Dabei war Barcelona gar nicht in Bestbesetzung angetreten: Weil das Knie von Kapitän Puyol einen Einsatz von Anfang an nicht möglich machte, musste wie zuletzt häufiger Javier Mascherano neben Piqué in die Innenverteidigung. Und auf der linken Seite durfte nur zweieinhalb Monate nach seiner Thumor-OP der Franzose Éric Abidal, der in den letzten Liga-Spielen beuhtsam wieder in die Mannschaft eingebaut worden war, von Anfang an ran. Bei Manchester gab es keinerlei Überraschungen: Sowohl das 4-4-1-1 als auch dessen personelle Besetzung entspricht der Erfolgsformation, mit der die lange eher holprige Saison in den letzten Wochen und Monaten mit Meisterittel und CL-Finaleinzug einen so erfolgreichen Verlaf genommen hatte.
Steil gegen Mascherano
United fing, wie schon vor zwei Jahren, durchaus aktiv an. Vor allem die Seite mit Evra und Park Ji-Sung arbeitete viel nach vorne und drückte Dani Alves so in die Defensive. Das kreierte zwar keine Torgefahr, aber die Bedrohung, die ein nach vorne randalierender Dani Alves ausstrahlt, konnte so ganz gut gebannt werden. Patrice Evra konnte es sich deshalb erlauben, so viel nach vorne zu gehen, weil Vidic und Ferdinand im Ballbesitz sehr weit auseinander rissen, sich beinahe schon zu Villa und Pedro hin orientierten. So hielt Manchester die Flanken abgedeckt. Natürlich mit dem großen Risiko des Loches in der Mitte, hier war es vor allem an Carrick, schnelle Gegenstöße zu unterbinden.
Richtung Tor ging es bei Manchester in dieser Phase vor allem über Steilpässe gegen Javier Mascherano. Hernandez lauerte hier ganz besonders, aber auch Rooney wurde gerne in den Lauf gegen den Argentinier geschickt – Masch ist nun mal kein gelernter Innenverteidiger, hier glaubte United einen Schwachpunkt anzubohren. Die Versuche waren aber immer auch ein schmaler Grat zwischen zu steil und Abseits. So war der Gedanke sehr gut, brachte aber keinen nennenswerten Erfolg.
Einen Gang nach oben
Barcelona sah sich das zehn, fünfzehn Minuten an. Gepresst wurde nur relativ tief, je näher es dem eigenen Strafraum ging, desto weniger presste Barça. Dann schalteten die Katalanen einen Gang hoch: Es wurde nun schneller gelaufen, schneller gespielt, mehr Druck ausgeübt und auch die zuvor eher zurückhaltenden Außen schalteten sich immer mehr ein. Vor allem Dani Alves pushte nun mehr und sofort kam Park Ji-Sung gegen den wuchtigen Brasilianer im Schwierigkeiten. Das führte so weit, dass Giggs und der Koreaner immer wieder die Plätze tauschten, vor allem in der Vorwärtsbewegung.
Evra rückte defensiv oft sehr weit ein und überließ die Flanke dann defensiv Park Ji-Sung, der sich dann auf die Position des Linksverteidigers stellte. Interessanterweise aber ließ Manchester die Flanken unbesetzt, wenn Barcelona schon zentral vor dem Strafraum aufgetaucht war und Alves (und auch Abidal) dort ganz alleine standen: Pässe auf die Außen befürchtete man nicht zu Recht – Barcelona ist kein Team, das nach Außen spielt, um von dort in den Strafraum zurück zu flanken. Zumindest in diesem Spiel: *Noch* nicht.
Rooney stand bei United weiterhin zumeist recht hoch und versuchte, Busquets aus dem Spiel zu nehmen. Das gelang an sich nicht so schlecht, aber Barcelona stellte sich gut darauf ein: So ging einfach Xavi vermehrt ins Zentrum zwischen die Innenverteidiger, um sich dort die Bälle zu holen. Barcelona konnte in der Spieleröffnung auf Busquets im Grund verzichten, weil das hieß, dass auch Rooney aus dem Spiel war.
Zu wenig Breite im Konter
United stand in dieser Phase sehr tief mit zwei Viererketten und vor allem, wenn Messi von einer Sekunde auf die andere an der Temposchraube drehte, sah das in der Defensive der Red Devils schon sehr nach Sich-mit-Händen-und-Füßen-Wehren aus, weniger nach koordinierter und ruhiger Abwehrarbeit. Was nun komplett fehlte, war die Breite bei Gegenstößen: Hatte United den Ball erobert, wurde nicht sofort der Pass auf Valencia bzw. Park gesucht, um über die Flanken nach vorne zu kommen, sondern in der Mitte verharrt. Mit der Folge, dass der Ball umgehend wieder weg war. Ein Umstand, den Sir Alex an der Seitenlinie lautstark monierte: „Spread out!“
Dass es ungemein schwierig ist, gegen Barcelona die Balance zwischen nötiger Defensivarbeit und eigenen Angriffsversuchen zu finden, musste Manchester schon vor zwei Jahren im Finale feststellen. Und genau, als die Engländer für einmal aufgerückt waren, nützte Barça den in der Mitte entstandenen Platz sofort: Xavi tritt aus der eigenen Hälfte aus an, wird von Giggs nur eskortiert (wie vor zwei Jahren von Anderson), kann am zu hoch postierten Evra vorbei Pedro anspielen (wie vor zwei Jahren Eto’o), der tanzt Vidic aus (genau wie Eto’o in Rom) und versenkt den Ball an Van der Sar vorbei zum 1:0 im Tor.
Der Fehler bei United entstand natürlich schon im leichten Ballverlust in der Vorwärtsbewegung (Ronney verlor das Kopfballduell) – vor allem aber ließ Evra, der in der schnellen Rückwärtsbewegung richtigerweise einen engen Cordon mit seinen drei Kollegen der Abwehrkette bildete, im entscheidenden Moment von Pedro ab und orientierte sich zu Messi. Xavis Passweg zu Messi war aber ohenhin von Giggs abgeschnitten, es konnte nur der Pass zu Pedro kommen, und dieser kam dann auch. Pedro war Evra längst entwischt: Die falsche Entscheidung im Bruchteil einer Sekunde reichte aus, und schon war Barcelona in Front. Detail am Rande: Als dieses Tor in der 27. Minute fiel, gab es im ganzen Spiel noch kein einziges Foul!
Endlich Druck gegen Abidal
So sehr es natürlich eine Riesensache ist, dass Éric Abidal nur zwei Monate nach seiner Thumor-Operation wieder in so einem wichtigen Spiel auf dem Rasen steht, aber selbstredend fehlte es dem Franzosen natürlich massiv an Spielpraxis. So ist es schon etwas verwunderlich, dass sich bei United lange nur Valencia – und der kaum einmal konsequent, vor lauter Defensivarbeit – hin und wieder bemüßigt fühlte, Druck auf Abidal auszuüben. Das wurde nach dem Gegentor ganz anders: Statt wie in der Anfangsphase Mascherano wurde nun vermehrt Abidal das Ziel der Angriffe von United.
Mit Erfolg: Nur wenige Minuten nach dem Tor brachte Abidal einen Ball defensiv nicht richtig raus, auf dem folgenden Einwurf drückte United sofort nach, ein Doppelpass von Rooney mit (dem wohl leicht im Abseits stehenden) Giggs und mit seinem allerersten Tor gegen ein spanisches Team glich Rooney aus. Gegen schnelles Kurzpassspiel ist eben auch die Abwehr von Barcelona verwundbar.
Was aber nichts daran änderte, dass Ferguson mit dem Positionsspiel von Rooney generell nicht zufrieden war – anders ist seine Standpauke gegen seine Nummer 10 kurz vor der Pause kaum zu erklären. In der Tat war Rooney kaum ein Faktor: Er hielt sich, anders als zuletzt, aus der Defensivarbeit weitgehend heraus und war nach vorne gegen Busquets in guten Händen.
Defensiv-Schwachpunkte: Evra und vor allem Park
Barcelona war natürlich nicht entgangen, dass das Übergeben der rechten Seite von Evra zu Park überhaupt nicht funktionierte und die Flanke somit oft verwaist blieb. Lange wurde das ignoriert, aber mit zunehmender Spieldauer entdeckte Barça das zunehmend als taugliches Mittel. Schon vor der Pause in einer Szene, in der Pedro den Querpass dann nur knapp verpasste. Und auch nach der Pause, als Park mal wieder nicht auf den einrückenden Evra reagiert hatte.
Der Koreaner machte einen zunehmend überforderten Eindruck, Valencia musste für ihn foulen, Carrick holte sich nach einem weiteren verlorenen Zweikampf des Koreaners notgedrungen Gelb ab. Immer öfter rückte Giggs nach draußen, um den ungewohnten Defensivschwächen von Park auszugleichen, was aber wiederum hieß, dass Carrick – an dem das Spiel so richtig vorbei lief – im Grunde alleine gegen alle stand. Bei einem simplen Querpass auf den losstürmenden Messi hob Park nur resignierend die Hände, anstand nachzugehen, Evra und Vidic konnten das Unheil nicht mehr verhindern, und Messis Schuss landete zum 2:1 im Tor. Van der Sar war machtlos.
Brutale Dominanz
Das alles sind nur Erklärungen, wie und warum es Manchester nicht schaffte, Barcelona Einhalt zu gebieten. Die Dominanz der Katalanen beschreiben zu wollen, kann nur scheitern. Alves war der absolute Herr auf seiner Seite, auch nachdem Giggs endgültig die Flanke vom hoffnugslos überforderten Park übernommen hatte. Abidal drückte Valencia in die Defensive, dass dieser im Grunde den Rechtsverteidiger gab (was er auch tatsächlich machte, nachdem Nani für den angeschlagenen Fábio gekommen war). Carrick tauchte komplett ab und brachte kaum brauchbare Bälle an den Mann, das Mittelfeld wurde von Xavi, Iniesta und Messi nach Belieben kontrolliert.
Und die Spieler von United, die ohnehin längst per Körpersprache die weiße Fahne gehisst hatten, hatten all dem NICHTS entgegen zu setzen. Das 3:1 war die logische Folge – Messi narrte Evra, dann zirkelte Villa den Ball von der Strafraumgrenze ins Kreuzeck – und die ultimative Entscheidung. Manchester war noch viel unterlegener als im Finale vor zwei Jahren. Ein Klassenunterschied – und das im Finale der Champions League.
Die absolute Chancenlosigkeit, die totale Hilflosigkeit, mit der Manchester United vor allem in der zweiten Hälfte unter die Räder kam, ist ein beinahe schockierendes Zeichen für das Maß der Überlegenheit, die Barcelona im Moment so weit über alle anderen Teams stellt. Ja, das ist nicht die beste Mannschaft, die United in den letzten zehn, fünfzehn Jahren hatte, aber sie ist immer noch einigermaßen komfortabel die beste Mannschaft der Premier League.
Und doch bekam das Team von Sir Alex erst wieder etwas Luft, als es Barcelona nach dem 3:1, nach einer halben Stunde unglaublichster Dominanz, die Zügel wieder etwas schleifen ließ. Ferguson brachte Scholes für Carrick (warum eigentlich nicht für Park?), und Nani sorgte auch für etwas mehr Betrieb auf der rechten Seite. Aber all das war nur noch ein Warten auf den Schlusspfiff. An eine Chance geglaubt hat United ganz deutlich selbst schon länger nicht mehr.
Fazit: Das war die Krönung
Angesichts der Qualität des Gegners – immerhin war das nicht irgenjemand, sondern Manchester United – und des Anlasses, zu dem Barcelona eine solche Dominanz an den Tag gelegt hat – eben nicht in irgend einem Ligaspiel, sondern im Finale der Champions League – ist die Frage legitim, ob das die beste Leistung dieser Generation des FC Barcelona war. Geschmackssache, Diskussionssache.
Unstrittig ist, dass United über die 90 Minuten gesehen nicht den kleinsten Funken einer Chance hatte, das Spiel tatsächlich zu gewinnen. Zu nachlässig agierter Park, zu wenig Präsenz zeigte Carrick, zu wenig Einfluss konnte Rooney nehmen. Zu wenig wurde das Mittelfeldkarrussell der Katalanen gestört.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hatte, dass das Barcelona anno 2010/11 de facto nicht zu schlagen und das mit Abstand Beste ist, was der Fußball derzeit hergibt – er wurde bei der Krönung von Wembley erbracht.
(phe)
]]>Schon nach dem ersten Gruppendurchgang musste jeder, der mehr gesehen hat als nur die Ergebnisse, wissen: Der Titelgewinn führt nur über diese bärenstarken Japaner – obwohl es im ersten Spiel gegen Jordanien „nur“ ein 1:1 gegeben hat. Im Nachhinein betrachtet, im Lichte dessen, was die Jordanier erreicht haben, verwundert dieses Resultat nicht mehr. Nach 32 Spielen, die Ballverliebt analysiert hat, darf natürlich ein Debriefing nicht fehlen. Eine Zusammenfassung dessen, was das Turnier Katar 2011 so alles gebracht hat.
Das Problem mit dem All-Star-Team
So könnte ein All-Star-Team des Turniers aussehen. Das ist aber durchaus problematisch – denn einige Positionen sind unstrittig, für andere gäbe es viele glaubhafte Möglichkeiten, für andere eigentlich gar keine. Das fängt schon bei der Position der Solo-Spitze an. Hier gab es nämlich im Grunde keinen einzigen Spieler, der wirklich überzeugt hätte. Harry Kewell hat zwar einige Tore geschossen, darunter das wichtige im Viertelfinale gegen den Irak, aber sonst vor allem durch slapstickhaftes Verschludern bester Möglichkeiten geglänzt. Alternativen wie Ji Dong-Won (Südkorea) oder Ryoichi Maeda (Japan) haben immer fleißig gerackert, aber wenig Torgefahr ausgestrahlt. Und auch bei den restlichen 13 Mannschaften hat sich keiner nachhaltig angeboten. Was eine der ganz großen Erkenntnisse dieses Turniers ist: Es fehlen die Vollstrecker.
Ein absolutes Überangebot herrscht dafür auf der Sechser-Position – mit dem Südkoreaner Ki Sung-Yueng (21) hat sich eines der weltweit größten Talente dieser Position in den Vordergrund gespielt. Ob er noch lange bei Celtic Glasgow unter Vertrag steht? Aber auch Yasuhito Endo aus Japan und Nashat Akram aus dem Irak wussten auf der Position vor der Abwehr durchaus zu gefallen, auch sie hinterließen einen viel nachhaltigeren Eindruck als jeder Stürmer dieses Turniers.
Auch im linken Mittelfeld gab es mehr Kandidaten als nur den überragenden Shinji Kagawa. Zyniker könnten sagen, Dortmund solle froh sein, dass er sich nach seinem Gala-Auftritt gegen Katar verletzt hat; so bleibt er dem BVB über den Sommer hinaus erhalten – ansonsten wäre ein Transfer nach England kaum zu verhindern gewesen. Vor einem solchen stünde aber über kurz oder lang auch Matt McKay – wäre der Australier vom A-League-Leader Brisbane Roar nicht schon 27 Jahre alt. Er spielte ebenso ein starkes Turnier und war einer der Gründe, warum es die Socceroos bis ins Finale geschafft haben.
Durchbruch für Japan: Yuto Nagatomo!
Wenn es noch einen Beweis gebraucht hätte, wie essenziell die Position des Außenverteidigers im modernen Fußball geworden ist, Yuto Nagatomo hätte ihn erbracht. Eine ansprechende WM brachte ihm im Sommer einen Vertrag bei Serie-A-Aufsteiger Cesena ein, seine überragenden Leistungen beim Asiencup wurden mit einem Wechsel zu Inter Mailand belohnt. Christian Chivu bekommt also starke Konkurrenz. Er war auch essenziell für das generelle Spiel der Japaner, das vor allem in der Vorrunde massiv an jenes von Arsenal erinnerte – vor allem die erste Hälfte gegen Syrien.
Zaccheroni rückte mit den Japanern von jenem 3-4-3 ab, das er üblicherweise präferiert. Von der Grundformation her ist es ein nicht besonders ungewöhnliches 4-2-3-1. Einen wirklich zentralen Spieler kann man in dem ungemein augewogenen und sehr gut aufeinander abgestimmten Team aus Nippon gar nicht ausmachen. Die Spielanlage beruht auf der großen Flexibiliät der der offensiven Mittelfeldspieler, der Übersicht von Taktgeber Makoto Hasebe und der Breite, welche die massiv nach vorne stürmenden Außenverteidiger bringen. Die somit auch jene des Gegners nach hinten drücken – so sieht Defensivarbeit Anno 2011 aus.
Angesichts der Tatsache, dass die Flanken oft bis hin zur gegnerischen Grundlinie von Nagatomo links und dem Schalker Uchida rechts besetzt werden, können die drei in der Spielgestaltung – im Idealfall Honda zentral, Kagawa links und Okazaki (der nach zwei Spielen Matsui abgelöst hatte) – ihre Zwischenräume enger gestalten, was es für den Spielaufbau angesichts vermehrter Anspielstationen in kurzer Distanz leichter macht.
Außerdem gibt es an den Flanken immer eine Anspielstation, und Maeda vorne bindet mit viel Laufarbeit beide gegnerischen Innenverteidiger, sodass sich Honda und Co. mit diesen nicht herumschlagen müssen. Und das alles geschieht, sofern alle fit und frisch sind, auch noch in einem irren Tempo, vor allem in den ersten 20 Minute der Spiele. Was für den Titelgewinn letztlich aber nur die halbe Miete war – denn auch wenn es nicht läuft, wie im Viertelfinale gegen Gastgeber Katar oder im Finale gegen Australien, behält die Mannschaft stets Ruhe. Die Spieler auf dem Platz ebenso wie der Teamchef an der Seitenlinie. Zaccheronis genialer Schachzug, Nagatomo im Finale nach vorne zu ziehen und hinter im einen Innenverteidiger die Drecksarbeit machen zu lassen, wurde vom Neu-Mailänder mit der Vorlage zum 1:0 belohnt.
Ein weiterer Punkt, der sich äußerst positiv auf die Performance der Japaner auswirkte, war sicherlich die Tatsache, dass sich immer mehr den Sprung nach Europa zutrauen und sich dort auch durchsetzen. Honda ist Leistungsträger bei ZSKA Moskau, Kagawa beim designierten deutschen Meister Dortmund, Hasebe stemmte mit Wolfsburg schon eine Meisterschale, Uchida lebt sich nach Startschwierigkeiten bei Schalke immer besser ein, Torhüter Kawashima und Innenverteidiger Yoshida spielen in Belgien, Okazaki geht nach Stuttgart und Nagatomo eben zu Inter Mailand.
Durchbruch für Südkorea? Ki Sung-Yueng und Koo Ja-Cheol!
Es war am Ende wohl ein einziges Tor gegen Indien, was den Südkoreanern die Teilnahme am Finale gekostet hat. Ein Tor mehr gegen den überforderten Underdog im letzten Gruppenspiel, und statt Iran und Japan wären auf dem Weg ins Finale „nur“ Irak und Usbekistan gestanden. So aber musste sich das Team um Park Ji-Sung nach dem Semifinal-Aus im Elferschießen gegen Japan mit dem dritten Platz begnügen. Doch Moment… dem Team um Park Ji-Sung? Berechtigter Einwand – denn beim letzten Turnier des Man-Utd-Stars spielte sich ein ganz junger Mann ins Rampenlicht.
Und zwar Ki Sung-Yueng von Celtic Glasgow. Der 22-Jährige hat bereits 36 Länderspiele auf dem Buckel, spielte eine sehr ordentliche erste Weltmeisterschaft und war bei diesem Turnier einer der drei stärksten Spieler seines Teams. Ein Trio, zu dem der sehr mannschaftsdienliche, aber etwas überspielt wirkende Park Ji-Sung im Übrigen nicht mehr gehört: Der 29-Jährige hat seine Schuldigkeit getan und übergibt den Staffelstab nun an jene Generation, der er mit seinen Leistungen in den letzten Jahren die Tür nach Europa geöffnet hat. Der mit seinen 1.88m für einen Koreaner extrem große Sechser Ki bestach nicht durch auffällige Aktionen, sondern durch tolles Stellungsspiel, enorme Spielintelligenz und hohe Laufbereitschaft. Er nahm gegnerische Offensivkräfte wie Honda oder Cahill aus dem Spiel und spielte unauffällige, aber sichere Pässe in der Spieleröffnung.
Generell hinkte das Spiel der Koreaner aber. Ähnlich wie bei Japan sollte auch bei den Koreanern unter Cho Kwang-Rae die Breite von den Außenverteidigern kommen und sich das offensiven Mittelfeld zusammenziehen. Das Problem: Lee Chung-Yong fehlt es an der Klasse, Park Ji-Sung an der Frische und der Achter Lee Yong-Rae konnte nicht die nötigen Akzente setzen. Der einzige, der in der Offensive wirklich auf sich aufmerksam machen konnte, war Koo Ja-Cheol: Auf den 21-Jährigen von Jeju United war vor dem Turnier nur Young Boys Bern aufmerksam geworden, ein Transfer zu den Schweizern scheiterte letztlich am tollen Asiencup von Koo. Der seine Zelte nun in Wolfsburg aufschlagen wird. Er ist aber kein klassischer Zehner, sondern mehr eine hängende Spitze: Seine besten Szenen hatte der schnelle Mann, wenn er aus der Tiefe kommen und sich zwischen gegnerischer Innenverteidigung und gegnerischem Sechser zwischen den Linien bewegen konnte.
Auf diesen beiden Spielern wird in Zukunft die Hoffnung der südkoreanischen Fans ruhen. Denn der dritte extrem starke Mann bei diesem Turnier ist mit seinen 30 Jahren kein junges Talent mehr – nämlich Cha Du-Ri, der nach harten Jahren in Deutschland nun bei Celtic Glasgow untergekommen ist.
Ein letztes Hurra aus Australien
Auch, wenn es ein starkes Spiel im Finale gab und dieses surreale 6:0 im Semifinale gegen Usbekistan: Es fällt schwer, Australien wirklich als zweitbestes Team des Turniers zu sehen. Zu leicht war der Weg ins Finale, zu wenig überzeugend die recht durchwachsenen Spiele in der Vorrunde, und zu starr im Endeffekt auch das Spiel der Socceroos unter ihrem deutschen Teamchef Holger Osieck.
Außerdem war es keine Mannschaft mit Zukunft. Das Durchschnittsalter des Teams liegt bei knapp 30 Jahren, und wenn Matt McKay mit seinen 27 Lenzen nur zwei Spieler um sich herum hat, die (auch nicht viel) jünger sind als er selbst, wird schon klar, dass der Finaleinzig dieser Mannschaft jenes letzte Hurra einer Spielergeneration ist, den man eigentlich schon für die WM in Südafrika hatte erwarten können.
In Katar war Australien eine der wenigen verbliebenen Mannschaften, die mit einem klassischen 4-4-2 aufgetreten sind und in keiner Minute davon abgerückt sind. Die Vorwärtsbewegung kam fast ausschließlich über die Flanken und da spielte sich eben Matt McKay in den Vordergrund – auch, wenn er erst im Viertelfinale erstmals in der Startformation stand. Kein Wunder, dass die Socceroos erst in der K.o.-Phase ins Rollen kamen, mit einer starken Partie gegen den Irak und einer cleveren Leistung gegen jene Usbeken, die im Semifinale zeitweise zwei Drittel Ballbesitz hatten.
Taktisch gibt es über diese eher wenig prickelde Mannschaft nicht viel zu sagen. Aber in Hinblick auf den nächsten Asiencup im Jahr 2015 ist die Altersentwicklung alermierend – denn dieser wird just in Australien ausgetragen. Kein allzu günstiger Zeitpunkt, jetzt, wo der große Generationswechsel ansteht.
Unter Wert geschlagen: Iran
Am Ende steht das Aus im Viertelfinale – womit die Iraner weniger erreicht haben, als ihnen eigentlich zugestanden wäre. Ja, das zweite Gruppenspiel (1:0 gegen Nordkorea) war furchtbar. Aber die Art und Weise, wie das Team vom US-Iraner Afshin Ghotbi in der sehenswerten Auftaktpartie gegen den Irak mit einem 4-4-2 verschob, was das Zeug hielt, war interessant. Die folgende Umstellung auf das 4-1-4-1 folgerichtig, die Leistung des zweiten Anzugs im letzten Gruppenspiel (3:0 gegen die VAE) souverän. Und letztenendes scheiterte man am Pech in der Auslosung. Jeden anderen Gegner als die Südkoreaner, von den überragenden Japanern abgesehen, hätten die Iraner mit hoher Wahrscheinlichkeit geschlagen.
Gutes Coaching: Usbekistan
In gleichem Maße, wie die Iraner Pech mit der Auslosung hatten, müssen die Usbeken als Glückskinder gelten. Die gut organisierte, aber in der Spielgestaltung harmlose Truppe aus Zentralasien hatte die mit Abstand leichteste Gruppe zu überstehen und bekam mit Jordanien auch noch einen einigermaßen dankbaren Gegner im Viertelfinale. Zugegeben: Das 0:6 im Semifinale gegen Australien war um mindestens drei Tore zu hoch.
Die Usbeken bestachen vor allem durch ihre hohe systematische Flexibilität. Der Ausgangspunkt war auch bei ihnen ein 4-2-3-1, aber innerhalb dieses Systems konnte ohne größere Reibungsverluste gewechselt werden. Praktisch jeder Offensivspieler konnte sowohl im Zentrum als auch auf beiden Seiten spielen, dazu gab es fleißige Außenverteidiger und mit dem immer wieder nach vorne marschierenden Odil Achmedov auch noch einen interessanten Innenverteidiger.
Am auffälligsten war bei Usbekistan aber der Teamchef: Vadim Abramov verstand es immer wieder, mit intelligenten Wechseln Spiele zu retten, die zu entgleiten drohten. So war es etwa gegen Kuwait, aber auch gegen Jordanien. In letzterem Spiel trat sein Team übrigens in einem 3-2-4-1 an – die einzige experimentelle Formationsvariante in diesem Turnier.
Die positiven Überraschungen: Jordanien und Syrien
Auf dem Papier war die Vorrundengruppe B eine klare Sache: Japan und die Saudis gehen locker durch, Jordanien und Syrien haben keine Chance. Aber weit gefehlt! Die beiden Teams aus dem nahen Osten machten den Japanern das Leben extrem schwer und kippten den großen Nachbarn Saudi-Arabien in eine der schlimmsten sportlichen Krisen ihrer Geschichte. Aber wie ging das?
Bei beiden Teams – natürlich – durch taktische Cleverness, ohne die es als Underdog einfach nicht geht. Ansonsten war die Herangehensweise aber durchaus verschieden. Die Syrer schlugen die Saudis (mit einem 4-4-1-1), fingen sich nach dem Seitenwechsel gegen Japan (mit einem 4-1-4-1) und rannten gegen Jordanien mit einem 4-2-3-1 mit voller Kraft an. Vor allem aber gaben sie ihr letztes Hemd, was ihren Kampfgeist anging. Der rumänische Teamchef Valeriu Tita verstand es, das Optimum aus seiner ausgeglichen besetzten Mannschaft heraus zu holen. Vor allem der gegen die Saudis und gegen Jordanien als Zehner agierende Belgien-Legionär Malki machte einen guten Eindruck, auch der fleißige linke Flügelmann Jehad Al-Hussein gefiel. Dass es letztlich nicht reichte, lag an der mangelnden Chancenverwertung.
Die kann man Jordanien hingegen nicht vorwerfen – beim 2:1-Sieg im entscheidenden Spiel gegen Syrien, dem wohl energiegeladensten Match des ganzen Turniers, vergab man zwar die einzige selbst herausgespielte Torchance, gewann aber letztlich dennoch. Weil die bombenfeste Defensive um Ersatz-Kapitän Bashir Bani-Yasin ein sensationelles Turnier spielte. Und das, nachdem mit Hatem Aqel dessen Partner schon in der ersten Partie verletzt w.o. hatte geben müssen! Doch Teamchef Adnan Hamad, ein Iraker, hatte eine perfekt aufeinander abgestimmte Truppe, die mit Spielmacher Hassan Abdel-Fattah auch in der Offensive einen fähigen Mann hatte, mit Sulaiman Al-Salman einen hervorragenden Rechtsverteidiger, mit Hashhash und Abdulrahman ein gut funktionierendes Duo im defensiven Mittelfeld, und mit Amir Shafi einen starken Torhüter.
Gute Figur gemacht: Titelverteidiger Irak
Was vom Asiencup 2007 in Erinnerung blieb? Nicht die Tatsache, dass von den vier (!) Veranstaltern Indonesien, Malaysia, Thailand und Vietnam nur die damals von Alfred Riedl trainierten Vietnamesen die Vorrunde überstanden. Sondern der sensationelle Titel für den Irak – einem vom Krieg gebeutelten Land; einer seit Jahrzehnten sportlich absolut wertlosen Mannschaft. Dass dieser Titel kein kompletter Zufall war, zeigte die Mannschaft bei diesem Turnier vollauf. Vor allem der extrem laufstarke und umsichtige Sechser Nashat Akram – der bei Al-Wakrah in Katar spielt – hatte ein hervorragendes Turnier, die Abwehr zeigte sich auch diesmal als große Stärke. Aber auch unter dem deutschen Teamchef Wolfgang Sidka tat sich das Team schwer mit der Spielgestaltung. Was letztlich auch das Viertelfinal-Aus gegen Australien bedeutete. Bleibt die mit einem Durchschnittsalter von 25,4 Jahre auch noch sehr junge Truppe zusammen, ist eine Qualifikation für die WM 2014 in Brasilien durchaus nicht unrealistisch.
Sich nach Kräften blamiert: Saudi-Arabien und China
Alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Das war das Auftaktspiel der Saudis, das 1:2 gegen Syrien, auf den Punkt gebracht. Was Teamchef José Peseiro auch prompt seinen Job kostete! Nasser Al-Johar übernahm und machte gegen Jordanien, taktisch gesehen, eigentlich alles richtig. Eine massive Leistungssteigerung, bei der nur die Tore fehlten. Was nach dem 0:1 schon nach zwei Partien das Aus bedeutete, woraufhin in der letzten, bedeutungslosen Partie beim 0:5 gegen Japan alles in sich zusammenfiel. Ein Turnier, das in seiner Bedeutung wohl einen noch schlimmeren Eindruck hinterlässt als die WM vor neun Jahren mit dem 0:8 gegen die Deutschen…
Das Hauptproblem bei den Chinesen war die Tatsache, dass die Mannschaft keine solche war. Eine Ansammlung von (zumeist auch nicht übermäßig begabten) Einzelspielern. Die wenigen Leistungsträger schafften es nicht, über drei Spiele eine halbwegs konstante Leistung abzuliefern. Der Zehner Deng Zhuoxiang spielte gut gegen Kuwait, schrecklich gegen Katar und saß gegen die Usbeken nur auf der Bank. Schalke-Legionär Hao Junmin spielte nach seinen Einwechslungen gegen Kuwait und Katar ansprechend, war gegen Usbekistan aber ein Totalausfall. Andererseits wurde Sturmspitze Gao Lin in einem Spiel noch vor der Pause runtergenommen, um in der nächsten Partie doch wieder ran zu dürfen – jedes Selbstvertrauens beraubt. Der überforderte Teamchef Gao Hongbo zog sein Team mit schlechtem Coaching zwar runter, muss seinen Posten aber trotzdem nicht räumen. So sind die Chinesen keine Mannschaft, die man mittelfristig auf dem Radar haben muss.
Und der Gastgeber? Katar agierte achtbar
Kanonenfutter? Na, ganz so schlimm war’s dann noch nicht, was der Gastgeber dieses Turniers – und auch der WM in elf Jahren – da fabrizierte. Auch, wenn man nach dem 0:2 im Eröffnungsspiel gegen Usbekistan schon glauben konnte, dass nicht viel möglich wäre. Aber nach dem Schlüsselerlebnis gegen China – wo die Kataris nach einer halben Stunde merkten, dass der Gegner noch nervöser war als man selbst – und der wichtigsten Umstellung von Bruno Metsu – jenem Trainer, der Senegal 2002 ins WM-Viertelfinale geführt hatte – war Katar im Turnier angekommen.
Diese Umstellung war die Maßnahme, Yusuf Ahmed als hängende Spitze im 4-4-1-1 spielen zu lassen. Er war einer der Schlüsselspieler beim Gastgeber – neben Sebastian Soria. Der gebürtige Uruguayer (einer von acht nicht in Katar geborenen Kaderspielern) zeigte vor allem im Viertelfinale gegen Japan, was er kann. Er war in diesem Spiel sehr lauffreudig, und vor allem bei Kontern immer wieder gefährlich. Was der Spielanlage der Kataris am ehesten entspricht: Mit zwei Viererketten tief stehen und verteidigen; nach vorne auf Konter lauern.
Interessant war aber durchaus, dass die vier Spiele vier völlig unterschiedliche Szenarien boten, mit denen Katar höchst unterschiedlich umging. Erst, gegen Usbekistan, von einem sehr kompakten und defensivstarken Gegner ausmanövriert. Dann, gegen China, auf den Druck besser reagiert als der Gegner und das Spiel selbst in die Hand genommen. Im letzten Gruppenspiel, gegen Kuwait, gegen einen ambitionierten, aber schwachen Gegner zwei frühe Abwehrschnitzer souverän ausgenützt. Und schließlich, gegen Japan – der ersten wirklich guten Mannschaft, gegen die Metsu und Co. antreten mussten – ihr volles Potential im Gegner entnerven und schnell kontern gezeigt. Dieses Viertelfinale war zum einen zweifellos die beste Turnierleistung des Gastgebers und andererseits ein Anzeichen dafür, dass durchaus Entwicklungspotential vorhanden ist. Auch, wenn in elf Jahren wohl keiner der aktuellen Mannschaft bei der Heim-WM antreten wird: Katar ist auf einem guten Weg.
Indien… was sollte das denn?
Ein kurzes Wort noch zum Auftritt der Inder. Der war peinlich. Der war nicht zu rechtfertigen. Und er wirft, nach fünf absolut unterirdischen Halbzeiten (lediglich die zweite gegen Bahrain war anständig) zwei Fragen auf: Erstens, warum darf so ein absolut chancenloses Team teilnehmen? Das zieht den ganzen Bewerb runter. Und zweitens: Wie schafft es ein Land mit einem Millardenvolk nicht, besseren Fußball zu spielen als europäische Zwergstaaten wie Färöer und Liechtenstein? Die würden gegen die Inder nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen…
Schlusswort: Das generelle Niveau
Das Turnier hat gezeigt, dass der asiatische Fußball in seiner Spitze erweiterte Weltklasse ist und in der Breite zwar nicht besonders aufregend ist, aber grundsoliden Fußball von taktisch ansprechend bis sehr gut ausgebildeten Mannschaften zeigt. Die Stimmung und die allgemeine Reputation mögen bei Afrikacups höher sein, das Niveau des Turniers als ganzen ist aber sicherlich vergleichbar und muss den Vergleich zu den afrikanischen Titelkämpfen nicht scheuen.
Bis auf die heillosen Inder haben alle 15 Teilnehmer die Grundzüge modernen Fußballs verstanden. Taktisches Verständis und Flexibilität im Positionsspiel sind bei praktisch allen teilnehmenden Teams grundsätzlich vorhanden. Bei den meisten Mannschaften gehen auch die Außenverteidigier durchaus mit nach vorne, nur die in ihrer Spielanlage generell eher vorsichtigen Kataris, die Bahrainis und jene aus den VAE hielten sich da eher zurück. Bevorzugtes System ist, wie es fast weltweit der Fall ist, verschiedene Variationen des 4-2-3-1 bzw. 4-1-4-1 (Offensiv bei Japan, Südkorea und in Ansätzen bei Kuwait. Kompakt bei Usbekistan, Iran, VAE und Syrien. Eher vorsichtig bei Jordanien, Irak, Bahrain). Das herkömmliche 4-4-2 bzw. 4-4-1-1 (wie bei China, Saudi-Arabien, Indien und Nordkorea) ist auch in Asien immer mehr am Rückzug.
Funktioniert hat es nur bei den konterstarken Kataris – und bei Australien. Wobei es bei den Socceroos eher die individuelle Klasse und die Erfahrung der einzelnen Spieler war, die das Team trugen. Und nicht das System.
Auch eine Erkenntnis dieses Asiencups. Und es wird die Erkenntnis der kommenden Jahre sein, ob das ein dauerhaft tragfähiges Modell sein kann…
(phe)
]]>Japan – Australien 1:0 n.V.
Frischer, das war schon vor dem Spiel klar, mussten die Australier sein. Deutlich leichterer Weg ins Endspiel, kräfteschonend im Semifinale – das die Japaner aber so sehr unter Druck gerieten, war nach dem Turnierverlauf nicht in diesem Ausmaß zu erwarten. Die Australier machten in ihrem 4-4-2 nämlich einen tollen Job, den Gegner nie zur Entfaltung kommen zu lassen. Ein Schlüsselspieler war dabei Brett Holman: Er hatte die Mammut-Aufgabe, mit Yuto Nagatomo den äußerst offensivstarken Linksverteidiger der Japaner hinten festzunageln. Das gelang ihm sensationell, was Nippon eine gefährliche Waffe nahm.
Australien überlegen
Das größte Handicap bei Japan war aber das Fehlen von Shinji Kagawa. Der Dortmund-Star, der gegen Südkorea einen Mittelfußbruch erlitten hatte, fehlte an allen Ecken und Enden. Für ihn kam Jungo Fujimoto zu seinem ersten Turniereinsatz – und der 26-Jährige war bis zu seiner Auswechslung in der 56. Minute komplett unsichtbar. Er spielte, anders als Kagawa, auf der rechten Seite, dafür kam der Neo-Stuttgartet Shinji Okazaki ausnahmsweise über links. Das passte beides nicht – Okazaki fehlte die Hilfe von Nagatomo; Fujimoto fand nie Bindung zum Spiel und auch er musste ohne seinen Außenverteidiger auskommen: Atsuto Uchida war gegen Matt McKay auch viel in der Defensive gebunden.
Zudem standen die Australie im Ballbesitz sehr hoch, machten Druck und schafften es sehr gut, den verbleibenden Offensivspielern der Japanern sehr wenig Platz zu lassen. So kamen die Japaner, denen man auch aufgrund des Drucks, dem sie ausgesetzt waren, die Verschleißerscheinungen des langen Turniers ziemlich ansah, nie zur Geltung. Keisuke Honda war bei Jedinak und Valeri in guten Händen, Maeda vorne hing völlig in der Luft.
Ganz anders die Australier. Die Socceroos zeigten die mit Abstand beste Leistung ihres Turniers und kamen zu zahllosen hochkarätigen Torchancen, doch vor allem Harry Kewell zeichnete sich schon vor dem Seitenwechsel im Versieben selbiger aus. Die Japaner retteten sich mit einem 0:0 in die Kabine, das Bild änderte sich aber auch in der zweiten Hälfte nicht – gleich in der 47. Minute etwa schafften es die Socceroos, den Ball aus wenigen Zentimetern Entfernung, den Ball nicht zur längt überfälligen Führung über die Linie zu drücken.
Zaccheroni stellt um
Was Alberto Zaccheroni in der 56. Minute reagieren ließ: Kagawa-Ersatz Fujimoto musste für Innenverteidiger Iwamasa weichen. Das Ziel dieser Maßnahme war klar: Nagatomo sollte von seinen Defensivaufgaben etwas befreit werden. Er übernahm die Rolle links in der offensiven Dreierkette, von dort wechselte Okazaki auf seine angestammte rechte Seite; Konno wanderte vom Abwehrzentrum auf die LV-Position und blieb dort auch – das heißt, es blieben immer drei japanische Abwehrspieler hinten.
So sollte zum einen eben die Offensivstärke von Nagatomo besser zur Geltung kommen, und andererseits der unangenehme Brett Holman unter Kontrolle gebracht werden. Holger Osieck sah sich das zehn Minuten an und nahm dann seinerseits Holman runter und brachte mit dem bulligeren Brett Emerton eine frische Kraft für diese Flanke. Die Folge der japanischen Umstellung: Die Flanken (vor allem jene von Nagatomo) atmeten deutlich auf und der australische Druck aus dem Spiel heraus – dieser kam aufgrund der defensiv besetzten Zentrale ja auch nur von den Flanken – nahm ab. Was zwar nichts daran änderte, dass die Australier weiterhin die besseren Chancen hatten (die neue de-facto-Dreierabwehr wackelte, aber mehr aus Müdigkeit, weniger wegen Systemfehlern), aber die Japaner beruhigten das Spiel und vermittelten den Australiern den Angst machenden Eindruck, dass auch sie sich keinen Fehler mehr erlauben durften.
Es war dennoch vor allem Torhüter Eichi Kawashima, der seine Mannschaft mit einigen sensationellen Paraden vor allem gegen Kewell, aber auch gegen Cahill im Spiel hielt – da waren auch seine unterirdischen Abschläge, die regelmäßig im Seitenaus landeten, zu verschmerzen. Nach dem Umstellungen gelang es den stehend K.o. wirkenden Japanern, sich mit einem 0:0 in die Verlängerung zu schleppen – Australien hätte da schon deutlich führen müssen.
Japan bestraft Socceroos
In der Verlängerung hatte Osieck allerdings bald einmal genug von der brutalen Fahrlässigkeit, mit der vor allem Harry Kewell sensationelle Chancen vernebelte – der Galatasaray-Legionär, der mit seinem späten Tor gegen den Irak den Sieg im Viertelfinale gesichert hatte, musste in Minute 103 für Robbie Kruse weichen. Auch auf der anderen Seite gab es einen Wechsel in der Spitze, aber aus einem anderen Grund: Ryoichi Maeda war viel gelaufen, konnte aber wenig bewirken, weswegen mit Tadanari Lee in der 99. Minute eine frische Sturmspitze kam.
Was ein Goldgriff sein sollte. Denn in der 109. Minute wurden die Australier doch noch dafür bestraft, derart stümperhaft mit ihrer Überlegenheit umgegangen zu sein – einmal konnte sich Nagatomo doch gegen Wilkshire durchsetzen, seine Flanke fand in der Mitte den völlig freistehenden Lee, und dieser netzte mit einem sensationellen Volleyschuss ein. Der einzige echte Abwehrfehler der Australier, die in dieser Situation unsortiert waren. Die Australier warfen nun alles nach vorne, aber nach diesem Schockmoment fehlte es an der Ruhe, das Spiel noch einmal zu wenden und mit einem Tor noch ins Elfmeterschießen zu kommen. Auch, als Okazaki mit einem unbedachten Handspiel in der Strafraumgrenze in der 121. Minute noch einen gefährlichen Freistoß hergab – es blieb beim 1:0 für Japan.
Fazit: Glücklicher Sieg, verdienter Titel
Dass es für Japan ein schwerer Weg und ein langes Turnier war, war unübersehbar. Australien hatte das Spiel im Grunde 120 Minuten lang voll im Griff und hätte (mindestens) 3:0 gewinnen müssen. Doch die unglaubliche Schwäche vor dem gegnerischen Tor und ein gut haltender japansicher Torhüter verhinderten jenen Sieg, den sich die Australier in diesem Finale absolut verdient gehabt hätte.
Was aber nichts daran ändert, dass Japan über das Turnier gesehen zweifellos das beste Team war und sich absolut verdient zum vierten Mal den Pokal überreicht bekommt. Auch, wenn sie im Finale eigentlich chancenlos gewesen waren – sie machten aus ihrer handvoll Chancen das Tor, Australien aus ihren zahllosen eben nichts. So müssen sich die Australier die späte Niederlage selbst zuschreiben.
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Spiel um 3. Platz: Südkorea – Usbekistan 3:2 (3:1)
Das Spiel um den dritten Platz – für Südkorea wohl das Spiel eins nach Park Ji-Sung. Der Star von Manchester United hat nach diesem Turnier seine internationale Karriere beendet, und wegen einer Verletzung konnte er an diesem kleinen Finale auch gar nicht mehr teilnehmen. Seine Kollegen haben ihm einen versöhnlichen Abschied bereitet, in einem Spiel, das nicht in die Geschichte eingehen wird.
Denn während das kleine Finale bei der WM ein flammendes Plädoyer für diese Partie war, litt dieses Spiel über weite Strecken und der Luft, die nach den Semifinals bei beiden Mannschaften deutlich entwichen war. Die Usbeken mussten erst einmal schauen, nach dem 0:6-Desaster gegen Australien sich wieder zu finden; die Südkoreaner waren nach dem Out im Elferschießen und dem Fehlen von Park Ji-Sung auch nicht von Beginn an mit höchstem Elan bei der Sache.
Personell rückte Lee Yong-Rae von der Achter-Position im 4-2-3-1 in die Offensivzentrale auf, Ki Sung-Yueng dafür von der Sechs auf die Acht. Am grundsätzlichen Spiel der Koreaner änderte das aber wenig: Auch in diesem Spiel zog sich das Offensivzentrum gerne zusammen, für die Breite im Spiel sorgten in erster Linie die Außenverteidiger (von denen Cha Du-Ri diesmal die Kapitänsbinde übernommen hatte). Bei den Usbeken kehrte Alexander Geinrich in die Mannschaft zurück, er ließ sich wiederum oftmals etwas fallen und spielte einen Center wie etwa im Eishockey, um die vor ihm nach innen ziehenden Außenstürmer zu bedienen. Hinter diesem Trio deckte Djeparov wiederum die gesamte Breite des Spielfelds ab. Innenverteidiger Achmedov ging auch in diesem Spiel oftmals mit nach vorne.
Alles also mehr oder weniger wie gehabt, und so plätscherte das Spiel vor sich hin, mit klaren Vorteilen bei den Koreanern vor sich hin. Die sich dann auch als effizienter im Nützen der gegnerischen Fehler zeigten: Platz beim Konter wegen Achmedovs Ausflug, 1:0. Nicht aggressiv genug gestört im usbekischen Strafraum, 2:0. Karpenko viel zu halbherzig im Kopfballduell, 3:0. Schon vor der Pause schien das Spiel zu Gusten der eiskalten Südkoreaner (die entsprechend auch ihre Tore eher schaumgebremst feierten) entschieden zu sein, ehe ein harter Elfmeter, verwandelt von Alexander Geinrich, die Usbeken kurz vor der Halbzeit wieder ins Spiel brachten.
Ansonsten war von den Zentralasiaten in der Vorwärtsbewegung wenig zu sehen, zu behäbig wurde nachgerückt, zu langsam etwaige Konter vorgetragen, zu groß war die Vorsicht, sich nicht wie gegen die Australier hinten zu entblößen. Das änderte sich erst nach dem Seitenwechsel, als es wiederum Geinrich war, der in seinem fünften Einsatz nun doch noch ein Tor aus dem Spiel heraus erzielen konnte – Lee Chung-Soo ließ ihn gewähren – um so das Spiel wieder eng zu machen.
Aber die Koreaner ließen sich nicht noch einmal überrumpeln. Mit Yoon Bit-Garam und Son Heung-Min kamen frische Kräfte für die einschlafende Offensive, und sofort hatte Korea das Spiel wieder im Griff. Ein Spiel, das nun immer mehr einschlief: Minutenlanges Ballgeschiebe in der eigenen Abwehr prägten weite Strecken der letzten halben Stunde, nun auch wieder mit einem leichten Chancenplus auf Seiten der Koreaner. Tore gab’s aber keine mehr.
Fazit: Kein großes Spiel. Der Fixplatz für den nächsten Asiencup in Australien 2015, der dem Sieger der Partie zustand, war ganz offensichtlich keine übermäßige Motivation. Es fehlte dem Spiel über weiter Strecken am Tempo und nach dem langen Turnier und den für beide Teams bitter verlaufenden Semifinals schlicht und einfach der Wille, noch einmal ein Feuerwerk anzuzünden. Die Koreaner nützten die Fehler, die ihenen die Usbeken anboten, in einem auch taktisch nicht besonders abwechslungsreichen Match besser und gehen daher als verdienter Sieger vom Platz. Immerhin also Platz drei im letzten Turnier mit Park Ji-Sung.
]]>Arsenal spielte von Beginn an ein ungewohnt defensives Spiel. Schlüsselfiguren waren hierbei Alex Song und Jack Wilshere – denn an diesen beiden war es, Anderson und Fletcher aus derm Spiel zu nehmen. Vor allem Song war dabei sehr gewissenhaft und nahm Anderson praktisch in Manndeckung. Etwas mehr Zug nach vorne hatte Wilshere, der oft auch in die Mittelfeldkette aufrückte. Dort spielte Rosický zumeist zentral und Nasri kam über die linke Seite. Arshavin startete nominell auf rechts, zog aber (wie gewohnt) immer wieder in die Mitte, ohne dabei aber einen Effekt zu erzielen. Der Russe ist komplett außer Form.
Dass Arsenal-Linksverteidiger Clichy nicht wie sonst üblich den nach innen ziehenden Arshavin hinterlief, lag an seiner diesmal recht streng defensiven Rolle. Nani kam gegen Clichy ebenso wenig zur Geltung wie Park Ji-Sung auf der anderen Seite gegen Sagna. Arsenal konnte also sowohl die Außenstürmer als auch die beiden Kreativspieler in der Zentrale gut kontrollieren und hielt so United sehr effektiv vom eigenen Strafraum weg.
Manchester versuchte es viel zu selten, Rooney steil auf die beiden als Unsicherheitsfaktoren geltenden Innenverteidiger Squillaci und Koscielny zu schicken. Einmal passierte das duch einen Ausschuss von Van der Sar in der 9. Minute; einmal köpfte Koscielny genau Nani an (22.) – dessen Reflex-Schuss strich nur knapp am Tor den sicheren Arsenal-Schlussmannes Szczęsny vorbei. Sonst war nicht viel zu sehen von United – zwar hatte das Team von Sir Alex 60% Ballbesitz, aber daraus etwas zu machen schaffte man nicht.
Arsenal hatte den Spielstand also eigentlich recht sicher im Griff, bis kurz vor der Halbzeit die Glücksgöttin dem Team aus Manchester hold war: Halb im Fallen erwischte Park eine abgefälschte Nani-Flanke, die sich über Szczęsny zum 1:0 ins Tor senkte – ein Glückstor, das mit gefinkelten Spielzügen und offensichtlicher Spielintelligenz rein gar nichts zu tun hatte; dafür umso mehr mit herausragender Körperkontrolle von Park Ji-Sung.
Arsenal dreht Spielanteile
In die zweite Hälfte startete Arsenal, wie man das fast erwarten konnte, völlig verwandelt. Clichy und Sagna hatten ganz offenbar grünes Licht zum Angreifen bekommen und mit den so neugewonnen personellen Möglichkeiten drückten die Gunners den Gegner sofort in die Defensive. Alleine, der Ausgleich wollte nicht gelingen – obwohl United durchaus die eine oder andere brenzlige Situation zu überstehen hatte.
Aber United behielt stets die Ruhe und hatte durch einen schnellen Konter über Nani in der 59. Minute gleich zweimal die riesige Chance, mitten hinein in die Druckphase von Arsenal das 2:0 zu erzielen – aber weder der erste Versuch saß, noch der zweite, den ihm Clichy ermöglicht hatte. Wenger nahm kurz danach Rosický und Wilshere vom Feld, um mit Fàbregas und Van Persie mehr für die Offensive zu tun. Van Persie spielte nun hinter bzw. neben Chamakh, und Fàbregas kam (wie Wilshere) aus der Etappe, hatte aber natürlich mehr Drang nach vorne. Doch anstatt das Spiel von Arsenal zu beleben, machte es einen zunehmend fahrigen Eindruck.
So wäre es mit Sicherheit der endgültige Stoß für Arsenal gewesen, hätte nicht Rooney einen Elfmeter (eine harte Entscheidung) in der 74. Minute äußerst eindrucksvoll über das Tor des sehr soliden Wojciech Szczęsny gedroschen. Wenger wechselte danach wiederum: Walcott kam für den schwachen Arshavin und ging auf die linke Seite, Nasri dafür auf rechts.
Aber aus dem Spiel von Arsenal wich zunehmend der Zug zum Tor, die Passgenauigkeit und die Ruhe. Walcott machte einen extrem hibbeligen Eindruck und konnte so kaum Konstruktives beitragen, eine gute Torchance versiebte er zudem. So konnte das Team von Manchester United, das sich in der zweiten Hälfte sehr diszipliniert verhielt und geduldig verteidigte, den Sieg letztlich über die Zeit bringen.
Fazit: United agiert cooler, Sieg ist korrekt
Arsenal machte in der ersten Hälfte vieles richtig: Mit konsequenter Deckung wurden die Kreativspieler von United recht gut unter Kontrolle gehalten, den Red Devils fiel sehr lange sehr wenig ein, um sich der defensiven Umklammerung zu befreien. Durch ein – Parks starken Kopfball in allen Ehren – Zufallstor war Arsenal nach der Pause gezwungen, aufzumachen. United verlegte sich auf das Lauern auf Konter, Arsenal fehlte es aber ein wenig an den Mitteln und auch an der Kaltschnäuigkeit, das Spiel noch auszugleichen.
So gesehen ist der 1:0-Sieg von Manchester United nicht unverdient.
(phe)
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