Generationswechsel an. Von Schalkes Nabil Bentaleb abgesehen, gibt es aber kaum vielversprechende Talente.

Auch die Elfenbeinküste hat derzeit keinen Nationaltrainer. Der aus seiner Zeit als Belgien-Coach berüchtigte Marc Wilmots die Qualifikation gegen den gerissenen Renard und dessen Marokkaner verbockt und wurde entlassen, ein kolportiertes Interesse an Frank de Boer war offiziell nicht vorhanden. Aktuell leitet U-21-Teamchef Ibrahim Kamara das Team. Nach dem Ende der Generation um Drogba und die Touré-Brüder sind die Hoffnungsträger nundSerge Aurier (Tottenham), Franck Kessié (Milan) und Eric Bailly (Man Utd). Es fehlt aber ein wenig an der Breite.

Das selbe Problem hat auch der neue Kamerun-Teamchef, die Spieler-Legende Rigobert Song. Der Titel beim Afrikacup 2017 sieht mittlerweile eher wie ein Ausrutscher nach oben aus. Song hat einige starke Spieler zur Verfügung (Aboubakar von Porto, Zambo-Anguissa und N’Jie von Marseille und dem in China spielenden 2017er-Shooting-Star Bassogog), aber wie bei den Ivorern gibt es sonst nicht mehr als Durchschnitts-Qualität.

James Kwesi Appiah, der Ghana bei der WM 2014 eher suboptimal geführt hatte, ist seit einem Jahr wiederum Teamchef, konnte die schon unter Vorgänger Avram Grant verhaute WM-Quali aber nicht mehr retten – die Resultate dort und in Testspielen (2:0 gegen Japan, 1:1 gegen Ägypten, 3:0 gegen Saudi-Arabien) sehen aber okay aus. Unter ihm ist auch der Ex-Lustenauer Raphael Dwamena zum Teamspieler geworden.

Und Südafrika wird wohl so lange nicht aus der Talsohle kommen, solange niemand aus der gut organisierten und finanziell realtiv soliden, sportlich aber bestenfalls mittelmäßigen heimischen Liga den Sprung nach Europa wagt. Seit der WM von 2002 hat sich die Bafana Bafana für keine WM auf sportlichem Weg qualifizieren können, beim Afrikacup war man im gleichen Zeitraum nur einmal im Viertelfinale, aber gleich dreimal nicht qualifziert.

So geht es weiter

Im Sommer 2019, also in genau einem Jahr, steigt im Kamerun der erste Afrikacup nach der Turnierreform: Erstmals werden 24 statt wie bisher 16 Teams dabei sein, dazu wird das traditionell im Jänner bzw. Februar ausgetratene Turnier in den Juni verlegt. Die Qualifikation dafür (zwölf Vierergruppen, in denen jeweils die Top-2 das Ticket buchen) hat bereits mit einem Spieltag begonnen. Im September geht’s weiter.

Mit der Erweiterung ist quasi sichergestellt, dass keiner der großen Namen das Turnier verpassen wird. In den letzten Jahren hatten stets vermeintliche Favoriten die Qualifikation in den Sand gesetzt – wie Ägypten (2012, 2013, 2015), Nigeria (2012, 2015), Kamerun (2012, 2013), Algerien (2012), Südafrika (2010, 2012) und der Senegal (2010, 2013).

Die Erweiterung würde es theoretisch erlauben, dass Teams bzw. Trainer längerfristig etwas aufbauen können, ohne bei einem verpassten Afrikacup gefeuert zu werden und gleich wieder bei Null anfangen zu müssen. Die allgemeine Qualität des Turniers wird vermutlich nicht dramatisch sinken. Zum einen waren schon die letzten vier, fünf Turnier phasenweise kaum anzusehen, zum anderen besteht zwischen den Teams auf den Rängen 10 bis 25 in Afrika kaum ein nennenswerter Niveau-Unterschied.

Andererseits – und das ist beispielsweise im arabischen Raum ähnlich – wird die Chance zum langfristigen Aufbau so oder so nicht ergriffen. Der letzte Trainer, der in einem großen Land über mehrere Jahre hinweg arbeiten durfte, war Hasan Shehata in den Nuller-Jahren in Ägypten.

Das wird nun auch für den Senegal mit Cissé, für Nigeria mir Rohr, für Marokko mit Renard und für Tunesien mit Maâloul die größte Frage in der mittelfristigen Zukunft sein: Dürfen sie weitermachen?

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Unappetitlicher Ausrichter – aber ein appetitlicher Afrikacup? https://ballverliebt.eu/2015/01/15/unappetitlicher-ausrichter-aber-ein-appetitlicher-afrikacup/ https://ballverliebt.eu/2015/01/15/unappetitlicher-ausrichter-aber-ein-appetitlicher-afrikacup/#comments Thu, 15 Jan 2015 08:55:29 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10795 Unappetitlicher Ausrichter – aber ein appetitlicher Afrikacup? weiterlesen ]]> „Eine Parodie von einem Land!“ so beschreibt Kurt Wachter, früher Koordinaten von FARE (Football against Racism in Europe), Äquatorialguinea. Jenes Land also, in dem nach dem panikhaften Rückzug des eigentlich vorgesehenen Veranstalters Marokko der Afrikacup stattfindet. „Die weißen Besucher aus Europa brauchen nicht mal einen Pass oder bei Flügen eine Boarding-Karte“, erzählt er, der vor drei Jahren beim Afrikacup schon im Land war, „die Einheimischen werden dafür drangsaliert.“ Es ist eine der unappetitlichsten Diktaturen der Welt, dessen Oberschicht dank Erdöl zu großem Reichtum kam, die als einziges Land bereit war, zwei Monate vor Turnierstart die Ausrichtung zu übernehmen.

Das darf man bei dem Turnier nicht vergessen.

Die Todesgruppe

Algerien. Teamchef: Christian Gourcuff
Algerien. Teamchef: Christian Gourcuff

Vier potenzielle Halbfinalisten alle in einer Gruppe – das ist fies, für die Beteiligten. Klarer Favorit in dieser Gruppe C ist Algerien. Schon bei der WM haben die Wüstenfüchse den stabilsten Eindruck hinterlassen, sowohl auf dem Feld als auch hinter den Kulissen. Christian Gourcuff, der nach der WM das Amt des Teamchefs von Vahid Halilhodzic übernommen hat, führt die hervorragende Arbeit seines Vorgängers recht nahtlos weiter und veränderte auch personell wenig.

Vor zwei Jahren spielte Algerien beim Afrikacup einen sehr gepflegten Fußball, aber schoss keine Tore. Dieses Manko wurde bei der WM behoben, und nach dem überzeugenden Sieg gegen Südkorea und dem großartigen Auftritt im Achtelfinale gegen Deutschland strotzt das Team auch nur so vor Selbstvertrauen. Zudem ist die algerische Mannschaft so ausgeglichen gut besetzt wie kaum ein anderer Teilnehmer. Mit M’Bolhi (Philadelphia) einen für afrikanische Verhältnisse sehr soliden Torhüter. Mit Ghoulam (Napoli) und Mandi (Reims) gute Außenverteidiger, mit den Routiniers Halliche und Bougherra eine sichere Innenverteidigung. Bentaleb (Tottenham) und Lacen (Getafe) bilden ein gutes zentrales Gespann, Feghouli ist bei Valencia absoluter Leistungsträger, Brahimi (Sporting) und Slimani (Porto) spielten starke Spiele in der Champions League.

Nur die Geographie spricht gegen Algerien: Zum einen wurde praktisch nie ein Maghreb-Team südlich der Sahara Champions, zum anderen fehlt es an der Publikums-Unterstützung, die es in Marokko gegeben hätte.

Ghana. Teamchef: Avraam Grant
Ghana. Teamchef: Avraam Grant

Ghana hätte grundsätzlich auch seit Jahren das Potenzial für den großen Wurf, scheitert aber regelmäßig mehr an sich selbst als an den Gegnern. Wer auch immer gerade Teamchef war – und von denen gab es in den letzten Jahren alarmierend viele – schaffte es nicht, eine echte Einheit zwischen sich, dem Team (das auch untereinander) und dem Verband zu schaffen. Avraam Grant ist nun auch schon der zweite Trainer seit der WM, bei der man so ziemlich alles verkehrt machte, was man verkehrt machen kann, und dennoch beinahe ins Achtelfinale eingezogen wäre – in einer echt nicht leichten Gruppe.

Die Stärken und Schwächen sind altbekannt. Die Abwehr ist solide, aber der Torhüter ist ein gigantisches Problem. Das Zusammenspiel nach vorne ist grundsätzlich gut, aber Kapitän Asamoah Gyan braucht einfach viel zu viele Chancen. Dazu gibt es seit Jahren immer wieder Kandidaten, denen im Zweifel ihr Ego vor dem Team geht – Gyan ist da oft ganz vorne dabei, auch die Ayew-Brüder sind als problematisch bekannt. Immerhin hat Grant auf notorische Unruhestifter wie Sulley Muntari und Kevin-Prince Boateng verzichtet.

Südafrika. Teamchef: Ephraim Mashaba
Südafrika. Teamchef: Ephraim Mashaba

Auf dem Papier sollten Algerien und Ghana durchgehen, aber auch Südafrika sollte man nicht unterschätzen. Nach dem Heim-WM 2010, bei der man überfordert war und dem erschreckenden Auftritt beim Heim-Afrikacup 2013 scheint man nun unter Ephraim „Shakes“ Mashaba – der im Sommer Ex-Admira-Kicker Gordon Igesund abgelöst hat – die Kurve bekommen zu haben. Unter Mashaba ist eine klare taktische Marschrichtung zu erkennen, die unter Igesund völlig fehlte.

Das Spiel der Bafana Bafana unter Mashaba ist ballbesitzorientiert. Die aufrückenden Außenverteidiger sorgen für die Breite im Spiel, während die Mittelfeld-Außen Manyisa (Orlando Pirates) und Masango (Kaizer Chiefs) nach innen rücken. Der bullige Tokelo Rantie (vom englischen Zweitligist Bournemouth) bearbeitet vorne den Strafraum, während sein fast zierlicher Sturmpartner Bongani Ndulula (AmaZulu) um ihn herum wuselt.

Was Südafrika aber auf den Kopf fallen könnte, ist die fehlende individuelle Klasse. Der Großteil der Mannschaft rekrutiert sich zwar weiterhin aus der selbst im afrikanischen Vergleich wertlosen südafrikanischen Liga und viele Resultate in der Qualifikation waren knappe, erkämpfte Arbeitssiege. Aber immerhin sehen die Beobachter in Südafrika nach einer langen Dürreperiode wieder so etwas wie Hoffnung.

Senegal. Teamchef: Alain Giresse
Senegal. Teamchef: Alain Giresse

Die Hoffnungen auf ein gutes Abschneiden beim Senegal ruhen zu einem beträchtlichen Teil auf Sadio Mané. Der Ex-Salzburger, der ein wesentlicher Bestandteil des Premier-League-Wunders von Southampton ist, meldete sich nun doch trotz einer Wadenverletzung fit.

Unter Teamchef Alain Giresse, der vor drei Jahren Mali auf den dritten Rang geführt hat, setzte in der Qualifikation auf ein 3-4-1-2, in dem Mané hinter den beiden Spitzen spielt. Überhaupt ist es beim Senegal schon lange so, dass es eine große Auswahl an Offensiv-Optionen gibt, aber der Rest der Mannschaft nicht so prominent besetzt ist. Die Dreierkette ist in der Regel mit Sané (Bordeaux), Mbodji (Genk) und Djilobodji (Nantes) besetzt, davor bilden Gueye (Lille) und Kouyaté (der bei West Ham eine großartige Saison spielt) die Basis im Mittelfeld. Die Außenbahnen gehören M’Bengue (Rennes) und Badji (Brann Bergen).

Wie es den individuellen Stärken der Mannschaft entspricht, legt der Senegal gerne den Vorwärtsgang ein. Ob das Team als Ganzes stark genug ist, um an die großen Erfolge vor zehn, fünfzehn Jahren anzuschließen – als man im WM-Viertelfinale und im Afrikacup-Finale stand – ist auch angesichts der harten Gruppe aber fraglich.

Der alte Großadel

Kamerun. Teamchef: Volker Finke
Kamerun. Teamchef: Volker Finke

In der Gruppe D treffen zumindest zwei nominelle afrikanische Schwergewichte aufeinander. Gespannt darf man vor allem auf den Kamerun sein. Denn nach der unfassbar peinlichen WM, als weder intern (Grüppchenbildung, Streit um die Prämien, in Frage gestellte Autorität des Trainers) noch auf dem Feld (viel zu passiv, viel zu undiszipliniert) auch nur irgendetwas stimmte, hat Volker Finke das Team nun doch in den Griff bekommen.

Das Samuel Eto’o sein krankhaftes Ego in den Mittelpunkt stellt, dass Alex Song Gegenspielern über das halbe Feld nachrennt nur um ihnen einen Faustschlag in den Rücken zu verpassen, dass Benoit Assou-Ekotto während des Spiels Mitspieler watscht – all das gibt es nun nicht mehr, weil keiner der drei Dickköpfe mehr dabei ist. Stattdessen hat Finke, wie schon einst in Freiburg, die Pressing-Maschine angeworfen. Stéphane Mbia, Europa-League-Sieger von Sevilla, hat er dabei vom Mittelfeld in die Verteidigung zurückgezogen.

Die Abwehr, seit Längerem schon ein besonderes kamerunisches Sorgenkind, soll dank der extrem proaktiven Spielweise gar nicht erst groß gefordert werden. Dazu beteuern die Spieler, die Lektionen gelernt zu haben – zum einen aus dem eigenen, regelmäßigen An-sich-selbst-Scheitern der Ära Eto’o, zum anderen aus den Titelgewinnen von Sambia 2012 und von Nigeria 2013. Beide waren ja jeweils als geschlossene Einheit und mit Ruhe im Kader Afrikacup-Sieger geworden.

Côte d'Ivoire. Teamchef: Hervé Renard
Côte d’Ivoire. Teamchef: Hervé Renard

Stichwort Sambia: Dort führte ja Hervé Renard die Chupolopolo vor drei Jahren zum sensationellen Turniersieg. Der blode Franzose mit der Vorliebe für weiße Hemden wurde nun vom ivorischen Verband verpflichtet, um nach dem Team-Rücktritt von Didier Drogba den Umbruch einzuleiten und gleichzeitig möglichst jenen Titel zu holen, der in den letzten zehn Jahren mit bemerkenswerter Konsequenz stets verpasst wurde.

Nun ist Yaya Touré der unumstrittene Boss im Team. Wie schon bei der WM wird Wilfried Bony, einer der beständigsten und besten Premier-League-Stürmer des letzten Jahres (und daher von Swansea zu Man City wechseln wird), Drogbas Rolle als Sturmspitze übernehmen. Genügend Talent für ein gutes Abschneiden ist immer noch da, dazu sind die Ivorer fast schon traditionell das wohl körperlich robusteste Team des Kontinents. Aber es fehlt ein wenig an der Ausgeglichenkeit im Kader: Die Außenverteidiger Tiene (Montpellier) und Aurier (hin und wieder bei PSG im Einsatz) sind keine echten Topleute, Kolo Touré (Liverpool) wird immer langsamer und sein IV-Partner Viera (Rizespor) hat kaum Erfahrung. Die Position neben Newcastles Tioté ist nur mit Notlösungen bestückt, egal ob Diomandé (St. Etienne), Serey-Dié (bei Basel am Abstellgleis) oder Doukouré (Metz) spielt.

Schon in der Quali bekam man es mit Kamerun zu tun, verlor auswärts 1:4 und kam daheim nicht über ein 0:0 hinaus.

Dass das Viertelfinale das absolute Minimal-Ziel ist, ist klar – daran darf auch Mali nichts ändern. Mit Altstar Keita (Roma), Linksaußen Maiga (Metz) und Linksverteidiger Tamboura (Randers) gibt es einzelne Spieler von guter Qualität, für das Viertelfinale ist es aber wohl zu wenig – wiewohl man nicht außer Acht lassen darf, dass Mali zuletzt fast immer über den Erwartungen blieb. Die letzten zwei Afrikacups schloss Mali jeweils auf dem dritten Platz ab. Mit Kadern, die auf dem Papier kaum über die Gruppenphase hinauskommen hätte sollen.

Guinea, wie schon 2012 vom Franzosen Michel Dussuyer betreut, kommt mit nur einem einzigen Spieler zum Turnier, der halbwegs regelmäßig in einer guten Mannschaft einer starken Liga spielt – Ibrahima Traoré von Borussia Mönchengladbach. Auch der Salzburg-Legionär Naby Keita ist dabei und Ex-Milan-Linksverteidiger Kevin Constant (Trabzonspor). Für diese Truppe wäre jeder Punktgewinn ein schöner Erfolg. Das Viertelfinale ist Utopie.

Der Finalist und der Gastgeber

Burkina Faso. Teamchef: Paul Put
Burkina Faso. Teamchef: Paul Put

Überraschender Finalist vor zwei Jahren war die Mannschaft aus Burkina Faso mit ihrem umstrittenen belgischen Teamchef Paul Put, der wegen eines Manipulations-Skandals aus seiner Heimat geflüchtet war. Er hatte dem Underdog eine klare, erfolgreiche, aber auch nicht besonders aufregende taktische Marschroute verpasst, die diese mit großem Erfolg umsetzte. Nach dem Finale 2013 schrammte man nur knapp an einer WM-Teilnahme vorbei, scheiterte haarscharf an Algerien.

Das Mittelfeld-Zentrum mit Djakaridja Koné (Evian) und Kaboré (Kuban Krasnodar) agiert sehr defensiv, schirmt die Abwehr mit Kapitän Bakary Koné (Lyon) und Yago (Toulouse) zusätzlich ab. Dafür gehen die Außenverteidiger Bambara (U. Cluj) und Koffi (Zamalek Kairo) konsequent mit nach vorne, wo die eher schmächtigen Pitroipa (früher Freiburg, HSV und Rennes, jetzt Al-Jazira in Abu Dhabi) und Zongo (Almería) zwei eher schmächtige Wusler von Außen gerne nach innen ziehen. Als hängende Spitze agiert Alain Traoré (Lorient), vorne streiten sich der jähzornige Schlacks Bancé (mittlerweile bei HJK Helsinki) und der Admiraner Issiaka Ouedraogo um den Startplatz.

Die Kaderqualität reicht normalerweise bestenfalls für das Viertelfinale. Aber erstens war das vor zwei Jahren auch schon so, und zweitens ist man in einer recht leichten Gruppe gelandet.

Obwohl da auch der unverhoffte Gastgeber wartet. Dass Äquatorialguinea mit den eigenen Fans im Rücken zu einigem fähig ist, hat der Viertelfinal-Einzug beim Heim-Afrikacup vor drei Jahren gezeigt. Aber, mal ehrlich: Eine Ansammlung aus Kickern von spanischen Nachwuchs- und Amateurliga-Mannschaften, aus den Ligen von Andorra, Malta, Vietnam und Indien – mit Spielmacher Javier Balboa (Estoril) und den Zweitliga-Kickern Nsue (rechte Außenbahn, Middlesbrough) und Randy (linke Außenbahn, Iraklis) gibt es nur drei halbwegs ernst zu nehmende Spieler im Kader. Dazu wurde vor zwei Wochen noch Teamchef Goikoetxea entlassen, der Argentinier Estebán Becker ist kurzfristig eingesprungen.

Deutlich höher ist der andere Co-Gastgeber von 2012, Gabun, einzuschäten. Das Team um Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang hat sich nicht nur auf sportlichem Wege qualifiziert, sondern verfügt auch über einige Spieler, die noch wissen, wie sich ein großes Turnier auf eigenem Boden anfühlt. Die Mittelfeld-Achse mit Poko (Bordeaux) und Madinda (Celta Vigo) war ebenso Teil einer aufregenden Mannschaft wie Innenverteidiger Ecuele-Manga (Cardiff) und der starke Torhüter Didier Ovono (Oostende). Um sie herum hat der portugiesische Teamchef Jorge Costa – der als Spieler beim FC Porto unter Mourinho Champions League und UEFA-Cup gewonnen hat – eine junge Truppe geformt, die ungeschlagen durch die Quali ging. Gruppengegner Burkina Faso wurden dabei vier Punkte abgeknöpft.

Der vierte im Bunde der Gruppe A ist die Mannschaft aus dem Congo. Auf dem Papier kein echter Viertelfinal-Kandidat, aber die No-Name-Truppe von Afrikacup-Veteran Claude le Roy hat in der Qualifikation Nigeria hinter sich gelassen. Die prominenteste Spieler im Kader sind Sechser Delvin N’Dinga, der 2007 bei der U-20-WM gegen Österreich spielte und später für Auxerre und Olympiakos in der Champions League aktiv war, und Thievy Biefouma von Primera-Division-Klub Almería.

Die Gruppe der Geheimtipps

Tunesien. Teamchef: Georges Leekens
Tunesien. Teamchef: Georges Leekens

Ähnlich wie bei Südafrika spielt auch der Großteil des tunesischen Kaders in der heimischen Liga. Der Unterschied zur Bafana Bafana: Die Liga der Adler von Karthago ist tatsächlich halbwegs stark. Das hat sich seit dem letzten Afrikacup, der für Tunesien mit einem verdienten Vorrunden-Aus geendet hat, nicht verändert.

Sehr wohl verändert hat der Belgier George Leekens, der den etwas überforderten Sami Trabelsi ablöste, aber den Kader. Mit Abwehrchef Aymen Abdennour (Monaco) und Flügelspieler Youssef Msakni (Lekhwiya in Katar) sind nur zwei Stammspieler von 2013 auch jetzt in der engeren Auswahl, mit Torhüter Mathlouthi (ES Sáhel) und Spielmacher Yassine Chikhaoui (FC Zürich) gibt es nur zwei weitere, die schon länger im Kreis der Nationalmannschaft sind. Aber bei allem Talent im Vorwärtsgang ist das Toreschießen selbst das wohl größte Problem Tunesiens. Das war schon vor zwei Jahren so, und auch den Viertelfinal-Einzug 2012 hatte man eher der individuellen Klasse von Msakni und Bilel Ifa (der Rechtsverteidiger ist nicht mehr dabei) zu verdanken.

Dennoch ist Tunesien ein nicht zu unterschätzender Underdog und zudem ist der Verband – als einer der wenigen in Afrika – nicht dafür berüchtigt, „poorly run“ zu sein.

Der vermutlich härteste Gegner dürfte die Mannschaft aus Kap Verde werden. Das Team von der Inselgruppe profitierte in den letzten Jahren von ausgezeichnetem Scouting nach irischem Vorbild (viele Portugiesen mit kapverdischen Wurzeln wurden eingebürgert) und von der hervorragenden Arbeit von Luis Antunes. Der ehemalige Teamchef nahm vor einem Jahr ein lukratives Angebot aus der angolanischen Liga an, sein Nachfolger Rui Aguas war klug genug, nicht alles über den Haufen zu werfen.

Bis auf den zurückgetretenen Innenverteidiger Nando Neves kommt Kap Verde mit der gleichen Besetzung an wie vor zwei Jahren, als man im Viertelfinale als klar überlegenes Team unglücklich gegen Ghana verlor. Man setzt auf ein 4-3-3 mit spielintelligenten Stürmern, die sich darin verstehen, die Spieleröffnung des Gegners zu kappen. Technisch ist man sowieso auf der Höhe und man kann auch einige Spieler aus guten Teams in guten Ligen aufbieten. So etwa Flügelstürmer Ryan Mendes (Lille), Stürmer Heldon (Sporting Lissabon), Achter Babanco (Estoril) oder Angreifer Djaniny (Santos Laguna in Mexiko). Das Viertelfinale ist absolut möglich, auch ein Halbfinal-Einzug ist absolut im Bereich des Möglichen.

Das ist es für Sambia so gut wie sicher nicht. Der Überraschungs-Titelträger von 2012 ist vor zwei Jahren mit dem Vorrunden-Aus auf dem Boden der Realität gelandet, auch Erfolgstrainer Hervé Renard ist nicht mehr mit an Bord. Der Nukleus des Meister-Kaders ist zwar immer noch dabei, aber der Überraschungs-Effekt ist längst weg. Die Gegner wissen, wie man den Sambiern beikommt – indem man ihnen den Ball gibt, nämlich. Wenn Sambia flink umschalten und kontern kann, sind die Chupolopolo gefährlich. Diesen Gefallen wird ihnen aber vor allem Kap Verde im wahrscheinlichen Schlüsselspiel um den Viertelfinal-Einzug nicht machen.

Grundsätzliche Qualität hätte auch die DR Kongo zu bieten, hier ist es aber wiederum ein heilloser Verband, der viel kaputt macht. 2013 war der damalige Teamchef Le Roy sogar drei Tage vorm Turnierstart entnervt zurückgetreten, konnte dann aber zum Bleiben überredet werden. Der aktuelle Trainer Florent Ibengé – einer von nur drei afrikanischen Trainern neben Südafrikas Mashaba und Sambias Honour Janza – kann aber eben durchaus auf Qualität zurückgreifen. Zum einen vom afrikanischen CL-Finalisten Vita Club, den Ibengé ebenfalls trainiert, zum anderen auf Europa-Legionäre wie die Stürmer Dieumerci Mbokani (Dynamo Kiew) und Yannick Bolasie (Crystal Palace), Achter Youssouf Mulumbu (West Bromwich) und dem hochtalentierten Innenverteidiger Mangulu Mbemba (Anderlecht).

afrikacup

Es ist dies die bereits 30. Auflage des Turniers, zum zweiten Mal nach 2012 (als mal Co-Gastgeber neben Gabun war) ist Äquatorialguinea der Austragungsort. Rekordsieger ist Ägypten mit sieben Triumphen, aber nach dem Titel-Hattick 2006, 2008 und 2010 unter dem legendären Hasan Shehata gab’s nun den Nicht-Qualifikations-Hattick – kein Ruhmesblatt.

Aber auch Titelverteidiger und WM-Achtelfinalist Nigeria hat sich nicht qualifiziert, weil man – wie nicht anders zu erwarten war – nach dem Abgang von Teamchef Stephen Keshi, der den Laden halbwegs zusammen gehalten hat, alles wieder im puren Chaos versank. Auch Angola – ein Land mit reicher Liga und unzulänglichen Strukturen – hat den Cut nach fünf Teilnahmen en suite nicht geschafft. Dabei hatte man sich selbst als aufstrebende Fußball-Macht betrachtet.

afrikacup finals

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Ballverliebt Classics: Senegal 2002 – in memoriam Bruno Metsu https://ballverliebt.eu/2013/10/24/ballverliebt-classics-senegal-2002-in-memoriam-bruno-metsu/ https://ballverliebt.eu/2013/10/24/ballverliebt-classics-senegal-2002-in-memoriam-bruno-metsu/#comments Thu, 24 Oct 2013 14:21:18 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9686 Ballverliebt Classics: Senegal 2002 – in memoriam Bruno Metsu weiterlesen ]]> metsuBruno Metsu ist tot, der Franzose erlag 59-jährig einem Krebsleiden. Der Name des Trainers, dessen Markenzeichen seine wallende Haarmähne war, wird immer untrennbar mit einer der größten Leistungen verbunden bleiben, die je ein Underdog bei einem großen Turnier geschafft hat: Dem Viertelfinal-Einzug mit dem vor und auch nach seiner Ära international irrelevanten Team aus dem Senegal bei der WM-Endrunde 2002.

Zwei Jahre zuvor hatte der damals 46-Jährige, nach einigen Stationen in Frankreichs zweiter Liga, das Team übernommen. Nach einem achtbaren Afrikacup-Viertelfinale startete man noch unter Vorgänger Peter Schnittger nur mit zwei Remis in eine schwere WM-Quali-Gruppe mit Marokko, Ägypten und Algerien. Dann kam Metsu und der Aufstieg bekann.

Vor dem letzten Quali-Spieltag lag der Senegal in der Fünfergruppe auf Rang drei, aber nur der Sieger löste das WM-Ticket. Vorne lag Marokko mit 15 Zählern, war aber in der letzten Runde spielfrei. Mit je 12 Punkten folgten Ägypten und Senegal, beide aber mit einer besseren Tordifferenz als Marokko. Die Ausgangslage für Senegal war klar: Man musste drei Tore höher gewinnen als zeitgleich Ägypten bei deren Erzfeind Algerien.

Senegal gab in Namibia also Vollgas, führte zur Halbzeit schon 3:0, während es im Parallelspiel 0:0 stand. Das hätte gereicht. Nach einer Stunde ging Ägypten 1:0 in Führung – Senegal brauchte wieder ein Tor. Es gab zwei, stand zehn Minuten vor dem Ende 5:0, womit Ägypten wieder eines brauchte. Doch Algerien glich sogar aus. Dabei blieb es: Senegal sprang auf Gruppenplatz eins und war bei der WM in Südkorea und Japan dabei.

Und bekam neben Dänemark und Uruguay auch Frankreich zugelost. Sogar im Eröffnungsspiel.

Frankreich nimmt Senegal nicht ernst…

Frankreich war der amtierende Welt- und Europameister, hatte in seinem Kader die aktuellen Torschützenkönige aus der Premier League (Henry), der Serie A (Trezeguet) und der Ligue I (Cissé). Senegal gab im Eröffnungsspiel in Seoul niemand eine Chance, dam Team wurde im Vorfeld als „Frankreich B“ belächelt. Weil bis auf Leboeuf keiner aus der französischen Start-Elf in der Ligue I spielte, beim Senegal aber mit Ausnahme des zweiten und des dritten Torhüters der komplette Kader in Frankreich engagiert war. Nicht mal, dass Zinedine Zidane mit einem Muskelfaserriss fehlte, wurde als wirkliches Problem empfunden.

Senegal - Frankreich 1:0 (1:0)
Senegal – Frankreich 1:0 (1:0)

Und dann kam Senegal. Mit einer Spielanlage, die den Franzosen überhaupt nicht schmeckte: In einem 4-3-3 mit weit zurück gezogenen Außenstürmern und einer Mittelfeld-Zentrale, die ein Pressing aufzog, dass es eine Freude war. Vor allem was die körperliche Robustheit angeht, hatten Sechser Aliou Cissé und die beiden Achter Salif Diao und vor allem Papa Bouba Diop klare Vorteile gegenüber dem eher schmalen Djorkaeff und dem eleganten, aber langsamen Emmanuel Petit.

Statt Zidane spielte Djorkaeff – 34, mit seiner besten Zeit hinter sich und bei Bolton unter Vertrag – einen seltsamen Hybrid aus halbrechter Achter, aus Zehner und aus Linksaußen. Durch seine ständigen Positionswechsel entging er zwar der direkten Bewachung von Aliou Cissé, er überließ aber Petit und Vieira alleine die Arbeit gegen das extrem giftige senegalesische Mittelfeld-Trio.

Das Fehlen eines Verbindungsspielers zwischen Defensive und Offensive und die Tatsache, dass Petit und vor allem Vieira viel in Zweikämpfe verwickelt wurden, limitierte Frankreich zu langen Bällen von Petit auf die Flügelspieler Wiltord und Henry, die der starke Daf und der herausragende Coly aber in guten Händen waren.

…und wird bestraft

Die vielen Ballverluste in der Vorwärtsbewegung gegen das pressende Zentrum Senegals und die Tatsache, dass Sturmspitze Diouf links auftauchte, rechts auftauchte, ständig an der Abseitslinie lauerte (und auch 12-mal in selbigem stand) – all das beunruhigte Frankreich nicht. Anders ist es auch nicht zu erklären, dass Desailly als Libero oft ins Mittelfeld aufrückte und den hüftsteifen Leboeuf alleine gegen den quirligen Diouf spielen ließ. Trezeguets Lattenschuss nach 22 Minuten schien dem Titelverteidiger zu versichern: Wir haben unsere Chancen, das wird schon.

Ehe nach einer halben Stunde Djorkaeff im Aufbau ein kurzes Anspiel von Vieira viel zu lässig annehmen wollte, von Salif Diao den Ball abgeluchst bekam, und Frankreich einmal mehr in der Vorwärtsbewegung erwischt war. Über den pfeilschnellen Diouf, der auf der linken Seite durchging, kam Senegal nach vorne, vor seiner Flanke ließ er noch Leboeuf wie einen Schlusjungen aussehen. Die Flanke selbst wurde erst von Desailly abgefälscht, Petit wollte klären und schoss dabei Barthez an, der Ball hüpfte Bouba Diop vor die Füße – und im Fallen stocherte er die Kugel über die Linie.

Zittern erst am Ende

Linksverteidiger Lizarazu schaltete sich viel in die Offensive ein, brachte aber wenig Konkretes zu Stande. Wiltord rieb sich gegen Daf völlig auf. Und Djorkaeff war eine Vorgabe, weshalb er nach einer Stunde Christophe Dugarry wich. Damit stellte Frankreichs Teamchef Lemerre auf ein schiefes 4-2-2-2 um, wie es ganz ähnlich auch sein Nachfolger Santini bei der EM zwei Jahre später spielen sollte: Mit Lizarazu hoch und Henry als Mittelding aus Linksaußen und Mittelstürmer, dazwischen mit Dugarry auf der linken Halbposition.

Mit schwindenden Kräften versuchten die Senegalese viel schneller und weniger durchdacht, Diouf zu schicken. Obwohl es noch für einen Alu-Treffer reichte, wurde es in der letzten halben Stunde ein Zittern für den Außenseiter, auch weil wenig später auch Henry am Pfosten scheiterte. Lemerre brachte Djibril Cissé für den abgemeldeten Wiltord, ließ den extravaganten, bulligen Mittelstürmer aber wie Wiltord als Rechtsaußen spielen – wo er sich sichtlich nicht wohl fühlte.

Erst fehlte Frankreich das Bewusstsein, dass diese senegalesische Mannschaft wirklich ein Problem sein könnte, dann konnte man den Schalter nicht so recht umlegen, und wenn es doch gelang, in Abschlussposition zu kommen, scheiterte man entweder am Torgestänge oder am hervorragenden Torhüter Tony Sylva – dem dritten Keeper des AS Monaco. Nach 93 Minuten und sechs Sekunden pfiff Referee Ali Bujsaim ab, Senegal hatte den haushohen Favoriten zu Fall gebracht.

Am Feld ordneten sich auch schwierige Charaktere unter

Im Vorfeld der zweiten Partie gegen Dänemark bekam Senegals Kapitän Aliou Cissé Probleme mit der Achillessehne (womit Metsu sein Sechser nicht zur Verfügung stand) und Khalilou Fadiga Probleme mit dem Gesetz. Der Mann vom AJ Auxerre ließ es sich nämlich nicht nehmen, bei einem Juwelier eine Halskette um 280 Euro mitzunehmen, ohne aber dafür zu bezahlen. Wegen des geringen Beutewerts und dank gutem Willen des Juweliers blieb Fadiga ohne Strafe.

Generell galt Metsu als ein Trainer, der es hervorragend verstand, auf die völlig unterschiedlichen Typen in seiner Mannschaft sehr individuell einzugehen. Schwierige Persönilchkeiten wie der auch im Privatleben eher exaltierte Diouf ließ er an der langen Leine, während gesetteltere Typen wie etwa Rechtsverteidiger Ferdinand Coly auch von innerhalb des Kaders dafür sorgten, dass alle an einem Strang zogen. So scherte auf dem Feld keiner aus, und das Kollektiv war besser als die Einzelteile.

Dänen frustrieren Senegal

Die Spielweise der Senegalesen war den Dänen, die in ihrem ersten Spiel Uruguay 2:1 besiegt hatten, natürlich nicht verborgen geblieben. Dänemark war, schon damals unter Morten Olsen, schon ein taktisch sehr progressives Team mit einem modernen 4-2-3-1, einem bulligen Abräumer vor der Abwehr (Tøfting), einem Spieleröffner als Achter (Gravesen) und mit robustem Forchecking im Mittelfeld. In letzterem also den Senegalesen sehr ähnlich.

Senegal - Dänemark 1:1 (0:1)
Senegal – Dänemark 1:1 (0:1)

Was in der brütenden Nachmittagshitze von Daegu dem Nervenkostüm der Beteiligten nicht gut tat. Die Dänen gingen ihrerseits im Mittelfeld sehr aggressiv auf ihre Gegenspieler, bei Senegal fehlte im Zentrum aber ganz deutlich die Ruhe, die Cissé-Ersatz Pape Sarr nicht ausstrahlen konnte. Zudem stand die Abwehrkette von Dänemark deutlich tiefer als jene von Frankreich. Das hatte mehrere für Senegal negative Folgen.

Zum einen nämlich konnte man das Pressing- und Umschaltspiel, das gegen Frankreich so gut funktioniert hatte, nicht ausspielen; und zum anderen fehlte Diouf der Platz im Rücken der Abwehr, in den er steil gehen konnte. So bewegte er sich zwar auch diesmal viel im Abseits, strahlte aber keine Gefahr aus.

Das Pärchen aber, das sich am heißesten liebte, waren Khalilou Fadiga und Thomas Helveg. Schon nach zehn Minuten hätte Fadiga schon nach einem Ellbogenschlag Rot sehen müssen, der ansonsten gute Referee Batres aus Guatemala übersah die Szene aber, gab sogar Foul gegen Helveg. Von da an war der kaum mehr zu bändigen.

Zu sagen, das Spiel wäre flapsig formuliert eine 90-minütige Massenschlägerei gewesen, wäre dann doch zu hart, aber auf dem Feld herrscht sehr wohl eine sehr vergiftete Atmosphäre. Und wie sehr Senegal von der extrem körperpetoten Gangart der Dänen beeindruckt waren, zeigte sich auch an dem völlig patscherten Rempler von Diao an Tomasson, der den fälligen Elfer nach einer Viertelstunde zum 1:0 für Dänemark verwertete.

Metsu stellt um, personell und inhaltlich

Den als Sechser gegen das dänische Körperspiel und den starken Tomasson überforderten Sarr nahm Metsu für die zweite Halbzeit ebenso vom Feld wie Rechtsaußen Moussa N’Diaye. Er brachte aber nicht nur mit Henri Camara und Souleymane Camara zwei Offensivkräfte, sonder stellte auch sein System auf ein 4-2-1-3 um. Diao und Bouba Diop spielten nun eine Doppel-Sechs gegen Tomasson, Fadiga war der Freigeist vor den beiden; während Henri (rechts) und Souleymane (links) nun Diouf flankierten.

Dazu presste Senegal die Gegenspieler nun nicht erst in der eigenen Hälfte an, sondern schon deutlich weiter vorne. Olsen reagierte auf das sich verändernde Spiel und brachte für statt Gravesen nun mit Christian Poulsen einen frischen Gegenspieler für den nun zentral agierenden Fadiga; davor hatte schon der von Coly komplett abmontierte und entsprechend frustrierte Grønkjær für Jørgensen Platz gemacht.

Die Dänen zeigten sich beeindruckt und nach einem Weltklasse-Konter zum 1:1 sogar schwer getroffen. Henri Camara hatte am eigenen Strafraum den Ball von Jørgensen erobert, 13 Sekunden und vier Stationen später schlug es am anderen Ende des Feldes ein. Salif Diao, dessen Wechsel vom damaligen französischen Erstligisten CS Sedan zu Liverpool bereits feststand, schloss den Konter mit einem Außenristschuss ab.

Auch in der Folge war Senegal klar am Drücker. Fadiga hätte gleich das zweite Tor nachlegen können (58.), Souleymane Camara vergab etwa eine Riesenchance (69.), Diatta kam danach bei einer Ecke frei zum Kopfball (72.). Die drückende Überlegenheit der Senegalesen gegen ein in sich zusammen klappendes dänisches Team endete erst mit Diaos Attentat auf Henriksens Schienbein, für das der Torschütze zu Recht die rote Karte sah. Metsu nahm Souleymane Camara wieder aus dem Spiel, brachte mit Habib Beye einen Defensiven, und ließ in einem 4-4-1 das Unentschieden über die Zeit verwalten.

Keine Missionars-Arbeit

Dass in Afrika andere Gepflogenheiten herrschen, als in Frankreichs zweiter Liga, wurde Metsu nach seinem Engagement schnell klar. Er versuchte aber nicht, dem mitunter etwas eigenwilligen Umfeld europäische Humorlosigkeit überzustülpen, Metsu begriff, dass das kontraproduktiv gewesen wäre. Die fünf Voodoo-Priester, die der Fußballverband beschäftigte, ließ er gewähren. Was ihm wohl auch deshalb nicht so schwer fiel, weil er sich im Senegal sehr wohl fühlte. Er lernte eine Senegalesin kennen und lieben, heiratete sie, und konvertierte nach der WM ihr zuliebe sogar zum Islam.

Seine totale Identifikation mit dem Land und mit der Mannschaft, verbunden mit der Erkenntnis, dass die Mannschaft unter ihm einem dramatischen Schritt nach vorne gemacht hat, verliehen Metsu in seinem Team eine Autorität, die nicht auf Angst fußte, sondern auf Kollegialität. „Man kann mit Bruno über alles reden, sogar über Sex“, grinste Elhadji Diouf während der WM.

Uruguay bereitet Probleme…

Vor dem letzten Gruppenspiel gegen Uruguay war klar, dass ein Remis auf jeden Fall für das Achtelfinale reicht. Doch die Urus, die ihrerseits einen Sieg benötigten, bereiteten schon aufgrund ihrer Formation einige Probleme. Das 3-4-3 von Victor Pua war ob der Dreierkette hinten deutlich weniger anfällig für Dioufs Tänze an der Abseitslinie, weil statt zwei hier natürlich drei Spieler da waren, die den flinken Stürmer stellen konnten. Zudem wurde durch die Wing-Backs der Urus im Notfall hinten eine Fünferkette gegen Außenstürmer aufgefädelt – was aber selten der Fall war.

Senegal - Uruguay 3:3 (3:0)
Senegal – Uruguay 3:3 (3:0)

Die Senegalesen konnten ihr auf Ballgewinn im Zentrum ausgelegtes Spiel nicht aufziehen, weil Uruguay den Ball ganz einfach nicht ins Zentrum kommen ließ. Zwar hatten García und Romero in der Theorie eine 2-gegen-3-Unterzahl im Zentrum, aber weil das Spiel der Urus ohnehin darauf ausgelegt war, mit langen Bällen die trickreichen Außenstürmer Recoba und Silva ins Spiel zu bringen, bekam Senegal im Zentrum keinen Zugriff. Und was noch dazu kam: Uruguay war ein sehr körperbetont spielendes Team voller harter Arbeiter, in der es mit Álvaro Recoba von Inter Mailand, dem damals bestbezahlten Spieler der Welt, nur einen echten Künstler.

…trotz 0:3-Rückstands

Dennoch lag Senegal zur Halbzeit 3:0 voran – ein Hohn eigentlich, wenn man sich den Spielverlauf betrachtet. Das 1:0 resultierte aus einem geschenkten Elfer, den Diouf mit einer klaren Schwalbe herausgeholt hatte; es folgten zwei sinnvoll aufgezogene Konter, die beide von Bouba Diop zu Toren abgeschlossen worden – einer davon noch dazu aus Abseits-Position.

Pua ging nach dem Seitenwechsel natürlich volles Risiko. Morales ersetzte als Sturmspitze den glücklosen Abréu, dazu kam Diego Forlán für Sechser Romero. Forlán spielte als rechter Wing-Bank, der vom nach innen gerückten späteren Schalke-Legionär Varela abgedeckt wurde. Kaum eine halbe Minute nach Wiederanpfiff stocherte Morales den Ball zum 1:3 über die Linie, und Forlán besorgte in der Folge mit einem Tausendguldenschuss das 2:3.

Metsu nahm den schwer gelb-rot-gefährdeten Coly (der schon in der 1. Minute Gelb sah, Daf keine 120 Sekunden später) für vom Feld, um ihn vor dem schwer überforderten holländischen Referee Jan Wegereef zu schützen, dazu kam Amdy Faye als defensivere Alternative für N’Dour (der für den gesperrten Diao in die Start-Elf gerückt war) und Moussa N’Diaye, der seinen Startplatz an Henri Camara verloren hatte, für eben diesen. Und obwohl Uruguay drückte, sah es so aus, als sollte Senegal das 3:2 über die Zeit zittern.

Am Ende war’s auch Glück

Bis der für Coly gekommene Beye in der 87. Minute im Strafraum den Ball erreichen wollte, und Morales zu Boden sackte – ohne aber auch nur annähernd von Beye getackelt zu werden. Wegereef war einmal mehr auf eine Schwalbe hereingefallen, Recoba verwandelte sicher und die Urus hatten zwei Minuten später sogar noch die Riesen-Chance auf den Sieg. Rodríguez kam aus 20 Metern zum Schuss, Diatta klärte für den schon geschlagenen Sylva per Kopf. Der steil nach oben prallende Ball fiel genau zu Uru-Stürmer Morales, der einen Meter vor dem leeren Tor zum Kopfball kam – und rechts am Gehäuse vorbei zielte…

Senegal hatte das 3:3 und damit den Achtelfinal-Einzug gerettet, das aber wegen des holländischen Kartenspielers auch teuer bezahlt. Khalilou Fadiga würde das anstehende Spiel gegen Schweden gesperrt verpassen. Was allerdings mit Tunesien, Kamerun, Nigeria und Südafrika auch die anderen vier afrikanischen Teams zutraf, ebenso wie für die von Senegal im Eröffnungsspiel besiegten Franzosen und mit Argentinien auch er zweite Top-Favorit. Schon im Achtelfinale waren nur noch Außenseiter übrig, ein Feld, in das Senegal so gesehen gut passte.

„Le sorcier blanc“

Senegal, so sagte Mestu später einmal, habe ihm die Lust am Fußball wiedergegeben. Er selbst sah sich weniger als Taktikfuchs, sondern eher als eine Art „Chef de Mission“, einen, der es versteht, eine Gruppe als Mannschaft zum Funktionieren zu bringen. Weshalb er auch den Spitznamen des „Weißen Zauberers“, der ihm verpasst wurde, nie mochte. Wenn man nicht an seine Spieler glaube und seine Spieler vor allem auch gern habe, so sein Credo, kann man auch keine guten Resultate mit ihnen einfahren.

So wusste er etwa vor dem Eröffnungsspiel um alle die Stärken, die Frankreich zu dieser Zeit hatte. Er entschied sich aber dafür, seiner Mannschaft im Vorfeld ein Video zu zeigen, wo man die Schwächen der einzelnen Spieler beim Welt- und Europameister erkennen konnte. Um nicht in Ehrfurcht zu erstarren, sondern im Gegenteil den Glauben zu vermitteln, dass tatsächlich etwas möglich ist.

Experiment im Achtelfinale: Diouf am Flügel

Daran glaubte man natürlich auch im Achtelfinale, obwohl man gegen Schweden wiederum leichter Außenseiter war. Henke Larsson und Co. hatten die im Vorfeld als „Todesgruppe“ bezeichnete Staffel mit Argentinien, England und Nigeria sogar gewonnen und sie gingen auch gegen den Senegal nach elf Minuten durch einem Larsson-Kopfball nach einer Ecke in Führung. Der Senegal war nun das erste Mal wirklich gezwungen, das Spiel selbst zu machen, und das machten sie gar nicht schlecht.

Senegal - Schweden 2:1 n.V. (1:1, 1:1)
Senegal – Schweden 2:1 n.V. (1:1, 1:1)

Statt des nach seinem Brutalo-Foul gegen Dänemark immer noch gesperrten Salif Diao kam diesmal Amdy Faye ins halblinke Mittelfeld, die entscheidendere Änderung betraf aber Elhadji Diouf. Weil Linksaußen Fadiga fehlte, stellte Metsu seinen schnellen und trickreichen Mittelstürmer an die linke Außenbahn, dafür kam Pape Thiaw zu seinem allerersten Turnier-Einsatz, der 21-Jährige spielte im Sturmzentrum.

Einerseits zog sich Schweden nach dem Tor natürlich zurück, andererseits aber schnürte der Senegal die Skandinavier vor allem durch starkes Flügelspiel auch ziemlich hinten hinein. Auf der rechten Seite war es der einmal mehr bärenstarke Ferdinand Coly, der gemeinsam mit dem recht früh nach innen rückenden un zuweilen als zweite Sturmspitze spielenden Henri Camara für die Breite sorgte, auf der anderen Diouf.

Ihn auf den Flügel zu stellen, erwies sich als Goldgriff von Metsu. Diouf war sehr aktiv, immer anspielbar, verwickelte Mellberg und Jakobsson konsequent in 1-gegen-1-Duelle und wurde defensiv von Daf und Faye adäquat abgesichert. Als Camara nach 37 Minuten den hochverdienten Ausgleich erzielte, war das der neunte Torschuss vom Senegal. Schweden hatte bis dorthin genau einen – und das was das frühe Tor.

Gebremster Schwung

In der zweiten Hälfte stellte Metsu Diouf dann doch wieder ins Zentrum, Thiaw agierte dafür nun rechts und Camara wechselte auf die linke Seite. Er wollte wohl etwas mehr auch das dicht gestaffelte schwedische Zentrum anbohren, um für die Flügelspieler noch mehr Räume zu schaffen. Eine Maßnahme, die aber nicht ganz aufging – denn immer mehr präsentierte sich der Senegal in der zweiten Hälfte als One-Man-Team, in dem praktisch jede gefährliche Aktion nach vorne nur über Diouf ging.

Umso mehr, nachdem sich Innenverteidiger Malick Diop am Sprunggelenk verletzte, nach 66 Minuten raus musste. Weil Metsu keine gleichwertigen Innenverteidiger mehr auf der Bank hatte, musste Habib Beye kommen, dieser ist aber ein reiner Rechtsverteidiger. Somit übernahm Coly den rechten Innenverteidiger-Posten. Was defensiv keinen merkbaren Bruch verursachte, offensiv aber sehr wohl, denn obwohl Coly aus der Innenverteidiger-Position heraus weiterhin seine offensiven Pflichten als RV nachzugehen versuchte, fehlte nun natürlich der Punch aus der Tiefe.

Das Trainer-Duo der Schweden, Tommy Söderberg und Lars Lagerbäck, brachten in dieser Phase mit Andreas Andersson (für die rechte Seite) und dem 20-jährigen Stürmer-Talent Zlatan Ibrahimovic (für die Spitze neben Larsson) zwei neue Offensiv-Kräfte und vor allem Ibrahimovic sorgte zuweilen für mehr als nur Entlastung. Dennoch: Mit einem 1:1 ging’s in die Verlängerung.

Vollgas in der Verlängerung

Anstatt, wie bei Spielen mit Golden-Goal-Regel so oft der Fall, aber nun mehr Vorsicht an den Tag zu legen, gingen beide Teams voll auf den Sieg los. So traf für Schweden gleich mal Anders Svensson, nachdem er Diatta sehenswert aussteigen hat lassen, den Pfosten; im Gegenzug zielte Diouf nur knapp rechts am Tor vorbei. Das Offensiv-Trio des Senegal rochierte nun ziemlich wild: Diouf wich nun wieder viel auf die linke Seite aus; Camara agierte mal links, mal rechts; und Thiaw sorgte für Überzahl-Situationen in Ballnähe.

Und Thiaw war es letztlich auch, der das senegalisische Siegtor vorbereitete: Mit einem schnellen Horizontal-Lauf fünf Meter vor dem Strafraum zog er drei Schweden auf sich, legte mit der Ferse für den vertikal in den entstehenden Raum stoßenden Henri Camara ab. Dieser ging noch an Mjällby vorbei und zog ab: Das Tor, das 2:1, der Einzug ins Viertelfinale. Als erst zweites afrikanisches Team nach dem Kamerun zwölf Jahre zuvor.

Seltsames Turnier

„Der ganze afrikanische Kontinent drückt jetzt uns die Daumen“, hatte Metsu nach der Vorrunde, die seine Mannschaft ja als einzige des Kontinents überstanden hatte, selbstbewusst gesagt. Und in diesem Turnier war in der Tat auch für durchschnittliche Teams sehr viel möglich. Was mehrere Gründe hatte. Zum einen natürlich die übervolle Saison in Europa – zu dieser Zeit bestand die Champions League aus zwei Gruppenphasen, ehe die K.o.-Runde folgte. Dann natürlich die Hitze und gemeinsam mit der Hitze und vor allem der Luftfeuchtigkeit gerade bei den Spielen in Südkorea.

Und auch die im Vergleich zu Turnieren davor und danach zwei Wochen kürzere Vorbereitungszeit (das Turnier startete schon am 31. Mai) trug dazu bei, dass Top-Teams strauchelten und Außenseiter, ohne groß über ihre Verhältnisse zu spielen, weit kommen konnten. Frankreich, Argentinien und Portugal blieben schon in der Vorrunde auf der Strecke. England musste schon in der Gruppenphase an die Grenzen gehen und war im Viertelfinale gegen Brasilien dann schlicht und einfach körperlich leer. Spanien konnte den Schalter nach einer leichter Vorrunde, in der man unterfordert war, nicht auf mehr Ernsthaftigkeit umlegen und scheiterte gegen Südkorea auch am Referee.

Italien quälte sich schon in der Vorrunde und blieb dann im Achtelfinale ebenso an Südkorea hängen – wobei die Entscheidungen von Schiedsrichter Byron Moreno gar nicht sooo falsch waren, wie sie in Erinnerung blieben. Andererseits aber schaffte es ein wirklich nicht besonders gutes US-Team ins Viertelfinale, kam ein wirklich nicht besonders gutes deutsches Team nur dank der überragenden Kahn und Ballack ins Finale. Dazu trumpfte Brasilien, in den vier Jahren davor die reinste Chaos-Truppe, angeführt von Ronaldo, Ronaldinho und Rivaldo auf.

Ungewöhnlich uninspriert gegen tolle Türken

Und die Türkei kam zur ihrer Sternstunde. In einer Gruppe mit Costa Rica und den heillos überforderten Chinesen belegte man hinter Brasilien Platz zwei, unbekümmert eliminierten die Türken dann im Achtelfinale des Co-Gastgeber aus Japan, der von seltsamen Umstellungen des eigenwilligen Teamchefs Philippe Troussier verunsichert und von der Chance, daheim ins Viertelfinale zu kommen, mental überwältigt war. Man darf aber nicht den Fehler machen, zu glauben, die Türken wären nur durch glückliche Umstände so weit gekommen. Nein, Teamchef Senol Günes hatte einerseits einen sehr guten Kader zur Verfügung, verpasste diesem ein hochinteressantes taktisches Konzept, mit dem man eine der aufregendsten Teams einer sonst nicht so aufregenden WM wurde. Dazu stieg das Selbstvertrauen der Mannschaft von Spiel zu Spiel.

Anders als beim Senegal, wo eher die Selbstverliebtheit gestiegen war. Metsu machte diese Beobachtungen im Vorfeld des Viertelfinales, und er artikulierte dieses Gefühl später dann auch. Die Spieler hätten begonnen, den entstehenden Hype um sie selbst zu glauben. Die lockere Stimmung breitete sich auch auf das Spielfeld aus, dort, wo bei allem Laissez-faire noch immer große Disziplin geherrscht hatte. Was sich dann auch im Spiel gegen die Türken zeigen sollte. Vor allem Khalilou Fadiga, der nach seiner Gelbsperre wieder spielberechtigt war, tauchte völlig ab. Aber auch das zentrale Mittelfeld, das sich bis dahin als stark im Ballgewinn und schnellen Umschalten präsentiert hatte, agierte nicht nur ungewöhnlich zahm, sondern vor allem ausgesprochen zögerlich und vorsichtig.

Senegal - Türkei 0:1 n.V.
Senegal – Türkei 0:1 n.V.

Ferdinand Coly, der so brilliante Rechtsverteidiger, wirkte müde und von zahlreichen Wehwehchen geplagt, konnte den an sich gigantischen Platz vor ihm nicht nützen. So hingen Henri Camara und Elhadji Diouf, die sich wirklich bemühten, ziemlich in der Luft. Anders die türkischen Offensiv-Kräfte. Beim Team von Senol Günes gab es vor der Viererkette einen Sechser, Tugay half dort gegen Diouf und bediente die Achter. Das war halblinks Emre, der eher die Pässe schlug als selbst nach vorne zu gehen, und rechts Ümit Davala, der Achter, offensiver Außenverteidiger und Rechtsaußen in Personalunion war. Dazu gab es mit Bastürk und dem Glatzkopf Hasan Sas, der ein unglaubliches Turnier zeigte, zwei Spielmacher mit allen erdenklichen Freiheiten. Und vorne mit Hakan Sükür eine Strafraum-Kobra, die das Spiel schon früh entscheiden hätte können, wenn er nicht so eine unglaubliche Un-Form gehabt hätte und größte Chancen versemmelt hätte.

Keine Wechsel von Metsu

Die einzige echte Chance für den Senegal hatte Henri Camara kurz vor der Halbzeit, aber ein Tor für die Türken schien an diesem Abend in Osaka immer näher zu sein als eines für die Afrikaner. Umso mehr, als Günes halb durch die zweite Halbzeit den indisponierten Sükür vom Platz nahm und Joker İlhan Mansız brachte. Der in Schwaben geborene und aufgewachsene Stürmer, der sich später auch als Mode-Designer und Eiskunstläufer (!) versuchen sollte, prüfte gleich nach seiner Einwechslung Tony Sylva, konnte ihn weder da noch in der folge überwinden, womit es mit einem 0:0 nach 90 Minuten in die Verlängerung ging.

Metsu war während des ganzen Turniers tendenziell eher sparsam mit seinen Wechseln umgegangen. Gegen Frankreich gab es keinen einzigen, gegen Schweden einen und auch gegen Uruguay wechselte er nur verletztungsbedingt, bzw. um Coly vorm Ausschluss zu bewahren. Nur gegen Dänemark drehte er das komplette Team während des Spiels um. Dennoch ist es erstaunlich, dass er gerade im Viertelfinale, als zumindest fünf Spieler deutlich unter Form agierten, alle elf Akteure aus der Startformation durchspielen ließ, keinerlei Impulse setzte, keine neuen und vor allem frischen Kräfte brachte. Auch in der Verlängerung nicht. In der nach drei Minuten Ümit Davala einen seiner vielen Sprints auf der rechten Seite anzog und seine Flanke den vor dem Tor postierten İlhan fand. Für den fühlten sich weder Malick Diop noch Lamine Diatta verantwortlich, sodass der Türke unbedrängt zu einem sehenswerten Volley-Drehschuss ansetzen konnte, gegen den Sylva machtlos war. Die Türkei war damit im Halbfinale, die Reise des Senegal bei dieser WM-Endrunde war vorbei.

One Hit Wonder

Der Niederlage zum Trotz: Der Senegal hatte ein großartiges Turnier gespielt und die Trauer über den verpassten Halbfinal-Einzug wich schnell dem Stolz über das Erreichte. Als erst zweites afrikanisches Team war man ins WM-Viertelfinale vorgestoßen, was für die bis dahin international völlig unbekannten Spieler das Tor zur großen Fußball-Welt öffente und auch die Möglichkeit brachte, den in Südkorea und Japan erzielten Erfolg zu versilbern. Doch wer glaubte, das senegalesische Team würde sich als neue Nummer eins Afrikas etablieren können, sah sich schnell eines Besseren belehrt. 2004 und 2006 ging es noch ins Viertel- bzw. Halbfinale des Afrikacups, bei dem man seither nie mehr auch nur die Vorrunde überstanden hat. Weder bei der WM in Deutschland noch bei der in Südafrika war der Senegal dabei. Metsu hat das womöglich geahnt, legte nach der WM sein Amt zurück.

Wie durchschnittlich der Kader eigentlich besetzt war, wird deutlich, wenn man sich den weiteren Karriere-Verlauf der Spieler ansieht. Diouf fiel bei Liverpool komplett durch, war bei Bolton noch ganz okay, findet aber seither nirgendwo mehr wirklichen Anschluss. Diatta versuchte sich ohne Glück bei Lyon, Diao setzte sich bei Liverpool nicht durch, Fadiga weder bei Inter noch bei Bolton. Respektable Premier-League-Karrieren können Bouba Diop (Fulham und Portsmouth), Cissé (Birmingham und Portsmouth) und Camara (Wigan) vorweisen; Tony Sylva wurde vom dritten Monaco-Torhüter zum Lille-Stammgoalie. Wirkliche Welt-Stars wurden sie aber allesamt nicht.

Metsu, der in seinen 20 Monaten im Senegal zum Islam konvertiert war, ging in den arabischen Raum, wo er große Erfolge feierte. Champions-League-Sieger mit dem FC Al-Ain, dazu drei nationale Meistertitel in Katar und den Emiraten. Außerdem erreichte er 2011 als Teamchef von Gastgeber Katar das Viertelfinale im Asien-Cup, wo man knapp am späteren Sieger Japan scheiterte. Trotzdem: Für alle Beteiligten bleibt als größte Leistung ihrer Karriere das WM-Viertelfinale mit dem Senegal hängen. Obwohl – oder gerade weil – es ein klassisches One-Hit-Wonder war.

Metsu war 2004 im Gespräch als französischer Teamchef, nach der verkorksten EM in Portugal bekam aber Raymond Domenech den Vorzug. Vor anderhalb Jahren, nach einem peinlichen Vorrunden-Aus beim Afrika-Cup, war er in der engeren Auswahl für eine Rückkehr als Nationaltrainer des Senegal. Daraus wurde auch nichts. Wenig später wurde bei Metsu Darmkrebs diagnostiziert.

Diesen Kampf gewann er nicht.

(phe)

Foto: www.dohastadiumplusqatar.com via fr.wikipedia.org

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Mehr als nur eine Feel-Good-Story: Das war der Afrika-Cup 2012 https://ballverliebt.eu/2012/02/13/mehr-als-nur-eine-feel-good-story-das-war-der-afrika-cup-2012/ https://ballverliebt.eu/2012/02/13/mehr-als-nur-eine-feel-good-story-das-war-der-afrika-cup-2012/#comments Mon, 13 Feb 2012 22:57:00 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6696 Mehr als nur eine Feel-Good-Story: Das war der Afrika-Cup 2012 weiterlesen ]]> „Sie haben die Kraft gefunden, als ob es vorherbestimmt gewesen wäre. Ich habe ihnen gesagt, wenn wir ins Finale kommen, spielen wir in Libreville, wo es den Flugzeugabsturz gegeben hat. Das war vor unserem ersten Spiel gegen Senegal – jenes Land, wo die Mannschaft damals hingeflogen wäre. Das hatte eine ganz eigene Bedeutung.“ – Hervé Renard, Teamchef von Sambia.

Ballverliebt-Allstars des Afrika-Cups 2012

Es ist, global betrachtet, eine der größten Feel-Good-Storys der Fußball-Geschichte. Außenseiter Sambia, die No-Name-Truppe, holt als krasser Außenseiter genau dort den ersten kontinentalen Titel, wo vor 19 Jahren die beste Mannschaft, die das Land jemals hatte, bei einem Flugzeug-Unglück auf so tragische Weise ausgelöscht worden war. Im Kleinen ist der Titelgewinn für Sambia aber ein ganz, ganz deutlicher Fingerzeig für die gefallenen Giganten Afrikas. Weniger für die Ivorer, die im Endspiel das Elfmeterschießen verloren haben, ohne davor in sechs Turnierspielen auch nur ein einziges Gegentor kassiert zu haben.

Nein, es ist ein Fingerzeit für Nationalmannschaften wie jene von Nigeria und Kamerun. Weil der unerwartete Lauf Sambias zum Titelgewinn zeigt: Mit Kontinuität und Teamgeist kommt man weiter. Mit internem Streit, Individualismus und ständig wechselnden Teamchefs auf der Seitenlinie nicht. Freilich, zwischen dem sehr ordentlichen Auftritt in Angola vor zwei Jahren und dem großen Wurf jetzt war Sambias Teamchef Hervé Renard auch anderthalb Jahre nicht im Amt. Aber er vertraute fast ausschließlich auf jene Spieler, die schon länger zusammen spielen und er kannte auch die Verhältnisse.

Starke Defensive, flinke Offensiv-Kräfte

Die Grundformation von Sambia

Und er schuf auf dem Platz die Voraussetzungen, um die Stärken der Spieler optimal zu nützen, um für das Team einen Mehrwert zu erzielen. Wichtigstes Element war dabei das zentrale defensive Viereck mit den beiden Innenverteidigern Himoonde und Sunzu (die gemeinsam bei TP Mazembe in der DR Kongo spielen und in den letzten drei Jahren zweimal die Champions League gewonnen hat und das Finale der Klub-WM erreichte) und den beiden Sechsern. Einer davon war immer Nathan Sinkala, der sogar noch in der heimischen Liga spielt. Dieses Quartett machte es den Gegnern praktisch unmöglich, durch die Mitte vor das Tor des sicheren Goalies Kennedy Mweene zu kommen.

Das restliche Mittelfeld, das war ein weiteres Kern-Merkmal von Sambia, agierte extrem flexibel. Den Part neben Sinkala konnten Lungu, Chansa und auch Kasonde einnehmen, jeder von den dreien konnte aber genauso gut eine der Außenpositionen einnehmen. Durch dieses ständige Wechseln im Mittelfeld, das oft sogar im eigenen Ballbesitz in hohem Tempo im Aufbauspiel vollzogen wurde – indem die Außen nach innen zogen und die Sechser entsprechend verschoben – entblößte man gegnerische Sechser immer wieder.

Hinzu kam der äußerst aktive Kapitän Chris Katongo, der immer und überall unterwegs war, und der flinke und torgefährliche Stürmer Emmanuel Mayuka. Die Young Boys aus Bern reiben sich vergnügt die Hände, weil der 21-Jährige seinen Wert verzehnfacht hat und nun über 11 Millionen Euro wert sein dürfte. Ein tolles Beispiel von hervorragendem Scouting – da können sich viele Teams aus Österreich eine ganz dicke Scheibe abschneiden.

Das Spiel von Sambia war nicht spektakulär und vor allem im Semifinale gegen Ghana agierte man schon übervorsichtig, aber es war perfekt auf die Spieler zugeschnitten und jeder Spieler hielt sich daran. Auch, wenn es Spektakel-Fans und Vorurteilsbeladene ungern sehen: Aber auch beim Afrika-Cup führt der Weg zum Titel nur über disziplinierte Defensive, ein passendes Konzept, funktionierendes Kollektiv und der Bereitschaft, Ergebnis-Fußball dem Erlebnis-Fußball vorzuziehen.

Warten auf Fehler war nicht genug

Was ja im Übrigen nicht nur für Champion Sambia gilt, sondern auch für die anderen drei Teams im Halbfinale. Allen voran Überdrüber-Top-Favorit Côte d’Ivoire. Nach der reinen Papierform darf es nie passieren, dass ein Team mit Spielern aus dem Kongo, der Schweiz, der zweiten russischen Liga und einem Quartett aus der selbst im afrikanischen Vergleich sportlich irrelevanten südafrikanischen Liga die Weltstars von Man City, Chelsea und Arsenal auch nur fordern kann.

Die Grundformation der Côte d'Ivoire

Die Ivorer verließen sich im ganzen Turnier eher darauf, auf Fehler beiden Gegnern zu lauern und diese dann gnadenlos auszunützen. Das hat funktioniert, weil es keinem Gegner gelungen ist, gegen die von der individuellen Klasse allen 15 Konkurrenten fraglos haushoch überlegene Mannschaft fehlerfrei zu spielen – im Übrigen auch Sambia nicht. Aber das eine Geschenk, den Elfmeter in der zweiten Hälfte, verschoss Drogba.

Teamchef François Zahoui, der als Spieler vor 20 Jahren beim bislang einzigen Titelgewinn dabei war, vertraute vor allem auf seine komplett schussfeste Defensive. Sol Bamba und Kolo Touré spielten ein fast fehlerfreies Turnier, Boubacar Barry war der klar beste Torhüter des Afrika-Cups.

Was aber nicht übertünchen kann, dass auch die Ivorer keineswegs frei von Problempositionen waren. Rechts hinten konnten weder Igor Lolo noch Jean-Jacques Gosso überzeugen, Salomon Kalou nahm an einigen Spielen nur am Rande teil – sein Ersatzmann Max Gradel von St. Etienne machte, wann immer er spielen durfte, einen deutlich flinkeren, frischeren, willigeren und fleißigeren Eindruck als Kalou. Und dass Gervinho, der andere Außenstürmer im 4-3-3, nicht gerade die Effizienz in Person ist, wissen Arsenal-Fans nur allzu gut.

Das bittere für die Ivorer ist natürlich, dass sie genau wissen: Dieses Turnier war eine einmalige Chance. Teams wie Kamerun, Nigeria und Ägypten nicht dabei, man spazierte mit angezogener Handbremse ins Finale, und doch klappte es auch beim vierten Anlauf dieser Mannschaft nicht mit dem Titel, der ihnen längst zustehen würde. Ihr Glück ist es, dass es schon nächstes Jahr die Chance zur Wiedergutmachung gibt. Das wird dann die ultimativ allerletzte Chance für Leute wie Drogba, Zokora und Kolo Touré, doch noch was zu holen. Ein wenig mehr Unternehmungsgeist könnte dabei nicht schaden, hinten ist man gut gerüstet.

Ähnliches Problem bei Ghana

Die Grundformation von Ghana

Die Black Stars waren fast ein Abziehbild der Ivorer: Nach vorne tat man sich extrem hart gegen die zumeist recht gut verteidigende Gegner. Vor allem Kwadwo Asamoah kam überhaupt nicht ins Turnier, von Sulley Muntari kam zu wenig und André Ayew alleine konnte die Mannschaft letztlich nicht herausreißen.

Der Unterschied zu den „Elefanten“: Hinten wurde gepatzt. Torhüter Adam Kwarasey, der eigentlich Larsen heißt und Norweger ist, machte nicht den sichersten Eindruck, Kapitän John Mensah musste sich in einem Spiel für das Team opfern und einen Ausschluss hinnehmen, die Ersatzleute Vorsah und Jonathan Mensah konnten ihn nicht ersetzen. Zudem fehlte Teamchef Stevanovic auf den Außenbahnen die Linie: Mal spielte Inkoom statt Pantsil rechts hinten, mal vor Pantsil rechts vorne und Ayew dafür links, dann musste Inkoom auch mal links hinten ran, weil dort weder Masahudu Alhassan noch Lee Addy eine überzeugende Figur gemacht haben. Schon gegen Tunesien im Viertelfinale musste ein Geschenk in Form eines schlimmen Goalie-Fehlers zur Rettung herhalten, gegen Sambia im Semifinale fehlte dann jede Inspiration – und das kleine Finale gegen Mali war ohnehin mehr eine Bestrafung.

Es ist sicher noch zu früh zu sagen, dass die große Zeit von Ghana mit dem U20-WM-Titel 2009, dem Finalzeinzug beim Afrika-Cup vor zwei Jahren und dem Viertelfinale bei der WM vorbei ist. Aber bei den Black Stars muss man nun aufpassen, nicht in jene unübersichtliche Mischung aus Altstars über dem Zenit, fehlendem Teamgeist auf dem Platz und zu vielen Trainerwechseln zu verfallen, die Kamerun und Nigeria vorläufig in den Orbit gejagt hat. Ghana steht fraglos am Scheideweg.

Mali wird Dritter – wenn auch eher zufällig

Dass in solchen Turnieren Teams, die schlechter spielen als manche Konkurrenten letztlich weiter kommen als diese, das ist nichts Neues. Mali ist so ein Beispiel: Sowohl Guinea in der Gruppe als auch Gabun im Viertelfinale war man eigentlich recht deutlich unterlegen, auch inhaltlich, aber ein Tausenguldenschuss (gegen Guinea) und ein Elfmeterschießen (gegen Gabun) reichten für den überraschenden Einzug ins Halbfinale.

Die Grundformation von Mali

Und das, obwohl mit Seydou Keita der eigentliche Star und klar beste Spieler der Mannschaft ein erschreckend anonymes Turnier spielte. Er stand oft viel zu hoch, um seine Stärken in Passgenauigkeit und Spieleröffnung ausspielen zu können. Sein Können im Pressing gegen den gegnerischen Spielaufbau kam auch nicht allzu häufig zum Einsatz.

Dafür sprangen andere in die Presche, wie vor allem Adama Tamboura. Der Linksverteidiger vom französischen Zweitligisten Metz ist eine DER Entdeckungen in diesem Turnier (auch wenn er mit 26 Jahren nicht mehr der Jüngste ist), auch die beiden Sechser Samba Diakité und Bakaye Traoré zeigten gute Abstimmung – kein Wunder, die sind bein Nancy auch Teamkollegen. Nach vorne wurde es dann halt immer dünner, aber damit passt man ja ins Bild bei diesem Turnier. Der dritte Platz ist für Mali sicher ein riesiger Erfolg, wie groß die Nachhaltigkeit sein wird, steht aber auf einem ganz anderen Blatt Papier.

Die Gastgeber: Gleicher Erfolg, unterschiedliche Aussichten

„Nachhaltigkeit“ ist auch das Stichwort bei den beiden Gastgebern. Ihre insgesamt acht Spiele waren, gemeinsam mit dem Finale, die einzigen mit einer guten Zuschauerkulisse – bei anderen Spielen, vor allem dem Viertelfinale zwischen Sambia und dem Sudan mit nur 200 (!!!) Zuschauern fanden vor teils erschreckend leeren Rängen statt. Bei Eintritts-Preisen, die einen durchschnittlichen Wochenlohn als unterstes Limit haben, ist das aber auch kein Wunder.

Die Grundformation von Gabun

Die Ansätze bei den beiden Ausrichtern war grundverschieden. Gabun mit dem Deutsch-Franzosen Gernot Rohr als Teamchef hat vor zwei Jahren trotz des Aus in der Vorrunde schon angedeutet, dass man eine junge Mannschaft mit viel Entwicklungspotential ist, die tollen Auftritte hier waren der beinahe logische nächste Schritt. Die Hingabe und der Schwung, den die mit einem Schnitt von 25 Jahren noch recht junge Truppe gezeigt hat, konnte einen mitreißen – vor allem der Über-Thriller gegen Marokko im mit Abstand besten und aufregendsten Spiel des Turniers war eine Augenweide.

Aber auch das System und die generelle Spielanlage war eine äußerst positive Erscheinung. Die Außenverteidiger Moussono und Mouele marodierten nach vorne wie kaum jemand anderer in diesem Turnier, das Sturm-Trio war ständig in Bewegung, gut am Ball und der Wille, nach vorne zu spielen und die Partien an sich zu reißen, war fast immer erkennbar – aber nie über eine gesamte Partie. Und genau dieser Aspekt, der sicher auch auf fehlende internationale Erfahrung zurück zu führen ist, kostete dem Team mit dem positivsten Fußball ein noch besseres Resultat als das Viertelfinale.

Die Zukunftsaussichten sind aber nicht so schlecht. Wenn man die richtigen Lehren aus dem eigenen Auftreten zieht, und die aus dem Titelgewinn von Sambia – sprich, auf Kontinuität zu setzen – ist angesichts der wahrlich nicht übertrieben schweren Quali-Gruppe mit Burkina Faso, Niger und Congo die Teilnahme am WM-Playoff für Brasilien beinahe Pflicht.

Die Grundformation von Äquatorialguinea

Da wird es er wild zusammengekaufte Haufen, der für Äquatorialguinea aufläuft, wesentlich schwerer haben. Nicht nur, weil mit Tunesien ein starker Gegner wartet, sondern vor allem, weil der Mannschaft die Basis fehlen dürfte. Das Team ist deutlich älter und hat viel weniger Spieler, die noch viel Entwicklungspotential nach oben zeigen. Rechtsverteidiger Kily David ist so einer, Sechser Ben Konaté sicher auch – aber im Großen und Ganzen lebte der zweite Co-Gastgeber schon viel mehr von der Spezialsituation Heimturnier und der Euphorie, die die zwei (glücklichen) Siege gegen Libyen und den Senegal entfachten.

Sicher, praktsich alle Spieler sind über sich hinausgewachsen, aber für Teamchef Gilson Paulo, der die Mannschaft erst kurz vor dem Turnier übernommen hatte, wird ein dauerhaftes Etablieren unter den besseren Teams Afrikas sicher kein leichteres Unterfangen als es das Heimturnier war.

Sudan und Liyben: Die arabischen Überraschungen

Ägypten, Sieger der letzten drei Ausgaben, war nicht qualifiziert – aber mit den Nachbarn Sudan und Liyben gab es dennoch zwei Teams aus dem arabischen Sprachraum, die mit schönen Erfolgen nach Hause zurückkehren.

Die Grundformation des Sudan

Das trifft vor allem auf den Sudan zu – die 23 Kader-Spieler kehren tatsächlich alle nach Hause zurück, Teamchef Mohamed Abdalla hatte nicht einen einzigen Legionär mit dabei. Die Spielanlage des Sudan war der von Sambia nicht unähnlich: Durch die Mitte zumachen, über die Außen Gegenstöße setzen, mit Mustafa Haitham gab es eine sehr aktive hängende Spitze und mit Mudathir einen Stürmer, der nicht viele Chancen braucht.

Die Qualität des Champions hat der Sudan freilich nicht und für den Viertelfinal-Einzug brauchte es schon auch Geschenke von Burkina Faso im letzten Gruppenspiel, aber pures Glück war das alles nicht. Was der Mannschaft fehlte, war die Breite in der eigenen Spielgestaltung, weil die Mittelfeld-Außen viel einrückten, die Außenverteidiger aber nicht konsequent hinterliefen. Aber der erste Sieg bei einem Spiel des Afrika-Cups seit 42 Jahren ist ein feiner Erfolg.

Die Grundformation von Libyen

Eine weitere echte Feel-Good-Story, die aufgrund des Vorrunden-Aus leider etwas unterging, war der Auftritt von Libyen. Schon alleine die Tatsache, dass sich die Mannschaft trotz des tobenden Bürgerkrieges, ausgesetzter Meisterschaft und mit natürlich gestrichenen Heimspielen überhaupt qualifiziert hat, zumal mit einigen Kickern, die selbst an der Front gekämpft hatten, ist schon ein Wunder.

Aber der Auftritt beim Turnier selbst, der von Spiel zu Spiel couragierter wurde, toppte das dann sogar noch. Gegen Äquatorialguinea wirkte man noch gehemmt, aber den späteren Champion Sambia hatte man schon am Rande der Niederlage und gegen den Senegal folgte dann die Krönung: Mit einer geschickten Umstellung, mit modernem Systemfußball, mit einem passenden Konzept und dessen disziplinierter Ausführung gelang doch tatsächlich ein 2:1-Erfolg.

Für das Viertelfinale hat es nicht gereicht, aber die Libyer sind dennoch ohne jeden Zweifel einer der ganz großen Gewinner dieses Afrika-Cups.

Seltsames Turnier von Senegal

Die Grundformation von Senegal

In der ersten Hälfte des ersten Spiels gegen Sambia wurden zwei Schläfrigkeiten in der senegalesischen Abwehr eiskalt ausgenützt – der Anfang vom Ende für die vorher als heiße Mit-Favoriten gehandelte Mannschaft. In der Folge gab es nicht nur gegen Sambia, sondern auch in der zweiten Partie gegen Äquatorialguinea Chancen am laufenden Band. Ja, die Spielanlage von Senegal mit ihrem Mittelding aus 4-2-3-1 und 4-2-4 war recht eindimensional. Aber die an sich guten Laufwege von Ba und Cissé und der ungeheure Schwung von Issia Dia auf der rechten Seite bereitete den beiden Gegnern große Probleme. Vor allem im zweiten Spiel hätte es statt der 1:2-Niederlage in der letzten Minute eigentlich einen Kantersieg geben müssen. So war Senegal ausgeschieden, die Luft war raus, der Auftritt gegen Libyen blutleer und das Punktekonto stand auch nach drei Spielen immer noch auf Null. Peinlich.

Was Senegal zum Verhängnis wurde, war neben der schlechten Chancen-Verwertung vor allem fehlende Kompaktheit im Mittelfeld und eine Abwehrkette, die nicht auf der Höhe war. Teamchef Amara Traoré, der von draußen kaum Impulse geben konnte, ist jedenfalls schon nicht mehr im Amt.

Unaufgeregte Maghreb-Teams

Was angesichts der sonst weit verbreiteten Hire-&-Fire-Politik in afrikanischen Verbänden etwas überraschend war: Eric Gerets darf trotz den enttäuschenden Vorrunden-Aus auch weiterhin die Mannschaft aus Marokko betreuen. Auch, wenn der Auftritt der Mannschaft das Verpassen des Viertelfinales durchaus rechtfertigte.

Die Grundformation von Marokko

Und auch der Teamchef selbst mit seinem vorschnellen Signal zum geordneten Rückzug im Mega-Match gegen Gabun seinen Teil dazu beigetragen hat. Das Hauptproblem Marokkos war die Abhängigkeit von Houssine Kharja. Er sollte seine Mitspieler aus der Tiefe heraus dirigieren und einsetzen. Das wussten aber auch die Gegner und stellten den Italien-Legionär so gut es ging zu – und kein anderer übernahm die Verantwortung. Zu wenig Nachdruck gegen Tunesien, zu früh sicher gefühlt und Gabun ins Spiel zurücklassen, und schon war das Turnier vorbei.

Woran es Marokko vor allem fehlt, sind Führungsfiguren. Boussoufa und Hadji sind Schönwetter-Spieler, Kharjas Nebenmann Hermach fehlt es an der Klasse und im Sturmzentrum macht Chamakh einfach zu wenig aus seinen Anlagen.

Die Grundformation von Tunesien

Da fußte die Abordnung aus Tunesien schon auf deutlich mehr Säulen. Sami Trabelsi vertraute einem recht großen Block von Akteuren aus der eigenen, sportlich durchaus sehenswerten Liga. Der Vorteil dabei: Die Mittelfeld-Zentrale mit Korbi und Traoui war gut eingespielt, als im dritten Spiel mit Ragued erstmals ein dritte Mann eingezogen wurde, stand man noch sicherer.

Zudem machten zwei Spieler auf sich Aufmerksam: Rechtsvertediger Bilel Ifa (21), der recht bald in der französischen Liga auftauchen dürfte, ud vor allem Youssef Msakni. Der auch erst 21-Jährige mit dem Lausbuben-Gesicht ist ein Offensiv-Allrounder, wie man ihn sich wünscht: Er kann über die Flanken kommen (hier eher über die linke), der kann hinter den Spitzen spielen, und er kann auch selbst Tore schießen.

Tunesien ist nach einem sportlichen Durchhänger in den letzten Jahren wieder zurück auf der Spur nach oben: Mit einer kompakten und sicheren Defensive, fleißigen Außenverteidigern (auch Chammam, der im Turnierverlauf Jemal ersetzte) und einem offensiven Alleskönner mit viel Potential. Wer weiß, wie viel Tunesien schon diesmal erreichen hätte können, wenn nicht der sonst so sicherer Torhüte Mathlouthi im Viertelfinale gegen Ghana daneben gegriffen hätte.

Die Grundformation von Guinea

Die Pechvögel aus Guinea

Es gibt eine Mannschaft, das das Viertelfinale absolut verdient gehabt hätte, aber durch einen Glücktreffer von Mali außen vor blieben: Das Team aus Guinea. Unter ihrem französischen Teamchef Michel Dussuyer, dessen Vater im Turnierverlauf verstarb, zeigten die Westafrikaner sehenswerten Angriffsfußball. Im ersten Spiel gegen Mali scheiterten sie an der Chancenverwertung, aber gegen Botswana gab’s beim 6:1 kein Halten mehr. War aber alles nicht mehr genug, genau wie das achtbare 1:1 gegen Ghana – bei dem sich die Mannschaft wohl etwas zu früh aufgegeben hat.

Auch Guinea ist im Grunde eine Mannschaft, die sich ansehnlicher präsentiert hat als es der Kader annehmen hätte lassen. Zwei Burschen aus der Drittliga-Mannschaft von Stuttgart, jede Menge Spieler aus wenig prickelnden Vereinen aus Ländern wie Schweiz, Belgien und der Türkei, Zweitliga-Kicker aus Frankreich – aber es war klar ersichtlich, dass es im Team stimmt. Jeder rannte für den anderen, bis auf die letzte halbe Stunde gegen Ghana war das Bestreben, positiven Fußball zu zeigen und Tore zu erzielen, immer sichtbar.

Die Grundformation von Angola

Das war zu wenig

Andere Teams, denen man mehr zugetraut hätte, haben sich selbst geschlagen. Angola etwa: WM-Teilnehmer von 2006, zuletzt dreimal das Viertelfinale erreicht, aber diesmal war doch ein deutlicher Rückschritt zu erkennen. Wenn die Mannschaft schon hinten nicht besonders sicher steht – was ja auch schon beim Heim-Turnier vor zwei Jahren nicht der Fall war – dann muss zumindest nach vorne etwas gehen. Aber von den Flanken kam zu wenig Konkretes, aus der Zentrale gab’s nur Alibi-Fußball und Flavio, einer der WM-Torschützen von vor sechs Jahren, ist deutlich über seinen Zenit hinaus.

Das alles kann ja mal passieren, das ist auch keine Schande. Anders als der Umgang der angolanischen Autoritäten, die sich als ganz schlechte Verlierer zeigten: Reporter wurde gewaltsam von der Mannschaft abgeschottet, Berichterstattung darüber unter Androhung von Strafen zu verhindern versucht. Das gab kein gutes Bild ab.

Die Grundformation von Burkina Faso

Zu wenig Konkretes – das ist auch der sportliche Vorwurf, den sich Burkina Faso machen lassen muss. Aus der Zentrale von Marseille-Sechser Kaboré kam viel zu wenig, Alain Traoré haderte früh mit sich, den Mitspielern, den Referees, mit Gott und der Welt, Joker Aristide Bancé irrlichterte wirr über den Platz, Bakary Koné schoss hinten Böcke am laufenden Band und Moumouni Dagano wirkt vorne wie ein Dinosaurier. Der flinke Jonathan Pitroipa, der einzige noch verbleibende Spieler von höherer Qualität, war mit der ganzen Verantwortung auf seinen schmalen Schultern sichtlich überfordert. Und letztlich half es auch nicht, dass von der Trainerbank keine hilfreichen Impulse kamen: Teamchef Paulo Duarte hielt stur an seinem steifen 4-2-3-1 fest.

Die Folge: Drei Niederlagen und das Vorrunden-Aus.

Die Grundformation von Niger

Chancenlose Debütanten

Drei Niederlagen war auch die Bilanz, die man von den zwei Debütanten erwartet und auch bekommen hat. Wobei das Team aus Niger bei seiner Afrika-Cup-Premiere vor allem defensiv gar keine so schlechte Figur gemacht hat: Der Versuch, den Gegnern keinen Platz und keine Zeit am Ball zu lassen, Kompakt und sicher zu stehen und nach Ballgewinn über die flinken Issoufou und Maazou nach vorne zu kommen, war stets erkennbar und wurde auch ganz okay ausgeführt.

Die individuelle Qualität der eher zufällig gegenüber den Südafrikanern qualifizierten Mannschaft war natürlich nicht mit jener der Gruppengegner zu vergleichen, und doch hätte man Marokko beinahe einen Punkt abgetrotzt. Leider wurde das alles überschattet von der eher unwürdigen Posse hinter den Kulissen und an der Seitenlinie, wo man dem erfolgreichen Teamchef Harouna Doula (immerhin Afrikas Trainer des Jahres 2011) im Franzosen Rolland Courbis einen Anstands-Wauwau vor die Nase setzte, der dann auch bei den Spielen seinen dicken Bauch Kommandos gebend in der Coaching-Zone präsentierte, während sich Doula etwas indigniert auf der Trainerbank einigelte.

Die Grundformation von Botswana

Fehlende Qualität vor allem im Spiel nach vorne war letztlich auch bei Botswana der limitierende Faktor. Abgesehen vom 1:6 gegen Guinea, wo man in Unterzahl komplett auseinander fiel, stand man mit zwei Viererketten und einem Sechser dazwischen recht sicher, machte Ghana und Mali das Leben mit gutem Lauf- und Stellungsspiel verteufelt schwer und verlor diese beiden Spiele nur knapp.

Aber im Angriff… Jerome Ramathlhakwane versuchte zwar, mit viel Laufarbeit fehlende Ideen von hinten auszugleichen, aber außer Mondbällen aus der eigenen Hälfte hatte Botswana überhaupt nichts anzubieten. Kein Wunder, dass schon in der Quali kein Team, das den Cut geschafft hat, weniger Tore erzielt hat. Durchaus erstaunlich, dass es trotzdem zu zwei Treffern – einem Elfmeter und einem Konter – gereicht hat.

Aber für Botswana gilt genau wie für Niger: Schön, mal dabei gewesen zu sein. Es wird auch in Zukunft nicht allzu oft passieren.

Fazit: Was bleibt?

Genau natürlich wie der Titelgewinn für Sambia eine Ausnahme ist. Die Mannschaft aus dem 13-Millionen-Einwohner-Land im Süden des Kontinents wird sich nun genausowenig zu einem dauerhaften Titelkandidaten aufschwingen wie das Griechenland nach dem Titel 2004 oder der Irak nach dem Erfolg beim Asien-Cup 2007 gelungen ist.  Schon hinter einer WM-Teilnahme in Brasilien steht ein dickes Fragezeichen, muss man doch in der Gruppe an Ghana vorbei, um überhaupt in die entscheidenden Playoffs einzuziehen.

Aber die Mannschaft ist jung genug, um noch einige weitere Afrika-Cups zu absolvieren und kann nächstes Jahr in Südafrika oder in drei Jahren in Marokko auch wieder eine gute Figur abgehen. Der Unterschied: Ab sofort werden vor allem Underdogs gegen den Afrika-Meister doppelt und dreifach motiviert in die Spiele gehen.

Für Didier Drogba und seine Ivorer geht es nächstes Jahr noch einmal um alles oder nichts, aber es wird nicht leichter. Kamerun, Nigeria, Ägypten und Ausrichter Südafrika werden die Scharte der verpassten Quali ausmerzen wollen. Dass das vor allem bei afrikanischen Funktionären zumeist in kontraproduktiver Übermotivation umschlägt, ist dabei aber natürlich nichts Neues.

Aber wer weiß, vielleicht sorgt das Signal, das Sambia ausgesendet hat, beim einen oder anderen ja doch für etwas mehr Mitdenken.

(phe)

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Ein modernes Libyen? Im Fußball schon! https://ballverliebt.eu/2012/01/29/ein-modernes-libyen-im-fusball-schon/ https://ballverliebt.eu/2012/01/29/ein-modernes-libyen-im-fusball-schon/#comments Sun, 29 Jan 2012 22:33:31 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6602 Ein modernes Libyen? Im Fußball schon! weiterlesen ]]> Den Gastgeber gefordert, dem Gruppensieger einen Punkt abgeknöpft – und jetzt das Meisterstück gegen den Senegal! Libyen ist sicher die ganz große positive Überraschung dieses Afrika-Cups. Teamchef Paqueta manövrierte mit einem exakten Matchplan die eindimensionalen Senegalesen aus – das reichte zwar nicht für’s Viertelfinale, aber geringschätzen darf man diese Leistung keinesfalls.

Libyen - Senegal 2:1

Wie sich Libyen als Land entwickeln wird, politisch und gesellschaftlich, steht in den Sternen. Aber ihr Fußball-Team zeigte bei diesem Afrika-Cup nach – vor allem, wenn man die Umstände bedenkt – mehr als ordentlichen Leistungen und packte nun, im letzten und im Grunde bedeutungslosen Spiel gegen den gefallenen Geheimfavoriten Senegal ein Spielsystem aus, das man ohne Umschweife als hochmodern bezeichnen kann.

Um die Mini-Chance nützen zu können, doch noch ins Viertelfinale zu kommen – was neben einem eigenen Sieg eine gleichzeitige Niederlage von Sambia gebraucht hätte – wollte Libyens brasilianischer Teamchef Marcos Paqueta, der in der Qualifikation nicht nur (logischerweise) auf Heimspiele verzichten musste, sondern auch auf den einen oder anderen Spieler, der an der Front kämpfte, mit entsprechender Besetzung vorne das Seine dazu tun.

Sehr geschicktes 4-1-3-2

Das hieß, dass mit Ihab Boussefi ein zweiter Stürmer ins Spiel kam und der so starke rechte Mittelfeld-Mann Walid El-Khathroushi, der beim 2:2 gegen Sambia verletzt raus musste, im Grunde gar nicht ersetzt wurde. Dafür wurde aus dem 4-1-4-1, das in den ersten beiden Spielen zur Anwendung kam, nun ein 4-1-3-2 mit einem Clou. Dieser lag darin, dass der Sechser, Suiuieinei Aboubaker, sehr tief spielte und sich, wenn nötig, zwischen die Innenverteidiger schob. Das ist international schon nichts besonderes mehr, war aber beim Afrika-Cup bislang noch von keiner Mannschaft praktiziert worden.

Das erlaubte den Außenverteidigern El-Moghrabi und Belrrish, nach vorne zu marschieren. Das wiederum erlaubte den Außenspielern im Mittelfeld, Ahmed Osman und Mohamed Esnani, einzurücken um das (von Senegal ohnehin unterbesetzte) Zentrum aufzufüllen und mit dem schnellen Ihab und dem wuchtigen Zuway gab es vorne gleich zwei Anspielstationen.

Libyen nützen Senegals Schwächen schnell

Paqueta wusste natürlich, dass Senegal bei der Niederlage gegen Äquatorialguinea vor allem durch zu weit innen postierte Außenverteidiger verwundbar war und legte sein Spiel genau darauf an, die Viererkette der Senegalesen auseinander zu ziehen. Und es dauerte auch nur fünf Minuten, bis Senegals Rechtsverteidiger Omar Daf (der letzte Übriggebliebene aus der Mannschaft, die bei der WM 2002 das Viertelfinale erreicht hatte) nach außen zog und der rechte Innenverteidiger, Kader Mangane, nicht entsprechend mit verschob. Ahmed Osman legte den Ball genau in die Schnittstelle, Ihab nahm ihn auf und verwertete zum 1:0.

Zwar kam der Senegal kurz darauf nach einem Eckball zum Ausgleich, aber die Umstellungen von Paqueta hatten ihr Ziel erreicht: Der Favorit war verwirrt und konnte sich zunächst nicht wirklich auf den Gegner einstellen. Das Zentrum blieb unterbesetzt und vorne lauerten mit Niang und Demba Ba zwei Stürmer – eine immer leicht versetzt hinter dem anderen – auf Zuspiele von den Außen. Die kamen aber nur selten, weil durch den zusätzlichen Mann in der Abwehrzentrale die senegalesischen Außenstürmer von Außenverteidiger und dem entsprechenden Innenverteidiger gedoppelt werden konnte, ohne in der Mitte einen personellen Nachteil zu erleiden.

Favorit bleibt eindimensional

Senegal war zweifellos das individuell klar besser besetzte Team mit auch deutlich mehr Ballbesitz, aber es gelang nicht, die eigenen Spielanlage auf jene der Libyer abzustimmen, sprich, das Zentrum etwas mehr zu stärken. So liefen sich die Senegalesen immer wieder am Flügel fest, Flanken waren zumeist sichere Beute der libyschen Verteidiger und echte Gefahr strahlten eigentlich nur Standardsituationen aus.

Das ändert alles nichts daran, dass Senegal das Spiel dennoch gewinnen hätte können, oder zumindest nicht verlieren müssen, aber die Chancen, die sie bekamen, nützten sie letztlich halt nicht. Auch nicht, als Paqueta in der zweiten Hälfte mit Torschützen Ihab einen seiner beiden Stürmer zurückzog und damit das Mittelfeld stärkte, indem er im Grunde zu seinem 4-1-4-1 zurück kehrte.

Senegal verliert’s sogar noch

Man kann den Senegalesen nicht gesteigertes Desinteresse vorwerfern, oder dass sie das für sie bedeutungslose Spiel im Frust über der allzu frühe Ausscheiden abgeschenkt hätten, aber wie in den Partien zuvor wurden zwei Dinge bei den Löwen der Teranga offensichtlich: Erstens die Ausrechenbarkeit, weil die Spielanlage rein nur auf die Flügel ausgerichtet ist, und zweitens die mangelnde Chancenverwertung.

Denn anstatt das Spiel zu gewinnen, was angesichts der Feldüberlegenheit und auch des trotz der intelligenten Spielanlage der individuell halt klar unterlegenen Libyer Chancenplus zu gewinnen, setzte es in der Schlussphase sogar noch das 1:2, erneut durch Ihab, wieder herausgespielt durch fehlende Abstimmung zwischen Innen- und Außenverteidiger; diesmal waren Mbengue und Diawara die geschlagenen.

Fazit: Ein Bravo an Marcos Paqueta und seine Libyer

Auch, wenn die nüchternen Zahlen für Libyen das Vorrunden-Aus ausweisen, darf sich die Mannschaft dennoch als einer der ganz großen Gewinner dieser Afrika-Meisterschaft fühlen. Gegen den Gastgeber erst kurz vor Schluss das 0:1 kassiert, gegen Gruppensieger Sambia nicht schlechter und 2:2 gespielt, und nun sogar den mit großen Namen gespickten Senegal geschlagen – das ist angesichts der Umstände im Land eine unglaubliche Leistung.

Eine, für die das Lob ganz eindeutig an Marcos Paqueta gehen muss. Der Brasilianer verstand es, in der Qualifikation die widrigsten Umstände zu überstehen und sich sensationell zu qualifizieren, und nun bewies er mit seiner Mannschaft auch noch, dass man auch als an sich klar unterlegenes Team mit dem nötigen Hirnschmalz und eines diszipliniert durchgezogenen Matchplans den Großen absolut ein Bein stellen kann.

Der Senegal, als heißer Außenseiter-Tipp für den Titel ins Turnier gestartet, darf sich nach der dritten Niederlage und dem Aus mit null Punkten schon ein wenig schämen. War im ersten Spiel die zweite Hälfte stark und scheiterte man im zweiten als deutlich besseres Team nur an der Chancenverwertung, wurde nun deutlich, dass man in seiner Spielanlage halt doch sehr eindimensional war. Und auch, wenn drei Niederlagen eine harte Strafe dafür sind – das Aus ist letztlich sicherlich verdient.

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Äquatorialguinea – Sambia 0-1 (0-0). 0-1 C. Katongo 62′

Äquatorialguinea - Sambia 0:1

Dieses Spiel kann in wenigen Sätzen abgehandelt werden – ganz deutlich war es beiden Teams bewusst, dass ein Remis beiden zum sicheren Viertelfinal-Einzug reicht. So tat man sich dann auch nicht weh: Den Tempo war überschaubar, körperliche Attacken selten und ernsthafte Torchancen so gut wie inexistent.

Bei den Co-Gastgebern besetzte Balboa diesmal wieder die linke Außenbahn, dadurch konnten theoretisch beide Flanken wieder Druck ausüben. Was passte, weil Sambia genau diesen Bereich vor allem bei schnellen Seitenwechseln dazu neigte, dem Gegner Platz zu lassen. Genützt wurde das aber nicht.

Die Entscheidung in einer Partie, die unaufhaltsam einem 0:0 entgegen plätscherte, brachte dann auch keine taktische Maßnahme oder eine schöne Kombination, sondern ein Energieanfall con Chris Katongo, der nach einer Stunde einen Einfwurf zugespielt bekam, zwei Gegner stehen ließ und aus 20 Metern abzog.

Das hieß war, dass Äquatorialguinea den Gruppensieg los war, so richtig stören schien das aber keinen. Was womöglich ein Anzeichen dafür ist, dass es mit dem Kampfgeist in der bunt zusammengewürfelten Mannschaft vielleicht doch nicht so arg weit her ist, wenn eine Niederlage beim Heimturnier so gleichgültig in Kauf genommen wird. Strafe dafür: Im Viertelfinale geht es eher gegen die Ivorer als gegen Angola.

(phe)

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Hoch überlegen, aber dennoch 1:2 verloren – Senegal ist ausgeschieden! https://ballverliebt.eu/2012/01/25/hoch-uberlegen-aber-dennoch-12-verloren-senegal-ist-ausgeschieden/ https://ballverliebt.eu/2012/01/25/hoch-uberlegen-aber-dennoch-12-verloren-senegal-ist-ausgeschieden/#respond Wed, 25 Jan 2012 22:33:06 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6557 Hoch überlegen, aber dennoch 1:2 verloren – Senegal ist ausgeschieden! weiterlesen ]]> Was für ein packendes Spiel! Tiefer und klatschnasser Boden, ein beherzt verteidigender Gastgeber und ein mit immer mehr Verzweiflung anrennender Favorit Senegal. Der genug Chancen für einen Kantersieg gehabt hätte, aber letztlich 1:2 verliert und damit sensationell schon in der Vorrunde rausfliegt. Fix weiter ist damit Äquatorialguinea – und so gut wie durch ist auch Sambia nach dem 2:2 im Wasserball-Spiel gegen Libyen.

Äquatorialguinea - Senegal 2:1

Äquatorialguinea – Senegal 2-1 (0-0). 1-0 Iyanga 62′ / 1-1 Sow 89′ / 2-1 David 94′

Die zweite Hälfte des Senegal beim 1:2 zum Start gegen Sambia war richtig gut – keine Überraschung, dass Teamchef Amara Traoré auf jene Mannschaft zurückgriff, die im Auftaktspiel nach der Pause fast noch einen Punkt gerettet hätte. Zumindest vom Personal her – denn mit einem klaren 4-2-4 zu starten, traute sich Traoré gegen den Co-Gastgeber dann doch nicht. So spielte Demba Ba hinter dem Strafraumstürmer Papiss Cissé, wenn man so will auf der Zehn in einem recht schiefen 4-2-3-1.

Seltsame Formation beim Senegal

In dem im Grunde alles über den starken Issia Dia von Fenerbahçe über die rechte Seite ging. Er narrte Kamisogo nach Belieben und schlug eine Flanke nach dem anderen in den Strafraum, wo Cissé und Ba oftmals auf die Anspiele warteten und diese auch bekamen. In vielen Szenen brauchten Rui Fernando und Laurence Doe in den Innenverteidigung von Äquatorialguinea mächtig Glück, damit es nicht einschlug.

Wie sehr Dia einen wunderbaren Tag hatte, merkte man am äußerst diskreten Spiel von Dame N’Doye auf der andere Seite – und das, obwohl er mit David Alvarez nur einen einzigen Gegenspieler auf der kompletten Seite hatte. An der fehlenden Unterstützung aus der Viererkette hinten lag es nicht, denn die hatte Dia auch nicht – die Abwehr des Senegal stand seltsam tief, obwohl man viel Ballbesitz hatte, sehr eng aneinander und die Außenverteidiger Sané und Mbengue machten sehr wenig nach vorne.

Seltsame Formation bei Äquatorialguinea

Was vom Gastgeber aber nicht wirklich genützt wurde: Praktisch nie wurde die Viererkette auf eine Seite gezogen, um mit einem schnellen Flankenwechsel den riesigen sich bietenden Raum auf der anderen Seite zu nützen. Was auch daran lag, dass eben auch der Gastgeber eine unorthodoxe Formation auf das Feld geschickt hatte. So rückte Javier Balboa, der gegen Libyen noch über die rechte Seite kam, in einer halblinken Position hinter dem Ex-Schwanenstädter Thierry Fidjeu-Tazemeta.

Was hieß, dass Rechtsverteidiger David Alvarez ganz alleine für die rechte Seite verantwortlich war. Das löste er gegen Dame N’Doye defensiv auch hervorragend, aber nach vorne kam gar nichts – natürlich weil es ihm auch massiv an Unterstützung fehlte.

Die Gastgeber kamen aber recht schnell dahinter, dass die senegalesische Abwehr in Eins-gegen-Eins-Situationen kaum zu bezwingen war, aber einen äußerst unsicheren Eindruck machte, wenn man mit hohen Bällen schnell auf sie zulief. So wurden dann die wenigen Entlastungsangriffe auch zumeist so gespielt – aber es gelang nicht, die offensichtlichen Schwächen beim Senegal in eigene Tore umzumünzen. Wäre auch des Guten zu viel gewesen, weil Senegal die deutlich torgefährlichere Mannschaft war.

Gastgeber wacht auf

Für die zweite Hälfte brachte Gilson Paulo, Teamchef des Gastgebers, mit Ekanga einen neuen Mann für den unsichtbaren Bolado, dieser ging wenn es nötig war auch auf die linke Seite – und so hatte Äquatorialguinea etwas mehr Optionen und stand nicht mehr ganz so eng da. Zudem ging bei Senegal dem so fleißigen Issia Dia merklich die Luft aus, kein Wunder auf dem vom Regen unglaublich tiefen Rasen.

Und die Unsicherheiten in der senegalesischen Defensive blieben weiterhin bestehen. Nach einer Stunde rettete Diawara noch in höchster Not gegen den einschussbereit stehenden Fidjeu, kurz darauf aber versenkte Iyanga eine Flanke vom aufgerückten David Alvarez erstaunlich unbedrängt zur 1:0-Führung. Auch, wenn sich das in den Minuten davor etwas abgezeichnet hatte, verdient war es ganz und gar nicht.

Senegal packt die Brechstange aus

Bei den Senegalesen hatte kurz zuvor Demba Ba für Deme N’Diaye den Platz verlassen, dieser sollte das etwas unterbesetzte Mittelfeld stärken. Aber mit dem Rückstand war Amara Traoré natürlich gezwungen, wenige Minuten später den Wechsel quasi wieder rückgänig zu machen, indem er Sow für Sechser Diamé brachte und N’Diaye aus dem Zentrum in die Position des rechten Flügelstürmers ging; wenig später kam auch Niang für Dia.

Die Devise lautete nun: Brechstange. Die zwei bis drei konstant im gegnerischen Strafraum stehenden senegalesischen Stürmer wurden nun mit hohen Bällen gefüttert, die entstehenden Chancen wurden aber weiterhin teils kläglich vergeben; oft konnte auch die äquatoguineanische Abwehr klären. Bis in der 89. Minute Moussa Sow (vermutlich aus Abseitsposition) doch noch einen Ball über die Linie nudeln konnte.

Mit einem Remis wäre der Senegal zumindest noch am Leben gewesen, aber die Gastgeber wachten nun wieder auf und David Alvarez, der schon das erste Tor vorbereitet hatte, ging unbedrängt durch und hielt in der 94. Minute aus 25 Metern drauf – Senegals Keeper Coundoul war (anders als beim ersten Tor) absolut machtlos, der Gastgeber hatte 2:1 gewonnen und der Turnier-Mitfavorit ist schon nach dem zweiten Spiel fix ausgeschieden.

Fazit: Senegal muss das Spiel klar gewinnen

Ganz klar: Die Mannschaft aus dem Senegal hatte über 90 Minuten das Spiel praktisch immer im Griff und fand genug Chancen für einen Kantersieg vor – und das, obwohl man mit der Rechtslastigkeit über Issia Dia in der ersten Hälfte und den hohen Bällen auf die lauernden Stürmer vor dem Tor in der zweiten Halbzeit eigentlich recht ausrechenbar war. Die mit nur einem Gegenspieler bestückte linke Angriffsseite wurde viel zu lange ignoriert.

Und doch scheiterte der Senegal in diesem mitreißenden, spannenden Spiel hauptsächlich an der unterirdischen Chancenverwertung. Der Gegner aus Äquatorialguinea machte es vor: Nur eine Handvoll echter Torchancen, aber in den entscheidenden Momenten war der Ball dann halt drin. Da braucht man gar keine Vorschwörungstheorien ersinnen – die Gastgeber waren vor dem Tor schlicht und einfach cleverer. Darum hat Äquatorialguinea das Viertelfinal-Ticket gebucht und Senegal den Heimflug.

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Sambia – Libyen 2-2 (1-1). 0-1 A. Osman 5′ / 1-1 Mayuka 29′ / 1-2 A. Osman 48′ /
2-2 C. Katongo 55′

Sambia - Libyen 2:2

Die Platzverhältnisse machten ein sinnvolles Spiel natürlich auch zwischen Sambia und Libyen nur schwer möglich. Erstaunlicherweise war es auch ein Flachpass in den Lauf von Ahmad Osman in die Schnittstelle der sambische Abwehr, die zum frühen 1:0 für die Libyer führte.

Und auch die Tatsache, dass es rund eine Viertelstunde dauerte, bis die Sambier mehr auf hohe Bälle setzten, statt auf flaches Spiel, bei dem der Ball unweigerlich im vom Wasser durchtränkten Boden hängen blieb, darf durchaus erstaunen. Als die Mannschaft von Hervé Renard sich dann allerdings auf die Verhältnisse eingestellt hatte, zeigte sich auch, dass die die klar bessere ist.

Natürlich war ein nach vorne kommen über die linke Seite der Sambier aufgrund der gerade dort besonders tiefen Pfützen kaum möglich. Das hieß, dass der dort an sich aufgestellte Rainford Kalaba sich recht mittig und auch recht weit nach vorne orientierte und dort auf hohe Zuspiele wartete.

Nasser Platz und Verletzung schadet Libyen

Es mag ein Klischee sein, aber die Libyer kamen mit dem Regen wohl von Natur aus nicht so gut klar. Weniger was die Ballbehandlung und die Passgenauigkeit anging, das klappte gar nicht so schlecht. Aber die Nordafrikaner verabsäumten es, in die Zweikämpfe zu gehen und den Sambiern so zumindest die Zeit zu nehmen, sich die Bälle ordentlich vor die Füße zu legen. So kam der Favorit in diesem Spiel immer besser rein und erzielte nach einer halben Stunde auch den verdienten Ausgleich – Kalaba flankte auf Mayuka, dieser verwertete volley.

Was den Libyern zusätzlich natürlich nicht geholfen hat war der verletzungsbedingte Austausch von Walid Elkhathroushi auf der rechten Angriffsseite. Er hatte sich, eben wegen der Pfützen auf seiner Seite, ebenfalls weiter ins Zentrum orientiert, kaum war er aber nicht mehr da, hatte das sambische Mittelfeld mehr Zeit am Ball und mehr Gelegenheit, punktgenaue lange Bälle nach vorne zu schlagen.

Nach tollem Start schläft zweite Hälfte ein

Kurz nach Anpfiff zur zweiten Halbzeit gingen die Libyer aber dennoch ein weiteres Mal in Führung, Ahmed Osman kämpfte sich durch und markierte sein zweites Tor. Die Sambier ließen sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen und nur wenige Minuten später nützten sie einen Fehler in der gegnerischen Raumaufteilung: Bei einem Fallrückzieher quer durch den Strafraum hatte die libysche Viererkette zu weit gegen den Ball verschoben und im Rücken von Linksverteidiger El Moghrabi stand Chris Katongo völlig frei – der Ausgleich.

Die Libyer hatten sich nun auch besser auf die Gegebenheiten eingestellt, zudem funktionierten nun auch wohl etwas abtrocknendem Feld auch die Flachpässe besser. Außerdem blieben die „Ritter vom Mittelmeer“ nun nicht mehr ganz so passiv von den Sambiern weg wie das noch in der ersten Hälfte der Fall gewesen war.

Dennoch schlief nach rund einer Stunde das Spiel immer mehr ein. Vor allem bei den Sambiern merkte man, wie schon im ersten Spiel gegen den Senegal, die schwindenen Kräfte. Die Laufleistung ging merklich zurück, die Passgenauigkeit auch, und die Libyer erkämpften sich immer mehr Spielanteile. Aber auch sie hatten, je näher es dem Schlusspfiff entgegen ging, mit schweren Beinen zu kämpfen. So tat sich auch nicht mehr so richtig viel und es blieb beim 2:2.

Fazit: Kaum echte Rückschlüsse möglich

Der nasse Boden verhinderte ein richtigen flüssiges Angriffsspiel, aber der große Einsatz der Beteiligten sorgte zumindest für eine Stunde dafür, dass es ein durchaus unterhaltsames Spiel war. Große Rückschlüsse auf die Fähigkeit der Sambier, selbst das Spiel zu gestalten, lassen sich daraus aber nicht ziehen: Sie waren gezwungen, eher auf hohe Bälle zu bauen und die beiden Tore entstanden aus Abstimmungsschwierigkeiten in der libyschen Abwehr bei Flanken. Immerhin, das Viertelfinale ist damit so gut wie fix.

Auffällig war aber, dass dem Team aus Sambia wie schon im ersten Spiel nach einer Stunde die Luft ausging und man am Ende durchaus froh sein musste, nicht noch ein entscheidendes Gegentor hinnehmen zu müssen. Die Libyer kämpften sich bei den für sie völlig ungewohnten Bedingungen beherzt die die Partie und holten einen verdienten Punkt. Der wird ihnen zwar im (eher aussichtslosen) Kampf um das Viertelfinale nicht viel nützen, aber sie haben in jedem Fall gezeigt, dass sie sich auch von widrigen Bedingungen nicht schlagen lassen.

(phe)

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Senegal fliegt auf die Nase! 1:2-Pleite gegen Sambia https://ballverliebt.eu/2012/01/22/can-1-tag-senegal-fliegt-auf-die-nase-12-pleite-gegen-sambia/ https://ballverliebt.eu/2012/01/22/can-1-tag-senegal-fliegt-auf-die-nase-12-pleite-gegen-sambia/#comments Sat, 21 Jan 2012 23:17:32 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6498 Senegal fliegt auf die Nase! 1:2-Pleite gegen Sambia weiterlesen ]]> Geheimfavorit Senegal? Naja. Gegen den gefährlichen Außenseiter Sambia strauchelten die Senegalesen nicht nur, sie fielen der Länge nach auf die Nase. Weil es nach guten Umstellungen nur noch den Anschlusstreffer gab! Womit der Druck auf Senegal steigt, weil der nächste Gegner, Co-Gastgeber Äquatorialguinea, sein erstes Spiel gegen Libyen knapp gewonnen hat.

Senegal - Sambia 1:2

Senegal – Sambia 1:2 (0:2). 0-1 Mayuka 12′ / 0-2 Kalaba 21′ / 1-2 Ndoye 74′

Im Spiel der Senegalesen passte nicht viel zusammen. Einerseits agierte die Abwehrkette sehr hoch, andererseits fehlte aber weiter vorne jegliches Pressing und jedes Defensiv-Verständnis im Mittelfeld, um das auch ausnützen zu können, ohne permanent in die Gefahr zu Laufen, ausgekontert zu werden. Dann stand Moussa Sow als nomineller Rechtsaußen im 4-3-3 so hoch und so weit innen, dass es Sambia keinerlei Problem war, ihn aus dem Spiel zu nehmen, während Mamadou Niang auf der anderen Seite so tief stand und auch nicht einrückte, dass sein Linksverteidiger Mbengue auch kaum sinnvoll hinterlaufen konnte.

Sambia war’s nur recht

Den Sambiern war das alles nur recht. Ihr französischer Trainer Hervé Renard – unter dem es vor zwei Jahren schon ein sehr gutes Turnier gab und der vor Kurzem wieder zurückgeholt wurde – verpasste dem Team ein Konzept, das auf stark organisierter Defensive aufbaute und nach Ballgewinn überfallsartige Konter lief. Mit einem Wort: Die hohe Verteidigungslinie und der behäbige Spielaufbau der Senegalese spielte Sambia voll in die Hände.

Weil mit Nathan Sinkala und Rainford Kalaba das Duo im zentralen Mittelfeld des flachen 4-4-2 einen extrem guten Job machte, wenn es darum ging, dass allzu sehr auf das Zentrum konzentrierte Spiel der Senegalesen zu stören und dem Mittelfeld-Trio zwar nicht mit aggressivem Pressing, aber doch mit einigem Druck auf den Ballführenden die Zeit zu nehmen, sinnvoll aufzubauen. Und gleichzeitig provozierten sie Ballverluste, aus denen die Kapital schlagen konnten – das 1:0 nach einem Freistoß wurde so eingeleitet, das 2:0 fiel direkt aus einem schnellen Konter.

Senegal reagiert richtig

Amara Traoré, der senegalesische Teamchef, nahm schon nach einer halben Stunde den besonders schwachen Rémi Gomis rauf und brachte mit Dame Ndoye einen offensiveren Mann. Der Spieler vom FC Kopenhagen blieb zunächst bis zur Pause im Mittelfeld – er sollte dort direkteres und schnelleres Spiel nach vorne bringen, es ging aber immer noch zu viel durch die Mitte. Eben auch, weil sich Sow und Niang selbst ein wenig aus dem Spiel nahmen.

Für die zweite Hälfte stellte Traoré dann gröber um, und zwar de facto auf ein 4-2-4: Niang blieb in der Kabine, dafür kam Issiar Dia neu in die Mannschaft. Dia ging nach rechts, womit die Flanke dort endlich ordentlich besetzt war, Ndoye beackerte die linke Seite. Die Rolle von Moussa Sow blieb dafür etwas unklar – wohl auch ihm selbst. Zweite Spitze? Hoch stehende Nummer zehn? Oder doch weiter eher über rechts kommend, wo er mitunter Dia auf den Füßen stand?

Über die Flügel geht’s gut

So oder so: Senegal verlegte das Spiel nun endlich raus aus dem Zentrum, das Sambia in der ersten Hälfte unter Kontrolle gehabt hat, und versuchten, ihre Flügel im Rücken der sambischen Mittelfeld-Außen ins Spiel zu bringen. Dort konnten die Senegalesen ihre individuelle Überlegenheit viel besser ausspielen als im kompromisslos zugemachten Zentrum und sie diktierten das Spiel nun nach belieben.

Umso mehr, als Papiss Cissé für Sow neu in die Partie kam und sofort einen sehr gefährlichen Eindruck machte. Das Anschlusstor, dass Ndoye eine Viertelstunde vor Schluss gelang, war nur noch eine Frage der Zeit und die europäischen Fußball gewohnten Senegalesen hatten in der Schlussphase auch ganz deutliche Kräftevorteile. Wie K.o. Sambia war, zeigte sich bei einem äußerst halbherzig gespielten und letztlich leichtfertig verschlampten Konter kurz vor Schluss. Der aber nicht mehr machte, weil dem Senegal der Ausgleich, der verdient gewesen wäre, nicht mehr gelang.

Fazit: Das sind die zwei Viertelfinalisten

Was kann das Team aus dem Senegal also mitnehmen, wenn schon keine Punkte? Die Erkenntnis, dass mit der richtigen Umstellung und konsequentem Flügelspiel die Partie total unter Kontrolle gebracht werden konnte. Aber auch, dass der pomadige Halbgas-Fußball aus der ersten Hälfte, gepaart mit unglaublichen defensiven Nachlässigkeiten im Mittelfeld bestraft wird. Keine Frage, gegen die beiden verbleibenden Gruppengegner muss Senegal ohne Wenn und Aber den Viertelfinal-Einzug fixieren.

Weil aber auch Sambia klar über die beiden anderen Teams zu stellen und und nun die drei Punkte auf dem Konto hat, könnte diese Niederlage für Senegal noch sehr teuer werden, weil es nun im Viertelfinale höchstwahrscheinlich gegen die Ivorer geht. Bei den Sambiern muss sich in den verbleibenden Gruppenspielen zeigen, wie gut das Team ein Spiel selbst aufziehen kann. Denn hier mussten sie das nicht tun und Verteidigen und auf Konter spielen, das wurde nun sehr deutlich, kann der Viertelfinalist von vor zwei Jahren ganz vorzüglich.

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Äquatorialguinea – Libyen 1:0 (0:0). 1-0 Balboa 87′

Davor gab’s schon das Eröffnungsspiel dieses Afrika-Cups: Mit Co-Gastgeber Äquatorialguinea und Libyen trafen die beiden Gruppen-Außenseiter aufeinander. Viel Schönes gab’s beim 1:0-Sieg der Heimischen aber nicht zu sehen. Im Gegenteil: Die beiden Teams zeigten das wahrscheinlich schlechteste Spiel des ganzen Turniers. Hoffenlich.

Äquatorialguinea - Libyen 1:0

Die Gastgeber, bei denen erst zwei Wochen vor dem Turnier mit Gilson Paulo ein neuer Teamchef installiert worden war, traten in einem 4-2-3-1 an, das aber auf den Außenpositionen sehr unterschiedlich interpretiert wurde: Während Randy Iyanga auf der linken Seite viel Wirbel machte und immer wieder auch mit guter Technik zur Grundlinie durchging, rückte Portugal-Legionär Balboa auf der rechten Seite immer wieder weit ein.

Das erlaubte Rabea Akoubaker, dem libyschen Linksverteidiger, vor allem in der Anfangsphase, weit nach vorne aufzurücken und Ahmed Saad Osman, der seinerseits vorne früh nach innen rückte, zu unterstützen. Gerade über diese linke Seite dominierten die Libyer das Spiel zunächst.

Die „Ritter vom Mittelmeer“, von denen einige selbst im Krieg kämpften und deren Qualifikation angesichts der Umstände eine unglaubliche Sensation ist, konnten ihren Schwung aber nicht mitnehmen. Nach etwa einer Viertelstunde attackierten die Äquatoguineaner früher, versuchten sich an schnellem Spiel nach vorne und kamen so auch zu guten Chancen – einem Pfostenschuss und einem Tor, das wegen (vermeintlichem?) Abseits aber nicht gegeben wurde.

Niveau sinkt

Je länger die erste Halbzeit ging, desto weiter sank aber das Niveau in den Keller. Iyanga auf der linken Seite gewann zwar viele Zweikämpfe, seine Zuspiele waren aber eine Katastrophe; die Außenverteidiger rückten immer weniger auf (bei den Gastgebern machten sie das ohnehin nie, die Libyer wurden immer vorsichtiger), und in der Mitte standen sich praktisch alle auf den Füßen und keiner schaffte es, öffnende Pässe auch an den Mann zu bringen.

Zudem war das Tempo äußerst überschaubar und bei beiden Teams nicht wirklich eine Strategie erkennbar, an die sich die Teams hielten. Das änderte sich auch in der zweiten Hälfte nicht, nachdem Libyen brasilianischer Teamchef Marcos Paqueta von einem Hybrid aus 4-1-4-1 und 4-2-3-1 auf ein recht klares 4-2-3-1 umstellte, indem er Esnani zurückbeorderte. So war Balboa besser unter Kontrolle und das Spiel verlor sich ohne Linie endgültig in einem eher planlosen Mittelfeldgeplänkel.

Später Siegtreffer

Dass es am Ende doch die Gastgeber waren, die die Oberhand behielten, liegt daran, dass sie dennoch die leicht höhere Kreativität an den Tag legten und in der 87. Minute ein feiner Lochpass den genau rechtzeitig in den freien Raum hinter der erstaunlich weit aufgerückten libyschen Abwehr gestarteten Balboa fand und jener Spieler, der sich bei Real und Benfica nicht durchsetzen konnte und nun beim Portugiesischen Mittelständler Beira-Mar spielt, cool abschloss. Kurz danach schoss der eingewechselte Ekedo sogar nochmal an die Latte.

So holt Co-Gastgeber Äquatorialguinea in einem alles andere als hochklassigen Spiel einen nicht unverdienten Sieg, weil man sich trotz einer überschauberen Leistung, was Tempo, Strategie und Zusammenspiel angeht, dennoch als geradlinigere Mannschaft präsentierte. Für einen Viertelfinaleinzug reicht es so aber nicht.

(phe)

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