Schweinsteiger – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Mon, 16 Jul 2018 17:30:35 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Europas „Große“ bei der WM: Zwei stark, einer so naja – aber drei griffen völlig in den Dreck https://ballverliebt.eu/2014/07/19/zwei-stark-einer-so-naja-aber-drei-von-europas-grossen-griffen-voellig-in-den-dreck/ https://ballverliebt.eu/2014/07/19/zwei-stark-einer-so-naja-aber-drei-von-europas-grossen-griffen-voellig-in-den-dreck/#comments Sat, 19 Jul 2014 00:24:38 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10440 Europas „Große“ bei der WM: Zwei stark, einer so naja – aber drei griffen völlig in den Dreck weiterlesen ]]> Erst Italien, dann Spanien, nun Deutschland: Wenn man nur rein die Siegerliste betrachtet, die die letzten drei WM-Turniere hervorgebracht haben, sieht das nach einer brutalen europäischen Dominanz aus. Die Wahrheit ist aber viel eher: Die Breite an gutklassigen Teams macht’s. Denn genau wie schon 2006 und 2010 haben auch diesmal einige von Europas Big Guns ziemlich daneben gegriffen – am kolossalsten natürlich Titelverteidiger Spanien. ABer ein Europäer kommt halt immer durch. Das war diesmal eben Deutschland. Und das verdient.

Deutschland: Krönung eines langen Weges

Das war kein Glücksrittertrum wie beim eher zufälligen Finaleinzug 2002, das war von langer Hand geplant und ist eigentlich zwei Jahre zu spät gekommen. Seit Löw vor zehn Jahren zur Nationalmannschaft kam, wurde um einige Stützen herum konsequent ein über Jahre hinweg eingespieltes Team geformt. Lahm, Schweinsteiger und Klose waren von Beginn an dabei, der Rest wuchs homogen dazu, und im richtigen Moment ging es auch auf.

Deutschland
Deutschland: Als Khedira und Schweinsteiger fit genug waren, beide 90 Minuten durchzuhalten, durfte Lahm endlich nach rechts hinten. Von da an hatten die Gegner keinen Spaß mehr.

Dabei ist Löw ein großes Risiko gegangen, nach einigem Experimentieren sich so spät – nämlich erst ein halbes Jahr vor der WM – auf das bei den Guardiola-Bayern praktizierte 4-3-3 zu verlegen. Er hatte mit sechs bis sieben Bayern-Spielern einen großen Block, der das Gerüst darstellte und in der Vorbereitung klappte es nicht immer nach Wunsch. Auch, weil Löw Lahm wie bei den Bayern in die Mitte stellte, obwohl damit eine Baustelle rechts hinten aufgemacht wurde.

Der Gamble zahlte sich aus. Als sich Khedira (nach Kreuzbandriss im Herbst) und Schweinsteiger (nach vielen Blessuren in den letzten Jahren) halb durchs Turnier fit für 90 Minuten meldete, konnte er endlich Lahm dorthin stellen, wo es für das Team am Besten war. Mit Erfolg: Gab es davor mit allerhand Notvarianten auf rechts hinten (Boateng, Mustafi) eher Bauchweh, flutschte es mit Lahm dort – und das Mittelfeld-Trio mit Schweinsteiger, Khedira und Kroos blühte auf.

Löw war flexibel genug, sich kurz vor dem Turnier auf das 4-3-3 draufzusetzen, aber stur genug, um im ganzen Turnier mit der Ausnahme der zweiten Hälfte des Finales zu keiner Minute davon abzurücken, egal, in welcher personellen Aufstellung, egal, wie sehr auch erschreckend viele Medien das ab dem Viertelfinale offiziell angegebene 4-2-3-1 blind übernahmen.

Der Titel ist vor allem für Löw eine Genugtuung, weil ihm in Deutschland immer wieder vorgehalten wurde, mit seinem intellektuellen Zugang, seinem Faible für flache Hierarchien und ohne, wie sich Leute wie Effenberg gerne bezeichnet, „Typen“ (wiewohl etwa Müller und Schweinsteiger durchaus etwas zu sagen haben), zu weich und zu wenig Siegermentalität für einen großen Titel mitzubringen. Für die nun endgültig große Generation war er der Höhe- und gleichzeitig der Schlusspunkt: Lahm hat nach zehn Jahren im Nationalteam mit 116 Länderspielen adé gesagt, Klose wird sicher folgen, auch bei Schweinsteiger wäre das keine Überraschung und Podolski war bei dieser WM bestenfalls ein Nebendarsteller.

Wenigstens kommt Löw dann nicht in die Verlegenheit, aus überzogener Loyalität zu lange an zu vielen alten Recken festzuhalten.

Niederlande: Eine Bronzemedaille für Van Gaals Ego

Nicht wenige bezeichneten diese WM als gigantischen Ego-Trip des neuen Manchester-United-Managers Louis van Gaal. Er hat für dieses Turnier den holländischen Fußball einmal auf links gedreht und alles anders gemacht, als es die Granden bei Oranje für gut befanden. Dreiekette und Konterfußball statt 4-3-3 und schöngeistigem Spiel, dazu eine Horde von international unbekannten und unerfahrenen Leuten in der Defensive. Keine Frage, Van Gaal ging großes Risiko. Mit Aktionen wie dem Torhüter-Tausch in der 120. Minute im Viertelfinale gegen Costa Rica ebenso wie mit dem generellen Stil.

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Holland: Konsequent mit drei Innenverteidigern und Konterfußball. Das Risiko ging auf, weil das Star-Offensiv-Trio vorne die Räume gut nützte.

Vor allem, weil ja angesichts der Gruppengegner Spanien und Chile ein frühes Aus mehr als nur einen Fuß in der Tür der Wahrscheinlichkeiten hatte. Hollands Glück: Im ersten Spiel brach Gegner Spanien völlig auseinander, die Kontertaktik ging voll auf und nach dem unglaublichen 5:1-Erfolg über den Titelverteidiger hatten auch die Spieler selbst den Beweis, dass es mit dem 3-4-1-2-System funktionieren kann.

In der Tat brannte im ganzen Turnier hinten sehr wenig an (Elfmeter-Gegentor gegen Spanien, ein Glücksschuss und ein Elfer gegen Australien, ein Weitschuss gegen Mexiko) und vorne richtete es das individuelle Talent des Dreigestirns mit Sneijder, Robben und Van Persie, das die Räume hervorragend nützte, die angreifende Gegner ihnen anboten. Das war keine besonders aufregende Oranje-Truppe, aber für das vorhandene Spielermaterial passte die sehr pragmatische Herangehensweise.

Das ist natürlich kein Modell für die Zukunft, denn auf Dauer kann es sich ein Bondscoach nur mit Erfolgen leisten, das typisch holländische Spiel derart zu verraten. Zudem ist die Eredivisie ja auch nicht direkt für ihre kompromisslosen Defensiv-Konzepte bekannt – Angriff ist einfach in der orangen DNA.

Lieber verliert man formschön, als dreckig zu gewinnen. Obwohl eine defensive Grundhaltung das Team 2014 fast ins Finale geführt hätte und 2010 eine sehr pragmatische und auch nicht wirklich aufregende Herangehensweise beinahe den Titel gebracht hätte.

Frankreich: Deschamps braucht einen Deschamps

Irgendwie war dieses Turnier aus französischer Sicht nicht Ganzes und nichts Halbes, damit der letzten EM nicht ganz unähnlich. Dabei wäre so viel Talent in diesem Kader, auch der Ausfall von Franck Ribéry (der aber ohnehin eine ziemlich schwache Rückrunde gespielt hatte) wog nicht allzu schwer. Mit Honduras hatte man keinerlei Probleme, die Schweiz nahm man auseinander, aber danach war es wie abgebrochen.

Frankreich:
Frankreich: Seltsam führungslos im Zentrum. Da half auch ein wirklich starker Benzema nicht viel.

Als es hart wurde, also gegen die recht direkten Nigerianer und vor allem dann gegen die geschickt im Mittelfeld agierenden Deutschen, zeigte das zentrale Trio der Franzosen zu wenig Präsenz. Das kann man auch von einem Pogba trotz seines jungen Alters schon erwarten, vor allem hätte aber mehr von Cabaye und Matuidi kommen müssen. Die beiden müssen durchaus als die Verlierer des Turniers aus französischer Sicht gelten, denn beide haben schon ein Alter erreicht, in dem es nicht mehr viele Endrunden zu spielen gibt.

Besonders erschreckend war aber die Tatsache, dass man beim Viertelfinal-Aus gegen Deutschland über sieben Kilometer weniger gelaufen ist als der Gegner, obwohl man 80 Minuten im Rückstand lag. Das ist nicht mit der Hitze zu erklären, die für den Gegner ja genauso war. Das spricht entweder gegen die Fitness der Franzosen oder gegen den Willen. Denn von besonderen Anstrengungen, das Spiel noch herumzureißen, war wenig zu erkennen.

Deschamps fehlte ein Spieler wie Deschamps, ein verlängerter Arm des Trainers im Mittelfeld. Das kann Pogba werden. Noch war es der hoch veranlagte U-20-Weltmeister aber nicht.

England: Ja, die waren auch dabei

Die Three Lions haben so wenig Eindruck hinterlassen, dass man fast vergessen könnte, dass die überhaupt dabei waren. Dabei war die spielerische Intention von Roy Hodgson gar nicht so dermaßen steinzeitmäßig bieder wie das noch vor zwei Jahren der Fall war. Aber die Mischung passte nicht. Die Jungen sind noch zu jung, die alten über dem Zenit und die dazwischen reißen’s nicht heraus.

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England: Nicht Fisch, nicht Fleisch. Produkt eines im Schneckentempo vollzogenen Umbruchs.

Diese drei Gruppen hat Hodgson nicht zu einem funktionierenden Ganzen vereinen können. Rooney im Speziellen ist nach zehn Jahren Spitzenfußball körperlich ruiniert wie andere Anfang, mitte dreißig, dazu wird er seit einigen Jahren sowohl bei United als auch im Nationalteam so wahllos hin- und hergeschoben, dass sich kein Rhythmus einstellen kann. Gerrard hat zwar einen Rhythmus, aber die lange und emotional aufwühlende Saison bei Liverpool hat ihre Spuren hinterlassen.

Die können Henderson, Sterling und Sturridge noch besser verkraften, aber ihnen fehlte zum einen ein Spieler wie sie ihn bei Liverpool in Suárez hatten, und zum anderen der internationale Vergleich, weil sie ja kaum oder noch wenig Europacup gespielt haben. Teams, die von der Insel kommen, spielen halt nicht wie Italiener oder Urus.

Und eine Abwehrreihe mit Baines, Jagielka, Cahill und Johnson ist nichts anderes als aller-grauster Durchschnitt. So hochgelobt Baines seit Jahren wird (warum auch immer), so lange Johnson schon dabei ist – aber England hat mit einiger Sicherheit das schlechteste AV-Pärchen aller europäischen Teilnehmer gehabt. Ihre Vorstöße wirkten beliebig, ihre Flanken hatten zuweilen Regionalliga-Format (vor allem die von Johnson, eine Frechheit).

England wirkt wie in einem Umbruch, der seit vier Jahren im Gange ist und ohne wirkliche Überzeugung betrieben wird. Man will die Alten raushaben, nimmt aber dennoch Gerrard UND Lampard mit. Man ersetzt den gefühlt seit den Achtzigern gesetzten Ashley Cole mit einem Spieler, der nur vier Jahre jünger ist und trotzdem erst eine Handvoll Europacup-Einsätze hinter sich hat. Man kommt endlich vom bald greisen Rio Ferdinand weg, und stellt einen 31-Jährigen und einen 28-Jährigen vor Joe Hart hin.

Der englische Verband blickt seit Jahren voller Bewunderung auf den Erfolg, den Deutschland nach dem radikalen Schnitt 2004 hat. Einen ähnlich radikalen Schnitt zu vollziehen, traut man sich auf der Insel aber nicht. Und genau darum wurschtelt man sich seit Jahren mittenrein in die weltfußballerische Anonymität.

Italien: Mischung aus Klima, Qualität und Form

Langsam war das alles. Die Hitze, sie setzte Andrea Pirlo und Daniele de Rossi schon extrem zu. Nach dem hart erkämpften Auftakt-Sieg gegen England in der Hölle von Manaus gab’s einen erschreckend leblosen Auftritt in der Tropenhitze von Recife, wo man gegen Costa Rica verlor. Und wirkliche Überzeugung und Verve war auch nicht zu erkennen, als man im schwülheißen Natal von Uruguay aus dem Turnier gebissen wurde.

Italien
Italien: Der zweite Außenverteidiger, das langsame Zentrum, biedere Offensiv-Kräfte: Prandelli hatte mit zu vielen Brandherden zu kämpfen.

Da halfen alle taktischen Überlegungen von Fuchs Cesare Prandelli nichts. Die höhere Grundposition von Pirlo, um ihn näher an die Passempfänger zu bringen, ebenso wenig wie der Einsatz von Abschirm-Jäger De Rossi und der Einsatz von Pirlo-Kopie Verratti neben dem alten Herrn. Weil neben dem wirklich braven Darmian es keinen zweiten Außenverteidiger gab, der sinnbringend im Spiel gewesen wäre – nicht der gelernte Innenverteidiger Chiellini, nicht der farblose Abate, nicht der als Wing-Back etwas hilflose De Sciglio.

Was auch ein Problem des Nachwuchses ist. Keine große Liga in Europa hat bei den Kadern der Vereine einen so geringen Anteil an bei den Klubs ausgebildeten Spielern wie die Serie A. Wie in Italien generell üblich, wird lieber an alten, verkrusteten Strukturen festgehalten, als mal etwas Neues zu probieren, weil es immer irgendein Gremium, einen 80-Jährigen Betonschädel, einige polemisierende Medien gibt, die das zu verhindern wissen.

Die Folge ist, dass Prandelli, fraglos einer der besten Trainer des Kontinents, hilflos zusehen musste, wie seine Mannschaft verglühte. Das Erreichen des EM-Finales vor zwei Jahren war kein Zufall, aber die Mischung aus den klimatischen Bedingungen und fehlender Form (wenn etwa Neu-Dortmunder Immobile so spielt, wie er heißt; ein Candreva halt nicht mehr als ein Durchschnitts-Kicker ist, Insigne von seinem Punch genau nichts zeigte, Cassano ein müder Abklatsch von 2012 ist und mit Parolo ein 29-Jähriger neu in den Kader kommt) killte Italien.

Spanien: „Generation Xavi“ entmachtet

Es kommt die Zeit, da bricht alles irgendwie in sich zusammen. Zumindest oft. Das war bei Frankreich 2002 so, das war bei Italien 2010 so, und jetzt hat’s die Spanier erwischt. Zu lange festgehalten an einer Spielweise, die die alternden Spieler nicht mehr auf dem höchsten Niveau zu spielen im Stande waren. Und gerade beim Ballbesitz-Fußball spanischer Prägung ist das unbedingt vonnöten.

Spanien
Spanien: Die Änderungen nach dem 1:5 gegen Holland waren zu spät und halfen zu wenig.

Aber Xavi wurde von den geschickten Holländern so kontrolliert, dass er danach nicht mehr ins Geschehen eingriff. Xabi Alonso nahm von den wie wild pressenden Chilenen ein veritables Trauma mit. Und ohne diese beiden Säulen im Zentrum mäanderte der Rest kopflos durch die Partien. Diego Costa konnte nie so eingesetzt werden, dass er seine Stärken ausnützen hätte können. Zu viele Spieler waren zu langsam oder zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um jenes Gegenpressing zum Funktionieren zu bringen, das ja das eigentliche Erfolgsgeheimnis Spaniens war.

Und vor allem fehlte es dem Abwehr-Duo Ramos und Piqué vor allem gegen Holland, aber auch gegen Chile an der Gedankenschnelligkeit und der Abstimmung – auch, weil Busquets mehr vorne helfen musste als auf die Absicherung nach hinten achten zu können. Die gigantischen Löcher, die entstanden, waren ein Fest für die Holländer und die Hilflosigkeit gegen das chilenische Pressing wurde schnell deutlich.

Das allerdings war schon vorher klar: Von einem mutigen Gegner selbst angepresst zu werden, gefällt den sonst ja selbst pressenden Spaniern gar nicht – wie es etwa Portugal im EM-Halbfinale 2012 machte.

Und dann machte auch noch Iker Casillas jene dämlichen Anfängerfehler, die er nach einem Jahrzehnt auf Top-Niveau zuletzt auch bei Real Madrid immer häufiger wieder eingestreut hatte.

Wie so viele große Trainer vor ihm hat nun also auch Vicente del Boque zu lange an altverdienten Spielern festgehalten. Es sagt sich aber andererseits leicht, er hätte Xavi, Xabi Alonso und womöglich auch Iniesta und Casillas nach drei Titel in Folge eliminieren müssen. Die zu erwartenden Prügel von Medien und Fans will sich niemand antun. Verständlich.

Nicht, dass die Spanien jetzt Sorgen machen müsste – die letzten zwei U-21-Europameisterschaften gewann man, es rückt viel nach. Aber die „Generation Xavi“ ist hiermit an ihrem leider etwas unrühmlichen Ende des Weges angekommen.

Nächste Kontinental-Meisterschaft: Juni 2016 in Frankreich

Die Hälfte von Europas Großen hat komplett enttäuscht, aus den verschiedensten Gründen. Bei England wird sicherlich nichts besser, wenn man weiterhin so lauwarm vor sich hinlebt, bei Italien muss man abwarten, ob Biedermann Mancini übernimmt, Choleriker Conte oder doch Tüftler Guidolin (oder auch ganz wer anderer, Allegri ist ja für die Squadra Azzurra vom Markt). Keiner der drei wird aber die grundsätzlichen Probleme im italienischen Fußball lösen können, da ist der Verband gefragt.

Frankreich braucht für die Heim-EM mehr Persönlichkeiten im Mittelfeld, überall sonst ist die Equipe Tricolore gut aufgestellt. Deutschland wird zumindest zwei, vielleicht sogar drei absolute Schlüsselspieler auf dem Weg zur EM in zwei Jahren ersetzen – ob das ohne Reibungsverluste geht, muss man erst einmal sehen. Erstaunlicherweise sieht aus dem jetzigen Blickwinkel Holland als diejenige Mannschaft aus, die das wenigste Bauchweh haben muss: Der junge Kader hat die Erfahrung einer starken WM, muss praktisch nicht umgebaut werden und Guus Hiddink ist ein ganz erfahrener Trainer, der ein Team völlig anders führt als Van Gaal, sich aber um seine Autorität nicht sorgen muss.

Die Gelegenheit für Teams aus der zweiten Reihe, bei der EM die Arrivierten in den Schatten zu stellen, ist also gegeben. Sie müssten sich jetzt nur noch trauen.

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Heynckes stellt Robben in die Zentrale, Dortmund fehlt die Kraft: Bayern gewinnt die Champions League! https://ballverliebt.eu/2013/05/27/heynckes-stellt-robben-in-die-zentrale-dortmund-fehlt-die-kraft-bayern-gewinnt-die-champions-league/ https://ballverliebt.eu/2013/05/27/heynckes-stellt-robben-in-die-zentrale-dortmund-fehlt-die-kraft-bayern-gewinnt-die-champions-league/#comments Mon, 27 May 2013 11:54:10 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8776 Heynckes stellt Robben in die Zentrale, Dortmund fehlt die Kraft: Bayern gewinnt die Champions League! weiterlesen ]]> In der Bundesliga haben die Bayern in dieser Saison praktisch jeden existierenden Rekord gebrochen, international wurde Juventus klar 4:0 besiegt und Barcelona mit 7:0 zu Kleinholz zersägt – aber alles wäre nur halb so viel Wert gewesen, wenn es dennoch nicht zum Titel in der Champions League gereicht hätte. Und Dortmund tat alles, um es in einem hochklassigen und spannenden Finale genau dazu kommen zu lassen. Letztlich fehlte dem BVB trotz eines vor allem zu Beginn perfekten Matchplans aber die Effizienz – und auch die Kraft.

Bayern München - Borussia Dortmund 2:1 (0:0)
Bayern München – Borussia Dortmund 2:1 (0:0)

Wüstes Pressing, das ganz hoch startet, den Gegner so einschüchtern und diese Dominanz letztlich in Siege ummünzen – so wurde Dortmund 2011 und 2012 deutscher Meister. So schied Dortmund in der letzten Saison aber auch sang- und klanglos in einer schwachen Gruppe als Letzter aus. Nicht nur, weil man teils derbe Abwehr-Schnitzer einbaute. Sondern auch, weil hintenraus die Kraft fehlte. Beim 0:3 in Marseille gab’s zwei Tore nach der 60. Minute, beim 1:3 bei Olympiakos die endgültige Entscheidung in Minute 78, den K.o.-Schlag beim 1:2 bei Arsenal in der 86. Minute und beim 2:3 daheim gegen Marseille führte man bis zur 85. Minute noch mit 2:1.

Vintage Dortmund

In dieser Saison hat BVB-Coach Jürgen Klopp das Pressing deutlich zurücknehmen lassen. Üblicherweise legt Dortmund nun die Pressing-Linie in den Bereich direkt vor der Mittellinie. Nicht aber so in diesem Finale. Da ließ Klopp wieder, wie früher, in den ersten 20, 25 Minuten extrem hoch und extrem heftig pressen. So neutralisierte der das Ballbesitz-Spiel der Bayern und seine Mannschaft war die klar gefährlichere.

Dafür rückte mit Reus der nominelle Zehner so weit auf, dass Dortmund in einem 4-4-1-1 bzw. gar in einem 4-4-2 auf dem Platz standen – ganz ähnlich wie das in der letzten Saison mit Kagawa in dieser Rolle so hervorragend funktioniert hatte. Wie generell die Marschroute der Borussia jener beim 5:2 im Pokalfinale vor einem Jahr ziemlich exakt entsprach. Reus und Lewandowski pressten vor allem auf die Innenverteidiger der Bayern, während die Außenspieler Blaszczykowski und Großkreutz die AV der Bayern, Lahm und Alaba, bearbeiteten – hier aber fast nie alleine, sondern mit Unterstützung entweder der ballnahen Stürmer oder der aufrückenden eigenen Außenverteidiger.

Bayern mit Problemen

Den Münchnern behagte das überhaupt nicht. Schweinsteiger, der sich beim Aufwärmen eine Oberschenkelzerrung zugezogen hatte und damit längst nicht die gewohnte Präsenz im Mittelfeld verbreiten konnte, kippte oft zwischen die Innenverteidiger ab, um etwas von dem massiven Druck abzufedern, den Dortmund ausübte. Das änderte aber nichts daran, dass die Bayern ihr Spiel nicht eröffnet bekamen, sich auf lange Bälle verlegen mussten und damit das offensive Mittelfeld nicht wie gewünscht einbinden konnte.

Andererseits schaltete Dortmund überfallsartig um, wenn man den Ball eroberte – ein Verdienst vor allem des sehr umsichtigen Ilkay Gündogan und von Jakub Blaszczykowski, der nicht nur selbst das Umschaltspiel ankurbelte, sondern auch einige gute Chancen hatte, die Neuer aber hervorragend parierte. Wie überhaupt Dortmund in diesen ersten 20 bis 25 Minuten mindestens ein Tor aus der Überlegenheit schießen hätten müssen, wenn nicht zwei.

Würgegriff wird gelöst

Wie früher, löste Dortmund nach rund 25 Minuten den Würgegriff etwas. Dante und Boateng hatten nun etwas mehr Luft zum Armen, Lahm und Alaba – die beide nicht die gewohnte Abenteuerlust ausstrahlten – konnten sich nun etwas mehr um den Aufbau kümmern. Das erlaubte vor allem Ribéry, etwas einzurücken, ohne die Außenbahn zu verwaisen. So konnte das Mittelfeld-Zentrum, das Dortmund bis dahin komplett im Griff hatte, etwas angebohrt werden.

Ein Problem blieb aber bestehen: Von einer ziemlich massiven Unachtsamkeit abgesehen, hatte Schmelzer Robben ganz gut unter Kontrolle, auch dank der Hilfe des sehr fleißigen Kevin Großkreutz. Und Thomas Müller, der (wie Reus) eher als hängende Spitze agierte, weniger als Zehner, konnte nicht dauerhaft sein gefürchtetes Spiel zwischen den Linien aufziehen. Er hatte gegen Ende der ersten Halbzeit zwar einige gute Aktionen, eine konstante Gefahr, wie etwa gegen Barcelona, war er aber nicht.

Robben ins Zentrum, Müller nach rechts

Zweite Halbzeit
Zweite Halbzeit

Schon in der ersten Halbzeit hatten Müller, Robben und Ribéry immer wieder rochiert, nach dem Seitenwechsel kam es aber zu einer entscheidenden und auch dauerhaften Umstellung: Arjen Robben nahm nun halblinks zentral die Position der hängenden Spitze ein, während Thomas Müller auf die rechte Seite wechselte.

So musste sich Schmelzer auf einen neuen und vom Typ her völlig anderen Gegenspieler einstellen, während Robben im Zentrum nicht Müllers Arbeit zwischen den Linien zu verrichten versuchte, sondern vertikal ging und die Eins-gegen-Eins-Situationen suchte. Hieß: Die Bayern trachteten nun nach jener Direktheit im Zug zum Tor, die in der ersten Hälfte vor allem Dortmund gezeigt hatte.

Bayern erobern auch Zentrale

Bei der Borussia agierte Reus nun etwas tiefer, wodurch sich nun tatsächlich ein 4-2-3-1 ergab – wohl auch, weil Schweinsteiger mehr Vertrauen in seinen Oberschenkel fand und zunehmend aktiver wurde. Damit hatte auch Martínez eine Rückversicherung, wodurch er mit mehr Risiko in die Zweikämpfe gehen konnte – die Bayern eroberten immer mehr auch die Zentrale.

Der Clou an der Maßnahme, Robben ins Zentrum zu stellen, war zudem, dass er damit auch direkt mit Ribéry zusammen spielen konnte. Erstaunlich, dass das nicht schon viel öfter so praktiziert wurde, es funktionierte nämlich hervorragend – und ein Vertikal-Lauf von Robben leitete auch das mittlerweile nicht mehr unverdiente 1:0 für die Bayern durch Mandzukic ein.

Dortmund gleicht aus, kann aber nicht nachsetzen

In der direkten Folge verlor Dortmund ein wenig die Kompaktheit. Bender und Gündogan rückten auf, um das Spiel in die Hand zu nehmen, Subotic und Hummels rückten aber nicht entsprechend mit auf. In diese Lücke hinein versuchten die Bayern vor allem mit hohen Bällen zu kommen – also eher ein direktes Nützen entstehender Unordnung, als der Bayern-typische kontrollierte Aufbau. Ehe Dantes ungeschicktes Elfer-Foul den Ausgleich für Dortmund ermöglichte.

Nachsetzen konnte die Borussia aber nicht. Das extrem laufintensive Spiel der ersten Hälfte im Allgemeinen und das extreme Pressing in der Anfangsphase im Speziellen forderten ihren Tribut – Dortmund schien langsam, aber sicher K.o. zu gehen. Die Räume wurden auch nach dem 1:1 nicht mehr konsequent genug zugestellt, die Kompaktheit in der Zentrale ging zuweilen völlig flöten – die Abwehrlinie wurde aber dennoch relativ hoch zu stellen versucht. Ein Traum für Robben und seine neue Positionierung.

Mit Steilpässen in den Rücken der Abwehr oder mit Läufen in eben jenen und von dort geschlagenen Flanken (wie von Müller) hatten die Bayern genug Möglichkeiten, schon früher wieder die Führung herzustellen, aber ein exzellenter Roman Weidenfeller hielt die Borussia noch im Spiel. Bis zur 89. Minute, als bei einem weiteren hohen Ball in die Spitze die BVB-Abwehr nicht mit Robben UND Ribéry zu Rande kam und der Holländer zum 2:1 verwertete. Die Entscheidung.

Fazit: Dortmund geht zum alten Erfolgsrezept und scheitert

Für dieses eine Spiel ging Klopp zum alten Rezept zurück, das gegen die Bayern einst so großen Erfolg gebracht hat – und letztlich scheiterte man nicht daran, dass dieses Vorhaben falsch gewesen wäre. Im Gegenteil: Die Bayern fühlten sich sichtlich unwohl, und so lange Dortmund das hohe Pressing aufrecht erhalten konnte, waren die Münchner im Grunde chancenlos. Die Borussia ist letztlich daran gescheitert, dass man die frühe Überlegenheit nicht in Tore ummünzen konnte und dass in der Schlussphase die Kraft fehlte.

Die Bayern behielten nach der auch mit Glück ohne Schaden überstandenen Anfangsphase die Ruhe und nützten jeden kleinen Teilrückzug von Dortmund gnadenlos aus, um sich selbst immer mehr Kontrolle zu krallen. Die Maßnahme von Jupp Heynckes, Robben ins Zentrum zu stellen und damit statt der Kampfkraft Müllers auf die vertikalen Laufwege des Holländers gegen eine eher hoch stehende Abwehr zu setzen, machte sich voll bezahlt – beide Bayern-Tore waren dieser Umstellung geschuldet.

Dass die Bayern über die ganze Saison gesehen die klar beste Mannschaft Europas waren, darüber kein ohnehin kein Zweifel bestehen. Jetzt haben sie es mit dem letztlich nicht unverdienten Finalsieg in der Champions League auch Schwarz auf Weiß.

(phe)

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Die Bayern machen alles richtig – historischer 4:0-Sieg über Barcelona! https://ballverliebt.eu/2013/04/24/die-bayern-machen-alles-richtig-historischer-40-sieg-uber-barcelona/ https://ballverliebt.eu/2013/04/24/die-bayern-machen-alles-richtig-historischer-40-sieg-uber-barcelona/#comments Tue, 23 Apr 2013 23:28:17 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8700 Die Bayern machen alles richtig – historischer 4:0-Sieg über Barcelona! weiterlesen ]]> Na bumm! Die Bayern schlagen den FC Barcelona im Halbfinal-Hinspiel der Champions League mit 4:0 – und das Resultat ist kein Zufall. Im Spiel von Peps zukünftiger Mannschaft gegen Peps ehemaligem Team setzten die Münchner den Katalanen vor allem mit dem Mut zu, selbst hoch zu pressen und sich nicht hinten einzuigeln. Barça hatte letztlich keine Chance und wurde in der zweiten Hälfte sogar regelrecht zerlegt.

Bayern München - FC Barcelona 4:0 (1:0)
Bayern München – FC Barcelona 4:0 (1:0)

So sehr Bayern München schon Barcelona ähnelt, bevor Pep Guardiola im Sommer übernehmen wird – bei Ballbesitz und Passgenauigkeit ist europaweit nur der FC Bayern halbwegs in der Nähe der Katalanen – war doch klar, dass sich eher die Bayern auf die Gäste einstellen würden als andersrum. So gab es einige sehr zentrale Faktoren in diesem Spiel.

Das Pressing der Bayern

Was das Pressing angeht, sind das ohne Zweifel die beiden weltbesten Mannschaften. Die Bayern hatten wiederum einen recht genauen und differenzierten Plan (wie das schon im Viertelfinale gegen Juventus der Fall war): Diesmal befand sich die Pressing-Linie etwa auf Höhe der Mittellinie, bzw. leicht in der gegnerischen Hälfte. Gomez stand recht tief und ging auf Busquets bzw. die Innenverteidiger, dazu rückten Schweinsteiger und Martínez oft rasch auf und stellten die Wege zu.

So taten sich die Gäste trotz 62 % Ballbesitz in der ersten halben Stunde – was für Barcelona-Verhältnisse eh relativ wenig ist – extrem schwer, wirklich in das Angriffsdrittel zu kommen und es wurden ungewöhnlich viele lange Bälle versucht. Ohne den wirklich durchschlagenden Erfolg, es dauerte bis zur 42. Minute, ehe die Gäste den Gastgeber erstmals mit spielerischen Mitteln wirklich am Strafraum herumhetzen konnte.

Hinzu kam, dass die Bayern, wenn sie den Ball halbwegs sicher hatten (Barcelona presst unter Vilanova auch nicht mehr ganz so exzessiv wie unter Guardiola), die Abwehrkette extrem weit nach vorne zu schieben traute. Das ist gegen Barcelona aufgrund ihrer Stärke im Bälle in den Rücken der Abwehr spielen extrem gefährlich, weil aber das Barça-Zentrum gut angegangen wurde, funktionierte das.

Der Kampf im Mittelkreis

Busquets, Xavi und Iniesta standen im Zentrum Schweinsteiger, Martínez und Müller gegenüber. Die Bayern agierten in diesem Bereich relativ strikt Mann gegen Mann – so übernahm Schweinsteiger die Bewachung von Xavi, sobald dieser die Mittellinie überquerte, und zwar auch horizontal. Ähnliches galt für Javi Martínez und Iniesta, während Müller in höherer Position zumeist gegen Busquets am Werk war.

Dieses theoretische 3-gegen-3 versuchten die Bayern zu ihren Gunsten zu drehen, indem sich Gomez oft recht tief fallen ließ und/oder Robben von der rechten Seite weit in die Mitte zog, um in diesem Bereich eine Überzahl herzustellen. Genau dieses zentrale Vorhaben sprach Müller nach dem Spiel auch im TV-Interview mit Sky an. Das Pressing (weiter hinten) setzte vor allem Xavi und Busquets zu, während Iniesta mit dem robusten Spiel von Martínez extreme Probleme hatte, zwar oft am Ball war, aber praktisch nichts Konkretes zu Stande brachte.

Die Herangehensweise auf den Flügeln

Mit den Flügel-Achsen Lahm/Robben und Alaba/Ribéry hatten die Bayern nominell einen haushohen Vorteil, was das Bespielen der Außenbahnen angeht, weil Barcelona üblicherweise die Flügel nur jeweils nur mit einem Spieler besetzt, mit Dani Alves rechts und Jordi Alba links. Wie massiv der Respekt von Vilanova gegenüber der Bayern-Flügelzange ist, zeigte die Art und Weise, wie er seine Außenstürmer Pedro und Sánchez spielen ließ. Diese agierten nämlich extrem zurückgezogen und testeten Lahm und Alaba kaum, sondern erwarteten die Vorwärtsläufe dieser beiden recht tief, während Dani Alves und Jordi Alba die vertikale Arbeit verrichteten.

Auf der linken Seite arbeitete Ribéry extrem viel nach hinten mit und half Alaba gegen Dani Alves, sodass dieser kaum einmal wirklich ein offensiver Faktor war. Erstaunlich, dass sich Pedro dennoch nie wirklich dazu durchringen konnte, konstruktiv in dieser Zone des Feldes mitzuarbeiten. Auf der anderen Seite rückte Robben wie erwähnt recht hoch ein und überließ Lahm die Seite, und weil auch hier Alba die Hilfe von Sánchez fehlte – und Lahm eine ausgezeichnete Partie ablieferte – brannte nichts an.

Die Vertikal-Läufe von Schweinsteiger und Martínez, die als Nebeneffekt Platz für die aufrückenden Außen der Bayern schafften, wurden hingegen nicht konsequent genützt.

Messi und die Bayern-Innenverteidigung

Keine Frage – von „wirklich fit“ oder „annähernd 100 %“ war Messi drei Wochen nach seiner im Hinspiel gegen PSG erlittenen Verletztung meilenweit entfernt. Ihm fehlte die gewohnte Spitzigkeit, die Mobilität und die Fähigkeit, unerwartete Haken zu schlagen. Ihm fehlte aber auch die Unterstützung der in diesem Spiel massiv gebundenen Xavi und Iniesta. Das erlaubte es den Bayern, eine relativ unkomplizierte Taktik im Verteidigen von Messi zu spielen.

Diese stützte sich in erster Linie auf Dante. Der brasilianische Wuschelkopf spielt ganz generell eine herausragende Saison, zudem hat er die Fähigkeit, ein Spiel zu lesen, ist sehr passsicher und auch ziemlich resistent gegen Pressing. Gegen den oft Richtung Pedro bzw. Xavi driftenden Messi geriet Dante nie in Panik, im Gegenteil, er rückte wenn nötig geschickt heraus und wurde von Boateng bzw. Alaba abgedeckt. Was auch möglich war, weil aus dem Barcelona-Mittelfeld zu wenig nachgerückt wurde und Pedro überhaupt keine Bedrohung darstellte.

Das logische Manöver, um die Bayern an der Spieleröffnung zu hindern, wäre ein konsequentes Anpressen von Boateng gewesen. Der ist ein solider Innenverteidiger, aber kein Künstler und auch keiner von der vor allem mentalen Statur eines Dante. Alleine – es passierte nicht.

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Dante war der Chef in der Bayern-IV, Boateng das brave Helferlein.

Obwohl Boatengs Rolle hauptsächlich in der von Dantes treuem Helferlein bestand. Drei von vier Bällen, die Boateng spielte, lieferte er bei Dante selbst oder bei Neuer ab; wenig überraschend passierten ihm dabei auch keine Fehler. War der Pass für jemand anderen gedacht (also für Lahm und Robben, in erster Linie), kamen fast die Hälfte der Bälle nicht an. Anspiele auf Javi Martínez gab’s praktisch keine.

Ganz anders bei Dante: Dieser gab den Ball oftmals kurz zum zurückgerückten Schweinsteiger, sehr oft rückte er auch hinaus auf die linke Seite und eröffnete von dort für die dann aufgerückten Alaba und Ribéry, während Schweinsteiger abkippte und im Zentrum absicherte.

Die Tore

Dass sich der Gegentor-Schnitt von Barcelona von 0,55 pro Spiel (2010/11) auf mittlerweile über eines pro Spiel verdoppelt hat, liegt sicher zu einem großen Teil auch an der zunehmenden Verletzungsanfälligkeit von Puyol, dazu fehlte auch Mascherano; Adriano Correia (der im Viertelfinale gegen PSG innen spielte) ist eher Außenverteidiger, Busquets wurde im Mittelfeld gebraucht – so musste Marc Bartra ran. Der ist zwar grundsätzlich auch kein Schlechter, aber es ist sicherlich kein Zufall, dass drei der vier Tore aus knapp der Grundlinie entlang gespielten Querpässen resultierten (das erste, das zweite und das vierte).

Hinzu kommt, dass sich Barcelona vor allem bei Kopfbällen oft erstaunlich billig ausmanövrieren ließ – dabei wäre Gerárd Piqué 1,92 Meter groß. Dass das zweite Tor Abseits war und das dritte wegen den Blocks von Müller an Alba auch nicht zählen hätte dürfen, soll nicht verschwiegen werden – allerdings hätten auch die Bayern einen Hand-Elfmeter zugesprochen bekommen müssen und dass kurz vor dem Ende Alba nicht die rote Karte sah, als er Robben den Ball ins Gesicht warf, ist ebenfalls kaum nachvollziehbar. Viktor Kassai – der schon ein CL-Finale (das von Barcelona gegen Man Utd 2011), ein WM-Halbfinale (jenes zwischen Deutschland und Spanien 2010) und ein Olympia-Finale (das 1:0 von Argentinien gegen Nigeria 2008) leitete – hatte einen ganz schlechten Tag, benachteiligte aber beide Teams.

Barcelona lässt Raum und wird bestraft

Nach dem 2:0 kurz nach dem Seitenwechsel rückte das Mittelfeld von Barcelona auf, um für mehr Druck zu sorgen – was letztlich dazu führte, dass Heynckes mit Luiz Gustavo (statt Gomez) mehr Stamina ins Zentrum brachte. Dabei vernachlässigte die Innenvertigung mit Piqué und Bartra aber das Nachrücken, wodurch zwischen diesem Duo und Busquets ein ziemlich massives Loch entstand.

Die Bayern zermürbten Barcelona schon vor dem Seitenwechsel mit ihrem blitzschnellen Umschalten von Defensive auf Offensive und sorgten in der Barça-Abwehr damit für einige Verwirrung, mit dem Platz zwischen den Reihen in der zweiten Halbzeit hatten sie folglich ihre helle Freude. Der Konter über Ribéry, der via Schweinsteiger zu Robben flink auf die andere Seite verlagert wurde, wo die Abwehr aus der Position gezogen war (und Alba, nachdem er von Robben überwunden war, von Müller weggecheckt wurde), war dafür ein Paradebeispiel. Genauso wie der Konter über Alaba, der zum 4:0 führte.

Fazit: Bayern von A bis Z besser

Ein bärenstarker Müller, der das Barcelona-Mittelfeld zur Verzweiflung trieb. Ein gewohnt laufstarker Schweinsteiger, der jener Regisseur war, der Xavi hätte sein sollen. Ein extrem cooler Dante, der sich um (einen zugegebenermaßen waidwunden) Messi kümmerte und das Spiel von hinten eröffnete: Die Bayern waren von Abwehr bis Angriff dem FC Barcelona klar überlegen. Den Katalanen gelang es gegen das geschickte Pressing der Bayern, die gerade im Mittelfeld ihre Physis extrem intelligent ausspielten, nie, ihren Ballbesitz wirklich dauerhaft in die Nähe des Bayern-Strafraums zu verlegen.

Dazu fehlte es auch an den Impulsen von der Bank. Es ist seit Jahren der wohl größte Kritikpunkt an Barcelona, dass es keinen Plan B gibt. Das galt aber in der Regel für Spiele gegen Teams, die sich mit neun Feldspielern hinten einigeln – nicht, wenn man selbst im Mittelfeld angepresst wird und der Gegner sich traut, selbst aktiv zu werden. Damit hatte etwa Spanien im EM-Semifinale gegen Portugal schon ganz große Probleme, und die Bayern setzten diese Taktik gnadenlos um. Nicht, indem sie versuchten, Barcelona jetzt zwingend den Ballbesitz zu nehmen. Sondern ohne den Ball die Kreise des Gegners einzuengen und mit dem Ball schnell umzuschalten und die defensiven Fragezeichen von Barça zu nützen.

Letztlich ist der Sieg vielleicht um ein Tor zu hoch, aber dennoch ist dies das erste Mal, dass Barcelona von einem Gegner nicht nur kontrolliert wird, sondern die Schwächen gnadenlos aufgedeckt werden und das Team komplett zerlegt wird. Inwieweit das ein Wendepunkt der Geschichte ist, um mal das ganz große Ganze anzusprechen, wird sich zeigen, schließlich hat derzeit bis auf die Bayern praktisch keiner die Qualität, dieses Spiel gegen Barcelona so durchzuziehen (wie ernst man die Clásico-Niederlagen zuletzt in Cup und vor allem der längst entschiedenen Meisterschaft nehmen kann, ist eine Streitfrage).

Aber auf jeden Fall haben die Bayern gezeigt: Barcelona ist zu schlagen, auch, wenn man sich nicht hinten einigelt.

(phe)

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Hummels fehlt BVB mehr als Ribéry den Bayern – Münchner siegen 1:0 https://ballverliebt.eu/2013/02/28/hummels-fehlt-bvb-mehr-als-ribery-den-bayern-munchner-siegen-10/ https://ballverliebt.eu/2013/02/28/hummels-fehlt-bvb-mehr-als-ribery-den-bayern-munchner-siegen-10/#comments Wed, 27 Feb 2013 23:16:41 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8411 Hummels fehlt BVB mehr als Ribéry den Bayern – Münchner siegen 1:0 weiterlesen ]]> Extreme Intensität, hohes Tempo, dabei aber fast immer fair und respektvoll geführt: Genau so soll ein echtes Spitzenspiel sein. Im Pokal-Viertelfinale behielten die Bayern mit 1:0 die Überhand, weil man das fehlen eines eigenen Schlüsselspielers besser kaschieren konnte als es Dortmund mit dem Fehlen einer eigenen Stütze konnte. Ohne Hummels fehlte dem BVB das schnelle Umschalten aus dem Rückraum. Und letztlich auch die Mittel, um gegen das proaktive Verteidigen des Bayern-Mittelfelds anzukommen.

Bayern München - Borussia Dortmund 1:0 (1:0)
Bayern München – Borussia Dortmund 1:0 (1:0)

Wie schon beim 1:1 in der Bundesliga im Herbst stellte Jürgen Klopp ein 4-3-3 auf das Feld; im Mittelfeld-Zentrum wurde Sechser Sven Bender von Kevin Großkreutz (halblinks) und Ilkay Gündogan (halbrechts) flankiert. Aus diesem Trio rückte immer einer auf, wenn die Bayern von hinten das Spiel eröffnen wollten – zumiest war das Gündogan – während die anderen zwei absicherten. Ansonsten verschoben die drei im Verbund, aber sie ließen in ihrem Rücken etwas zu viel Raum.

Damit ergab sich bei den Bayern immer wieder die Gelegenheit, mit längeren Pässen zur Seitenverlagerung in die freien Räume im Rücken des Mittelfeld-Trios zu gelangen. Diese Pässe kamen mit schöner Regelmäßigkeit auch an, jedoch fehlte es dann am Tempo-Aufbau gegen die Dortmunder Viererkette. Außerdem schafften es die drei auch nicht, Toni Kroos wie gewünscht aus dem Spiel zu nehmen. Die extreme Flexibilität und die hohe Spielintelligenz von Kroos ermöglichte es dem Bayern-Zehner, immer wieder anspielbar zu sein.

Die Bayern ohne Ribéry

Die größte Änderung zum gewohnten Spiel der Bayern war das Fehlen des gesperrten Franck Ribéry. Statt dem Franzosen rückte Arjen Robben auf die linke Seite vor David Alaba. Es wurde aber sehr schnell sehr deutlich, dass dem Österreicher mit Robben jenes blinde Verständnis fehlt, dass er mit Ribéry hat. Alaba schien nie so recht zu wissen, was Robben vorhat, und so traute er sich auch nicht, konsequent nach vorne zu gehen – obwohl ihm das wiederholt von Schweinsteiger aufgetragen wurde und dieser sich auch oft als De-facto-Linksverteidiger positionierte, um Alaba zum Aufrücken zu ermutigen.

Andererseits aber war Robben in der ersten Hälfte von Defensiv-Aufgaben weitgehend entbunden. Da kümmerte sich Alaba natürlich um Götze und Schweinsteiger um Piszczek, wenn der ungewohnt zurückhaltende Pole doch einmal die Mittellinie überquerte. Wie überhaupt die Dortmunder Außenverteidiger vornehmlich auf Robben und Müller aufpassten, anstatt selbst nach vorne zu marschieren. Womit das Spiel der Borussia ziemlich eng wurde und es nicht gelang, selbst auf konstanter Basis sinnvolle Angriffe zu kreieren.

Dennoch: Die linke Bayern-Seite war nicht so auffällig wie sonst, weshalb mehr Verantwortung auf die Mitte zukam – die Klopp eigentlich zugestellt haben wollte. Weil Schweinsteiger diesmal den tieferen Part im Zentrum übernahm, war Javi Martínez nach vorne deutlich vitaler als etwa zuletzt beim 6:1 über Bremen. Dort hatte sich der Baske darauf beschränkt, kräfteschonend im Mittelkreis herumzutraben, weil er nach hinten nicht gefordert und nach vorne nicht gebraucht wurde. Diesmal aber war Martínez sehr aktiv nach vorne und unterstützte vor allem Müller und Lahm, wo es möglich war, und er ging auch keinem Zweikampf aus dem Weg.

Dortmund ohne Hummels

Ein extrem wichtiger Faktor, warum es den Bayern trotz des Dortmunder Mittelfeld-Trios gelang, sich durch das Zentrum zu spielen, war – neben der extremen Ballsicherheit vor allem unter dem Druck des Dortmunder Pressing und auch in personeller Unterzahl auf engem Raum – das krankheitsbedingte Fehlen von BVB-Innenverteidiger Mats Hummels. Was das Antizipieren von Spielsituationen und das perfekt getimte Herausrücken aus der Kette zum Abfangen von Pässen und dem daraus folgenden gleichzeitigen Umschalten auf Offensive angeht, gibt es weltweit kaum bessere Verteidiger als Hummels.

Diese Gabe hat sein Ersatzmann Felipe Santana nicht einmal im Ansatz. Damit fehlte den Borussen genau jene Präsenz vor der Abwehrkette, die sie normalerweise auszeichnet und so war es den Bayern auch möglich, vor der Viererkette zu agieren, ohne Angst haben zu müssen, dass Hummels einen Ball abfängt und die Münchner auf dem falschen Fuß erwischt. Letztlich war es, neben einem Fehler von Schmelzer, vor allem auch ein allzu Zögerliches Herausrücken von Santana, das Robben kurz vor der Pause das verdiente 1:0 ermöglichte.

Gastgeber im Halten-Modus

Ab ca. 60. Minute
Ab ca. 60. Minute

Was Heynckes in der zweiten Halbzeit mit der Besetzung seiner Positionen angeht, war eher ungewöhnlich. Weniger, dass zu Beginn der Hälfte Robben und Müller ihre Seiten tauschten – Robben war sehr zentral unterwegs und die Abstimmung mit Alaba klappte überhaupt nicht – und Mandzukic praktisch mit Robben die Seite wechselte, zu der er von der Spitze aus eher tendierte.

Viel mehr aber, als nach rund einer Stunde Mandzukic auf der rechten Flügel ging, währen Robben wieder nach links ging und – vor allem – Kroos und Müller die Spitzen gaben. Die aber eigentlich die vordersten Verteidiger waren, denn die Bayern schalteten nun um in den Halten-Modus. Der aber eben nicht darin bestand, sich tief zu stellen und abzuwarten, sondern einen sehr proaktiven Ansatz besaß.

Das hieß: Mandzukic und Robben relativ tief gegen die nun doch aufrückenden Schmelzer und Piszczek mit dem Versuch, die beiden mit Technik, Wendigkeit und schnellem Umschalten zu zermürben. Dazu Kroos und Müller, die es der Innenverteidigung erschwerten, den ersten Pass zu spielen. Und mit dem Duo Schweinsteiger/Martinez, das sehr hoch stand – teilweise deutlich höher als Mandzukic und Robben auf den Flügeln – und gemeinsam mit Kroos und Müller verhinderte, dass Dortmund Dreiecke aufgebaut bekam.

Klopp merkt: Spielerisch wird’s nichts

Das sah so aus, dass einer auf den Ballführenden presste, während die anderen die Passwege zustellten. Das ist, wenn es schief geht, extrem gefährlich, weil sich hinter den attackierenden Spielern Räume ergeben. Hin und wieder schaffte es Dortmund auch, vor die Viererkette der Bayern zu kommen, aber Van Buyten und vor allem Dante brachten immer ein Bein dazwischen. Zumeist aber verendeten Dortmunder Angriffsversuche schon an der Mittellinie, weil es nicht gelang, mehrere Anspiele hintereinander an den Mann zu bringen.

Weil Klopp merkte, dass seine Mannschaft mit spielerischen Mitteln nicht zu einem Torerfolg kommen würde, packte er in der unmittelbaren Schlussphase die Brechstange aus und brachte statt Reus – der die zuweilen auftretenden defensiven Unachtsamkeiten von Lahm nicht nützen konnte – Stoßstürmer Julian Schieber. Mit der Ordnung im Spiel der Dortmunder war es nun dahin, und echte Torgefahr konnten sich damit auch nicht mehr aufbauen. Weshalb die Bayern verdient 1:0 gewannen.

Fazit: Vor allem im Mittelfeld Bayern überlegen

Inwieweit man diesen 1:0-Sieg der Bayern als echte Trendwende ansehen kann, ist Ansichtssache. Dieses Spiel wurde auch dadurch charaktierisiert, welches Team mit dem Ausfall eines wichtigen Spielern besser zurecht kam, und es lässt sich konstatieren, dass den Dortmundern Hummels mehr fehlte als Ribéry den Bayern – wiewohl den Münchnern ohne die gemeinsame Achse Alaba/Ribéry doch einiges abgeht.

Außer Frage steht aber, dass die Bayern in dieser Saison deutlich konstanter spielen als die Dortmunder und in diesem Spiel das erste Mal seit längerem der Borussia auch inhaltlich überlegen waren. Zumindest national gehört diese Saison eindeutig den Bayern, vor allem, weil sie so stark in der Defensive sind. Das hat nicht nur mit einem Dante in einer Gala-Saison zu tun, sondern vor allem mit dem Mittelfeld. Der Ansatz, mit eigener Initiative den Gegner schon im Mittelfeld defensiv zu begegnen, zog Dortmund den Zahn.

Vor allem Schweinsteiger und Martínez taten sich dabei hervor. Wahrscheinlich bilden die beiden das derzeit beste Sechser/Achter-Duo Europas.

(phe)

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Deutschland zeigt Oranje, wie’s gemacht wird – verdienter 2:1-Sieg https://ballverliebt.eu/2012/06/14/deutschland-zeigt-oranje-wies-gemacht-wird-verdienter-21-sieg/ https://ballverliebt.eu/2012/06/14/deutschland-zeigt-oranje-wies-gemacht-wird-verdienter-21-sieg/#respond Thu, 14 Jun 2012 00:05:48 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7483 Deutschland zeigt Oranje, wie’s gemacht wird – verdienter 2:1-Sieg weiterlesen ]]> Schaut her, Holländer, so geht das – Deutschland lieferte zumindest eine Stunde lang Anschauungs-Unterricht. Bert van Marwijk hingegen machte den gleichen Fehler wie gegen Dänemark und setzte auf eine extrem statische und unbewegliche Mittelfeld-Zentrale, die wurde von den Deutschen zerstört wurde. Dennoch gibt’s für Holland immer noch die Chance auf das Viertelfinale, weil Portugal die Dänen mit 3:2 besiegt. Trotz eines Riesen-Lochs hinter Cristiano Ronaldo.

Deutschland - Holland 2:1 (2:0)

Vorne wird gepresst, hinten wird gewartet – das war eines der größten Probleme der Holländer beim 0:1 gegen Dänemark: Die Mannschaft zerfiel in zwei Teile, einen offensiven und einen defensiven, die wenig miteinander zu tun hatten. Dänemark nützte diese fehlende Balance bei Oranje aus. Genau wie das extrem passive Spiel von De Jong und Van Bommel im Zentrum, die sich beide als reine Zerstörer ohne Aufgabe nach vorne verstanden.

Holland statisch und vorsichtig

Dennoch vertraute Bondscoach Bert van Marwijk der selben Formation wie gegen Dänemark (von der Rückkehr des von einer Verletzung genesenen Stamm-IV Joris Mathijsen mal abgesehen). Anstatt also weiterhin hoch zu pressen und dahinter das Mittelfeld aufrücken zu lassen, verzichtete Van Marwijk auf das Pressing der vier Offensiv-Leute. Anstatt also selbst zu versuchen, das Kommando zu übernehmen, Ballverluste bei den Deutschen zu provozieren und dazu Schweinsteiger und Khedira unter Druck zu setzen, passierte genau das Gegenteil.

Die Holländer standen zwar sehr kompakt, dabei aber auch extrem statisch. Wieder kam von De Jong und Van Bommel in der Vorwärtsbewegung nichts, das Tempo wurde verschleppt, es wurde kaum einmal ein Risiko-Pass versucht, sondern viel eher immer wieder hinten herum gespielt. Kurz: Es fehlte das Überraschungsmoment, es fehlte die Dynamik, es fehlte der Zug zum Tor. Viel gefährlich man mit direkten Pässen sein konnte, wurde in einigen Situationen in der ersten Viertelstunde zwar offensichtlich, aber dennoch kamen solche Versuche viel zu selten.

Deutschland macht’s richtig

Wie man es richtig macht, zeigte die deutsche Mannschaft. Hummels und vor allem Badstuber versuchten, wann immer möglich, den Vorwärtspass; Schweinsteiger und Khedira schalteten sich mit ihrer Dynamik immer wieder nach vorne ein. Der ballführende Holländer wurde immer mit zwei Leuten angepresst, so wurden auch die sich ständig wiederholenden harmlosen Querpässe bei Oranje provoziert. Es wurde konsequent nachgerückt, um keine Löcher zwischen den Reihen aufzureißen. Und im Umschalten wurde sofort Zug zum Tor entwickelt.

Mit seinen intelligenten Laufwegen schuf Özil auch immer wieder Platz für die nachrückenden Mitspieler aus dem Zentrum. Weil De Jong dem deutschen Zehner in Manndeckung nahm, um ihn aus dem Spiel zu halten, blieb oft dem langsamen Van Bommel mehr Arbeit im Zentrum gegen den sich diesmal oft zurückfallen lassenden Gomez und den aufrückenden Schweinsteiger und Khedira.

Dazu waren die Deutschen einfach auch gedankenschneller, was durch die beiden hervorragend herausgespielten Tore verdeutlicht wurde. Die Laufwege von Özil, die Übersicht von Schweinsteiger, der Torriecher von Gomez – all dem hatten die statischen und phantasielosen Holländer praktisch nichts entgegen zu setzen. Die 2:0-Führung von Deutschland zur Pause ging vollauf in Ordnung.

Anderes Bild nach der Pause

Dass es nach dem Seitenwechsel nicht in ähnlicher Manier weiter ging, lag an zwei Faktoren. Zum einen ließ die Intensität im deutschen Spiel nach: Es wurde nicht mehr so konsequent gepresst, man ließ sich etwas weiter hinten hineindrängen. Zudem wurde nicht mehr so direkt und so schnell der Weg nach vorne gesucht. Man hatte den Eindruck, die Deutschen betrachteten insgeheim das Spiel bereits als gewonnen, nachdem es vor der Pause gar so leicht gegangen war, und legten den Schongang ein.

Zum anderen natürlich, und das trug sicher noch viel mehr zum völlig anderen Bild in der zweiten Hälfte bei, waren die zwei Wechsel von Bert van Marwijk, der damit einhergehenden System-Änderung und der anderen Spielweise bei den Holländern. Statt des einmal mehr ausnehmend schwachen Van Bommel und des einmal mehr komplett wirkungslosen Afellay kamen Van der Vaart und Huntelaar ins Spiel.

Wirkung entfaltet sich erst nach und nach

2. Halbzeit

Wobei das in den ersten Minuten nach Wiederanpfiff noch gar keine so große Wirkung zeigte. Nicht nur, weil Van Persie, der nun auf der rechten Seite agierte, isoliert blieb und sich Sneijder und Robben oft gegenseitig behinderten, weil beide von der linken Flanke kommen wollten. Sondern auch, weil Van der Vaart seine Rolle im zentralen Mittelfeld zunächst ähnlich tief stehend anlegte wie Van Bommel. Mitunter war Van der Vaart noch wesentlich tiefer als De Jong positioniert, stand gegen den Ball auf einer Höhe mit den Innenverteidigern, und holte sich die Bälle von hinten ab.

Aber immerhin: Nun kamen aus dem Mittelfeld-Zentrum auch konkrete Pässe für den Spielaufbau, nun wurde vorne auf die Gegner gepresst – wiewohl auch diesmal nicht in ausreichendem Maße nachgerückt wurde. Außerdem löste sich der Knoten auf der linken Seite, als Robben wieder auf rechts ging und Van Persie als hängende Spitze hinter Huntelaar agierte.

Nach und nach traute sich auch Van der Vaart wirklich nach vorne aufzurücken, sodass sich ein etwas schiefes 4-1-3-2 bildete. Von den fünf Defensiv-Spielern kam zwar immer noch zu wenig, aber dennoch hatten die Holländer hier – zwischen der 65. und der 80. Minute – ihre beste Phase. In die fiel auch das verdiente Anschlusstor durch Van Persie.

Eine Schwachstelle blieb aber: Arjen Robben. Nach seinem Horror-Saisonfinale mit den Bayern steht er immer noch komplett neben sich. Ihm fehlt nicht nur die Form, sondern ganz offensichtlich vor allem die innere Ruhe, um seine Leistung zu bringen. Wäre die rechte Seite nicht wieder ein Komplett-Ausfall gewesen, hätten die Holländer für noch viel mehr Druck sorgen können.

Hummels mit Problemen

Was auch daran lag, dass Mats Hummels zunehmend Probleme mit seinem Stellungsspiel bekam. Die Anwesenheit eines zweiten Stürmers schien ihn deutlich mehr zu verunsichern als Holger Badstuber, jedenfalls ermöglichten eher billige Fehler des gegen Portugal noch so starken Dortmunders, dass sich in dieser Phase immer wieder etwas Chaos in der deutschen Abwehr breitmachte.

Löw versuchte, mit Kroos statt Özil einen frischen Mann für die Zentrale zu bringen, um Van der Vaart wieder etwas weiter nach hinten zu drücken und so den Holländern jenen Punch aus dem Mittelfeld zu nehmen, der in den Minuten davor für das Aufkommen von Oranje verantwortlich war. Das, wie auch die Hereinnahme des geschickt an der Zeit drehenden Lars Bender (für Müller), ging auf und Deutschland gewann mit 2:1.

Fazit: 45 Minuten zu spät, Bert van Marwijk…

Die zweite Hälfte hat ganz eindeutig gezeigt, was Holland in der ersten gefehlt hat. Man kann Bert van Marwijk zu Gute halten, dass er seine massiven Fehleinschätzungen für die Startformation erkannt und sie für die zweite Hälfte erfolgreich korrigiert hat. Man könnte aber auch sagen: Das statische Mittelfeld-Zentrum hat gegen Dänemark schon nicht funktioniert, wie hätte es dann gegen Deutschland funktionieren sollen – noch dazu, wenn man das Spiel eigentlich gewinnen muss? Dass im holländischen Kader durchaus das Potential vorherrscht, aus dem Mittelfeld nachzurücken, dort Kreativität und Druck zu entwickeln, wurde in der zweiten Hälfte klar. Zu spät, denn ein 0:2 gegen Deutschland aufzuholen, ist kaum möglich.

Für Deutschland muss die zweite Hälfte als Warnschuss gelten. Man hat das Spiel dank einer intelligenten Vorstellung in der ersten Halbzeit gewonnen, aber nach dem Seitenwechsel ließ man sich zu leicht zurückdrängen, ließ sich die Initiative zu leicht nehmen – und das noch dazu gegen einen schwer verunsicherten Gegner, der gerade komplett umgestellt hatte. Anstatt in die Findungsphase der Holländer, die ja immerhin eine Viertelstunde dauerte, voll hinein zu bohren, wurde es dem Gegner ermöglicht, ins Spiel zurück zu kommen.

Das kann Löw nicht gefallen.

Gegen Deutschland war es ein recht klares 4-1-4-1, in dem die Portigiesen spielten. Gegen Dänemark war es nun eine anderen Situation: Nicht nur, dass der Gegner nicht so stark ist wie das deutsche Team, nein, vor allem mussten die Portugiesen gewinnen. Weshalb sich die Spielanlage etwas offensiver gestaltete. Was auch heißt: Nani und vor allem Cristiano Ronaldo spielten wesentlich höher, was aus dem System eher ein 4-3-3 machte.

Portugal - Dänemark 3:2 (2:1)

Vor allem Cristiano Ronaldo stand nicht nur recht hoch, sondern auch recht zentral. Zudem presste im Zentrum vor allem Meireles zuweilen recht heftig gegen das dänische Duo mit Kvist und Zimling. Dass letzterer schon nach einer Viertelstunde verletzt raus musste und statt ihm Jakob Poulsen kam, trug nicht gerade zur Sicherheit der dänischen Zentrale bei.

Zumal sich auch keiner der beiden, wie noch gegen Holland, zwischen die Innenverteidiger fallen ließ. Das war gegen Portugal, wo es keinen zentral spielenden offensiven Spieler gibt, nicht nötig. Doch gegen die aggressiven Gegenspieler schafften sie es nicht, für Struktur im dänischen Spiel zu sorgen. Auch, weil es diesem an der Breite fehlte: Krohn-Dehli und Rommedahl zogen sehr früh nach innen.

Das Problem dabei war, dass wenn die Außenverteidiger Jacobsn und Simon Poulsen aufrückten, war man für das extrem schnelle Umschalten der Portugiesen von Defensive auf Offensive anfällig. Vor allem über die Seite von Cristiano Ronaldo ging da relativ viel, weil Jacobsen gegen ihn und Coentrão nicht selten auf sich alleine gestellt war.

Dänen fehlen die Mittel

Als die Dänen noch überlegten, wie sie denn nun sinnvoll vor das gegnerische Tor kommen sollten, stand es dann auch schon 0:2 – erst verwertete Pepe eine Ecke, dann ließ man sich von einem schnellen Gegenstoß versenken.

Es gelang den Skandinaviern nicht, in den Rücken der Abwehr zu kommen und auch zu selten, den viel auch nach hinten arbeitenden Bendtner einzusetzen. Pepe und Bruno Alves machten, wie schon im Deutschland-Spiel gegen Gomez, zumeist einen guten Job. Den Anschlusstreffer kurz vor der Pause, eingeleitet durch einen klugen Flankenwechsel und eine Rückgabe vor die zu weit nach hinten gerückte Innenverteidigung, konnten sie aber nicht verhindern.

Selbst als sich Portugal in der zweiten Halbzeit merklich zurückzog und noch mehr auf Konter lauerte, gelang es zu selten, Überzahl-Situationen herzustellen. Nicht auf der Seite von Rommedahl, weil sich dieser dafür zu zentral positionierte. Nicht über jene von Krohn-Dehli, weil dieser gegen João Pereira keinen Stich machte und ebenfalls zur Mitte tendierte – dort aber von den aggressiven Moutinho und Meireles aus dem Spiel genommen wurden. Ebenso wie Eriksen, dem Veloso auf den Füßen stand.

Gefahr nur über die rechte Seite

Am gefährlichsten wurde es, wenn es Rechtsverteidiger Lars Jacobsen im Rücken des nicht gerade mit vollem Einsatz verteidigenden Ronaldo gelang, Coentrão entweder auszuspielen oder den Platz zu nützten, den dieser gab, wenn er eingerückt war. Solche Situationen ergaben sich aber erst dann immer öfter, als Rommedahl schon nicht mehr im Spiel war und durch Tobias Mikkelsen ersetzt worden war. Wenig überraschend fiel auch der Ausgleich, erneut durch Bendtner, nach einer präzisen Flanke über diese Seite.

Portugals Teamchef Paulo Bento musste nun natürlich alles riskieren und brachte Silvestre Varela für Meireles – der gleiche Wechsel wie gegen Deutschland. Erstaunlicherweise schaffte es Portugal tatsächlich, nach einer eher lethargisch geführten zweiten Hälfte den Schalter wieder umzulegen – das sehenswerte Siegtor von Varela belohnte das.

Fazit: Dänen stoßen an Limits, aber auch Portugal nicht frei von Sorgen

Als Dänemark gegen Holland das Spiel vom Gegner auf sich zukommen sah, verstand es die Mannschaft gut, die Kontrolle über das Mittelfeld zu bekommen und über Gegenstöße zum Erfolg zu kommen. Als man nun selbst das Spiel gestalten musste, und das gegen einen im Mittelfeld recht geschickt pressenden Kontrahenten, der noch dazu blitzschnell umschalten kann, wurden die Limits dieser Mannschaft offensichtlich. Noch dazu, nachdem mit Niki Zimling ein guter Taktgeber verletzt ausgefallen war.

Die Portugiesen sind wieder zurück im Turnier, weil sie sich bei aller Vorsicht und trotz der sehr reaktiven Spielweise wesentlich frecher und flinker zu Werke gingen als beim 0:1 gegen Deutschland. Dass allerdings hinter Cristiano Ronaldo ein ziemlich fieses Loch in der Defensiv-Arbeit klaffte, darf durchaus Grund zur Sorge geben. Nicht nur, weil die Dänen beide ihre Tore über diese Seite eingeleitet haben. Sondern auch, weil man nun gegen Holland spielt – ein Team, das gewinnen muss. Portugal wird daher wohl auch im dritten Gruppenspiel nicht die Spielgestaltung selbst übernehmen müssen; aber sicherlich die Flanke hinter Ronaldo besser schließen als gegen Dänemark

(phe)

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2:6 in Deutschland – weil ohne Druck im Mittelfeld jede Abwehr schlecht aussieht https://ballverliebt.eu/2011/09/02/26-in-deutschland-weil-ohne-druck-im-mittelfeld-jede-abwehr-schlecht-aussieht/ https://ballverliebt.eu/2011/09/02/26-in-deutschland-weil-ohne-druck-im-mittelfeld-jede-abwehr-schlecht-aussieht/#comments Fri, 02 Sep 2011 21:39:19 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5632 2:6 in Deutschland – weil ohne Druck im Mittelfeld jede Abwehr schlecht aussieht weiterlesen ]]> Es wäre zu billig, die Schuld für die vielen Gegentore beim 2:6 des ÖFB-Teams in Deutschland nur in der österreichischen Hintermannschaft zu suchen. Ja, sie haben nicht gut ausgesehen – aber das eigentliche Problem war das komplett fehlende Pressing im Mittelfeld. Das hat es den Deutschen leicht gemacht.

Deutschland - Österreich 6:2

Das Spiel der letzten Chance, die erhoffte Fortsetzung des ordentlichen Auftritts beim 1:2 in Wien – das war die Ausgangslage beim österreichischen Team. In einem Spiel, dass im Land von Rot-weiß-rot bis zum Erbrechen gehypt wurde. Dem die deutsche Öffentlichkeit aber bestenfalls schaumgebremst bis gleichgültig entgegen geblickt wurde. Gespielt haben die beiden Mannschaften dann eher umgekehrt zum jeweiligen Build-up. Was man aber sicher nicht nur auf das frühe 1:0 für den Gastgeber durch einen Weitschuss von Özil zurückführen kann und darf.

Harnik und Arnautovic vorne

Von all den möglichen Varianten wurde beim österreichischen Team ein Mittelding aus 4-4-1-1 und 4-4-2 gewählt. Als wirklich hängende Spitze kann man Harnik in diesem Spiel nicht bezeichenen. So richtig als echte Spitze Aranautovic auch nicht. Eher haben beide auf annähernd einer Höhe (zumeist war Arnautovic ein, zwei Schritte weiter vorne) beide so ein wenig eine hängende Spitze gegeben – allerdings jeweils auf den Halbpositionen. Die Position im zentralen offensiven Mittelfeld war somit nicht so richtig besetzt.

Das hatte den Vorteil, dass sich beide immer wieder auch realtiv weit nach hinten fallen lassen konnten, um dort eher anspielbar zu sein (was nicht so recht funktionierte), allerdings andererseits den Nachteil, dass Druck auf die Spieleröffnung der Deutschen nicht einmal im Ansatz möglich war. Hummels und Badstuber konnten sich die Bälle genüsslich hin- und herschieben und sich überlegen, was sie denn jetzt damit machen sollten, ohne dass es irgend einen Druck eines Österreichers gab.

Dag und Lahm

Interessant war die Rolle von Ekrem Dag auf der rechten Mittelfeldseite gegen Philipp Lahm. Der Besiktas-Legionär stand extrem hoch und wirkte wie eine Wand auf Lahm – er kam an der Seitenlinie nicht durch und konnte somit auch Lukas Podolski nicht wirklich ins Spiel einsetzen: Mit Steilpässen kaum und mit kurzen Anspielen schon gar nicht.

Lahm merkte jedoch schnell, dass Dag zwar hoch stand und gegen ihn gut defensiv die Flanke zumachte, aber offensiv nicht die geringste Bedrohung darstellte. So entschied sich Lahm alsbald, seine Flanke halt zu verlassen und in die Mitte zu ziehen. Dag entschloss sich in den meisten Fällen dazu, draußen zu bleiben und sich nicht von Lahm nach innen ziehen zu lassen.

Voller Druck auf Baumgartlinger, volles Pensum von Alaba

Ein großes Problem im österreichischen Spiel war, dass mit dem wenigen Ballbesitz wenig anfing. Gewonnene Bälle waren zumeist in Windeseile wieder verloren, weil die Deutschen ein durchaus sehenswerten Pressing anboten, vor allem auf Julian Baumgartlinger. Alaba wurde eher noch in Ruhe gelassen – der Bursche von den Bayern ist das Tempo und das Pressing aus der Bundesliga gewohnt und verfügt bekanntermaßen über ein waches Auge und extreme Spielintelligenz. Wenig überraschend kamen auch die meisten intelligenten Aktionen von ihm – obwohl er hinten absichern sollte, nach vorne einleiten, und auch noch für den dezent überforderten Royer auf der linken Seiten aushelten musste. Ein bissl viel für einen alleine.

Letztere hat zwar der Neo-Mainzer Baumgartlinger auch, aber er ist nach der kurzen Zeit in der Bundesliga das hohe Tempo nicht gewohnt und vor allem nicht das Pressing, schließlich gibt es das in der österreichischen Bundesliga de facto überhaupt nicht; schon gar nicht auf dem Niveau, wie es Kroos, Schweinsteiger und Co. anboten. So ließen die Deutschen Alaba etwas mehr Zeit am Ball und etwas mehr Raum zum Wirken, nahmen ihm aber die Anspielstationen; während sofort mindestens einer, zumeist aber eher zwei Mann auf Baumgartlinger stürzten, sobald der nur daran dachte, einen Ball anzunehmen.

Probleme im Spielaufbau

So fand geregelter Spielaufbau beim ÖFB-Team kaum statt. An Laufbereitschaft und -arbeit fehlte es nicht, aber wie selbst Franz Beckenbauer vor einigen Monaten geäußert hat, werden wahnsinnig viele leere Meter gemacht. Was dadurch natürlich noch verstärkt wurde, dass viele Anspiele nicht knapp am Empfänger vorbeigingen (was man ja mit wenig Zeit am Ball und dem Pressing der Deutschen erklären könnten), sondern immer wieder völlig ins Nirwana segelten.

In diesen Situationen entstand immer mehr der Eindruck, dass der eine nicht weiß, wo der andere hinläuft, sprich, die Laufwege überhaupt nicht passten bzw. aufeinander abgestimmt waren. Schnelle Konter ließ das deutsche Team kaum zu und so war die österreichische Mannschaft gefordert, neben Tempogegenstößen auch ineinander greifende Pässe und Laufwege aus geringerem Tempo anzubieten. Und so etwas gab es nur im überschaubaren Maß.

Wenig Platz zum Kombinieren

Was die Österreicher vom Prinzip her allerdings recht gut machten: Die Verteidigung rückte auf, wodurch angesichts des tief stehenden Duos Arnautovic/Harnik vorne der bespielbare Raum für die Deutschen sehr, sehr eng wurde. Das DFB-Team hatte somit zwar theoretisch eine systembedingte Überzahl im Zentrum, kam aber nicht wirklich dazu, diese auch auszuspielen. Immer wieder blieb nur der lange Ball, was angesichts der kopfballstarken Innenverteidigung mit Pogatetz und Schiemer kein allzu erfolgreiches Rezept war.

Was die Österreicher gar nicht gut machten, war das fehlende Pressing auf die deutschen Kreativspieler – bei einer hoch stehenden Verteidigungslinie ein absolutes Muss, weil sonst ein einziger halbwegs angekommender Pass durch die Schnittstellen ausreicht, um den vielen Platz hinter einer solchen hoch stehenden Abwehrreihe gnadenlos auszunützen. Druck auf Özil und Kroos und vor allem Schweinsteiger wurde seitens der Österreicher aber nicht annähernd in ausreichendem Umfang gezeigt.

Deutschland wurde folgerichtig immer dann gefährlich, wenn es durch das Tempo und die Ballsicherheit der in Ruhe gelassenen Mittelfeldspieler und des hervorragenden Spielverständnisses von Klose gelang, sich schnell und flach durchzukombinieren. So fiel das 2:0 und kurz darauf auch das 3:0, was das Spiel im Grunde schon entschied – dem Tor von Arnautovic kurz vor Schluss, als das DFB-Team etwas schleißig verteidigte und der Bremen-Legionär per Kopf in die lange Ecke traf, zum Trotz.

Deutschland verwaltet Führung

Dass die Österreicher gleich zu Beginn nach einem eigenen Eckball in den Konter laufen und das 1:4 kassieren, hat natürlich nicht geholfen, aber wirklich zurückgebracht hat das ÖFB-Team auch der fast postwendende eigene zweite Treffer nach einem technisch äußerst feinen Zusammenspiel von Arnautovic (der mit Badstuber und Hummels beide Innenverteidiger auf sich zog) und Harnik (der damit freie Bahn hatte) auch nicht.

Das Problem blieb weiterhin bestehen: Es wurde kaum Druck auf das deutsche Mittelfeld aufgebaut, das somit nie die Angst haben musste, von einem aggressiven Gegner angegangen zu werden oder sich unter dauerhaften massivem Zeitdruck um eine Anspielstation umsehen zu müssen. Auch, weil Alaba nach dem Seitenwechsel noch tiefer stand als zuvor.

Hinzu kam, dass Höwedes (der Royer in der ersten Hälfte zwar komplett abmontierte, aber nach vorne eher harmlos blieb) durch Jerome Boateng ersetzt wurde, der es im Verbund mit Thomas Müller schaffte, Christian Fuchs vollends aus dem Spiel zu nehmen.

Bis zum Schluss kein Druck

Auffällig wurde nach einer Stunde, dass sich jeweils einer aus dem Duo Arnautovic/Harnik weiter ins Mittelfeld zurück fallen ließ. Doch auch hier wurde hauptsächlich der leere Raum abgedeckt, als mal wirklich den ballführenden Deutschen anzugehen. Ob es angesichts des Spielstandes von 2:4 gegen einen deutlich besseren Gegner wirklich etwas gebracht hätte, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber es hätte zumindest an die Spieler im DFB-Trikot das Signal ausgesendet, dass man sich noch nicht ganz aufgegeben hat.

Die Einwechslung von Hoffer für den überforderten Royer (Arnautovic ging dafür auf die Flanke) war sicher nicht verkehrt, brachte aber letztlich nichts – weil keine wirklichen Chancen herausgespielt werden konnten und in der absoluten Schlussphase die Deutschen noch zweimal die Leichtigkeit des unbedrängten Seins aus dem Mittelfeld heraus ausnützten und noch zu zwei späten Toren zum 6:2-Endstand kamen.

Fazit: Wer keinen Druck ausübt, überfordert seine Abwehr

Österreich spielte von Beginn an, wie man sich einen kompletten Underdog bei einem Bewerbsspiel in Deutschland vorstellt: Tief stehen, nur die Räume eng machen, aber null Druck auf den Gegner ausüben. Kurz: Versuchen, das Ausmaß der sportlichen Katastrophe in Grenzen zu halten. Und weil, wenn schon drucklos, dennoch nicht einmal robust auch mal der Körper reingestellt wurde, merkte Deutschland schnell: Hier gibt’s Zeit, hier gibt’s keine Fouls – es muss sich nur noch durch den engen Raum durchgespielt werden.

Dass es für Österreich in dieser EM-Qualifikation und für Teamchef Constantini wohl überhaupt das Spiel der wirklich allerletzten Chance war, merkte man weder der Mannschaft noch dem Trainer an. Es wurde nicht einmal versucht, das deutsche Team zu ärgern, zu nerven, zu piesacken – und wenn man Weltklassespieler wie Schweinsteiger, Kroos und Özil so komplett in Ruhe lässt, kommen natürlich Tempoangriffe auf die Abwehr zu. Dass diese dem dann nicht standhalten kann, ist folgerichtig.

Darum ist es auch zu billig, die Schuld nur bei der Abwehr zu suchen. Sechs Gegentore sind die logische Folge eines mutlosen Auftritts, bei dem von Beginn an nicht an die eigene Chance geglaubt wurde. Man kann in Deutschland verlieren. Man kann in Deutschland auch hoch verlieren.

Aber man darf nicht schon von vornherein dem übermächtigen Gegner den Eindruck vermitteln, bereits kapituliert zu haben.

(phe)

PS: An unsere vielen Leser aus Deutschland: Bitte nicht böse sein, dass es hier praktisch nur um das ÖFB-Team geht. Liegt aber weniger daran, dass das ein österreichischer Blog ist, sondern eher daran, dass dieses Spiel einfach deutlich mehr über die Mannschaft aus Österreich aussagt als über jene aus Deutschland. Das werdet auch ihr einsehen, wie ich hoffe ;-)

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Dortmund macht den Deckel drauf https://ballverliebt.eu/2011/02/27/dortmund-macht-den-deckel-drauf/ https://ballverliebt.eu/2011/02/27/dortmund-macht-den-deckel-drauf/#comments Sun, 27 Feb 2011 12:28:00 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4195 Dortmund macht den Deckel drauf weiterlesen ]]> Die letzten wilden Träumer sind nun auch aufgewacht: Wer auch immer glaubte, die Bayern hätten im deutschen Titelrennen noch eine Chance, wurde von der mit 22,3 Jahren jüngsten Dortmund-Elf der Bundesliga-Geschichte eindrucksvoll eines besseren belehrt. Nach dem 3:1-Sieg steht der Titel für den BVB de facto fest.

Bayern München - Borussia Dortmund 1:3

Gegenüber dem 1:0-Sieg bei Inter kehrte Luiz Gustavo wieder auf die Position des Linksverteidigers zurück – Van Gaal nahm diesmal keinen gegnerischen Zehner aus, den es in Manndeckung zu nehmen gab. Das hieß, dass Pranjic in die Zentrale zurückkehrte – und zwar nicht als Sechser, sondern als recht hoch stehender Achter. Die Absicht dahinter war vermutlich, den Platz ausnützen, denn Sven Bender – der bei Dortmund üblicherweise auf der halbrechten Position defensiver steht als Nuri Sahin.

Aber Sahin und Bender wechselten die Plätze oftmals – so stand Pranjic zumeist gegen Sahin, während Bender viel Platz vor ihm hatte. Das nützte dieser natürlich aus und zog immer wieder mit Tempo auf Schweinsteiger zu. Womit dieser nicht nur Robert Lewandowski zu beobachten hatte, sondern sich auch noch mit Bender herumschlagen musste. Das verschaffte Dortmund einen signifikanten Vorteil in der Mittelfeldzentrale.

Konkurrenz auf den Flügeln

Hinzu kam, dass der überlegene Tabellenführer aus Dortmund, anders als Inter Mailand, selbst über ein hervorragendes Flügelspiel verfügt und nicht nur mit eigenen Angriffen, sondern auch mit hervorragender Defensiv-Arbeit Ribéry und Robben ziemlich aus dem Spiel nahm. Die beiden sahen sich, wann immer sie am Ball waren, sofort mit mindestens zwei Gegenspielern konfrontiert; oftmals sogar mit noch mehr. All das, und das für die Borussia so typische sehr hoch beginnende und aggressive Pressing führte dazu, dass die Bayern nicht zu einem geordneten Spielaufbau kamen.

So musste Dortmund nur noch warten, bis sich durch das harte Pressing Fehler bei den Bayern und damit eigene Chancen ergaben, und schon in der 9. Minute war es so weit: Schweinsteiger wurde sah zwei Mann aus verschiedenen Richtungen auf sich zustürzen, verstolperte den Ball, und Großkreutz brauchte nur noch Barrios bedienen – das 1:0. Die Bayern reagierten, indem sie sich selbst weiter nach vorne schoben, und kamen nach einer Eckball-Serie durch einen Kopfball von Luiz Gustavo (Piszczek hatte das Nachsehen) schnell zum Ausgleich.

Schweini zwischen den Stühlen

Aber die Borussia ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und erzielte durch einen überfallsartigen Konter, abgeschlossen von einem sensationellen Heber von Nuri Sahin, sofort wieder die erneute Führung. In der Folge tauschten Bender und Sahin dann doch immer mal wieder die Plätze, ohne aber, dass die Bayern darauf reagierten – so hatte der türksiche Spielgestalter unerhoffte Freiheiten.

Und weil Sahin in der Offensive noch stärker ist als Sven Bender, saß Schweinsteiger in einer ähnlichen Zwickmühle wie das defensive Mittelfeld von Leverkusen bei deren Heimpleite gegen Dortmund: Angesichts der Tatsache, dass Lewandowski als Zehner deutlich höher spielt als Götze (oder im Herbst Kagawa) das tat, konnte Schweinsteiger nicht nach vorne rücken, um Sahin früher zu empfangen. So aber gewährte er Sahin den Platz, den er bei Kontern immer wieder ausnützte. So überließ Dortmund den Bayern zwar den Ball, hatte aber selbst die deutlicheren Chancen, noch vor dem Seitenwechsel für die Vorentscheidung zu sorgen.

Van Gaal behebt Kardinalproblem nicht

In der Pause wechselte Louis van Gaal zwar – er behob aber nicht das Problem im Mittelfeld, sondern ersetzte den formschwachen Badstuber durch Breno. In der Zentrale blieb alles beim Alten – und somit auch das Spiel: Schweinsteiger stand zu tief und konnte nichts ausrichten, die Flügel blieben unter Kontrolle und Pranjic konnte als Achter weiterhin keine Akzente setzen. Deshalb setzte Van Gaal in der 57. Minute auf ein neues Pferd auf der Pranjic-Position: Toni Kroos kam für Luiz Gustavo, Pranjic ging nach links hinten.

Ob diese Maßnahme wirklich gegriffen hätte, ist allerdings hypotetisch, denn in der 60. Minute versenkte ausgerechnet Mats Hummels, der bei den Bayern nie eine reaslistische Chance hatte, einen Eckball zum 3:1 gegen seinen Ex-Klub. Was für Dortmund aber beileibe kein Anlass war, sich zurückzulehnen

Klopp zieht die Daumenschraube an

Im Gegenteil: Nun folgte eine neue Welle extremsten Pressings im Mittelfeld, dass die Bayern gar nicht erst auf die Idee kommen sollten, zu glauben, es wäre noch etwas möglich. Zudem kam etwa 20 Minuten vor Schluss Jakub Blaszczykowski für Sturmspitze Barrios. Aber nicht, wie man erwarten hätte können, für die Flügel – nein, der Pole übernahm erst einmal die Position von Barrios ganz vorne. Er sollte dort allerdings weniger für Torgefahr sorgen, sondern schlicht auf alles pressen, was sich bewegte. Klopp zog somit die Daumenschraube an: 3:1 voran beim vermeintlich stärksten Konkurrenten, aber nix da mit mal locker nach Hause spielen.

Die Bayern kamen erst in den letzten Minuten wieder etwas besser zur Geltung, als Antonio da Silva für den vor allem in der Defensivarbeit gegen Robben so starken Großkreutz als Zehner kam; Blaszczykowski ging nun doch auf den Flügel und Lewandowski nach vorne. Dadurch, und durch die am Ende offensichtlich nachlassenden Kräfte der Borussia, kamen die Bayern in der Schlussphase doch noch zu einigen Chancen, vornehmlich aus Weitschüssen. Dass Weidenfeller-Ersatz Langerak aber seine erste echte Prüfung erst in der 74. Minute zu bestehen hatte (gegen Gomez), spricht Bände – und ist ein klares Indiz dafür, dass Dortmund hochverdient gewonnen hat.

Fazit: Raumaufteilung war der Schlüssel

Der Schlüssel zum Sieg für Dortmund war die geschicktere Raumaufteilung in der Zentrale. Einer aus dem Duo Bender/Sahin hatte gegen den von Lewandowski nach hinten gedrückten Schweinsteiger immer Platz, um mit Tempo Richtung Bayern-Tor zu ziehen. Außerdem gewann die Borussia die Duelle auf den Flanken – und das heftige Pressing gab den Bayern den Rest.

Mit dieser wahrhaft meisterliche Vorstellung hat Borussia Dortmund nun zwar noch nicht rechnerisch, aber de facto den Deckel auf den ersten Meistertitel seit neun Jahren gemacht. Zehn Spiele vor Schluss hat der BVB nun 12 Punkte auf Leverkusen und gar 16 Zähler auf die Bayern Vorsprung, und beide Teams haben Klopp und Co. bereits auswärts besiegt.

Da geht nichts mehr schief.

(phe)

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