Rangnick – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Tue, 03 May 2022 08:33:10 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Was Ralf Rangnick für den ÖFB und das Team bedeutet https://ballverliebt.eu/2022/05/02/was-ralf-rangnick-fuer-den-oefb-und-das-team-bedeutet/ https://ballverliebt.eu/2022/05/02/was-ralf-rangnick-fuer-den-oefb-und-das-team-bedeutet/#comments Mon, 02 May 2022 20:14:40 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=18072 Was Ralf Rangnick für den ÖFB und das Team bedeutet weiterlesen ]]> Vieles deutet darauf hin, dass Ralf Rangnick dem ÖFB eher zufällig in den Schoß gefallen ist. Dass es jenseits der Phantasie von Sportdirektor Peter Schöttel war, Rangnick auch nur zu fragen, hat er ja selbst zugegeben. Egal – jetzt ist der 63-jährige Deutsche da. Und was heißt das jetzt?

Ralf Rangnick (Foto: CC BY-SA 4.0/Steffen Prößdorf)

Glückliche Fügung für Milletich

Peter Stöger als Teamchef, Fränky Schiemer als sein Assistent – es wäre die bequeme Lösung gewesen. Bis sich Rangnick wohl fast mehr oder weniger selbst aufgedrängt hat. Für Gerhard Milletich eine glückliche Fügung: Der ÖFB-Präsident wirkte nach einem halben Jahr im Amt immer noch recht ziellos in seiner Führung und mehr damit beschäftigt, nicht zwischen die Stühle der internen Querelen im Präsidium zu geraten. Bislang mit nicht allzu herzeigbarem Erfolg.

Für ihn ist es ein äußerst vorzeigbares Ergebnis, dass die erste große Personalentscheidung seiner Amtszeit Ralf Rangnick heißt. Er kann auf die generell positiv überraschten und überwiegend wohlwollenden Reaktionen in der Öffentlichkeit verweisen. Seine Position ist mit dem Rangnick-Coup fraglos gestärkt worden – vorerst. So wie Schöttels Position erheblich geschwächt wurde, und das vermutlich dauerhaft.

Die Kritik kommt aus erwartbaren Ecken: Peter Pacult, der mit Rangnick nicht kompatibel war und 2012 von ihm als Leipzig-Trainer entlassen wurde. Es war eine der ersten Amtshandlungen Rangnicks als Red-Bull-Gesamtverantwortlicher. Peter Linden, der den Teamchef-Posten immer als Belohnung für inner-österreichisches Lebenswerk und Freundschaftsdienst angesehen hat, nicht als echten Job. Hans Krankl, für den ähnliches gilt, versehen mit pathetisch-triefendem Es-muss-ein-Österreicher-sein-Patriotismus.

Menschliche und fachliche Nähe

Ivica Osim, zwei Tage nach der Rangnick-Verkündung verstorben und 1999 nach dem Prohaska-Aus selbst großer Wunschkandidat des damaligen ÖFB-Präsidenten Beppo Mauhart, hat gegenüber Jonathan Wilson mal gesagt: „Man will als Trainer nicht unbedingt Krisen verursachen. Und doch braucht man Probleme, um Lösungen zu kreieren.“ Die bedingungslose Unterordnung und die Harmoniebedürftigkeit der japanischen Spieler waren es, wegen der Osim (anders als umgekehrt) nie so richtig warm wurde mit dem Fernen Osten.

Ein großes Harmoniebedürfnis wird Rangnick nicht nachgesagt, aber auch nicht die Gefahr einer völligen Implosion menschlichen Zusammenlebens. Dieses wurde in der Foda-Zeit aus zu vielen verschiedenen Ecken unabhängig voneinander kolportiert, um frei erfunden zu sein. Wie es um die Bedingungslosigkeit aussieht, von der er Unterordnung verlangt, wird man im für ihn neuen Nationalteam-Kontext abwarten müssen. Wenn er Input von den Spielern aber als fundiert und berechtigt ansieht, wird sich Rangnick aber wohl nicht völlig abschotten.

Rangnick braucht freie Hand

In Stuttgart ist Rangnick einst an den großen Egos in der Mannschaft gescheitert, Stichwort Balakov, der großen politischen Einfluss im Klub hatte. Rangnick wollte sich nicht verbiegen, das blieb so. Auf Schalke war er nicht bereit, von seiner professoralen Linie nach dem Gusto von Rudi Assauer, der sein Prolo-Image genüsslich kultivierte, abzuweichen. Lieber ging er, trotz sportlichen Erfolgs, und schaffte es dabei sogar, die Gunst der Fans auf seine Seite zu ziehen, gegen Assauer.

Den größten Erfolg hatte er immer, wenn er freie Hand hatte: Inhaltlich, von der Kadergestaltung, mit Rückendeckung der Vereinsführung. In Ulm, in Hannover, mit Hoffenheim, mit Red Bull. Rangnick beansprucht die klare Rolle als Führungsperson, auch und vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung, kompromisslos.

Machtstrukturen zu Rangnicks Vorteil

Beim ÖFB hat es Rangnick mit einer übereinstimmend als tendenziell schwierig beschriebenen Mannschaft zu tun. Die meisten Platzhirsche könnte er aber im Zweifel mit Hinweis auf deren fortgeschrittenes Alter eliminieren, ohne damit Aufstände zu provozieren. Er hat in Gerhard Milletich einen Präsidenten, der offen erwartet, dass es „unbequem wird“ und dass Rangnick natürlich auch über den Tellerrand des A-Nationalteams hinaus wirken wird.

Er hat in Peter Schöttel einen Sportdirektor neben sich, der bei der Bestellung Rangnicks offenkindig in keinster Weise die treibende Kraft war und ihn deutlich sichtbar auch eigentlich nicht so richtig haben will. Er konnte sich aber auch nicht gesichtswahrend der Rangnick-Verpflichtung widersetzen. Seine Autorität im A-Bereich ist öffentlichkeitswirksam kastriert und dass Milletich sich im Konfliktfall auf die Seite Rangnicks stellen würde und nicht auf jene von Schöttel, ist augenfällig.

Schluss mit dem Friendzone-Fußball

Franco Foda war, im übertragenen Sinne, der Jorah Mormont unter den Fußballtrainern: Er ließ Friendzone-Fußball spielen, eh lieb, aber halt allzu schüchtern-harmlos und mit null Penetration in den Strafraum. Ein passives Ballbesitz-Gespiele, mit dem man unterlegene Teams in Schach hält, aber mit dem man auch ohne Lösungen im Mittel- und vor allem im Angriffsdrittel die Zeit vergehen lässt und auf individuelle Geniestreiche hofft, wird es unter Rangnick nicht geben.

Sehr wohl aber die dazugehörigen Strukturen hinter der Pressingwelle, die unter Foda einer der ganz fundamentalen Schwachpunkte waren. Bei Manchester klappt das besorgniserregend schlecht, dort kann er aber auch nichts am Kader ändern, den er schon mehrfach als massiv sanierungsbedürftig bezeichnet hat.

Rangnick weiß nicht nur, dass es mehr Plan braucht als die langen Öffnungspässe von Martin Hinteregger und ihm ist auch zuzutrauen, diese Pläne zu vermitteln. Ja, Rangnick war immer beseelt vom radikalen Umschalt-Fußball und gerade in Spielen gegen starke Teams wird man das auch sehen. Aber es geht eben nicht nur gegen Frankreich und Dänemark, sondern in der EM-Qualifikation dann auch wieder gegen die Bulgariens und Litauens der Fußballwelt.

Ein anderes Gesicht

Foda und Rangnick ist gemein, dass sie Deutsche mit etwas spröder Ausstrahlung sind, Foda zuweilen mit einem etwas empfindlichen Tonfall, Rangnick neigt ein wenig zur Besserwisserei. Ansonsten verbindet die beiden praktisch nichts, am Allerwenigsten ihre Vorstellung vom Fußball und die Idee davon, mit welchem Personal das umzusetzen sei.

Die Tage von Marko Arnautovic im Team sind wohl noch nicht schlagartig vorbei, aber mehr als eine Joker-Rolle wird es für ihn eher nicht mehr geben. Torhüter Daniel Bachmann ist gut auf der Linie, wird mangels fußballerischer Fähigkeiten aber keine Chance unter Rangnick haben. Aleksandar Dragovic war in Leverkusen bei Roger Schmidt immer eher ein Wackelkandidat, der schnellste ist er auch nicht mehr – mit einer hohen Verteidigungslinie ist das schwer vereinbar. Alessandro Schöpf wird es schwer haben, für Trimmel ist die Team-Karriere wohl vorbei, für Julian Baumgartlinger wäre sie das so oder so. Mit Martin Hinteregger wird sich Rangnick nach der schroffen Absage des Verteidigers an Leipzig vor einigen Jahren wohl nochmal zusammen setzen müssen.

Andererseits kann man sicher sein, dass einige Spieler ins Blickfeld rücken werden, die unter Foda (wenn überhaupt) nur am Rande interessant waren. Junior Adamu natürlich, Hannes Wolf vermutlich auch, Yusuf Demir kommt einem da in den Sinn. Philipp Lienhart kennt ein Spiel mit hoher Intensität aus Freiburg und spielt eine starke, konstante Saison. Patrick Wimmer wird womöglich ein Kandidat, unter Umständen sogar Sascha Horvath, einer der wenigen Lichtblicke in einer fürchterlichen LASK-Saison. Patrick Pentz erscheint als Team-Torhüter beinahe logisch.

Ein Spiel neu denken

Österreichs Gegner, vor allem die auf Augenhöhe oder darunter, werden nicht schlagartig aufhören, dem ÖFB-Team den Ball zu überlassen. Das Aufbauspiel war unter Foda ein ständiger Quell von Ärgernis und Frustration, für die Fans sowieso, dem Vernehmen nach auch für die Spieler. Ein Drehen an der einen Stellschraube hier und der anderen Stellschraube da wird nicht reichen. Das Spiel wird völlig neu gedacht werden müssen als unter Foda.

Hat Österreich wirklich Flügelspieler von internationalem Format? Wenn nein, und die Antwort ist vermutlich „nein“: Wie schafft man sich Platz? Und wie nützt man diesen Platz, mit welchen Spielertypen, um in den Strafraum zu kommen? Wer kann die Intensität und das Tempo gehen, das Rangnick vorschwebt, und wie schafft es Rangnick, in begrenzter Zeit seine Ideen zu vermitteln?

Nicht mehr oder weniger Druck

Ist die Gefahr gegeben, dass es – wie am Ende der Koller/Ruttensteiner-Zeit – zu einem Backlash der reaktiven Kräfte im ÖFB kommt? Ja, natürlich. Milletich ist nicht plötzlich ein gemachter Mann im Präsidium, nur weil er jenen Mann als Teamchef gewinnen konnte, der den österreichischen Fußball im letzten Jahrzehnt geprägt hat wie niemand auch nur annähernd sonst.

So gesehen ist ein ÖFB-Teamchef Rangnick eigentlich ein völlig logischer Schritt. Hier kann er die Redbullisierung des österreichischen Fußballs letztgültig vollenden: Als Rangnick 2012 nach Österreich kam, war Pressing auch für den damaligen Rapid-Trainer Schöttel ein komplettes Fremdwort und Erfolg hatte mehr mit Zufall als mit Plan zu tun, von Hannes Kartnig über Frank Stronach bis hin zu den ersten sieben Mateschitz-Jahren. Lange sorgte Salzburg danach für zwei Drittel der internationalen Punkte, aber die Liga hat mitgezogen. In den letzten drei Jahren, trotz der Champions-League-Bonuspunkte für Salzburg, fiel dieser Wert auf 25 bis 35 Prozent. Vor allem dank des LASK, dessen Spielstil sich in dieser Zeit stark an jenen in Salzburg anlehnte. Österreich, 2011 in der Fünfjahreswertung auf Platz 19, ist nun in diesem Ranking Achter.

Rangnicks Ziel ist es nicht, mit Österreich zur EM zu fahren, das setzt er voraus und das muss auch so sein. Der ÖFB ist ein Vehikel, um sein Ego mit einer starken EM in seinem Heimatland Deutschland zu streicheln. Der Druck ist realpolitisch zunächst nicht größer oder kleiner als ihn Peter Stöger verspürt hätte: Der Abstieg aus der Nations-League-Gruppe mit Frankreich, Dänemark und Kroatien ist eingeplant, daraus macht der ÖFB gar keinen Hehl. Die Qualifikation für die EM 2024 ist das logische Ziel, das wäre für jeden anderen Teamchef auch so gewesen. Im Erfolgsfall wäre mit jedem anderen Teamchef auch die Vertragsverlängerung angestrebt worden, und bei einem Verpassen der EM wäre wohl jeder andere Teamchef mehr (Foda) oder weniger (Koller) elegant vom Hof gejagt worden.

ÖFB-interne Verwerfungen: Ein Sonderthema

Eine erfolgreiche Amtszeit unter Rangnick, in der auch das unter Foda konsequent leergespielte Happel-Stadion wieder besser gefüllt wird, muss zwangsläufig die Milletich-kritischen Mitglieder im ÖFB-Präsidium unter der Decke halten, zumindest solange der Deutsche mit guten Resultaten als Teamchef wirkt. Geht das Rangnick-Engagement daneben, wird die trotz des Deals mit Manchester United sicher nicht ganz billige Verpflichtung gegenüber einer nicht nur erheblich billigeren, sondern auch erheblich bequemeren Stöger-Verpflichtung zum Bumerang für Milletich. Ganz so wie die Koller-Verlängerung 2015, die aus Angst vor Abwerbeversuchen und im Lichte der glanzvollen EM-Qualifikation allzu teuer ausgefallen ist, für Ruttensteiner und mit ihm auch für Windtner zum Bumerang geworden ist.

Das ist alles nicht neu und die ÖFB-internen Verwerfungen könnten Bücher füllen. Ob beißend formuliert wie bei Gerald Gossmann, ausgewogen wie bei Georg Sander oder, zugegeben, mit zuweilen offener Geringschätzung wie bei uns, ist Geschmackssache. Das ÖFB-Präsidium wird von einigen Mitgliedern selbstherrlich als Jahrmarkt der Eitelkeiten betrieben, das ist bekannt, an diesem Grundprinzip wird auch Ralf Rangnick nichts ändern.

Sehr wohl aber kann es sein, dass er bei allzu bescheuerten Anwürfen – und wie gesagt, einige Präsidiumsmitglieder sind dazu vortrefflich in der Lage – von selbst aufsteht und geht, wie im Herbst 2005 bei Schalke. Und zwar nicht, ohne den betreffenden Herren nochmal schön auszurichten, das er sie für feste Trotteln hält.

Und dann zumindest damit die Mehrheit des Fan-Volks hinter sich weiß.

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„Wenn Sie flotte Sprüche hören wollen, gehen Sie nach München. Wenn Sie flotten Fußball sehen wollen, kommen Sie zu uns!“

– Ralf Rangnick, 3. Dezember 2008

Es war eines der am meisten gehypten Bundesliga-Spitzenspiele überhaupt. In einer Zeit, bevor Dortmund zum großen Dauerrivalen von Bayern München wurde und sich Bremen als solcher langsam, aber sicher verabschiedete, schickte sich ein Klub an, dem Platzhirschen Paroli zu bieten. Ein Aufsteiger – die TSG 1899 Hoffenheim.

Diese spielte eine überragende Hinrunde und kam am 16. Spieltag als Tabellenführer mit drei Punkten Vorsprung auf die Bayern in die Allianz Arena. Der Höhenflug war kein Zufall, sondern die Folge davon, dass Trainer Ralf Rangnick alles tat, um dem Spiel seiner Mannschaft den solchen zu nehmen. Er gewann letztendlich nichts, war damit aber der endgültige Wegbereiter für den deutschen Schritt in die Fußball-Moderne.

Bayern München - 1899 Hoffenheim 2:1 (0:0)
Bayern München – 1899 Hoffenheim 2:1 (0:0)

„Ich glaube, im Fußball ist […] noch zu viel Zufall, auch bei mit war das so bis vor zwei Jahren. Seitdem habe ich von meinem Expertenteam viel gelernt.“ Das sagte Ralf Rangnick im November 2008 im „kicker“. Er holte sich mit Bernhard Peters einen Hockey-Trainer als Direktor für Sport- und Jugendförderung. Er war derjenige, der Rangnick vom bedingungslosen Vertikalspiel überzeugte. Die Verbindung des als „Fußball-Professors“ bekannten Rangnick und des fußballexternen Peters führte zum Herbst von Hoffenheim.

Die Ausgangslage

Rangnick war im Winter 2005/06 bei Schalke von Manager Assauer abgesägt worden und übernahm ein halbes Jahr später Hoffenheim. Der Klub aus dem Örtchen zwischen Mannheim und Karlsruhe war ein etablierter Drittligist, hatte seine sechste Saison in dieser Spielklasse vor sich. Und einen Geldgeber mit großen Ambitionen – SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp. Hoffenheim stieg 2007 in die zweite Liga auf, startete dort aber nur mäßig und überwinterte als Achter nach 5 Siegen, 7 Remis und 5 Niederlagen mit acht Punkten Rückstand auf den Aufstiegsplatz.

In der Rückrunde setzte das Team das Rangnick’sche Konzept aber beinahe perfekt um, war mit 38 Punkten (12 Siege, 2 Remis, 3 Niederlagen bei 36:13 Toren) die mit Abstand beste Rückrunden-Mannschaft. Am letzten Spieltag überfuhr man Fürth mit 5:0 und hielt so Mainz (in der letzten Saison unter Jürgen Klopp) und Freiburg auf Distanz, begleitete Luhukays Gladbach und Christoph Daums 1. FC Köln in die Bundesliga.

Der Kader

Hoffenheim ging mit einer unfassbar jungen Mannschaft in die Bundesliga. Das Durchschnitts-Alter der Stamm-Elf betrug 22,2 Jahre, der älteste Spieler war Linksverteidiger Andreas Ibertsberger mit gerade einmal 25 Jahren. Grund dafür war die unübliche Herangehensweise – Rangnick brauchte für seine Vorstellungen Kicker, die absolut offen waren und noch nicht im Trott des „Normalen“ verfangen waren. Nicht unähnlich etwa einem Arsène Wenger, der einst über den damals 23-jährigen Christoph Leitgeb sagte: „Ein talentierter Junge, aber schon viel zu alt für einen Wechsel ins Ausland. Er ist nicht mehr formbar!“ Einen ähnlichen Weg verfolgt Rangnick ja nun auch bei Red Bull. Mit seinem damaligen Co-Trainer Peter Zeidler als Coach beim FC Liefering

Der Kader von Hoffenheim bestand grob gesagt aus zwei Gruppen. Zum einen jene mit jungen, von Rangnick handverlesenen Gescheiterten bei anderen Klubs. Jaissle, Beck und Weis standen bei Stuttgart schon früh am Abstellgleis, Innenverteidiger Marvin Compper hatte bei Gladbach keine Zukunft, Stürmer Vedad Ibisevic saß in Aachen auf der Bank, Linksfuß Salihovic in der zweiten Mannschaft von Hertha BSC fest.

Dazu kamen vier extrem talentierte und blutjunge Legionäre: Demba Ba kam um drei Millionen vom belgischen Mittelständler Mouscron, Chinedu Obasi um fünf Millionen von Lyn Oslo aus Norwegen, Luiz Gustavo wurde von den Corinthians aus São Paulo ausgeliehen (und später um eine Million verpflichtet) – und, der Königstransfer, Carlos Eduardo. Der Brasilianer kam 20-jährig um sieben Millionen von Grêmio Porto Alegre.

Das Konzept gegen den Ball

„Beim Spiel gegen den Ball galt in Deutschland […] der klassische Abzählreim: Der Spieler gegen den und der gegen den“, sagte Rangnick, der von einem Aha-Erlebnis bei einem Testspiel gegen Lobanovskis Dynamo Kiew erzählte: „Egal, wo der Ball war, immer waren drei Gegenspieler zur Stelle!“ Die klassischen Elemente von Zonen-Orientierung und Pressing, die Rangnick seiner Rasselbande in Hoffenheim auch beibrachte.

Hoffenheims Sturmreihe (blau) als Riegel und als lenkendes Element
Hoffenheims Sturmreihe (blau) als Riegel und als lenkendes Element

Dabei hatten auch die drei Stürmer – Vedad Ibisevic zentral, Demba Ba und Chinedu Obasi als ständig rochierende Außenspieler – klare Anweisungen im Spiel gegen den Ball. Das war damals in Deutschland im Grunde bei keinem anderen Team ein Thema. Die Hoffenheim-Stürmer hatten zwei Aufgaben gegen die Spieleröffnung des anderen Teams: Abriegeln und lenken.

Die vorherrschenden Systeme in Deutschland zu dieser Zeit waren das flache 4-4-2 bzw. die Version mit Raute, quasi ein 4-3-1-2. War der Ball bei den gegnerischen Innenverteidigern, rückten Ba, Ibisevic und Obasi eng zusammen und kappten so die Möglichkeit, zu den zwei bzw. drei zentralen Mittelfelspielern zu passen. Die Gegner hatten zwei Möglichkeiten: Entweder langer Hafer, oder der kurze Ball auf den Außenverteidiger.

Sobald der AV den Ball hat, doppeln ihn Hoffenheims Außenstürmer und ein Achter, nehmen ihm Zeit und Anspielstationen
Sobald der AV den Ball hat, wird er gedoppelt und den Anspielstationen beraubt

Sobald der Ball beim Außenverteidiger war, stürzten Hoffenheims Außenstürmer (Ba oder Obasi) und der entsprechende Achter (in der Regel Salihovic bzw. Carlos Eduardo) wie die Bösen auf diesen Spieler hin und nahmen ihm so die Zeit für eine Weiterverarbeitung – und gleichzeitig auch die Anspielstation. Der Weg zum eigenen Sechser war durch das eng zulaufende Hoffenheim-Duo sehr riskant, der Mitspieler auf der Mittelfeld-Flanke durch den in diesen Situationen in der Regel hinten bleibenden Hoffenheim-AV (Beck rechts, Ibertsberger links) abgedeckt.

Der Gegner war in der Falle.

Heute ist das Lenken des gegnerischen Spielaufbaus gängige Praxis und absolut nicht Ungewöhnliches, damals in der taktisch auch international weit von der internationalen Spitze entfernten deutschen Bundesliga aber sehr wohl.

Und wenn der Ball doch mal im defensiven Mittelfeld ankam? Auf dafür hatte Rangnick vorgesorgt. Dort war es die Aufgabe eines Achters und eines Spielelers aus dem Dreier-Sturm, den zentralen Mittelfeldmann mit dem Ball ebenso zu doppeln. In der Tat hatte Rangnick dem Spiel gegen den Ball schon mal ziemlich den Zufall genommen. Das kannte die Konkurrenz nicht, und sie konnte auch nicht damit umgehen.

Das Konzept mit Ball

Die Trainingsfelder in Hoffenheim wurden zuweilen extrem schmal. Fünfzehn Meter, um genau zu sein, aber 90 Meter lang. „Das sieht komisch aus“, gestand Rangnick zwar, aber es erfüllte den Zweck. In diesen Schläuchen nämlich wurde das fast schon bedingungslose Vertikalspiel gedrillt. „Da drin wird mit drei Kontakten gespielt, in der verschärften Version mit zwei Kontakten. Nur flach, und bei Rückpässen nur ein Kontakt. Alles andere wird abgepfiffen“, erklärte der Trainer.

Zweck des ganzen war das Üben des Verhaltens nach Ballgewinn. Dann ging nämlich die Post ab. Rangnick war mit Hoffenheim der erste Trainer, der bewusst, aggressiv und zielgerichtet von den drei Sekunden Unordnung sprach, die man beim Gegner nach dessen Ballverlust ausnützen müsse. Quer- oder gar Rückpässe gab es in diesen Umschaltphasen nicht, nur nach vorne.

Hoffenheim - Hamburg 3:0 (3:0)
Hoffenheim – Hamburg 3:0 (3:0)

Vor allem zu Saisonbeginn lief man mit diesem Konzept in offene Messer (wie beim 2:5 in Leverkusen) oder bekam die Rechnung für eine um 20 Meter an den Mittelkreis zurückverlegte Pressinglinie präsentiert (wie beim 4:5 in Bremen), aber meistens waren die Gegner mit dem Lenk- und Pressingspiel und dem extrem vertikalen Umschalten von Hoffenheim komplett überfordert.

Besonders anschaulich wurde dies am 9. Spieltag gegen den HSV, das wie alle Heimspiele im Herbst im Mannheimer Carl-Benz-Stadion stattfand (die Rhein-Neckar-Arena war noch nicht fertig). Es war dies das Spiel des Ersten Hamburg gegen den Zweiten Hoffenheim. Nach zwölf Minuten führte die TSG 2:0 (eins nach Eckball, eines nachdem Obasi an der Mittellinie Jarolim den Ball abgenommen hatte und schnell umgeschaltet wurde), nach einer halben Stunde 3:0. Sinnbildlich: An der Mittellinie war Petric in einem Zweikampf zu Fall gekommen und hatte dabei den Ball mit der Hand gespielt, Referee Stark pfiff Freistoß für Hoffenheim – und als sich der HSV noch beschwerte, lief vier Sekunden nach dem Freistoß-Pfiff Obasi bereits alleine auf das Hamburger Tor zu und verwertete problemlos.

Der HSV war dermaßen überfordert, dass Coach Martin Jol nur fassungs- und ratlos den Kopf schütteln konnte. Man kam als Tabellenführer zu Hoffenheim und wurde dort verprügelt wie ein Bezirksligist. Als Hoffenheim am 16. Spieltag zu den Bayern fuhr, standen elf Siege, ein Remis und zwei Niederlagen zu Buche. In 15 Partien hatte man 40 Tore erzielt.

Die Bayern

Der amtierende Meister aus München installierte nach dem Abschied des ebenso erfolgreichen wie auch konservativen Ottmar Hitzfeld im Sommer 2008 dessen genaues Gegenteil: Jürgen Klinsmann. Er stellte Buddha-Figuren am Trainingsgelände auf, kam mit vielen ungewöhnlichen Ideen und wollte den Klub schon ein wenig auf links drehen. Er wollte „jeden Spieler besser machen“, wollte aber wohl ein wenig zu viel in zu wenig Zeit und hatte auch personelle Problemchen.

Zum einen, dass Torhüter Oliver Kahn aufgehört hatte. In dessen letzter Saison kassierte er nur 21 Gegentore, neuer Bundesliga-Allzeit-Rekord. Michael Rensing war seit Jahren Kahns Kronprinz, aber die Rolle als Nummer eins war ihm dann deutlich zu groß. Vor allem bei hohen Bällen segelte Rensing regelmäßig vorbei, was die Bayern bei Flanken und Standards ungewöhnlich anfällig machte.

Bayern München - Werder Bremen 2:5 (0:2)
Bayern – Bremen 2:5 (0:2)

Außerdem fehlte Franck Ribery durch eine Verletzung, die er sich bei der EM zugezogen hatte, bis Ende September. Weil es sonst keinen Spieler für die linke Seite gab, stellte er das System auf 3-5-2 um und ließ Philipp Lahm die Außenbahn alleine beackern. Die Dreierkette kassierte ein Tor von Hertha BSC, und je keines beim späteren Absteiger Köln und in der Champions League gegen ein unsagbar schwaches Team von Steaua Bukarest – ehe das Spiel gegen Werder Bremen kam.

Werder deckte die Probleme in der Raumaufteilung schonungslos auf und führte zur Pause schon 2:0, ehe Klinsmann umstellte. Hinten spielte dann eine Viererkette, davor drei zentrale Mittelfeld-Leute, einer rechts und gar keiner mehr links. Die Folge: Noch drei Gegentore bis zur 67. Minute. Und das, obwohl Bremen personell so dünn besetzt war, dass Strafraum-Riegel Sebastian Prödl den Rechtsverteidiger geben musste – und das gar nicht mal so gut machte.

Als Ribery zurückkam, stabilisierte sich das Bayern-Spiel in den Wochen nach dem 2:5-Desaster gegen Bremen und dem folgenden 0:1 in Hannover, aber inhaltlich waren die Bayern kein Enigma. Van Bommel gab in einem 4-4-2 (das danach beständig gespielt wurde) die Schaltzentrale im Zentrum, es wurde mal geschaut, was rechts geht (über Schweinsteiger oder Altintop mit Lell oder Oddo), es wurde mal geschaut, was links geht (über Lahm und Ribery), mit Zé Roberto als kurzer Anspielstation. Vorne war Luca Toni der Fokuspunkt für lange Bälle, er und Klose sorgten mit ihrer individuellen Klasse für Tore.

„Revolutionär“ ist anders, Klinsmann hatte auch keinen Löw mehr zur Seite, aber bis zum Hoffenheim-Spiel wurden 22 von 24 möglichen Punkten geholt und die Champions-League-Gruppenphase gegen Lyon, die Fiorentina und eben Steaua Bukarest überstanden.

Das Gipfeltreffen

„Wir fahren nicht nach München, um uns nur die Bayern-Trikots abzuholen. Wir wollen ihren Skalp“, hatte Rangnick im Vorfeld der Partie gesagt. Schon Wochen vorher begann der mediale Aufbau für das zu erwartende Spitzenduell der beiden dominierenden Klubs in diesem Herbst 2008, Rangnicks beinahe legendäre PK zwei Tage vor dem Spiel – aus dem auch das Zitat vom Anfang dieses Artikels stammt – taten ihr übriges. „Die Bayern-Fans sind bisher nicht damit aufgefallen, ihr Team bedinungslos zu unterstützen, die wollen unterhalten werden“, hatte Rangnick da auch gesagt. Wie auch: „Vielleicht spielen wir in München sogar mit vier Stürmern. Oder wir fangen mit 12 oder gar 13 Leuten an und hoffen, dass es keiner merkt!“

Ein Aufsteiger, der vor dem Gang in die Allianz Arena die Abteilung Attacke fährt – das war neu. Das Stadion war mit 69.000 Zusehern natürlich voll, die Bayern hätten das dreifache an Tickets verkaufen können. Die, die da waren, sahen ein aufregenden und ungemein temporeiches Spiel.

Erste Halbzeit

Bayern München - 1899 Hoffenheim 2:1 (0:0)
Bayern – Hoffenheim 2:1 (0:0)

Hoffenheim hatte ganz offensichtlich Ribery als Haupt-Gefahrenherd ausgemacht, denn Rangnick änderte die Taktik auf dessen Seite ein wenig: Nicht der Außenverteidiger – in diesem Falle Lahm – wurde von Ba und Weis gedoppelt, sondern Ribery von Beck und Weis, sobald der Franzose den Ball hatte. So versuchte man, ihn aus dem Spiel zu isolieren. Das gelang Beck und Weis über weite Strecken auch ganz gut: Ribery war viel unterwegs und hatte auch oft den Ball, konnte aber wenig echte Wirkung entfalten.

Die Gäste hatten Mühe, ihren Dreier-Riegel zwischen den Münchner Reihen aufzuziehen, so gelang das Lenken des gegnerischen Spielaufbaus nicht wie gewohnt. Dafür wurde Van Bommel umso härter an die Kandarre genommen: Dass der Holländer zuweilien zu gewissen Lässikgeiten neigt und nicht der Schnellste ist, war kein Geheimnis, und so wurde Van Bommel immer wieder schon während seiner Ballannahme angegangen. Dreimal alleine in der ersten Halbzeit luchsten ihm im toten Winkel heranbrausende Hoffenheimer den Ball ab. Erwartbare Folge: Schnelles Umschalten.

Das große Glück der Bayern war, dass Lúcio ein grandioses Spiel zeigte. Der Brasilianer antizipierte hervorragend und rückte zeitgerecht aus der Viererkette heraus, um die heranstürmenden Gegner zu stellen oder Passwege geschickt zuzustellen.

Nach vorne brachten die Münchner sehr wenig zu Stande. Ribery wurde gedoppelt, Schweinsteiger versteckte sich nach Kräften, Van Bommel bekam wenig Zeit und die Flanken von Massimo Oddo waren schlecht. Schon von vornherein verlegten sich die Bayern, um dem Pressing und dem Doppeln zu entgehen, auf lange Bälle auf Luca Toni. Dieser war bei Matthias Jaissle allerdings in guten Händen. In den ersten 45 Minuten hatten die Bayern nur eine einzige ernsthafte Torchance.

Hoffenheim hat Bayern am Nasenring

Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit ging Hoffenheim, natürlich als Folge eines schnellen Vertikal-Spielzuges, nach einem Doppelpass von Ibisevic mit Weis mit 1:0 in Führung – das bereits 18. Saisontor von Ibisevic am 16. Spieltag. Die Gäste merkten, dass die Bayern wankten und versuchten nachzusetzen: Die Abwehr schob bis in die gegnerische Hälfte hinein, die Pressingwege wurden somit kürzer und damit auch die Phasen bayerischen Ballbesitzes.

Der kecke Aufsteiger hatte die Bayern am Nasenring, weitere Chancen folgten – nach einer Stunde führte Hoffenheim in der Torschuss-Statistik mit 13:4. Die Führung war hochverdient und die Bayern ratlos. Ehe in Minute 60 etwas passierte, mit dem das Gäste-Mittelfeld – im speziellen Tobias Weis – nicht rechnete: Philipp Lahm setzte zu Solo an und zog dabei nach innen. Dort war viel Platz, Weis erkannte die Situation zu spät, löste sich nicht rechtzeitig von Ribery um Lahm zu stellen. Jaissler versuchte zu retten, was zu retten war, aber Lahm zog ab, der Ball wurde von Compper abgefälscht,und landete zum 1:1 im Netz.

Luft aus

Auch in der Folge war Lahm immer mehr die bestimmende Figur auf dem Platz, weil er immer mehr realisierte, welche Freiräume sich im boten. Umso mehr, als den Hoffenheimern nach dem 1:1 zunehmend die Luft ausging. Die intensive Spielweise forderte ihren Tribut und die zweite Luft der Bayern ebenso. Die Abwehr-Kette stand nun sehr tief und die Außenverteidiger rückten kaum noch auf, andererseits franzten die Laufwege der drei Stürmer immer mehr aus.

Van Bommel und Zé Roberto kontrollierten damit trotz numerischer Unterlegenheit im Zentrum das Mittelfeld und sie konnten vor allem Luca Toni immer mehr in Szene setzen. „Jaissle war bei Toni“ sollte aber ein immer wiederkehrender Satz von Sky-Kommentator Marcel Reif werden.

Als Rangnick in Minute 74 den angeschlagenen Obasi runternahm und Salihovic brachte – dieser war etwas überraschend nicht in der Start-Elf gestanden, weil Rangnick auf den defensiv stärkeren Weis gegen Ribery setzte – rückte Carlos Eduardo in die Sturm-Reihe auf. Statt aber den Freistoß-Experten Salihovic selbst ins Spiel einbinden zu können, häuften sich selbige für die Bayern. Ohne nennenswertes Ergebnis aber. So plätscherte das Spiel, gezeichnet von immer mehr schwindenden Kräften, einem 1:1 entgegen.

Ehe Ibertsberger in der Nachspielzeit ein Lapsus unterlief. Rensing hatte in der 92. Minute den Ball nach vorne geschlagen und Zé Roberto die Kugel in den Lauf von Klose verlängert. Ibertsberger will dem einschussbereiten Klose den Ball wegspitzeln, legt ihn dabei aber genau Toni vor – der drückt ab, das 2:1. Die Matchuhr zeigte 90′ +1:23.

Kreuzband und Erfolgsserie riss

Hoffenheim hatte das Spitzenspiel mit 1:2 verloren, die Bayern zogen an Punkten gleich. Eine Woche später sicherte sich der Aufsteiger dennoch den Herbstmeistertitel. Am 14. Jänner aber musste man einen schweren Schlag hinnehmen: Vedad Ibisevic zog sich in einem Testspiel einen Kreuzbandriss zu, fiel für die restliche Saison aus.

Man holte Boubacar Sanogo aus Bremen als Ersatz, aber in der kurzen Zeit fand er nie ins System. Dazu kam etwas Unruhe in den Kader, weil im Winter auch Torhüter Timo Hildebrand verpflichtet wurde, obwohl Daniel Haas eine an sich recht ansprechende Herbstsaison gespielt hatte – in der er Aufstiegs-Goalie Ramazan Özcan verdrängte. Die Egos wuchsen, die Qualität des Zusammenspiels sank. Nicht alle aus der blutjungen Rasselbande schafften es, sich den Erfolg aus dem Herbst nicht zu Kopf steigen zu lassen.

Das erste Rückrundenspiel am 31. Jänner gegen Cottbus wurde 2:0 gewonnen, aber der Spielfluss, die Leichtigkeit und auch die Selbstverständlichkeit aus dem Herbst waren verfolgen. Auch der Umzug ins nun vollendete eigene Stadion bewirkte keinen Schub. Im Gegenteil: Im kompletten Februar, dem kompletten März und dem kompletten April wurde nicht ein einziges Spiel gewonnen. Sieben Remis, fünf Niederlagen, Letzter in der Rückrundentabelle zu diesem Zeitpunkt.

Die Saison endete zwar dank 10 Punkten aus den letzten vier Spielen mit einem Aufwärtstrend, aber dennoch wurde man der erste Herbstmeister der Bundesliga-Geschichte, der am Ende nicht einmal einen Europacup-Platz belegte. Meister wurden die Bayern allerdings auch nicht: Wolfsburg schoss sich mit Dzeko, Grafite und Misimovic zum Titel und Klinsmann wurde noch vor Saisonende entlassen.

Durchhaus

Nie wieder konnte Hoffenheim an die Erfolge des ersten halben Bundesliga-Jahres der Klubgeschichte anschließen. Statt das von A bis Z durchgeplante Konzept weiter zu verfolgen, regierten bald Chaos und Planlosigkeit, ständig wechselnde Trainer und Funktionäre und dadurch ein sinnlos aufgeblähter und maßlos überteuerter Kader.

Genau zwei Jahr nach dem Herbstmeister-Titel sah Rangnick die Felle davonschwimmen – und auch seine vereinsinterne Macht. Die heile Welt bekam schon im Sommer 2010 Risse, als Manager Jan Schindelmeiser die Brocken hinwarf – er und Rangnick waren nicht die besten Freunde. Im Winter 2010/11 wurde dann Sechser Luiz Gustavo gegen Rangnicks Willen zu den Bayern verkauft. Reibereien auch mit Hopp kamen an die Öffentlichkeit, Rangnick trat in der Winterpause zurück und sein Assistent Marco Pezzaiuoli brachte eine mäßige Saison auf einem eher anonymen Mittelfeld-Platz zu Ende – trotz eines interessanten Konzepts.

Auf Pezzaiuoli folgte Holger Stanislawski, ein halbes Jahr später Markus Babbel. Elf Monate später wurde Babbel auf einem Abstiegsplatz liegend entlassen, sein Nachfolger Marco Kurz legte in der Folge einen beträchtlichen Abstand zwischen Hoffenheim und dem Relegationsplatz – allerdings von der falschen Seite. Auch auf dem Manager-Posten wurde Hoffenheim zum Durchhaus: Nach Schindelmeister-Nachfolger Tanner übernahm Trainer Babbel in Personal-Union, ehe Andreas Müller kam und dann auch dieser wieder entlassen wurde.

Erst, als Markus Gisdol im April 2013 das Traineramt übernahm und via Relegation die Klasse hielt und Alexander Rosen als leitender Funktionär im Tagesgeschäft eingesetzt wurde, kehrte wieder Ruhe ein.

Erbe

Hoffenheim ist mittlerweile so ein wenig die graue Maus der Liga und längst nicht mehr der Aufreger, der man im Herbst 2008 vor allem durch die Abhängigkeit von Dietmar Hopp war. Der Durchmarsch unter Rangnick von der dritten Liga zum Bundesliga-Herbstmeister legte aber die endgültige Rutsche für das, was in der Folgezeit eher patschert als „Konzepttrainer“ bezeichnet wurde.

Trainer, die keine großen Spieler waren, aber sich umso mehr mit alternativen Trainingsinhalten und zielgerichteter Lenkung des Spiels beschäftigten, kamen immer mehr in Mode. Jürgen Klopp hatte sich schon einen Namen gemacht, aber etwa ein Thomas Tuchel, Markus Weinzierl, Christian Streich, ein Roger Schmidt oder eben Markus Gisdol profitierten fraglos.

Nur Hoffenheim selbst profitierte irgendwie nicht so recht. Bis heute konnte sich der Klub noch nie für den Europacup qualifizieren.

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Wieder kein Red Bull Salzburg in der Champions League https://ballverliebt.eu/2014/08/27/wieder-kein-red-bull-salzburg-in-der-champions-league/ https://ballverliebt.eu/2014/08/27/wieder-kein-red-bull-salzburg-in-der-champions-league/#comments Wed, 27 Aug 2014 21:11:43 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10477 Wieder kein Red Bull Salzburg in der Champions League weiterlesen ]]> Nationale Dominanz und internationale Glanzpunkte – das war die Vorgabe, als Red Bull im Frühjar 2005 den immer näher dem finanziellen Abgrund entgegen siechenden Bundesliga-Klub in Salzburg übernahm. Ersteres ist gelungen, seit dem Einstieg wurde der Klub in neun Jahren fünfmal Meister und viermal Zweiter. In der Europa League überstand man dreimal die Gruppenphase, zweimal davon glanzvoll. Nur das mit der Champions League, das ist so eine Sache. Sieben mal probiert. Und auch 2014 ist wieder nix passiert…

2006 – Valencia, 1:0 und 0:3

Als Salzburg im ersten Red-Bull-Jahr unter Kurt Jara hinter der von den Stronach-Millionen aufgepumpten Austria Zweiter wurde, bestand noch die halbe Stammformation aus Österreichern – nach der Kader-Umwälzung im Sommer 2006 und nach Jaras Rauswurf war nur noch einer übrig : René Aufhauser. Andere (wie Kapitän Schopp, aber auch Manninger, Ivanschitz, Pichorner, Scharrer und Mayrleb) wurden aussortiert. Und es kam das Trainer-Duo Giovanni Trapattoni und Lothar Matthäus. Unter diesen beiden sollte bei den ersten internationalen Auftritten nach der Übernahme wenn möglich die Champions League, zumindest aber die Uefa-Cup-Gruppenphase erreicht werden. Im ersten Match beim Schweizer Meister FC Zürich wurden den Bullen aber von Inler, Dzemaili, Raffael und Co. ziemlich die Grenzen aufgezeigt, mit dem 1:2 war man noch gut bedient – und im Rückspiel profitierte man von individuellen Fehlern. Obwohl dir Zürcher unter Trainer Lucien Favre wieder die deutlich bessere Mannschaft waren, siegte Salzburg 2:0. Damit war das Minimalziel erreicht, denn bei einem Scheitern gegen Valencia hätte man immerhin in der ersten Uefa-Cup-Runde (damals das, was heute das Play-Off ist) weitergemacht. Im Hinspiel im ausverkauften Stadion (das aber noch nicht für die EM erweitert worden war) erwischte man die Spanier auch tatsächlich auf dem falschen Fuß: Zweieinhalb Wochen, ehe die spanische Meisterschaft begann, sorgte ein Piták-Kopftor für das 1:0 gegen den dritten der letzten Saison in Spanien.

Valencia - Salzburg 3:0
Valencia – Salzburg 3:0

Zwei Wochen später war das Team von Trainer Quique Sánchez Flores deutlich besser eingespielt und die ultra-defensive Herangehensweise von „Trappathäus“, die das 1:0 aus dem Hinspiel über die Zeit mauern wollten, ging fürchterlich in die Hose. Statt des 4-4-2 wie gegen Zürich oder des 4-4-1-1 (mit Janocko als hängender Spitze) im Heimspiel gegen Valencia ließen die beiden ein 4-5-1 spielen, mit drei defensiven Mittelfeld-Spielern, ohne einen Kreativen im Zentrum und mit Peter Orosz aus dem Regionalliga-Team ganz vorne – Alex Zickler fehlte wegen einer Oberschenkelverletzung. Nach zehn Minuten vertendelte Vargas einen Ball, was zum 0:1 durch Morientes führte, nach einer halben Stunde griff Carboni mit der Hand zum Ball und David Villa verwertete den Elfer im Nachschuss. In der Halbzeit kam Lokvenc statt Orosz, das problem blieb aber – überraschenderweise – bestehen. Dem einen Tor, das es gebraucht hätte, kamen die Bullen nicht einmal nahe und David Silva machte in der Nachspielzeit den Deckel drauf. Valencia war damals ein Team aus der erweiterten europäischen Spitze, gewann in der Folge die CL-Gruppe gegen die Roma, Shachtar Donetsk und Olympiakos überlegen, schaltete im Achtelfinale Inter Mailand aus und blieb erst im Viertelfinale gegen Mourinhos Chelsea hängen. Salzburg musste in der ersten Uefa-Cup-Runde gegen die Blackburn Rovers ran, erkämpften daheim ein 2:2 gegen die Engländer (mit Friedel, Emerton, Tugay, Bentley und Benni McCarthy), agierten aber auswärts wie schon in Valencia erschütternd defensiv und verloren 0:2. Die Gruppenphase fand ohne die Bullen statt.

2007 – Shachtar Donetsk, 1:0 und 1:3

National gab’s 2007 aber den Titel und damit die nächste Chance. Für einen neuen Kader: Mit Alex und Miyamoto waren zwei Japaner als PK-Gag verpflichtet worden, Leitgeb kam von Sturm, Ilic von Galatasaray, Sekagya aus Argentinien. Gegen den lettischen Meister Ventspils war Salzburg, mittlerweile von Trapattoni alleine betreut, nicht gefordert. Auswärts gab’s ein 3:0 (Aufhauser-Triplepack), daheim vor immerhin 13.500 Zusehern sogar ein 4:0 (Aufhauser, Dudic, Ilic und Leitgeb). Dann wartete Shachtar Donetsk. Schon zu dieser Zeit hatte Trainer Mircea Lucescu sein bewährtes Rezept: Hinten grimmige Verteidiger aus Osteuropa, vorne trickreiche Ballzauberer aus Brasilien. Im mit 26.000 Zusehern sehr gut gefüllten Stadion ging Salzburg im Hinspiel daheim früh in Führung, nachdem Tchigrinski im Strafraum Volleyball gespielt hatte und Zickler den fälligen Elfer verwertete. In der Folge agierten die Gäste gefälliger und gefährlicher, aber die Bullen hielten gut dagegen und brachten das 1:0 über die Zeit. Dass die Spielphilosophie im Sommer nicht umgestellt wurde, zahlte sich schon ein wenig aus.

Shachtar Donetsk - Salzburg 3:1
Shachtar Donetsk – Salzburg 3:1

Das Rückspiel fand noch im alten Beton-Bunker von Donetsk statt, die Donbass-Arena gab’s noch nicht. Nach einem Eckball ging Salzburg auch hier durch Remo Meyer früh in Führung, der postwendende Ausgleich durch den Italiener Cristiano Lucarelli war noch kein Problem – Shachtar brauchte noch immer zwei Tore. Der Druck, den die Ukrainer machten, war enorm, aber Salzburg hielt lange stand. Mit Glück, weil ein klares Elfer-Foul von Carboni nicht geahndet wurde, aber auch mit Geschick. Bis zur 77. Minute, als Sekagya im Strafraum Lucarelli zwar nicht wild umriss, aber doch zu Fall brachte. Castillo verwertete den Elfer und Donetsk hatte noch eine knappe Viertelstunde, um das eine Tor zu erzielen, dass es noch brauchte – und der eingewechselte Brandão besorgte dieses in der 87. Minute. Ein sehenswerter Kopfball nach einer Weltklasse-Flanke von Razvan Rat – damit war Salzburg geschlagen. Donetsk kam in der Champions League zu Siegen gegen Celtic Glasgow und bei Benfica Lissabon, beendete die von Milan gewonnene Gruppe aber auf dem vierten Platz. Salzburg musste in der ersten Uefa-Cup-Runde gegen AEK Athen ran, verlor gegen Rivaldo, Dellas, Macho und Co. schon das Hinspiel auswärts mit 0:3 und war einmal mehr an zwei Versuchen gescheitert, eine Gruppenphase zu erreichen.

2009 – Maccabi Haifa, 1:2 und 0:3

Weil man 2008 hinter Rapid „nur“ Zweiter wurde, starteten die Bullen mit einem neuen Trainer – Co Adriaanse – und einer völlig neuen Spielphilosophie – Hurra-Fußball statt Safety-First – gleich im Uefa-Cup, wo Sevilla zu stark war. Unter Adriaanse flog man durch die Liga, war schon am drittletzten Spieltag auch rechnerisch Meister und trennte sich auch gleich wieder vom offensiv denkenden Holländer. Statt seiner kam ein defensiv denkender Holländer: Huub Stevens. Gegen die Bohemians aus Dublin brauchte es nach einem mageren 1:1 daheim ein Glücks-Tor kurz vor Ende des Rückspiels, um mit einem 1:0 noch weiterzukommen; gegen Dinamo Zagreb gab’s daheim vor 16.000 Zusehern ein schmeichelhaftes 1:1 und wiederum Glück, dass der Becherwurf auf den tschechischen Referee-Assistenten von der UEFA nicht geahndet wurde. In Zagreb ging Salzburg etwas entgegen des Spielverlaufs nach einer halben Stunde durch Dusan Svento in Führung, nach dem Ausgleich in Minute 47 steuerte das Spiel der Verlängerung entgegen. Ehe Robin Nelisse, Dreadlocks-Stürmer von den Niederländischen Antillen, mit seiner nachhaltigsten Aktion im Salzburg-Dress in der 83. Minute einen Weitschuss versenkte. Das 2:1, der Einzug ins Play-Off, und damit fix erstmals in einer Gruppenphase. Und sei es nur die der Europa League. Aber man rechnete sich gute Chancen auf die Champions League aus, war doch der Gegner in Maccabi Haifa zumindest vom Namen her kein Übermächtiger. Auf dem Rasen jedoch machten die Israeli schnell klar, dass sie eine Mannschaft hatten, die eingespielt, kompakt und vor allem im Vorwärtsgang alles andere als schlecht war, während Salzburg sich nach dem radikalen Schnitt zurück zum Vorsichts-Fußball erst noch finden musste. Mohamed Ghadir sorgte vor 24.000 Zusehern halb durch die erste Hälfte für die verdiente Maccabi-Führung, die Zickler nach einer Stunde ausgleichen konnte. Ehe kurz vor Schluss Maccabis Joker mit dem wundervollen Namen Shlomi Arbeitman den 2:1-Siegtreffer für sein Team markierte.

Maccabi Haifa - Salzburg 3:0
Maccabi Haifa – Salzburg 3:0

Dadurch waren die Chancen schon vor dem Rückspiel auf ein Minimum gesunken, und im Ramat-Gan-Stadion zerbröselten die Bullen dann vollends. Nicht eine einzige Torchance gab’s, am Nasenring wurde man durch’s Stadion gezogen. Dvalishvili nützte eine Kette von Salzburger Fehlern nach einer halben Stunde zum schon längt überfälligen 1:0, nach einer Stunde fälschte Ilsanker einen Schuss von Golasa unhaltbar zum 2:0 ab. Ehe in der Nachspielzeit auch Gustafsson, der ein noch höheren Debakel verhindert hatte, daneben griff – 0:3, der Endstand. Wirklich logisch zu erklären ist das, was im Herbst mit diesen zwei Teams passierte, nach dem Klassenunterschied im direkten Duell aber nicht. Denn während Maccabi in der Champions League alle sechs Spiele gegen Bordeaux, Juventus und die Bayern verlor (fünf davon mit 0:1), gab Salzburg in der Europa League gegen Lazio, Villarreal und Levski Sofia keinen einzigen Punkt ab. Natürlich, es waren zwei Top-Teams im Umruch, aber sechs Siege? In der ersten K.o.-Runde schied Salzburg im Februar während der Olympischen Spiele in Vancouver gegen Standard Lüttich aus.

2010 – Hapoel Tel-Aviv 2:3 und 1:1

Neues Jahr, neues Glück: Nach dem Titel unter Stevens 2010 gab’s personell nur leichte Adaptierungen, aber auch eine typisch österreichische Blamage – 0:1 beim HB Tórshavn auf den Färöern. Allerdings, nachdem die Färinger eine Woche davor vor 9.000 Zusehern in Salzburg 0:5 verloren hatten. Danach führte man bei Omonia Nicosia auf Zypern dank eines Torwart-Fehlers, den Gonzalo Zarate ausgenützt hatte, lange 1:0, ehe man sich in der Nachspielzeit noch per Elfer das 1:1 einfing. Eine Woche später zeigten sich die Bullen im Rückspiel vor 14.500 Leuten als gnadenlos effizient: Obwohl der Meister aus Zypern in der Anfangsphase drückend überlegen war, ging Salzburg durch Aushilfs-Linksverteidiger Svento in Führung, ein Doppelpack von Schiemer (erst nach Schwegler-Einwurf, dann nach Leitgeb-Flanke) sorgte schon vor der Pause für das 3:0. Am Ende stand ein 4:1, das darüber hinwegtäuscht, dass Salzburg keineswegs die bessere Mannschaft war.

Salzburg - Hapoel Tel-Aviv 2:3
Salzburg – Hapoel Tel-Aviv 2:3

Im Playoff ging es wie im Jahr davor gegen den israelischen Meister, diesmal war’s Hapoel Tel-Aviv. Die unter Stevens zunehmender verknöchernde Mannschaft hatte dem flinken Gegner aber wenig entgegenzusetzen. Umso weniger, nachdem es schon in der 1. Minute einen Elfmeter-Pfiff gab und Torhüter Enyeama zum 0:1 verwandelte. Den zwischenzeitlichen Ausgleich von Pokrivac konterte Sahar noch vor der Pause zum 2:1. Als der spätere Kaiserslautern-Stürmer Itay Schechter in der 53. Minute zum verdienten 3:1 traf, war die Begegnung im Grunde vorbei. Boghossian vorne hing in der Luft, Zarate verdribbelte sich zu oft, es gab kein kreatives Moment im Spiel der Salzburger. Der nach England abgewanderte Somen Tchoyi fehlte an allen Ecken und Enden. Wallner traf noch per Elfer zum 2:3-Endstand, aber im Grunde war schon nach dem Hinspiel, das 19.000 Menschen im Stadion verfolgten, das allgemeine Gefühl, dass es wieder nichts wird. Im Rückspiel versuchten es die Salzburger mit Wille und mit Wucht, kurz vor der Halbzeit gab’s durch ein Eigentor auch das 1:0, aber weder Wallner noch später Boghossian vorne, weder Mahop rechts noch Zarate links, weder Medes da Silva noch Pokrivac im Zentrum sorgte für die nötige Gefahr. Das Spiel endete letztlich 1:1 und es ging wieder in die Europa League für die Bullen. Dort gab’s gegen Man City, Juve und Lech Posen zwei Punkte und den letzten Gruppenplatz. Hapoel gewann in der Champions League 3:0 daheim gegen Benfica, holte noch Remis gegen Schalke und in Lyon, wurde aber Gruppenletzter.

2012 – F91 Düdelingen, 0:1 und 4:3

In der Saison 2010/11 wurde die Mannschaft zunehmend leblos und Huub Stevens im Frühjahr durch Ricardo Moniz ersetzt, den Titel holte aber Sturm Graz. Die Bullen zogen über Metalurg Liepaja, den FK Senica und wiederum Omonia Nicosia in die Europa-League-Gruppenphase ein, wo man hinter Athletic Bilbao Zweiter wurde – noch vor einem PSG, der den Bewerb nicht so richtig ernst nach, und Slovan Bratislava. In der ersten K.o.-Runde erstarrte Salzburg aber vor dem wie wild pressenden Team von Metalist Kharkiv komplett in Ehrfurcht – 0:4 und 1:4. Weil sich Moniz in seine Kompetenzen reingeredet fühlte, nahm er trotz Meistertitel seinen Hut und der neue Red-Bull-Gesamt-Sportchef Ralf Rangnick installierte jenen Trainer, der 2011/12 den deutschen Zweitliga-Abstiegskandidat Paderborn beinahe in die Aufstiegs-Relegation geführt hatte: Roger Schmidt. Mit einem Kader, der weder seiner war noch den Anforderungen für seine Spielidee entsprach, hieß die erste Mini-Hürde F91 Düdelingen. Der Meister aus Luxemburg war in der Runde davor 7:0 und 4:0 über den Titelträger aus San Marino hinweggefegt. Das allererste Pflichtspiel unter Schmidt wurde auswärts in Luxemburg gleich zu einer schlimmen Blamage – ein Tor von Aurelién Joachim in Minute 75 sorgte für den 1:0-Sieg für Düdelingen. Peinlich, aber kein Problem, dachten alle: Daheim wird man schon mit vier bis acht Toren Differenz über die No-Names drüberfahren.

Salzburg - Düdelingen 4:3
Salzburg – Düdelingen 4:3

Doch weit gefehlt. Die Spieler glaubten wohl selbst, dass es auch mit 20 % Einsatz geht, obwohl das sieben Tage davor schon schlimm in die Hose gegangen war. Nach einer halben Stunde fanden sich die Bullen erneut 0:1 im Rückstand, allerdings drehten zwei Tore von Jantscher und Hinteregger das Spiel noch vor der Pause auf 2:1 um. Noch ein Tor, das sollte ja wohl zu schaffen sein. Aber keine drei Minuten nach Wiederanpfiff hatte der Underdog zum 2:2 ausgeglichen, wenig später die unglaublichen Löcher in der Deckung der unerhört behäbigen Salzburger sogar zum 3:2 genützt. Noch eine halbe Stunde Zeit für drei Tore. Zehn Minuten vor Schluss kam Salzburg durch einen von Cristiano (erinnert sich noch wer an diesen Mega-Flop?) verwandelten Elfer zum 3:3, wenige Sekunden später durch Zarate zum 4:3. Aber es reichte nicht. Düdelingen war dank der Auswärtstorregel in der 3. Quali-Runde, für Salzburg die internationale Saison vorbei, noch ehe es August war. Die Luxemburger unterlagen erst Maribor in der CL-Quali und dann Hapoel Tel-Aviv im Europa-League-Playoff. Salzburg entsorgte den halben Kader (Jantscher, Zarate, Mendes da Silva, Maierhofen, Boghossian, Cristiano, Lindgren), stellte sich bis Ende August komplett neu auf (Mané und Kampl, dazu Klein, Vorsah, Berisha und Nielsen), konnte aber Peter Stögers bärenstarke Austria nicht mehr einholen.

2013 – Fenerbahçe, 1:1 und 1:3

Vor allem im Frühjahr, nachdem Schmidt seine erste ordentliche Vorbereitung mit einem Kader nach dem Gusto von ihm und Rangnick absolvieren hatte können, kam das Werk ins Laufen – mit Hilfe des gegen Düdelingen verletzten Soriano, mit dem nach Jahren des Leidens endlich fitten Alan, und vor allem mit dem exzentrischen Kevin Kampl. Als Vizemeister durfte man in der CL-Quali im Ast der Verfolger aus den Top-Ligen ran, in der ersten Runde gegen Fenerbahçe. Der türkische Vizemeister, im Jahr davor noch im Europa-League-Halbfinale, waren nach einem Trainerwechsel noch nicht ganz auf der Höhe und die Bullen setzten Fener zusätzlich zu. Der für Roger Schmidt typisch gewordene, extrem aggressive Pressing-Fußball erwischte die Türken völlig am falschen Fuß, im ausverkauften Stadion von Wals-Siezenheim gelang Alan dann der Führungstreffer – aber ein eher dämlicher Elfer in der Nachspielzeit bescherte Fener noch den 1:1-Ausgleich.

Fenerbahçe - Salzburg 3:1
Fenerbahçe – Salzburg 3:1

In Istanbul versuchte es Salzburg mit dem gleichen Rezept, ging auch früh durch Soriano in Führung – aber die internationale Abgebrühtheit fehlte dem Team auf diesem Niveau. Fenerbahçe nützte die allzu nassforsche Spielweise der Bullen zu drei Toren (von Meireles, Sow und Webo) noch vor der Halbzeit. Danach steckte Salzburg nicht auf, hatte diverse Chancen, vernebelte diese aber allesamt. So gewannen die Türken auch nicht ganz unverdient mit 3:1, durften dann die Duelle gegen Arsenal im Playoff noch spielen (und klar verlieren) und wurde danach wegen des Manipulations-Skandals, in den man in der Türkei verwickelt war, ausgeschlossen. Salzburg wollte sich per CAS zurück in die Champions League klagen, scheiterte aber. Dafür geigte man in der Europa League groß auf. Nach dem lockeren Playoff-Sieg gegen Zalgiris Vilnius gab’s wie schon 2009 sechs Siege in den sechs Gruppenspielen gegen Standard Lüttich, Elfsborg und Esbjerg, ehe man in der ersten K.o.-Runde Ajax der Lächerlichkeit preisgab und trotz des Gesamtscores von 6:1 noch gnädig mit dem Meister der Eredivisie war. Als man im Achtelfinale aber auf einen clever verteidigenden Gegner und eine Dreierkette traf, war Schluss mit lustig.

2014 – Malmö, 2:1 und 0:3

Schon am 22. März, also nach 28 von 36 Spieltagen, als man schon 98 Tore auf dem Konto hatte, stand der Meistertitel fest, alle Stammspieler der Erfolgsmannschaft wurden gehalten, nur Trainer Roger Schmidt ergriff die Chance, zu Bayer Leverkusen zu wechseln. Die Reibungsverluste durch die Neubesetzung der Trainerbank waren gering, schließlich ließ Adi Hütter bei Grödig einen sehr ähnlichen Spielstil anwenden. Durch die vielen Punkte aus der Europa League hatte man auch den Vorteil einer starken Setzung, die wirklich gute Gegner gar nicht möglich machte. Und dabei hatte man noch Pech, mit dem Geld-Adel aus Aserbaidschan namen Qarabag Agdam – einem Klub mit einem ähnlich hohen Budget wie Salzburg – noch den unangenehmsten Kontrahenten gezogen zu haben. Nach einem 1:2 auswärts rettete eine wirklich starke Vorstellung vor 20.000 Zusehern und zwei Hinteregger-Tore den Playoff-Einzug. Wo es gegen Malmö ging. Ein Jahr davor hatte man den damals amtierenden schwedischen Meister Elfsborg zweimal wie einen Regionalligisten aussehen lassen, aber gegen Malmö wirkten die Bullen schon im Hinspiel seltsam fahrig, vor allem in der Anfangsphase. Als sich der Staub gelegt hatte, sorgten Schiemer (nach einer Viertelstunde) und Soriano (kurz nach Wiederanpfiff) für eine komfortable Führung und Kampl hätte vor ausverkauftem Haus in der 77. Minute alles klar machen können, scheiterte aber alleine gegen Malmö-Goalie Olsen. Auf der anderen Seite aber patzte in der Nachspielzeit Bullen-Keeper Gulácsi, der davor zwei großartige Paraden gezeigt hatte, und Malmö kam zum Anschlusstreffer.

Malmö - Salzburg 3:0
Malmö – Salzburg 3:0

Im Rückspiel packte Malmö-Coach Age Hareide dann statt dem flachen 4-4-2 vom Hinspiel die Basel-Formation aus, agierte nur noch ein wenig tiefer: Mit Halsti als astreinem zentralen Mann einer Dreierkette, die eigentlich eine Fünferkette war. Davor drei zentrale Mittelfeld-Spieler, davor zwei giftige Stürmer. Malmö verzichtete auf die Außenbahnen, weil Salzburg auch auf sie verzichtet – verdichten war angesagt. Dazu spielte den Schweden natürlich in die Karten, dass Rosenberg schon nach zehn Minuten einen von Gulacsi recht patschert verursachten Elfer zum 1:0 nützte und kurz darauf Eriksson mit einem Tausendguldenschuss das 2:0 markierte. Daraufhin brach bei Salzburg die totale Planlosigkeit aus, sogar die Außenverteidiger zogen in die Mitte, als ob das Gras an den Flanken vergiftet wäre. Das zu verteidigen war für Malmö die leichteste Übung. Nach der Pause ließ Hütter, dem einige Stützen verletzt fehlten und der auf den offenkundig streikenden Mané verzichtete, den überforderten Keita in der Kabine, brachte Linksverteidiger Ankersen und damit deutlich mehr Struktur. Aber zählbaren Erfolg konnte dadurch auch keiner generiert werden. Und als in der Schlussphase die Konzentration immer weiter runterging und die Fehlerquote damit wieder ganz steil nach oben, lief man in das 0:3. Das Ende.

Und jetzt?

Es ist anzunehmen, dass Leipzig nächstes Jahr in der Bundesliga spielen wird. Mit Massimo Bruno und Marcel Sabitzer gehören schon jetzt zwei Salzburg-Spieler offiziell Leipzig, und diverse andere Leistungsträger könnten im Sommer durchaus folgen, um mit ihrer internationalen Erfahrung gleich für Furore in der Bundesliga sorgen zu können. Den nationalen Titel wird Salzburg auch heuer einfahren, selbst wenn man pro Spiel nur mit acht Leuten antritt und drei davon mit verbundenen Augen spielen. Aber die Vermutung liegt nahe, dass Malmö nicht nur die größte Chance war, dass Salzburg in die Champions League kommt. Sondern auch die letzte. (phe)

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Draxler leitet Schalkes klaren Sieg ein https://ballverliebt.eu/2011/05/22/draxler-leitet-schalkes-klaren-sieg-ein/ https://ballverliebt.eu/2011/05/22/draxler-leitet-schalkes-klaren-sieg-ein/#comments Sun, 22 May 2011 01:02:57 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4785 Draxler leitet Schalkes klaren Sieg ein weiterlesen ]]> Wenn einem Zweitligisten im Pokalfinale vier Schlüsselspieler fehlen – dann kommt so etwas raus wie beim deutschen Pokalfinale. Schalke machte sich aus Duisburg einen Spaß, nützte die Abwehrpatzer des MSV eiskalt und ließ beim 5:0-Kantersieg nie auch nur den geringsten Zweifel aufkommen.

FC Schalke 04 - MSV Duisburg

Schon blöd – da kommt man als Zweitligist schon mal ins Pokalfinale, und dann fallen vier absolute Mannschafts-Stützen aus… So fehlte Duisburg mit Defensiv-Allrounder Julian Koch (der zu Dortmund wechselt) nicht nur der mit sehr viel Abstand talentierteste Spieler mit einer Verletzung, sondern auch Innenverteidiger Bruno Soares – und mit Srdjan Baljak und Stefan Maierhofer noch dazu das komplette Sturmduo und so nebenbei musste mit Säumel auch noch eine Alternative im Mittelfeld passen! So musste Milan Sasic ordentlich umstellen – aus seinem an sich favorisierten 4-4-1-1 wurde ein 4-1-4-1, mit dem unerfahrenen Reiche in der Innenverteidigung, mit Schäffler alleine vorne und mit dem fitgespritzten Benjamin Kern rechts hinten.

Ralf Rangnick hingegen konnte erstmals wieder auf Klaas-Jan Huntelaar bauen, einzige Überraschung war der Verzicht auf Uchida – dem Japaner geht nach einer langen Saison mit Asiencup und ohne Pause nach der WM immer mehr die Luft aus. Statt ihm rückte Höwedes auf die Seite und Papadopoulos zurück in die Zentrale neben Metzelder. Was auch eine Variante eröffnete, die in der Bundesliga so nur schwer möglich ist: José Manuel Jurado spielte den tiefsten Mann im zentralen Mittelfeld, musste sich mangels Duisburger Offensivbemühungen aber kaum um lästige Defensiv-Aufgaben kümmern – das tat Kluge neben ihm.

Auffällig: Jurado und Farfán

So trug der Spanier den Ball immer wieder aus der Tiefe nach vorne und er war einer der auffälligeren Spieler im seltsamen dunkelpink-himbeerfarbenen Schalker Dress. Dem Spiel des Favoriten fehlte es von Beginn an am Nachdruck, es wirkte alles ein wenig langsam. Was kein echtes Problem war, denn wann immer der MSV in Ballbesitz kam, endeten die Versuche, über (oft zu hohe) Steilpässe auf die Außenpositionen nach vorne zu kommen, an der extremen Ungenauigkeit dieser zumeist überhastet gespielten Bälle.

Wer sich bei Schalke ebenfalls etwas heraushob, war Jefferson Farfán. Der Peruaner lief fiel, wechselte auch schon mal die Seiten, drückte Veigneau hinten rein (und nahm Duisburg somit die nominell stärkere Seite weg) und versuchte auch, Huntelaar in Szene zu setzen. Dennoch war es ein Geniestreich des sonst eher unauffälligen Julian Draxler auf der linken Seite, der das 1:0 für Schalke besorgte: Mit links das Zuspiel von Farfán angenommen und mit rechts volley unhaltbar für Yelldell im Duisburger Tor versenkt. Ein Traumtor.

Schalke plays the waiting game

Und nachdem Huntelaar einen weiteren Pass von Farfán wenige Minuten später am etwas gar passiven Bajic vorbei zum 2:0 ins Tor schob, roch das schon nach Vorentscheidung. Zumal sich Schalke nun natürlich noch mehr stellen konnte und überhaupt kein Problem damit hatte, sich den Ball hinten hin und her zu schieben und den bemitleidenswerten Schäffler laufen zu lassen.

Erst nach einer halben Stunde taute vor allem Olcay Sahan auf der linken Duisburger Seite etwas auf. Veigneau traute sich etwas mehr Risiko zu gehen und der Türke, der zu Kaiserslautern gehen wird, nützte es nun deutlich besser aus, dass ihn der gelernte Innenverteidiger Höwedes recht tief empfing. Die Probleme beim MSV waren damit aber nicht gelöst, sondern verlagerten sich nur weiter nach vorne – denn mit auf Sahan dachten alle Duisburger viel zu umständlich. Beispielhaft hierfür etwa die Szene in der Schäffler ganz alleine vor Neuer auftaucht, aber nicht abschließt, sondern wartet, bis zwei Verteidiger an ihm dran sind und Neuer den Verlegenheitsschuss locker parieren kann.

Viel zu leichte Tore

War das 0:1 noch ein kaum verhinderbarer magischer Moment von Draxler, war schon das 0:2 extrem billig von Bajic mit verursacht – und der routinierte Serbe war auch dafür verantwortlich, dass Duisburg mitten hinein in die Phase, in der man die schon fast selbstgefällig an der Zeit drehenden Schalker ein wenig unter Druck setzen konnte, kurz vor der Pause das 0:3 fing. Eine simple Ecke von Farfán, der so seinen dritten Assist einsammelte, konnte der von Bajic sträflich alleingelassene Höwedes völlig unbedrängt zum dritten Schalker Tor einnicken.

In der zweiten Hälfte ging Jurado dann doch endgültig weiter nach vorne, Kluge blieb als Sechser zurück. Der klare Spielstand machte die verbleibende Spieldauer allerdings durchaus zu so etwas wie einem Non-Contest – Jurado versuchte sich nun im Getümmel der Zentrale, mehr mit dem recht tief agierenden Raúl zu verbinden, was nur bedingt gelang. Dafür hatte Farfán auch nach drei Vorlagen in der ersten Hälfte nicht genug: Wie aufgezogen spielte er weiter und narrte er Veigneau weiter – der Franzose war alsbald ziemlich durch. Aber nicht nur er

Auflösungserscheinungen in der MSV-Abwehr

Denn ja, Veigneau löste beim 4:0 durch Jurado das Abseits auf – aber wo waren Bajic und Reiche in der Mitte? Huntelaar konnte Jurado den Ball völlig unbedrängt in den Lauf schieben, und das vierte Tor war gefallen. Das Dilemma bei Duisburg: Reiche war mit dem Anlass und dem Gegner heillos überfordert, aber sein an sich routinierte Partner Bajic stand mindestens genauso weit neben sich und konnte dem Ersatzmann neben ihm keinerlei Halt geben.

Sasic versuchte noch zu retten, was zu retten war – Trojan kam als Zehner, dafür ging Reiche raus und Sukalo übernahm dessen Platz. Besser wurde es dadurch nicht. Im Gegenteil: Ein haarsträubender Fehler des Slowenen, der im eigenen Strafraum den Ball gegen Draxler verlor, und Huntelaar konnte in aller Seelenruhe das 5:0 besorgen. Schalke war klar besser – aber vier der fünf Tore resultierten aus dem eiskalten Ausnützen gegnerischer Abwehrfehler. Und bei fünfen ließen sie es dann auch bewenden.

Fazit: Schalke eiskalt

Wenn einem Team aus dem vorderen Zweitliga-Mittelfeld gegen einen Semifinalisten der Champions League vier, fünf wichtige Spieler ausfallen, kommt eben so etwas heraus. Duisburg schaffte es nie wirklich, die auch nur zweitbesetzte Spitze zu bedienen, kam nie so richtig ins Spiel und kaum zu Chancen. Hinten bot der MSV einem dennoch eher glanzlosen Team von Schalke vier haarsträubende Fehler an, die allesamt ausgenützt wurden – so einfach kann Fußball manchmal sein.

(phe)

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Die Eurofighter zerlegen Inter https://ballverliebt.eu/2011/04/05/die-eurofighter-zerlegen-inter/ https://ballverliebt.eu/2011/04/05/die-eurofighter-zerlegen-inter/#comments Tue, 05 Apr 2011 21:41:59 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4487 Die Eurofighter zerlegen Inter weiterlesen ]]> Wenn bei Schalke von „Mailand“ die Rede war, meinte ein jeder den Uefa-Cup-Sieg 1997. Doch was sich in diesem Champions-League-Viertelfinale abspielte, war wohl noch sensationeller: Denn Schalke steht nach einem grandiosen Spiel mit einem 5:2-Auswärtssieg so gut wie sicher im Semifinale!

Inter Mailand - FC Schalke 04 2:5

Als Schalke 1997 bis ins Finale des Uefa-Cups vorstießen, wurden sie die „Eurofighter“ genannt – ein absoluter Underdog, der die Großen Europas auf’s Horn nimmt. Dieser Lauf gipfelte im dramatischen Elfmeter-Sieg im Finale – gegen Inter Mailand… Die Chance zur Revanche nützte Inter diesmal aber ganz und gar nicht.

Der neuer Schalke-Trainer Ralf Rangnick stellte ordentlich um – auch gezwungenermaßen. Ohne die verletzten Metzelder, Kluge und Huntelaar musste Joel Matip zurück in die Innenverteidigung, Kyriakos Papadopoulos auf die Sechs und Edú ins Sturmzentrum. Zudem überraschte Rangnick mit der Maßnahme, Jurado ins Zentrum zu stellen und zauberte mit Alexander Baumjohann einen Spieler aus dem Hut, der unter Magath keinerlei Rolle mehr gespielt hatte.

Und auch, wenn das Freak-Tor von Dejan Stankovic auf 50 Metern in der ersten Minute Inter quasi mit einem 1:0 beginnen ließ, war Schalke das besser eingestellte Team. Auch, weil Rangnick gegenüber Leonardos Raute im Mittelfeld die bessere Raumaufteilung hatte: Cambiasso kümmerte sich nur halbherzig um seine Seite und so konnten die bärenstarken Uchida und Farfán auf ihrer Seite nach Lust und Laune randalieren. Zanetti, auf seine alten Tage auch nicht mehr der allerschnellste, war heillos überfordert.

Außerdem zahlte sich die Maßnahme aus, Jurado etwas zentraler und von weiter hinten kommen zu lassen. Baumjohann neben ihm beschäftigte Maicon und drückte den offensivstarken Inter-Außenverteidiger ziemlich nach hinten, womit auch die rechte Inter-Seite tot war. Jurado selbst schloss sich immer wieder mit dem sehr tief stehenden Raúl – oft agierte er kaum höher als Jurado – kurz und vorne beschäftigte der wuchtige Edú die Innenverteidigung von Inter (Ranocchia und Chivu, Lúcio war gesperrt). Der Ausgleich, auch wenn er aus einer Standardsituation fiel, war aufgrunde der Spielanteile, wo Schalke klares Übergewicht hatte, hochverdient.

Inter Mailand - FC Schalke 04 (ab ca. 20. Minute)

Sneijder zurück auf links, Leonardo kopiert Rangnick

Leonardo erkannte, dass es so nicht weitergehen konnte, und stellte Wesley Sneijder von der Zehn wieder auf jene linke Seite, die der Holländer schon im Achtelfinal-Rückspiel gegen die Bayern eingenommen hatte. Somit war Uchida wieder mit Defensive beschäftigt und Farfán fehlte so ein wenig der Nachschub – und Inter war zurück im Spiel. Es war nun ein recht klassisches 4-4-2, das Leonardo spielen ließ, mit Cambiasso (etwas höher) und Thiago Motta (etwas tiefer) in der Zentrale und Kharja rechts – der Marokkaner kam früh für den verletzten Stankovic ins Spiel. Im Grunde kopierte Leonardo also das System von Rangnick.

Mit Erfolg: Die Hausherren kontrollierten das Spiel nun wieder und drückten Schalke deutlich mehr hinten rein als das zuvor der Fall war. Auch, weil Chivu sich nun vermehrt ins Spiel einschaltete: Ähnlich wie das Lúcio gerne macht trug er den Ball oft bis zur Mittellinie, spielte sehr kluge Pässe, fing auch immer wieder Konterversuche ab. Und wiederum war der prompte Lohn für eine gelungene Umstellung ein Tor: Uchida ließ Sneijder flanken, Matip ließ Cambiasso ablegen und Höwedes ließ Milito im Zentrum entwischen – und schon führte Inter erneut, war das 2:1 gefallen.

Schalke ließ sich aber vom neuerlichen Rückschlag wieder nicht aus der Ruhe bringen. Vor allem Raúl war überall auf dem Platz zu finden, holte sich die Bälle, trug sie im Verbund mit Farfán und Jurado nach vorne, er arbeitete unermüdlich und durch einen Konter, den Edú mit all seiner Wucht und seinem Willen abschloss, glich Schalke noch vor der Pause zum 2:2 aus.

Schalke erstickt Inters Schwung per Doppelschlag

Die zweite Hälfte begann so, wie sich die letzten zwanzig Minute der ersten Halbzeit dargestellt hatten: Mit Inter im Fahrersitz, doch der wieder einmal enorm starke Neuer rettete zweimal. Ehe es der der enorm fleißige Raúl war, der die Königsblauen in Front brachte – Chivu ist gut in der Vorwärtsbewegung, aber als Innenverteidiger ist er kein gleichwertiger Ersatz für Lúcio.

Der dritten Gegentreffer schockte Inter nun doch ein wenig, und nur wenige Minuten nach dem 2:3 lenkte Ranocchia eine Hereingabe von Jurado ins eigene Tor ab. Die Entstehung war aber symptomatisch für das Spiel: Kurze Ablage von Raúl im Mittelfeld auf Landsmann Jurado, der zieht unbehelligt und mit vollem Tempo vor das Tor. Und hätte Ranocchia nicht das Eigentor fabriziert, wäre dahinter Edú einschussbereit gewesen. Und als ob der Doppelschlag nicht schon schlimm genug für Inter gewesen wäre, flog in der 62. Minute auch noch Chivu mit seiner zweiten gelben Karte vom Platz…

Inter - Schalke (ab etwa der 60. Minute)

Inters Formation: Offensiv. Inters Körpersprache: Weniger.

Leonardo musste Kharja nun wieder runter nehmen, um mit Cordoba die entstandene Lücke in der Innenverteidigung zu schließen. Die Formation blieb aber logischerweise so offensiv wie möglich: Mit drei Mann im Mittelfeld – Cambiasso tief, Motta etwas höher und Sneijder halblinks offensiv – und die beiden Spitzen verblieben auf dem Feld.

Logisch, Inter musste ja noch Tore schießen. Aber die Körpersprache und das immer mehr fehlende Tempo bei den Mailändern verriet schon bald: Hier geht nichts mehr. Zu langsam wurden die Angriffe vorgetragen, zu nachlässig blieb das Abwehrverhalten. Wie bei Jurados Pfostenschuss in  Minute 65. Am Besten zu sehen war das aber beim 5:2 von Schalke: Erst rettete noch erneut das Aluminium, aber Cordoba schlug über den Ball, niemand ging in der Folge einen Gegenspieler an und Edú konnte die Kugel zum fünften Mal im Inter-Tor versenken.

Dreier-Abwehr als Hauruck-Variante

Leonardo war, zugespitzt formuliert, der einzige bei Inter, der sich gegen das Debakel stemmte. Für Thiago Motta brachte er eine Viertelstunde vor Schluss noch Nagatomo und er stellte auf ein 3-4-2 um: Cordoba, Ranocchia und Zanetti hinten; Maicon und Nagatomo auf den Flügeln mit Cambiasso und Sneijder dazwischen und vorne verblieben der fleißige Milito und der eher matte Eto’o. Gebracht hat’s nichts mehr, Schalke verwaltete gegen einen sich weitgehend aufgebenden Gegner das 5:2 problemlos über die Zeit.

Fazit: System-Vorteil zum Beginn, Leistungs-Vorteil danach

Tja, war war es nun, was Schalke diesen historischen Sieg einbrachte? Zunächst einmal natürlich die Tatsache, dass Rangnick genau die richtige Formation auf das Feld brachte, um die Schwächen von Inter auszunützen – und das sind und bleiben nun einmal die Flügel. Das ist so, seit Leonardo Trainer ist – manche konnten das ausnützen, andere weniger. Dieser systematische Vorteil ermöglichte es Schalke, nach dem frühen Rückstand schnell ins Spiel zurück zu kommen und sich nicht von dem miserablen Start ausknocken zu lassen.

Dann setzte es Inter natürlich mächtig zu, dass Maicon gegen den extrem starken Baumjohann überhaupt nicht zur Geltung kam und somit auch Kharja und in weiterer Folge Eto’o nie so richtig ins Spiel kamen. Jungspund Papadopoulos machte im defensiven Mittelfeld gegen Sneijder einen wunderbaren Job. Außerdem war es Gold wert, dass Jurado auch mit viel Laufarbeit den Platz sehr gut nützen konnte, der ihm seine Position gewährt hat.

Und alles überragend war Raúl: Er sorgte zwar nicht für Glanzlichter am laufenden Band, aber durch seinen unermüdlichen Einsatz, extreme Laufarbeit und sein überragendes Spielverständnis hebelte er das geistig langsam wirkende Inter-Mittelfeld ein ums andere Mal aus. Kurz gesagt: Die individuellen Leistungsduelle verlor Inter ziemlich allesamt.

Und deshalb wird Schalke verdientermaßen ins Semifinale einziehen.

(phe)

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