Nordirland – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Wed, 27 Oct 2021 10:47:40 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Last-Minute-2:2 in Belfast: ÖFB-Frauen mit halbem Selbstfaller https://ballverliebt.eu/2021/10/27/osterreich-frauen-nordirland-luxemburg-wm-2023/ https://ballverliebt.eu/2021/10/27/osterreich-frauen-nordirland-luxemburg-wm-2023/#comments Wed, 27 Oct 2021 10:47:38 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17912 Last-Minute-2:2 in Belfast: ÖFB-Frauen mit halbem Selbstfaller weiterlesen ]]> Das 5:0 daheim gegen Luxemburg war noch die unspektakuläre Pflichtaufgabe, aber in Belfast hätten die ÖFB-Frauen beinahe einen spektakulären Selbstfaller hingelegt. Nach einer anständigen ersten Hälfte mit einer 1:0-Führung auf Kurs, fing man sich in vier Minuten zwei Tore und schaffte nach viel Gekrampfe immerhin noch den Ausgleich in der Nachspielzeit. Damit hat man sich auf dem Weg zur WM vermutlich zumindest eine weitere Hürde eingebaut.

Nordirland – Österreich 2:2 (0:1)

Mit drei Siegen und 19:1 Toren gegen die drei Punktelieferanten der WM-Quali-Gruppe ist Österreich nach Plan gestartet, Nordirland ist das Topf-3-Team und damit Österreichs einziger Konkurrent auf den zweiten Gruppenplatz hinter dem vermutlich unantastbaren Team aus England. Weil man günstige Auslosungen tatsächlich nützen konnte, ist Nordirland sogar für die EM im kommenden Sommer qualifiziert.

Was die individuelle Qualität betrifft, ist Nordirland aber deutlich unter Österreich zu stellen: Nur zwei aus dem Kader spielen in Englands Top-Liga, der Rest verteilt sich auf die zweite und dritte Leistungsstufe in England sowie die recht schwache eigene Liga. Und in der ersten Halbzeit gegen Österreich waren die Nordirinnen auch tatsächlich mit deutlich sichtbaren Schwachpunkten das klar unterlegene Team.

Nordirlands Plan wirkte nicht durchdacht

„Ich hoffe, Nordirland tut uns wirklich den Gefallen und setzt darauf, von hinten herauszuspielen“, sagte ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann im Vorfeld. Und tatsächlich: Ganz unbritisch setzte Nordirland nicht auf langes Geholze, sondern auf den flachen Pass – womöglich auch dem böigen Wind im Seaview-Stadion von Belfast geschuldet, in dem sonst die Crusaders ihre Heimspiele austragen.

So lud Nordirland das österreichische Pressing ein und das kam auch. Alleine Barbara Dunsts bogenförmiger Lauf in Richtung der nordirischen Torfrau Jackie Burns kam fünf-, sechsmal in der ersten Halbzeit und Burns musste den Ball jedes Mal blind wegdreschen. Wenn Nordirland über die Halb-Innen-Spielerinnen der Fünfer-Abwehrkette aufbauen wollten, wurden diese bis zur Grundlinie nach hinten gepresst.

Nicht nur Burns erhielt keine Unterstüzung, auch bei Einwürfen postierten sich die nordirischen Spielerinnen schlecht. Vor allem McKenna rechts musste immer wieder in eine Traube mit einer Mitspielerin und vier Österreicherinnen werfen, weil einfach überhaupt niemand anderer in der Nähe war. Und selbst wenn Nordirland im Spiel nach vorne mal zu Furness und Callaghan im Zentrum kam, waren man mit ihrem Angriffslatein recht schnell am Ende. Lediglich die quirlige Kirsty McGuinness auf der linken Angriffsseite konnte Bälle halten und sich im Eins-gegen-Eins durchsetzen.

Durch die vielbeinige Abwehr

Damit hatte Österreich das Spiel defensiv im Griff, biss sich aber die Zähne daran aus, in Abschlusspositionen in den gegnerischen Strafraum zu kommen. Gegen den Ball massierte Nordirland das 5-4-1 tief zusammen und ab dem Zehnerraum wurde alles, was an Körpern und Beinen verfügbar war, in Richtung Ball geworfen. So entstand oftmals ein Gewühl an der Strafraumgrenze, in dem die Österreicherinnen zum Improsivieren gezwungen waren. Es half nicht, das sehr viel über die Mitte versucht wurde, nach vorne zu kommen.

Lediglich, wenn die ÖFB-Frauen es schafften, schnell auf eine etwas aufgerückte nordirische Kette zu laufen, fand man den nötigen Platz. Das war zwar nur selten der Fall, kurz vor der Pause nützte Barbara Dunst aber eine dieser Situationen zum 1:0.

Nordirland drehte das Spiel und machte es sich zu eigen

Die zweite Halbzeit war keine Minute alt, da hatte Nordirland ausgeglichen: Furness fängt einen Vertikalpass von Kirchberger ab, schickt einen 50-Meter-Pass auf Wade, die Hanshaw entwischt war und Zinsberger kommt weder konsequent raus noch bleibt sie auf der Linie – das 1:1. Zweieinhalb Minuten später kommt wieder Furness an den Ball, diesmal dribbelt sie selbst nach vorne und wird 30 Meter vor dem Tor von Wenninger geblockt. Freistoß, Wade knallt drauf – das 2:1 für Nordirland. In kaum vier Minuten hatte Nordirland das Spiel auf den Kopf gestellt.

Damit hatten die Gastgeber die ÖFB-Frauen dort, wo sie sie haben wollten. Davon abgesehen, dass nun jeder Einwurf zelebriert und jede Behandlungspause ausgereizt wurde – völlig verständlich – passte Nordirland nun auch die Spielweise an. Anstatt von hinten aufzubauen, schob nun der ganze Block weiter nach vorne und es wurde die österreichische Eröffnung angelaufen. Das war vor der Pause nur situativ der Fall, nun war es das Haupt-Feature.

Österreich mit großen Problemen

Anstatt hoch nachzuschieben, um den eigenen Ballbesitz im Angriffsdrittel abzusichern – wie vor der Pause – wurden Wenninger und Kirchberger nun mit dem Ball deutlich weiter in die eigenen Hälfte zurück gedrückt. Das Mittelfeld rückte aber nicht mit, sei es nun absichtlich um die Nordirinnen nicht noch weiter einzuladen oder ob es ohne Absicht passierte. Jedenfalls fanden Wenninger und Kirchberger keine sicheren Abspielstationen und Österreich kam damit kaum noch planvoll aus dem eigenen Verteidigkungsdrittel heraus, geschweige denn ins Angriffsdrittel.

Das Spiel zerfiel in Einzelaktionen und war – wie beim späten, wichtigen Sieg gegen Serbien vor knapp einem Jahr – in dieser Phase vor allem in der Hand von Sarah Zadrazil, die sie am energischsten gegen die drohende Niederlage stemmte. Wie bis zur 46. Minute strahlte Nordirland auch ab der 51. Minute wieder keine Torgefahr aus, Österreich hatte aber auch keine zündende Idee zu bieten. Grund: Man bekam das Mittelfeld-Trio nicht involviert. Viele Bälle segelten unter nordirischem Druck über dieses Trio drüber.

Mit Feiersinger kam wieder Kontrolle

In der 71. Minute kam Laura Feiersinger für Höbinger und die routinierte Frankfurt-Legionärin war in der Tat ein Gewinn für das ÖFB-Team. Sie bot sich mit Puntigam tiefer für Zuspiele an, bekam sie auch öfter, damit kam auch Puntigam wieder mehr ins Spiel. Zusätzlich ließen bei Nordirland wohl die Kräfte ein wenig nach. In der Schlussviertelstunde hatten die ÖFB-Frauen wieder die Kontrolle über das Zentrum und konnten versuchen, von dort Torchancen zu kreieren.

Das funktionierte auch: Feiersinger schoss einen Abpraller von Burns genau auf die 10 Meter aus dem Tor gelaufene Torhüterin (81.) und dann hob sie den Ball knapp am Tor vorbei (84.) – beide Chancen vorbereitet durch gescheite Lochpässe von Sarah Puntigam. Billa traf in der 89. Minute noch die Latte. Und dann war es in der 92. Minute die zuvor für Naschenweng eingewechselte Enzinger, die ein 40-Meter-Zuspiel von Wenninger über die ungeschickt herauslaufende Burns hinweg zum 2:2 ins Tor verlängerte.

5:0 gegen couragiert verteidigendes Luxemburg

Österreich – Luxemburg 5:0 (2:0)

Vier Tage zuvor sah sich Österreich in Wr. Neustadt dem luxemburgischen Team entgegen, das erstmals in seiner Geschichte an der Hauptrunde einer WM- oder EM-Qualifikation teilnehmen darf. Der Außenseiter verteidigte couragiert und stellte die ÖFB-Frauen vor einige Denksport-Aufgaben.

Im 5-3-2 aufgestellt, lenkte Luxemburg die Österreicherinnen – die natürlich sehr viel Ballbesitz hatten und mit allen Feldspielerinnen in die gegnerische Hälfte schoben, auf die Außenbahnen und lief die Ballführende im Verteidigungsdrittel an. So blieb wenig Zeit, sich in den Strafraum zu spielen und es wurden eher Flanken in die Box gehoben. Österreich spielte sich 40 Minuten lang um den Block herum, ehe Barbara Dunst das 1:0 gelang und Naschenweng noch vor dem Seitenwechsel das 2:0 markierte.

In ähnlicher Tonart ging es in der zweiten Hälfte weiter. Selbst kam Luxemburg kaum in die gegnerische Hälfte und am Ende stand es 21:0 an Torschüssen für Österreich, aber der Außenseiter ließ sich nicht annähernd so wehrlos abschießen wie Lettland gegen Österreich (1:8, davon sechs Gegentore in der letzten halben Stunde). Der Endstand von 5:0 ist für Luxemburg durchaus vorzeigbar und vier Tage später gab es sogar einen doch überraschenden 3:2-Sieg in Nordmazedonien.

Fazit: Trotzdem zwei verlorene Punkte

Teamchefin Irene Fuhrmann selbst sprach nach dem 2:2 in Nordirland von „zwei verlorenen Punkten“, dem erst spät erzielten Ausgleich zum Trotz. Denn auch wenn sich Nordirland für die EM qualifiziert hat: Objektiv ist des das vermutlich schwächste Team aus dem dritten Topf und der Anspruch von Österreich muss es sein, dieses Team zu besiegen. Zumal wenn, so wie in diesem Spiel auch, man in der ersten Halbzeit in allen Belangen das deutlich bessere Team ist.

Gegen einen 30-Meter-Thunderbastard ist man im Normalfall machtlos und wenn man überlegen ist, rennt man hin und wieder in Konter. Besorgniserregender als die beiden Gegentore war die Reaktion darauf, denn Österreich verlor völlig die Linie, ließ sich von den Nordirinnen deren Spiel aufzwingen und erst mit der Hereinnahme von Laura Feiersinger 20 Minuten nach dem 1:2 fand man wieder etwas besser in die Spur. Immerhin: Man jagte den Ausgleich, bis er wirklich da war.

Dass es zumindest noch den Punkt gegeben hat, bedeutet, dass der Fahrplan auf den zweiten Gruppenplatz – der für die Teilnahme am WM-Playoff berechtigt – immer noch stimmt und man, wenn man es in der Golfsprache ausdrückt, zumindest das Doppel-Bogey vermieden wurde und „nur“ ein einfacher Schlagverlust zu Buche steht. Für Platz zwei steht man nun (unter normalen Umständen) nicht unter dem unbedingten Zwang, am 8. April das Heimspiel gegen Nordirland gewinnen zu müssen.

In jeden Fall aber hat man sich mit dem Punktverlust in Belfast in die Lage gebracht, dass es wohl eher nicht reichen wird, unter die drei besten Zweiten zu kommen und sich damit eine Playoff-Runde zu ersparen. Natürlich, es haben auch andere designierte Gruppenzweite schon gepatzt – Belgien mit einem 0:0 in Polen, Wales und Slowenien haben sich 1:1 getrennt, Finnland hat daheim gegen Irland verloren – aber die meisten sind noch makellos. In einem Monat ist das Auswärtsspiel in England an die Reihe, von Sunderland fliegt man dann direkt weiter nach Luxemburg.

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2:1 – mühsamer Pflichtsieg gegen defensive Nordiren https://ballverliebt.eu/2020/11/15/21-muehsamer-pflichtsieg-gegen-defensive-nordiren/ https://ballverliebt.eu/2020/11/15/21-muehsamer-pflichtsieg-gegen-defensive-nordiren/#comments Sun, 15 Nov 2020 22:58:33 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17240 2:1 – mühsamer Pflichtsieg gegen defensive Nordiren weiterlesen ]]> Es brauchte die Brechstange nach dem Rückstand in der 74. Minute, aber am Ende gab es einen 2:1-Sieg für Österreich im fünften Spiel dieses Nations-League-Herbstes. Der Gegner aus Nordirland zwang das ÖFB-Team dazu, Ideen und entwickeln und diese auch umzusetzen. Dies funktionierte nicht nach Wunsch – vor allem die tiefen Läufe von Marcel Sabitzer haben Potenzial, brachten aber (noch) keinen nachhaltigen Schwung.

Österreich – Nordirland 2:1 (0:0)

Pervan und Hinteregger: Nur zwei Spieler, die beim 3:0 in Luxemburg in der Startformation standen, taten dies im allerdings nur unwesentlich bedeutenderen Spiel gegen Nordirland auch. Unabhängig vom Resultat dieses Spiels fällt die Entscheidung über den Gruppensieg erst im Heimspiel gegen Norwegen am Mittwoch – so dieses stattfinden kann. (UPDATE: Norwegen wird kommen, allerdings mit einem stark umformierten Kader.)

Ian Baraclough veränderte sein Team gegenüber der bitteren 1:2-Niederlage nach Verlängerung im EM-Playoff gegen die Slowakei an acht Positionen – nur Dallas, McNair und Washington blieben in der Startformation; Alistair McCann durfte debütieren. Es brauchte einen Sieg, um wegen des abgesagten und vermutlich für Rumänien strafbeglaubigten Parallelspiels gegen Norwegen die theoretische Chance auf den Verbleib in der B-Gruppe zu wahren.

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Nordirland vornehmlich defensiv

Die Nordiren erwarteten Österreich tief und lenkten die Gastgeber dorthin, wo sie wenig Schaden anrichten konnten. In dem 5-4-1, das Baraclough seinem Team aufgetragen hatte, wurde vor allem das Zentrum und der Sechserraum personell dominiert. So wurde Österreich noch mehr auf die Außenbahnen gezwungen, als das unter Foda ohnehin oft der Fall ist.

In Strafraumnähe jedoch verdichteten die Nordiren auch Außen gut gegen den Ball und die ÖFB-Spieler rannten sich fest. Im besten Fall kam noch eine Flanke vor das Tor, welche die robusten Nordiren aber problemlos wegräumen konnten. Über weite Strecken hielten die Gäste die österreichische Torgefahr ungefähr dort, wo die Außentemperaturen waren: nahe Null.

Alaba wandert linkswärts

Bei Österreich startete David Alaba auf der linken offensiven Position. Schon nach wenigen Minuten rückte er – wie schon bein Hinspiel in Belfast – ins Zentrum ein. Es entstand jedoch im Zentrum kein sichtbarer Vorteil, weil bei Nordirland schon die beiden Stürmer Boyce und Washington geschickte Deckungsschatten stellten, wobei ihnen das geringe Tempo bei Österreich das Leben auch leicht machte.

So ging Alaba nach etwa 20 Minuten auf die ungewohnte rechte Seite; Schlager rückte dafür auf links. Die Wirkung, die Alaba auf der linke Seite entfachte, war jedoch nicht sehr ausgeprägt. Die Abstimmung und damit die Pässe von bzw. zu Lainer wirkten oft improvisiert, weiterhin konnten keine Löcher im nordirischen Verbund gerissen werden. Wie Schlager – der ja eher im Zentrum daheim ist – gab es auch von Alaba keine Laufwege in den Strafraum. So hatte Österreich zwar viel Ballbesitz, war aber gleichzeitig sehr statisch und es fehlte die Präsenz im Strafraum.

Die Gäste eher gefährlich

Das Match fühlte sich an wie ein mittelmäßig bedeutsames Ligacup-Spiel eines mittelguten Erstligisten gegen eine ambitionierte, aber limitierte Drittliga-Truppe. Nordirland bremste den deutlich besser besetzten Gegner auf das eigene Tempo herunter und baute auf schnelle Konter-Situationen.

Auf diese Weise erzeugten die Gäste mehr Torgefahr als die Hausherren, obwohl diese annähernd 75 Prozent Ballbesitz verbuchen konnten. Das Tempo gegen die hoch aufgerückte österreichische Abwehrlinie verursachte einige Male Herzklopfen.

Sabitzers tiefe Rolle

Marcel Sabitzer ist einer jener Spieler, die sich in den letzten ein, zwei Jahren wohl am meisten verbessert haben und auch vielseitiger wurden. Julian Nagelsmann setzt den 26-Jährigen zuweilen sogar auf der Sechs ein, wie etwa bei Sieg über eine zugegeben nicht in Bestbesetzung angetretene Truppe von Paris St. Germain in der Champions League vor zwei Wochen.

Sabitzer auf der Sechs in Leipzigs CL-Spiel gegen PSG

Gegen Nordirland war Sabitzer auf der Zehn im 4-2-3-1 aufgestellt, er ließ sich aber situativ zurückfallen, um Überzahl herzustellen und Angriffe durch das Zentrum zu initiieren, wobei durch seine tiefe Position Verwirrung bei den Nordiren geschaffen werden kann. Die beste Chance der ersten Hälfte wurde so herausgespielt, recht oft aber machte es nicht den Anschein, als gäbe es einen erarbeiteten Plan dafür, wie Sabitzers Läufe aus der bzw. seine Positionierung in der Tiefe ins Spiel eingebunden werden sollte.

Diese taktische Maßnahme blieb in der „Trial and Error“-Phase stecken, angesichts des gehetzten Kalenders, in das auch noch das völlig sinnbefreite Match in Luxemburg hineingestopft worden ist, blieb natürlich auch kaum Zeit dafür, die dafür erforderlichen Automatismen in gemeinsamen Trainings zu erarbeiten.

Etwas neue Rollen nach der Pause

Für den gelb-rot-gefährdeten Dragovic, der in der Kabine blieb, betrat für die zweite Halbzeit Reinhold Ranftl den Platz. Ilsanker ging dafür in die Innenverteidigung zurück, Schlager ins zentrale Mittelfeld und Alaba wieder nach rechts. Ranftl muss wohl den Auftrag bekommen haben, für den Zug in den Strafraum zu sorgen. Diesen Schluss legt nicht nur Fodas Gestik vor Ranftls Einwechslung nahe, sondern auch seine Laufwege. Innerhalb der ersten paar Minuten tauchte Ranftl gleich zwei-, dreimal im Strafraum auf, um lange Anspiele aufzunehmen.

Sabitzer wurde auch zunehmend zum Box-to-Box-Midfielder, er holte sich einige Male die Bälle sogar schon auf Höhe der Innenverteidiger ab, um mit seinen Läufen aus der Tiefe für Tempo und Schwung zu sorgen. Allzu oft folgte der Aufbau des ÖFB-Teams aber dem schon in der ersten Halbzeit gezeigten Spiel in die Breite und mit langen Bällen, weil man so gar nicht durchkommt.

Und dann nützte Nordirland, dass Ulmer einen Schritt zu spät die Abseitsfalle stellt. Eine Viertelstunde vor Schluss stellte der eingewechselte Magennis auf 1:0 für Nordirland.

Mit der Brechstange (und Glück) zum Erfolg

Foda reagierte umgehend, jetzt musste die Brechstange herhalten. Es wurde auf ein 4-2-4 umgestellt: Aranutovic und Grbic vorne zentral, Schaub links und Sabitzer rechts; dahinter Baumgartlinger und Schlager in der Mitte; Alaba wurde Linksverteidiger. Gleich mit der ersten nennenswerten Angriffsaktion – eine von Lainer geschlagene und von Grbic verlängerte Flanke auf Schaub – glich Österreich aus. Das Glück spielte mit, dann Schaub erzielte das Tor aus einer Abseitsposition heraus.

Wenige Minuten später kam einer der vielen langen Bälle, die praktisch immer leichte Beute der nordirischen Abwehr geworden waren, doch einmal verarbeitbar bei Arnautovic an. Der gerade aus China heimgereiste Arnautovic legte in seinem ersten Länderspiel-Einsatz seit fast auf den Tag genau einem Jahr auf Grbic ab, der zum 2:1-Sieg trag.

Fazit: Anregend war’s nicht, aber es gab den Sieg

Das Spiel lässt sich ähnlich wie jenes in Luxemburg zusammenfassen: Besonders anregend war es nicht, aber immerhin passt das Resultat.

Luxemburg-Österreich 0:3 (0:0)

Spielerisch war der Auftritt ziemlich dünn, es fehlte das Tempo und die Kreativität um die Nordiren auseinander zu reißen, sicher auch die Spitzigkeit und die letzte Ernsthaftigkeit, die zweifellos auch dem Spielplan und der tabellarischen Irrelevanz des Matches geschuldet ist.

In diesem Herbst, der (zu) vollgepackt ist mit Spielen, mit generell deutlich mehr Verletzungen und Blessuren als sonst, mit dem ständigen coronabedingten Umdisponieren und den generell einfach widrigen Bedingungen, geht es in solchen Spielen in erster Linie darum, die Ergebnisse einzufahren. Die Zeit, inhaltliche Dinge zu etablieren, ist schlicht und einfach nicht da.

Bei aller Kritik: Das macht das ÖFB-Team in diesem Herbst. Vom auch unglücklich verlaufenen 2:3 gegen Rumänien abgesehen sind alle Länderspiele seit der Corona-Pause im Frühjahr gewonnen worden.

Wenn das gegen Norwegen am Mittwoch auch noch gelingt – mit welcher Elf auch immer und ob überhaupt die Skandinavier in Wien aufkreuzen – und zumindest ein Remis geholt wird, ist Österreich Gruppensieger. Damit wäre nicht nur der Aufstieg in die A-Gruppe verbunden, sondern auch die Chance auf einen Platz im WM-Playoff für die Endrunde in Katar 2022 sehr groß (die besten zwei NL-Gruppensieger, die nicht über die reguläre WM-Quali das Ticket für die Endrunde oder das Playoff sichern, sind dabei). Vom praktisch sicheren Playoff für die EM 2024 in Deutschland mal ganz abgesehen, sollte der Modus beibehalten werden.

In diesem Herbst, ja, vermutlich in dieser ganzen Saison 2020/21 kann man gerade als Nationalteam nur daran anschließen, was in der Vergangenheit als Basis aufgebaut wurde. Wenn man damit so gut durchkommt, wie Österreich es ja schafft, dann soll es so sein.

Und wenn das Glück mithilft, so wie beim 2:1 gegen Nordirland, braucht man sich auch nicht dagegen zu wehren.

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1:0 – aber nur dank Fodas Handbremse noch gezittert https://ballverliebt.eu/2020/10/12/oesterreich-nordirland-foda-nations-league-2020-belfast/ https://ballverliebt.eu/2020/10/12/oesterreich-nordirland-foda-nations-league-2020-belfast/#comments Sun, 11 Oct 2020 22:14:13 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17212 1:0 – aber nur dank Fodas Handbremse noch gezittert weiterlesen ]]> Österreich übernimmt mit einem 1:0-Sieg in Nordirland zur Halbzeit dieser Nations-League-Ausgabe die Führung in der Gruppe. Einer sehr ordentlichen Auftritt vor dem Seitenwechsel folgte ein sehr zurückhaldender nach der Pause. Diese Handbremse sowie Fodas defensive Wechsel ermöglichten einem um mehrere Klassen schlechteren Gegner völlig ohne Not, zurück ins Spiel zu finden.

Nordirland – Österreich 0:1 (0:1)

An sechs Positionen rotierte Franco Foda im Vergleich zum 2:1-Erfolg im Testspiel gegen Griechenland – nur Dragovic, Hinteregger (in den Innenverteidigung), Ilsanker (der eines nach vorne auf die Sechs rückte) und Julian Baumgartlinger verlieben mit Torhüter Pavao Pervan in der Startformation. Aus dem schrägen 3-5-2 von Klagenfurt wurde in Belfast ein 4-4-1-1; Xaver Schlager spielte hinter Michael Gregoritsch einen Zehner mit großem Aktionsradius.

David Alaba spielte in seinem ersten Länderspiel seit elf Monaten, wie unter Foda üblich, auf der linken Seite – allerdings als Linksverteidiger, weil Andi Ulmer (wie auch Cican Stankovic) wegen der positiven Corona-Fälle bei Salzburg nach dem CL-Qualispiel gegen Maccabi Tel-Aviv passen musste.

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Österreich kontrolliert Nordirland mühelos

Von der giftigen, aggressiven Spielweise Nordirlands unter Michael O’Neill vor zwei Jahren ist unter dessen Nachfolger Ian Baraclough fast gar nichts mehr übrig. Nordirland stellte sich in einem 4-5-1 defensiv auf, überließ Österreich bereitwillig den Ball und verlegte sich darauf, durch die Mitte nichts durch zu lassen und Alaba zu doppeln. Situativ gab es zarte Versuche, die österreichische Spieleröffnung anzulaufen, aber Hinteregger und Dragovic befreiten sich problemlos aus diesen Situationen.

Nach Ballverlusten schaltete der Österreicher, der den Ball verloren hatte, sofort auf Gegenpressing-Modus um. Schlager und Gregoritsch liefen die Nordiren hoch an, sodass hier kein geregelter Aufbau möglich war, und schaffte es der Ball in die nordirischen Sechserraum oder zu den Außenverteidigern, liefen die Österreicher ihre Gegenspieler sofort an, sodass der Rückwärtsgang eingelegt werden musste.

Zahlreiche Seitenverlagerungen

Das ÖFB-Team baute vornehmlich über die Außenbahnen auf. Zum einen, weil Nordirland das Zentrum zu schließen versuchte, und zum anderen, weil Franco Foda das gerne so machen lässt. Die Nordiren schoben in diesem Fall gerne auf den ballführenden Außenverteidiger, vor allem auf David Alaba. Dieser sah sich praktsich immer zwei, oft sogar drei Gegenspielern im Umkreis von zwei Metern gegenüber, was seine Passgenauigkeit und damit auch seinen Beitrag zum Spiel minimierte.

Österreich aber hatte ein Mittel gefunden, diese Strategie der Nordiren für sich zu nützen. Und zwar mit Seitenverlagerungen: Immer und immer wieder wurde der Ball schnell und hoch von einer Außenbahn zur anderen manövriert, gerne schlug auch Julian Baumgartlinger lange Diagonalbälle zur ballfernen Außenbahn. Dort schuf Österreich dann schnell Überzahl und kam in einigen Situationen gut zur Torlinie durch bzw. versuchte, in den Strafraum zu ziehen.

Überlegenheit, aber wenig echte Chancen

Nur die echten, herausgespielten Torchancen fehlten ein wenig. Einmal provozierte Christoph Baumgartner nach einer halben Stunde einen Schnitzer von Craig Cathcart, schlenzte den Ball aber knapp am Tor vorbei. Einmal kam Michael Gregoritsch nach einem Freistoß zum Kopfball, aber McGovern parierte.

Die Nordiren zogen sich so weit zurück, dass Hinteregger und Dragovic regelmäßig bis in die nordirische Hälfte aufrückten, vor allem Hinteregger tauchte immer wieder sogar am Strafraum auf. Kurz vor der Halbzeitpause fand eine seiner Zuspiele vor das Tor Gregoritsch, dieser verwertete zum hochverdienten 1:0.

Österreich lehnt sich zurück

Nach Wiederanpfiff lehnten sich die Österreicher spürbar zurück, man überließ Nordirland vermehrt den Ball, anstatt die offensichtliche Unterlegenheit der Gastgeber zu nützen, weiter Druck zu machen und die Entscheidung zu suchen. Wie unbeholfen Nordirland agierte, wurde in zahlreichen Situationen offensichtlich, wenn man (vor allem im Zentrum) in Zweikämpfe verwickelt wurde und unzählige Fouls beging.

Die zunehmende Passivität Österreich lud die Nordiren ein, den Nachdruck zu verstärken. Sie blieben zwar harmlos, erspielten sich aber immer mehr Sicherheit.

Alabas richtige Reaktion – Fodas destruktiver Wechsel

Nach etwa einer Stunde verließ David Alaba seine Position als Linksverteidiger und verstärkte das Zentrum. In dieser Phase erinnerte die Formation eher wieder an das Griechenland-Spiel: Baumgartner war quasi linker Wing-Back, Ilsanker ließ sich etwas in die Abwehr fallen; dadurch wurde auch Lainer ein wenig von seinen Defensiv-Aufgaben entbunden. Österreich hatte nun eine zusätliche Anspielstation im Zentrum, Alaba entfloh seinen Bewachern, provozierte Freißstöße, beschäftigte die Nordiren.

Das ging etwa zehn Minuten so, in denen das ÖFB-Team die Kontrolle wiedererlangt hatte. Dann ging Alaba wieder nach links hinten, drei Minuten später kam mit Christopher Trimmel ein zweiter Rechtsverteidiger statt Ranftl. Ein klar defensiver, destruktiver Wechsel – und von Foda das unmissverständliche Signal:

Hört bloß auf, das Spiel entscheiden zu wollen! Jetzt wird defensiv gelaufen und der Sieg über die Zeit gezittert.

Gegen einen um zwei Klassen schwächeren Gegner, den man genau durch die eigene Passivität erst auf die Idee gebracht hat, nicht mehr nur auf einen österreichischen Gnaden-Akt zu hofen.

Fazit: Risiko durch Feigheit

Es gelang, der 1:0-Sieg wurde eingefahren. Aber dass Foda sein Team gegen das wirklich schlechte nordirische Team in eine kräftezehrende Abwehrschlacht zwang, er einmal mehr destruktiv den Gegner stark machte anstatt aktiv die Entscheidung zu suchen, ist eines der immer wieder kehrenden, großen Ärgernisse der Arbeit von Franco Foda.

Zum dritten Mal im vierten Spiel seit der Corona-Pause war die Strategie zu Beginn völlig richtig, durchaus aktiv und auf die Stärken des eigenen sowie die Schwächen des Gegners abgestimmt. Das bewusste Überladen des norwegischen Sechserraumes, die asymmetrische Formation mit der etwas schiefen Dreierkette gegen Griechenland, die gezielten Seitenverlagerungen gegen Nordirland: All das hat wunderbar funktionert. Die Arbeit des neues ÖFB-Chefanalysten Stefan Oesen trug Früchte.

Aber selbst, wenn das aktive Spiel funktioniert – was es nur gegen Rumänien nicht so recht tat, und selbst dieses Spiel verlor man eher wegen vermeidbarer Gegentore als wegen der geschickten Taktik des Gegners – raubt die Foda’sche Handbremse gegen Ende des Spiels regelmäßig jeden Esprit und baut den Gegner, selbst wenn er wie in Belfast wirklich nicht gut ist, zu einer potenziellen Gefahr auf.

Völlig ohne Not, völlig sinnlos.

Zumal man – jede Distanzstatistik belegt das – immer mehr läuft, je weniger man den Ball hat. Sprich: Die spielerische Passivität kostet nicht nur Kontrolle und bringt Siege bzw. Punkte in Gefahr, sie kostet auch noch zusätzlich Kraft. Und gerade das ist in Zeiten des durch Corona massiv komprimierten Spielplans völlig unverständlich.

Ja, es hat den Sieg gegeben. Und ja, Österreich ist Nordirland qualitativ meilenweit überlegen. Und doch muss man sich ärgern, dass man so ein Spiel beinahe noch aus der Hand gegeben hätte.

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Später 2:1-Sieg in Nordirland ist für ÖFB-Team Spiegelbild des Herbstes https://ballverliebt.eu/2018/11/18/oesterreich-nordirland-foda-nations-league/ https://ballverliebt.eu/2018/11/18/oesterreich-nordirland-foda-nations-league/#comments Sun, 18 Nov 2018 22:57:01 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15424 Später 2:1-Sieg in Nordirland ist für ÖFB-Team Spiegelbild des Herbstes weiterlesen ]]> Valentino Lazaros Tor praktisch mit Ablauf der Nachspielzeit sicherte Österreich den ersten Sieg überhaupt in Belfast. Mehr als ein mittelmäßiger Auftritt war aber auch das 2:1 in Nordirland nicht, mit dem die Nations League für den ÖFB endete. Man schaffte es gegen einen engagierten, aber eindimensionalen Gegner wieder zu selten, in gute Abschlusspositionen zu kommen

Nordirland – Österreich 1:2 (0:0)

ÖFB-Teamchef Franco Foda legte das 4-4-2 wieder ins Regal und schickte seine Mannschaft in Belfast in einem 4-2-3-1 auf das Feld. Gregoritsch startete statt des nicht ganz fitten Arnautovic im Angriff. Alaba rückte links eine Position nach vorne, dafür kam Ulmer als Linksverteidiger ins Team. Ilsanker durfte zunächst statt Zulj ran und Schlager spielte, wie schon am Ende des Bosnien-Spiels, auf der Zehn.

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Michael O’Neill vertraute jenem 4-1-4-1, das er in den meisten Spielen einsetzt. Gegenüber dem Hinspiel (1:0 für Österreich) waren aber nur vier Spieler wieder dabei – für die  bereits abgesteigenen Nordiren ging es tatsächlich um nichts mehr. Auffälligste Änderung: Dallas, eigentlich Flügelstürmer, gab den Linksverteidiger – und zwar einen recht aktiven.

Nordirlands Plan

Das Spiel der Nordiren bestand aus Druck auf den ballführenden Österreicher und relativ radikaler Vertikalität. Wie schon im Hinspiel liefen die nordirischen Offensivspieler die Spieleröffnung des ÖFB-Teams an und verhinderten so von Beginn an, dass sich ein geordneter Aufbau etablieren kann.

Wenn die Nordiren den Ball hatten, ging es geradewegs nach vorne, mit Querpässen hielt man sich genauso wenig auf wie mit dem Stellen von Optionen. Vor allem Stuart Dallas, der in Leeds von Marcelo Bielsa trainiert wird, agierte auf der linken Außenbahn sehr aktiv und offensiv – wie seine Mitspieler auch jedoch zumeist eher mit dem Kopf durch die Wand.

Das war kraftvoll und voller Einsatz, es war aber auch sehr eindimensional und berechenbar. Allzu viele ernsthafte Tormöglichkeiten erarbeiteten sich die Nordiren nicht.

Wenige Löcher gerissen

Das auffälligste Merkmal des österreichischen Spiels war, dass der erste Passempfänger fast immer mit dem Rücken zum gegnerischen Tor ausgerichtet war. Immer wieder spielten Dragovic und Hinteregger, oft auch Baumgartlinger, einen kurzen Vorwärts-Pass, nur um den Ball sofort wieder zurückgespielt zu bekommen. Das verhinderte, selbst Tempo in den Aufbau zu bekommen, dürfte aber sehr wohl geplant gewesen sein.

Die Überlegung dahinter war vermutlich, dass der vom nordirischen Tor weglaufende Österreicher (der den Ball dann sofort wieder zum Ausgangspunkt zurück gab) seinen nordirischen Gegenspieler mitzieht und so ein Loch reißt, in den dann wiederum sofort schnell reingespielt werden kann. Zwei Details verhinderten aber, dass dies oft funktionierte: Zum einen ließen sich die Nordiren nicht narren, zum anderen startete auch selten ein Österreicher in den sich potenziell öffnenden Raum.

Aber immerhin, das 1:0 kurz nach dem Seitenwechsel wurde durch genau so einen Decoy-Run, also einen Lockvogel-Laufweg, eingeleitet.

Eher Verhindern statt Erobern

Davon abgesehen war im Spiel nach vorne bei Österreich nicht viel los. Es gab zwar ein gezieltes Pressing, dieses war aber eher auf Verhindern nordirischer Angriffe ausgelegt, weniger auf das Erobern von Bällen in aussichtsreicher Position: So wurde versucht, die Außenverteidiger der Nordiren anzulaufen und zu isolieren. Bei Michael Smith – Rechtsverteidiger vom schottischen Überraschungsteam Hearts of Midlothian und dort Teamkollege von Peter Haring – funktionierte das sehr gut. Gegen Alaba und Gregoritsch kam er überhaupt nicht zur Geltung.

Wenn Österreich im Ballbesitz war, gab es sehr wenig Bewegung ohne Ball. Das machte es den Nordiren leicht. Daher war auch viel abhängig von den langen Eröffnungs-Pässen von Martin Hinteregger, was gegen Insel-Teams selten eine gewinnbringende Option ist. Wenn es doch gelang, mal flach ein wenig nach vorne zu kommen, wurde zumeist das Tempo sehr schnell wieder herausgenommen. Das war womöglich auch eine Folge davon, dass so gut wie jeder Vorwärts-Pass, der nicht völlig ohne Risiko gespielt wurde, den Empfänger nicht fand.

Arnautovic kommt

Zwanzig Minuten vor Schluss kam beim Stand von 1:1 Marko Arnautovic aufs Feld, er ersetzte Michael Gregoritsch und orientierte sich tendenziell eher in Richtung rechte Seite, wo in den letzten halben Stunde David Alaba postiert war.

Gregoritsch zeigte gegen den Ball eine vorzeigbare Leistung, aber Anspiele halten konnte er nicht. Bei Arnautovic hingegen – als Premier-League-Stürmer hat er in Belfast halt doch einen anderen Namen als der Augsburger Gregoritsch – klebten sofort drei nordirische Verteidiger, was Alaba den Raum für einen Torschuss liefert (73.). Da war Arnautovic gerade zwei Minuten mit dabei.

Man merkte Arnautovic seine Knieblessur zwar an, aber auch danach reichte oft seine bloße Präsenz aus, um für Flattern in der nordischen Defensive zu sorgen. So auch tief in der Nachspielzeit, als Alaba in der eigenen Hälfte den Ball eroberte, in Richtung Tor zog, Arnautovic anspielte und dieser Lazaro sah. Der Herthaner zog von der Strafraumgrenze ab und traf zum 2:1.

Fazit: Mehr rausgeholt als verdient war

Von der Kaderbreite her ist Österreich das beste Team der Gruppe. Dennoch fehlte viel, um ernsthaft für sich reklamieren zu können, dass der Aufstieg verdient gewesen wäre. Im Gegenteil: Gegen Nordirland wären zwei Remis korrekt gewesen, es gab zwei glückliche Siege. Im Heimspiel gegen Bosnien ließ man relativ viel zu und erarbeitete sich selbst so gut wie nichts, rettete zumindest einen schmeichelhaften Punkt. Und selbst die Katastrophen-Leistung zum Auftakt in Zenica hätte beinahe zu einem Unentschieden gereicht.

Der Output von sieben Punkten ist in Ordnung. Angesichts der Leistungen hätten es aber genauso gut zwei sein können.

Das Punkten über die leistungstechnischen Verhältnisse ist nicht über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. Man kann nicht davon ausgehen, dass es nächstes Jahr auch zwei Zufallssiege gegen das Topf-3-Team geben wird, wie jetzt gegen Nordirland.

„Erfolgsstabilität“, so schrecklich das Wort auch ist, gibt es nur, wenn der Erfolg auch durch entsprechende Leistung untermauert wird. Und genau das passierte in diesem Herbst nicht. Es gab drei Siege, ein Remis und zwei Niederlagen – davon eine mit einer B-Elf in einem Testspiel. Die Zahlen sind okay. Aber es war tatsächlich keine einzige wirklich ordentliche Leistung dabei. Das wird in der EM-Quali 2019 so nicht gutgehen. Nicht gutgehen können.

Wenn der Teamchef sagt, man dürfe „nicht alles schlechtreden“, so kann man Franco Foda nur entgegnen: Viel gefährlicher ist es, diesen Katastrophen-Herbst schönzureden.

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Erste, zweite, dritte EM-Chance für Österreich https://ballverliebt.eu/2018/11/18/nations-league-em-2020-oesterreich/ https://ballverliebt.eu/2018/11/18/nations-league-em-2020-oesterreich/#respond Sat, 17 Nov 2018 23:45:34 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15412 Erste, zweite, dritte EM-Chance für Österreich weiterlesen ]]> Vor dem letzten Nations-League-Spiel von Österreich in Nordirland ist alles geklärt. Oder? Nein, nicht ganz: Die Plätze in der Gruppe sind zwar bezogen, aber für das ÖFB-Team geht es noch darum, sich eine möglichst gute Ausgangsposition für die „Zweite Chance auf die EM“ zu sichern.

Stand in der Nations-League-Klasse B

Österreich wird als bereits feststehender Gruppenzweiter fix zwischen Platz fünf und acht in der Gesamt-Schlusswertung der Liga B klassiert werden.

Die zweite Chance – über die Klasse B

Kurz zum Modus: 2019 findet von März bis November die EM-Qualifikation statt. Ganz klassisch, zehn Fünfer- bzw. Sechsergruppen, Sieger und Zweite qualifizieren sich für die Endrunde im Jahr 2020. Das werden dann 20 Teams sein. Die jeweils besten vier Teams jeder Nations-League-Leistungsstufe, die es 2019 NICHT über den klassischen Weg schaffen, bekommen eine zweite Chance. Sie spielen im Frühjahr 2020 noch jeweils ein Ticket pro Leistungsstufe auf.

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In der Theorie also spielen laut Papierform Bosnien, Ukraine, Dänemark und Russland/Schweden im Frühjahr 2020 in Halbfinale und Finale um ein EM-Ticket. Wenn sich eines oder mehrere dieser vier Gruppensieger regulär qualifizieren sollten (was nicht ganz unwahrscheinlich ist), rückt der beste Zweite (=Fünfte) nach, dann käme der zweitbeste Zweite (=Sechste) dran usw. – so lange, bis eben vier Teams zusammen sind.

Hier wäre es aus österreichischer Sicht praktisch, möglichst weit vorne zu sein. Mit einem Sieg in Belfast würde das ÖFB-Team definitiv Wales überholen (spielfrei) und auch fix vor dem Sieger Tschechien-Slowakei bleiben, wäre also auf jeden Fall zumindest Sechster. Je nach Höhe könnte Österreich sogar Fünfter werden.

Ein Remis in Nordirland würde bedeuten, dass Östererich – je nachdem, wie die Spiele CZE-SVK und SWE-RUS ausgehen – zwischen Platz sechs und acht reinkommt. Eine Niederlage in Belfast, und man wäre bestenfalls Siebenter. Um da noch in den Ticket-Ast der B-Gruppe zu rutschen, müsste wohl schon einiges zusammenkommen.

Die dritte Chance – über die Klasse A

Grün: Fix Gruppensieger. Orange: Fix abgestiegen. Grau: Keine Chance mehr auf Gruppensieg. Erläuterung zu Klasse C: Bei den Top-3 jeder Gruppe werden nur die Resultate gegen den Ersten und Zweiten gezählt. Der schlechteste Gruppendritte steigt mit den drei Gruppenvierten ab.

Aber selbst, wenn es in Nordirland schief gehen sollte, wird Österreich ziemlich sicher im Frühjahr 2020 noch eine Möglichkeit auf die EM haben. Nämlich über Top-Klasse der Nations League. Klingt komisch, ist aber so.

Denn: Auch über diese Top-Klasse wird noch ein EM-Ticket aus vier Teams ermittelt. Nur: Ist es realistisch, dass sich aus diesen 12 Teams tatsächlich VIER nicht ohnehin regulär qualifizieren werden? Nein, eben. Und wenn aus der Top-Liga nach der EM-Quali 2019 keine vier Gescheiterten übrig bleiben, wird aufgefüllt.

Und zwar aus der nächst-unteren Liga. Das ist die Österreich-Klasse B. Hier kommen dann die nächstbesten dran, die nicht in der B-Liga unter den Top-4 sind. Kompliziert, ja.

Also, Gedankenspiel: Island und Polen bleiben 2019 als einzige A-Teams auf der Strecke und die vier B-Gruppensieger auch. Also: Bosnien, Dänemark, Russland und die Ukraine machen sich im Frühjahr 2020 noch ein EM-Ticket aus.

Im A-Playoff fehlen aber noch zwei Teams. Hier rücken dann die nächstbesten B-Teams nach. Das wären aktuell Wales und Schweden als Fünfter und Sechster der B-Liga. In Wahrheit wird es vermutlich so kommen, dass so ziemlich alle B-Liga-Teams noch in irgendeiner Form eine zweite Chance bekommen. Je besser Österreich klassiert ist, desto besser ist die Chance, dass man dem A-Playoff ausweicht.

Denn wehe, da oben ist vielleicht Italien, Kroatien oder gar Deutschland drin – und nicht „nur“ Island und Polen.

Erste Chance

Am allerbesten wäre es natürlich, man erspart sich die ganze Herumrechnerei. Dafür gibt es eine so simple wie (angesichts der aktuellen Leistungskurve) schwierige Lösung.

Man qualifiziert sich einfach 2019 ganz normal regulär für die EM.

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Die letzten zwei Auswärtsspiele in Belfast: Die Regenschlacht von 1995 und das „irrereguläre“ Match von 2004.

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Österreich und die Entscheidung in der Nations League https://ballverliebt.eu/2018/11/13/oesterreich-und-die-entscheidung-in-der-nations-league/ https://ballverliebt.eu/2018/11/13/oesterreich-und-die-entscheidung-in-der-nations-league/#respond Tue, 13 Nov 2018 21:18:23 +0000 Die Nations League, das Turnier auf das die Welt gewartet hat, geht in die Zielkurve (die Zielgerade gibts dann Mitte nächsten Jahres und Auslaufen tut man dann nochmal ein bisschen später). Für Österreich sind noch alle Chancen gegeben, den Aufstieg in die Gruppe A zu packen – ebenso ist das Horrorszenario des Abstiegs in Gruppe C und Topf 3 der EM-Quali noch nicht ausgeräumt. Was sich Tom und Philipp vor den Spielen gegen Bosnien und Nordirland denken, das erzählen sie in der neuen Folge des Ballverliebt Fußball Podcast. Viel Spaß!

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Altbacken und hölzern zum 1:0 über Nordirland https://ballverliebt.eu/2018/10/12/altbacken-und-hoelzern-zum-10-ueber-nordirland/ https://ballverliebt.eu/2018/10/12/altbacken-und-hoelzern-zum-10-ueber-nordirland/#respond Fri, 12 Oct 2018 21:58:47 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15297 Altbacken und hölzern zum 1:0 über Nordirland weiterlesen ]]> Hand aufs Herz: Wer wollte nicht immer schon mal wissen, wie es aussieht, wenn eine durchschnittliche deutsche Bundesliga-Truppe gegen einen englischen Zweitligisten spielt? Beim 1:0-Sieg von Österreich gegen Nordirland bekam man eine ungefähre Idee davon. Schön war das nicht. Vor allem das ÖFB-Team wirkte ideenarm und altbacken. Ein Tor des Kapitäns sorgte immerhin für den 1:0-Sieg.

Österreich – Nordirland 1:0 (0:0)

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Die Formationen

Franco Foda stellte erstmals seit dem Test gegen Luxemburg im März wieder ein 4-4-2 auf. Auf den Außen einer Innenverteidigung mit Prödl und Hinteregger agierten wie erwartet Lainer und Ulmer. Der zuletzt in der Innenverteidigung aufgestellte Ilsanker spielte neben Peter Zulj im Zentrum, die beiden ersetzten die verletzten Grillitsch und Baumgartlinger. Lazaro und Sabitzer gaben die nominellen Außenstürmer und vorne bildeten Arnautovic und Burgstaller den Zwei-Mann-Sturm.

Bei den Nordiren war es ein 4-1-4-1, in dem es gegenüber dem dominant geführten, aber verlorenen NL-Auftakt gegen Bosnien drei Änderungen gab: Statt Lafferty stürmte Magennis, statt McGinn war Ferguson auf dem Flügel und statt McLaughlin war McNair als Rechtsverteidiger nominiert. Drei Spieler aus der Start-Elf verdienen ihr Geld in der Premier League (Davis, Cathcart und Jonny Evans), der Rest ist in der zweiten englischen Liga aktiv.

Die Nordiren

Die Nordiren waren das Auswärtsteam, aber ihre Spielanlage bestimmte das Match. Sie zogen sich ganz und gar nicht zurück, sondern verteidigten nach vorne. Die Gäste gingen schon weit in der österreichischen Hälfte auf die Gegenspieler drauf und rückten kollektiv nach vorne, wenn die ÖFB-Abwehr versuchte, den Ball ein wenig zu halten und das Tempo rauszunehmen.

Auch im Mittelfeld wurden die Pressing-Wege sehr aggressiv durchgezogen und sofort Überzahl in Ballnähe geschaffen. So gab es keine Zeit für Österreich, einen geordneten Spielaufbau zu etablieren und das Ersatz-Mittelfeldzentrum war gut aus dem Spiel genommen. Auf diese Weise schaffte es Nordirland sehr gut, Österreich zu kontrollieren und jede Idee zu rauben. Die Nordiren schafften es aber nicht, selbst so etwas wie Torgefahr auszustrahlen.

Österreichische Reaktionen

Das ÖFB-Team hatte massive Probleme damit, schon im Mittelfeld und bei der Spieleröffnung angepresst zu werden. Das Mittelfeld-Zentrum war systembedingt ohnehin in Unterzahl und wurde durch die nordirische Spielweise zusätzlich bearbeitet. So spielte Österreich über weite Strecken der ersten Hälfte de facto ohne ein Mittelfeld-Zentrum.

Daher versuchten die Spieler, Wege aus diesem Defizit zu finden. Marko Arnautovic ließ sich immer wieder weit nach hinten fallen, um als Empfänger für einen Pass von hinten (üblicherweise von Hinteregger) bereit zu sein und diesen dann auf Außen zu Sabitzer abzulegen, der dann steil ging. Dann fehlte Arnautovic allerdings vorne.

Mit Fortdauer der ersten Hälfte rückte auch Marcel Sabitzer immer mehr ins Halbfeld ein (wie auch situativ Lazaro auf der anderen Seite). Das erleichterte es Zulj, eine kurze Anspielstation zu haben. Es wurde aber verabsäumt, hier zwischen die Linien zu kommen und auch Ulmer trat offensiv wenig in Erscheinung.

Auffällig war auch jegliches Fehlen von selbst ausgeübtem Druck auf den jeweils ballführenden Nordiren. Angesichts der Tendenz, dass diese ohnehin zum langen Ball neigen, ist es aber denk- und argumentierbar, dass dies Absicht war. Nach dem Motto: Lieber einen Holzfuß-Pass abwarten als den Ball über uns drüber segeln zu lassen.

Keine Dreiecke, keine Überraschungen

Das ganze Spiel Österreich wirkte seltsam aus der Zeit gefallen. Das lag aber nicht nur am 4-4-2, das in der Rollen-Interpretierung und dem Kreativitäts-Loch aus der Zentrale heraus so ein wenig wie ein Walter-Schachner-Team aus den Nuller-Jahren wirkte. Das lag auch daran, dass es so unglaublich berechenbar war.

Die Laufwege ohne Ball waren nicht gut. Es gelang zu keinem Zeitpunkt, stabile Dreiecke im Aufbau zu etablieren. Das bedeutete: In so gut wie jeder Spielsituation gab es genau eine mögliche Passvariante. Diese wurde dann auch probiert. Nordirland deckte mögliche alternative Passrouten auch gut ab, aber so war es natürlich ein Leichtes, Österreich von gefährlichen Positionen fern zu halten.

Das Tor von Arnautovic nach einem Zucker-Zuspiel von Zulj war im Grunde die einzige Situation, in der es Österreich gelang, mit einem überraschenden Zuspiel die nordirische Abwehr zu überrumpeln.

Veränderungen im Spiel

Zu Beginn der zweiten Hälfte fuhr Nordirland die Intensität im Anlaufen zurück. Außerdem ließen die Gäste in zwei, drei Umschalt-Situationen etwas zu viel Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld, wodurch Österreich etwas Platz bekam und die sich ergebenden Auswahl-Möglichkeiten im Passspiel auch nützte. Die Regel war aber eher, dass schon die Andeutung von Anlaufen ausreichte, um bei Österreich einen Sicherheits- bzw. einen Rückpass zu provozieren.

Franco Foda war schon drauf und dran, Marc Janko einzuwechseln, als Arnautovic in der 71. Minute das 1:0 erzielte. Geht man 20 Minuten vor Schluss in Führung, gibt es zwei Möglichkeiten: A) Nachsetzen und versuchen, den Sack zuzumachen – auf die Gefahr hin, dem Gegner zu viel Raum zu geben. Oder B) die knappe Führung über die Zeit zu verteidigen.

Zittrige Schlussphase

Österreich entschied sich für Variante B.

Nach der Führung wurde aus der Viererkette hinten zunehmend eine Fünferkette. Lainer rückte von rechts ein wenig nach innen, dafür ließ sich Lazaro auf die Position des rechten Außenverteidigers zurückfallen. Diese Aufteilung wurde mit der Einwechslung von Flo Kainz für Stürmer Burgstaller (83.) weiter zementiert, in der 90. Minute übernahm Dragovic (für Lazaro gekommen) die Stelle in der inneren Dreierkette.

Der völlig Rückzug von Österreich war wie eine Einladung an die Nordiren, doch bitte noch mal schön Druck auszuüben. Bei einem Eckball hatte das ÖFB-Team großes Glück, als der Ball von der Stange zurück in die Arme von Lindner prallte. Es gab kaum noch nennenswerte Befreiung. Fast bettelte ein extrem passiv gewordenes Heimteam noch um den Ausgleich. Aber er fiel nicht mehr.

Fazit: Verunsichert und gestrig

Die ernüchternde Vorstellung von Zenica, die zahlreichen Ausfälle von Stammkräften und der zusätzliche Wirbel, der durch das Präsidium in der Kapitänsfrage völlig sinnlos in die Mannschaft getragen wurde, haben dem Team merkbar zugesetzt. Das aggressive Spiel der giftigen Nordiren hat noch einiges dazu beigetragen. Es ist, als hätte es die Siegesserie in den Testspielen nie gegeben.

Österreich spielte altbacken und berechenbar. Der nicht ganz unschmeichelhafte Sieg fußt auf einem individuellen Genie-Moment, nicht auf einer rettenden Idee. Über 90 Minuten wurde nie der Eindruck vermittelt, dass man selbst etwas dazu beitragen könnte, die Gäste zu überraschen, zu bremsen oder zu verunsichern – sie zu dominieren, ist angesichts der Personalsituation eh nicht zwingend zu verlangen.

Man hat versucht, anzunehmen, wenn die Nordiren was angeboten haben und man hat sich von einer, sorry, englischen Zweitliga-Truppe im eigenen Stadion am Ende wie das Kaninchen vor der Schlange hinten reindrücken lassen. Dass es einen Sieg gab, ist erfreulich; es nimmt ein wenig den Abstiegsdruck heraus und man kann sich jetzt mal in relativer Ruhe ansehen, was Bosnien und Nordirland am Montag so machen.

Eine Leistung, auf der man aufbauen kann, war das aber nicht. Vielleicht geht es ohne Ergebnisdruck am Dienstag in Herning wieder anders.

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Ein Jahr Franco Foda: Österreich empfängt Nordirland zur Nagelprobe https://ballverliebt.eu/2018/10/10/ein-jahr-franco-foda-oesterreich-empfaengt-nordirland-zur-nagelprobe/ https://ballverliebt.eu/2018/10/10/ein-jahr-franco-foda-oesterreich-empfaengt-nordirland-zur-nagelprobe/#respond Wed, 10 Oct 2018 21:36:55 +0000 Ende Oktober jährt es sich, dass Franco Foda als ÖFB-Teamchef eingesetzt wurde. Tom und Philipp ziehen in dieser Show eine kurze Bilanz über diese Zeit. Waren die Ergebnisse besser als die Leistungen? Oder gibt es eine erkennbare Entwicklung? Außerdem gibt es natürlich eine ausführliche Vorschau auf das wichtige Nations League-Spiel gegen Nordirland und eine Menge Unverständnis über die neuesten Vorgänge im ÖFB-Präsidium. Viel Spaß mit dieser Folge.

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Die Achtelfinal-Verlierer der EURO 2016: Zwischen Blamage und tollem Erfolg https://ballverliebt.eu/2016/06/28/die-achtelfinal-verlierer-der-euro-2016-zwischen-blamage-und-tollem-erfolg/ https://ballverliebt.eu/2016/06/28/die-achtelfinal-verlierer-der-euro-2016-zwischen-blamage-und-tollem-erfolg/#comments Tue, 28 Jun 2016 10:48:12 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12745 Erste K.o.-Runde der EURO 2016, erste wirklich prominente Opfer: Nachdem es in der Vorrunde mit ein, zwei Ausnahmen nur die Teams gescheitert waren, von denen man das auch so erwartet hat, ist das Feld der Achtelfinal-Verlierer schon etwas heterogener. Neben Glücksrittern aus der Vorrunde (die beiden irischen Teams etwa) hat er auch schon Teams aus dem Favortenkreis (Spanien, Kroatien) erwischt.

Hier im zweiten Teil unserer EURO-Teamanalyse: Die Plätze 9 bis 16, wenn man so will.

Spanien: Schwächen wurden eiskalt genützt

Team SpanienNicht nur, dass Vicente del Bosque diverse spannende Spieler gar nicht erst mitgenommen hat (Alcácer, Mata, Bernat, Javi Martínez, Cazorla, Ñíguez, Isco) – nein, von denen, die mit waren, durften auch nur genau elf zu Startelf-Einsätzen kommen.

Grundsätzlich hat sich seit 2010 am spanischen Spiel nichts wesentliches geändert, und das ist womöglich auch das Problem gewesen. Gegen die Tschechen (die sich hinten eingebunkert haben) und die Türken (die einfach nicht gut genug waren) wurde das noch nicht offenkundig. Aber sobald die Gegner eine gewisse Klasse hatten, wurde deutlich: Spanien ist mittlerweile recht leicht auszurechnen und offenbart in den wenigen Spielen, in denen sie wirklich gefordert werden, erstaunliche Schwächen in den defensiven Strukturen.

Konnte man das gegen Kroatien noch auf fehlende Ernsthaftigkeit schieben, war man den Italienern im Achtelfinale taktisch auf fast schon beängstigende Art und Weise unterlegen. Wie schon Portugal vor vier Jahren im Halbfinale traute sich Italien, das spanische Kurzpass-Spiel schon im Keim zu stören. Damals rettete sich Spanien noch ins Elferschießen und gewann.

Seither aber geht es gegen Teams, die auf diese Art und Weise spielen, fast schon regelmäßig kräftig in die Hose. Vor allem, wenn diese – wie eben Italien hier und 2012, aber auch Holland und Chile bei der WM 2014 – mit einer Dreierkette daherkommen.

Die Zukunft von Del Bosque ist ungewiss – nach zwei Turniersiegen schied er zweimal (zu) früh aus. Da er in den letzten Jahren zunehmend eine gewisse Bequemlichkeit an den Tag legt, was Coaching, inhaltliche Fragen und Weiterentwicklung angeht, aber auch die personelle Erneuerung seines Teams (warum hatte etwa Fàbregas nach einer furchtbaren Saison wie selbstverständlich einen Stammplatz, während Ñíguez nach einer großartigen Saison nicht einmal mitdurfte?), liegt der Verdacht nahe, dass die Ära Del Bosque nach acht Jahren zu Ende geht. Sicher ist aber: Die Mannschaft, der es ja keineswegs an Weltklasse mangelt, könnte den einen oder anderen neuen Impuls brauchen.

England: Starke Phasen und eine zünftige Blamage

Team EnglandEinen neuen Impuls wird England definitiv bekommen: Nach dem Generationswechsel auf dem Feld kommt nach der Achtelfinal-Blamage gegen Island auch ein neuer Trainer, keine halbe Stunde nach dem Abpfiff legte Roy Hodgson nach viereinhalb Jahren sein Amt nieder. Dabei ist England seit dem Vorrunden-Aus bei der WM vor zwei Jahren eigentlich einen guten Weg gegangen.

Mit der Umstellung auf das 4-1-4-1 hatte Hodgson es seinen Achtern (der aktive Alli und Rooney, der vor allem durch komplizierte lange Bälle statt einfache kurze auffiel) ermöglicht, sich auf ihre Aufgaben nach vorne zu konzentrieren. Genau diese Balance hatte im althergebrachten 4-4-2 (wir erinnern uns, in der Vergangenheit oft mit Gerrard und Lampard) gefehlt. Das Resultat war eine makellose Qualifikation und eine an sich sehr gute Vorrunde, wo es zumeist nur die mangelnde Chancenverwertung zu bekritteln gab.

Ihre stärksten Momente hat das englische Team, wenn es gegen den Ball arbeiten kann. Genau das aber erlaubte Island den Three Lions nicht, und es zeigte sich, was sich schon gegen die Slowakei andeutete: Das mit dem Ausspielen eines geschickt verteidigenden Teams – auch, wenn es wie Island eher höher spielt, und nicht ganz tief steht – funktioniert nicht. Das war gegen die Slowakei noch nicht sooo tragisch (obwohl man mit dem 0:0 den Gruppensieg verschenkt hatte), aber gegen Island war es fatal.

Diese Niederlage, so bitter sie ist, ändert allerdings nichts daran, dass dieses englische Team durchaus eine Zukunft hat. Es ist in weiten Teilen noch recht jung, es ist entwicklungsfähig und vor allem haben die maßgeblichen Spieler in der Liga die richtigen Trainer – Pochettino bei Tottenham, Klopp bei Liverpool, nun kommt Guradiola zu Man City. Wenn man nicht komplett in sich versinkt (wie etwa Österreich nach Landskrona), kann England aus diesem Turnier viel lernen.

Kroatien: Erst stark, dann verzweifelt

Team KroatienEs war womöglich nicht die letzte Chance der Generation Modric, einen Titel zu holen. Aber ganz sicher die größte: Kroatien zeigte in der Vorrunde (neben Deutschland) von allen stärkeren Teams konstant die beste Kombination aus individueller Klasse und gutem Coaching; das selbstgefälige Chaos unter Igor Stimac und die auf Motivation statt Taktik basiernde Amtszeit von Niko Kovac ist ganz deutlich vorbei.

Die Balance im Zentrum (Badelj als Absicherung, Modric als Hirn des Teams, Rakitic als Störer an vorderer Front) war hervorragend abgestimmt, Perisic und Srna sorgten für die Vertikalität auf den Außenbahnen. Lediglich die Innenverteidigung ist ein deutliches Stück von internationaler Klasse entfernt – machte aber gegen Spanien eine gute Figur.

Allerdings trifft auch auf Kroatien zu, was auf viele Teams der zweiten Reihe zutrifft: Wenn man auf die zwei besten Spieler verzichten muss, wird es schwer. Und Modric und Rakitic standen gegen Portugal zwar auf dem Platz, aber sie waren in der Manndeckung durch William Carvalho und Adrien Silva zur Wirkungslosigkeit verdammt. So war es nicht die Innenverteidigung, die diesem an sich tollen Team die Titelchance kostete (und die war im Außenseiter-Ast durchaus da), sondern die Abhänigkeit von Modric und Rakitic. Das kann man den Kroatien aber auch wieder nur schwer zum Vorwurf machen.

Schweiz: Weder begeisternd noch enttäuschend

Team Schweiz

Unser geschätzter Schweizer Taktikblog-Kollege Andreas Eberli konstatierte über das Nationalteam seines Landes: „Insgesamt gute, sehr typische Vorrunde der Nati, zeigen unter Petkovic seit langem konstant ziemlich genau dieses Spiel und Niveau. Sehr dominanzorientiert, auch wirklich gut in vielen Bereichen, ballsicher und damit die attraktivste und wohl beste Nati der letzten Jahre, aber auch nicht perfekt balanciert im Aufbau, ohne konstant saubere Verbindung nach vorne und zuweilen etwas zu lang/löchrig bei Ballverlust. Und halt im Offensivspiel ohne besondere Harmonie, Feinabstimmung oder überragende individuelle Qualität.“

Die große Schwachstelle des ersten Spiels – die fehlende Abstimmung im Mittelfeld-Zentrum – wurde so halb durch das zweite Spiel behoben, man kontrollierte danach Frankreich und Polen ganz gut, ohne aber selbst gefährlich zu werden. Shaqiri ist und bleibt zu unkonstant, Dzemaili ist ein Achter und kein Zehner, Seferovic vorne war eine Gemeinheit, Joker Embolo fehlt es deutlich an der internationalen Erfahrung.

Es ist nach dem dank seiner Vergangenheit in der Schweiz sakrosankten, aber gerade in den letzten Jahren quälend konservativen Ottmar Hitzfeld nun sehr wohl die Absicht zu erkennen, das Spiel vermehrt selbst in die Hand zu nehmen. Aber es wird halt doch deutlich, dass es einfach dauert und auch das Personal von richtiger Qualität zu haben. Embolo kann ein Baustein dafür sein, aber es braucht mit Sicherheit noch einen vernünftigen Zehner – oder ein anderes System mit einer angepassten Spielanlage.

Irland: Wenig Klasse, viel Kämpferherz

Team Irland

Es ist leicht, Irland als glücklichen Underdog zu sehen. Allerdings waren sie bei den letzten vier Turnieren zweimal dabei und sind einmal nur durch einen Hand-Ball im Playoff gescheitert – aus dem Nichts kommt das Team also nicht.

Dennoch wirkt das Team, das sich zum Großteil aus Kickern der zweiten englischen Liga rekrutiert, wie genau das: Ein englischer Zweitligist. Begrenzt in den fußballerischen Mitteln, aber mit einem unbändigen Willen versehen. Gegen Schweden war man die bessere von zwei nicht besonders guten Mannschaften, gegen Belgien chancenlos und dann hatte man das Glück, dass es die Italiener im letzten Gruppenspiel nicht wirklich interessiert hat. So schlich man ins Achtelfinale – dort lieferte man gegen Frankreich, der 1:2-Niederlage zum Trotz, die vermutlich beste Leistung des Turniers ab. Allen in allem sind die Iren zwar keine supertolle Mannschaft, können den Turnierverlauf aber absolut als Erfolg verkaufen.

Positiv vermekt werden muss, dass sich das irisch Team von den alten Herren (Robbie Keane und Shay Given) emanzipiert hat, ohne dramatisch an Qualität verloren zu haben. Im Gegenteil: Verglichen mit der heillos überforderten Truppe, die vor vier Jahren dreimal verlor und 1:9 Tore zu Buche stehen hatte, ist Irland diesmal deutlich solider aufgestellt gewesen. Die aktuelle Mannschaft hat auch noch locker zwei Turniere drin und sie weiß um ihre Limits; versucht nicht, etwas zu sein, was sie nicht sein kann.

Nordirland: Mit spannenden Fünferketten

Team NordirlandFast noch zufriedener als der größere Nachbar kann das Team aus Nordirland sein – anders als die Republik-Iren haben die Ulster-Boys nämlich keinerlei Turnier-Erfahrung in den Beinen. Ihr Zugang war deutlich defensiver: In der ersten Hälfte gegen Polen und im Achtelfinale gegen Wales kam Nordirland mit einer Fünfer-Abwehrkette daher, die aber durchaus spannend war.

So gab gegen Polen Zentral-Verteidiger Gareth McAuley den Manndecker für Lewandowski, während seine Nebenmänner eher im Raum verteidigten. Und gegen Wales klappte schon die Abschirmung so gut, dass man es sich erlauben konnte, immer wieder auch nicht ungefährliche Nadelstiche nach vorne zu setzen. Gegen die furchtbar biederen Ukrainer gab es sogar einen verdienten Sieg – nur gegen die Deutschen hatte Nordirland mächtig Glück, dass es dank Torhüter McGovern „nur“ 0:1 ausging.

Natürlich: In der WM-Qualifikation (gegen Deutschland und Tschechien) wird es wenig zu erben geben und für die EM in vier Jahren ist das aktuelle Team dann doch schon eine Spur zu alt (vor allem Führungsfiguren wie McAuley, Hughes und Davis) und natürlich profitierte man von einer leichten Quali-Gruppe. Aber Michael O’Neill hat es geschafft, das Team so zu optimieren, dass fast immer das Optimum heraus geholt werden konnte. Auch wenn dieses Turnier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen Eintagsfliege bleiben wird: Darauf können die Nordiren zweifellos stolz sein.

Slowakei: Solide, aber zu viel von Hamsik abhängig

Team SlowakeiAuch die Slowaken haben nicht enttäuscht: Auch beim zweiten Turnier der Verbandsgeschichte (nach der WM 2010) überstand man die Vorrunde und scheiterte im Achtelfinale an einem Titelkandidaten. Das ist genau, was die Mannschaft drauf hat – auch die Slowaken haben also das Optimum aus ihren Möglichkeiten heraus geholt.

Wie schon im Vorfeld klar war, beschränkte sich das Spiel vornehmlich auf eine sichere Defensive und geniale Momente von Marek Hamsik. Der Exzentriker von Napoli lieferte vor allem beim 2:1-Sieg gegen die Russen (wo er ein Tor erzielte und das andere vorbereitete) und stellte sich beim wichtigen 0:0 gegen England voll in den Dienst der Mannschaft.

Vom 0:3 gegen Deutschland im Achtelfinale abgesehen, stand der Abwehrverbund tatsächlich wirklich gut, allerdings wurde im Turnierverlauf schon auch klar, dass dieses Team ohne Hamsik keine Chance hätte, an so einer Endrunde überhaupt teilzunehmen. Die Flügelspieler (Weiss und Mak) sind kaum mehr als Durchschnitt und die zur Verfügung stehenden Stürmer (Duris und Duda) nicht einmal das.

Das Achtelfinale bei so einem Turnier ist der absolute Plafond für diese slowakische Mannschaft. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern – eher steht zu vermuten, dass es beim anstehenden Generationswechsel (sieben Stammkräfte der WM 2010 sind wieder dabei gewesen) zumindest einige Zeit eher nach unten gehen wird. Allerdings haben sie es in der WM-Qualifikation nicht ganz so übel erwischt.

Ungarn: Gut eingestellt und auch glücklich

Team UngarnBei der ersten Turnier-Teilnahme nach 30 Jahren wurde Ungarn völlig überraschend Gruppensieger – eine Leistung, die weit über das Talent des Teams hinausgeht. Umso mehr Credit muss an Bernd Storck gehen, der deutlich mehr aus der Mannschaft heraus geholt hat, als eigentlich drin war.

Sehr genau stellte der ehemalige Teamchef von Kasachstan seine Mannen auf jeden Gegner ein und er hatte auch das nötige Glück. Im Spiel gegen Österreich, dass man nicht nach einer halben Minute in Rückstand geriet und das ÖFB-Team nach einer Viertelstunde de facto erst Junuzovic und dann jedes Selbstvertrauen verlor. Gegen Island, dass kurz vor Schluss doch noch der 1:1-Ausgleich fiel. Und gegen Portugal, dass einige Schüsse zu Toren wurden, die eigentlich nie Tore hätten werden dürfen. Gegen die horrend schlecht gecoachten Belgier hielt man im Achtelfinale das Spiel bis zehn Minuten vor Schluss zumindest vom Ergebnis her offen.

Altmeister Gábor Király glückte mit einer starken EM ein toller Abschluss seiner langen Karriere, auch der betagte Zoltan Gera (einst im EL-Finale mit Fulham) und der nach vielen Jahren in Belgien in die Heimat zurück gekehrte Roland Juhász durften noch ein letztes Hurra feiern. Die meisten anderen haben es auch im besten Fußballer-Alter noch nicht in eine Top-Liga geschafft (Kádár, Lovrencsics) oder haben sich dort nicht nachhaltig durchgesetzt (Pintér). Selbst Adam Szalai hat seine beste Zeit vermutlich schon hinter sich.

Inwieweit die Fußball-Offensive, die in Ungarn auf Impuls von Ministerpräsident Viktor Orbán gestartet wurde, mittel- und langfristigen Erfolg zeigt, wird man erst in mehreren Jahren wissen (auch in Österreich dauerte es ja ein Jahrzehnt, bis man die Früchte ernten konnte). Aber zumindest ist Ungarn nun schon mal zurück auf der Fußball-Landkarte.

Fazit: Vier können zufrieden sein, drei nicht

Die Kritik, dass vier Gruppendritte es auch noch ins Achtelfinale schaffen, wird von vielen Seiten sehr unverhohlen geführt. Man muss aber sagen: Nur einer der vier fiel in seinem Achtelfinale deutlich ab (und dieser eine, die Slowakei, gegen den amtierenden Weltmeister). Die beiden irischen Teams haben ihre Gegner kräftig geärgert und Portugal (kein klassischer Dritter, schon klar) hat es sogar ins Viertelfinale geschafft.

Die Schweizer hätten sich ob des nicht unschlagbaren Gegners Polen mehr ausgerechnet, sie haben aber immerhin ihr Minimalziel erreicht und nicht enttäuscht.

Das sind die Kroaten sicher, aber viel werden sie nicht ändern können – außer, sich einen Plan zu überlegen, wie man reagiert, wenn Modric und Rakitic in Manndeckung genommen werden. Sicher zu mehr oder weniger großen Veränderungen wird es in Spanien und England kommen: Bei den einen eher, was die Besetzung auf dem Feld angeht, bei den anderen, was die Besetzung der Coaching-Zone angeht. Beide werden sich natürlich für die WM in zwei Jahren qualifizieren.

Spätestens da wird man sehen, ob es die richtigen Veränderungen waren.

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