Kroos – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Wed, 09 Jul 2014 17:17:30 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Analyse: Deutschland schlägt Brasilien in unglaublichem WM-Halbfinale 7:1 https://ballverliebt.eu/2014/07/09/deutschland-brasilien-7-1-halbfinale-wm-2014-analyse/ https://ballverliebt.eu/2014/07/09/deutschland-brasilien-7-1-halbfinale-wm-2014-analyse/#comments Tue, 08 Jul 2014 22:48:45 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10383 Analyse: Deutschland schlägt Brasilien in unglaublichem WM-Halbfinale 7:1 weiterlesen ]]> Es ist das wohl denkwürdigste Halbfinale in der 84-jährigen WM-Geschichte – Gastgeber Brasilien, für den nur der Titel zählte, bekam von den Deutschen den Hintern verdroschen, wie noch nie einem Halbfinalisten der Hintern verdroschen wurde. Am Ende steht ein 7:1 in den Geschichtsbüchern, dass sogar ein 7:0 hätte werden können, wenn nicht Oscar doch noch einen reingebracht hätte. Aber wie konnte es dazu kommen, dass Brasilien zwischen der 23. und der 29. Minute vier Tore schluckte?

Brasilien - Deutschland 1:7 (0:5)
Brasilien – Deutschland 1:7 (0:5)

Brasilien begann eigentlich recht schwungvoll – anders als im Turnierverlauf oft, eher so, wie man vor einem Jahr den Confed-Cup angelegt hatte. Ohne ersichtlichen Grund aber nahm die Selção nach fünf Minuten das Tempo völlig raus. Hinten spielten sich David Luiz, Dante und Luiz Gustavo den Ball plötzlich nur noch gemütlich hin und her. Folge war: Der ganze deutsche Mannschaftsverbund, der nach dem frühen Druck recht weit hinten gestaffelt war, rückte Meter um Meter auf. Quasi zum Austesten, wie die Brasilianer reagieren.

Sie reagierten gar nicht. Großer Fehler.

Khedira fing recht schnell immer mehr an, vor allem Dante anzulaufen. Bein einem Ballgewinn reagierte Deutschland nun im Verbund mit kollektivem, raschen nach-vorne-rücken. Die Brasilianer zeigten in zwei, drei Szenen schnell Wirkung – ein ungenauer Abschlag von Júlio César, ein überhasteter und meilenweit von jedem Mitspieler entfernter langer Ball in Richtung Bernard: Deutschland hatte schon vor dem 1:0 die Kontrolle übernommen.

Kompaktheit geht völlig verloren

Dass man bei einer Ecke Müller am langen Pfosten erstaunlich frei lässt, ist zwar nicht besonders geschickt (wiewohl von Deutschland auch gut gemacht), kann aber schon mal passieren und ist eigentlich kein Grund, in sich zusammen zu fallen, vor allem dann nicht, wenn noch 79 Minuten zu spielen sind. Doch die Brasilianer verloren in der Folge jegliche Kompaktheit vor allem im Zentrum – obwohl Marcelo (wie im ganzen Turnier) einen ziemlichen Drall nach innen hatte und sich auch Aufbau-Versuche bei Brasilien oftmals ins Zentrum verlagerten.

David Luiz marschierte öfter nach vorne mit, ohne abgedeckt zu werden. Wie überhaupt sich die Offensiv-Kräfte Brasiliens noch weiter vorne postierten, der Defensiv-Verbund aber nicht geschlossen nachrückte. Gleichzeitig fuhren die Deutschen nun ein Pressing-Brett, dem der Gastgeber nichts entgegen zu setzen hatte.Nach Ballgewinnen hatten die Deutschen nicht nur Überzahl, sondern auch richtig viel Platz.

Das hat genau gar nichts mit dem Fehlen von Neymar zu tun. Aber sehr viel mit jenem von Thiago Silva.

Treibsand

Die ordnende Hand, die der Gelbgesperrte normalerweise ist, fehlte komlett. Nach dem zweiten Gegentor wurden die Löcher bei Brasilien noch größer, versuchte noch mehr jeder in seiner Panik auf eigene Faust, das Geschehene wettzumachen. Die Folge war ein Treibsand-Effekt: Die Deutschen, die schon ohne gruppentaktisches schnelles Umschalten Räume ohne Ende hatten, verstanden es exzellent, die immer mehr verunsicherten Brasilianer aus ihren Positionen zu ziehen und damit Räume zu schaffen.

So vergaß Maicon, der viel zu zentral stand, beim 0:3 hinter ihm auf Kroos. Die Brasilianer halfen sich auch nicht gegenseitig. Es kann niemand Fernandinho gewarnt haben, dass hinter ihm ein Deutscher auf ihn zuläuft, so billig, wie er ihn vor dem 0:4 verloren hat. Das Chaos setzte sich auch beim 0:5 fort. Je mehr die Brasilianer versuchten, das Ruder herum zu reißen, desto mehr ging das Gruppendenken verloren und desto leichter hatte es die deutsche Mannschaft, sich auszutoben.

Runter vom Gas

Natürlich war das Spiel nach einer halben Stunde entschieden und natürlich stieg Deutschland danach deutlich vom Gas. Oscar zum Beispiel versteckte sich weiterhin nach Kräften, der kleine Bernard hatte gegen Höwedes keine Chance, Fred sah kaum einen Ball. Die Chancen, die man sich nach der Pause erarbeitete, machte dann auch noch Neuer zunichte.

Und obwohl Deutschland kaum noch aktiv am Spiel teilnahm, das Pressing logischerweise weitgehend eingestellt hatte und der Nachdruck nach vorne fehlte, erhöhte man sogar noch auf 7:0. Im Grunde war in der zweiten Hälfte aber die Luft natürlich völlig draußen.

Fazit: Deutschland nützte Schwächen konsequent aus

Dass die Seleção so dermaßen in sich zusammenklappte, lag in erster Linie an der Panik, die (eigentlich unverständlicherweise) nach dem frühen 0:1 ausbrach. Mit dieser Hektik und ohne jedes gruppentaktische Verhalten bot man den Deutschen Räume an, die diese extrem clever zu nützen verstanden. Und eiskalt – so gut wie jede Torchance wurde auch konsequent genützt. So konnte sich schon so früh ein so ungewöhnliches Ergebnis abzeichnen.

Was die deutschen Spieler wussten, das wurde in den Interviews schnell deutlich. Ihnen war klar, dass ihnen der Gegner und der Spielverlauf so in die Hände spielten, dass so ein Ergebnis dabei heraus kam. Im Finale wird es ein völlig anderes Spiel werden.

Wie es mit den brasilianischen Spielern weitergeht, wird interessant zu verfolgen sein. Viele der Beteiligten an Österreichs 0:9 in Valencia 1999 waren für ihre Karriere zerstört. Für Brasilien ist diese Niederlage, mit allem was damit zusammenhängt, noch viel, viel schlimmer als der ÖFB-Kegelabend in Spanien damals.

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Bayerns Umstellung nach Kroos‘ Ausfall überfordert Juventus – 2:0! https://ballverliebt.eu/2013/04/03/bayerns-umstellung-nach-kroos-ausfall-uberfordert-juventus-20/ https://ballverliebt.eu/2013/04/03/bayerns-umstellung-nach-kroos-ausfall-uberfordert-juventus-20/#comments Tue, 02 Apr 2013 23:02:55 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8552 Bayerns Umstellung nach Kroos‘ Ausfall überfordert Juventus – 2:0! weiterlesen ]]> Alabas 1:0 nach 23 Sekunden brachte die Bayern im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Juventus auf die Siegerstraße – mindestens ebenso wichtig war aber die intelligente Umstellung von Heynckes, als Kroos nach einer Viertelstunde verletzt raus musste. Mit der veränderten Zuteilung kam Juventus überhaupt nicht zurecht und so gab es letztlich ein 0:2, mit dem die Italiener gar nicht so schlecht bedient sind.

Bayern München - Juventus Turin 2:0 (1:0)
Bayern München – Juventus Turin 2:0 (1:0)  |  ab Minute 16

Ein Fehler von Pirlo im Spiel nach vorne, ein Querpass von Schweinsteiger, ein Gewaltschuss von David Alaba – es dauerte nicht einmal eine halbe Minute, ehe die Bayern mit 1:0 in Führung lagen. Die Hauptaufgabe der Münchner war es natürlich, möglichst Andrea Pirlo aus der Partie zu nehmen – mit der frühen Führung taten sich die Bayern damit leichter, weil die Italiener dadurch gezwungen waren, selbst aufzurücken und das Zentrum nicht so verdichten konnten, wie sie das sonst gerne tun.

Juve schiebt nach vorne

Anfangsphase
Anfangsphase

Wie schon letzten Juni beim deutschen 1:2 im EM-Halbfinale gegen Italien war Toni Kroos auch diesmal dafür zuständig, die Kreise von Pirlo einzuengen. Unterschied zu damals: Bei den Bayern blieb die rechte Seite besetzt. So konnte sich Kroos an Pirlo dranhängen, ohne Angst haben zu müssen, dass die Balance im Team verloren geht.

In den Minuten nach dem 0:1 rückte Juventus tatsächlich recht hoch auf, vor allem die Wing-Backs pushten konsequent nach vorne. Der agile Lichtsteiner und die beiden Läufer im Mittelfeld, Vidal und Marchisio, versuchten Druck aufzubauen und schnell nach vorne zu kommen; dazu war Peluso links bereit, Müller zu ignorieren und ebenso nach vorne zu gehen. Der Druck auf Pirlo allerdings – hauptsächlich eben von Kroos, aber auch Schweinsteiger und der für den gesperrten Javi Martínez in die Start-Elf gerückte Luiz Gustavo – setzten dem Taktgeber zu. So sammelte Juventus in dieser Phase zwar 60 Prozent Ballbesitz, kam aber zu keinen echten Torchancen.

Kroos‘ Verletzung schadet Juve

Nach zwölf Minuten riss sich allerdings Toni Kroos ohne Fremdeinwirkung ein Muskelbündel im Adduktoren-Bereich – für den so spielintelligenten Zehner war das Spiel natürlich vorbei, für ihn kam Robben in die Partie. Dieser ging auf seine angestammte rechte Seite, während Müller ins Zentrum wechselte und die Kroos-Rolle als Pirlo-Bewacher Nummer eins übernahm. So paradox es aber klingt: Die Verletzung eines der besten Bayern-Spielers dieser so dominanten Saison schadete den Bayern deutlich weniger als Juventus.

Dank Robben kam nun nämlich sehr viel mehr Zug zur gegnerischen Grundlinie auf die rechte Bayern-Seite. Hatte Müller zuvor seine Rolle auf der Außenbahn noch kämpferischer und und auch etwas zentraler interpretiert, ging Robben gezielt in den Rücken von Peluso und blieb nahe der Seitenlinie. Oftmals nahm er auch Lahm mit, wodurch eine 2-gegen-1-Überzahl für die Bayern entstand. Das zwang wiederum Chiellini, aus der Dreierkette nach außen zu rücken.

Adjustierung auf der Robben-entfernten Seite

Genau das nützten die Münchner durch einen geschickten Schachzug auf der anderen Spielfeldseite aus. Ribéry stand nun nicht nur sehr hoch, sondern auch sehr weit innen – zuweilen beinahe als zweiter Stürmer oder als hängender Stürmer schräg hinter Mandžukić. Das bedeutete, dass sich weniger Juve-Wingback Lichtsteiner um den Franzosen zu kümmern hatte, als viel mehr mit Barzagli der rechte Mann in der Dreierkette der Turnier. Weil aber eben Chiellini auf der Robben-Seite gebraucht wurde, stand der Rest der Dreierkette nun jeweils Mann gegen Mann ohne überzähligen Spieler. Was ziemlich massive Wirkung zeigte.

Weil die linke Seite der Bianconeri unter Vollbeschäftigung litt und auf der rechten Seite Lichtsteiner oft nicht so recht wusste, ob er Ribéry nachrennen sollte oder doch lieber auf Alaba aufpasste, war nun plötzlich enorm viel Breite im Spiel der Bayern. Instinktiv wanderten dadurch auch Vidal und Marchisio zurück, womit der ungewohnt abenteuerlustige Luiz Gustavo und der wie immer sehr umsichtige Schweinsteiger viel Platz und wenig Druck hatten. Die vor allem auf die Außenspieler des Juve-Abwehrtrios gut pressenden Hausherren (Ribéry! Mandžukić!) hatten das Spiel nun komplett unter Kontrolle, verpassten es aber, die durchaus möglichen Tore zu machen.

Pirlo neutralisiert, Stürmer eher sinnlos

Hinzu kam, dass die Spezial-Aufgabe gegen Pirlo nicht das extrem präzise Gefühl für Auf- und Zurückrücken sowie für das Bespielen der Räume erfordert, wie die Kroos hat und der mehr über Kampfkraft als über Instinkt kommende Müller weniger. Im Gegenteil: Die Wadlbeißer-Qualitäten von Müller kamen in diesem Spiel im Zentrum gegen Pirlo perfekt zu Geltung, was zur Folge hatte, dass Pirlo so gut wie gar nicht zur Geltung kam.

Was Juventus ausgleichen hätte können, wenn die beiden Stürmer sich nicht gar so passiv angestellt hätten. Matri und Quagliarella waren ihrer Mannschaft nämlich überhaupt keine Hilfe. Weder pressten sie die Bayern-Innenverteidiger Dante und Van Buyten wirkungsvoll an, um ihnen die Luft in der Spieleröffnung zu nehmen. Noch ließen sie sich weit genug zurückfallen, um Schweinsteiger und Luiz Gustavo an der Gestaltung zu hindern. Die Juve-Stürmer trabten nur sinnlos zwischen den Reihen herum, bis sie nach etwa einer Stunde völlig zu Recht per Doppelwechsel vom Spielfeld mussten.

Kurz, nachdem der einmal mehr beeindruckend fleißige Mandžukić einen nur mäßig von Buffon parierten Schuss von Luiz Gustavo zu Müller querlegte und dieser aus zwei Metern mühelos das 2:0 markierte. Zwar stand Mandžukić zuvor womöglich knapp im Abseits, was aber nichts daran ändert, dass das zweite Bayern-Tor überfällig war und der Spielstand danach Juve immer noch ein wenig schmeichelte.

Umstellungen von Conte

Mit Mirko Vučinić und Sebastian Giovinco kamen nun zwei Spieler, die es gewohnt sind, als hängende Spitze zu agieren. Vor allem Vučinić stellte sich nun Luiz Gustavo deutlich williger in den Weg als Matri zuvor; zudem brachte der Montenegriner lange vermisste Direktheit und Zug zum Tor ins Spiel des italienischen Meisters. Das erforderte auch, dass Lahm wieder aufmerksamer nach hinten zu arbeiten hatte.

Schlussphase
Schlussphase

Eine weitere Umstellung nahm Juve-Coach Conte eine Viertelstunde vor Schluss vor, indem er Pogba statt Peluso brachte und auf ein nicht ganz ausgewogen wirkendes 4-4-2 umstellte. Das bedeutete eine diametrale Änderung von allem, wofür das 3-5-2 in Turiner Interpretation steht: Nun gab es jeweils zwei Flügelspieler, statt nur einen – in der Theorie, denn während Chiellini die Umstellung sichtlich schwer fiel und er sich nicht so recht nach vorne traute, ließ Lichtsteiner die Schnittstelle zu Barzagli durch seine hohe Positionierung weit offen.

Zudem gab es im Zentrum nun nicht mehr einen Taktgeber und zwei Laufwunder, sondern zwei Passspieler und gar keine Läufer mehr. Damit aber konnten die Bayern ihre Überzahl im Zentrum so ausspielen, dass von Pirlo und Pogba keine wirklich gewinnbringenden Pässe kamen.

Diese letzte Umstellung von Conte wirkte schon ein wenig verzweifelt und die Mannschaft wusste auch nicht so wirklich damit umzugehen. Womit sich auch am 0:2 nichts mehr änderte.

Fazit: Juve kam mit Bayern-Adjustierungen nicht klar

Juventus war drauf und dran, das Spiel in die Hand zu nehmen, als die Bayern durch Kroos‘ Verletzung zur entscheidenden Umstellung gezwungen wurden – mit der Juventus sichtlich überfordert war. Vidal und Marchisio hingen zwischen „Hinten helfen“ und „Bayern-Mittelfeld unter Druck setzen“ und machten letztlich beides nicht gut genug. Der einzige Vorwurf, den sich die Bayern gefallen lassen müssen: Nicht den durchaus möglichen und auch durchaus verdienten noch höheren Sieg geschafft zu haben.

Das Zwei-Tore-Defizit lässt gerade noch zu, dass Juventus kleine Hoffnungen haben darf. Dafür muss sich Conte aber mit Sicherheit etwas ziemlich Schräges einfallen lassen, denn mit dem gewohnten 3-5-2 kamen die Bayern gut zurecht. Zudem werden die Münchner von der untypisch italienischen Top-Stimmung in der modernen Juventus-Arena nicht so eingeschüchtert sein wie die meisten Serie-A-Teams.

Es ist also noch nicht der Deckel drauf – frag nach bei Arsenal – aber so gut wie.

(phe)

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Bitteres 1:2 gegen Deutschland – aber Österreich zeigt eine tolle Leistung https://ballverliebt.eu/2012/09/12/bitteres-12-gegen-deutschland-aber-osterreich-zeigt-eine-tolle-leistung/ https://ballverliebt.eu/2012/09/12/bitteres-12-gegen-deutschland-aber-osterreich-zeigt-eine-tolle-leistung/#comments Wed, 12 Sep 2012 02:05:36 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7833 Bitteres 1:2 gegen Deutschland – aber Österreich zeigt eine tolle Leistung weiterlesen ]]> Was für einen Unterschied ein Jahr macht! Vor 12 Monaten spielte Österreich gegen Deutschland noch drucklos und wie das Kaninchen vor der Schlange – nun traute sich das ÖFB-Team richtig was zu und gab Deutschland eine richtig harte Nuss zu knacken. Zwar gewann der Favorit letztlich mit 2:1. Verdient hatte sich Österreich mit dieser Leistung die Niederlage aber nicht.

Österreich – Deutschland 1:2 (0:1)

Realistisch betrachtet wird keiner der Gruppengegner viele Punkte machen – so gesehen war auch für Österreich (oder gerade für Österreich) dieses Spiel für die Psyche wohl wichtiger als für die Tabelle. Und so gesehen darf das ÖFB-Team erhobenen Hauptes aus diesem Spiel kommen und die kommenden, sicherlich mühsamen Spiele gegen Kasachstan angehen. Denn die Leistung der Mannschaft von Marcel Koller war über weite Strecken ausgezeichnet.

Baumgartlinger und Kavlak…

Das auffälligste Feld von Interesse in diesem Spiel war auf beiden Seiten der Umgang mit dem Raum hinter den zentralen Mittelfeld-Spielern. Beide Mannschaften ließen hier nämlich ein veritables Loch, allerdings mit einem sehr unterschiedlichen Hintergrund und auch recht unterschiedlichen Auswirkungen.

Österreich spielte mit dem unter Koller schon gewohnten 4-4-1-1 mit Junuzovic als hängender Spitze, die in vorderster Front gegen den deutschen Spielaufbau pressen sollte. Und Pressing war auch das Zauberwort bei Kavlak und Baumgartlinger. Diese beiden standen auch gegen den Ball sehr hoch und setzten ihre deutschen Counterparts so gut es ging unter Druck, sorgten aber vor allem dafür, dass die Passwege in ihren Rücken so gut es ging zugestellt waren.

Dazu rückten auch Ivanschitz und Arnautovic von den Flügeln ein. Auf diese Art und Weise hatten Özil und Klose vorne zwar reichlich Platz zwischen den Reihen, es war aber kaum möglich, diese beiden auf gewünschtem Wege anzuspielen. Versuchten es die Deutschen hoch, rückte Pogatetz aus der Abwehrkette heraus und pflückte die Kopfbälle weg. Versuchten sie es flach, blieb man oft an der gut gestaffelten Mittelfeld-Kette hängen, was ob des brutal schnellen Umschaltens der Österreicher auch keine gute Idee war. Und kam doch mal ein Ball durch, rückten Baumgartlinger und Kavlak so flink zurück, dass plötzlich überhaupt kein Platz mehr da war.

… vs. Khedira und Kroos

Sowohl Sami Khedira als auch Toni Kroos verstehen sich eher als Spielgestalter. Wenn zwei solche Spielertypen nebeneinander spielen, empfiehlt sich ein gutes Verständnis zwischen den beiden. Das gibt es bei Khedira und Kroos allerdings nicht, was sich vor allem bei Ballverlust zeigte. Nachdem oft beide im Vorwärtsgang waren, fehlte die zentrale Absicherung, was Österreich konsequent auszunützen versuchte.

Vor allem Ivanschitz preschte immer wieder zwischen die Reihen und war dort eine gern genommene Anspiel-Option unmittelbar nach Ballgewinn. Eben weil sich die Mittelfeld-Kette der Österreicher so eng zusammen zog, waren die Passwege im Umschalten von Defensive auf Offensive nie besonders lang. Das stellte das deutsche Mittelfeld vor ein Dilemma: Einerseits muss die angreifende Mannschaft natürlich danach trachten, das Spielfeld und damit den vom Gegner zu verteidigenden Raum so groß wie möglich zu machen.

Weil aber Österreich eine ständige Gefahr im schnellen Umschalten ist, geht das nicht ganz ohne Sicherheits-Mechanismus – sonst hätte die Österreicher ja nach Ballgewinn freie Bahn. Daher rückten auch das deutsche Mittelfeld zusammen. Das hatte wiederum den Effekt, dass auf jener Seite, auf der sich der Ball gerade nicht befand, unüblich große Räume entstanden (Thomas Tuchel bezeichnete das jüngst in einem Interview als „ballentfernten Halbraum“).

Genau diese wurden von Österreich nach Balleroberung gesucht: Es gab im ÖFB-Team praktisch keine langen, hohen Bälle nach VORNE – aber immer wieder hohe Flankenwechsel in den freien Raum, in dem ein österreichischer Spieler wartete. So war das deutsche Team zu schnellem Verschieben gezwungen, was früher oder später immer mal Löcher reißen lässt. In diesem Raum hinter Khedira und Kroos entfachte Österreich große Gefahr und mangels Unterstützung aus dem Mittelfeld kam die deutsche Defensive immer wieder kräftig ins Schwimmen.

Der Gamble

Die hohe Positionierung des österreichischen Mittelfeld und den sich ergebenden Raum zwischen diesem un der relativ tief stehenden Innenverteidigung war ein ziemlich riskantes Spiel bei den Österreichern. Einerseits warf diese Spielweise dem deutschen Spielaufbau auf konstanter Ebene Stöckchen zwischen die Beine und ermöglichte ein massives, schnelles Aufrücken von vielen Spielern nach Balleroberung. Das Heim-Team kam dadurch zu einer ganzen Reihe von guten Torchancen, und hätte nach einer halben Stunde eigentlich schon führen müssen.

Andererseits barg das aber natürlich immer das Risiko, dass sich die Deutschen doch einmal durchkombinieren können. Dann ist der Weg zu weit für die Abwehr und es wird brandgefährlich. Letztlich kostete genau das kurz vor der Halbzeit den Gegentreffer. Durch den davor kaum in Erscheinung getretenen Marco Reus ging der heftig strauchenlde Favorit mit 1:0 in Führung.

Österreichisches Pressing lässt merklich nach

Unter Marcel Koller hat sich Österreich zu einer veritablen Pressing-Maschine entwickelt – das zeigte sich auch in diesem Spiel. Der Platz und die Zeit für den ballführenden Deutschen wurde ziemlich konsequent kurz gehalten, auch dadurch bewegte sich die deutsche Fehlpass-Quote auf einem ungewohnt hohen Niveau. Es passiert Mannschaften von der Klasse Deutschlands auch nur höchst selten, dass sie sich von einem auf dem Papier nicht zumindest halbwegs gleichwertigen Gegner solchen Pressing gegenüber sieht. Vor allem Philipp Lahm hatten sich die Österreicher als Opfer ausgesucht.

Die Verwirrung und die leichte Planlosigkeit darüber, wie man dem österreichischen Pressing denn nun entgehen kann, war immer wieder erkennbar. Durch das 1:0 kurz vor der Pause wurde dem ÖFB-Team aber merklich ein Schlag in die Magengrube versetzt, zumal das kräfteraubende Spiel nun ein wenig seinen Tribut forderte und man nach dem Seitenwechsel auf ein allzu heftiges Pressing verzichtete.

Deutschland kam deutlich besser aus der Halbzeit heraus und versuchte nicht ohne Erfolg, das dichte österreichische Mittelfeld über die Seiten zu umgehen. Das 2:0 entstand zwar aus einer Abseits-Position, war aber wegen der etwas verloren gegangenen Ordnung und Konsequenz im Mittelfeld bis zu einem gewissen Grad folgerichtig.

Arnautovic und Schmelzer

Ein Duell, dass vor allem nach dem 0:2 immer mehr in den Fokus rückte, war indes jenes von Marko Arnautovic gegen Marcel Schmelzer. Während Ivanschitz auf der anderen Seite eher einrückte und Fuchs für die Breite im Spiel nach vorne sorgte, blieb Arnautovic auf seiner rechten Außenbahn viel eher nahe der Seitenlinie. Dort konnte er sich mit Fortdauer der Partie immer besser gegen den Linksverteidiger von Borussia Dortmund durchsetzen. Sein gewonnener Zweikampf mit Schmelzer war der Schlüssel zum 1:2-Anschlusstreffer nach rund einer Stunde.

In der Folge hatte Schmelzer seinem Gegenspieler immer weniger entgegen zu setzen, was zu einem immer verzweifelter werdenden Gesichtsausdruck bei Bundestrainer Löw führte, wann immer dieser nach „Maaarceeeel!“ schrie. Das Glück von Schmelzer: Die Flanken, die Arnautovic von der linken Seite in den Strafraum schlug, hatten eine erstaunliche Streuung und blieben praktisch alle völlig unbrauchbar. Hier wäre viel mehr möglich gewesen.

Schlussphase

Sowas wie Brechstange

Mit der Führung im Rücken konnten sich die Deutschen im Mittelfeld natürlich auch ein wenig zurück ziehen. Das nahm Österreich logischerweise den Platz, in dem sie sich in der ersten Hälfte noch so genüsslich hatten ausbreiten können. Andere Strategien waren nun gefordert.

Also ging es nun eher daran, über die Flanken nach vorne zu kommen und in der Mitte Abnehmer zu finden. Das klappte mit Guido Burgstaller, der nach einer Stunde den extrem fleißigen, aber auch eher glücklosen Martin Harnik ersetzt hatte, nicht wie gewünscht. Auch, weil sich der Rapidler – der einzige in der österreichischen Liga spielende Teilnehmer im ganzen Spiel – ähnlich wie Harnik eher als mitspielender Mittelstürmer sieht, viel auch Richtung Außenbahnen ging. In der Schlussphase gab es mir Marc Janko dann einen echten Anspielpunkt im Strafraum.

Der auch Gegenspieler bindet – was in Minute 88 fast zum Erfolg geführt hätte, weil sich Badstuber bei einer Flanke von links zu weit weg stand und Schmelzer sich nicht um Janko UND Arnautovic kümmern konnte – und Letzterer den Ball aber nicht im Tor unterbringen konnte. Es wäre das Tor zu einem sicherlich verdienten Remis gewesen.

Fazit: Trotz der Niederlage geht Aufwärtstrend beim ÖFB-Team weiter

Vor einem Jahr war das österreichische Mittelfeld noch eine komplett Pressing-freie Zone. Jetzt wird sogar auf Deutschland ein Druck ausgeübt, wie es das die DFB-Elf von einem Topf-4-Team wohl noch nie erlebt hat. Dieses Spiel bestätigte eindrucksvoll den Aufwärtstrend, den Österreich unter Marcel Koller gemacht hat. Endlich traut sich auch ein rot-weiß-rotes Team gegen einen übermächtig scheinenden Gegner zu, selbst die Initiative zu ergreifen. Und stellt sich, überspitzt formuliert, nicht mehr nur auf das Feld und hofft, dass sich die sportliche Katastrophe in Grenzen halten möge.

Bei Deutschland zeigte sich einmal mehr, dass man einen Bastian Schweinsteiger in guter Form einfach nicht ersetzen kann. Toni Kroos wirkte auf dieser Position verloren: Nach vorne blieb er wirkungslos, nach hinten fehlte ihm die dafür notwendige geistige Schärfe. Das eröffnete Österreich viele gute Tormöglichkeiten. Es war generell keine gute Leistung des EM-Semifinalisten. Was aber natürlich nichts daran ändert, dass das immer noch die klar stärkte Mannschaft in dieser Gruppe ist, die sich in den verbleibenden neun Spielen recht sicher für die WM qualifizieren wird.

Für Österreich kommen nun die beiden mit Abstand wichtigsten Spiele des Jahres zu – das Kasachstan-Doppel im Oktober. Hier wird man nicht auf Räume zwischen den Reihen lauern können. Hier wird das ÖFB-Team gefordert sein, gegen einen kompakten und unangenehmen Gegner ein Bollwerk zu knacken. Und der Test gegen die destruktiven und erschreckend biederen Rumänen im Juni hat gezeigt: Hier hat dieses Team wohl noch die größten Schwächen.

Also, Vorsicht: Schweinespiele voraus.

(phe)

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1:2 gegen Italien: Deutschland scheitert wieder einmal kurz vorm Ziel https://ballverliebt.eu/2012/06/29/12-gegen-italien-deutschland-scheitert-wieder-einmal-kurz-vorm-ziel/ https://ballverliebt.eu/2012/06/29/12-gegen-italien-deutschland-scheitert-wieder-einmal-kurz-vorm-ziel/#comments Thu, 28 Jun 2012 23:38:42 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7627 1:2 gegen Italien: Deutschland scheitert wieder einmal kurz vorm Ziel weiterlesen ]]> Schon wieder Italien… Deutschland versuchte im Halbfinale wohl etwas zu viel, sich auf den Gegner zu konzentrieren und vergaß darüber die eigenen Stärken aus dem Auge. Da agierte die italienische Mannschaft abgeklärter, laufstärker und vor allem mit geschicktem Aufrücken. So ist für Deutschland das geplante Finale gegen Spanien geplatzt.

Italien - Deutschland 2:1 (2:0)

Schon im Vorfeld hatte Bundestrainer Löw verlauten lassen, dass sein Team die Pässe von Andrea Pirlo so gut es geht verhindern muss. Kroos war nominell als Zehner aufgeboten, hatte aber vornehmlich die defensive Aufgabe gegen Pirlo zu erfüllen. Das Kalkül dahinter war logisch: Wenn Pirlo aufrückt, steht ihm Kroos auf den Füßen, sollte sich der Altstar von Juve zurückfallen lassen, übernahm Gomez diese Aufgabe. Und in der Tat ließ sich Pirlo in der ersten Hälfte eher zurückfallen.

Ob mit Bewachung durch Kroos oder ohne: Pirlo konnte seine Pässe immer schlagen. Einziger Unterschied: Ohne Bewacher tat er das höher und vertikaler.

Seine Pässe allerdings wurden dadurch nicht unterbunden, sie fanden nur von deutlich weiter hinten statt – und bis auf wenig Ausnahmen wurde Pirlo auf Querpässe reduziert. Die wenigen echten Zuspiele nach vorne brachten allerdings immense Gefahr, einer davon leitete das 1:0 für Italien ein.

Weil Deutschland dann sogar mit einem 0:2-Rückstand in die Pause ging, war Löw gezwungen, auf die designierte Pirlo-Deckung zu verzichten. Das hatte überhaupt keine Auswirkungen auf die Ballkontakte von Pirlo und die Anzahl der Pässe, die er schlug. Sehr wohl aber auf Ausgangspunkt und Ziel dieser Pässe: Ohne Kroos, der ihn zurück schob, konnte Pirlo mit dem Ball weiter aufrücken und ob der Tatsache, dass die Deutschen hinten aufmachen mussten, auch deutlich vertikaler. Zudem hatte er mit Diamani und Di Natale dann auch zwei frische Anspielstationen.

Fazinierend ist dabei, dass lange Bälle von Pirlo praktisch immer einen Mitspieler fanden.

Rechte deutsche Seite

Zurück zur ersten Halbzeit. Kroos stand durch seine Aufgabe logischerweise auf der Zehn, was hieß, dass Mesut Özil um ihn herum spielen musste. Das ist für ihn normalerweise kein Problem und er war auch im Viertelfinale gegen Griechenland mehr auf der Flügel unterwegs als im Zentrum. In diesem Spiel allerdings vermied es Özil, allzu viel auf die sonst verwaiste rechte Seite zu gehen. Was seltsam ist – denn mit Chiellini stand dort zwar ein gelernte Innenverteidiger. Aber erstens spielt Italien ohnehin traditionell sehr eng, was den Platz in der Mitte ziemlich zumachte (auch weil De Rossi deutlich tiefer stand als Marchisio); und zweitens hätte Gomez in der Mitte durchaus ein paar Flanken brauchen können.

Das Vakuum auf der rechten deutschen Angriffsseite füllte immer wieder Sami Khedira, der aus der Schaltzentrale hinter Özil und Kroos herausging. Die Überlegung, Chiellini dadurch an allzu viel Vorwärtsdrang zu hindern, war an sich logisch, aber Khedira fehlte dadurch im Zentrum. Ohne die Übersicht, die Ruhe am Ball und das Spielverständnis von Khedira war der formschwache Schweinsteiger im Zentrum dann alleine. So hatte Montolivo fiel Platz, um sich auszutoben und als Verbindung zu den zwei Spitzen zu agieren.

Das teilweise Fehlen von Khedira im Zentrum resultierte zwar nicht direkt in Toren, aber es hat das deutsche Spiel merklich beunruhigt – eine Unruhe, die auf die bislang so starke Innenverteidigung ausstrahlte.

Podolski schwach, Marchisio weltklasse

Anders als die rechte deutsche Seite war die linke zwar besetzt, aber im Grunde nur nominell. An Lukas Podolski lief das Spiel komplett vorbei. Zum einen durch den generellen Rechtsdrall im deutschen Spiel, zum anderen aber auch deshalb, weil er sich zu wenig anbot und nie seine gegenüber Balzaretti überlegene individuelle Klasse ausspielen konnte. Und das, obwohl Balzaretti nicht nur der wahrscheinlich schwächste Italiener ist, sondern der gelernte Linksverteidiger wegen Abates Verletzung auch noch auf der für ihn ungewohnen Seite spielen musste.

Was für das Nicht-Vorhanden-Sein von Podolski ebenfalls von großer Bedeutung war: Die absolut überragende Leistung von Claudio Marchisio. Der 26-Jährige vom italienischen Meister Juventus war überall zu finden, half hinten, ging nach vorne, deckte vor Balzaretti die Flanke ab, zeigte exzellentes Stellungsspiel und warf sich, wenn nötig, mit voller Konsequenz in die Zweikämpfe. Außerdem spulte er in beiden Halbzeiten die meisten Meter seiner Mannschaft ab (6,2 km in der ersten und 6,0 km in der zweiten Hälfte).

Druck durch konsequentes Aufrücken

Überhaupt, die italienische Laufarbeit. Dass die Azzurri gegenüber den Deutschen zwei Tage weniger Pause hatten und obendrein im Viertelfinale noch in die Verlängerung gehen hatten müssen, war in keiner Phase des Spiels zu merken. Im Gegenteil: Italien lief den Gegner in Grund und Boden; pro Halbzeit liefen sie ihren deutschen Gegenspielern über drei Kilometer davon.

Was natürlich vor allem eine Folge des konsequenten Aufrückens der italienischen Mannschaft war. Das hatten schon im ersten Halbfinale die Portugiesen gegen Spanien mit einigem Erfolg praktiziert, und das machten nun auch die Italiener. Praktisch die komplette italienische Mannschaft rückte, wenn sich der Ball vom eigenen Tor weg bewegte, ebenso mit nach vorne. Das machte es bei Ballverlust wesentlich leichte, die Räume für den deutschen Spielaufbau sofort eng zu machen – und Deutschland fand kein passendes Mittel dagegen.

Womit Prandelli seinen Worten Taten folgen ließ – schließlich hatte er angekündigt, die Deutschen nicht tief zu empfangen. Das hatte er als nicht Zielführend gesehen. Das Aufrücken aber war goldrichtig.

Cassano und Balotelli

Genauso wenig wie für die beiden italienischen Sturmspitzen. In der deutschen Bundesliga spielen nur vier von 18 Teams konsequent mit zwei echten Stürmern (M’gladbach, Hamburg, Bremen und Hannover). Das heißt: Im Liga-Alltag hat des die deutsche Defensive nur selten mit zwei echten Stürmern zu tun. Und vor allem nicht mit solchen Kalibern wie Cassano und Balotelli. Die beiden decken einen enormen Raum ab, schaffen mit ihren oft unerwarteten Laufwegen permanent Unordnung beim Gegner und sind technisch absolut hochklassig.

Hummels und Badstuber hatten damit einige Probleme. Beim ersten Gegentor stellten sie sich zwar richtig (Hummels half Boateng gegen Cassano, Badstuber übernahm im Zentrum Balotelli), gingen aber beide nicht konsequent genug in den Zweikampf; beim zweiten Gegentor war man im Umschalten nach einer eigenen Standard-Situation nicht auf Balotelli gefasst.

Die beiden außerhalb des Spielfeldes eher zweifelhaften Figuren harmonieren auf dem Platz prächtig. Wahrscheinlich gerade weil sie beides Instikt-Fußballer sind.

Umstellungen

Mit 0:2 im Rückstand musste Joachim Löw natürlich reagieren. Für die zweite Hälfte brachte er statt des eher unglücklichen Gomez und der komplett unsichtbaren Podolski mit Klose und Reus gleich zwei neue Spieler. Das hieß, dass man die Manndeckung für Pirlo, wie erwähnt, weitgehend aufgab und sich darauf konzentrierte, das eigene Spiel wieder vermehrt zur Geltung zu bringen. Reus ging auf die rechte Seite, Kroos wich tendenziell auf die linke Seite aus und Özil war nun zumeist der Zehner. Alleine: Das deutsche Spiel blieb relativ eng.

Anders gesagt: Deutschland versuchte weiterhin, die Italiener in deren ureigenstem Kerngebiet, dem Spiel durch die Mitte, zu bezwingen – aber das kann Italien immer noch besser. Zumal Prandelli nach rund einer Stunde auf das sich etwas veränderte Spiel reagierte und seinerseits zwei neue Spieler brachte: Diamanti kam einmal mehr für Cassano und gesellte sich wie gewohnt etwas näher zum Mittelfeld und auf die halbrechte Seite, und für den sehr ordentlichen Montolivo kam mit Thiago Motta ein Spieler, der es perfekt versteht, Bälle abzulegen und mit kurzen Pässen dem Spiel Struktur zu verleihen.

Schlussphase

Deutschland spielte nun zwar etwas flüssiger, aber Italien verstand es immer noch, auch in den späteren Phasen der Partie weit aufzurücken – ein Umstand, der den Deutschen psychisch sichtlich zu schaffen machte. Nicht nur, weil es das eigene Spiel massiv behinderte. Sonder auch, weil die Italiener somit sagten: „Sehr her, wir sind immer noch fit!“

Brechstange

In der letzten Viertelstunde gab es für die Deutschen dann nur noch die Brechstange. Müller war für Boateng gekommen und dieser besetzte nun die rechte Seite, Reus ging ins Sturm-Zentrum zu Klose, Özil und Lahm kamen eher über links. Struktur hatte das sonst so durchgeplante deutsche Spiel nun natürlich nicht mehr, das ist in einer solchen Situation aber zu einem gewissen Grad wohl auch erwünscht. Schließlich hatte eben dieses durchgeplante Spiel in den 75 Minuten zuvor keine Wirkung erzielt.

Die Folge der Umstellung auf ein System, was man als 2-4-4 bezeichnen kann, hatte natürlich zur Folge, dass dir frisch eingewechselten und damit läuferisch den Gegenspielern nun natürlich haushoch überlegenen Diamanti und Di Natale Räume zum Kontern boten – spätestens hier hätte Italien den Sack zu machen müssen.

Dennoch musste man auch nach dem von Özil verwandelten Handelfmeter in der Nachspielzeit nicht mehr wirklich zittern. Italien war die cleverere Mannschaft und sich damit den Sieg verdient.

Fazit: Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht

Da versucht man einmal, sich als deutscher Teamchef in seiner Herangehensweise an ein Spiel auf die Eigenheiten des Gegners einzugehen – und schon geht’s schief. Durch die Manndeckung für Pirlo wurde dieser zwar zumeist zu Querpässen gezwungen, aber es wurde verabsäumt, die anderen drei Spieler im italienischen Mittelfeld (der überragende Marchisio, der fleißige Montolivo und der sichere De Rossi) aus der Gleichung zu nehmen, indem man sie aus ihrer Position zieht, sie zum Helfen auf den Flügel zieht.

Es ist bemerkenswert, dass Löw gerade gegen die für ihre Enge bekannten Italiener selbst den Weg über die Mitte suchen wollte und nicht den vielen Platz auf den Flanken nützte – Vor allem, wenn die Azzurri aufrückten. Es kamen keine Lochpässe von Özil in den Rücken der Abwehr, wenn diese hoch stand. Es wurde komplett verabsäumt, Balzaretti zu testen. Es wurde durch den zeitweisen Rechtsdrall von Khedira, als dieser das Vakuum auf der Außenbahn etwas füllen wollte, das defensive Zentrum preisgegeben.

Die Italiener machten nichts, mit dem man nicht rechnen konnte: Dass Teams von Cesare Prandelli nicht tief stehen, wusste man. Dass sich die Italiener auf die Mitte konzentrieren, um auf den Flanken Räume für die sehr mobilen Stürmer zu schaffen, wusste man auch. Alleine, dass die körperliche Verfassung dermaßen herausragend ist, mag als „erstaunlich“ durchgehen.

So bleibt nach dem vierten Semifinale, das Deutschland hintereinander erreicht hat, zum dritten Mal die Erkenntnis, dass der Gegner besser war. Diesmal vielleicht weniger von der individuellen Qualität, sondern von der inhaltlichen Herangehensweise.

Und damit war gerade bei den taktisch eigentlich so sicheren Deutschen nicht zu rechnen.

(phe)

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Achter und Zehner in Personalunion – Bayern kontrolliert Real dank Toni Kroos https://ballverliebt.eu/2012/04/18/achter-und-zehner-in-personalunion-bayern-kontrolliert-real-dank-toni-kroos/ https://ballverliebt.eu/2012/04/18/achter-und-zehner-in-personalunion-bayern-kontrolliert-real-dank-toni-kroos/#comments Wed, 18 Apr 2012 00:32:42 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7070 Achter und Zehner in Personalunion – Bayern kontrolliert Real dank Toni Kroos weiterlesen ]]> Eigentlich ist dieser 2:1-Sieg für die Bayern ja ein ziemliches Null-Ergebnis. Die Chancen auf das Finale sind weiterhin ziemlich gleich verteilt. Aber festzuhalten gilt: Die Münchner zeigen sich von der verlorenen Meisterschaft gut erholt und fügen den unter den Erwartung bleibenden Madrilenen eine späte, aber zweifellos verdiente Niederlage zu

Bayern München - Real Madrid 2:1

Nein, gefallen hat Real Madrid das Halbfinal-Los nicht. Die Bayern, die „Bestia Negra“, sind im Lager der Königlichen berüchtigt. Klar hält man sich selbst für klar besser, und was die individuelle Klasse der Spieler angeht, auch mit einigem Recht. Aber die gut organisierte, athletische und vor allem psychisch stabile Anlage deutscher Teams im Allgemeinen und der Bayern im Speziellen liegen Real einfach nicht. Das wurde auch in diesem Spiel deutlich.

Schlüsselfigur bei den Bayern: Toni Kroos

Der auffälligste Spieler bei den Bayern war eindeutig Toni Kroos. Nicht nur, wegen seines unglaublichen Laufpensums, sondern auch wegen seiner Rolle innerhalb des Systems: Anders als zuletzt etwa in Dortmund, wo die Bayern mehr oder weniger in einem 4-2-4 aufgetreten waren, positionierte sich Kroos (nominell als Zehner im 4-2-3-1) oftmals extrem tief. Das mag auch daran gelegen haben, dass ihm Sami Khedira wie ein Schatten verfolgte, sobald Kroos die Mittellinie überquert hatten, wirkte sich aber sehr positiv auf das Spiel der Bayern aus.

Toni Kroos verteilte die Bälle gut, war für Real kaum ausrechenbar

Zumindest ab dem Zeitpunkt, ab dem sich Kroos vermehrt durch tiefere Positionierung der Umklammerung von Khedira entzog. Bis dahin – also in der ersten Viertelstunde – hatte Real die Offensivkräfte der Bayern gut im Griff. Robben war isoliert, weil Lahm gegen Cristiano Ronaldo sehr vorsichtig im Spiel nach vorne war. Ribéry (und auch Alaba) wurden konsequent in Unterzahl-Situationen verwickelt – Arbeloa, der gut nach hinten arbeitende Di María und oft auch Khedira oder sogar Özil verwickelten das Bayern-Duo auf links in viele Zweikämpfe.

Über weite Strecken des Spiels zeigte Toni Kroos aber, was für ein hervorragender und vielseitiger Mittelfeldspieler er ist. Weil er neben der nominellen Rolle als Zehner auch viele offensive Aufgaben von Achter Schweinsteiger übernahm – dieser ist nach seiner langen Verletzungspause sichtlich noch einiges von seiner Topform entfernt – agierte er mehr aus der Tiefe heraus und vermochte so, die Bälle auf für Real ziemlich unberechenbare Weise zu verteilen. Zudem war er sich für keinen Zweikampf zu schade und half aus, wo es nötig war.

Von einer Verlegenheit in die nächste

Die Rolle und die starke Leistung von Kroos brachte Real im Zentrum in eine gewisse Verlegenheit. Khedira wollte sich nicht zu weit aus seiner Position ziehen lassen und Özil war in der Rückwärtsbewegung nicht allzu konsequent. So tauschten Özil und Di María halb durch die erste Hälfte ihre Plätze. Das brachte Real aber nur von einer Verlegenheit in eine andere – denn nun hatte Alaba deutlich mehr Freiheiten nach vorne und damit kam auch Ribéry besser in die Partie.

Die Hausherren erarbeiteten sich so ein deutliches Übergewicht nicht nur im Zentrum, sondern nun auch auf den Flanken, wodurch die 1:0-Führung (wiewohl Luiz Gustavo dabei alles andere als passiv im Abseits stand) vollauf verdient war. Zu sagen, die Madrilenen machten einen hilflosen Eindruck, wäre maßlos übertrieben. Aber eine gewisse Zerstreutheit müssen sich die Gäste schon nachsagen lassen.

Spieleröffnung klappt nicht nach Wunsch

Was aber auch daran lag, dass es die Bayern ganz gut verstanden, die Spieleröffnung von Real merklich zu stören. Hatten die Innenverteidiger Pepe und Ramos den Ball, war es ganz deutlich nicht Mario Gomez‘ Aufgabe, auf diese beiden zu pressen, sondern dafür zu sorgen, dass Xabi Alonso als Anspielstation aus der Gleichung genommen wird. Wenn schon keine echte Torgefahr von Gomez ausging, diese defensive Aufgabe löste er ganz ordentlich.

Ramos hatte wenig Gelegenheit zu kurzen Pässen nach vorne, die langen kamen zumeist nicht an

So brachte vor allem Sergio Ramos, der für die Spieleröffnung aus der Verteidigung verantwortlich war, recht wenig Pässe auf Xabi Alonso an und hatte so nur noch zwei Möglichkeiten: Raus auf Coentrão, der allerdings keine gute Leistung zeigte, oder langen Hafer nach vorne – diese Pässe kamen zumeist nicht an.

Was Real im Spiel nach vorne deutlich den Drive nahm. Cristiano Ronaldo war bei Philipp Lahm und Luiz Gustavo in guten Händen und nahm im Grunde nur bei Standard-Situationen am Spiel teil. Da half es auch nichts, dass Benzema extrem viel auf die Seiten auswich und dabei vor allem Badstuber ordentlich aus der Position zog, hier passten Boateng und der umsichtige David Alaba gut auf. So entstanden kaum defensive Löcher und die Bayern brachten das hochverdiente 1:0 auch in die Pause.

Ausgleich erzwingt Änderung

Zum Start der zweiten Hälfte war Özil wieder im Zentrum und nützte einige Minuten nach Wiederbeginn einen kollektiven Tiefschlaf in der Bayern-Defensive und einen geschickten Quer-Pass von Cristiano Ronaldo (dessen einzige wirklich produktive Aktion im ganzen Spiel) zum völlig gegen den Spielverlauf fallenden 1:1-Ausgleich.

Womit für Heynckes zwei Faktoren zusammen kamen, wegen denen er nach einer Stunde wechselte: Zum einen war Schweinsteiger einfach nicht besonders gut und auch noch nicht fit für mehr als 60 Minuten auf diesem Niveau, zum anderen musste er nun ohnehin eine weitere Option für vorne bringen. Also ging Schweinsteiger raus, Thomas Müller kam hinein. Das hieß, dass Kroos nun vollends Achter und Zehner gleichzeitig war, schließlich orientierte sich Müller auf der Zehn deutlich höher als das Kroos zuvor gemacht hatte.

Die Bayern blieben auch weiterhin die bessere Mannschaft, allerdings ließ die Genauigkeit immer mehr nach. Diesen Effekt verstärkte Mourinho, indem er Di María wieder ins Zentrum stellte, um dort für Stabilität zu sorgen und es Khedira zu ermöglichen, Kroos wieder aktiver nachzustellen. Für Özil kam mit Marcelo die defensivere Variante für die linke Seite, Cristiano Ronaldo wurde damit von Lahm erlöst. Dass im der rotzfreche David Alaba aber so fleißig um die Ohren rennt, dass er gemeinsam mit Ribéry Arbeloa mit Arbeit eindeckte und Ronaldo damit erst recht isoliert blieb, damit rechnete er aber wohl nicht.

So lief das Spiel einem 1:1 entgegen, mit dem Real aufgrund des Auswärtstores deutlich besser hätte leben können als die Bayern. Doch kurz vor Schluss brachte einer der zahllosen Vorstöße von Lahm noch einen Querpass vor das Tor, wo Mario Gomez verwertete – das 2:1, der alles in allem fraglos verdiente Siegtreffer für die Bayern.

Fazit: Geschickte Taktik im Mittelfeld beschert Bayern verdienten Sieg

Es wäre etwas hart zu sagen, dass Real nach einer CL-Saison, in der man es nur mit (übertrieben gesagt) Fallobst zu tun hatte, beim ersten echten Gegner sofort eine auf den Deckel bekommen haben. Aber Tatsache ist: Erstmals in dieser Europacup-Saison waren die Madrilenen wirklich gefordert, und sie wären, wenn es dabei geblieben wäre, mit einem schmeichelhaften Remis ins Rückspiel gegangen. Von einem dominanten Auftreten war Real weit entfernt.

Der Schlüssel bei den Bayern war, dass Toni Kroos die sehr fordernde Rolle, die er hatte, glänzend erfüllte. Seine Laufbereitschaft, die Spielübersicht und die zumeist recht genauen Pässe sorgten zwar nicht für übertriebene Torgefahr. Aber sehr wohl dafür, dass die Bayern im Zentrum das Kommando hatten. Zudem wurde Xabi Alonso recht gut kaltgestellt, wodurch Real auf die Flügel gezwungen wurde und dort die individuellen Duelle oftmals verloren wurden.

Das Auswärtstor und die Tatsache, dass das Rückspiel nun in Madrid steigt, sprechen hingegen für Real. Weshalb man zwar von einem verdienten Bayern-Sieg sprechen kann. Aber schlauer, was den Namen des Finalisten aus diesem Duell angeht, ist man mit diesem Spiel nicht geworden.

(phe)

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1:0 bei den Bayern! Dortmund ist endgültig wieder zurück im Titelrennen https://ballverliebt.eu/2011/11/19/10-bei-den-bayern-dortmund-ist-endgultig-wieder-zuruck-im-titelrennen/ https://ballverliebt.eu/2011/11/19/10-bei-den-bayern-dortmund-ist-endgultig-wieder-zuruck-im-titelrennen/#comments Sat, 19 Nov 2011 22:49:44 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6089 1:0 bei den Bayern! Dortmund ist endgültig wieder zurück im Titelrennen weiterlesen ]]> Dortmund, die unbarmherzige Pressing-Maschine auf dem unerbittlichen Weg vor das gegnerische Tor? Nein, die Borussia kann auch anders: Im Hit der deutschen Bundesliga wurden die Bayern von einem defensiven BVB an der Entfaltung gehindert. So gewann der Meister 1:0 und das Rennen um den Titel ist neu eröffnet!

Bayern München - Borussia Dortmund 0:1

International hintennach, in der Bundesliga schwach gestartet – aber der amtierende deutsche Meister Borussia Dortmund hat sich zuletzt deutlich stabilisiert. So war das Spiel bei den bislang überragenden Bayern tatsächlich nicht nur das Duell der zwei großen Titelkandidaten der deutschen Bundesliga – sondern auch das des Tabellenersten gegen den Zweiten. Wobei die Bayern einen personellen Nachteil hatten: Mit Schweinsteiger (verletzt) und Tymoschuk (gesperrt) fehlten beide etatmäßigen Männer im defensiven Mittelfeld. Und das merkte man.

Abstecken der Claims

In den ersten zehn Minuten machten gleich beide Mannschaften deutlich, was ihre Intention war: Die Bayern gingen vor allem mit Müller und Gomez konsequent sogar den Dortmunder Torhüter Weidenfeller an, sodass dieser keine Gelegenheit hatte, eine geregelte Spieleröffnung zu versuchen; die Dortmunder pressten ab etwa 10 Metern in der gegnerischen Hälfte ebenso konsequent auf die Innenverteidiger der Bayern – sodass diese ebenso wenig zum Aufbau beitragen konnten.

Schon beim Match im Frühjahr stand Müller zu hoch und war somit vom Spiel abgeschnitten

Die Dortmunder verlegten sich danach allerdings schnell auf das Reagieren und darauf, im Mittelfeld so kompakt wie möglich zu stehen und es den Bayern zu verunmöglichen, das Spiel nach vorne zu tragen. Das schaffte der BVB vor allem dadurch, dass man durch enorme Laufarbeit das Zentrum unter Kontrolle brachte – und weil die Bayern einen Fehler beim 1:3 im Frühjahr wiederholten: Die zu hohe Rolle von Thomas Müller in der Zentrale.

Müller zu hoch

Dortmund schaffte es dadurch, das Spiel der Bayern in deren Hälfte festzusetzen: Die Viererkette hinten und die beiden defensiven Mittelfeldspieler, Luiz Gustavo auf der Sechs und Toni Kroos auf der Acht, waren nicht in der Lage, aus dem Zentrum heraus für Akzente im Spiel zu sorgen. Müller, der auf der linken Flanke eine tolle Saison spielt, fühlte sich im Zentrum sichtlich unwohl – wegen der Rückkehr des zuletzt verletzten Robben war er aber zur der zentralen Rollen gezwungen.

Und Kroos, der auf der Zehn ebenso eine herausragende Saison absolviert hatte, bekam auf der Acht von Dortmund praktisch nie Zeit und Platz – vor allem Kagawa, der so eine irrsinnige Defensiv-Arbeit leistete, stand ihm immer wieder auf den Füßen, zudem machten Kehl und der extrem lauffreudige Sven Bender Kroos immer wieder die Räume eng. So kam dieser nicht zur Geltung, und wenn er doch einmal Raum bekam, verpasste er das Abspiel oder den Abschluss zur rechten Zeit.

Keine Akzente durch Kroos

Toni Kroos war zu extrem vielen horizontalen Pässen gezwungen, er kam nur zu einer Handvoll erfolgreicher Bälle nach vorne. Grafik: dfl.de

Wie diese Grafik zeit, hatte Kroos zwar viele Ballkontakte, war aber mangels Optionen im Spiel nach vorne zu vielen Querpässen gezwungen. Es gab nur eine Handvoll erfolgreicher Pässe nach vorne – Dortmund hatte das Geschehen im Griff.

Und zwar auch deshalb, weil mit Schmelzer und Piszczek die beiden Außen-Verteidiger sich, anders als es bei der Borussia sonst Usus ist, im Spiel nach vorne ziemlich zurück hielten und sich vornehmlich darauf verlegte, Ribéry und Robben möglichst aus dem Spiel zu nehmen. Zudem setzte Schmelzer seinen Körper gegen Robben sehr intensiv ein, womit der Holländer überhaupt nicht zurecht kam.

Was auch deshalb gelang, weil die beiden, wenn sie denn Ball mal hatten – vor allem Ribéry ging viel nach hinten, um sich die Kugel dort zu holen – mit der Hilfe von Götze und Großkreutz, oft auch mit Kehl und Bender, gedoppelt wurden und sich nie wirklich entfalten konnten. Und für Lahm und Rafinha war dann auch noch immer ein Gegenspieler übrig.

Kehl agierte konkreter

Anders als Kroos, der den Ball zwar viel hatte, aber wenig damit machen konnte, legte mit Sebastian Kehl sein Gegenüber auf der Achter-Position das Spiel an. Er lief viel, machte Räume eng, presste und doppelte Gegenspieler, hatte aber den Ball selbst nicht annähernd so häufig wie Kroos. Doch wenn er ihn einmal hatte, versuchte der Routinier sofort, das Spiel schnell zu machen und nach vorne zu bringen.

Sebastian Kehl versuchte vor allem über die link Seite, das Spiel schnell nach vorne zu bringen. Grafik: dfl.de

Das deutlich konkretere Spiel von Kehl mit dem Ball verdeutlicht die Ausrichtung im Spiel von Dortmund: Die Bayern weit vom eigenen Tor weghalten und nach Ballgewinn schnell Umschalten. Durch diese ständig lauernde Gefahr des Gegenstoßes nach einem Ballverlust in der Bewegung nach vorne minimierte sich das Risiko, das die Bayern zu nehmen bereit waren, immer mehr. So spielten die Gastgeber im Zweifel immer den sicheren Quer- oder Rückpass, vermieden jeden Pass nach vorne, der auch nur annähernd Gefahr ausstrahlte und bekamen somit natürlich überhaupt keinen Zugriff auf die Hälfte der Gäste, vom Strafraum ganz zu schweigen.

Hier spiegelte sich auch die generelle Ausgangslage im Spiel wider: Es ist noch die erste Saisonhälfte, es geht noch lange nicht um Alles oder Nichts und im Endeffekt wären die Bayern auch mit einem torlosen Remis alles andere als todunglücklich gewesen. Die Vorsicht dominierte bei den Münchnern.

Götzes Tor bringt neue Impulse

Gerade als ein nicht uninteressantes, aber auf jeden Fall unspektakuläres Spitzenduell immer mehr seinem beinahe logischen 0:0 entgegen ging, erzielte Mario Götze das 1:0 für Dortmund, bei dem der diesmal nicht immer ganz sattelfest Jerome Boateng etwas die Übersicht verloren hatte.

Was hieß, dass die Bayern deutlich mehr Riskiko im Spiel nach vorne nehmen mussten und die auf Ballsicherung basierende Spielweise zugunsten eines direkteren Zugangs aufgeben musste. Dortmund reagierte auf die Führung, ähnlich wie beim überragenden 3:1 im Februar, mit dem Anziehen der Daumenschraube: Der BVB orientierte sich deutlich höher, attackierte noch früher und konnte sich sogar in der gegnerischen Hälfte festsetzen. Von erhöhter Torgefahr vor dem Dortmunder Tor konnte keine Rede sein.

Schlussphase

Heynckes stellt um

Jupp Heynckes sah natürlich, dass sich ohne Impulse von seiner Seite am Spiel der Bayern nichts ändern würde und reagiert: Erst brachte er Alaba (statt Robben für die rechte Seite) und Olic (als zweiten Stürmer statt des ganz schwachen Müller), stellte somit auf ein 4-4-2. Das ergab zwei Probleme: Erstens standen sich Olic und Gomez vorne auf den Füßen, der Abstand zwischen den beiden war viel zu klein. Und zweitens fehlte die Offensivzentrale nun komplett und Dortmund hatte im Zentrum zusätzlich zur besseren Laufarbeit nun auch eine 3-gegen-2-Überzahl. Diese wurde natürlich ausgespielt und der BVB sah im Spiel nach vorne deutlich besser aus, ein 2:0 schien näher als ein Ausgleich.

Woraufhin Heynckes auch Rechtsverteidiger Rafinha aus dem Spiel nahm und mit Petersen noch einen dritten echten Stürmer brachte. Mit der Ordnung im Spiel der Bayern war es nun endgültig dahin: Alaba hatte die komplette rechte Seite über, mit Moritz Leitner brachte Klopp im Gegenzug einen frischen Mann für die defensive Mittelfeld-Zentrale. Mehr als die Brechstange – lange Bälle nach vorne und hoffen, dass die drei Stürmer was daraus machen – kam nicht mehr.

Fazit: Der Dortmunder Matchplan ging voll auf

Natürlich hat den Bayern die Energie eines Bastian Schweinsteiger in Bestform absolut gefehlt, keine Frage. Aus dem Mittelfeld kamen ohne den verletzten Taktgeber nicht die nötigen Impulse, um die ungewohnt tief stehenden Dortmunder auszumanövrieren.

Die mit ihrer fleißigen Laufarbeit und ihrem guten Pressing für die Defensive extrem gut arbeitende offensive Dreierreihe des amtierenden Meisters aus Dortmund verunmöglichte es den Bayern, von hinten heraus das Spiel zu lenken. Ein zu hoch stehender Müller war isoliert, Robben wurde vom ungemütlichen Schmelzer neutralisiert und auch Ribéry kam gegen das ständige Doppeln kaum zum Zug. So fehlte es Kroos an den Optionen, um seine Mannschaft vor das gegnerische Tor zu bringen.

Das Vorhaben von Klopp, „die Bayern auf unser Niveau herunterzuziehen“, spricht nicht zur Entfaltung kommen zu lassen, klappte hervorragend und beweist, dass der BVB auch im Reagieren auf einen starken Gegner eine Partie gut bestreiten und sogar gewinnen kann. Das wird für die verbleibenden Spiele in der Champions League sicherlich Auftrieb geben und auch in der Bundesliga ist man nach dem holprigen Start, wo man noch auf der Suche nach einer passenden Adjustierung nach dem Abgang von Nuri Sahin war, bereits wieder auf zwei Punkte an den Bayern dran.

Natürlich: Angesichts der Pattstellung, die bis zum Tor herrschte, wäre ein 0:0 genauso ein passendes Resultat gewesen. Beschweren dürfen sich die Bayern über die Niederlage aber nicht: Über 90 Minuten kam nie die zündende Idee. Ausfälle von Schweinsteiger und Tymoschuk können also nicht einmal die in der bisherigen Saison so bärenstarken Bayern kompensieren.

(phe)

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Nuancen im Mittelfeld bestimmen das Spiel – 1:1 zwischen Napoli und Bayern https://ballverliebt.eu/2011/10/18/nuacen-im-mittelfeld-bestimmen-das-spiel-11-zwischen-napoli-und-bayern/ https://ballverliebt.eu/2011/10/18/nuacen-im-mittelfeld-bestimmen-das-spiel-11-zwischen-napoli-und-bayern/#comments Tue, 18 Oct 2011 21:01:43 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5956 Nuancen im Mittelfeld bestimmen das Spiel – 1:1 zwischen Napoli und Bayern weiterlesen ]]> „Die beste Italienische Mannschaft“, schwärmte Bayern-Coach Heynckes über Napoli. „Ein Weltklasse-Team“, die Italiener über die Münchner. Dementsprechend war auch das Spiel von großem gegenseitigem Respekt gekennzeichnet, in dem Nuancen im Mittelfeld über die jeweilige Stoßrichtung der Partie entschieden. Und am Ende ein korrektes 1:1 stand.

SSC Napoli - Bayern München 1:1

Das 3-4-2-1 von Napoli ist perfekt auf die Spielweise der Gegner in der Serie A – zwei Stürmer und ein Zehner – angepasst, auf europäischer Ebene kann dieses System aber durchaus Probleme für das eigene Team bedeuten. Das wurde in der Anfangsphase gegen die Bayern klar.

Raumaufteilung mit Löchern

Die Dreierkette stand hinten gegen nur einen Stürmer (Gomez), dafür hatten Zuñíga und Maggio auf den Flanken jeweils zwei Gegenspieler und im Zentrum gab es eine 2-gegen-3-Unterzahl. Das bedeutete, dass Napoli-Coach Walter Mazzarri das Stellungsspiel seiner Mannschaft etwa adaptieren musste. Im Detail sah das so aus, dass Lavezzi und (vor allem) Hamsik aus ihren üblichen Halbpositionen hinter Cavani weiter auf die Flügel ausweichen mussten, um Lahn bzw. Boateng entweder zu beschäftigen oder idealerweise nach innen zu ziehen.

Um den so aufgerissenen Raum hinter Cavani zu schließen, waren mit Gargano und Inler die beiden zentralen Mittelfeldspieler von Napoli gezwungen, deutlich weiter nach vorne aufzurücken als sie das gewohnt sind. Das hatte wiederum zu Folge, dass hinter dem Duo Raum entstand. In genau diesen kam schon in der 2. Minute eine Flanke von Boateng auf Kroos und dieser drückte zur frühen 1:0-Führung für die Bayern ab.

Wirkungsloser Linksaußen Ribéry

Die Gäste schalteten in der Anfangsphase deutlich agiler um als die Italiener und erzeugten so bei Ballgewinn immer wieder gute Aktionen. Auffällig war bei den Bayern aber vor allem die extrem vorgezogene Positionierung von Franck Ribéry auf der linken Seite. Er war weniger ein Mittelfeldspieler, sondern ein Linksaußen mit einigem Drall Richtung Zentrum. Auch das verursachte bei Napoli leichte Verwirrung: Campagnaro wurde so immer wieder aus der Position gezogen, weil Maggio weiter aufgerückt war. Die Bayern konnten daraus aber kein Kapital schlagen.

Schlüsselspieler Campagnaro

Im Laufe der ersten Halbzeit bekam Napoli das Spiel aber immer besser in den Griff. Das lag daran, dass Hugo Campagnaro aus der Dreierkette etwas aufrückte und sich vermehrt um Kroos kümmerte – so war das Missverhältnis in der Zentrale einigermaßen ausgeglichen und vor allem Gökhan Inler hatte nun endgültig die Möglichkeit, mit seiner ihm eigenen Energie seine Mannschaft in der gegnerischen Hälfte festzusetzen.

Damit konnten auch die beiden Wings-Backs der Italiener, vor allem Christian Maggio, ihre offensive Rolle besser gestalten, das wiederum erlaubte Lavezzi und (vor allem) Hamsik, wieder weiter ins Zentrum zu gehen und die Bayern-Viererkette so in der Mitte zusammen zu ziehen. Angesichts des relativ weit aufgerückten Ribéry konnte kurz vor der Pause Maggio einen zielgerichteten Lauf nach vorne starten, Lahm stand zu weit innen und in der Mitte lenkte Badstuber im Zweikampf mit Hamsik Maggios Flanke ins eigene Tor ab. Der verdiente Ausgleich zum 1:1.

Schlüsselspieler Tymoschuk

Für die zweite Halbzeit modifizierte Bayern-Trainer Jupp Heynckes das Spiel seiner Mannschaft etwas: Anatoli Tyomschuk rückte aus seiner relativ tiefen Position nun weiter auf, spielte zuweilen praktisch in der offensiven Kette und sorgte mit Tempo aus der Tiefe für mehr Schwung aus der Zentrale der Bayern. So wurde der Vorteil in der Raumaufteilung, den die Bayern rund um den Mittelkreis hatten, besser genützt.

Außerdem pressten die Bayern nun vor allem nach Ballverlusten in der gegnerischen Hälfte wesentlich energischer auf den Gegner. Dabei verursachten die Münchner aber viele Fouls, sodass der dem Spielverlauf angepasste neue Ansatz nicht wirklich Früchte trug – auch, weil Mario Gomez einen Elfmeter in die Hände von Torhüter De Sanctis schob. Immerhing gelang es so aber, Napoli vom eigenen Tor weg zu halten.

Maue Schlussphase

Die Italiener erkannten die zentrale Rolle, die Tymoschuk bei den Bayern nach der Pause einnahm, nach etwa einer Viertelstunde und übten dann vermehrt Druck auf den Ukrainer aus. Dieser konnte so weder so energisch nach vorne gehen, wie er das zuvor konnte, noch konnte er seine Pässe für die Spieleröffnung passend anbringen. Hinzu kam, dass Ribéry, schon in der ersten Halbzeit nicht besonders stark, weiter nachließ und auch Müller keine Akzente mehr nach vorne setzen konnte.

Wie überhaupt bei beiden Mannschaften ab etwa der 70. Minute die Präzision dramatisch absank und somit auch das Tempo im Spiel und daraus folgend das Niveau. Beide Mannschaften schienen sich mit der korrekten Punkteteilung angefreundet zu haben, keiner ging mehr letztes Risiko. Als Mazzarri zehn Minuten vor Schluss Cavani aus dem Spiel nahm und dafür Mittelfeldspieler Dzemaili brachte, war das ein relativ deutliches Signal.

Fazit: Kein Feuerwerk, aber auch nicht uninteressant

Das Spiel zwischen dem Team der Stunde aus Italien und dem aktuellen Branchenprimus aus Deutschland war vielleicht nicht das Feuerwerk, das sich viele erhofft hatten. Was aber nicht heißt, dass nicht die Nuancen, die vor allem im Mittelfeld zu finden waren und dafür sorgten, dass das Spiel zumindest bis etwa zu 70. Minute mal in die eine Richtung, dann wieder dezent in die andere wogte, durchaus interessant war.

Napoli hatte erst damit zu kämpfen, dass man hinten einen Mann zu viel und im Zentrum einen zu wenig hatte, fand danach durch das Aufrücken von Campagnaro besser zum eigenen Spiel. Die Bayern antworteten mit der höheren Rolle von Tymoschuk, womit ihnen die Anfangsphase der zweiten Hälfte gehörte, ehe sich beide Teams auf das 1:1 einigten.

(phe)

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2:6 in Deutschland – weil ohne Druck im Mittelfeld jede Abwehr schlecht aussieht https://ballverliebt.eu/2011/09/02/26-in-deutschland-weil-ohne-druck-im-mittelfeld-jede-abwehr-schlecht-aussieht/ https://ballverliebt.eu/2011/09/02/26-in-deutschland-weil-ohne-druck-im-mittelfeld-jede-abwehr-schlecht-aussieht/#comments Fri, 02 Sep 2011 21:39:19 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5632 2:6 in Deutschland – weil ohne Druck im Mittelfeld jede Abwehr schlecht aussieht weiterlesen ]]> Es wäre zu billig, die Schuld für die vielen Gegentore beim 2:6 des ÖFB-Teams in Deutschland nur in der österreichischen Hintermannschaft zu suchen. Ja, sie haben nicht gut ausgesehen – aber das eigentliche Problem war das komplett fehlende Pressing im Mittelfeld. Das hat es den Deutschen leicht gemacht.

Deutschland - Österreich 6:2

Das Spiel der letzten Chance, die erhoffte Fortsetzung des ordentlichen Auftritts beim 1:2 in Wien – das war die Ausgangslage beim österreichischen Team. In einem Spiel, dass im Land von Rot-weiß-rot bis zum Erbrechen gehypt wurde. Dem die deutsche Öffentlichkeit aber bestenfalls schaumgebremst bis gleichgültig entgegen geblickt wurde. Gespielt haben die beiden Mannschaften dann eher umgekehrt zum jeweiligen Build-up. Was man aber sicher nicht nur auf das frühe 1:0 für den Gastgeber durch einen Weitschuss von Özil zurückführen kann und darf.

Harnik und Arnautovic vorne

Von all den möglichen Varianten wurde beim österreichischen Team ein Mittelding aus 4-4-1-1 und 4-4-2 gewählt. Als wirklich hängende Spitze kann man Harnik in diesem Spiel nicht bezeichenen. So richtig als echte Spitze Aranautovic auch nicht. Eher haben beide auf annähernd einer Höhe (zumeist war Arnautovic ein, zwei Schritte weiter vorne) beide so ein wenig eine hängende Spitze gegeben – allerdings jeweils auf den Halbpositionen. Die Position im zentralen offensiven Mittelfeld war somit nicht so richtig besetzt.

Das hatte den Vorteil, dass sich beide immer wieder auch realtiv weit nach hinten fallen lassen konnten, um dort eher anspielbar zu sein (was nicht so recht funktionierte), allerdings andererseits den Nachteil, dass Druck auf die Spieleröffnung der Deutschen nicht einmal im Ansatz möglich war. Hummels und Badstuber konnten sich die Bälle genüsslich hin- und herschieben und sich überlegen, was sie denn jetzt damit machen sollten, ohne dass es irgend einen Druck eines Österreichers gab.

Dag und Lahm

Interessant war die Rolle von Ekrem Dag auf der rechten Mittelfeldseite gegen Philipp Lahm. Der Besiktas-Legionär stand extrem hoch und wirkte wie eine Wand auf Lahm – er kam an der Seitenlinie nicht durch und konnte somit auch Lukas Podolski nicht wirklich ins Spiel einsetzen: Mit Steilpässen kaum und mit kurzen Anspielen schon gar nicht.

Lahm merkte jedoch schnell, dass Dag zwar hoch stand und gegen ihn gut defensiv die Flanke zumachte, aber offensiv nicht die geringste Bedrohung darstellte. So entschied sich Lahm alsbald, seine Flanke halt zu verlassen und in die Mitte zu ziehen. Dag entschloss sich in den meisten Fällen dazu, draußen zu bleiben und sich nicht von Lahm nach innen ziehen zu lassen.

Voller Druck auf Baumgartlinger, volles Pensum von Alaba

Ein großes Problem im österreichischen Spiel war, dass mit dem wenigen Ballbesitz wenig anfing. Gewonnene Bälle waren zumeist in Windeseile wieder verloren, weil die Deutschen ein durchaus sehenswerten Pressing anboten, vor allem auf Julian Baumgartlinger. Alaba wurde eher noch in Ruhe gelassen – der Bursche von den Bayern ist das Tempo und das Pressing aus der Bundesliga gewohnt und verfügt bekanntermaßen über ein waches Auge und extreme Spielintelligenz. Wenig überraschend kamen auch die meisten intelligenten Aktionen von ihm – obwohl er hinten absichern sollte, nach vorne einleiten, und auch noch für den dezent überforderten Royer auf der linken Seiten aushelten musste. Ein bissl viel für einen alleine.

Letztere hat zwar der Neo-Mainzer Baumgartlinger auch, aber er ist nach der kurzen Zeit in der Bundesliga das hohe Tempo nicht gewohnt und vor allem nicht das Pressing, schließlich gibt es das in der österreichischen Bundesliga de facto überhaupt nicht; schon gar nicht auf dem Niveau, wie es Kroos, Schweinsteiger und Co. anboten. So ließen die Deutschen Alaba etwas mehr Zeit am Ball und etwas mehr Raum zum Wirken, nahmen ihm aber die Anspielstationen; während sofort mindestens einer, zumeist aber eher zwei Mann auf Baumgartlinger stürzten, sobald der nur daran dachte, einen Ball anzunehmen.

Probleme im Spielaufbau

So fand geregelter Spielaufbau beim ÖFB-Team kaum statt. An Laufbereitschaft und -arbeit fehlte es nicht, aber wie selbst Franz Beckenbauer vor einigen Monaten geäußert hat, werden wahnsinnig viele leere Meter gemacht. Was dadurch natürlich noch verstärkt wurde, dass viele Anspiele nicht knapp am Empfänger vorbeigingen (was man ja mit wenig Zeit am Ball und dem Pressing der Deutschen erklären könnten), sondern immer wieder völlig ins Nirwana segelten.

In diesen Situationen entstand immer mehr der Eindruck, dass der eine nicht weiß, wo der andere hinläuft, sprich, die Laufwege überhaupt nicht passten bzw. aufeinander abgestimmt waren. Schnelle Konter ließ das deutsche Team kaum zu und so war die österreichische Mannschaft gefordert, neben Tempogegenstößen auch ineinander greifende Pässe und Laufwege aus geringerem Tempo anzubieten. Und so etwas gab es nur im überschaubaren Maß.

Wenig Platz zum Kombinieren

Was die Österreicher vom Prinzip her allerdings recht gut machten: Die Verteidigung rückte auf, wodurch angesichts des tief stehenden Duos Arnautovic/Harnik vorne der bespielbare Raum für die Deutschen sehr, sehr eng wurde. Das DFB-Team hatte somit zwar theoretisch eine systembedingte Überzahl im Zentrum, kam aber nicht wirklich dazu, diese auch auszuspielen. Immer wieder blieb nur der lange Ball, was angesichts der kopfballstarken Innenverteidigung mit Pogatetz und Schiemer kein allzu erfolgreiches Rezept war.

Was die Österreicher gar nicht gut machten, war das fehlende Pressing auf die deutschen Kreativspieler – bei einer hoch stehenden Verteidigungslinie ein absolutes Muss, weil sonst ein einziger halbwegs angekommender Pass durch die Schnittstellen ausreicht, um den vielen Platz hinter einer solchen hoch stehenden Abwehrreihe gnadenlos auszunützen. Druck auf Özil und Kroos und vor allem Schweinsteiger wurde seitens der Österreicher aber nicht annähernd in ausreichendem Umfang gezeigt.

Deutschland wurde folgerichtig immer dann gefährlich, wenn es durch das Tempo und die Ballsicherheit der in Ruhe gelassenen Mittelfeldspieler und des hervorragenden Spielverständnisses von Klose gelang, sich schnell und flach durchzukombinieren. So fiel das 2:0 und kurz darauf auch das 3:0, was das Spiel im Grunde schon entschied – dem Tor von Arnautovic kurz vor Schluss, als das DFB-Team etwas schleißig verteidigte und der Bremen-Legionär per Kopf in die lange Ecke traf, zum Trotz.

Deutschland verwaltet Führung

Dass die Österreicher gleich zu Beginn nach einem eigenen Eckball in den Konter laufen und das 1:4 kassieren, hat natürlich nicht geholfen, aber wirklich zurückgebracht hat das ÖFB-Team auch der fast postwendende eigene zweite Treffer nach einem technisch äußerst feinen Zusammenspiel von Arnautovic (der mit Badstuber und Hummels beide Innenverteidiger auf sich zog) und Harnik (der damit freie Bahn hatte) auch nicht.

Das Problem blieb weiterhin bestehen: Es wurde kaum Druck auf das deutsche Mittelfeld aufgebaut, das somit nie die Angst haben musste, von einem aggressiven Gegner angegangen zu werden oder sich unter dauerhaften massivem Zeitdruck um eine Anspielstation umsehen zu müssen. Auch, weil Alaba nach dem Seitenwechsel noch tiefer stand als zuvor.

Hinzu kam, dass Höwedes (der Royer in der ersten Hälfte zwar komplett abmontierte, aber nach vorne eher harmlos blieb) durch Jerome Boateng ersetzt wurde, der es im Verbund mit Thomas Müller schaffte, Christian Fuchs vollends aus dem Spiel zu nehmen.

Bis zum Schluss kein Druck

Auffällig wurde nach einer Stunde, dass sich jeweils einer aus dem Duo Arnautovic/Harnik weiter ins Mittelfeld zurück fallen ließ. Doch auch hier wurde hauptsächlich der leere Raum abgedeckt, als mal wirklich den ballführenden Deutschen anzugehen. Ob es angesichts des Spielstandes von 2:4 gegen einen deutlich besseren Gegner wirklich etwas gebracht hätte, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber es hätte zumindest an die Spieler im DFB-Trikot das Signal ausgesendet, dass man sich noch nicht ganz aufgegeben hat.

Die Einwechslung von Hoffer für den überforderten Royer (Arnautovic ging dafür auf die Flanke) war sicher nicht verkehrt, brachte aber letztlich nichts – weil keine wirklichen Chancen herausgespielt werden konnten und in der absoluten Schlussphase die Deutschen noch zweimal die Leichtigkeit des unbedrängten Seins aus dem Mittelfeld heraus ausnützten und noch zu zwei späten Toren zum 6:2-Endstand kamen.

Fazit: Wer keinen Druck ausübt, überfordert seine Abwehr

Österreich spielte von Beginn an, wie man sich einen kompletten Underdog bei einem Bewerbsspiel in Deutschland vorstellt: Tief stehen, nur die Räume eng machen, aber null Druck auf den Gegner ausüben. Kurz: Versuchen, das Ausmaß der sportlichen Katastrophe in Grenzen zu halten. Und weil, wenn schon drucklos, dennoch nicht einmal robust auch mal der Körper reingestellt wurde, merkte Deutschland schnell: Hier gibt’s Zeit, hier gibt’s keine Fouls – es muss sich nur noch durch den engen Raum durchgespielt werden.

Dass es für Österreich in dieser EM-Qualifikation und für Teamchef Constantini wohl überhaupt das Spiel der wirklich allerletzten Chance war, merkte man weder der Mannschaft noch dem Trainer an. Es wurde nicht einmal versucht, das deutsche Team zu ärgern, zu nerven, zu piesacken – und wenn man Weltklassespieler wie Schweinsteiger, Kroos und Özil so komplett in Ruhe lässt, kommen natürlich Tempoangriffe auf die Abwehr zu. Dass diese dem dann nicht standhalten kann, ist folgerichtig.

Darum ist es auch zu billig, die Schuld nur bei der Abwehr zu suchen. Sechs Gegentore sind die logische Folge eines mutlosen Auftritts, bei dem von Beginn an nicht an die eigene Chance geglaubt wurde. Man kann in Deutschland verlieren. Man kann in Deutschland auch hoch verlieren.

Aber man darf nicht schon von vornherein dem übermächtigen Gegner den Eindruck vermitteln, bereits kapituliert zu haben.

(phe)

PS: An unsere vielen Leser aus Deutschland: Bitte nicht böse sein, dass es hier praktisch nur um das ÖFB-Team geht. Liegt aber weniger daran, dass das ein österreichischer Blog ist, sondern eher daran, dass dieses Spiel einfach deutlich mehr über die Mannschaft aus Österreich aussagt als über jene aus Deutschland. Das werdet auch ihr einsehen, wie ich hoffe ;-)

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Möglich wäre so einiges… https://ballverliebt.eu/2011/06/04/moglich-ware-so-einiges/ https://ballverliebt.eu/2011/06/04/moglich-ware-so-einiges/#comments Sat, 04 Jun 2011 00:40:49 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4935 Möglich wäre so einiges… weiterlesen ]]> Durch ein spätes Tor von Mario Gomez verliert eine beherzt kämpfende österreichische Mannschaft gegen Deutschland mit 1:2. Die letzte Chance auf den EM-Ticket ist damit dahin, aber diesmal wusste die Mannschaft aus eigener Bundesliga-Erfahrung, wie man den DFB-Spielern beikommen kann. Was nur offenlegt, was mit diesem Team so alles möglich wäre.

Österreich - Deutschland 1:2

Denn anders als bei so manchem planlosen Auftritt gegen Mannschaften, deren Spieler man nur vom DVDs kennt, hatte das österreichische Team diesmal einen recht genauen Plan zu bieten, wie man die Deutschen Nerven kann. Denn Mehmet Scholl dürfte schon recht gehabt haben, als er sagte: „Den Österreichern ging’s heute doch gar nicht mehr um Platz zwei in der Gruppe. Sondern darum, die Deutschen zu ärgern!“ Und das gelang.

Gemeinschaftsjob Özil

Österreich überließ dem DFB-Team erwartungsgemäß erst einmal die Initiative, nichts anderes sagte die Aufstellung in einem 4-4-1-1 auch aus. Die Aufgabe, Mesut Özil aus dem Spiel zu halten, wurde dabei auf mehrere Schultern aufgeteil. Etatmäßig war es Stefan Kulovits, der sich um den Mann von Real Madrid kümmerte, aber er machte das nur, wenn Özil nicht zu hoch stand und nicht gerade auf die Seiten auswich. Es war nämlich kein Problem, der Bewachung von Kulovits zu entgehen, wenn er einfach ein paar Schritte aufrückte und sich zwischen den Linien breit machte. Pogatetz und Scharner standen sehr tief und rückten auch nicht auf, um Özil zu bewachen.

Allerdings wurde ihm sofort die Zeit am Ball genommen, wenn er ihn doch einmal bekam. Er versuchte viel, auf die Seiten auszuweichen und die Hilfe von Müller und (vor allem) Podolski zu suchen. Hier machte sich aber die Maßnahme von Constantini bezahlt, mit Klein und Dag im Grunde zwei Rechtsverteidiger aufzustellen, außerdem kam im Fall der Fälle auch Baumgartlinger hinzu. Podolski war, bis auf seinen Lattenkracher aus 20m in der 8. Minute, kaum wirklich ein Faktor.

Die Mittelfeldkette der Österreicher verschob sehr gut und machte den Raum im Zentrum gut dicht, Alaba rückte da aber oftmals viel weiter ein als Dag auf der anderen Seite – schlicht, weil über Müller wenig kam und Fuchs ihn recht gut im Griff hatte. Vorstöße von Lahm unterband Alaba, so gut es ging. Die Folge: Deutschland hatte zwar klar mehr Spielanteile und auch einige Torschüsse, die wenigsten davon aber von innerhalb des Strafraums bzw. aus dem Spiel heraus.

Was auffiel: Pressing wurde beim ÖFB-Team nur vereinzelt gezeigt und es machte auch keinen wirklich eintrainierten Eindruck. Zwar war das Motto „einer presst, zwei lauern“ zumeist schon erkennbar, aber es gingen nur ganz bestimmte Spieler auch tatsächlich gegen die Ballführenden: Fuchs und Alaba auf der linken Seite, mit Abstichen Pogatetz und Hoffer, besonders viel dafür Harnik. Fällt was auf? Genau, das sind exakt jene Spieler, die in der deutschen Bundesliga spielen. Andere, wie etwa Klein und vor allem Kulovits, waren da kaum ein Faktor. Vor allem Kulovits deckte, wenn Özil nicht in der Nähe war, oftmals nur den leeren Raum ab.

Schlüsselfigur 1: Harnik macht den Rooney

Interessant war bei Österreich die Rolle von Martin Harnik. Der Stuttgarter übernahm jene Rolle, die in der Schlussphase der Saison von Manchester United Wayne Rooney mit großem Erfolg gespielt hatte: Jene als Mittelding aus hängender Spitze und Spielmacher. Der laufstarke Harnik – jener Spieler, vor dem Bundestrainer Löw laut eigener Aussage am meisten Respekt hatte – war überall auf dem Platz zu finden.

Hauptsächlich zentral, aber auch links, rechts, auch mal nach hinten arbeiten, mit großer Explosivität aus der Etappe kommen, keinen Zweikampf scheuen. So konnte Harnik durchaus die Tatsache, dass Sami Khedira seit einigen Wochen verletzungsbedingt kein Spiel mehr gemacht hatte, ausnützen. Khedira hatte gegen die spritzige Körperlichkeit von Harnik oftmals das Nachsehen.

Schlüsselfigur 2: Baumgartlinger, der bessere Scharner

Es ist ja keinen allzu neue Erkenntnis – aber Jules Baumgartliner ist derzeit ohne jeden Zweifel der beste Sechser bzw. Achter, den Österreich hat. Die Übersicht und die Spielintelligenz des 23-jährigen Austrianers ist derzeit unübertroffen. Defensiv montierte er (in Gemeinschaft mit anderen, siehe oben) Mesut Özil ziemlich ab, er unterstützte sehr oft Dag und Klein gegen Podolski, erledigte seine Defensivaufgaben sehr ordentlich.

Vor allem aber: Anders als Paul Scharner, der, wenn er im Nationalteam dort spielen darf, oft übermotiviert alles zerreißen und alle Mittelfeld-Agenden selbst übernehmen will, hat Baumgartlinger das Gespür zu erkennen, wann er nach vorne gehen kann oder muss und vor allem, wann er in der Vorwärtsbewegung den möglichst einfachen, aber sinnvollen Pass anbringen kann. Das ist alles andere als spektakulär und sieht auch nicht wirklich auffällig aus, als Backbone einer Mannschaft braucht es aber genau solche Spieler: Einfache Pässe mit möglichst geringem Risiko zum Ballverlust, die in der Spieleröffnung oder -gestaltung aber doch etwas bringen. Baumgartlinger war eine Augenweide.

Schlüsselfiguren 3/4: Fuchs und Alaba, die Müller/Lahm-Abmonteure

David Alaba hatte einen Monsterjob zu lösen: An ihm war es, den deutschen Kapitän Philipp Lahm zu so wenig Entfaltung wie möglich kommen zu lassen. Dabei war es sicher kein Nachteil, dass der zu Hoffenheim verliehene Bayern-Legionär zum einen aus seiner Zeit bei den Münchnern Lahm sehr genau kennt und weiß, wie ihm zuzusetzen ist. Und zum anderen, dass es sich der 18-Jährige absolut zutraute, das nicht mit reagieren zu tun, sondern mit agieren! Alaba stand um einiges höher als Ekrem Dag, sein Pendant auf der rechten Seite, setzte Lahm durchaus unter Druck und zermürbte ihn mit robustem Körperspiel zusätzlich.

Das alles wäre natürlich nicht möglich gewesen, wenn nicht Christian Fuchs hinter ihm gespielt hätte, der womöglich beste Linksverteidiger der abgelaufenen Bundesliga-Saison. Der Mainz-Legionär begann zwar eher fahrig und einige Zuspiele nach vorne landeten eher weit weg vom geplanten Passempfänger, aber defensiv bekam er Müller schnell in den Griff und nach etwa 20 Minuten verband er sich auch immer mehr mit Alaba vor ihm.

Österreich wird aktiver

Wie gut das ÖFB-Team Özil und vor allem Müller im Griff hatte, zeigt sich exemplarisch daran, dass beide ihre wohl beste Szene in der 29. Minute hatten, als sich Özil tief in der eigenen Hälfte – also komplett out of position – aufhielt und an den aufgerückten Alaba und Fuchs vorbei Müller ins Laufduell mit Baumgartlinger schickte. Letztere musste das taktische Foul nehmen und sah dafür Gelb. Dem Würgegriff konnten sie sich mit zunehmender Spieldauer immer mehr nur noch dann entziehen, wenn sie ganz andere Wege gingen.

Bei den Österreichern dauerte es zwar bis zur 24. Minute, ehe der este gemeinschaftlich aufgezogene Angriff über Fuchs und Alaba, mit Baumgartlinger aufgerückt und einem ebenso nach vorne gekommenen Scharner gezeigt wurde. Zwar wurde die Aktion von einem recht harmlosen 25m-Schuss von Scharner mit überschaubarem Erfolg abgeschlossen, aber es war so etwas wie der Startschuss.

Kroos fehlt es an Optionen in der Spieleröffnung: Özil ist isoliert, Schmelzer spielte schlecht - oft blieben nur lange Risikopässe. Bei Balleroberung schoss Österreich schnell nach vorne, vor allem über die Seite von Lahm

Fuchs ging nun noch mehr nach vorne, auch Klein traute sich immer mehr zu, Baumgartlinger bewegte sich gut und verteilte die Bälle zumeist sehr ordentlich; vor allem über die Seiten ging es nun nach Balleroberung sehr flink und flüssig. Die Folge: Wirklich gute Torchancen für die Österreicher häuften sich, Hoffer und Harnik vergaben dabei die besten.

Bastian Schweinsteiger fehlt eklatant

Das deutsche Spiel krankte, die Innenverteidigung einmal ausgenommen, im Grunde überall. Schmelzer zeigte eine ganz schwache Leistung und konnte Podolski überhaupt nicht helfen, andererseits kannte auch Poldi keinen Rückwärtsgang – ebenso wie Müller, weshalb Lahm gegen Alaba und Fuchs alleine stand und eigentlich ein armer Hund war. Zudem war Özil isoliert und Gomez hing in der Luft.

Der größte Schwachpunkt beim DFB-Team war aber das defensive Mittelfeld. Khedira fehlte sichtlich die Matchpraxis und Toni Kroos kann, vor allem ohne einen fitten Nebenmann, den verletzt fehlenden Bastian Schweinsteiger in keinster Weise ersetzen. Nicht nur, dass ihm permanent Harnik um die Ohren lief und er somit viel defensiv gebunden war, nein, in der Vorwärtsbewegung waren oftmals alle Anspielstationen zu. So war er gezwungen, oft statt des einfachen kurzen Passes einen langen zu nehmen, oftmals hoch, auf einen Spieler, der gut gedeckt war, sich schlecht bewegte – oder beides. Die Folge war wenig Tempo und kaum Spielfluss nach vorne und teils haarsträubende Fehlpässe, welche die Österreicher dankbar annahmen.

Deutschland war in dieser Phase nur noch aus Standardsituationen in der Lage, halbwegs sinnvoll für das Tor von Sturm-Goalie Gratzei zu kommen. Folgerichtig daher, dass kurz vor der Halbzeit Mario Gomez aus einem Eckball die Kugel über die Linie stolperte. Eine zu diesem Zeitpunkt glückliche Führung, denn die größere Torgefahr hatte in den 20 bis 30 Minuten zuvor eindeutig Österreich ausgestrahlt.

Gleiche Charakteristik nach Ausgleich

Kurz nach der Pause wurde das ÖFB-Team doch noch für die sehr ansprechende Phase vor der Halbzeit belohnt, indem Arne Friedrich eine Flanke von Alaba quasi unter dem bereitstehenden Harnik hindurch ins eigene Tor beförderte. Am grundsätzlichen Charakter des Spiels änderte das 1:1 aber nichts: Österreich stand weiterhin in der Grundformation tief und überließ den Deutschen den Ball, um schnell zu kontern.

Was sich ebenso nicht änderte, war die mangelnde Bereitschaft von Müller und Podolski, nach hinten zu arbeiten. Das versuchte Löw in den Griff zu bekommen, indem er Müller und Özil ihre Plätze tauschen ließ. Er muss schnell erkannt haben, dass auch das keine signifikante Verbesserung bedeutete, so nahm Löw kurz darauf Podolski vom Platz und brachte dafür Schürrle. Özil ging wieder in die Mitte, dort ist er für die Mannschaft dann doch wertvoller.

Ab Minute 70

Personelle Änderungen

Halb durch die zweite Hälfte wechselte dann auch Constantini: Statt des braven und vor allem defensiv recht umsichtigen Dag kam mit Zlatko Junuzovic ein deutlich offensiverer Mann für die rechte Seite. Der Austrianer schob auch sofort deutlich weiter nach vorne als der Beşiktaş-Legionär. Mit der Folge, dass Schmelzer nun noch weniger nach vorne brachte und sich die Fehlerquote des Dortmunder Blondschopfes nicht senkte – aber ohne wirkliche Chancen zu kreieren.

Bei den Deutschen war für Khedira nach 70 Minuten Schluss, für ihn rückte Hummels ins defensive Mittelfeld auf und Badstuber übernahm den Platz in der Innenverteidigung. Das deutsche Mittelfeld-Duo mit Kroos und Hummels stand sehr souverän, was aber auch an Martin Harnik lag.

Der nach seiner extrem hohen Laufleistung ganz einfach am Ende war. Er ging nun etwas weiter nach vorne und wartete eher auf Anspiele, als dass er sich die Bälle noch selbst holen konnte. Zehn Minuten vor Schluss hatte er dann seinen Arbeitstag beendet, angesichts seines Einsatzes ist es erstaunlich, dass er überhaupt so lange durchhielt. Statt seiner kam Daniel Royer zu seinem Länderspiel-Debüt.

Wer weniger Chancen braucht, gewinnt

Der Rieder ging auf die rechte Seite und Junuzovic dafür ins Zentrum, er stand dort aber – Harnik ist an sich Stürmer, Junuzovic Spielmacher – tiefer als Harnik zuvor, war so aber ohne große Hilfe zwischen Hummels und Kroos eingeklemmt. Dennoch sah alles nach einem 1:1 aus – wenn da nicht die Kaltschnäuzigkeit wäre, welche die Deutschen auszeichnet.

Nach einem an sich geklärten Eckball von links konnte Lahm von der rechten Seite zurückflanken und am zweiten Pfosten stand der bullige Gomez ausgerechnet gegen den kleinen Royer. Ein Mis-Match, das der Torschützenkönig der deutschen Bundesliga natürlich eiskalt ausnützte und zum 2:1 traf. Dem Endstand

Fazit: Man sieht, was möglich wäre…

Ob Emanuel Pogatetz von Mirko Slomkas 10-Sekunden-Drill bei Hannover berichtet hat? Offensichtlich, so überfallsartig liefen die österreichischen Konter. Ob David Alaba von der Arbeit bei Bayern München weiß, wie Philipp Lahm beizukommen ist? Offensichtlich, so konsequent, wie der Jungspund den DFB-Kapitän anrennen ließ. Diese Liste ließe sich noch fortsetzen – aber der Punkt ist klar: Die Österreicher hatten ganz offensichtlich einen recht genauen Plan, wie man sich gegen die fußballerisch natürlich klar überlegene Mannschaft aus Deutschland durchsetzen will und kann, und alle haben sich sehr diszipliniert daran gehalten.

Woran man sieht, was mit dem vorhandenen Spielermaterial tatsächlich möglich wäre, zumal einige wirklich gute Spieler aus den verschiedensten Gründen ja gar nicht dabei waren: Es ist möglich, Teams wie Deutschland zumindest ordentlich zu nerven und an einem Tag wie diesem einen Punkt mitzunehmen, der durchaus verdient gewesen wäre. Dass Deutschland in der 90. Minute das Tor noch macht und Österreich nicht ist letztlich ein Zeichen dafür, wer eine Spitzenmannschaft ist.

Natürlich war das eines der schwächeren Bewerbsspiele der deutschen Mannschaft und sowohl in der Halbzeit als auch in der Nachbetrachtung bemängelte das DFB-Betreuerteam um Jogi Löw und Hansi Flick vor allem eines: „Mangelde Seriosität“ bei ihrer Mannschaft. Die halbe österreichische Mannschaft ist in Deutschland aktiv, kennt die Spieler nicht nur vom Band, sondern aus der persönlichen Praxis. Das merkte man: Vor allem die Bundesligisten Pogatetz, Fuchs, Alaba und Harnik wussten sehr genau, gegen wen man wie spielen muss.

Und es ist gut möglich, dass nach dem sicherlich besten Constantini-Länderspiel (neben jenem in Belgrad) bald noch ein weitere dazukommt. Denn seine wundervolle Leistung vor den Augen der deutschen Bundesliga-Manager hat Julian Baumgartlinger auf dem Weg zurück ins Ausland sicher nicht geschadet…

(phe)

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