Renard – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Fri, 29 Jun 2018 16:24:16 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Afrikas Teams bei der WM: Kein Rückschritt trotz Debakel https://ballverliebt.eu/2018/06/29/wm-2018-bilanz-aegypten-marokko-tunesien-senegal-nigeria/ https://ballverliebt.eu/2018/06/29/wm-2018-bilanz-aegypten-marokko-tunesien-senegal-nigeria/#comments Fri, 29 Jun 2018 12:13:19 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=14904 Afrikas Teams bei der WM: Kein Rückschritt trotz Debakel weiterlesen ]]> Es ist paradox: Einerseits sind erstmals seit 1982 alle afrikanischen Teilnehmer in der Vorrunde gescheitert. Andererseits war es dennoch kein Rückschritt. Wir blicken auf die fünf Teams des ersten Kontinents, für den die WM in Russland vorbei ist. Die reine Punkte-Ausbeute ist mit 11 Punkten aus 15 Spielen fast gleich wie jede bei den letzten paar Turnieren – vor vier Jahren waren es zwölf Zähler gewesen.

Anders, als es in der Vergangenheit üblich war, zerfleischten sich die Teams diesmal nicht in aller Öffentlichkeit selbst – die Ägypter hielten die Spannungen zumindest bis nach dem letzten Spiel unter der Decke. Die Gründe, warum es nach Marokko (1986), Kamerun (1990), Nigeria (1994 und 1998), dem Senegal (2002), Ghana (2006 und 2010) sowie Nigeria und Algerien (2014) diesmal kein afrikansiches Team geschafft hat, liegen diesmal nicht an amateurhafter Organisation, einer korrputen Funktionärs-Kaste und individualistischen Ego-Shootern der Marke Eto’o im Spielerkader.

Die Reorganisation der Setzliste bei der Auslosung aber hat keinen Kontinent so hart getroffen wie Afrika. Dass erstmals nach FIFA-Ranking und nicht nach Geographie gelost wurde, bescherte Marokko und Tunesien Gruppen, aus denen sie realistischerweise unmöglich rauskommen konnten. Nach Papierform wäre das auf Nigeria genauso zugetroffen.

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LINK-TIPP: Afrikas Teams bei der WM 2014 in Brasilien.

Senegal: Simpel, solide, mit Potenzial

Aliou Cissé, der einzige schwarzafrikanische Teamchef bei dieser WM, hatte im Vorfeld einige System-Experimente absolviert, beim Turnier selbst spielte er aber in allen drei Spielen mit einem recht handelsüblichen 4-4-1-1 durch. Auch das Spielprinzip war relativ simpel: Umsichtige und körperstarke Innenverteidigung mit Koulibaly und Sané, kampfstarke Mittelfeld-Zentrale mit den England-Legionären Gueye, N’Diaye und Kouyaté, und nach vorne das Tempo und die Dribblings von Sarr und (vor allem) Sadio Mané.

Die Lions de la Téranga sind eine gut organisierte, sehr solide Mannschaft. Die Kehrseite der Medaille: Das Team ist auch relativ berechenbar und im offensiven Umschalten oft nicht konsequent genug. Das nützte Kolumbien im letzten Spiel – da konnte der Senegal nicht die nötigen Chancen kreieren.

Zeitweise war auch das Mitelfeld ein wenig offen (wie beim 2:2 gegen Japan) und obwohl er eine grundsätzlich recht ordentliche Figur abgegeben hat, war es auch ein Patzer des in Guinea spielenden Keepers Khadim N’Diaye gegen Japan, der zum Aus beigetragen hat. Am Ende waren es weder Punkte noch Tore, sondern zwei gelbe Karten gegenüber Japan, die den Unterschied zwischen Achtelfinale und Vorrunden-Aus gemacht haben.

Dennoch: Man darf mit dem ersten Auftritt auf der ganz großen Bühne seit 16 Jahren zufrieden sein. Das Team hat auf jeden Fall noch einen WM-Zyklus drin. Spieler wie Niang, Sarr und Wagué sind noch sehr jung und haben Entwicklungspotenzial. Für Aliou Cissé, der seit 2015 Teamchef ist, steht nun ein Afrikacup-Viertelfinale 2017 (Elferschießen-Aus gegen den späteren Sieger Kamerun) und eine sehr anständige WM-Gruppenphase zu Buche.

Nigeria: Gegen den Ball gut, mit Ball – naja

Das Team aus Nigeria verließ sich fast ausschließlich auf die defensive Stabilität. Gernot Rohr fehlte auch das Mittelfeld-Personal für ein gezieltes, offensives Ballbesitzspiel.

Der routinierte Ex-Chelsea-Spieler John Obi Mikel, der talentierte Wilfred Ndidi von Leicester, der auch noch sehr junge Oghenekaro Etebo (der vom spanischen Absteiger Las Palmas zum englischen Absteiger Stoke wechselt): Gut im Spiel gegen den Ball, aber nicht gerade kreative Köpfe.

Selbst gegen Kroatien, als Mikel nominell einen Zehner im 4-2-3-1 spielte, war dies eher als Abwehr-Maßnahme gegen Modric und Rakitic gedacht, nicht als Spielgestalter (was Mikel, bei aller Routine, nicht kann). Das 3-5-2, das gegen Island und Argentinien zum Einsatz kam, betonte die Stärken des Teams: Defensive Disziplin, Robustheit, Umschaltspiel.

Man wurde nur aus einem Eckball, einem Elfmeter, einem genialen Moment von Messi und einmal einer schlecht verteidigten Flanke bezwungen. Wie vor vier Jahren unter dem mittlerweile verstorbenen Trainer Stephen Keshi gilt aber auch 2018: Selbst ein Spiel aufziehen kann Nigeria nicht, und als Argentinien am Ende blind anrannte, gab es auch keinerlei offensive Entlastung.

Die Schwäche der Argentinier ermöglichte es Nigeria, in einer laut Papierform nicht zu überstehenden Gruppe nach dem Achtelfinale zu greifen. Es hat nicht ganz gereicht – aber man blieb ein fairer Verlierer und zerrüttete sich nicht intern. Und man hat nun den Kamerun als punktbestes afrikanisches Team der WM-Geschichte überholt. Immerhin.

Marokko: Spielerisch großartig, aber kein Stürmer

Hervé Renard heißt nicht nur „Fuchs“, er ist auch einer. Der Franzose, der schon Sambia und die Elfenbeinküste zu Afrikacup-Triumphen geführt hat, machte aus Marokkos Team in Rekordzeit die sicherlich aufregendste Mannschaft auf dem ganzen Kontinent. Vor ein paar Jahren war Marokko ein No-Name-Team, das außer einem Serie-A-Spielgestalter und einem Premier-League-Stürmer (Kharja und Chamakh) nichts hatte.

Heute ist Marokko ein Team, das alles hat – nur keinen Stürmer. Der wild rotierende Mittelfeld-Wirbel, der eine Halbzeit lang über den Iran hinweg fegte, war atemberaubend. Der Wille, mit dem man gegen Portugal den Ausgleich jagte, war beeindruckend. Und die Coolness, mit der man als bereits eliminiertes Team Spanien beinahe besiegt hätte, bestätigte den starken Eindruck, den Marokko hinterlassen hat.

Hätte Marokko am Ende sieben Punkte auf dem Konto gehabt und wäre Gruppensieger geworden – niemand hätte sagen können, es wäre unverdient gewesen. Aber: Trotz aller Dominanz wurde gegen den Iran und Portugal kein eigenes Tor erzielt und jeweils 0:1 verloren. Weder El Kaabi noch Boutaïb sorgten für die nötige Präsenz im Strafraum. Und so reichte es eben nicht zu sieben Punkten, sondern nur zu einem.

Anders als beim Senegal oder Nigeria ist diese marokkanische Mannschaft aber am Ende ihres Zyklus angekommen. Bis auf den hochveranlagten, aber schwierigen Hakim Ziyech von Ajax und Real-Madrid-Nachwuchs-Linksverteidiger Achraf Hakimi ist das komplette Team an die 30 Jahre alt oder schon drüber. Schade eigentlich.

Tunesien: Mit wehenden Fahnen, aber auch Pech

Erst war da die Auslosung, die den Tunesiern in der Gruppe Belgien und England beschert hat. Das war ein wenig Pech – denn so war das Vorrunden-Aus schon mehr oder weniger programmiert.

Und es kam auch noch Verletzungspech dazu. Der Kreuzbandriss von Kaptiän und Spielgestalter Youssef Msakni im Mai. Dann die Verletzung von Torhüter Moutaz Hassen im ersten Spiel. Die von Rechtsverteidiger Bronn im zweiten Spiel. Die von Ersatzkeeper Ben-Mustapha vor dem dritten Spiel. Die Tunesier konnten einem wirklich leid tun.

Dafür ließen sie sich nie entmutigen, und das ist ihnen hoch anzurechnen. Nach einer halben Stunde Verwirrung gegen England stellte man taktisch um, hielt bis zur Nachspielzeit das 1:1. Gegen Belgien bekam man zwar die Bude angefüllt, aber versteckte sich nicht und spielte mit. Ja, das war sicher ein wenig naiv. Aber Tunesien ging lieber mit fliegenden Fahnen unter, anstatt sich nur devot die zwei Niederlagen abzuholen.

Mit der selbstbewussten und vorwärtsgewandten Spielanlage zeigte auch Teamchef Nabil Maâloul, das er durchaus etwas bewegen kann, wenn er das Spielermaterial dazu hat. Beim Asien-Cup 2015 betreute er die völligen Blindgänger aus Kuwait, die selbst 5-Meter-Pass kaum auf die Reihe bekamen, bei drei Vorrunden-Niederlagen. Als eines von wenigen Teams switchte Tunesine zwischen mehreren Systemen (Grundlage war ein 4-1-4-1, zweite Halbzeit gegen England war es ein 5-3-2, gegen Belgien ein klares 4-2-3-1).

Die Belohnung für all das war der hochverdiente 2:1-Sieg zum Abschluss gegen Panama – nach einem frühen Rückstand. Es war der erste volle Erfolg nach 13 sieglosen WM-Spielen seit 1978. Die (in Europa überwiegend völlig unbekannten) Spieler sind auch durch die Bank noch so jung, dass dieses Team noch einige Jahre zusammenbleiben kann.

Ägypten: Harmlos auf dem Feld, unruhig im Umfeld

Nur Ägypten ist wirklich auf ganzer Linie gescheitert. Die Hoffnungen, dass Mo Salah dem Team den verblassten Glanz von drei Afrikacup-Siegen in Folge (2006, 2008, 2010) im Alleingang wieder zurückgibt, waren maßlos überzogen. Wahrscheinlich hätte das selbst ein vollkommen fitter Salah nicht geschafft. Drei Wochen nach der Schulterverletzung im Champions-League-Finale erzielte Salah zwar die einzigen beiden Tore. Die beste Leistung zeigte Ägypten aber im ersten Spiel gegen Uruguay, als Salah noch fehlte.

Die ägyptische Liga, von deren beiden Spitzenklubs Zamalek und Al-Ahly sich das Grundkorsett des Teams rekrutiert, ist laut Ranking die stärkste in ganz Afrika. Aber am Weg nach vorne fehlte es dem Nationalteam schon massiv an Tempo, Idee und Alternativen zum Plan „Gib Salah den Ball, der wird’s schon richten.“ Fünf der ohnehin nur acht Tore (in sechs Spielen) in der Qualifikationsgruppe hat Salah erzielt, ein weiteres hat er aufgelegt.

Wenn dann auch noch atmosphärische Störungen hinzu kommen, wie sie im ägyptischen Lager in Grosny im Nachgang des Turniers bekannt wurden, kommt man denn selbst in der leichtesten der acht Gruppen mit null Punkten aus dem Turnier heraus. Héctor Cúper, der Ägypten als erster Trainer nach dem großen Hasan Shehata wieder zu einigermaßen sinnvollen Resultaten geführt hat, wurde gleich nach dem 1:2 im letzten Spiel gegen Saudi Arabien entlassen.

Wer hat gefehlt?

Nicht dabei waren von den großen Namen der amtierende Afrikameister Kamerun, deren Vorgänger aus der Elfenbeinküste, dazu Ghana, Algerien und auch Südafrika. Sie haben den Cut zum Teil deutlich verpasst.

In Algerien hat nach der Trennung von Christian Gourcuff (der  Vahid Halilhodzic nach dem WM-Achtelfinale 2014 nachgefolgt war) wieder Chaos eingesetzt, man hat in den letzten zwei Jahren drei Teamchefs verbraucht und hat aktuell gar keinen – zudem steht alsbald ein Generationswechsel an. Von Schalkes Nabil Bentaleb abgesehen, gibt es aber kaum vielversprechende Talente.

Auch die Elfenbeinküste hat derzeit keinen Nationaltrainer. Der aus seiner Zeit als Belgien-Coach berüchtigte Marc Wilmots die Qualifikation gegen den gerissenen Renard und dessen Marokkaner verbockt und wurde entlassen, ein kolportiertes Interesse an Frank de Boer war offiziell nicht vorhanden. Aktuell leitet U-21-Teamchef Ibrahim Kamara das Team. Nach dem Ende der Generation um Drogba und die Touré-Brüder sind die Hoffnungsträger nundSerge Aurier (Tottenham), Franck Kessié (Milan) und Eric Bailly (Man Utd). Es fehlt aber ein wenig an der Breite.

Das selbe Problem hat auch der neue Kamerun-Teamchef, die Spieler-Legende Rigobert Song. Der Titel beim Afrikacup 2017 sieht mittlerweile eher wie ein Ausrutscher nach oben aus. Song hat einige starke Spieler zur Verfügung (Aboubakar von Porto, Zambo-Anguissa und N’Jie von Marseille und dem in China spielenden 2017er-Shooting-Star Bassogog), aber wie bei den Ivorern gibt es sonst nicht mehr als Durchschnitts-Qualität.

James Kwesi Appiah, der Ghana bei der WM 2014 eher suboptimal geführt hatte, ist seit einem Jahr wiederum Teamchef, konnte die schon unter Vorgänger Avram Grant verhaute WM-Quali aber nicht mehr retten – die Resultate dort und in Testspielen (2:0 gegen Japan, 1:1 gegen Ägypten, 3:0 gegen Saudi-Arabien) sehen aber okay aus. Unter ihm ist auch der Ex-Lustenauer Raphael Dwamena zum Teamspieler geworden.

Und Südafrika wird wohl so lange nicht aus der Talsohle kommen, solange niemand aus der gut organisierten und finanziell realtiv soliden, sportlich aber bestenfalls mittelmäßigen heimischen Liga den Sprung nach Europa wagt. Seit der WM von 2002 hat sich die Bafana Bafana für keine WM auf sportlichem Weg qualifizieren können, beim Afrikacup war man im gleichen Zeitraum nur einmal im Viertelfinale, aber gleich dreimal nicht qualifziert.

So geht es weiter

Im Sommer 2019, also in genau einem Jahr, steigt im Kamerun der erste Afrikacup nach der Turnierreform: Erstmals werden 24 statt wie bisher 16 Teams dabei sein, dazu wird das traditionell im Jänner bzw. Februar ausgetratene Turnier in den Juni verlegt. Die Qualifikation dafür (zwölf Vierergruppen, in denen jeweils die Top-2 das Ticket buchen) hat bereits mit einem Spieltag begonnen. Im September geht’s weiter.

Mit der Erweiterung ist quasi sichergestellt, dass keiner der großen Namen das Turnier verpassen wird. In den letzten Jahren hatten stets vermeintliche Favoriten die Qualifikation in den Sand gesetzt – wie Ägypten (2012, 2013, 2015), Nigeria (2012, 2015), Kamerun (2012, 2013), Algerien (2012), Südafrika (2010, 2012) und der Senegal (2010, 2013).

Die Erweiterung würde es theoretisch erlauben, dass Teams bzw. Trainer längerfristig etwas aufbauen können, ohne bei einem verpassten Afrikacup gefeuert zu werden und gleich wieder bei Null anfangen zu müssen. Die allgemeine Qualität des Turniers wird vermutlich nicht dramatisch sinken. Zum einen waren schon die letzten vier, fünf Turnier phasenweise kaum anzusehen, zum anderen besteht zwischen den Teams auf den Rängen 10 bis 25 in Afrika kaum ein nennenswerter Niveau-Unterschied.

Andererseits – und das ist beispielsweise im arabischen Raum ähnlich – wird die Chance zum langfristigen Aufbau so oder so nicht ergriffen. Der letzte Trainer, der in einem großen Land über mehrere Jahre hinweg arbeiten durfte, war Hasan Shehata in den Nuller-Jahren in Ägypten.

Das wird nun auch für den Senegal mit Cissé, für Nigeria mir Rohr, für Marokko mit Renard und für Tunesien mit Maâloul die größte Frage in der mittelfristigen Zukunft sein: Dürfen sie weitermachen?

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Mehr als nur eine Feel-Good-Story: Das war der Afrika-Cup 2012 https://ballverliebt.eu/2012/02/13/mehr-als-nur-eine-feel-good-story-das-war-der-afrika-cup-2012/ https://ballverliebt.eu/2012/02/13/mehr-als-nur-eine-feel-good-story-das-war-der-afrika-cup-2012/#comments Mon, 13 Feb 2012 22:57:00 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6696 Mehr als nur eine Feel-Good-Story: Das war der Afrika-Cup 2012 weiterlesen ]]> „Sie haben die Kraft gefunden, als ob es vorherbestimmt gewesen wäre. Ich habe ihnen gesagt, wenn wir ins Finale kommen, spielen wir in Libreville, wo es den Flugzeugabsturz gegeben hat. Das war vor unserem ersten Spiel gegen Senegal – jenes Land, wo die Mannschaft damals hingeflogen wäre. Das hatte eine ganz eigene Bedeutung.“ – Hervé Renard, Teamchef von Sambia.

Ballverliebt-Allstars des Afrika-Cups 2012

Es ist, global betrachtet, eine der größten Feel-Good-Storys der Fußball-Geschichte. Außenseiter Sambia, die No-Name-Truppe, holt als krasser Außenseiter genau dort den ersten kontinentalen Titel, wo vor 19 Jahren die beste Mannschaft, die das Land jemals hatte, bei einem Flugzeug-Unglück auf so tragische Weise ausgelöscht worden war. Im Kleinen ist der Titelgewinn für Sambia aber ein ganz, ganz deutlicher Fingerzeig für die gefallenen Giganten Afrikas. Weniger für die Ivorer, die im Endspiel das Elfmeterschießen verloren haben, ohne davor in sechs Turnierspielen auch nur ein einziges Gegentor kassiert zu haben.

Nein, es ist ein Fingerzeit für Nationalmannschaften wie jene von Nigeria und Kamerun. Weil der unerwartete Lauf Sambias zum Titelgewinn zeigt: Mit Kontinuität und Teamgeist kommt man weiter. Mit internem Streit, Individualismus und ständig wechselnden Teamchefs auf der Seitenlinie nicht. Freilich, zwischen dem sehr ordentlichen Auftritt in Angola vor zwei Jahren und dem großen Wurf jetzt war Sambias Teamchef Hervé Renard auch anderthalb Jahre nicht im Amt. Aber er vertraute fast ausschließlich auf jene Spieler, die schon länger zusammen spielen und er kannte auch die Verhältnisse.

Starke Defensive, flinke Offensiv-Kräfte

Die Grundformation von Sambia

Und er schuf auf dem Platz die Voraussetzungen, um die Stärken der Spieler optimal zu nützen, um für das Team einen Mehrwert zu erzielen. Wichtigstes Element war dabei das zentrale defensive Viereck mit den beiden Innenverteidigern Himoonde und Sunzu (die gemeinsam bei TP Mazembe in der DR Kongo spielen und in den letzten drei Jahren zweimal die Champions League gewonnen hat und das Finale der Klub-WM erreichte) und den beiden Sechsern. Einer davon war immer Nathan Sinkala, der sogar noch in der heimischen Liga spielt. Dieses Quartett machte es den Gegnern praktisch unmöglich, durch die Mitte vor das Tor des sicheren Goalies Kennedy Mweene zu kommen.

Das restliche Mittelfeld, das war ein weiteres Kern-Merkmal von Sambia, agierte extrem flexibel. Den Part neben Sinkala konnten Lungu, Chansa und auch Kasonde einnehmen, jeder von den dreien konnte aber genauso gut eine der Außenpositionen einnehmen. Durch dieses ständige Wechseln im Mittelfeld, das oft sogar im eigenen Ballbesitz in hohem Tempo im Aufbauspiel vollzogen wurde – indem die Außen nach innen zogen und die Sechser entsprechend verschoben – entblößte man gegnerische Sechser immer wieder.

Hinzu kam der äußerst aktive Kapitän Chris Katongo, der immer und überall unterwegs war, und der flinke und torgefährliche Stürmer Emmanuel Mayuka. Die Young Boys aus Bern reiben sich vergnügt die Hände, weil der 21-Jährige seinen Wert verzehnfacht hat und nun über 11 Millionen Euro wert sein dürfte. Ein tolles Beispiel von hervorragendem Scouting – da können sich viele Teams aus Österreich eine ganz dicke Scheibe abschneiden.

Das Spiel von Sambia war nicht spektakulär und vor allem im Semifinale gegen Ghana agierte man schon übervorsichtig, aber es war perfekt auf die Spieler zugeschnitten und jeder Spieler hielt sich daran. Auch, wenn es Spektakel-Fans und Vorurteilsbeladene ungern sehen: Aber auch beim Afrika-Cup führt der Weg zum Titel nur über disziplinierte Defensive, ein passendes Konzept, funktionierendes Kollektiv und der Bereitschaft, Ergebnis-Fußball dem Erlebnis-Fußball vorzuziehen.

Warten auf Fehler war nicht genug

Was ja im Übrigen nicht nur für Champion Sambia gilt, sondern auch für die anderen drei Teams im Halbfinale. Allen voran Überdrüber-Top-Favorit Côte d’Ivoire. Nach der reinen Papierform darf es nie passieren, dass ein Team mit Spielern aus dem Kongo, der Schweiz, der zweiten russischen Liga und einem Quartett aus der selbst im afrikanischen Vergleich sportlich irrelevanten südafrikanischen Liga die Weltstars von Man City, Chelsea und Arsenal auch nur fordern kann.

Die Grundformation der Côte d'Ivoire

Die Ivorer verließen sich im ganzen Turnier eher darauf, auf Fehler beiden Gegnern zu lauern und diese dann gnadenlos auszunützen. Das hat funktioniert, weil es keinem Gegner gelungen ist, gegen die von der individuellen Klasse allen 15 Konkurrenten fraglos haushoch überlegene Mannschaft fehlerfrei zu spielen – im Übrigen auch Sambia nicht. Aber das eine Geschenk, den Elfmeter in der zweiten Hälfte, verschoss Drogba.

Teamchef François Zahoui, der als Spieler vor 20 Jahren beim bislang einzigen Titelgewinn dabei war, vertraute vor allem auf seine komplett schussfeste Defensive. Sol Bamba und Kolo Touré spielten ein fast fehlerfreies Turnier, Boubacar Barry war der klar beste Torhüter des Afrika-Cups.

Was aber nicht übertünchen kann, dass auch die Ivorer keineswegs frei von Problempositionen waren. Rechts hinten konnten weder Igor Lolo noch Jean-Jacques Gosso überzeugen, Salomon Kalou nahm an einigen Spielen nur am Rande teil – sein Ersatzmann Max Gradel von St. Etienne machte, wann immer er spielen durfte, einen deutlich flinkeren, frischeren, willigeren und fleißigeren Eindruck als Kalou. Und dass Gervinho, der andere Außenstürmer im 4-3-3, nicht gerade die Effizienz in Person ist, wissen Arsenal-Fans nur allzu gut.

Das bittere für die Ivorer ist natürlich, dass sie genau wissen: Dieses Turnier war eine einmalige Chance. Teams wie Kamerun, Nigeria und Ägypten nicht dabei, man spazierte mit angezogener Handbremse ins Finale, und doch klappte es auch beim vierten Anlauf dieser Mannschaft nicht mit dem Titel, der ihnen längst zustehen würde. Ihr Glück ist es, dass es schon nächstes Jahr die Chance zur Wiedergutmachung gibt. Das wird dann die ultimativ allerletzte Chance für Leute wie Drogba, Zokora und Kolo Touré, doch noch was zu holen. Ein wenig mehr Unternehmungsgeist könnte dabei nicht schaden, hinten ist man gut gerüstet.

Ähnliches Problem bei Ghana

Die Grundformation von Ghana

Die Black Stars waren fast ein Abziehbild der Ivorer: Nach vorne tat man sich extrem hart gegen die zumeist recht gut verteidigende Gegner. Vor allem Kwadwo Asamoah kam überhaupt nicht ins Turnier, von Sulley Muntari kam zu wenig und André Ayew alleine konnte die Mannschaft letztlich nicht herausreißen.

Der Unterschied zu den „Elefanten“: Hinten wurde gepatzt. Torhüter Adam Kwarasey, der eigentlich Larsen heißt und Norweger ist, machte nicht den sichersten Eindruck, Kapitän John Mensah musste sich in einem Spiel für das Team opfern und einen Ausschluss hinnehmen, die Ersatzleute Vorsah und Jonathan Mensah konnten ihn nicht ersetzen. Zudem fehlte Teamchef Stevanovic auf den Außenbahnen die Linie: Mal spielte Inkoom statt Pantsil rechts hinten, mal vor Pantsil rechts vorne und Ayew dafür links, dann musste Inkoom auch mal links hinten ran, weil dort weder Masahudu Alhassan noch Lee Addy eine überzeugende Figur gemacht haben. Schon gegen Tunesien im Viertelfinale musste ein Geschenk in Form eines schlimmen Goalie-Fehlers zur Rettung herhalten, gegen Sambia im Semifinale fehlte dann jede Inspiration – und das kleine Finale gegen Mali war ohnehin mehr eine Bestrafung.

Es ist sicher noch zu früh zu sagen, dass die große Zeit von Ghana mit dem U20-WM-Titel 2009, dem Finalzeinzug beim Afrika-Cup vor zwei Jahren und dem Viertelfinale bei der WM vorbei ist. Aber bei den Black Stars muss man nun aufpassen, nicht in jene unübersichtliche Mischung aus Altstars über dem Zenit, fehlendem Teamgeist auf dem Platz und zu vielen Trainerwechseln zu verfallen, die Kamerun und Nigeria vorläufig in den Orbit gejagt hat. Ghana steht fraglos am Scheideweg.

Mali wird Dritter – wenn auch eher zufällig

Dass in solchen Turnieren Teams, die schlechter spielen als manche Konkurrenten letztlich weiter kommen als diese, das ist nichts Neues. Mali ist so ein Beispiel: Sowohl Guinea in der Gruppe als auch Gabun im Viertelfinale war man eigentlich recht deutlich unterlegen, auch inhaltlich, aber ein Tausenguldenschuss (gegen Guinea) und ein Elfmeterschießen (gegen Gabun) reichten für den überraschenden Einzug ins Halbfinale.

Die Grundformation von Mali

Und das, obwohl mit Seydou Keita der eigentliche Star und klar beste Spieler der Mannschaft ein erschreckend anonymes Turnier spielte. Er stand oft viel zu hoch, um seine Stärken in Passgenauigkeit und Spieleröffnung ausspielen zu können. Sein Können im Pressing gegen den gegnerischen Spielaufbau kam auch nicht allzu häufig zum Einsatz.

Dafür sprangen andere in die Presche, wie vor allem Adama Tamboura. Der Linksverteidiger vom französischen Zweitligisten Metz ist eine DER Entdeckungen in diesem Turnier (auch wenn er mit 26 Jahren nicht mehr der Jüngste ist), auch die beiden Sechser Samba Diakité und Bakaye Traoré zeigten gute Abstimmung – kein Wunder, die sind bein Nancy auch Teamkollegen. Nach vorne wurde es dann halt immer dünner, aber damit passt man ja ins Bild bei diesem Turnier. Der dritte Platz ist für Mali sicher ein riesiger Erfolg, wie groß die Nachhaltigkeit sein wird, steht aber auf einem ganz anderen Blatt Papier.

Die Gastgeber: Gleicher Erfolg, unterschiedliche Aussichten

„Nachhaltigkeit“ ist auch das Stichwort bei den beiden Gastgebern. Ihre insgesamt acht Spiele waren, gemeinsam mit dem Finale, die einzigen mit einer guten Zuschauerkulisse – bei anderen Spielen, vor allem dem Viertelfinale zwischen Sambia und dem Sudan mit nur 200 (!!!) Zuschauern fanden vor teils erschreckend leeren Rängen statt. Bei Eintritts-Preisen, die einen durchschnittlichen Wochenlohn als unterstes Limit haben, ist das aber auch kein Wunder.

Die Grundformation von Gabun

Die Ansätze bei den beiden Ausrichtern war grundverschieden. Gabun mit dem Deutsch-Franzosen Gernot Rohr als Teamchef hat vor zwei Jahren trotz des Aus in der Vorrunde schon angedeutet, dass man eine junge Mannschaft mit viel Entwicklungspotential ist, die tollen Auftritte hier waren der beinahe logische nächste Schritt. Die Hingabe und der Schwung, den die mit einem Schnitt von 25 Jahren noch recht junge Truppe gezeigt hat, konnte einen mitreißen – vor allem der Über-Thriller gegen Marokko im mit Abstand besten und aufregendsten Spiel des Turniers war eine Augenweide.

Aber auch das System und die generelle Spielanlage war eine äußerst positive Erscheinung. Die Außenverteidiger Moussono und Mouele marodierten nach vorne wie kaum jemand anderer in diesem Turnier, das Sturm-Trio war ständig in Bewegung, gut am Ball und der Wille, nach vorne zu spielen und die Partien an sich zu reißen, war fast immer erkennbar – aber nie über eine gesamte Partie. Und genau dieser Aspekt, der sicher auch auf fehlende internationale Erfahrung zurück zu führen ist, kostete dem Team mit dem positivsten Fußball ein noch besseres Resultat als das Viertelfinale.

Die Zukunftsaussichten sind aber nicht so schlecht. Wenn man die richtigen Lehren aus dem eigenen Auftreten zieht, und die aus dem Titelgewinn von Sambia – sprich, auf Kontinuität zu setzen – ist angesichts der wahrlich nicht übertrieben schweren Quali-Gruppe mit Burkina Faso, Niger und Congo die Teilnahme am WM-Playoff für Brasilien beinahe Pflicht.

Die Grundformation von Äquatorialguinea

Da wird es er wild zusammengekaufte Haufen, der für Äquatorialguinea aufläuft, wesentlich schwerer haben. Nicht nur, weil mit Tunesien ein starker Gegner wartet, sondern vor allem, weil der Mannschaft die Basis fehlen dürfte. Das Team ist deutlich älter und hat viel weniger Spieler, die noch viel Entwicklungspotential nach oben zeigen. Rechtsverteidiger Kily David ist so einer, Sechser Ben Konaté sicher auch – aber im Großen und Ganzen lebte der zweite Co-Gastgeber schon viel mehr von der Spezialsituation Heimturnier und der Euphorie, die die zwei (glücklichen) Siege gegen Libyen und den Senegal entfachten.

Sicher, praktsich alle Spieler sind über sich hinausgewachsen, aber für Teamchef Gilson Paulo, der die Mannschaft erst kurz vor dem Turnier übernommen hatte, wird ein dauerhaftes Etablieren unter den besseren Teams Afrikas sicher kein leichteres Unterfangen als es das Heimturnier war.

Sudan und Liyben: Die arabischen Überraschungen

Ägypten, Sieger der letzten drei Ausgaben, war nicht qualifiziert – aber mit den Nachbarn Sudan und Liyben gab es dennoch zwei Teams aus dem arabischen Sprachraum, die mit schönen Erfolgen nach Hause zurückkehren.

Die Grundformation des Sudan

Das trifft vor allem auf den Sudan zu – die 23 Kader-Spieler kehren tatsächlich alle nach Hause zurück, Teamchef Mohamed Abdalla hatte nicht einen einzigen Legionär mit dabei. Die Spielanlage des Sudan war der von Sambia nicht unähnlich: Durch die Mitte zumachen, über die Außen Gegenstöße setzen, mit Mustafa Haitham gab es eine sehr aktive hängende Spitze und mit Mudathir einen Stürmer, der nicht viele Chancen braucht.

Die Qualität des Champions hat der Sudan freilich nicht und für den Viertelfinal-Einzug brauchte es schon auch Geschenke von Burkina Faso im letzten Gruppenspiel, aber pures Glück war das alles nicht. Was der Mannschaft fehlte, war die Breite in der eigenen Spielgestaltung, weil die Mittelfeld-Außen viel einrückten, die Außenverteidiger aber nicht konsequent hinterliefen. Aber der erste Sieg bei einem Spiel des Afrika-Cups seit 42 Jahren ist ein feiner Erfolg.

Die Grundformation von Libyen

Eine weitere echte Feel-Good-Story, die aufgrund des Vorrunden-Aus leider etwas unterging, war der Auftritt von Libyen. Schon alleine die Tatsache, dass sich die Mannschaft trotz des tobenden Bürgerkrieges, ausgesetzter Meisterschaft und mit natürlich gestrichenen Heimspielen überhaupt qualifiziert hat, zumal mit einigen Kickern, die selbst an der Front gekämpft hatten, ist schon ein Wunder.

Aber der Auftritt beim Turnier selbst, der von Spiel zu Spiel couragierter wurde, toppte das dann sogar noch. Gegen Äquatorialguinea wirkte man noch gehemmt, aber den späteren Champion Sambia hatte man schon am Rande der Niederlage und gegen den Senegal folgte dann die Krönung: Mit einer geschickten Umstellung, mit modernem Systemfußball, mit einem passenden Konzept und dessen disziplinierter Ausführung gelang doch tatsächlich ein 2:1-Erfolg.

Für das Viertelfinale hat es nicht gereicht, aber die Libyer sind dennoch ohne jeden Zweifel einer der ganz großen Gewinner dieses Afrika-Cups.

Seltsames Turnier von Senegal

Die Grundformation von Senegal

In der ersten Hälfte des ersten Spiels gegen Sambia wurden zwei Schläfrigkeiten in der senegalesischen Abwehr eiskalt ausgenützt – der Anfang vom Ende für die vorher als heiße Mit-Favoriten gehandelte Mannschaft. In der Folge gab es nicht nur gegen Sambia, sondern auch in der zweiten Partie gegen Äquatorialguinea Chancen am laufenden Band. Ja, die Spielanlage von Senegal mit ihrem Mittelding aus 4-2-3-1 und 4-2-4 war recht eindimensional. Aber die an sich guten Laufwege von Ba und Cissé und der ungeheure Schwung von Issia Dia auf der rechten Seite bereitete den beiden Gegnern große Probleme. Vor allem im zweiten Spiel hätte es statt der 1:2-Niederlage in der letzten Minute eigentlich einen Kantersieg geben müssen. So war Senegal ausgeschieden, die Luft war raus, der Auftritt gegen Libyen blutleer und das Punktekonto stand auch nach drei Spielen immer noch auf Null. Peinlich.

Was Senegal zum Verhängnis wurde, war neben der schlechten Chancen-Verwertung vor allem fehlende Kompaktheit im Mittelfeld und eine Abwehrkette, die nicht auf der Höhe war. Teamchef Amara Traoré, der von draußen kaum Impulse geben konnte, ist jedenfalls schon nicht mehr im Amt.

Unaufgeregte Maghreb-Teams

Was angesichts der sonst weit verbreiteten Hire-&-Fire-Politik in afrikanischen Verbänden etwas überraschend war: Eric Gerets darf trotz den enttäuschenden Vorrunden-Aus auch weiterhin die Mannschaft aus Marokko betreuen. Auch, wenn der Auftritt der Mannschaft das Verpassen des Viertelfinales durchaus rechtfertigte.

Die Grundformation von Marokko

Und auch der Teamchef selbst mit seinem vorschnellen Signal zum geordneten Rückzug im Mega-Match gegen Gabun seinen Teil dazu beigetragen hat. Das Hauptproblem Marokkos war die Abhängigkeit von Houssine Kharja. Er sollte seine Mitspieler aus der Tiefe heraus dirigieren und einsetzen. Das wussten aber auch die Gegner und stellten den Italien-Legionär so gut es ging zu – und kein anderer übernahm die Verantwortung. Zu wenig Nachdruck gegen Tunesien, zu früh sicher gefühlt und Gabun ins Spiel zurücklassen, und schon war das Turnier vorbei.

Woran es Marokko vor allem fehlt, sind Führungsfiguren. Boussoufa und Hadji sind Schönwetter-Spieler, Kharjas Nebenmann Hermach fehlt es an der Klasse und im Sturmzentrum macht Chamakh einfach zu wenig aus seinen Anlagen.

Die Grundformation von Tunesien

Da fußte die Abordnung aus Tunesien schon auf deutlich mehr Säulen. Sami Trabelsi vertraute einem recht großen Block von Akteuren aus der eigenen, sportlich durchaus sehenswerten Liga. Der Vorteil dabei: Die Mittelfeld-Zentrale mit Korbi und Traoui war gut eingespielt, als im dritten Spiel mit Ragued erstmals ein dritte Mann eingezogen wurde, stand man noch sicherer.

Zudem machten zwei Spieler auf sich Aufmerksam: Rechtsvertediger Bilel Ifa (21), der recht bald in der französischen Liga auftauchen dürfte, ud vor allem Youssef Msakni. Der auch erst 21-Jährige mit dem Lausbuben-Gesicht ist ein Offensiv-Allrounder, wie man ihn sich wünscht: Er kann über die Flanken kommen (hier eher über die linke), der kann hinter den Spitzen spielen, und er kann auch selbst Tore schießen.

Tunesien ist nach einem sportlichen Durchhänger in den letzten Jahren wieder zurück auf der Spur nach oben: Mit einer kompakten und sicheren Defensive, fleißigen Außenverteidigern (auch Chammam, der im Turnierverlauf Jemal ersetzte) und einem offensiven Alleskönner mit viel Potential. Wer weiß, wie viel Tunesien schon diesmal erreichen hätte können, wenn nicht der sonst so sicherer Torhüte Mathlouthi im Viertelfinale gegen Ghana daneben gegriffen hätte.

Die Grundformation von Guinea

Die Pechvögel aus Guinea

Es gibt eine Mannschaft, das das Viertelfinale absolut verdient gehabt hätte, aber durch einen Glücktreffer von Mali außen vor blieben: Das Team aus Guinea. Unter ihrem französischen Teamchef Michel Dussuyer, dessen Vater im Turnierverlauf verstarb, zeigten die Westafrikaner sehenswerten Angriffsfußball. Im ersten Spiel gegen Mali scheiterten sie an der Chancenverwertung, aber gegen Botswana gab’s beim 6:1 kein Halten mehr. War aber alles nicht mehr genug, genau wie das achtbare 1:1 gegen Ghana – bei dem sich die Mannschaft wohl etwas zu früh aufgegeben hat.

Auch Guinea ist im Grunde eine Mannschaft, die sich ansehnlicher präsentiert hat als es der Kader annehmen hätte lassen. Zwei Burschen aus der Drittliga-Mannschaft von Stuttgart, jede Menge Spieler aus wenig prickelnden Vereinen aus Ländern wie Schweiz, Belgien und der Türkei, Zweitliga-Kicker aus Frankreich – aber es war klar ersichtlich, dass es im Team stimmt. Jeder rannte für den anderen, bis auf die letzte halbe Stunde gegen Ghana war das Bestreben, positiven Fußball zu zeigen und Tore zu erzielen, immer sichtbar.

Die Grundformation von Angola

Das war zu wenig

Andere Teams, denen man mehr zugetraut hätte, haben sich selbst geschlagen. Angola etwa: WM-Teilnehmer von 2006, zuletzt dreimal das Viertelfinale erreicht, aber diesmal war doch ein deutlicher Rückschritt zu erkennen. Wenn die Mannschaft schon hinten nicht besonders sicher steht – was ja auch schon beim Heim-Turnier vor zwei Jahren nicht der Fall war – dann muss zumindest nach vorne etwas gehen. Aber von den Flanken kam zu wenig Konkretes, aus der Zentrale gab’s nur Alibi-Fußball und Flavio, einer der WM-Torschützen von vor sechs Jahren, ist deutlich über seinen Zenit hinaus.

Das alles kann ja mal passieren, das ist auch keine Schande. Anders als der Umgang der angolanischen Autoritäten, die sich als ganz schlechte Verlierer zeigten: Reporter wurde gewaltsam von der Mannschaft abgeschottet, Berichterstattung darüber unter Androhung von Strafen zu verhindern versucht. Das gab kein gutes Bild ab.

Die Grundformation von Burkina Faso

Zu wenig Konkretes – das ist auch der sportliche Vorwurf, den sich Burkina Faso machen lassen muss. Aus der Zentrale von Marseille-Sechser Kaboré kam viel zu wenig, Alain Traoré haderte früh mit sich, den Mitspielern, den Referees, mit Gott und der Welt, Joker Aristide Bancé irrlichterte wirr über den Platz, Bakary Koné schoss hinten Böcke am laufenden Band und Moumouni Dagano wirkt vorne wie ein Dinosaurier. Der flinke Jonathan Pitroipa, der einzige noch verbleibende Spieler von höherer Qualität, war mit der ganzen Verantwortung auf seinen schmalen Schultern sichtlich überfordert. Und letztlich half es auch nicht, dass von der Trainerbank keine hilfreichen Impulse kamen: Teamchef Paulo Duarte hielt stur an seinem steifen 4-2-3-1 fest.

Die Folge: Drei Niederlagen und das Vorrunden-Aus.

Die Grundformation von Niger

Chancenlose Debütanten

Drei Niederlagen war auch die Bilanz, die man von den zwei Debütanten erwartet und auch bekommen hat. Wobei das Team aus Niger bei seiner Afrika-Cup-Premiere vor allem defensiv gar keine so schlechte Figur gemacht hat: Der Versuch, den Gegnern keinen Platz und keine Zeit am Ball zu lassen, Kompakt und sicher zu stehen und nach Ballgewinn über die flinken Issoufou und Maazou nach vorne zu kommen, war stets erkennbar und wurde auch ganz okay ausgeführt.

Die individuelle Qualität der eher zufällig gegenüber den Südafrikanern qualifizierten Mannschaft war natürlich nicht mit jener der Gruppengegner zu vergleichen, und doch hätte man Marokko beinahe einen Punkt abgetrotzt. Leider wurde das alles überschattet von der eher unwürdigen Posse hinter den Kulissen und an der Seitenlinie, wo man dem erfolgreichen Teamchef Harouna Doula (immerhin Afrikas Trainer des Jahres 2011) im Franzosen Rolland Courbis einen Anstands-Wauwau vor die Nase setzte, der dann auch bei den Spielen seinen dicken Bauch Kommandos gebend in der Coaching-Zone präsentierte, während sich Doula etwas indigniert auf der Trainerbank einigelte.

Die Grundformation von Botswana

Fehlende Qualität vor allem im Spiel nach vorne war letztlich auch bei Botswana der limitierende Faktor. Abgesehen vom 1:6 gegen Guinea, wo man in Unterzahl komplett auseinander fiel, stand man mit zwei Viererketten und einem Sechser dazwischen recht sicher, machte Ghana und Mali das Leben mit gutem Lauf- und Stellungsspiel verteufelt schwer und verlor diese beiden Spiele nur knapp.

Aber im Angriff… Jerome Ramathlhakwane versuchte zwar, mit viel Laufarbeit fehlende Ideen von hinten auszugleichen, aber außer Mondbällen aus der eigenen Hälfte hatte Botswana überhaupt nichts anzubieten. Kein Wunder, dass schon in der Quali kein Team, das den Cut geschafft hat, weniger Tore erzielt hat. Durchaus erstaunlich, dass es trotzdem zu zwei Treffern – einem Elfmeter und einem Konter – gereicht hat.

Aber für Botswana gilt genau wie für Niger: Schön, mal dabei gewesen zu sein. Es wird auch in Zukunft nicht allzu oft passieren.

Fazit: Was bleibt?

Genau natürlich wie der Titelgewinn für Sambia eine Ausnahme ist. Die Mannschaft aus dem 13-Millionen-Einwohner-Land im Süden des Kontinents wird sich nun genausowenig zu einem dauerhaften Titelkandidaten aufschwingen wie das Griechenland nach dem Titel 2004 oder der Irak nach dem Erfolg beim Asien-Cup 2007 gelungen ist.  Schon hinter einer WM-Teilnahme in Brasilien steht ein dickes Fragezeichen, muss man doch in der Gruppe an Ghana vorbei, um überhaupt in die entscheidenden Playoffs einzuziehen.

Aber die Mannschaft ist jung genug, um noch einige weitere Afrika-Cups zu absolvieren und kann nächstes Jahr in Südafrika oder in drei Jahren in Marokko auch wieder eine gute Figur abgehen. Der Unterschied: Ab sofort werden vor allem Underdogs gegen den Afrika-Meister doppelt und dreifach motiviert in die Spiele gehen.

Für Didier Drogba und seine Ivorer geht es nächstes Jahr noch einmal um alles oder nichts, aber es wird nicht leichter. Kamerun, Nigeria, Ägypten und Ausrichter Südafrika werden die Scharte der verpassten Quali ausmerzen wollen. Dass das vor allem bei afrikanischen Funktionären zumeist in kontraproduktiver Übermotivation umschlägt, ist dabei aber natürlich nichts Neues.

Aber wer weiß, vielleicht sorgt das Signal, das Sambia ausgesendet hat, beim einen oder anderen ja doch für etwas mehr Mitdenken.

(phe)

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Sambias „Date with Destiny“ – Außenseiter holt den Afrika-Cup! https://ballverliebt.eu/2012/02/13/sambias-date-with-destiny-ausenseiter-holt-den-afrika-cup/ https://ballverliebt.eu/2012/02/13/sambias-date-with-destiny-ausenseiter-holt-den-afrika-cup/#respond Mon, 13 Feb 2012 01:59:06 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6683 Sambias „Date with Destiny“ – Außenseiter holt den Afrika-Cup! weiterlesen ]]> Vor 19 Jahren stürzte vor Gabuns Hauptstadt Libreville das Flugzeug mit dem Nationalteam Sambias ab – keiner überlebte. Nun schließt sich der Kreis – denn just in Libreville vollendet Sambia ein Rendez-Vouz mit dem Schicksal. Indem die Mannschaft von Teamchef Hervé Renard die haushoch favorisierten Ivorer nach 120 torlosen Minuten im Elfmeterschießen bezwangen!

Sambia - Côte d'Ivoire 0:0 n.V., 8:7 i.E.

Die No-Name-Truppe aus Sambia – vor zwei Jahren bei letzten Turnier schon stark und erst im Elferschießen gegen Nigeria ausgeschieden – präsentierte sich im Turnierverlauf defensiv kompakt und flink über die Flügel. Die Ivorer zeigten nüchternen Ergebnis-Fußball, kassierten kein einziges Gegentor und profitierten vorne zumeist von Fehlern des Gegners. Wer ein Finale erwartete, in dem beide Teams hinten deutlich bessere Figur machen als vorne, hatte die Lage ganz gut eingeschätzt.

Sambia lässt sich nicht auseinander ziehen

Sambia musste schon nach wenigen Minuten aus Verletzungsgründen Linksverteidiger Joseph Kasonde aus dem Spiel nehmen. Nyambe, sein Ersatz, wurde von den Ivorern prompt als mögliche Schwachstelle angebohrt – aber der 24-Jährige, der in der sambischen Liga spielt, hielt sehr ordentlich dagegen. Die Ivorer zeigten sich äußerst Linkslastig, weil Gervinho sich, im Gegensatz zu Kalou auf der anderen Seite, auch immer wieder mal fallen ließ und mit dem nach vorne preschenden Gosso gut zusammen spielte.

Das Problem bei den Ivorern war aber, dass es dennoch nicht gelang, die Viererkette Sambias auseinander zu ziehen. Zum einen, weil Kalaba und Lungu sich nicht zu schade waren, viel Defensivarbeit zu verrichten, noch viel mehr aber, weil man die Ivorer problemlos wie einen Trichter ins Zentrum drängen konnte. Und dort war, wie kaum anders zu erwarten war, alles dicht. Daran änderte auch die wiederum eher hohe Positionierung von Yaya Touré nichts: Sambia stand diszipliniert und annähernd fehlerfrei.

Ivorer komplett harmlos

So war die linke Seite unproduktiv und die rechte mit einem komplett unsichtbaren Salomon Kalou de facto inexistent – war für den diesmal auf dieser Seite aufgestellten Rainford Kalaba für Sambia eine willkommene Einladung war, seine Schnelligkeit und seine Technik gegen Tiéné auszuspielen. Sambia zeigte, wenn am Ball, deutlich mehr Zug zum Tor.

Das Problem Sambias in der Vorwärtsbewegung war eher, dass man mit vier, maximal fünf nach vorne laufenden Spielern zumeist dennoch in Unterzahl blieb. Denn bei den Ivorern kristallisierten sich immer mehr zwei Blöcke heraus – Defensive und Offensive. Verbindungen gab es im Zentrum so gut wie keine, so blieben nur die Flügel, und dort wiederum nur der linke.

Richtige Umstellung von Zahoui

Bewegung ins Patt kam erst, als der ivorische Teamchef François Zahoui nach einer Stunde umzustellen begann. Die wichtigste Änderung war, dass Salomon Kalou (endlich) vom Platz genommen wurde und vom deutlich aktiveren Max Gradel ersetzt wurde. Das brachte augenblicklich Schwung auf die linke Angriffsseite. Zwar wurden die Bälle ins Zentrum kaum besser, aber die Spielanlage generell etwas ausgewogener. Mit dem ihm auch entgegen kommenden Gradel vor ihm blühte auch Linksverteidiger Tiéné deutlich auf. Folge des Drucks war der Elfmeter, den Chansa und Nyambe in Co-Produktion mit ihrem Rempler an Gervinho verursachten. Aber wie schon im Viertelfinale gegen Äquatorialguinea vergab Didier Drogba.

Was Sambia bis dahin überhaupt nicht geschafft hatte, war es, die im Semifinale gegen Mali so offensichtlich aufgedeckten Defensiv-Schwächen des ivorischen Rechtsverteidigers Jean-Jaques Gosso auszunützen. Lungu, der zumeist sein Gegenspieler war (er und Kalaba wechselten zwar häufiger, aber grundsätzlich spielte Lungu links), war nicht flink genug im Umschalten, um Gosso am falschen Fuß zu erwischen.

Felix Katongo neutralisiert Gradel

Darum brachte Renard statt des in der Anfangsphase eingewechselten Nyambe nun mit Felix Katongo einen neuen Mann für die rechte Angriffsseite (gegen Gradel und Tiéné), Kalaba ging nach links (gegen Gervinho und Gosso) und Lungu dafür nach links hinten. Die Folge war, dass Sambia für den Rest der regulären Spielzeit immer mehr Vorteile auf seine Seite schaffen konnte: Denn der frische Felix Katongo nahm mit seinem schnellen Spiel nach vorne den Druck, den Gradel davor entfachen konnte, komplett aus dem Spiel.

Dennoch ging es mit einem 0:0 in die Verlängerung. Dort wurden die Konditionsvorteile auf Seiten Côte d’Ivoires aber immer offensichtlicher, zudem hatte Zahoui mit Ya-Konan (statt Zokora) und Bony (statt Yaya Touré) noch weitere Offensivkräfte von gute Qualität für das Mittelfeld gebracht, um Chansa und Sinkala im Zentrum weiter zu zermürben. Die Ivorer hatten das Spiel nun wieder recht sicher im Griff, aber Tor gelang keines mehr.

Und im Elfmeterschießen wurde endgültig alle widerlegt, die afrikanischen Fußballern schwache Nerven nachsagen. Die ersten vierzehn Schützen trafen alle zumeist bombensicher, erst beim Stand von 7:7 und einem Elfmeterpunkt, der aufgrund des mitgenommenen Rasens mehr ein Erdloch war, gab’s die ersten Fehlschüsse. Kolo Touré (schlecht geschossen und von Mweene gehalten) und letzlich Gervinho (rechts daneben) verpassten, während nach Kalabas Fehlschuss Innenverteidiger Stophira Sunzu traf – und Sambia sensationell zum ersten Titel schoss.

Fazit: Mehr als die Summe der Einzelteile

Die Ivorer werden immer mehr zum Portugal Afrikas: Tolle Fußballer, immer irgendwie dabei, aber letztlich doch nichts gewonnen. Dabei sah das im Turnierverlauf so staubtrocken aus, eigentlich nichts schief gehen konnte. Wäre da nicht diese latente Unfähigkeit gewesen, aus der individuellen Überlegenheit auch Chancen heraus zu arbeiten, die dann auch genützt werden. Die Ivorer lebte in der Offensive das ganze Turnier schon eher von den Fehlern der gegnerischen Defensiv-Reihen, und von denen hat Sambia in 120 in Wahrheit nur einen echten gemacht – aber Drogba konnte den Elfmeter in der zweiten Hälfte nicht nützen.

So schreibt Sambia eine der wundervollsten Storys der Fußball-Geschichte und holt genau in jener Stadt, die bislang für das traurigste Kapitel im Fußball Sambias gestanden war sensationell den Titel. Und das mit einer Mannschaft, in der es nicht einen einzigen Spieler gibt, der international einen klangvollen Namen gehabt hätte – Kapitän Chris Katongo konnte sich einst nicht mal in Bielefeld durchsetzen, die Meisten spielen abseits der Weltöffentlichkeit in afrikanischen Ligen. Wer kannte vor dem Turnier schon Namen wie Rainford Kalaba oder Nathan Sinkala?

Hervé Renard, der blonde Teamchef aus Frankreich, der schon mal zu cholerischen Anfällen neigt (wie im Finale gegen Nkausu oder einem der Co-Trainer im Gruppenspiel gegen Äquatorialguinea) und eher wie ein eitler Schönling wirkt als ein akribischer Arbeiter, hat es geschafft, seiner Mannschaft, die im Kern schon lange zusammen ist, ein exakt passendes Konzept zu verpassen. Mit einer fast durchgängig bombensicheren Defensive (nur gegen den Sudan im zweiten Gruppenspiel wackelte die), einem äußerst flexiblen Mittelfeld und den zwei großen Entdeckungen des Turniers, Rainford Kalaba vom zweifachen Champions-League-Sieger TP Mazembe und Emmanuel Mayuka von den Young Boys Bern, hat Renard fast mehr als das Optimum herausgeholt.

Und einmal mehr den Beweis angetreten, dass mit mit einer Mannschaft, die stärker ist als die Summe ihrer Einzelteile, und einem gewissen Maß an Kontinuität tatsächlich Großes erreichen kann. Was auch der Finaleinzug alleine schon gewesen wäre. Aber mit dem gewonnenen Elfer-Schießen gab es tatsächlich sogar noch die Krönung.

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Spiel um P3: Mali – Ghana 2-0 (1-0). 1-0 Diabaté 23′ / 2-0 Diabaté 80′

Mali - Ghana 2:0

Es ist ja oft so, in kleinen Finals: Der Underdog, der froh war das Semifinale erreicht zu haben, geht mit deutlich größerer Konsequenz in diese Partie, als der Favorit der noch immer sauer ist, das Finale verpasst zu haben.

Das konnte man auch in dieser Partie beobachten. Ghanas Teamchef Goran Stevanovic brachte zwar außer Mohammed Abu keinen Turnier-Neuling, aber so richtig ernst nahmen die Black Stars die Partie nicht. Es fehlte der Zug zum Tor, das direkte Spiel nach vorne vor allem über die Flügel. Es fehlte auch das Tempo, um womöglich durch die von Mali gut zugestellte Zentrale nach vorne zu kommen.

Das Überraschungsmoment war bei Ghana zwar schon im ganzen Turnier zu kurz gekommen, aber auch in dieser an sich bedeutungslosen Partie vermied man es, etwas mehr Risiko zu gehen.

Giresse mit genauem Plan

Anders Alain Giresse: Er stellte sein 4-2-3-1 ins Eck und ließ seine Mannschaft in einem eigenwilligen Mittelding aus 4-2-2-2, Mittelfeld-Raute und Tannenbaum auflaufen. Zu Cheikh Diabaté stellte er mit Garra Dembélé eine (zumeist hängende) Spitze, dahinter agierte Seydou Keita von der rechten Seite nach innen ziehend.

Auf der Außenbahn selbst marschierte Rechtsverteidiger Ousmane Coulibaly nach vorne, die Defensiv-Agenden hatte zumeist Samba Diakité über. Er zog, wann immer nötig, im Rücken von Keita (und auch Coulibaly) nach Außen, sein Hauptgegenspieler war André Ayew. Diakités Pendant auf der halblinken Seite, Samba Sow, spielte deutlich höher – mitunter auf einer Höhe mit Keita – und hielt den Flügel mehr. Gemeinsam mit Tamboura hatten die beiden Ghanas Angriffsseite mit Pantsil und Inkoom komplett im Griff.

Ghana psychisch nicht ganz auf der Höhe

So hatte Ghana zwar deutlich mehr Ballbesitz, aber mangels Tempo, Überraschungsmoment und vor allem Genauigkeit im Spiel nach vorne gab es nur wenige Torchancen. Da war Mali effektiver: Diabaté sorgte nach einem Eckball für die 1:0-Führung Malis. Am Spiel Ghanas änderte sich nichts. Was auch daran lag, dass Jordan Ayew (und später der für Inkoom schon in der ersten Hälfte eingewechselte Tagoe) vorne die wenigen Bälle, die ankamen, nicht halten konnten.

Da half es auch wenig, dass Stevanovic mit Muntari statt des mit der Spieleröffnung überforderten Abu etwas mehr Linie ins Spiel brachte: Durch die geschickt spielende Mannschaft Malis gab es kein Durchkommen, wiewohl Ghana in der Phase zwischen Muntaris Einwechslung und dem Ausschluss von Isaac Vorsah einen deutlich geordneteren Eindruck machten. In Unterzahl schienen sich die psychisch sichtlich noch vom Semifinale gezeichneten Ghanaer in die Niederlage zu fügen und Diabatés 2:0 aus einem schnellen Konter über den hervorragenden Tamboura machte den Deckel drauf.

Fazit: Mali belohnt sich im Belohnungs-Spiel

Auch, wenn es beim Turnier-Dritten etwas seltsam klingt, aber das war wohl die beste Leistung von Mali bei diesem Afrika-Cup. Wirkte das Team bislang zumeist uninspiriert und behäbig und war der Einzug ins Semifinale mit sehr viel Glück verbunden, was die Vorstellung gegen Ghana deutlich präziser und mit mehr Leben umgesetzt als das in den Spielen davor der Fall war. Man merkte deutlich, dass diese Partie um den dritten Platz für Mali eine Belohnung war, für die lustlos und ohne echten Drive agierende Mannschaft aus Ghana eher eine Bestrafung.

(phe)

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Sambias nächster Streich – 1:0 gegen Ghana und der Finaleinzug https://ballverliebt.eu/2012/02/08/sambias-nachster-streich-10-gegen-ghana-und-der-finaleinzug/ https://ballverliebt.eu/2012/02/08/sambias-nachster-streich-10-gegen-ghana-und-der-finaleinzug/#comments Wed, 08 Feb 2012 22:43:15 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6669 Sambias nächster Streich – 1:0 gegen Ghana und der Finaleinzug weiterlesen ]]> Ghana wäre der programmierte Finalist gewesen – aber nach Senegal in der Gruppenphase stolperte nun der nächste Favorit über die defensiv unglaublich gut organisierten Sambier. Die Chipolopolo zogen Ghana erst den Nerv und schlugen kurz vor Schluss entscheidend zu. Das 1:0 bedeutet den dritten Finaleinzug in der Geschichte Sambias.

Sambia - Ghana 1:0

Auf ein Geduldsspiel wie im Viertelfinale gegen Tunesien wollte sich Goran Stevanovic, Ghanas Teamchef, im Semifinale gegen das erstaunliche Team aus Sambia nicht einlassen – einmal das Glück zu provozieren ist genug. So waren die Black Stars deutlich aktiver als in den Spielen davor und waren sichtlich bemüht, das Spiel in die eigene Hand zu nehmen und sich nicht von Sambia einlullen zu lassen.

Ghana am Ball, aber nicht gefährlich

Die drei auffälligsten Spieler waren dabei die Außenverteidiger, Samuel Inkoom und Lee Addy, sowie der Sechser Derek Boateng. Letzterer lenkte das Spiel von hinten heraus und von den anderen beiden war es vor allem Inkoom, der im Grunde einen recht klassischen Rechtsaußen spielte. Das erlaubte André Ayew, sich von außen nach innen zu bewegen, im Versuch, die Gasse zwischen den beiden sambischen Viererketten zu bearbeiten. Addy blieb eher weiter hinten.

Ghana zeigte ein gepflegtes Passspiel und hatte dramatisch mehr Ballbesitz als der Gegner. Aber dennoch schaffte es der Favorit nicht so richtig, sich auch Torchancen zu erarbeiten: Sambias Torhüter Mweene musste nicht allzu oft eingreifen und Sambia hatte wenig Probleme, das 0:0 zu halten – vom frühen (und harten) Elfmeter für Ghana abgesehen, den Gyan nicht zur Führung nützen konnte.

Auf Gegner abgestimmte Defensive

Was vor allem am defensiven Viereck des Teams von Hervé Renard lag. Die zwei Innenverteidiger Himoonde und Sunzu sowie die beiden Sechser Kasonde und Sinkala verstanden es hervorragend, das Zentrum dicht zu machen. Ghanas Zehner Kwadwo Asamoah kam zwar immer wieder an den Ball, wenn sich die beiden aus dem Mittelfeld etwas herauslocken ließen, er bekam aber kaum Zeit, sich zu entfalten. So wurde das Spiel Ghanas auf die Außenbahnen gedrängt.

Hilfe bekamen die Innenverteidiger auch von den Außenverteidigern Sambias, die sich nach vorne extrem zurückhielten und hinten einrückten und den Strafraum absicherten. In diesen Fällen arbeiteten die Außenspieler aus dem Mittelfeld nach hinten. So war immer ein Spieler bei Inkoom bzw. Addy und ein Loch zwischen den Viererketten wurde geschickt geschlossen.

Sambia befreit sich etwas

Nach vorne machte Sambia vor allem in der ersten Hälfte recht wenig. Das Prinzip war aber das gleiche wie auch schon in den Spielen davor: Die Mittelfeld-Außen zogen nach innen und kreuzten vor den Sechsern, um bei Ghana Schwierigkeiten beim Übergeben zu provozieren. Die Klasse der Black Stars in der Arbeit nach hinten verhinderte aber, dass daraus Chancen entstanden.

Zu Beginn der zweiten Hälfte war Sambia dafür merklich bemüht, längere Phasen von Ballbesitz zu erreichen. Die Pässe wurden kürzer, aber schneller in der Abfolge. Zusätzlich ebbte der Schwung der ersten Hälfte bei Ghana merklich ab: Es fiel Ayew, Asamoah und Co. keine funktionierende Lösung ein, wie man die Defensive von Sambia knacken könnte.

Mayuka bringt Entlastung und das Siegtor

Und noch etwas hat dazu beigetragen, dass es im zweiten Spielabschnitt eine ausgeglichenere Angelegenheit wurde: Die Einwechslung von Emmanuel Mayuka. Der flinke und torgefährliche Spieler von den Young Boys Bern musste in der Startformation etwas überraschend dem statischeren Chamanga weichen. Aber als er frisch hinein kam, gab das Sambia gleich eine andere Note: Nun war es ihnen möglich, vorne auch mal einen Ball zu halten und mit dem hervorragenden Rainford Kalaba, der einmal mehr nach Belieben die Flanken wechselte, bekamen Boateng und Annan zunehmend Probleme.

Darum ist es auch kein Zufall, dass rund eine Viertelstunde vor Schluss genau Mayuka nach einer Vorlage von Chansa den Ball mit einem Schuss von der Strafraumgrenze zum 1:0 im ghanaischen Tor unterbrachte. Und auch nicht, dass wenig später Derek Boateng per Ampelkarte vom Platz gestellt wurde (wiewohl die zweite Gelbe schon sehr hart war). Ein Spielausgang, an dem auch die neu gekommenen Tagoe (für Gyan) und Muntari (für André Ayew) nichts mehr ändern konnten.

Fazit: Ghana kann sich zu wenig Chancen erarbeiten

Es war schon im ganzen Turnier das Problem dir Ghanaer, sich als spielbestimmende Mannschaft gegen einen defensiv gut organisierten Gegner Tormöglichkeiten herauszuarbeiten. Das brach ihnen in diesem Semfinale das Genick: Durch die Mitte gab es durch das sambische Defensiv-Viereck kein Durchkommen, den Flügelspielern wurde zwar Ballbesitz und Raumgewinn zugestanden, aber brauchbare Flanken konnten verhindert werden.

So gelang es Sambia, dass sich Ghana erst die Zähne an ihnen ausbiss und sich dann, in der Folge einlullen ließ und vom späten Schlag nicht mehr erholen konnte. Auch, wenn man individuell die bessere Mannschaft ist, ist dieses Semifinal-Aus des programmierten Finalisten Ghana nicht ganz unverdient.

Weil man selbst das Problem, sich Chancen zu erarbeiten und diese dann auch zu nützen trotz der aktivsten Vorstellung im ganzen Turnier nicht lösen konnte und Sambia sich hervorragend auf den Gegner eingestellt hat und mit der Einwechslung des frischen Mayuka hat sich Renard einen guten Joker bewahrt, was sich als goldrichtig herausgestellt hat.

(phe)

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