Japan – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Sat, 06 Oct 2018 18:12:22 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Asiens Teams bei der WM 2018: Wohl mehr Schein als Sein https://ballverliebt.eu/2018/07/03/wm-2018-bilanz-asien-japan-saudi-suedkorea-iran-australien/ https://ballverliebt.eu/2018/07/03/wm-2018-bilanz-asien-japan-saudi-suedkorea-iran-australien/#comments Tue, 03 Jul 2018 12:16:16 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=14972 Asiens Teams bei der WM 2018: Wohl mehr Schein als Sein weiterlesen ]]> Die Zahlen sagen: Vier Siege, ein Team im Achtelfinale, zum fünften Mal in den letzten sieben Turnieren (also seit 1994) ein besserer Punkteschnitt als die Teams aus Afrika. Außerdem erreichte Japan das Achtelfinale und hatte dort die hoch gehandelten Belgier am Rande der Niederlage.

Ist Asien also nach dem Totalausfall von 2014 zurück? Nicht so schnell. Die Siege von Südkorea und Saudi-Arabien kamen, als die Teams bereits ausgeschieden waren. Jener des Iran war vom Spielverlauf superglücklich. Und Japan hat gegen Kolumbien 87 Minuten in Überzahl gespielt.

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LINK-TIPP: Asiens Teams bei der WM 2014

Japan: Grundsolide und kontrolliert

Vor vier Jahren war die Erwartung an die Japaner groß – geliefert haben sie ein müdes Vorrunden-Aus. Dieses Mal waren die Erwartungen gering, und siehr da: Viel hätte nicht zum Viertelfinale gefehlt.

Sicher, es war auch Glück dabei. Weil man gegen Kolumbien schnell in Überzahl war. Weil Senegals Torhüter daneben gegriffen hat. Weil zwei gelbe Karten über Achtelfinale und Ausscheiden entschieden haben. Das Spielprinzip von Trainer Akira Nishino, der erst zwei Monate vor der WM von Vahid Halilhodzic übernommen hatte, ist vornehmlich auf defensive Kontrolle und Stabilität im Zentrum ausgelegt. Das ist ein spürbarer Gegensatz zum offensiven Rochade-Spiel, welches Japan unter Zaccheroni spielte.

Der routinierte Hasebe und sein neuer Nebenmann Shibasaki (der sich für mehr als eine Teilzeitrolle in der spanischen Liga empfohlen hat) kontrollierten sowohl Ballbesitz-Phasen (wie vor allem gegen Kolumbien), also auch das Spiel gegen den Ball (wie vor allem gegen Belgien) auf gutem Niveau. In allen drei Vorrundenspielen hatte Japan zwischen 54 und 59 Prozenz Ballbesitz

Im Spiel nach vorne fehlte allerdings der Punch. Das wurde vor allem gegen die im Block verteidigenden Kolumbianer deutlich. Die Partie gegen Polen kann man kaum werten und die beiden Tore im Achtelfinale gegen Belgien waren Weitschüsse und/oder Zufallsprodukte.

Dies ist keine weltbewegende Mannschaft. Aber eine recht solide und stabile Truppe. Nicht nur wegen des Abschneidens bei der WM: Japan ist, wie über weite Strecken des letzten Jahrzehnts, die Nummer eins aus Asien.

Südkorea: Ein Highlight, sonst nichts gezeigt

Der 2:0-Sieg gegen Deutschland mit Toren in den Minuten 92 und 97 ist ein Erfolg für die Geschichtsbücher. Für den Halbfinalisten von 2002 war es aber andererseits der erste Dreier bei einer WM seit acht Jahren und er kam, als alles schon zu spät war.

Wie schon 2014 agierte Südkorea viel zu zaghaft und passiv und bekam als Quittung dafür das erneute, sang- und klanglose Vorrunden-Aus präsentiert. Sogar gegen die cleveren, aber nicht gerade zaubernden Schweden stellten sich die Koreaner bleiern hinten rein. Die angedachten Konter über Premier-League-Routinier Ki bzw. die schnellen Außenspieler mit Salzburgs Hwang, über Augsburgs Koo und mit Tottenham-Star Son kamen viel zu selten zustande. Der offensive Output war gleich Null.

Der einzige, der sich tatsächlich ins Rampenlicht spielen konnte, war Torhüter Jo Hyun-Woo, der schon in der heimischen Liga zum besten Keeper der Saison gewählt worden war – obwohl sein Klub 2017 beinahe abgestiegen wäre und 2018 aktuell Liga-Letzer ist. Seine Top-Leistung war auch nötig, weil die Abwehr viel zuließ.

Bei drei der vier Turniere seit der Heim-WM 2002 ist Südkorea nun in der Gruppenphase gescheitert. Die Zahl der Europa-Legionäre war schon mal höher als jetzt, vor allem jene mit echter Qualität. Das reicht innerhalb Asiens immer noch locker zu einer Führungsrolle, aber der Abstand zur internationalen zweiten Reihe wird mit der Arbeit der letzten zehn Jahre nicht kleiner.

Iran: Mehr erreicht als drin war

Viel hat nicht gefehlt, ein Meter vielleicht. Wenn der Schuss von Mehdi Taremi am Ende des dritten Gruppenspiels gegen Portugal nicht am Außennetz gelandet wäre, der Iran hätte im Achtelfinale als Gruppensieger gegen Russland gespielt. Aber, um auf dem Boden zu bleiben: Es wäre nicht korrekt gewesen.

Der Iran wurde von Marokko phasenweise vorgeführt. Wäre es nach 30 Minuten 0:3 gestanden, hätten die Iraner sagen müssen: Danke, dass es nicht 0:5 steht. Und am Ende gewinnen sie sogar, durch ein Eigentor in der Nachspielzeit. Gegen Spanien hielt man defensiv und destruktiv dagegen, ähnlich gegen Portugal. Dennoch hatte man in diesen Spielen sogar mehr und bessere Chancen als im Match gegen Marokko.

Das Personal von Teamchef Carlos Queiroz hat sich gegenüber 2014 (damals mit sechs Ü-30-Spielern und einem Altersschnitt von 28,9 Jahren) praktisch komplett geändert, die Spielweise gar nicht. Das mag nicht schön anzusehen sein, aber Queiroz ist Pragmatiker. Mehr gibt das qualitativ nicht besonders gute Personal nicht her. Da geht es bei einer WM eher darum, das Ausmaß der sportlichen Katastrophe in Grenzen zu halten. Dieses Ziel wurde mehr als nur erreicht.

Damit hat sich der seit sieben Jahren amtierende Queiroz (der damit schon seit geraumer Zeit längstdienender Trainer der iranischen Verbandsgeschichte ist) auch die Reputation verschafft, offen im TV seinen Intimfreind Branko Ivankovic anzugreifen. Der Trainer von Spitzenklub Persepolis (und Queiroz‘ Vorgänger als Teamchef) war in der Vorbereitung offenbar nicht gerade kooperativ. Ob der Portugiese bleibt, ist noch nicht fix. Der Verband hat aber schon angedeutet, Queiroz unbedingt halten zu wollen.

Saudi Arabien: Eh okay, aber mit klaren Defiziten

Eine Hochgeschwindigkeits-Liga ist jene aus Saudi-Arabien nun nicht gerade. Kann sie auch nicht sein, angesichts der klimatischen Bedinungen und der Qualität der beteiligten Spieler. So in etwa sah dann auch der Auftritt der Saudis bei der WM aus. Die würden schon spielen wollen, und wenn man sie lässt, sieht das auch nicht völlig unbeholfen aus. Aber wenn man an den Schrauben Tempo und/oder Körperlichkeit dreht, sind die Grenzen schnell erreicht.

Besonders auffällig war es in der zweiten Hälfte des Eröffnungsspiels, als Gegner Russland (aus welchen Gründen auch immer…) noch Vollgas geben konnte, als der Akku bei den Saudis längst leer war. Gegen Uruguay wurde einem zwar viel Ballbesitz erlaubt, gegen die routinierten Abräumer um Godín waren die Araber machtlos. Immerhin konnte man gegen die lustlose Truppe aus Ägypten den ersten WM-Sieg seit 24 Jahren einfahren. Wenn auch mit Hilfe des eher bockigen Referees.

Juan Antonio Pizzi, der neunte Teamchef in den letzten acht Jahren, verpasste dem Team eine aktive Spielweise, die so gut funktionierte, wie man das nach einem halben Jahr im Amt realistisch erwarten kann. Der Auftritt hat – wie auch das unglückliche 1:2 in Deutschland im letzten WM-Test – gezeigt: Es wäre schon das Potenzial da, wieder an die 1990er-Jahre anzuschließen, als man Asiens beste Mannschaft war. Man spielte nun nicht mehr, so wie beim Asiencup-Vorrunden-Aus 2015, „recht konsequent auf eigene Faust und recht gezielt aneinander vorbei“.

Langhaltigen Effekt wird Pizzis Arbeit aber nur haben können, wenn man ihm zumindest mittelfristig etwas Zeit gibt. Zu erwarten ist dies aber trotz seiner Vertragsverlängerung bis zum Asiencup im Jänner 2019 nicht zwingend. Länger als zwei Jahre durfte seit 1984 niemand als saudischer Teamchef wirken.

Australien: Farblos drübergerettet

System-Varianten von 4-2-3-1 (bei der WM 2014) über 4-3-3 (beim Asiencup-Sieg 2015) bis hin zu Spielereien mit Dreierkette, dazu positive Spielweise und voller Einsatz: Das waren die Socceroos unter Ange Postecoglou. Nachdem dieser kurz nach gerade noch geschaffter Qualifikation zurücktrat, engagierten die Australien Bert van Marwijk als Feuerwehrmann.

Den holt man sich, um ein Turnier wie die WM einigermaßen solide und ohne riskante Experimente zu überstehen. Das relativ starre 4-4-1-1 mit defensiver Ausrichtung brachte die Australier mit Anstand durch das Turnier, ohne einen Eindruck zu hinterlassen. Gegen gelangweilte Franzosen wurde nur knapp 1:2 verloren und gegen Dänemark ein solides 1:1 geholt. Aber als es noch eine theoretische Chance auf das Achtelfinale gab, wurde beim 0:2 gegen Peru sehr wenig Gegenwehr geleistet.

Im Nachgang wird in Australien debattiert, ob der Zugang zu negativ war oder ob das limitierte Personal nicht mehr erlaubte. Das eher wilde Spiel unter Postecoglou hat zwar oft Spaß gemacht, aber auch zu haarsträubenden Punktverlusten gegen Thailand und den Irak sowie einer Niederlage gegen Jordanien geführt. Sicher ist nur: Individuell kann die aktuelle Mannschaft jener von 2006 nicht das Wasser reichen.

Seither stagniert Australien. Das hat gereicht, um 2015 beim Asiencup als Einäugiger unter den Blinden den Titel zu holen. Aber wie bei den Kollegen vom Kontinent gilt auch hier: Die Entfernung zur Spitze wird seit geraumer Zeit eher größer als kleiner.

Wer hat gefehlt?

Niemand von sportlichem Belang. Zwei Teams müssen aber dennoch angesprochen werden: China, weil dort viel Geld in die Liga gepumpt wird. Und Katar, weil dort in vier Jahren die WM über die Bühne gehen wird.

Seit knapp zwei Jahren soll bei China nun Marcello Lippi für einen Aufschwung sorgen. Nach dem soliden, aber etwas uninspirierten Auftritt beim Asiencup 2015 (Aus im Viertelfinale) hätte man die WM-Quali beinahe schon vor der Finalrunde verbockt. Dort holte Lippi zwar elf Punkte aus sechs Spielen, den davor aufgerissenen Rückstand konnte er aber nicht mehr aufholen. Der Asiencup 2019 wird der Lackmustest sein, ob die teuren Stars in der Liga dem Nationalteam wirklich weiterhelfen. Das Viertelfinale (programmgemäß laut Auslosung gegen Iran oder Saudi-Arabien) darf da nicht die Endstation sein.

Ähnliches gilt auch für Katar, obwohl realistisch betrachtet schon das Erreichen des Viertelfinales eine Überraschung wäre. Als Trainer fungiert nun Félix Sánchez, ein Spanier, der schon in Barcelonas „La Masia“ und im katarischen Leistungszentrum „Aspire Academy“ gearbeitet hat, und mangels eigenem Talent wird fleißig eingebürgert. Der 2,03-m-Torhüter Ababacar kommt aus dem Senegal, Abwehchef Ró-Ró ist Portugiese, Sechser Karim Boudiaf ist Franzose, Linksaußen Boualem Khoukhi ist Algerier. Dazu kommen noch eine Handvoll Ägypter und ein Achter aus Bahrain, den man beim Liga-Klub Al-Sadd bei Xavi in die Lehre geschickt hat. Drei Kataris hat man beim belgischen Erstligisten KAS Eupen geparkt, der den Scheichs gehört.

Weiter als ins Viertelfinale (zuletzt 2011 unter Bruno Metsu) hat es für Katar beim Asiencup noch nie gereicht und die Zeit des Experimentierens ist nun langsam vorbei. Für die Handball-Heim-WM 2015 hat sich Katar zwölf Spieler eingebürgert und ist so bis ins Finale gekommen. Es ist zu vermuten, dass die FIFA – die dergleichen ja eigentlich nicht gerne sieht – im Falle des Falles das eine oder andere Einbürgerungs-Auge zudrücken würde. Als Gastgeber muss Katar ein Team stellen, das zumindest ins Achtelfinale kommen kann.

So geht es weiter

Im Jänner 2019, also in einem halben Jahr, findet der schon mehrfach angesprochene Asiencup in den Vereinigen Arabischen Emiraten statt. Wie beim Afrikacup wurde auch beim asiatischen Titelturnier von 16 auf 24 Teilnehmer erhöht. Im Unterschied zu Afrika wird dies dem Asiencup aber sehr wohl schaden. Schon 2015 konnte die Hälfte der 16 Teams keinen gerade Pass spielen und erst ab dem Viertelfinale wurden die Spiele einigemaßen vorzeigbar.

Australien ist Titelverteidiger, Favoriten sind die üblichen Verdächtigen (also die fünf asiatischen WM-Teilnehmer plus unter Umständen China). Da auch Fußballzwerge wie Turkmenistan, Kirgisien, Palästina und sogar der im Krieg zerrüttete Jemen dabei sein werden, sind zumindest in der Gruppenphase einige sehr einseitige Spiele zu erwarten.

Das Turnier von 2015 stand unter der Frage, inwieweit sich die geprügelten WM-Teilnehmer wieder erholen können und wie (vier Jahre nach dem recht ansprechenden Turnier von 2011) das sportliche Niveau sein würde (Antwort: Sehr bescheiden). Die Ausgangslage für den Asiencup 2019 lautet: Ist der Aufschwung echt oder waren es nur singuläre Ergebnisse?

Und: Wie schlägt sich Katar, dreieinhalb Jahre vor der Heim-WM?

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Europa, Südamerika, Asien: Die Frauen-WM-Quali kommt in Schwung https://ballverliebt.eu/2018/04/02/europa-suedamerika-asien-die-frauen-wm-qualifikation-2019/ https://ballverliebt.eu/2018/04/02/europa-suedamerika-asien-die-frauen-wm-qualifikation-2019/#respond Mon, 02 Apr 2018 12:01:52 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=14541 Europa, Südamerika, Asien: Die Frauen-WM-Quali kommt in Schwung weiterlesen ]]> Die Qualifikation für die Frauen-WM 2019 in Frankreich nimmt nun, nach der Winterpause, endgültig Schwung auf. In Europa fallen jetzt vermehrt Vorentscheidungen. In Asien und Südamerika werden die kontinentalen Champions und gleichzeitig die jeweiligen WM-Teilnehmer gesucht. Und in Deutschland wurde erstmals eine Bundestrainerin gefeuert.

Ein Round-up.

WM-Qualifikation in Europa

First things first: Steffi Jones ist nicht mehr DFB-Bundestrainerin. Nach einer schwachen EM mit frühem Aus, einer peinlichen Heimniederlage in der WM-Quali im Herbst gegen Island, kaum mehr zu rechtfertigenden Auftritten beim SheBelieves Cup und einer ungeschickten bis boshaften Handhabung des 100. Länderspiels von Lena Goeßling (Einwechslung in der Nachspielzeit) hatte der DFB genug.

Horst Hrubesch, einst Kopfball-Monster und Kurzzeit-Austria-Coach, zuletzt seit fast zwei Jahrzehnten höchst erfolgreich Trainer im Jugendbereich des DFB (zweimal U-21-Europameister, einmal U-19-Europameister, einmal Olympia-Silber), hat das Team jetzt mal für die beiden Quali-Spiele gegen Tschechien und Slowenien übernommen. Wer der Nachfolger oder die Nachfolgerin wird, ist noch völlig offen.

Es werden übrigens die ersten Spiele seit 22 Jahren sein, in denen die DFB-Frauen von einem Mann trainiert werden.

Kurz noch einmal der Modus: Die sieben Gruppensieger sind fix qualifiziert, die vier besten Zweiten spielen um einen weiteren Platz. Alles zur Österreich-Gruppe 7 gibt es hier.

In dieser der Österreich-Gruppe steigt das Rückspiel zwischen den beiden topgesetzten Teams (eben Österreich und Spanien) schon jetzt, in manchen anderen Gruppen kommt es nun erst zum Hinspiel. Die individuell starke Schweiz und das unter der neuen Trainerin Kerr mit starken Resultaten aufzeigende Team aus Schottland kreuzen erstmals die Klingen, auch die EM-Teilnehmer Italien und Belgien sind vor ihrem ersten direkten Duell beide noch ohne Punktverlust.

Von den Favoriten sind neben Spanien (4:0 daheim gegen Österreich) auch Schweden (strafbeglaubigtes 3:0 gegen Dänemark), Europameister Holland (Last-Minute-1:0 gegen Norwegen) und England (6:0-Kantersieg gegen Russland, jetzt geht’s in Southampton gegen das stark gestartete Topf-3-Team Wales) auf dem programmierten Weg. Deutschland hat sich mit dem 2:3 gegen Island blamiert, hat aber immer noch alles in der eigenen Hand – auch, weil Island danach gegen Tschechien nur 1:1 spielte.

Und Portugal hat nach dem starken dritten Platz beim Algarve Cup nun beim Match in Belgien die letzte Chance, doch noch in Richtung Platz zwei zu schnuppern

Women’s Asian Cup

Die Top-2 jeder Gruppe sind fix für die WM qualifiziert (und spielen sich dann in Semifinale und Finale den Kontinental-Meister aus), die beiden Gruppendritten spielen in einem Entscheidungsspiel um das fünfte WM-Ticket. Eigentlich sind die Top-5 des Kontinents auch recht eindeutig (Japan, Australien, China, Nordkorea, Südkorea). Zwei Umstände verleihen dem Asien-Cup in Jordanien aber die Chance auf ein wenig Unberechenbarkeit.

Zum einen, da Nordkorea (Weltranglisten-Zehnter, amtierender U-17- und U-19-Weltmeister) gar nicht mehr dabei ist – eine Spätfolge des Doping-Skandals bei der WM 2011 (fünf positive Doping-Tests). In der Vorqualifikation musste man gegen Südkorea ran und zog knapp den Kürzeren. Und zum anderen, weil Gastgeber Jordanien als Gruppenkopf gesetzt ist und Südkorea bei der Auslosung in die schwerere Gruppe gekommen ist.

Gruppe mit China – Duell Jordanien vs. Thailand

China spielt mit dem isländischen Trianer Siggi Eyjólfsson (der sein Heimatland 2013 ins EM-Viertelfinale geführt hatte) einen biederen 4-4-2-Zerstörerfußball, der so gar nicht zur Mentalität der flinken und technisch gut gedrillten, allerdings körperlich nicht besonders robusten Mannschaft passen will. Beim Algarve Cup erlitt man damit völligen Schiffbruch, für den Asiencup-Gruppensieg muss es schon wegen der individuellen Qualität aber trotzdem locker reichen.

Den zweiten Fixplatz und den Spot im Entscheidungsspiel machen sich Thailand und Gastgeber Jordanien aus – der Dritte aus dieser Gruppe wird aber höchstwahrscheinlich das Entscheidungsspiel verlieren. Jordanien spielt einen gepflegten Ball mit Drang nach vorne. Sollte Jordanien bei der WM dabei sein, werden auch erstmals Spielerinnen mit Kopftuch bei einer WM spielen: Rechtsverteidigerin Anfal Al-Sufy, Sechser Rima Yasen Tasnim und Außenstürmerin Luna Al-Masri.

Thailand war 2015 schon bei der WM dabei (mit dem Platz, der wegen der Nordkorea-Sperre frei geworden war), gab dort zuminest kein allzu peinliche Figur ab und gewann sogar ein Spiel (3:2 gegen die Elfenbeinküste). In den letzten Monaten gab es einen Testspiel-Sieg gegen die Ukraine (Europa-Topf 3) und ein 0:0 gegen Neuseeland. Das Team ist gegenüber der WM praktisch unverändert, ist also eingespielt und hat Routine.

Das Team der Philippinen – eine Mischung aus in den USA geborenen College-Spielerinnen und Kräften aus der eigenen, recht schwachen Liga – ist chancenlos. Das gilt auch für die Mannschaft aus Vietnam in der anderen Gruppe: Vor vier Jahren hat man das Entscheidungsspiel knapp gegen Thailand verloren, diesmal wird Vietnam dieses wegen der Auslosung kaum erreichen können.

Gruppe mit drei WM-Kandidaten (AUS, JPN, KOR)

Es ist ein bissi bitter für Südkorea – in der anderen Gruppe hätte man sich keine echten Sorgen um das WM-Ticket machen müssen. So aber steht ihnen als etatmäßigen Dritten der Gruppe vermutlich ein Do-or-Die-Spiel gegen Jordanien oder Thailand ins Haus. Natürlich: Südkorea, Achtelfinalist bei der WM 2015, sollte sich durchsetzen, aber nachdem man in der Vorqualifikation schon Nordkorea eliminieren musste, werden nun die nächsten Brocken vorgesetzt. Den leichten Weg zur WM nimmt das Team nicht.

Unmöglich ist es für Südkorea aber auch keineswegs, vor Japan zu landen und direkt zur WM zu fahren. Japan, Weltmeister 2011 und WM-Finalist 2015, hatte das Olympia-Turnier 2016 (neben Niederlagen gegen China und Australien) auch durch ein 1:1 gegen Südkorea verpasst. Das einzige Duell seither hat Japan mit viel Mühe und ein spätes Tor 3:2 gewonnen. Seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren hat Teamchefin Asako Takakura das damals heillos überalterte Team deutlich verjüngt. Aber was die Spielidee betrifft, probiert und versucht und experimentiert Takakura herum, ohne bisher auf einen grünen Zweig gekommen zu sein. Die Defensive ist beim Verteidigen schneller Vertikalbälle zu langsam, der Aufbau zu schlampig.

Die andere Richtung hat zuletzt Australien eingeschlagen. Man war nach 2007 und 2011 auch 2015 im WM-Viertelfinale, hat sich aber erst in den letzten vier Jahren tatsächlich zu einem Team aus der erweiterten Weltklasse entwickelt. Angeführt von Sam Kerr (der derzeit deutlich weltbesten Stürmerin) und ausgestattet mit einer eingespielten und mittlerweile auch routinierten Mannschaft sowie einer klaren Spielidee (Vorwärtsverteidigen) sind die „Matildas“ zwischenzeitlich auf Platz vier in der Weltrangliste geklettert – Rekord – und klarer Favorit auf den Turniersieg.

Bisherige Titelträger: 1975 Neuseeland, 1977 1979 1981 Taiwan, 1983 Thailand, 1986 1989 1991 1993 1995 1997 1999 China, 2001 2003 Nordkorea, 2006 China, 2008 Nordkorea, 2010 Australien, 2014 Japan.

Copa América Femenino

Die Top-2 jeder Gruppe qualifizieren sich für die Finalrunde, wo noch einmal jeder gegen jeden spielt. Der Sieger und der Zweite des in Chile ausgetragenen Turniers fahren direkt zur WM (das werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Brasilien und Kolumbien sein), weshalb es in Wahrheit wohl nur darum geht, wer Dritter wird und ins Playoff gegen den Concacaf-Vierten (also wohl Costa Rica oder Mexiko) einzieht.

Die Favoriten

Bei Brasilien herrscht nach der schlimmen WM 2015 (Aus im Achtelfinale) und dem enttäuschenden olympischen Heim-Turnier 2016 (nur Vierter) latente Unruhe. Der weithin als unfähig betrachtete Teamchef Vadão musste gehen, mit Emily Lima wurde erstmals eine Frau engagiert. Nach nur einem Jahr wurde Lima letzten Herbst aber nach Niederlagen gegen Deutschland, USA und Australien – also die Creme de la Creme – wieder entlassen.

Vadão wurde zurückgeholt, mutmaßlich nur, weil er ein Mann ist. Empört traten langjährige Stammspieler wie Cristiane und Rosana umgehend aus dem Team zurück – zumindest vorläufig, denn Cristiane ist wieder im Kader zurück. Einem Kader, bestehend fast ausschließlich aus USA- und Europa-Legionären – dieser ist absolut erweiterte Weltklasse, auch die langjährige Neulengbach-Verteidigerin Mônica ist mit dabei. Der Trainer kann da wohl nicht ganz mithalten.

Bei Kolumbien gibt es deutlich weniger individuelle Qualität, aber dafür deutlich mehr Ruhe und Kontinuität. Seit 2017 gibt es auch eine nationale Meisterschaft, letztes Jahr hat der langjährige Co-Trainer Nelson Abadia den Posten des Teamchefs übernommen (Vorgänger Taborda wurde Sportdirektor), und mit Catalina Usme und Yoreli Rincon gibt es auch gute Spielerinnen – aber die Leistungsdichte dahinter ist nicht ganz höchstes Niveau.

Die Außenseiter

In der (wohl etwas stärkeren) Brasilien-Gruppe ist Argentinien der Favorit auf Platz zwei. Das Team war die traditionelle zweite Kraft am Kontinent, bis Kolumbien vor knapp zehn Jahren etwas mehr Ernsthaftigkeit zeigte und locker vorbeizog. Die letzten zwei Pflichtspiele gegen Brasilien konnte die Albiceleste um Estefanía Banini (von US-Profiklub Washington Spirit) sogar gewinnen. Eines davon war aber gegen ein B-Team der Seleção bei den Südamerika-Spielen (mit nur vier brasilianischen A-Stammspielerinnen, ohne Marta und Cristiane).

Der andere Sieg, bei der letzten Südamerika-Meisterschaft (die auch als WM-Quali diente), brachte nichts: Nach dem 2:0 über Brasilien verlor man im entscheidenden Spiel gegen Ecuador nach schneller 2:0-Führung noch 2:3. So löste damals Ecuador das WM-Ticket. Bei diesem Team ist aber das ganz Drama des südamerikanischen Frauenfußballs sichtbar: Auf der Verbands-Homepage wurde das Team bis eine Woche vor Turnierstart nicht einmal erwähnt, das letzte Länderspiel datiert aus dem Juli 2015 und nach 18 inaktiven Monaten flog Ecuador aus der Weltrangliste raus. Damals war man so um Platz 50 herum klassiert.

Daher ist Venezuela vermutlich der größere Konkurrent für Argentinien. Dieses Team verfügt mit Deyna Castellanos über den wohl größten Social-Media-Star der Frauenfußball-Welt. Die bald 19-Jährige hat zweifellos großes Talent. Aber sie spielt US-College-Liga und ihr größter Erfolg ist Platz vier bei der U-17-WM (zweimal) – dennoch pushten sie ihre vielen Follower zu Platz drei bei der letzten Wahl zur Welt-Fußballerin des Jahres. Hier gibt es auch Österreich-Bezug: Kapitänin und Stürmerin Ysaura Viso hat 2017 den FFC Vorderland in die Bundesliga geschossen (und sich dann schwer verletzt) und ist im Winter nach Kolumbien gewechselt. Ihre Landsfrauen Yaribeth Ulacio und Sheila Sanchez spielen immer noch für den Klub aus Vorarlberg, stehen aber nicht im Team-Kader.

In der anderen Gruppe wird höchstwahrscheinlich Turnier-Gastgeber Chile mit Kolumbien in die Finalrunde einziehen. Seit man sich vor einem Jahr entschlossen hat, das Turnier auszurichten, wurde viel im Bereich Frauenfußball gemacht; Chile fegte in Testspielen 5:0 über die Argentinierinnen (die da aber ohne die Legionäre gespielt haben) und gar 12:0 über Peru hinweg, gegen Frankreich gab es eine erstaunlich knappe 0:1-Niederlage.

Mangels Konkurrenz hat der Titel selbst nicht den ganz großen Stellenwert – zumindest nicht für Brasilien. Sollte Kolumbien den Abo-Champion entthronen, wäre das sehr wohl ein riesiger Erfolg.

Bisherige Titelträger: 1991 1995 1998 2003 Brasilien, 2006 Argentinien, 2010 2014 Brasilien.

Hier gibt’s den genauen Zeitplan über die Spiele.

Auch in Afrika gibt’s Spiele: Hier wird die erste Qualifikationsrunde für den Afrikacup im Herbst ausgespielt. Der sportliche Wert ist dabei aber überschaubar und große Konsequenzen werden diese Matches auch nicht haben.

Von den fünf besten Teams im FIFA-Ranking haben vier für diese Runde ein Freilos (Nigeria, Kamerun, Südafrika und Äquatorialguinea), der fünfte (Ghana) ist als Endrunden-Veranstalter sowieso für das mit acht Teilnehmern ausgetragene Turnier gesetzt. Äquatorialguinea übrigens kann sich für den Afrikacup qualifizieren, nicht aber für die WM: Die FIFA hat den Verband wegen allzu kreativer Auslegung von Einbürgerungs-Zertifikaten für die Endrunde 2019 gesperrt.

Die Elfenbeinküste, WM-Teilnehmer von 2015, muss jetzt schon ran (gegen Marokko). Auch Simbabwe, Olympia-Teilnehmer von 2016, hat schon zwei K.o.-Spiele vor sich (gegen Namibia) – allerdings waren beide Teams recht überraschend bei den jeweiligen Turnieren dabei und es wäre eine große Überraschung, wenn sie sich auch für die WM 2019 in Frankreich qualifzieren würden.

Es gibt in Afrika auch zahlreiche Verbände, die gar kein Frauen-Team stellen: Ägypten beispielsweise, aber auch Tunesien, die DR Kongo oder der Benin.

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Österreich gewinnt den Cyprus-Cup (plus: noch viel mehr) https://ballverliebt.eu/2016/03/12/oesterreich-cyprus-olympia-frauenfussball-shebelieves-nadeshiko/ https://ballverliebt.eu/2016/03/12/oesterreich-cyprus-olympia-frauenfussball-shebelieves-nadeshiko/#comments Sat, 12 Mar 2016 19:30:40 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12148 Österreich gewinnt den Cyprus-Cup (plus: noch viel mehr) weiterlesen ]]> Ein Freistoß von der halbrechten Seite segelt in den polnischen Strafraum, eine Abwehrspielern verlängert die Kugel genau vor Katharina Schiechtl – und die Bremen-Legionärin sagt „Danke“. Das entscheidende 2:1 im Finale des Cyprus Cup für Österreich, es war die 89. Minute. Der erste Sieg bei einem der renommierten März-Turniere für Österreich.

Dies ist ein ziemlich ausführlicher Artikel. Zur Übersicht, folgende Themen werden behandelt: Erst geht es im Österreich beim Cyprus Cup, die ÖFB-Frauen haben mit drei Siegen und einem Remis das durchaus namhafte Turnier gewonnen. Dann werfen wir einen Blick auf das europäische Olympia-Quali-Turnier und dort im Speziellen auf das Team der Schweiz. Außerdem fand noch der hochkarätig besetzte SheBelieves Cup in den USA statt, wo die vier derzeit besten Nationalteams der Welt untereinander waren. Und am Ende geht der Blick noch nach Japan, weil der Teilnehmer an den letzten drei Finals von großen Welt-Turnieren die Qualifikation für Olympia sensationell verpasst hat.

Österreich gewinnt den Cyprus Cup

„Im Herbst haben wir mit zwei Sechsern gespielt“, erklärt Teamchef Dominik Thalhammer, nun nur noch mit einem. Das Grundgerüst mit dem Ball war ein 4-1-4-1 bzw. 4-3-3, mit nur einer defensiven Mittelfeld-Spielerin. Durch die doppelte Besetzung auf der Acht/Zehn konnten die Außenstürmer auch wirklich außen bleiben. „Im alten System tendierten die Mittelfeld-Außen dazu, früh einzurücken. So hat uns die Breite gefehlt, wenn die Außenverteidigerinnen nicht sehr weit nach vorne gerückt sind“, so der Teamchef.

Nun kann die Abwehrkette ein wenig flacher bleiben, mit zwei hohen Außenstürmern und zwei offensiv denkenden Achtern stellt man die Abwehr eines destruktiven und tief stehenden Gegners vor die Frage, wie sie es anstellen soll, nicht auseinander gezogen zu werden.

Experiment gegen Irland

Österreich - Irland 2:0 (1:0)
Österreich – Irland 2:0 (1:0)

Gegen Irland im ersten Spiel probierte man aber noch eine weitere Neuerung aus: Aus der Abwehr rückte Viki Schnaderbeck in den Sechserraum auf. So standen zwei Sechser (eher eng), davor zwei Achter (mit größerem Abstand), zwei weit agierende Außenstürmer und Mittelstürmerin Nina Burger. Ein wenig in Richtung WM-System, so wie ganz früher, mit einem aufbauenden, zentralen Viereck.

Wirklich funktioniert hat es offenbar noch nicht, die Abstände zwischen den Spielerinnen waren oft nicht optimal, „aber das ist nicht ungewöhnlich, wenn man etwas zum ersten Mal in einem echten Match ausprobiert“, so der Trainer. In jedem Fall aber hat man Irland doch einigermaßen verwirrt, mit dieser Raumaufteilung, und mit zwei vertikalen Pässen (einmal an die Strafraumgrenzen und einmal in den Rücken der aufgerückten irischen Abwehr) wurden die beiden Tore zum 2:0-Sieg eingeleitet.

In der letzten halben Stunde, nach dem Tor zum 2:0, zog sich das österreichische Team etwas zurück und testete das staubige Nach-Hause-Bringen eines Ergebnisses. Die Folge war eine optische irische Überlegenheit, die aber nicht wirklich etwas einbrachte.

Riegelknacken gegen Ungarn

Österreich - Ungarn 2:1 (0:0)
Österreich – Ungarn 2:1 (0:0)

Die Irinnen wollten durchaus mitspielen, Ungarn zwei Tage später nicht. Das war genau so erwartet worden; die ÖFB-Frauen stellten sich in einem 4-3-3 auf, erstmals mit Barbara Dunst in der Startformation. Die 18-Jährige vom nationalen Meister FSK St. Pölten ist eine Starkstrom-Spielerin, rastlos und unangenehm für jede Gegenspielerin. Mit ihr war der Teamchef auch recht zu zufrieden.

Die Vorgabe für dieses Spiel war, Geduld zu haben. „Oft wurde in der Vergangenheit zu schnell der vertikale Pass gespielt, obwohl dieser nur mit hohem Risiko oder nur ungenau spielbar war“, so Thalhammer. Die Schlussfolgerung: Länger den Ball auch öfter mal quer spielen, den Gegner zum Verschieben zwingen, Löcher abwarten. Eine Vorgabe, die erfüllt wurde: „Das erste Tor entstand aus dem 14. Ballkontakt dieser Ballbesitz-Phase“, freut sich der Teamchef, Sarah Zadrazil war als letzte am Ball, als kurz nach dem Seitenwechsel das 1:0 fiel.

Am Ende stand ein 2:1 (Billa erzielte nach einer Ecke das Siegtor, Bernadett Zágor hatte entgegen des Spielverlaufs den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielt) zu Buche, und weil Italien gegen Irland nur zu einem Remis kam, bedeutete das: Ein Punkt im letzten Gruppen-Match, und Österreich würde im Finale stehen.

Defensiv-Test gegen Italien

Österreich - Italien 0:0
Österreich – Italien 0:0

Das Spiel gegen den laut Weltrangliste stärksten Teilnehmer am Cyprus Cup, Italien (Nr. 13, Österreich ist derzeit 27.), war eher eine Trockenheizer-Partie. Die spanische Unparteiische Frías Acedo pfiff auf beiden Seiten viel ab, es gab viele Standard-Situationen, aber sehr wenig Spielfluss.

Italiens Teamchef Antonio Cabrini, Weltmeister von 1982, ging in diesem Turnier vom gewohnten 4-3-3 ab und spielte mit einem 4-4-2 durch. Sprich: konsequentere Besetzung der Außenpositionen und zwei Mittelstürmer, dafür ein Posten weniger zum Aufbauen. So segelten vor allem die langen Bälle von den Vieren hinten auf die Vier da vorne, bzw. die Flanken von den Mittelfeld-Außen in Richtung Strafraum. Italien hatte aber grundsätzlich zunächst mehr vom Spiel und traf auch einmal die Torumrandung.

Nach einer halben Stunde lief die österreichische Pressing-Maschine dann an, was Italien merklich zu schaffen machte und sichtlich nervte, auch kam die Defensive der Azzurre schon ein wenig ins Schwimmen, wenn Druck auf sie ausgeübt wurde. Halb durch die zweite Halbzeit änderte sich das Spiel wiederum radikal, weil Sarah Puntigam nach einem Handspiel mit Gelb-Rot vom Platz musste. Der erste Ausschluss bei den ÖFB-Frauen seit 21 Jahren (damals Gerti Stallinger in einem EM-Quali-Spiel im Horr-Stadion gegen Jugoslawien).

In den verbleibenden 25 Minuten konnte Österreich damit die Variante „Abwehrschlacht“ probieren – das entspricht nicht den Vorstellungen und dem Naturell des Teams, kann aber auch mal nötig sein. Italien machte wiederum Druck, vor allem über die Außenpositionen. „Da haben wir zu viel zugelassen“, moniert Thalhammer, „die Flanken müssen wir besser verteidigen.“ Vor allem, da Norwegen (in vier Wochen Gegner in der EM-Quali) auf eine praktisch idente Spielanlage baut wie Italien in diesem Spiel. Allerdings sagt Thalhammer auch: „Ausgespielt haben die uns nicht!“ Womit es beim 0:0 blieb, Nina Burger hatte in der Nachspielzeit sogar noch die Chance auf den Siegtreffer.

Mühsam gegen Polen

Österreich - Polen 2:1 (1:1)
Österreich – Polen 2:1 (1:1)

In der anderen Gruppe hatte sich Polen durchgesetzt, war deshalb der Finalgegner des ÖFB-Teams. Schnaderbeck rückte für die gesperrte Puntigam auf die Sechs, dafür verteidigte hinten Gini Kirchberger von Köln neben Carina Wenninger von den Bayern innen.

Polens Teamcher Wojciech Basiuk, das wurde schnell deutlich, wusste, wie Österreich spielen will. Er wies seine Spielerinnen an, dem ÖFB-Team gar nicht erst die Gelegenheit zu geben, in das Pressingspiel zu kommen, indem die Bälle schnell los zu werden waren – und zwar hoch und weit in die Richtung von Stürmerin Ewa Pajor. Das funktionierte einerseits ganz gut, weil Österreich tatsächlich nicht so richtig ins gewünschte Spiel kam (dem frühen 1:0 durch Nina Burger zum Trotz), andererseits aber wiederum nicht so richtig, weil Pajor alleine relativ wenig ausrichtete und der Ball zumeist längst wieder bei Österreich war, ehe das polnische Mittelfeld aufrücken konnte. Der Ausgleich (rund 10 Minuten nach dem 1:0) kam hingegen zustande, weil es Polen einmal schaffte, auf spielerischem Weg die erste Pressinglinie zu umspielen, die folgende Flanke verwertete Ewelina Kamczyk (die 19-Jährige stieg vor zwei Jahren direkt von der U-17 ins A-Team auf).

Dieses Spiel zeigte, dass gerade Topf-3-Teams, die sich etwas überlegen, Österreich zuweilen noch vor Probleme stellen können (wie im Herbst auch Wales mit einem durchaus geschickt aufgestellten 3-4-3). Das schnelle Rausbringen des Balles aus der Abwehr in Verbindung mit „drei, vier sehr schnellen Spielerinnen“ (O-Ton Thalhammer) machte Polen zu einem unguten Gegner. Österreich hatte in der Folge mehr vom Spiel, traf auch einmal die Latte (Billa), zwingende Torchancen gab es aber kaum – ehe Schiechtl aus einem Standard kurz vor dem Ende doch noch das Tor erzielte.

Bilanz

„Im Grunde haben wir alle Ziele erreicht“, ist Teamchef Thalhammer zufrieden: „Es war eine Weiterentwicklung in allen Bereichen und wir arbeiten gezielt an Details. Es gab einige gute Erkenntnisse was das Offensivspiel betrifft und unser Verhalten im Ballbesitz, aber auch bei Pressing-Situationen. Da sind wir oft nicht genau genug im Anlaufen, und das Gegenpressing ist manchmal etwas zu ungestüm.“ Sprich: Wenn man im Gegenpressing ein Foul verursacht, ist das nicht so furchtbar hilfreich.

Und Negatives? „Da kann ich nichts finden“, überlegt der Trainer, „alle sind fit wieder heimgekommen, das ist sehr wichtig. Außerdem haben wir gesehen, dass da ein Team auf dem Platz steht, das sehr stabil ist, egal was passiert. Ob es nun ein vermeidbares Gegentor, ein Ausgleich oder gar ein Ausschluss ist.“

Die nächsten Aufgaben warten am 6. und am 10. April im Vorwärts-Stadion von Steyr. Da kommen in der EM-Qualifikation Kasachstan (sollte ein klarer Sieg für Österreich werden) und Gruppenfavorit Norwegen. Und, nur um es noch einmal zu erwähnen: Die ÖFB-Frauen sind nun seit 17 Spielen oder ziemlich exakt zwei Jahren ungeschlagen, Gegner waren in dieser Zeit etwa Australien (WM-Viertelfinalist), Finnland (EM-Teilnehmer), Spanien (WM-Teilnehmer) und Italien (EM-Viertelfinalist).

Die Olympia-Quali

Schweden - Norwegen 1:0 (1:0)
Schweden – Norwegen 1:0 (1:0)

Norwegen spielte parallel zum Cyprus Cup in der europäischen Olympia-Qualifikation (Deutschland und Frankreich sind wegen ihrer WM-Leistungen schon qualifiziert, hier ging es um den dritten und letzten UEFA-Platz) und verpasste das Turnier in Rio, für das in der Vierergruppe (mit Schweden, Schweiz und Turnier-Gastgeber Holland) der ersten Platz notwendig gewesen wäre.

Unter Roger Finjord, seit einem halben Jahr Chef-Trainer, spielt der Weltmeister von 1995 und Olympiasieger von 2000 in einem 4-4-2, das im Aufbau eigentlich ein 4-2-4 ist: Zwei statische Sechser im Zentrum, gelernte Außenstürmer an den Flanken, eine bullige und eine trickreiche Stürmerin im Zentrum.

Wenn Norwegen aber gezwungen ist, das Spiel gegen einen Gegner von halbwegs Klasse zu gestalten, wird das alles sehr bieder – was aber zum insgesamt eher enttäuschenden Niveau bei diesem Mini-Turnier passt. Schweden etwa machte in erster Linie zu (passive Viererkette hinten, drei zentrale und defensiv denkende Leute im Mittelfeld), schlich und mauerte und mogelte sich zum Gruppensieg (frühes Tor und dann nix mehr beim 1:0 gegen Norwegen, klares Abseits-Tor beim 1:0 gegen die Schweiz, profitiert von einem Mörder-Bock in der holländischen Abwehr beim 1:1).

Schweden hat sich seit der Heim-EM 2013 in eine gravierende spielerische Krise manövriert, auch wegen personeller Aderlässe: Öqvist ist Mama, Göransson in der Anonymität von Mittelständler Vittsjö untergetaucht, Sjögran ist Sportdirektorin in Malmö und die dünnhäutige Asllani hat sich mit der zuweilen undiplomatischen Teamchefin Pia Sundhage überworfen. Kurz: Schweden hat derzeit nicht das Personal für ein Offensivspiel der Marke Sundhage, weshalb Pia den pragmatischen Weg gewählt hat und mauerte.

Holland war die einzige Mannschaft, die konsequent versucht hat, selbst ein Spiel aufzuziehen, das diesen Namen auch verdient, zerlegte so die Schweiz, aber gegen Schweden und Norwegen fehlte die individuelle Klasse (wohl auch, weil Außenstürmerin Lieke Martens und Abwehrchefin Stefanie van der Gragt verletzt fehlten). Der Weg zur Heim-EM im kommenden Jahr stimmt bei Oranje unter Bondscoach Arjan van der Laan aber.

Die Sache mit der Schweiz und Martina Voss

Holland - Schweiz 4:3 (1:1)
Holland – Schweiz 4:3 (1:1)

Das einigermaßen deutlich schwächste Team im Turnier war das aus der Schweiz. Das lag zum einen daran, dass Führungsspielerinnen wie Ramona Bachmann und Lara Dickenmann komplett von der Rolle waren. Aber auch daran, dass das System und die Spielanlage an Naivität kaum zu überbieten waren.

Die deutsche Trainierin Martina Voss-Tecklenburg stellte nach der WM vom flachen 4-4-2 auf ein 4-1-3-2 um, in dem die Außen im Mittelfeld recht breit stehen. Ziel: Mit vier Offensiven auf der ganzen Breite angreifen, plus einen zentralen Zehner, plus offensiv denkene Außenverteidiger (wie Ana Maria Crnogorcevic, die eigentlich Außenstürmerin ist). So überfährt man unterklassige Gegner wie Georgien und Nordirland in der EM-Quali im Herbst 4:0 und 8:1, eh klar. Beim 3:0 in Italien im Oktober hatte man schon Glück, dass Italien (damals im 4-3-3) die klare Überzahl im Zentrum wegen akutem Kreativitätsmangel nicht nützte – und, dass Azzurre-Goalie Giuliani zweimal grob daneben griff; das Resultat von 3:0 täuscht darüber hinweg, dass die Schweiz in Cesena sicherlich nicht die bessere Mannschaft war.

Italien - Schweiz 0:3 (0:0)
Italien – Schweiz 0:3 (0:0)

Nun ging es aber gegen wirklich gute Gegner, und schon die realtiv spielstarken Holländerinnen machten die offenen Halbräume, die Schweiz über 70 Minuten nicht zumachte, zu ihrem persönlichen Spielplatz. Spielerinnen wie Trainerin beklagten sich nach der Lehrstunde (in der man nur wegen konditioneller Mängel bei Holland in der Schlussphase noch von 1:4 auf 3:4 verkürzt hatte) über „zu große Räume“, die man Oranje im Mittelfeld gewährt hatte. Das ist aber außschließlich Voss anzukreiden.

Die Erkenntnisse der WM und der Spiele seither sprechen eine eindeutige Sprache: Geht es gegen deutlich schwächere Teams (wie Ecuador bei der WM), spielt man die individuelle Überlegenheit und die relative Offensivstärke gnadenlos aus. Gegen stärkere Gegner aber passt man die Strategie nicht an und rennt blindlings in offene Messer. So war es bis zu einem gewissen Grad beim eher peinlichen 1:2 gegen Kamerun bei der WM, so hätte es in Cesena gegen Italien werden können (wenn die es etwas intelligenter gespielt hätten), und so war es absolut bei 3:4 in Holland nun in der Olympia-Quali.

Immerhin: Gegen die zentral stark aufgestellten Schwedinnen stellte Voss tatsächlich auf ein 4-2-3-1 um (mit Zehnder und Wälti auf der Sechs) und hielt Schweden halbwegs an der Leine, ehe man das Pech hatte, dass das Referee-Gespann ein Tor für das Trekronor-Team anerkannte, bei der Torschützin Caroline Seger auf der Torlinie stand, also klar Abseits war. Im letzten Spiel gegen Norwegen (als die Schweiz schon aus dem Rennen um das Olympia-Ticket war) kam wieder das offene 4-1-3-2 zum Einsatz, was nur deshalb funktionierte, weil Norwegen eben ohne Aufbau via Zentrum spielt.

Österreich - Schweiz 1:2 (0:1)
Österreich – Schweiz 1:2 (0:1)

Martina Voss war als Spielerin gemeinsam Europameisterin und Vize-Weltmeisterin mit Silvia Neid, und gemeinsam ist ihnen das Vertrauen auf individuelle Klasse, das Überrennen der Gegner über die Flügel und offenbar auch die Abneigung, den eigenen Matchplan auf den Gegner anzupassen (womöglich, weil sie es unter ihrem damaligen Teamchef Gero Bisanz auch nicht anders gelernt hatten). Für die EM im kommenden Jahr wird sich die Schweiz natürlich völlig ohne Probleme qualifizieren, aber dort wird es das nächste Mal wieder spannend, inwieweit sich Voss da auf starke Gegner anpasst. Interessant wäre wieder mal ein Spiel der Schweiz gegen Österreich: Derzeit sieht es so aus, als wäre die Schweiz individuell besser aufgestellt, Österreich inhaltlich.

Das letzte Duell gab es im August 2012 in Altach, die Schweiz gewann damals 2:1 (Tore von Moser und Dickenmann bzw. Puntigam). Gerade Österreich, damals noch am Anfang der Entwicklung ist inhaltlich aber überhaupt nicht mit 2012 zu vergleichen.

Das Turnier der Großen in den USA

Das März-Turnier mit dem vermutlich dämlichsten Namen aller Zeiten („SheBelieves Cup“) war jenes mit dem wohl höchsten Niveau aller Zeiten. Gastgeber und Weltmeister USA gewann die Premiere mit drei Siege in drei Spielen vor Deutschland (6 Punkte), England und Frankreich (je 1 Punkt). Nun haben manche das Turnier ernster genommen (USA) als andere (Frankreich), ein paar schöne Erkenntnisse lassen sich auch dem durchaus ansehnlichen Cup aber schon ziehen.

USA - England 1:0 (0:0)
USA – England 1:0 (0:0)

Erstaunlich ist vor allem, dass die USA ohne Abby Wambach (der Sturmtank hat aufgehört) und Megan Rapinoe (die oft eigensinnige Flügelflitzerin riss sich das Kreuzband) viel flexibler ist. Im aktuellen Mix aus 4-2-3-1 und 4-4-1-1 kippen die beiden Sechser in der Regel seitlich ab, um die aufrückenden AV abzusichern; WM-Final-Star Carli Lloyd nimmt sich im Dienste der Mannschaft eher zurück. Und: Trainerin Jill Ellis baut jetzt, noch vor Rio, die Jungen ein.

Lindsey Horan, eigentlich ein Offensivgeist, fremdelt mit ihrer Rolle im defensiven Mittelfeld noch etwas. Emily Sonnett, der Nr.-1-Draft-Pick, spielte in der Innenverteidigung auf sicher und hielt sich an der routinierten Becky Sauerbrunn an. Und Mallory Pugh ist the real deal: Das 17-jährige Mädel (die schon vor anderthalb Jahren bei der U-20-WM die einzige US-Spielerin war, die auf der Höhe des Geschehens war) ist unerhört schnell, technisch schon extrem gut und hat auch durchaus Spielverständnis.

Allerdings: Furchtbar viel kommt, von diesen drei abgesehen, auf absehbare Zeit auch nicht nach und Trainerin Ellis rotiert auch eher ungarn. Mit Crystal Dunn als bullige und Christen Press als international routinierte Alternative für Pugh, und eher wieder mit Julie Johnston (wie bei der WM) statt Sonnett wird Ellis so in die Olympischen Spiele gehen. Ob Rapinoe rechtzeitig fit wird, muss sich zeigen – und ob ihre Rückkehr dem US-Spiel überhaupt gut täte, ebenso.

2016 03 03 Ger-Fra 1-0Bei Deutschland wurden von Noch-Bundestrainerin Silvia Neid ein paar neue Leute ausprobiert (Kerschowski und Blässe am Flügel, Hendrich als RV, Doorsoun als LV), andere Leute weiter mit einer kaum nachvollziehbahren Nibelungen-Treue bedacht (die IV mit Krahn, 30, und Bartusiak, 33, beide eher von der Holzfuß-Fraktion und nicht gerade die weiblichen Wiedergänger von Javi Martinez und Jerome Boateng) und im ersten Spiel mit einem 4-1-4-1 geteasert.

Dieser System-Test wurde aber extrem halbherzig absolviert, schnell kam man wieder auf das gewohnte, berechenbare Neid’sche 4-4-2, das dann auch beinhart durch das restliche Turnier durchgezogen wurde. So als ob Neid sagen würde: Ich habe mich zehn Jahre nicht um die Entwicklung einer taktischen Alternative geschert, warum sollte ich jetzt, ein paar Monate vor Ende meiner Amtszeit, damit anfangen. Nach Olympia übernimmt Steffi Jones, ob sie das Amt der Bundestrainerin etwas weltoffener anlegt als Neid, weiß noch niemand.

England zeigte sich etwas weniger systemvariabel als sonst, spielte aus einem 4-1-3-2 heraus das Turnier weitgehend durch und testete vor allem das Stören des Aufbaus von spielstärkeren Teams. Das gelang gut: Die USA fand trotz des 1:0-Sieges nie eine wirkliche Lösung, genauso die berechenbaren Deutschen (die nur wegen eines Eigentors und eines geschenkten Elfers 2:1 gewannen) und das Spiel gegen Frankreich endete 0:0. Zwar holte England also nur einen Punkt aus den drei Spielen, furchtbar unzufrieden wird Trainer Mark Sampson aber nicht sein.

Dafür spielte Frankreich diesmal ein bisschen „Little Britain“ und variierte das System (4-1-4-1 gegen Deutschland, 4-4-2 gegen die USA, 4-2-3-1 gegen England) – wenn auch nicht die Spielanlage. Frankreich will natürlich immer noch den Ball, ist technisch exzellent, erarbeitet sich Chancen – braucht aber zu viele und im entscheidenden Moment klappts einfach nicht. Irgendwie wie immer halt. Immerhin: Kheira Hamraoui zeigte im DM auf und ist eine echte Alternative zu Cammy Abily und Amandine Henry.

Was das für Rio bedeutet? Einerseits sollte man natürlich erst einmal die Auslosung der drei Gruppen am 14. April abwarten. Aber: Weltmeister USA ist stärker als bei der WM im letzten Jahr und ist der klare Favorit auf die fünfte Goldmedaille im sechsten olympischen Frauen-Turnier. Frankreich – bei der WM die deutlich stärkste Mannschaft, aber im Viertelfinale im Elferschießen an Deutschland gescheitert – hat es drauf, muss es aber erst einmal im Kopf zusammenbringen.

Deutschland wird genauso daherkommen wie immer und von jedem Gegner mit einem kleinen Stück Hirnschmalz und der nötigen individuellen Klasse dazu vor gravierende Schwierigkeiten gestellt werden. Algarve-Cup-Sieger Kanada ist Außenseiter, Veranstalter Brasilien (beim heuer mäßig besetzten Algarve Cup immerhin im Finale) ist nicht so gut und hat den größten Druck.

Sayonara, Norio-san

Und Japan? Nun ja: Jenes Team, das in allen drei großen Finals seit 2011 stand (2x Weltmeisterschaft und 1x Olympia) ist die größte Sensation der #RoadToRio. Nach einem verdienten 1:3 gegen Australien, einem peinlichen 1:1 gegen Südkorea und einem bitteren 1:2 gegen China stand schon nach drei der fünf Spiele fest, dass die Nadeshiko keine Chance mehr auf eines der beiden asiatischen Tickets für Olympia hat.

Trainer Norio Sasaki, der vor acht Jahren ein Mitläufer-Team übernommen und es zur zeitweise deutlich besten Mannschaft der Welt gemacht hat, nahm seinen Hut. Das blamable Scheitern ist zu einem gewissen Grad auch seine Schuld: Er hat es verabsäumt, einen wirklichen Generationswechsel zu vollziehen. Das Team, das sich letztes Jahr ins WM-Finale schleppte, hatte ein geradezu biblisches Durchschnitts-Alter, bis auf Homare Sawa (die 36-jährig ihre Karriere beendete) sortierte er aber weiterhin niemanden aus.

Ob Sasaki aber auch an der Schlampigkeit im Passspiel Schuld ist, das sein Team bei dem Olympia-Quali-Turnier gezeigt hat? Japans Anlage ist auf präzisen Pässen in der gegnerischen Hälfte ausgelegt, um die körperlichen Nachteile auszugleichen. Ständig aber musste Spielerinnen ungenauen Pässen nachlaufen, passierte billige Abspielfehler, wurde das Tempo heraus genommen. So kann man selbst als Japan Teams wie Australien und China nicht unter Druck setzen, selbst gegen die beiden koreanischen Teams mühte man sich ab. Eine entsetzte Homare Sawa gab zu Protokoll, dass der Fokus fehle, die Bereitschaft, auch wenn es nicht läuft konzentriert zu bleiben. Kurz: Japan wirkte alt und satt.

Aya Miyama, die das Spiel gestalten soll, spielt nur Alibi-Pässe. Die routinierte Yuki Ogimi konnte sich im Strafraum überhaupt nicht durchsetzen, die Zeit von RM Shinobu Ohno ist längst vorbei. Und Innenverteidigerin Azusa Iwashimizu, die wirklich schon alles gesehen hat, ist seit dem für sie desaströsen WM-Finale gegen die USA und Carli Lloyd komplett neben der Spur.

Wer auch immer Norio Sasaki nachfolgt – heißeste Kandidatin ist Japans Junioren-Teamchefin Asasko Takakura – hat nun gemütlich drei Jahre Zeit, um bis zur WM 2019 in Frankreich einen Generationswechsel zu vollziehen. Normalerweise dürften aus der aktuellen Stammformation dann kaum noch mehr als drei oder vier Leute übrig sein.

By the way: Australien und China fliegen für den asiatischen Verband nach Rio.

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Die Erkenntnisse der Frauen-WM 2015 https://ballverliebt.eu/2015/07/07/die-erkenntnisse-der-frauen-wm-2015/ https://ballverliebt.eu/2015/07/07/die-erkenntnisse-der-frauen-wm-2015/#comments Tue, 07 Jul 2015 18:32:35 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=11224 Die Erkenntnisse der Frauen-WM 2015 weiterlesen ]]> Es war die goldene Idee von Jill Ellis und ihrem „Co“, Tony Gustavsson – auch wenn es für manche im ersten Moment wie Majestätsbeleidigung aussah. Ab dem Viertelfinale gab es für Weltrekord-Stürmerin Abby Wambach keinen Platz mehr in der Startformation des US-Teams. So kam Schwung ins Spiel, was mit dem WM-Titel belohnt wurde.

Nach dem souveränen 5:2-Finalsieg über Japan manifestiert sich darin die größte Erkenntnis der 7. Frauen-WM: Eine funktionierende Taktik, adaptierte Matchpläne und ein homogenes Teamgefüge sind nun auch bei den Frauen endgültig wichtiger als individuelle Klasse. Das zeigte neben den USA vor allem England. Es gibt aber noch einige andere Schlüsse, die sich ziehen lassen.

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Richtig: Reagieren, wenn es notwendig ist

Abby Wambach ist 35 Jahre alt. Die Schnellste war sie nie, dafür immer ein Brecher im gegnerischen Strafraum. Wambach ist, was im unschönen, alten Fußballdeutsch gerne auch „Sturmtank“ genannt wird: In der Box stehen und warten, dass die Flanken geflogen kommen. Nicht umsonst erzielte sie über ein Drittel ihrer fast 200 Länderspieltore mit dem Kopf.

Nach einer zähen Vorrunde und einem giftigen Spiel voller alter Ressentiments im Achtelfinale gegen Kolumbien war endlich auch Jill Ellis und Tony Gustavsson klar geworden, dass Wambach das Spiel verlangsamt und eindimensional macht – gegen die immer intelligenter spielende Konkurrenz sah das 4-4-2 mit der Immobilie Wambach vorne sehr altbacken aus, es fehlte die Verbindung zwischen Mittelfeld und Angriff. Also startete im Viertelfinale gegen China Amy Rodriguez statt ihr, im Halbfinale gegen Deutschland und im Finale gegen Japan dann – der Glücksgriff – Carli Lloyd.

USA - Japan 5:2 (4:1)
USA – Japan 5:2 (4:1)

So spielte neben bzw. hinter einer wendigen und mobilen Spitze (Alex Morgan) eine aktive Halbstürmerin, die als gelernter Sechser großes Spielverständnis hat, sich viel zurück fallen ließ. So war es möglich, im Zentrum effektiv zu pressen: Genau das hatte man mit dem Loch hinter Wambach vermieden, weil man sonst zu große Räume aufgemacht hätte. Damit schaltete man das deutsche Mittelfeld-Zentrum (mit Goeßling und Leupolz) aus und dominierte auch Japan – vor allem in der Anfangsphase, als dort noch Utsugi und Sakaguchi spielten. Als die Umstellung auf Sawa und Miyama kam, lag die USA schon 4:0 voran.

Mit der gesteigerten Präsenz in der Mitte zwang man die Gegner zu vermehrtem Aufbau über die Flügel. Dort aber hatten die USA ein deutliches Athletik- und Qualitätsplus, das sie auch auszuspielen vermochten.

Falsch: Nicht reagieren, wenn es notwendig wäre

Dass Silvia Neid nur eine Verwalterin von Talent, aber keine gerissene Verfasserin von Matchplänen ist, wurde schon vor zwei Jahren bei der EM bemängelt. Wie sehr sich die 51-Jährige aber auch diesmal als stockkonservativer Betonkopf benehmen würde, schockierte selbst die deutschen Beobachter. „Deutschland spielt seit zehn Jahren gleich“, wundert sich auch ÖFB-Teamchef Dominik Thalhammer. Ein 4-4-2 (das, warum auch immer, beim DFB konsequent als 4-2-3-1 verkauft wird), Athletik, hohes Pressing, Spiel über die Außen. Auch personell war Deutschland das berechenbarste und unflexibelste Top-Team des Turniers.

Deutschland - USA 0:2 (0:0)
Deutschland – USA 0:2 (0:0)

Selbst nach dem Viertelfinale gegen Frankreich wurde nichts in Frage gestellt, obwohl man 45 Minuten lang hergespielt wurde wie 13-jährige Schulmädchen und erst ins Spiel fand, als Frankreich Élodie Thomis auswechselte. Man glaubte, mit dem routinierten, aber langsamen IV-Duo Krahn/Bartusiak bestmöglich aufgestellt zu sein. Glaubte nicht, dass Gegner die eklatanten Schwächen von Célia Sasic bei der Ballanahme im Lauf nicht bemerkt hätten. Glaubte nicht, dass sich Lena Goeßling weiterhin verstecken würde, anstatt Verantwortung zu übernehmen.

Und vor allem glaubte man nicht, dass es nötig war, den Gegnern mal etwas zum Überlegen zu geben, weil man ja eh so einen guten Kader hatte, der es im Zweifel schon richten würde. Auch glaubte Neid, auf In-Game-Coaching verzichten zu können und reagierte auf die unerwartete Formation der USA genau überhaupt nicht.

Anders gesagt: Alle weiterentwickelnden Elemente, die Jogi Löw bei den Herren in den letzten fünf Jahren verfolgt hat, sind praktisch spurlos an Silvia Neid vorüber gegangen. Stillstand aus der Annahme heraus, dass man den anderen ohnehin überlegen wäre. Dass Neid nach dem Aus den Schwarzen Peter an die Liga weiterschob, ist eher ein Zeichen von schlechtem Stil und mangelnder Selbstkritik als ernstzunehmende Kritik.

Flexibilität ist gefragt – wie bei England

Wenn man nicht über Weltklasse-Spielermaterial verfügt, muss man halt umso mehr überlegen – gerne auch speziell auf den Gegner abgestimmt. Das haben viele Verantwortliche verstanden. So wie Martina Voss-Tecklenburg, die etwa in einem Spiel ihre Stürmerinnen Bachmann und Dickenmann auf die Flügel stellte und ihre Flügelspielerinnen (Humm und Crnogorcevic) dafür ganz nach vorne. Oder auch so wie Carl Enow, Teamchef von Kamerun. Dieser wies seine vier Offensivkräfte im 4-2-3-1 an, permanent zu rochieren. Das stiftete heftige Unruhe bei den Abwehrreihen von Ecuador und Schweiz und wurde mit dem überraschenden Gruppenplatz zwei belohnt.

Kanada - England 1:2 (1:2)
Kanada – England 1:2 (1:2)

Vor allem aber wie bei England. Mark Sampson, 32-jähriger Waliser, hat vor zwei Jahren einen wilden Haufen ohne jede Ordnung und ohne wirkliche Spielidee von Hope Powell übernommen und formte das flexibelste Team des Turniers. Auf jeden Gegner stellte er sein Team neu ein, bediente sich in den sieben Spielen aus einem Repertoire an sechs verschiedenen Systemen (im Achtelfinale gegen Norwegen sogar drei in einer Halbzeit) und machte es anderen Trainern damit sehr schwer, sich auf die Lionesses vorzubereiten.

Zum Start gab es mit einem 4-1-4-1 eine knappe Niederlage gegen Frankreich, dann Siege gegen Mexiko und Kolumbien mit einem 4-3-3 und einem 4-3-1-2. Im Achtelfinale startete man mit einem 4-4-1-1 gegen Norwegen, im Viertelfinale mit einem 4-2-3-1 gegen Kanada, ehe man Japan im Halbfinale mit einem 4-1-4-1 am Rande der Niederlage hatte. Im kleinen Finale schließlich schaltete man Deutschland mit einem 5-4-1 aus, indem man das DFB-Team zu Steilpässen auf Sasic zwang und man dieser den Platz zur Ballannahme nahm.

Sampson nützte die zwei Jahre mit einer leichten Quali-Gruppe, um sein individuell weiß Gott nicht überragendes Team möglichst auf alle Gegebenheiten vorzubereiten. Neid nützte die zwei Jahre mit einer leichten Quali-Gruppe, um mit der immer gleichen Taktik die unterlegene Konkurrenz möglichst zweistellig zu besiegen. Was wohl nachhaltiger ist?

Was nicht mehr geht: Ein Star, zehn Zuarbeiter

Brasilien ist das klassische Beispiel eines Teams, das im Grunde nur aus einer Spielerin besteht und deren Form bzw. deren Launen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist. Nun ist Marta zwar eine Spielerin, der man an einem guten Tag alles zutrauen kann. Die 29-Jährige ist aber auch eine launenhafte Diva, von der man nie so genau weiß, was für einen Tag man bekommt.

Brasilien - Australien 0:1 (0:0)
Brasilien – Australien 0:1 (0:0)

Bei dieser WM jedenfalls hat sich Marta in den Gruppenspielen gegen Südkorea (2:0) und Spanien (1:0) nach Kräften versteckt und wurde im dritten Spiel gegen Costa Rica (1:0) geschont. Als es im Achtelfinale gegen die aggressive australische Mannschaft darauf ankam, war sie aber wieder nur körperlich anwesend. Für ihr ansonsten sehr durchschnittlich besetztes Team mit wenig internationaler Erfahrung war das das Todesurteil.

Mit diesem Zugang ist Brasilien aber ohnehin eine aussterbende Spezies. Allenfalls Nigeria kann man von den Teilnehmern noch annähernd in diese Kategorie einordnen (mit den Stürmerinnen Oshoala und Oparanozie). Andere Vertreter dieser Kategorie haben sich erst gar nicht qualifiziert, so wie etwa Italien (mit Patrizia Panico), Äquatorialguinea (mit Genoveva Anonma) oder Südafrika (mit Portia Modise).

Auch die Psyche muss halten

Kanada ist ein grundsätzlich gut besetztes Team mit einem versierten Trainer. Aber die mentale Blockade, die hohen Erwartungen, die vollen Stadien: Sie schienen das kanadische Team zu lähmen.

Kanada - China 1:0 (0:0)
Kanada – China 1:0 (0:0)

An Kapitänin Christine Sinclair – erst ganz vorne aufgeboten, dann auf dem Flügel – liefen die Spiele vorbei. Sophie Schmidt, die für die Gestaltung nach vorne verantwortlich war, bekam die Spiele nicht aufgezogen. Die Innenverteidigung, vor allem Lauren Sesselmann, war so erschreckend unsicher, dass es verwunderlich ist, dass John Herdman sie nach einer Nachdenkpause dann in der K.o.-Phase doch wieder einsetzte. Fast folgerichtig, dass das erste Tor gegen England beim 1:2 im Viertelfinale aus einem schlimmen Patzer von Sesselmann resultierte.

Das Viertelfinal-Aus gegen England war folgerichtig, zumal von internen Reibereien die Rede war – Melissa Tancredi hatte sich nach dem Achtelfinale verplappert. Aber auch bei anderen an sich hoch gehandelten Teams scheiterten zu einem großen Teil an ihrer Psyche, wie etwa Schweden. So gab es im Vorfeld des Turniers eine kleine Spieler-Revolte, als sich der Kader für die Rückkehr zum gewohnten 4-4-2-System aussprach – Teamchefin Sundhage knickte ein. Die Folge waren Leistungen, so hölzern und unzusammenhängend, dass niemand Normalform erreichte und man nach drei Remis in der Vorrunde danach im Achtelfinale in ein 1:4-Debakel gegen Deutschland lief.

Frankreich - Deutschland 1:1 n.V. (1:1, 0:0), 4:5 i.E.
FRA – GER 1:1 n.V. (1:1, 0:0), 4:5 i.E.

Der größte Fall von Selbstfaller war aber einmal mehr Frankreich. Das Team des nächsten WM-Gastgebers 2019 war, da sind sich die Beobachter einig, das klar kompletteste und beste Team des Turniers gewesen und auch auf die 0:2-Pleite in der Vorrunde gegen Kolumbien schien den Fokus nur noch zu schärfen. Das zeigten das 5:0 gegen Mexiko und das 3:0 gegen Südkorea eindrucksvoll.

Auch im Viertelfinale gegen Deutschland war Frankreich das deutlich bessere Team, zumindest bis nach 75 Minuten die pfeilschnelle Flügelspielerin Thomis ausgewechselt wurde. Nach einer halben Stunde hätte es schon 3:0 stehen müssen, noch in der 119. Minute stand Thiney alleine vor dem Tor. So ging es aber wieder einmal viel zu früh raus, im Elfmeterschießen.

Die Beispiele von Kanada, Schweden und Frankreich zeigen eindrucksvoll, dass die grundsätzliche Fähigkeit nicht ausreicht. Eine stabile Psyche ist unerlässlich.

Routine ist wichtig

Die USA stellten die älteste Stammformation des Turniers (28,8 Jahre), Japan die drittälteste (27,8 Jahre). Auch das deutsche Team (27,3 Jahre) und das englische (27,6 Jahre) sind auf der erfahrenen Seite. Alle Halbfinalisten haben schon tonnenweise Turnier-Erfahrung in den Beinen und den Köpfen.

Andererseits konnte aber kein einziger der Debütanten wirklich überzeugen. Holland war bei den letzten zwei EM-Turnieren dabei, aber eine WM ist dann doch noch einmal was anderes. Man schleppte sich ins Achtelfinale, dort war man gegen Japan chancenlos. Oder die hoch gehandelten Schweizer, die in der Vorrunde gegen Kamerun verloren. Die Spanier, die sich im Infight mit ihrem sozial-unkompetenten Teamchef aufrieben.

Dazu die unglaublich naiven Vorstellungen von Côte d’Ivoire (0:10 gegen Deutschland) und Ecuador (1:10 gegen die Schweiz). Lediglich Thailand (nicht so schlimm wie befürchtet), die erstaunlich aufregende Mannschaft aus dem Kamerun (Sieg über die Schweiz, nur knappe Niederlage im Achtelfinale) und das grundsolide Team aus Costa Rica (wo vor allem die 28-jährige Teamchefin Amelia Valverde Spaß machte) blieben nicht unter den Erwartungen.

Die Besten

Hope Solo und Nadine Angerer waren die klar besten Torhüter im Turnier, die US-Innenverteidigung mit Julie Johnston und Becky Sauerbrunn ließ nur drei Gegentore zu – bei einem 3:1- und einem 5:2-Sieg. Tabea Kemme war die einzige Feldspielerin bei Deutschland, die wirklich überzeugen konnte (bis auf die 75 Minuten gegen Élodie Thomis im Viertelfinale), Ariyoshi bei Japan machte rechts einen defensiv soliden und offensiv gefährlichen Eindruck.

Die Engländerin Fara Williams war das Mittelfeld-Gehirn in jeder der sechs Formationen der Lionesses, Elise Kellond-Knight war Staubsauger, Spieleröffnerin und Pressing-Maschine in Personalunion bei Australien. Beide spielten ein beeindruckendes Turnier, ebenso wie Amandine Henry. Sie stahl ihrer eigentlich profilierteren Kollegin im französischen Zentrum, Cammy Abily, eindeutig die Show.

Das Ballverliebt-All-Star-Team
Das Ballverliebt-All-Star-Team

Frankreichs Sprintrakete Thomis war eine kaum zu stoppende Waffe – warum Philippe Bergeroo sie im Viertelfinale gegen Deutschland vorzeitig vom Platz nahm, ist eines der großen Mysterien des Turniers. Gaelle Enganamouit, die Kamerunerin mit der auffälligen blonden Mähne, konnte ebenfalls überzeugen. Ebenso wie natürlich Carli Lloyd, die im US-Team erst auf der Sechs gesetzt war und dann auf die Zehn aufrückte.

Nur vorne ist es so eine Sache. Célia Sasic wurde Schützenkönigin, aber drei ihrer sechs Tore gelangen gegen Côte d’Ivoire und zwei weitere per Elfmeter; in der entscheidenden Turnierphase war sie eine der schlechtesten Deutschen. Auch Anja Mittag war nicht da, als es darauf ankam. Selbiges gilt für Frankreichs Sturmduo mit Eugenie le Sommer und Marie-Laure Delie. Bei Japan war Joker Mana Iwabuchi wesentlich torgefährlicher als die Stammkräfte Yuki Ogimi und Shinobu Ohno.

Aber auch das ist eine Erkenntnis: Wenn es hart auf hart kommt (und halt nicht gegen Côte d’Ivoire, Mexiko oder Ecuador) hat der klassische Poacher ausgedient.

frauen finals

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Frauen-WM: Matte Europäer und Favoriten mit Fragezeichen https://ballverliebt.eu/2015/06/19/frauen-wm-matte-europaeer-und-favoriten-mit-fragezeichen/ https://ballverliebt.eu/2015/06/19/frauen-wm-matte-europaeer-und-favoriten-mit-fragezeichen/#comments Fri, 19 Jun 2015 10:12:37 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=11168 Frauen-WM: Matte Europäer und Favoriten mit Fragezeichen weiterlesen ]]> 36 der 54 Spiele der Frauen-WM in Kanada sind absolviert – die K.o.-Phase startet am Samstag mit dem Achtelfinale. Zeit für eine erste Zwischenbilanz: Wer hat die Erwartungen erfüllt, wer übertroffen, wer hat enttäuscht? Ein kurzer Überblick über die Favoriten, über enttäuschende Europäer und zwei sehr ungleich starke Äste auf dem Weg ins Endspiel von Vancouver.

WWC

Die Favoriten: Vollends überzeugt…

…hat bisher genau: Keiner. Klar, die Bilanz von Deutschland mit 15:1 Toren in den drei Spielen liest sich grandios. Aber: Es gab nur einen ernsthaften Gegner, und gegen den nur eine gute Halbzeit. Beim 10:0 gegen die Elfenbeinküste war die größte Schwäche, so seltsam es klingt, wie in der starken ersten Hälfte beim 1:1 gegen Norwegen die Chancenverwertung. Titelverteidiger Japan langweilte sich zu drei mühsamen und knappen Siegen in einer nur mittelmäßig starken Gruppe und Frankreich lieferte mit dem 0:2 gegen Kolumbien die bisherige Peinlichkeit des Turniers ab. Immerhin: Im letzten Gruppenspiel gegen Mexiko gab’s die richtige Antwort, als es schon nach einer halben Stunde 4:0 stand.

Das Team aus den USA kommt genauso bieder daher wie man es befürchten musste, dazu übertreibt es Megan Rapinoe zuweilen mit Eigensinnigkeiten. Die Probleme, die man mit der aggressiven Spielanlage von Australien hatte, lassen nichts Gutes befürchten. Bei Brasilien versteckt sich Marta bisher nach Kräften, war zwei Spiele lang kein Faktor und wurde im dritten geschont. Die meisten Probleme hat aber Gastgeber Kanada: Die Innenverteidigung ist so unsicher, dass Lauren Sesselmann halb durchs zweite Spiel nach dem x-ten Fehler ausgewechselt wurde, Sophie Schmidt bekommt das Spiel nicht aufgezogen, an Christine Sinclair laufen die Partien bisher vorbei. In drei Spielen gab’s nur zwei Tore, davon eines per Elfmeter. Ganz klar: Mit dem Gestalten eines Spiels hat der Gastgeber große Probleme.

Unter den Erwartungen: Europas Rest

Beim ersten Turnier hakt es oft vor allem an der Organisation, heißt es. Bei Europas Debütanten ist das Problem aber eher auf dem Platz zu verorten. Vor allem Spanien enttäuschte: Es gelang nicht, die Offensive um Veró Boquete vernünftig in Szene zu setzen. Folge: Gegen Costa Rica und Südkorea gab es statt sechs Punkten nur einen und damit den letzten Platz in einer wirklich nicht sehr problematischen Gruppe. Die Schweiz hielt gegen Japan brav dagegen und gewann gegen Ecuador zweistellig, blamierte sich aber bei der Pleite gegen Kamerun. Die hochgewettete Offensive von Holland um Miedema und Melis fand überhaupt nicht statt. Immerhin: Diese beiden retteten sich als Dritte ins Achtelfinale.

Auch Schweden agiert weit hinter den Erwartungen: Stürmerstar Schelin in Un-Form, Strategin Seger zu ungenau, Angriffs-Adjutantin Asllani auch irgendwie indisponiert; Teamchefin Sundhage ging von der offensiven Grund-Anlage ab und stellte wieder ein flaches 4-4-2 auf. Wofür das Trekronor-Team steht, weiß man nicht so genau. Nur die Vertretungen aus Norwegen und England spielten bisher ganz gut im Rahmen der Möglichkeiten: Jeweils Zweiter hinter Turnier-Favoriten, jeweils keine Blöße gegen die „Kleinen“ gegeben.

Kampf ums Olympia-Ticket

Bei den europäischen Teams geht’s nun in der K.o.-Phase nicht nur um die WM, sondern auch um die drei Startplätze für das Olympia-Turnier in Brasilien 2016. Sieben UEFA-Teams sind noch im Rennen. Frankreich wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gegen Südkorea in die nächste Runde einziehen, Holland (gegen Japan) und die Schweiz (gegen Kanada) sind klare Außenseiter.

Was heißt: Im Duell zwischen Deutschland und Schweden, mit dem die Achtelfinals eröffnet werden, geht es womöglich schon so ziemlich um alles. Für Deutschland wäre nicht nur ein Achtelfinal-Aus eine Riesen-Blamage, sondern auch das erneute Verpassen des Olympia-Turniers, das im Frauenfußball ja einen ähnlichen Stellenwert wie eine WM hat. Schon in London 2012 war das DFB-Team ja nicht vertreten.

Ein Joker ist die Partie Norwegen-England. Grund: England nimmt nicht an Olympia teil. Gewinnt Norwegen (das Team ist Favorit), fällt der Joker weg. Gewinnt aber England, so wären nur zwei olympiateilnehmende UEFA-Teams verblieben (also Frankreich und der Sieger aus GER-SWE). In diesem Fall würde im Februar 2016 in einem Mini-Turnier mit den im WM-Achtelfinale eliminierten Teams den dritter Olympia-Platz vergeben werden.

Die Backmarkers

Thailand, der eigentlich prognostiziert schlechteste Teilnehmer, schlug sich erstaunlich gut: „Nur“ 0:4-Niederlagen gegen Deutschland und Norwegen und sogar ein 3:2-Erfolg gegen die Elfenbeinküste. Damit sieht die Bilanz des Debütanten dramatisch viel besser aus, als man befürchten musste.

Andere zeigten hingegen deutlich, dass man bei der Aufstockung die Plätze vielleicht doch anders verteilen hätte sollen. Die Naivität, mit der die Elfenbeinküste verteidigte, war erschütternd und passiert in Europa selbst Mittelklasse-U-19-Teams kaum. Auch der Auftritt von Ecuador – 0:6 gegen Kamerun und 1:10 gegen die Schweiz – ist bei einer WM eigentlich nicht zu rechtfertigen.

Dafür machte Costa Rica einen sehr geordneten und soliden Eindruck und zeigte auch Kampfgeist. Dazu war Amelia Valverde, 28-jährige Teamchefin mit großer Hornbrille und Hang zum Psycho-Gesichtsausdruck, eine der unterhaltsameren Erscheinungen auf dem Trainersektor. Der Sieg in der Quali gegen Mexiko war kein Zufall, die Ticas dürften den etablierten Quasi-Nachbarn tatsächlich überholt haben.

Die Route ins Finale

Keine Frage: So easy die Gruppe für Deutschland war, so mörderisch ist für den Europameister der Weg ins Finale. Im Achtelfinale schon gegen Schwedenein traditionsreiches Dauerduell. Dann im Viertelfinale das vorgezogene Endspiel gegen Frankreich. Und wird das überstanden, wartet im Halbfinale vermutlich das US-Team (das weder mit Kolumbien noch mit dem Sieger aus China-Kamerun wirkliche Probleme haben sollte, allen Schwächen zum Trotz).

Der andere Turnier-Ast kommt da entspannter daher. Kanada muss sich zwar deutlich steigern, wenn man nicht bald ein blaues Wunder in Form eines frühen Ausscheidens erleben will – aber es hätte schon deutlich schlimmer kommen können als ein Achtelfinal-Gegner Schweiz und der Sieger aus Norwegen – England im Viertelfinale. Sollte Japan gegen Holland ausscheiden, wäre das eine Sensation. Das wäre ein Aus von Brasilien gegen Australien nicht mehr: Die Matildas haben von dem hilflosen Auftritt im Testspiel in Österreich zuletzt gelernt und pressen im Mittelfeld nun selbst so drauf, wie sie vom ÖFB-Team angepresst wurden. So bereitete man den USA große Probleme, besiegte Nigeria souverän und blieb auch gegen Schweden ungeschlagen.

Und wer wird’s nun?

Der Antwort auf die Frage, wer nun der 7. Frauen-Weltmeister wird, ist man nach der Gruppenphase nicht wirklich näher gekommen. Zwar muss Deutschland als die stärkste Mannschaft gelten, das DFB-Team hat aber eben auch den brutalsten Weg ins Endspiel am 5. Juli in Vancouver vor sich.

Andererseits könnten bisher nicht so überzeugende Teams wie Kanada, Japan oder auch Brasilien ebenso weit kommen – oder es gibt gar Überraschungen durch Australien oder Norwegen.

Kurz gesagt: In der Titelfrage sind noch alle Fragen offen.

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Viele Kandidaten, aber keine klaren Favoriten bei der Frauen-WM https://ballverliebt.eu/2015/06/05/viele-kandidaten-aber-keine-klaren-favoriten-bei-der-frauen-wm/ https://ballverliebt.eu/2015/06/05/viele-kandidaten-aber-keine-klaren-favoriten-bei-der-frauen-wm/#comments Fri, 05 Jun 2015 04:07:50 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=11130 Viele Kandidaten, aber keine klaren Favoriten bei der Frauen-WM weiterlesen ]]> Die zwei personell besten Teams sind eindimensional. Der Gastgeber hat einen großartigen Trainer. Der Titelverteidiger kommt mit einem praktisch unveränderten Kader. Und ein Kandidat hat zwar alle Ansätze, aber ein leichtes psychisches Problem. Bevor die siebente Frauen-WM startet, ist nur klar, dass in der Favoriten-Frage eigentlich nichts klar ist – und genau das macht die Endrunde in Kanada so interessant.

Hier unsere ausführliche Vorschau auf den Women’s World Cup: Wer kann was, und wer kann was nicht? Denn wer die Teams halbwegs einschätzen kann, wer die Narrative kennt, wer das Gesehene einordnen kann, der wird an dem Turnier auch deutlich mehr Freude haben.

Was es grundsätzlich zu beachten gilt

In erster Linie natürlich die Sache mit dem Kunstrasen. In allen sechs Stadien – Vancouver, Edmonton, Winnipeg, Ottawa, Montréal und Moncton – wird auf Plastikgrün gespielt. Darüber haben sich die Spielerinnen selbst im Vorfeld seit Jahren aufgeregt und auch mit Klage gedroht, davon aber vor einem halben Jahr plötzlich (warum auch immer) Abstand genommen haben. Jedenfalls ist die Unterlage ein klarer Vorteil für die USA und Kanada, die diese Unterlage aus der heimischen Profiliga gewohnt sind.

Dann wird das auf 24 Teams aufgestockte Teilnehmerfeld eine Rolle spielen. Und zwar daher, weil einige Mannchaften dabei sind, die bei einer WM von ihrer Qualität her einfach nicht zu suchen haben. So sind auch die Gruppen sehr unterschiedlich in ihrer Besetzung und es werden auch Teams ins Achtelfinale kommen, die dort nicht zwingend hingehören. Das heißt: Manche Halbfinalisten werden einen recht leichten Weg dorthin und noch viele Körner übrig haben, andere Titelkandidaten (etwa Deutschland oder Frankreich, wenn es nach Papierform geht) müssen schon im Viertelfinale gegeneinander antreten.

Kein so großes Thema sollten dafür die Distanzen zwischen den Spielorten sein. Es wurde darauf geachtet, dass die Teams vor allem in der Vorrunde so wenig wie möglich reisen müssen.

Kanada: Hochspannender Gastgeber, enge Gruppe

Der Gastgeber spielt in der Gruppe A und ist vom taktischen Standpunkt her wohl die interessanteste Mannschaft im ganzen Turnier. Der englische Teamchef John Herdman hat es seit seinem Amtsantritt vor vier Jahren geschafft, dem Team eine enorme Variabilität zu vermitteln und mit den so erzielten Erfolgen auch das nötige Selbstvertrauen.

Extrem variables 4-3-3 bei Kanada
Extrem variables 4-3-3 bei Kanada

Kanada, Olympia-Brozemedaillist, spielt grundsätzlich aus einem 4-3-3 heraus, interpretiert dieses aber sehr variabel. Das kann die Offensiv-Reihe auf einer Höhe spielen, um die gegnerische Spieleröffnung zu kappen (wie im denkwürdigen Olympia-Halbfinale gegen die USA), da können die Außenstürmerinnen auch nach hinten und ganz nach außen rücken. Auch im Mittelfeld ist von einer Höhe bis völlig individueller Positionierung alles möglich. Dazu wird vor allem in der gegnerischen Hälfte oft sehr weit in Ballnähe verschoben, um Überzahl herzustellen.

Die Schlüsselspielerinnen sind die routinierte Christine Sinclair ganz vorne und Sechser Desirée Scott. Sie lenken ihre Mitspielerinnen und agieren als spielintelligenter, verlängerter Arm von Herdman auf dem Platz. Prognose: Bei Olympia, dem bisher einzigen Turnier unter Herdman, verhinderte nur die individuelle Klasse von US-Kapitän Rapinoe, dass Kanada ins Finale einzieht. Taktisch ist man vermutlich allen 23 Konkurrenten überlegen, es fehlt aber ein wenig an der individuellen Qualität. Das Halbfinale ist ein realistisches Ziel, mehr wird schwer.

Gegner im Eröffnungs-Spiel ist China. Nach dem Super-Gau der verpassten WM vor vier Jahren hat die aktuelle Mannschaft überhaupt nichts mehr mit der einstigen Weltklasse-Truppe zu tun. Mit Li Dongna ist nur noch eine einzige Spielerin dabei, die vor acht Jahren bei der Heim-WM schon im Kader war. Der Roster für diese WM hat ein Durchschnitts-Alter von nur 23,5 Jahren. Es ist eine technisch gut ausgebildete Equipe zu erwarten, der es aber massiv in der internationalen Erfahrung fehlt. Alles, was über das Achtelfinale hinaus geht, ist als großer Erfolg zu betrachten.

Aber auch ein Vorrunden-Aus ist nicht ausgeschlossen. Vor allem dank WM-Debütant Niederlande. Der größte Unterschied zum tor- und trostlosen Auftritt bei der EM vor zwei Jahren ist Vivianne Miedema. Die 18-jährige Stürmerin vom deutschen Meister Bayern München gilt als eines der größten Talente weltweit, in den 14 Quali-Spielen erzielte der „Terrible Teenager“ 20 Tore. Sie schlägt sich zwar noch mit einer Fußverletzung herum, sollte aber rechtzeitig fit werden.

Viertes Team der Gruppe A ist Neuseeland. Die „Football Ferns“ – das ehemalige Team von Kanadas Trainer Herdman – sind dank absoluter Null-Konkurrenz in Ozeanien bei allen großen Turnieren dabei, machen sie nie lächerlich, eine wirkliche Rolle spielten sie aber auch nie. Es wäre auch diesmal ein Erfolg, nicht dreimal zu verlieren.

Deutschlands ultra-leichte Gruppe

Deutschland wird wie immer im 4-4-1-1 daherkommen. Nur das Personal ist variabel.
Deutschland wird wie immer im 4-4-1-1 daherkommen. Nur das Personal ist variabel.

Das große Plus von Europameister Deutschland ist das unglaubliche Reservoir, aus dem Teamchefin Silvia Neid schöpfen kann. Das größte Minus ist womöglich die nach Olympia 2016 scheidende Trainerin selbst: Neid ist keine Innovatorin, adaptiert selten einen nicht funktionierenden Matchplan und ihr Team ist taktisch sehr ausrechenbar. Neid ist eine Verwalterin von Talent, mehr nicht.

Nur: Es ist extrem viel Talent, das Neid da verwaltet. Nur fünf Spielerinnen sind tatsächlich unrotierbar (Sasic, Marozsán, Goeßling, Krahn und Angerer). Um dieses Gerüst herum kann sie praktisch den kompletten Kader einsetzen, ohne dass es einen wirklich Qualitäts-Verlust gäbe. So kann Mittag als zweite Spitze ran (Marozsán ginge dann auf die Acht), Lotzen wie Leupolz rechts, Laudehr statt Popp auf links, Kemme statt Maier rechts hinten, Peter statt Bartusiak und statt Cramer, Behringer sowohl in der Zentrale als auch links außen. Dazu gibt es mit Bremer und Petermann zwei Riesen-Talente in der Offensive.

Moment: Eine Spielerin wäre dann doch noch unrotierbar. Nadine Keßler, immerhin Weltfußballerin des Jahres. Die Spielgestalterin ist einmal mehr von ihrem Knie außer Gefecht gesetzt worden. Das könnte wehtun. Ansonsten hat Neid das Team, das ihr fast ein Dutzend Verletzungen vor zwei Jahren für die EM diktiert haben, praktisch eins zu eins beibehalten – kein Zeichen fehlender Alternativen, sondern von Gemütlichkeit. Prognose: Rein von der Klasse her muss Deutschland Weltmeister werden. Aber im Viertelfinale wartet vermutlich Frankreich – da kann gut schon Schluss sein.  Auch überraschende taktische Maßnahmen von Gegnern können zum Stolperstein werden.

In der Gruppe jedenfalls wird Deutschland sicher nicht hängenbleiben. Einziger ernsthafter Gegner ist EM-Finalgegner Norwegen. Der Weltmeister von 1995 hatte aber schon 2013 einiges Glück, ins Endspiel zu kommen, und besser wurde man seither nicht. Vor allem die Altersstruktur darf durchaus sorgen machen: Das schon bei der EM leicht überalterte Team wurde praktisch nicht verjüngt, in der Stammformation gibt es wohl nur zwei Spielerinnen unter 25 Jahren. Dazu hat sich Caroline Hansen, große Offensiv-Hoffnung, im Vorfeld verlertzt und fällt aus. Auch ob Gry Tofte-Ims in die Fußstapfen von Ingvild Stensland – das Mittelfeld-Hirn hat aufgehört – treten kann, ist fraglich. Mehr als das Viertelfinale ist kaum vorstellbar.

Für die anderen beiden Mannschaften der Gruppe ist das Dabeisein schon ein Riesenerfolg. Das Team aus der Elfenbeinküste verdiente sich das WM-Ticket, weil man Afrikas Nummer zwei, Äquatorialguinea, eliminiert hat und darf – auch wenn es dem Potenzial der Truppe nicht entspricht – sogar auf das Achtelfinale hoffen, wenn man Thailand schlägt. Dieses Team hat beim besten Willen nichts bei einer WM verloren und muss froh sein, wenn man nach drei Spielen weniger als 20 Gegentore auf dem Konto hat. Eine zweistellige Niederlage gegen Deutschland muss man fast schon erwarten.

Japan, der alternde Titelverteidiger

Vor vier Jahren schwang sich Japan, als Halbfinal-Kandidat gestartet, zur vor allem mental stabilsten Mannschaft des Turniers auf und holte erstmals den WM-Titel. Ein Jahr später gab’s bei Olympia Silber, mit etwas Pech im Finale gegen die USA. Doch dann passierte etwas, was Japan aus dem Tritt brachte: Der Rücktritt von Spielmacherin Homare Sawa. Teamchef Norio Sasaki probierte es, Sawa durch Miyama zu ersetzen, durch Utsugi zu ersetzen. Aber es sah alles holprig und nach Stückwerk aus.

Japan: Das WM-Team von 2011, praktisch unverändert
Japan: Das WM-Team von 2011, praktisch unverändert

Nach anderthalb Jahren ohne Sawa war man bei den Nadeshiko so verzweifelt, dass man Sawa um ein Comeback anbettelte. Nun tritt man also mit der mittlerweile 36-Jährigen auf der Acht an. Mit der praktisch unveränderten Mannschaft vom WM-Turnier 2011. Mit dem Effekt, dass das Durchschnittsalter bei 29,1 Jahren liegt – das wäre bei den Herren schon viel, bei den Frauen ist das geradezu biblisch.

Das Problem, das dadurch entsteht: Die Spielanlage von Japan ist mit hohem Aufwand verbunden. Das auf das Erobern zweiter Bälle angelegte Verlagerungsspiel verlangt konsequentes Pressing, sonst entstehen Räume für die Gegner. Nun ist die Nadeshiko dafür bekannt, körperlich in einer Top-Verfassung zu sein. Aber das Alter kann auch Japan nicht ewig überlisten. Das Team ist eingespielt und verfügt über hohe individuelle Klasse, ist aber anderen Titelkandidaten körperlich unterlegen. Prognose: Das einzige, was sich gegenüber 2011 verändert hat, ist die Farbe der Rückennummern auf den Trikots – die sind jetzt rosa statt weiß. Und alle sind vier Jahre älter. Man darf Resultate bei Algarve-Cup nicht überbewerten, aber maue Auftritte 2014 und ein neunter Platz 2015 sind kein Zufall. Mehr als das Halbfinale ist im Normalfall bei dieser WM nicht möglich.

Stärkster Gruppengegner ist die designierte Überraschung des Turniers. Die Schweiz ist bei den Frauen, was Belgien derzeit bei den Männern ist: The Hipster’s Choice. Die Eidgenössinen sind zwar erstmals bei einem großen Turnier dabei. Aber zum einen radierte man mit 28 von 30 Punkten souverän durch eine schwere Qualigruppe (EM-Halbfinalist Dänemark und EM-Viertelfinalist Island), zum anderen hat Teamchefin Martina Voss einen wirklich starken Kader mit internationaler Erfahrung von Klub-Ebene zur Verfügunng. Das Viertelfinale ist absolut drin.

Die anderen beiden Teams in der Gruppe werden keine große Rolle spielen. Bei Kamerun spielen eine Handvoll Legionärinnen aus Russland, Schweden und französischen Mittelständlern und man darf sich Chancen auf den dritten Platz ausrechnen; bei Olympia 2012 sah man aber bei den drei deutlichen Gruppen-Niederlagen, wie viel auf Weltniveau noch fehlt. Dass sich Ecuador qualifiziert hat, ist eine größere Überraschung, hier gibt es überhaupt keine Erfahrungswerte auf gutem Niveau. Bemerkenswert ist, dass Teamchefin Vanessa Arauz erst 26 Jahre alt ist. Man wird viel Lehrgeld zahlen.

USA und die vermeintliche Todesgruppe

Dass in den Staaten, wie es lange war, der Frauenfußball einen höheren Stellenwert als jener der Männer hat, stimmt mittlerweile so nicht mehr ganz. Was aber nichts daran ändert, dass das US-Team gemeinsam mit jenem aus Deutschland das größte Reservoir an Talent hat. Eine weitere Parallele: Die Besetzung auf der Trainerbank kann da nicht ganz mithalten.

Pia Sundhage (von 2008 bis 2012 im Amt) verpasste dem athletisch vermutlich besten Team der Welt, aber taktisch einem der unterentwickeltsten, eine stringente, auf Pressing und gezieltem Flügelspiel basierende Strategie. Mit dieser gewann man 2x Olympia-Gold und kam ins WM-Finale. Zudem hielt Sundhage durch ihr sonniges Gemüt ein Team, das viele Egos und starke Persönlichkeiten umfasste, zusammen.

Die USA
Die USA: Athletisch und viel individuelle Klasse, aber langweilig und ausrechenbar

Letzteres gelang Nachfolger Tom Sermanni, einem bärbeißigen Schotten, überhaupt nicht, weswegen er nach nur einem Jahr im Amt entlassen wurde. Nun ist Jill Ellis am Kommandostand. So farblos und bieder, wie die 48-jährige Engländerin (die mit 18 in die USA ging) wirkt, wirkt auch das Spiel des US-Teams. Das Pressing ist weitgehend gewichen, nun stehen wieder die alten US-Tugenden im Mittelpunkt: Athletik, Tempo, individuelle Klasse.

Für den Spielwitz ist im Grunde einzig Kapitänin Megan Rapinoe (Betonung auf dem i, nicht auf dem a) zuständig. Der platinblonde Rechtsfuß auf der linken Seite ist Antreiber, Integrationsfigur, Li-La-Launebär und Gesicht der Mannschaft in Personalunion. Das Zentrum mit Carli Lloyd und Lauren Holiday (ehemals Cheney) ist nur zur Absicherung da; im Ballbesitz wird aus dem 4-4-2 flott ein 4-2-4. Ellis ließ die Besetzung beiden Ketten in der Vorbereitung seit Monaten unverändert, Altstar Abby Wambach dürfte vorne gesetzt sein – die einzige offene Stelle ist jene der wendigen, technisch starken Stürmerin neben Brecher-Typ Wambach. Das kann Sydney Leroux werden (die eigentlich Kanadierin ist), aber auch Alex Morgan sein. Prognose: Es gilt ähnliches wie für Deutschland – von der grundsätzlichen Klasse ist das US-Team ein absoluter Top-Favorit, aber das Team agiert extrem ausrechenbar. Das Semifinale ist das Minimalziel, aber intelligentere Teams mit halbwegs Klasse können zum Problem werden.

Das kann schon im zweiten Gruppenspiel Schweden sein. Das Tre-Kronor-Team, ausgerechnet betreut von Pia Sundhage, besiegte schon 2011 die USA in der Gruppe 2:1 und sorgte so dafür, dass die Amerikanerinnen deutlich schwerere K.o.-Spiele hatten. Allerdings herrscht Skepsis beim WM-Finalist von 2003: Hatte Sundhage vor einem halben Jahr noch betont, dass sie bei einem Viertelfinal-Aus enttäuscht den Stuhl räumen würde, ruderte sie zuletzt gar heftig zurück und meinte, dass schon das Viertelfinale ein schöner Erfolg wäre.

Tatsache ist: Sundhage sorgt seit der begeisternden Heim-EM vor zwei Jahren in ihrer Heimat vermehrt für Kopfschütteln, weniger für Jubelstürme. Ihre sture Nominierungs-Politik, an ihren persönlichen Lieblingen festzuhalten – die samt und sonders schon einige Jahre auf dem Buckel haben – und große Talente, die deutlich besser in Form sind, zu ignorieren, wird von kaum jemanden goutiert. Zudem hat sich das Team in den zwei Jahren seit der EM keinen Zentimeter weiterentwickelt – wie auch. Sich nur auf die individuelle Klasse von Schelin (31) und Asllani (25) vorne und Fischer (30) hinten zu verlassen, wird zu wenig sein. Zumal Joker Nummer eins, Therese Sjögran, bereits schlanke 38 Jahre alt ist.

Da auch die anderen beiden Gruppengegner gute Namen im Frauenfußball sind, wird die Gruppe D gemeinhin als „Todesgruppe“ bezeichnet. Aber ist sie das wirklich? Wer gesehen hat, wie unfassbar hilflos Australien im April beim Testspiel in Österreich agiert hat, dem fällt es schwer zu glauben, dass es ein drittes Mal in Folge ins Viertelfinale gehen kann. Nach dem Generationswechsel fehlt es vor allem dem jungen Mittelfeld an internationaler Klasse, der komplette Kader (bis auf Goalie Williams) spielt in der heimischen Liga – da wird es gegen die Routine und die individuelle Klasse von Schweden und USA wenig zu holen geben.

Bei Nigeria schafft man es dafür seit Jahren, sich selbst konsequent ins Bein zu schießen. Neben dem strikten Verbot für homosexuelle Spielerinnen (der den lukrativen Deal mit Adidas kostete) beraubt man sich auch durch blindwütiges Wir-sind-größer-als-alle-anderen-Denken einiger fähiger Akteure. So bestand man darauf, dass das in Schweden spielende Trio Ikidi, Michael und Chikwelu mitten während der Saison zur Olympia-Quali kommen, da sie sonst nicht für die WM nominiert würden. Das Trio lehnte ab (auch mit der Erfahrung schlechter Behandlung beim Team in der Vergangenheit), die Olympia-Quali-Spiele wurden ohnehin abgesagt – und keine der drei ist im Kader für die WM.

Potenzial ist zwar auch so mit dabei – Nigeria erreichte, angetrieben von der großartigen Asisat Oshoala, letztes Jahr das Finale der U-20-WM – aber die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Spielerinnen beim Verband nicht wohl fühlen und bei WM-Endrunden regelmäßig ihr Potenzial nicht ausschöpfen können. Es deutet nichts darauf hin, dass das diesmal anders sein sollte.

Spanien gegen Marta +10

Brasilien bei den Frauen – das ist gefühlt Marta und zehn beliebige andere. Das wird von Jahr zu mehr mehr so, spätestens seit Ester, umsichtige Spieleröffnerin im zentralen defensiven Mittelfeld, aufgehört hat und seit Cristiane, trickreiche Flügelspielerin mit brutalem Zug zum Tor, ihren Stint bei europäischen und amerikanischen Topklubs beendet hat und in der brasilianischen Liga spielt – wie fast alle anderen im Kader.

Brasilien
So spielte Brasilien beim einzigen (!) WM-Test: Keine 3er-Kette hinten, Marta nicht solo vorne

Nun nimmt Brasilien den Frauen-Fußball und diese WM nicht so furchtbar ernst. Es gab nur ein einziges Testspiel seit dem Algarve-Cup im März, und das ging mit 0:4 in Deutschland mal so richtig daneben.

Teamchef Vadão eliminierte die bei Brasilien über Jahre institutionalisierte Dreier-Abwehr und das System mit Marta als völliger Freigeist im offensiven Zentrum mit zwei Flügelspielerinnen neben ihr. Bei besagtem 0:4 in Deutschland kam Brasilien in einem völlig gewöhnlichen 4-4-2 daher, mit zwei gelernten Stürmerinnen auf den Außenbahnen und mit Marta und Cristiane als Zweiersturm vorne. Es ist allerdings auch nicht auszuschließen, dass Vadão das System wieder umstellt.

Was sich aber sicher nicht ändern wird: Dass das Spiel der Mannschaft mit den (schwankenden) Launen von Marta steht und fällt. Ihr planetengroßes Ego überlagert alles andere, ihr Auftreten als unausstehliche Parade-Zicke macht es neutralen Beobachtern schwer, sie zu mögen – zumal ihr Verhalten gerne auf die Kollegen überschwappt. Zwei davon haben übrigens Österreich-Vergangenheit: Rosana spielte für Neulengbach, Darlene für Neulengbach und für St. Pölten. Prognose: Brasilien ist sicherlich der schwächste der Gruppenköpfe. Ein Aus im Achtelfinale wäre keine Überraschung, spätestens im Viertelfinale ist Endstation.

Eines der aufstrebenden Teams aus Europa ist Spanien. Die Truppe um Offensiv-Allrounderin Veró Boquete erreichte bei der EM vor zwei Jahren überraschend, aber verdient das Viertelfinale und setzte sich in der WM-Quali problemlos gegen Italien durch. Das Team spielt war fast geschlossen in der bestenfalls durchschnittlichen spanischen Liga, ist aber über Jahre eingespielt, im richtigen Alter und voller Selbstvertrauen. Die große Stärke ist die Offensiv-Power mit Boquete, Hermoso und Natalia Pablos, die größte Schwäche ist – untypisch spanisch – fehlende Kreativität im Mittelfeld. Hier regieren gerade gegen gute Gegner oft Alibipässe und Biederkeit.

Von den anderen beiden Mannschaften in dieser sicher eher schwächeren Gruppe darf man nicht zu viel erwarten. Für den Asiencup-Vierten Südkorea ist es die erste WM-Teilnahme seit 12 Jahren, gegen die guten Teams aus Asien ist hält man zwar halbwegs mit, aber mehr auch nicht. Während Costa Rica es beim Concacaf-Cup dank eines Sieges über Mexiko überraschend ins Finale geschafft hat und sich auch ohne die Aufstockung qualifiziert hätte. Mit Sechser Shirley Cruz-Traña von WCL-Finalist Paris St. Germain gibt es aber nur eine Spielerin von internationaler Klasse. Wunderdinge werden die Ticas wohl kaum vollbringen. Bemerkenswert: Wie ihre Kollegin aus Ecuador ist auch Trainerin Amelia Valverde (28) noch blutjung.

Geheimfavorit Frankreich

Ein perfekt eingespieltes, gut harmonierendes Team. Eine kaum zu überwindende Innenverteidigung mit 1.81-m-Riegel Wendie Renard, zwei wieselflinke Außenverteidigerinnen. Edeltechnikerin Nécib und Sprintrakete Thomis auf den Flanken, dazu mit Cammy Abily der wohl beste Achter weltweit. Und vorne Vollstrecker von internationaler Klasse und Mega-Talent Claire Lavogez (der letztes Jahr bei der U-20-WM dieses Schmuckstück hier gelang) als Joker.

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Frankreich: Weltklasse, wo man hinschaut. Nur die Psyche war oft ein großes Problem.

Und: Teamchef Philippe Bergeroo versucht nicht mehr, anders als Vorgänger Bini, allzu viele Kompromisse einzugehen, um jeden im Team zufrieden zu stellen. Was gegen Frankreich spricht? Eigentlich gar nichts – außer, dass man es trotz bester Voraussetzungennoch immer geschafft hat, zu scheitern. Oft auch spektakulär. Bei der EM 09 im Viertelfinale im Elferschießen raus, bei der WM 11 als besseres Team im Semifinale raus, dasselbe bei Olympia 12, und bei der EM 13 als Topfavorit schon im Viertelfinale an Dänemark gescheitert.

Am Können liegt es nicht, sondern rein an der Psyche, obwohl man über tonnenweise internationaler Erfahrung auf allerhöchstem Niveau verfügt. Teamchef Bergeroo hat seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren nur Nuancen verändert: Statt dem 4-2-3-1 unter Bini lässt er ein 4-4-2 spielen, er stellte Nécib auf die linke Seite (wo sie oft einrückt), während Thomis rechts mehr an der Linie bleibt. Und Bergeroo hat die Pressing-Linie ein wenig nach vorne gedrückt und das Gegenpressing verfeinert.

Die grundsätzliche Spielanlage blieb aber gleich: Frankreich will den Ball haben, will aktiv das Spiel gestalten, will dem Gegner sein Spiel aufzwingen. Dominanz durch Technik und Athletik ausüben. Einzige wirkliche Schwäche: Torhüterin Bouhaddi ist zwar gut beim Rauskommen und Weltklasse auf der Linie, hat aber panische Angst vor halbhohen Flanken vor den Fünfmeterraum. Gegner mit guten Scouts wissen das. Prognose: Wenn Frankreich die mentale Blockade in wichtigen Spielen abstellen kann, ist man ein ganz heißer Titelkandidat. Ein verzagtes Scheitern im Viertelfinale ist aber genauso möglich.

Die Konkurrenz in der Gruppe ist für Frankreich keine Konkurrenz. England startete nach einer haarsträubend schlechten EM völlig neu, der erst 32-jährige Waliser Mark Sampson soll mittelfristig die Früchte ernten, die mit der vor einigen Jahren ebenso neu gestarteten englischen Liga gesät wurden. Er setzt auf ein klares, britisches, etwas altbackenes 4-4-2, das sich gegen wirklich gute Kontrahenten aber erst bewähren muss: In der sicherlich leichtesten Quali-Gruppe waren die Three Lionesses maßlos unterfordert. Über den wirklichen Generationswechsel hat sich Sampson bisher aber nicht drübergetraut. Das Team in Kanada, für das das Viertelfinale ein schöner Erfolg wäre, ist ein Übergangsteam. Work in progress.

Die anderen beiden Gruppe-F-Teilnehmer zeigen, wie schwer es der Frauenfußball in Lateinamerika hat. Kolumbien ist immer noch ein Produkt von Ex-Teamchef Ricardo Rozo. Er zeigte in einem Land, das keine nationale Liga, sondern nur regionale Spielklassen hat, Sendungsbewusstsein und Eifer und etablierte das Team mühelos als Nummer zwei in Südamerika – wo bis auf Brasilien alle anderen Nationalteams alle drei Jahre mal bei der Copa America antreten, aber ansonsten schlichtweg nicht existieren. Bei Kolumbien wird der Unterschied zur restlichen Welt dann aber regelmäßig bei den Turnieren sichtbar.

Selbiges gilt für Mexiko. Dort wird sogar aktiv nach in den USA geborenen und aufgewachsenen Nachfahren mexikanischer Auswanderer gescoutet, die auf US-Univeristäten spielen, weil in Mexiko selbst die Strukturen einfach nicht da sind. Mit den lokalen Großmächten USA und Kanada kann Mexiko sowieso nicht mithalten, diesmal musste man sogar heftig zittern, um sich überhaupt zu qualifizieren. Eine Niederlage gegen Costa Rica brachte das Team schwer in die Bredouille. Immerhin: Im direkten Duell gleich zum Start kann Kolumbien oder Mexiko den jeweils ersten Sieg der WM-Geschichte einfahren.

Wer fehlt?

Kurz gesagt: Niemand von Belang. Einzig Nordkorea – an sich ein Team mit Achtelfinal-Potenzial, womöglich Viertelfinale – muss zuschauen, weil man sich bei der WM 2011 beim leistungssteigernden Rudelbumsen erwischen hat lassen (sprich: gleich fünf positive Dopingtests abgeliefert hat). Was auch ein wenig schade ist, weil wir so um die eine oder andere bizarre Meldung umfallen. Die fünf postiven Tests versuchte man vor vier Jahren etwa mit einem Blitzeinschlag im Training zu entschuldigen, der die entsprechenden Werte bei den armen Mädels spontan in die Höhe getrieben hat.

Sonst wurde vor allem außerhalb von Europa mit der Aufstockung von 16 auf 24 Teilnehmer darauf geachtet, dass alles dabei ist, was halbwegs gerade Pässe spielen kann (abgesehen vermutlich von Thailand, das sich quasi den für Nordkorea vorgesehenen Platz geholt hat). Dass Europa auf acht Plätze begrenzt wurde, hielt an sich fähige Teams wie Dänemark oder Italien draußen, einen bleibenden Eindruck hätten diese Mannschaften aber wohl ohnehin nicht hinterlassen.

Die WM im TV

Im Fernsehen zu sehen gibt es die WM im deutschen Fernsehen auf ARD und ZDF sowie auf Eurosport und Eurosport 2, auch das Schweizer Fernsehen berichtet umfassend. Übertragungen der Spiele zu finden, wird also sicher kein Problem sein – eher schon die Anstoßzeiten. Diese sind nämlich in erster Linie auf den nordamerikanischen Markt ausgelegt. Das heißt: Jede Menge Spiele sind mitten in der europäischen Nacht. Das Finale in Vancouver etwa um 1.00 Uhr von Sonntag auf Montag.

Mühsam.

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WM-Geschichte für Einsteiger – Women’s World Cups https://ballverliebt.eu/2015/06/04/wm-geschichte-fuer-einsteiger-womens-world-cups/ https://ballverliebt.eu/2015/06/04/wm-geschichte-fuer-einsteiger-womens-world-cups/#comments Wed, 03 Jun 2015 22:43:55 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=11040 WM-Geschichte für Einsteiger – Women’s World Cups weiterlesen ]]> Am 6. Juni startet die siebente WM-Endrunde im Frauenfußball. Erstmals findet das Turnier in Kanada statt und seit dem ersten Turnier im November 1991 in China hat sich viel getan. Hier, quasi für Frauenfußball-Einsteiger: Die Geschichte der Weltmeisterschaften in sechs Teilen.

1991: Deutungshoheit

In erster Linie ging es der FIFA natürlich um die Deutungshoheit. In Asien gab es schon seit 1975 kontinentale Meisterschaften, in Europa seit 1984. Dazu wurde ab 1984 jährlich ein Mini-WM-Turnier außerhalb der FIFA (das sogenannte „Mundialito“, immer in Italien) durchgeführt. Ehe den Hohen Herren die Sache also außer Kontrolle gerät, ließen sie 1988 einen Testballon in Form eines eigenen Einladungs-Weltturniers in China steigen. Die Erfahrungen dieses Turniers, das Norwegen im Finale 1:0 gegen Schweden gewann, überzeugten die FIFA.

Natürlich: Es gab nur eine handvoll Teams, die halbwegs kompetitiven Frauenfußball spielten, die FIFA traute sich auch noch nicht, das Wort „World Cup“ zu verwenden (es hieß offiziell „Women’s Championship) und das Interesse außerhalb des Veranstalterlandes China war gleich Null. Aber es war einmal ein Anfang.

Die Spiele, allesamt in der Region um Guangzhou in der Nähe von Hongkong ausgetragen, waren  gut besucht, auch weil China zu den großen Favoriten zählte. Umso größer war der Schock, als man im Viertelfinale Schweden nach dem frühen 0:1 durch Pia Sundhage zwar herspielte, aber immer wieder an Goalie Elisabeth Leidinge scheiterte. Drei Tage später im Semifinale ging Schweden 1:4 gegen Norwegen unter, die USA besiegte Deutschland locker mit 5:2.

Finale 1991: USA - Norwegen 2:1 (1:1)
USA – Norwegen 2:1 (1:1)

Taktisch bewegten sich die Teilnehmer ganz im Zeitgeist – Libero und Manndeckung war angesagt. So auch im Finale, in dem sich zwei ähnliche Systeme gegenüber standen: Je drei Stürmerinnen wurden von drei Manndeckerinnen bewacht, dazu ein Libero; in der Zentrale versuchten sich jeweils drei Spielerinnen daran, das Spiel an sich zu reißen und die Sturmreihen in Szene zu setzen.

Norwegen unter dem jungen Teamchef Even Pellerud (38) hatte dort die klarere Spielidee parat – Zaborowski als zurückgezogener Sechser und Plan A in der Spieleröffnung – aber die US-Girls ganz klare Vorteile in Sachen Physis. Nicht umsonst gelangen etwa beim 7:0 im Viertelfinale gegen Taiwan gleich sechs Tore aus Standardsituationen.

Und auch das erste im Finale, als Michelle Akers nach einer Viertelstunde ihrer Bewacherin Gro Espeseth entwischte und eine weite Freistoß-Flanke von halbrechts mühelos zum 1:0 verwerten konnte. Die USA kontrollierte das Mittelfeld und damit das Spiel, aber ein fürchterlicher Fehlgriff von US-Goalie Mary Harvey, die kolossal an einer Freistoß-Flanke vorbeisegelte, ermöglichte Linda Medalen nach einer halben Stunde den 1:1-Ausgleich.

Es blieb aber dabei, dass Norwegen keinen Zugriff auf das Zentrum bekam und es so immer mehr mit langen Bällen versuchte, die US-Verteidigung aber nichts zuließ. Auf der anderen Seite war das brandgefährliche Angriffstrio mit Linksaußen Carin Jennings, Rechtsaußen April Heinrichs und Mittelstürmerin Michelle Akers deutlich besser im Spiel. Dennoch brauchte es ein Missverständnis zwischen Espeseth und Libero Heidi Støre, um Akers zwei Minuten vor Schluss das verdiente und entscheidende 2:1 zu ermöglichen.

Die USA war also erster Weltmeister und der Nukleus des Teams sollte das folgende Jahrzehnt im Frauenfußball entscheidend prägen. Allen voran natürlich Mia Hamm (die damals als 19-Jährige tatsächlich als Rechtsverteidigerin spielte), aber auch die Mittelfeld-Achse mit Julie Foudy (20) und Kristine Lilly (20) sowie die Abwehr mit Joy Fawcett (23, damals noch Biefeld) und Carla Overbeck (23, damals noch Werden). Und natürlich Michelle Akers (25), die als Routinier noch lange an Bord blieb.

1995: Norwegen – Rest der Welt 23:1

Der größte Widersacher über die folgenden Jahre sollte Final-Gegner Norwegen bleiben. Auch hier blieb der Grundstock der Mannschaft zusammen, wurde 1993 Europameister und für die Weltmeisterschaft 1995 in Schweden sowohl individuell als auch inhaltlich aufgerüstet. Pellerud hatte erkannt, dass man vor allem im physischen Bereich weiter zulegen musste und entschied sich dafür, aktiv die aggressive Schiene zu fahren. Sprich: Wütendes Pressing von Beginn an, weit in der gegnerischen Hälfte.

Das überforderte die Gegner auf das Übelste. 8:0 zum Auftakt gegen Nigeria, dann ein noch harmloses 2:0 gegen England, ehe ein 7:0 gegen Kanada folgte. Im Viertelfinale hatte Norwegen bei 3:1 gegen Dänemark ebenso keine nennenswerten Probleme.

Der Rest des Teilnehmerfeldes stand vom Beginn an im Schatten von Norwegen und hatte auch deutlich mehr mit dem unbarmherzigen Terminplan zu kämpfen – das Turnier wurde mit Gruppenphase, Viertel- und Halbfinale und dem Endspiel in nur zwei Wochen durchgepeitscht. Die Favoriten waren grundsätzlich die gleichen wie vier Jahre zuvor: Neben den Finalisten also Deutschland und China, dazu Gastgeber Schweden. Wie 1991 nahmen auch an diesem Turnier zwölf Teams teil.

Schweden scheiterte im Viertelfinale an China (also genau umgekehrt wie vier Jahre davor), weil Annica Nessvold im Elferschießen – dem ersten bei einer Frauen-WM – die Nerven versagten. Im Halbfinale blieb China dann an Deutschland mit 0:1 hängen. Am selben Tag gelang Norwegen die Final-Revanche an den Amerikanerinnen. In der ersten Hälfte rannten sie die US-Girls nieder und gingen nach einem Eckball in Führung, in der zweiten Halbzeit trafen die USA zweimal die Latte, aber nicht mehr ins Tor.

Finale 1995: Norwegen-Deutschland 2:0 (2:0)
Norwegen – Deutschland 2:0 (2:0)

Neben der extrem aggressiven Spielweise hatte Norwegen 1995 noch eine weitere neue Waffe dazubekommen: Ann-Kristin Aarønes. Die 1.82m große Stürmerin war nicht nur ein Ziel bei Standards (wie im Semifinale gegen die USA), sondern als in den Strafraum ziehende Linksaußen auch kaum zu verteidigen. Norwegen ging als haushoher Favorit in das Finale gegen das deutsche Team.

Dieses hatte unter Teamchef Gero Bisanz nichts entgegen zu setzen. Das Spielsystem mit Libero und zwei Manndeckerinnen war gegen den agilen Dreier-Angriff von Norwegen heillos überfordert, das eigentlich kreative Zentrum mit Wiegmann, Voss und Neid bekam überhaupt keine Zeit am Ball und die Stürmerinnen hingen nicht nur in der Luft, sondern agierten so schlecht, dass Birgit Prinz noch vor der Halbzeit entnervt ausgewechselt wurde.

Als Norwegen nach 37 Minuten durch Hege Riise in Führung ging, war die einzige Überraschung, dass es so lange gedauert hatte. Zur Halbzeit stand es 9:0 an Ecken und 8:2 an Torschüssen für Norwegen, wobei zwei völlig harmlose 30-Meter-Schüsschen der Deutschen gezählt wurden – und Norge-Kapitänin Heidi Støre, auf der Sechs das eigentliche Hirn der Mannschaft, gesperrt fehlte. Mariann Pettersen legte noch vor dem Seitenwechsel das 2:0 nach, danach verlegte sich Norwegen im strömenden Regen von Stockholm auf das Verwalten.

1999: One Giant Party

Wie auch das Turnier 1991 flog aber auch die WM 1995 weitgehend unter dem öffentlichen Radar. Eine große Aufwertung erfuhr der Frauenfußball danach durch die Aufnahme ins Olympische Programm und die Tatsache, dass dabei (anders als bei den Männern) keine Altersbeschränkung galt, also alle Teams in Bestbesetzung teilnahmen.

Die USA gewann die olympische Premiere daheim in Atlanta und nützte den Schwung für die Weltmeisterschaft im eigenen Land 1999. Wenn die Amis etwas können, dann ist es, Sport zu vermarkten – und das taten sie. So zahlte sich das Risiko aus, in die gigantischen NFL-Stadien in New York, Boston, Washington, Chicago und San Francisco zu gehen und das Finale in der 100.000er-Schüssel der Rose Bowl in Los Angeles zu spielen. Der Zuschauerschnitt betrug fast 40.000 pro Spiel.

An der sportlichen Gemengelage hatte sich bis 1999 aber kaum etwas geändert: Wieder waren die üblichen Verdächtigen Norwegen, USA, Deutschland und China die klaren Favoriten. Die größten Chancen wurden neben dem Gastgeber dabei China eingeräumt, schließlich hatten die Olympia-Silbernen von Atlanta den neben Mia Hamm größten Superstar dieser Zeit in ihren Reihen: Sun Wen.

Die damals 26-Jährige war das unumstrittene Oberhaupt im technisch nahezu perfekt ausgebildeten, allerdings sonst recht namenlosen Kollektiv aus dem Reich der Mitte. China radierte lässig durch die Vorrunde und eliminierte im Viertelfinale Russland 2:0. Während auch die USA und Norwegen drei lockere Vorrunden-Siege einfuhren, tat sich Deutschland schwer: Nach Unentschieden gegen Italien und der großen Überraschung des Turniers, Brasilien mit der fast glatzköpfigen Torschützenkönigin Sisi, musste man als Gruppenzweiter schon im Viertelfinale gegen die USA ran.

Trotz zweifacher Führung unterlag Deutschland 2:3, und die Amerikanerinnen besiegten im Semfinale auch Brasilien – nachdem Seleção-Keeper Maravilha schon nach fünf Minuten recht grob daneben gegriffen hatte. Titelverteidiger Norwegen geriet im anderen Halbfinale gegen China rasch 0:2 in Rückstand und kam gegen die wieselflinken, technisch starken und überwiegend kleinen Chinesinnen überhaupt nicht in die Zweikämpfe und so auch nicht ins Spiel. Am Ende hieß es 5:0 für China, Sun Wen und Co. gingen daher als Favoriten in das Finale.

USA - China 0:0 n.V., 5:4 i.E.
USA – China 0:0 n.V., 5:4 i.E.

Dort heizte Jennifer Lopez den 90.000 Zusehern vor dem Finale mit einem Super-Bowl-artigen Konzert ein, aber das Spiel selbst war ähnlich unterkühlt und zäh wie jenes der Herren fünf Jahre zuvor an gleicher Stelle. Michelle Akers, gelernte Stürmerin und mittlerweile 33 Jahre alt, hatte den Job, die Zufuhr für Sun Wen zu stoppen, und das gelang ihr. Auf der anderen Seite kam das US-Sturmtrio gegen die vielbeinige chinesische Abwehr kaum zur Geltung. Ohne eine wirkliche Torchance für eines der beiden Teams ging es in die Verlängerung.

Die größte Chance auf das Golden Goal hatte in der 100. Minute Fan Yunjie nach einem Eckball, ihr wuchtiger Kopfball hat auch US-Keeper Briana Scurry schon geschlagen, aber Kristine Lilly klärte den Ball von der Linie. So musste erstmals in einem Finale das Elfmeterschießen entscheiden.

Die ersten beiden Schützinnen trafen jeweils, ehe Liu Ailing an Scurry scheiterte – wiewohl diese schon ein wenig gar weit vor ihrem Tor gestanden hatte. Alle fünf US-Amerikanerinnen im Elferschießen waren schon 1991 Weltmeister geworden, und als Brandi Chastain (1991 noch auf der Bank) den entscheidenden Elfer zum 5:4-Sieg verwandelte, riss sie sich ihr Trikot vom Körper und sank auf die Knie – eines der ikonischen Bilder des Frauenfußballs.

2003: Last Minute Stand-in

Vier Jahre später war alles für die große Revanche zwischen den USA und China angerichtet, mit umgekehrtem Heimrecht. Doch der WM in China kam etwas Unvorhergesehens in die Quere: Die SARS-Epidemie. Viereinhalb Monate vor der Endrunde entschied die FIFA, dass es ein zu großes Risiko wäre, in diesem Umfeld eine WM abzuhalten. Der US-Verband sprang mit offenen Armen ein – man hoffte, mit einer weiteren möglichst erfolgreichen Heim-WM auch die finanziell schwer schlingernde Frauen-Profiliga WUSA zu retten. Zumindest das gelang nicht.

Die WM selbst war ein ziemliches Stoppelwerk an Austragungsorten mit Stadien zum Teil mittlerer Größe, wie sie eben gerade verfügbar waren. Es gab vom Eröffnungsspiel bis zum Semifinale ausschließlich Double-Header, also zwei Spiele im selben Stadion direkt hintereinander. Alles kein Vergleich zur Gigantomanie-WM im selben Land vier Jahre davor, aber es ging.

Norwegens alte Generation war 2000 mit Olympia-Gold abgetreten, so reduzierte sich der Favoriten-Kreis auf USA, China und Deutschland. Die zweite Reihe aber rückte nun erstmals merklich auf: Brasilien mit der 17-jährigen Zauberin Marta, Schweden mit dem Atomsturm Hanna Ljungberg/Victoria Svensson und Strategin Malin Moström, Kanada mit der jungen Christine Sinclair (20).

So schaffte es Kanada, im Viertelfinale China mit 1:0 zu eliminieren. Und so schaffte es Schweden, im Viertelfinale jenes Team aus Brasilien 2:1 zu besiegen, das in der Vorrunde Norwegen hinter sich gelassen hatte. Womit sicher war, dass einer dieser beiden Außenseiter ins Finale einziehen würde. Es sollte Schweden werden, nach einem hart erkämpften 2:1 im Semifinale.

Wenige Stunden zuvor war das andere Halbfinale das vorweggenommene Endspiel, es trafen die USA und Deutschland aufeinander. In einem atemberaubenden Spiel ging es auf und ab, auch nachdem Garefrekes das DFB-Team nach einer Viertelstunde in Front geschossen hatte. Vielen gilt dieses intensive Spiel bis heute als das beste Frauenfußball-Spiel aller Zeiten, mit dem schlechteren Ende für den Titelverteidiger und Gastgeber. Deutschland erhöhte mit Toren in den Minuten 91 und 93 auf 3:0, ein Resultat, das in seiner Klarheit dem Spiel in keinster Weise entsprach.

Deutschland - Schweden 2:1 n.V. (1:1, 0:1)
Deutschland – Schweden 2:1 n.V. (1:1, 0:1)

Die Paarung Deutschland gegen Schweden hatte sich in den Jahren davor als echter Dauerbrenner erwiesen, immer mit dem besseren Ende für das deutsche Team: Im Finale der EM 1995, im Halbfinale der schwedischen Heim-EM 1997, im Finale der EM 2001: Immer war es knapp, immer siegte Deutschland.

Auch beim Final-Anpfiff um 10 Uhr vormittags Ortszeit im Home-Depot-Center von Los Angeles – dem Heimstadion der LA Galaxy mit einem Drittel des Fassungsvermögens des Finalstadions 1999 – war Deutschland Favorit, aber Schweden hatte die Enttäuschungen der Jahre davor nicht vergessen und gestaltete das Spiel offen. Kurz vor der Halbzeit gelang Hanna Ljungberg auch das 1:0.

Quasi mit Wiederanpfiff glich zwar Maren Meinert für Deutschland aus, aber entscheidende Vorteile konnte sich auch in der Folge keines der beiden Teams erarbeiten. So ging es in die Verlängerung, wo (wie schon 1999) die Golden-Goal-Regel galt. Nach siebeneinhalb Minuten kam dann Joker Nia Künzer mit dem Kopf an eine Freistoß-Flanke von Renate Lingor – das 2:1, die Entscheidung, der erste deutsche WM-Titel.

2007: Machtdemonstration

Mit ihrem Final-Einzug bei Olympia 2004 etablierte sich Brasilien um Schweden-Legionärin Marta zu einem der ganz heißen Kandidaten auf den Titel bei der WM 2007, die nun doch in China stattfand. Spätestens mit der 4:0-Demolierung von China im zweiten Gruppenspiel konnte sich die Seleção nicht mehr aus der Rolle herausreden, Herausforderer Nummer eins für das deutsche Team zu sein.

Dieses war nämlich auch nach dem Teamchef-Wechsel von Tina Theune-Meyer zu Silvia Neid der haushohe Turnierfavorit. Praktisch konkurrenzlos wurde Deutschland 2005 zum vierten Mal hintereinander Europameister, die bullige Stürmerin Birgit Prinz war in exzellenter Verfassung und die Abwehr mit Ariane Hingst, Annike Krahn und Keeper Nadine Angerer war nur zu überwinden, wenn (seltene) individuelle Fehler passierten, wie im Olympia-Halbfinale 2004 gegen die USA. Als im WM-Eröffnungsspiel dann gleich Argentinien mit 11:0 abgeschossen wurde (das einzige zweistellige Resultat in der WM-Historie), wussten alle, woran sie waren.

Bei dieser fünften WM war erstmals die Leistungsdichte so groß, dass potenzielle Finalkandidaten schon in der Vorrunde hängenblieben. Bis dahin war die Gruppenphase für die Chefs kaum mehr als eine Aufwärm-Übung. 2007 aber blieb Schweden gegenüber Nordkorea auf der Strecke und Kanada gegen Australien. Für China kam die verschobene Heim-WM indes tatsächlich vier Jahre zu spät: Nach dem Karriere-Ende von Sun Wen versuchte man, mit Schwedens Final-Teamchefin von 2003 Marika Domanksi-Lyfors die Zeit zurück zu drehen. Nach einem überlegen geführten, aber im Abschluss harmlosen Viertelfinale gegen Norwegen war aber Schluss. Das Ende einer Ära.

Deutschland hingegen bretterte konkurrenzlos durch eine WM, die man zu einer absoluten Machtdemonstration werden ließ. In Viertel- und Halbfinale wurden mit überlegener Qualität und vor allem überlegener Physis Nordkorea und Norwegen jeweils 3:0 besiegt. Ohne Gegentor in fünf Spielen ging’s ins Finale.

Dort wartete Brasilien. Durch das US-Team war die Seleção mit ihrem Tempo, ihrer Technik und ihrem aggressiven, hohen Pressing durchgekracht wie durch eine Mannschaft überforderter High-School-Mädchen, das 0:4 war die höchste Niederlage, die ein US-Team jemals kassiert hatte. Und das nach davor 51 ungeschlagenen Spielen in Serie.

Deutschland - Brasilien 2:0 (1:0)
Deutschland – Brasilien 2:0 (1:0)

Erstmals im Turnier stand Deutschland also einem Gegner auf Augenhöhe gegenüber, und Brasilien machte es dem Titelverteidiger in der Tat extrem schwer. Vor allem die Außenstürmerinnen bereiteten den Deutschen riesige Probleme, Cristiane zog schon in den Anfangsminuten zwei Freistöße an der Strafraumgrenze, eine gelbe Karte für Garefrekes und so großartige Torchancen. Zudem drängten die Brasilianerinnen die ballführende Außenspielerin der Deutschen permanent so nach außen, dass diese nicht selten die Kugel nur noch ins Seiten-Out dreschen konnten.

Deutschland reagierte mit vorsichtiger Passivität, ließ Brasilien über die Dreierkette und vor allem Strategin Ester, die sich die Bälle von ganz weit hinten holte, gewähren. Erst mit dem etwas glücklichen 1:0 durch Birgit Prinz nach der Halbzeitpause verschaffte sich das DFB-Team einen Vorteil. Weiterhin aber dominierte Brasilien, was in der Folge zu einem Elfmeter führte – Bresonik hatte die einmal mehr mit Tempo in den Strafraum ziehende Cristiane gelegt. Aber Marta, die im Halbfinale noch eines der großartigsten WM-Tore ever erzielt hatte, scheiterte an Angerer.

Die deutsche Torfrau musste wenig später bei einem Freistoß wieder ihr ganzes Können aufbieten, Brasilien drückte – aber Simone Laudehr machte per Kopf nach einem Eckball kurz vor Schluss alles klar. Das Finale hatte Deutschland recht glücklich gewonnen, aber über den Turnierverlauf gesehen war die Titelverteidigung eine Machtdemonstration.

2011: Sommermärchen nur für die Anderen

Zwei Jahre nach dem zweiten WM-Titel in Folge wurde Deutschland einmal mehr quasi im Vorbeigehen Europameister, dazu fand die WM-Endrunde 2011 im eigenen Land statt: Der dritte Triumph in Folge war fix eingeplant, befeuert von einer Werbekampagne, die den Druck auf das DFB-Team weiter erhöhte. „Dritte Plätze sind nur was für Männer“ hieß es da von offizieller Stelle in Anspielung an die Herren.

Im größten Hype um ein Frauen-Turnier seit 1999 wurden aber zwei Dinge außer Acht gelassen: Zum einen, dass das Team von der ungewohnten allumfassenden Medien-Präsenz wie erschlagen sein würde, und dass noch andere Teams mitspielten. So quälte man sich zu einem 2:1 gegen Kanada, würgte sich zu einem 1:0 gegen Nigeria und hatte viel Mühe beim 4:2 gegen Frankreich.

Die anderen hatten an der Sommermärchen-Stimmung deutlich mehr Spaß: Brasilien, die USA, Schweden – und Japan. Die „Nadeshiko“ waren bei Olympia 2010 im Halbfinale, wurden aber nicht als wirklicher Titelkandidat gesehen. Im Viertelfinale aber hielt da verunsicherte deutsche Team 108 Minuten bei 0:0 und siegte dann dank des Joker-Tores von Karina Maruyama tatsächlich 1:0. Deutschland war in Schockstarre und das Viertelfinale zwischen Brasilien und den USA plötzlich ein vorgezogenes Endspiel.

Dass es das wahre Spiel des Turniers wurde, lag aber nicht an der Qualität (es war ein sehr nervös geführtes Match), sondern an der Dramaturgie. Die USA gingen durch ein frühes Eigentor in Führung, wurden in der Folge aber vom Referee benachteiligt: Ein Ausschluss, der keiner war; ein gehaltener Brasilien-Elfer, der umstrittenerweise wiederholt und im zweiten Versuch verwandelt wurde – mit 1:1 ging es in die Verlängerung, wo wiederum Marta aus Abseitsposition das 2:1 für Brasilien erzielte.

In diesem Spiel offenbarte sich das ganze Drama von Marta: Sie ist die mit Abstand beste Fußballerin des Planeten, aber gleichzeitig ein so unausstehlicher Kotzbrocken, dass es einem wirklich schwer fällt, sie zu mögen. Sie und auch ihre Kolleginnen nützten gegen Ende jede Gelegenheit, möglichst peinlich Zeit zu schinden. Die gerechte Strafe: Flanke Rapinoe, Kopfball Wambach, das 2:2 in der 122. Minute. Die Zuschauer in Dresden jubelten, als wäre Deutschland gerade Weltmeister geworden, so sehr hatte es sich Brasilien mit allen verscherzt. Natürlich gewann die USA das Elfmeterschießen.

Japan - USA 2:2 n.V. (1:1, 0:0)
Japan – USA 2:2 n.V. (1:1, 0:0)

Nach einem souveränen japanischen 3:1 über Schweden und einem glücklichen 3:1 der USA gegen Frankreich in den Halbfinals ging Japan wegen der souveräneren Vorstellungen bis dorthin als Favorit ins Endspiel. Dort jedoch zeigte sich die USA als das überlegene Team. Man stellte die im Turnier überragende japanische Spielmacherin Homare Sawa gut zu, hatte klare Vorteile auf den Flügel und kontrollierte auch die zweiten Bälle. Diese hatten in Japans Spielanlage große Bedeutung: Man verlagerte das Spiel mit hohen Bällen und nahm in Kauf, dass der körperlich stärkeren und größeren Gegner diese annahmen. Dafür presste man mit zwei, oft drei Leuten auf den zweiten Ball. Einmal in der gegnerischen Hälfte, sollte es flinkes Kurzpass-Spiel richten.

Als die USA nach einer Stunde in Führung ging, war dies verdient. Die Schwedin Pia Sundhage hatte das körperlich extrem starken, aber taktisch eher tumben Team nach der Halbfinal-Blamage 2007 übernommen, inhaltliche Finesse verliehen und so 2008 zum bereits dritten Mal bei vier Versuchen Olympia-Gold geholt. In diesem WM-Finale sah alles so aus, als sollte man den 1:0-Vorsprung über die Zeit verwalten, ehe ein derber Abwehr-Schnitzer in Minute 85 den Ausgleich brachte. Ein ähnliches Bild zeigte sich in der Verlängerung: Führung für die USA, kurz vor Schluss Ausgleich aus eigentlich keiner Torchance für Japan.

Anders als im Viertelfinale gegen Brasilien versagten den USA im Elferschießen aber die Nerven: Boxx, Lloyd und Heath verschossen, Japan siegte. Vier Monate nach dem verheerenden Tsunami und Fukushima ein emotionaler Triumph, der in Japan mit großer Begeisterung aufgenommen wurde.

Statistik

bilanzen

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Schwungvolle Australier gewinnen ziemlich schwunglosen Asiencup https://ballverliebt.eu/2015/02/01/schwungvolle-australier-gewinnen-ziemlich-schwunglosen-asiencup/ https://ballverliebt.eu/2015/02/01/schwungvolle-australier-gewinnen-ziemlich-schwunglosen-asiencup/#comments Sun, 01 Feb 2015 14:32:33 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10816 Schwungvolle Australier gewinnen ziemlich schwunglosen Asiencup weiterlesen ]]> Beim 16. Asiencup siegte zum siebenten Mal der jeweilige Gastgeber – und zum ersten Mal das Team aus Australien. Verdient – nach einem Turnier, das allerdings über weite Strecken alles andere als sehenswert war. Verglichen mit dem durchaus ordentlichen Niveau beim letzten Turnier vor vier Jahren haben 90 % der Teams stagniert oder wurden sogar schlechter.

Dass ein Trainer mit seinem Team das Turnier gewonnen hat, der rechtzeitig die Probleme seiner Mannschaft erkannt und angeganen ist – und dabei die WM als Testturnier betrachtet hat – ist folgerichtig. Die Konsequenz, mit der Ange Postecoglou seine Australier in den letzten 14 Monaten nach seinen Vorstellungen formte (und mit dem Segen des Verbands auch formen durfte), darf durchaus als Vorbild für andere Teams herhalten.

Australien: Verdienter Sieger

Australien. Teamchef: Ange Postecoglou
Australien: Mit viel Schwung und Wille und den wenigsten Aussetzern zum Titel.

Wie erwartet: Australien war nicht die individuell beste Mannschaft des Turniers, aber diejenige, die am meisten Schwung und Unternehmensgeist zeigte und dabei sich die wenigsten Aussetzer leistete. Die von Ange Postecoglou seit seinem Amtsantritt vor 14 Monaten radikal verjüngte Truppe strahlte genau jene Verve aus, die ihr vor allem unter Vorgänger Holger Osieck – trotz des Finaleinzugs beim Asiencup 2011 – dramatisch gefehlt hat.

Oldboy Tim Cahill hat zwar nur noch Luft für 70 Minuten, aber sein Einsatzwille riss das Team mit, während Mile Jedinak und Mark Milligan – die einzigen beiden verbliebenen Routiniers in der Stammformation – für die Struktur im Spiel sorgten. Das 4-3-3 (bei der WM spielte Postecoglou noch in einem 4-2-3-1) entspricht den Stärken des Teams am Ehesten. Mit dem Vorwärtsdrang und der geschickten Raumaufteilung wurden Gegner oft zu langen Bällen gezwungen, die bei der robusten Abwehr der Aussies wenig erfolgversprechend waren. Zudem zeigte sich Mat Ryan als exzellenter Schlussmann und war wohl der beste Goalie des Turniers.

Im Finale gegen Südkorea litt man darunter, dass Tim Cahill in sehr effektive Manndeckung genommen wurde, letztlich waren es aber genau die Attribute des Never-Give-Up, die das entscheidende Siegestor in der Verlängerung brachten. Australien ist sicher der verdiente Sieger des Turniers und hat gezeigt, dass durchaus taugliche Spieler nachkommen wenn altverdiente Leute wie Tim Cahill nicht mehr da sind.

Südkorea: Etwas mehr Initiative – aber…

Südkorea. Teamchef: Uli Stielike
Südkorea: Nicht so miserabel wie bei der WM, aber immer noch nicht überzeugend.

Bei der WM waren die Koreaner eine der größten Enttäuschungen. Nach den drei Schritten zurück, die unter Uli Stielikes Vorgänge Hong Myung-Bo gemacht wurden, ging es nun zumindest einen wieder nach vorne. Aber obwohl Stielike kräftig das Personal gewechselt hat, änderte sich an der Herangehensweise nur wenig. Man zeigte zwar – vor allem gegen schwächere Gegner – dass man durchaus in der Lage ist, mit geschickten Pressingwegen die Spieleröffnung der Kontrahenten zu unterbinden, aber der Zug zum Tor fehlte weiterhin völlig.

Natürlich half es auch nicht, dass sich Zehner Koo Ja-Cheol (von Mainz) und Lee Chung-Yong (von Bolton) früh verletzten und sich der Leverkusener Son Heung-Min in der Vorrunde auch mit einer Blessur herumplagte. Aber dass Park und Ki oft beide vor den Innenverteidigern stehen blieben, dass man den Usbeken im Viertelfinale die Flanken komplett überließ, dass – ganz generell – nicht wesentlich mehr Initiative ergriffen wurde, bei einem Personal, dass das absolut zulässt, ist schon eher verwunderlich.

Südkorea ist trotz des großen individuellen Potenzials und einer Schiffsladung von Spielern, die in starken europäischen Ligen (und auch in nicht so schlechten asiatischen Ligen) spielen, weit davon entfernt, das Potenzial auszuschöpfen. Daran änderte bislang auch Stielike nichts, und daran ändert vorerst auch der Einzug in dieses Finale nichts.

Japan: Trend der letzten Jahre bestätigt

Japan. Teamchef: Javier Aguirre
Japan: Grandiose Leistungen wechselten sich mit schwächlichen Darbietungen ab.

Wer sich an Japans Auftritte beim Confed-Cup im Sommer 2013 erinnert, wird wissen: Es gab ein grandioses Match gegen Italien, aber einen ganz guten aber harmlosen gegen Mexiko und einen völlig flachen gegen Brasilien. Bei der WM im letzten Sommer schied Japan sang-, klang- und sieglos aus.

Der Eindruck aus den Jahren nach dem glanzvollen Asiencup-Titel 2011 bestätigte sich auch diesmal: Die Mannschaft hat es immer noch drauf, einen guten Tag zu haben und einen Gegner völlig zu zerstören – wie in der Vorrunde gegen den Irak. Das Spiel endete zwar „nur“ 1:0, aber auch ein 6:0 oder ein 7:0-Sieg der Japaner wäre nicht zu hoch gewesen.

Und dann aber gibt es wieder Spiele, in denen man zwar 75 % Ballbesitz hat, sich gegen einen geschickt agierenden Gegner aber damit begnügt, den Ball zu haben und eben weder Glanz noch Torgefahr versprüht, wie im Viertelfinale gegen die Emirate. Die 36 Torschüsse, die den Japanern da am Ende verrechnet wurde, spiegeln das Geschehen nämlich nicht wieder: Da war kaum eine einzige ernsthafte Torchance dabei, ehe es in der 80. Minute das 1:1 gab. Es folgten zehn Minuten, in denen man das Spiel locker entscheiden hätte können, ehe in der Verlängerung wieder gar nichts passierte und 25-Meter-Schüsschen Richtung Eckfahne schon als Torschuss gewertet wurden.

Das Viertelfinal-Aus (im Elferschießen gegen die Emirate) ist nur logisch und folgerichtig. Wer auch immer Nachfolger von Javier Aguirre wird, steht vor der schwierigen Aufgabe, eine an sich nicht übertrieben überalterte Mannschaft (nur bei Hasebe und Endo wird es nicht mehr lange gehen) umzubauen und neu zu erfinden, denn die aktuelle weist mit etwa Honda, Kagawa und Nagatomo zu viele hoch veranlagte, aber mittlerweile zu wenig konstante Spieler auf. Dass Takashi Inui – der einzige Neue in der Startformation gegenüber der WM – auch schon 26 Jahre alt ist, ist kein gutes Zeichen.

China und Saudi-Arabien: Besserung / Beständigkeit

China: Variabel vom System her,
China: Sehr systemvariabel und eine klare Philosophie, aber nicht sehr aufregend.

Ihre Liga haben sie schon zu einer der Top-Adressen in Asien gepimpt, auf Nationalteam-Ebene aber hinken die Chinesen seit jeher ihren großen Ansprüchen hinterher. Vor vier Jahren blieb man nach einer vor allem inhaltlich komplett heillosen Vorrunde schon in einer wirklich nicht besonders schweren Gruppe hängen, in der Folge konnte auch ein Star-Trainer wie José Antonio Camacho den Abwärtstrend nicht stoppen.

Für dieses Turnier holte man sich Alain Perrin, Ex-Meistercoach von Olympique Lyon, und dieser schaffte es nun, darauf aufzubauen, dass die Spieler aus einer Liga kommen, in der absolute Qualitätstrainer vom Schlage eines Lippi oder Eriksson am Werk sind. Ob also mit einem 4-4-2 (wie gegen die Saudis), einem 5-1-3-1 (wie gegen Usbekistan), einem 4-2-3-1 (wie gegen Nordkorea) oder einem 4-3-3 (wie im Viertelfinale gegen Australien): Die Mannschaft kann sich vom System her gut dem Gegner anpassen, ohne dabei ihre grundsätzliche Philosophie ändern zu müssen.

Perrin  verpasste dem chinesischen Team eine Safety-First-Spielweise. Nach Ballgewinn wird selten schnell umgeschaltet, sondern erst einmal darauf geachtet, dass man den Besitz sichert. Mit einem sehr guten Goalie und einer meist recht sicheren Hintermannschaft war das in der Regel nicht aufregend zum zusehen, aber es erfüllte den Zweck. Mit drei Arbeitssiegen wurde die Vorrunde souverän überstanden, ehe man im Viertelfinale gegen die australische Wucht keine Chance hatte.

Angesichts der Tatsache, dass das Team ein Durchschnitts-Alter von 26 Jahren hat und die nächste WM in drei Jahren steigt, hat China in der aktuellen Generation aber nur eine Chance, sich für eine WM zu qualifizieren. So gesehen kann dieser Kader nur ein Übergangs-Team sein, wenn man aus der guten Arbeit, die national gemacht wird, längerfristig Kapital schlagen möchte.

S.-Arabien:
S.-Arabien: Mit Potenzial, aber es ist kein Team. Man spielt aneinander vorbei.

Bei den Saudis war alles wie immer, in den letzten Jahren: Die individuelle Qualität wäre durchaus vorhanden, aber es fehlt komplett an jeder Kontinuität im Umfeld, um diese auch in ein stimmiges und funktionierendes, inhaltliches Konzept einzubetten. Der Nachfolger von Cosmin Olaroiu, der auch nur für dieses Turnier verpflichtet wurde, wird bereits der siebente (!) Teamchef seit 2011 sein.

So spielten die Saudis bei diesem Turnier auch wieder recht konsequent auf eigene Faust und recht gezielt aneinander vorbei. Eine recht ansprechende halbe Stunde gegen China reichte nicht, gegen die Nordkoreaner musste man nur auf gegnerische Fehler warten und gegen Usbekistan fehlte es bei allem Ballbesitz eklatant am Zug zum Tor. An Auftritten wie bei diesem Turnier wird sich auch nichts grundlegendes ändern, ehe man nicht einem Teamchef mal über vier, fünf Jahre hinweg die Chance gibt, seinen Stempel längerfristig der Mannschaft aufzudrücken.

Dass das Team, das in der Blütezeit in den 90er-Jahren ein solides Top-30-Team weltweit war, mittlerweile im Elo-Ranking auf Rang 86 und im der FIFA-Weltrangliste jenseits von Platz 100 abgestürzt ist, hat man sich komplett selbst zuzuschreiben.

WM-Gastgeber 2022: Katar sportlich meilenweit weg

Katar:
Katar: Kein Konzept, keine einstudierten Spielzüge, kaum individuelle Qualität.

Das sollte der Grundstock jenes Teams sein, auf das Katar für die Heim-WM in sieben Jahren aufbaut. Wenn man die Spiele bei diesem Asiencup mit jenem beim Heim-Turnier vor vier Jahren vergleicht, ist allerdings ein eklatanter Rückschritt erkennbar.

Bis auf den trickreichen Hassan al-Haidos, den schon relativ routinierten Khalfan Ibrahim und der mobilen Sturmspitze Mohammed Muntari (einem eingebürgerten Ghanaer) ist niemand dabei, der auch nur annähernd die Qualität für ein WM-Team hätte. Die Abwehr agiert oft naiv, der Torhüter ist ein ständiges Sicherheitsrisiko, aus dem Zentrum kommen keine Impulse und niemand scheint zu wissen, was der andere gerade vorhat – so etwas wie einstudierte Laufwege oder gar Spielzüge suchte man drei Spiele lang vergeblich – vor allem der letzte Punkt erinnert frappant an Österreich unter Constantini, mit dem Unterschied, dass dort die individuelle Qualität höher war. Beim 1:4 gegen die Emirate war man komplett überfordert, gegen den Iran hielt man zumindest das Ergebnis von 0:1 knapp, und dass man dann auch noch gegen die wirklich nicht besonders gute Truppe vom kleinen Nachbar Bahrain verlor, war das Tüpfelchen auf dem i.

Nicht deutet im Moment darauf hin, dass Katar 2022 eine auch nur halbwegs konkurrenzfähige Mannschaft in die Heim-WM schicken kann. Aus aktueller Sicht besteht die einzige Hoffnung, dass man es so macht wie die Handballer – alles einbürgern, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, und sich mit der Gunst der Referees die nötigen Resultate holen.

VAE und Irak ganz gut, Iran und Usbekistan harmlos

VAE:
VAE: Hinten kompakt, schneidig im Stören und dazu vorne noch Wuschelkopf Omar.

Mit zwei Halbfinalisten konnte man vor dem Turnier nicht direkt rechnen: Mit den Emiraten – die am Ende Dritter wurden – und dem Irak. Dabei ist das Team aus den VAE das einzige, das sich gegenüber dem Cup vor vier Jahren wirklich signifikant verbessert hat. Damals, unter Srecko Katanec, schied man klar in der Vorrunde aus. Der aktuelle Teamchef Mahdi Ali formte aus den Kickern aus Dubai, Abu Dhabi und Al-Ain eine kompakte, gut funktionierende Truppe und hatte zudem die ganz große Entdeckung des Turniers in seinen Reihen: Spielmacher Omar Abdulrahman.

Der 23-Jährige, dessen Frisur – eine Mischung aus Marouane Fellaini und David Luiz – ihn schon rein optisch zu einer auffälligen Erscheinung werden lässt, ist das Um und Auf bei den Emiraten. Er ist mit allen Freiheiten ausgestattet, die Mitspieler rennen für ihn mit und decken geschickt die Räume ab, die er mit seinem freigeistigen Positionsspiel reißt. Die Viererkette und die beiden Sechser harmonieren gut und man traute sich auch, auf dem Papier klar überlegene Gegner die Japan aktiv zu stören. Mit Ahmed Khalil gibt es einen robusten Stoßstürmer, mit Ali Mabkhout einen flinken und torgefährlichen Offensiv-Allrounder, mit Amer Abdulrahman einen ruhigen Passgeber aus der Zentrale heraus.

Es ist nicht damit zu rechnen, dass sich die Emirate nun glanzvoll für die nächste WM qualifizieren werden, aber man wird sicher deutlich näher dran sein als letztes Mal – da kassierte man gegen Südkorea, Kuwait und den Libanon bereits in der Zwischenrunde fünf Niederlagen in sechs Spielen.

Irak
Irak: Jung und mit guten Ansätzen, aber gegen gute Gegner viel zu passiv.

Auch der Irak kam zumindest einen Schritt weiter, als es der Papierform entsprochen hätte. Mit dem Shoot-Out-Sieg nach dem 3:3 nach Verlängerung gegen den Iran – dem mit sehr viel Abstand aufregendsten Spiel des Turniers – sicherte man sich den Platz im Semifinale. Die gegenüber dem Viertelfinal-Team 2011 auf sieben Positionen veränderte (und auf im Schnitt 24,1 Jahre verjüngte) Mannschaft spielte einen kompakten und eher auf Sicherheit bedachten Fußball – so spielte Abdul-Zahra, eigentlich ein Achter, konstant als hängende Spitze. Dazu war man vor allem gegen die stärkeren Teams (also Japan in der Vorrunde und Südkorea im Halbfinale) viel zu passiv, ließ das Spiel nur über sich ergehen.

Der Irak hat von einer günstigen Auslosung und relativ schwacher Konkurrenz profitiert. Man hat sicher eine ordentliche Mannschaft, die weiterhin konstant um asiatische Viertelfinali und in WM-Quali-Finalrunden der Top-10 des Kontinents mitspielen kann. Mehr ist aber nur drin, wenn mehr der jungen Spieler den Weg in bessere Ligen in der Region, wie die saudische oder die aus Katar, finden. Bleibt es dabei, dass die halbe Mannschaft beim nationalen Spitzenklub Al-Shorta in Bagdad spielt, wird es mit der Weiterentwicklung schwierig.

Iran
Iran: Nach vorne weiter mittellos, im Viertelfinale ging’s auch hinten schief.

Das mit der Weiterentwicklung ist auch beim Iran so eine Sache. Bei der WM machte man im Rahmen der (sehr begrenzten) spielerischen Möglichkeiten einen ganz ordentlichen Eindruck, aber man kann keine nach vorne stürmenden Ballkünstler herzaubern, wo einfach keine sind. Gegenüber der WM ließ Carlos Queiroz die Außenstürmer deutlich höher spielen, wollte mehr Druck ausüben gegen deutlich schwächere Kontrahenten als bei der WM. Das Mittelfeld ist mit Nekounam, Teymourian und Shojaei aber weiterhin alte Herren, die nicht besonders kreativ sind.

So blieb weiterhin nur die Variante „Hinten dicht und vorne beten“. Bis auf das Viertelfinale gegen den Irak – bei dem nach einer halben Stunde Linksverteidiger Pouladi des Feldes verwiesen wurde – stand die Defensive gewohnt sicher, aber nach vorne war halt nicht viel los. Mit dem jungen Sardar Azmoun, der in der russischen Liga unter Vertrag staht, gibt es zwar einen Hoffnungsträger im Sturmzentrum. Aber wenn er kaum brauchbare Bälle bekommt, kann auch ein solcher wenig ausrichten. In der Vorrunde gab es mit 4:0 Toren drei Siege. Im Viertelfinale war Schluss.

Usbekistan
Usbekistan: Solide, aber zuweiles etwas blutleer. Kein Schritt nach vorne.

Wie der Iran war auch Usbekistan als Gruppenkopf gesetzt (wie Gastgeber Australien und Titelverteidiger Japan), wie beim Iran war auch für die ehemalige Sowjet-Republik im Viertelfinale Endstation. Die Weißen Wölfe waren vor allem bei Flanken brandgefährlich und standen in der Abwehr recht solide (die beiden Gegentore gegen China kann man der Defensive kaum anlasten), scheiterten aber dennoch eher an sich selbst.

Teamchef Kosimov vollzog seinen Generationswechsel nämlich genau während des Turniers. Nach blutleeren Auftritten gegen China eliminiert er Kapitän Dsheparov und Routinier Kapadze und ersetzte sie durch junge Spieler, wie etwa Zehner Iskanderov (der Usbekistan bei der U-20-WM vor anderthalb Jahren ins Viertelfinale geführt hatte). Denen fehlte aber die nötige Routine und Persönlichkeit, um das Team an sich zu reißen. Man rettete sich ins Viertelfinale, dort war Endstation.

Gegen Südkorea kontrollierte man zwar die für dieses Team so wichtigen Flanken, aber es fehlte die Linie und der Punch aus der Zentrale heraus. So gab es zwar vor allem in der Anfangsphase gute Chancen, aber je länger das Spiel dauerte, desto mehr wurde deutlich, dass man gegenüber dem Halbfinal-Einzug 2011 keinen Schritt nach vorne gemacht hat.

Der schwindlige Rest

Mit gutem Willen kommt man also auf neun Teams, die halbwegs brauchbar Fußball spielen können. Der Rest – darunter auch das schon angesprochene Team aus Katar – war zuweilen von einer erschütternden Schwindligkeit, die dafür sorgte, dass man sich gerade die Vorrunde kaum ansehen konnte. Darunter etwa das Team aus Nordkorea, das zwar nicht grundsätzlich unbegabt ist, aber als Folge der kompletten Isolation des Landes vor allem im Abwehrbereich mit einer erstaunlichen Naivität zu Werke ging und daher auch folgerichtig alle drei Spiele verdient verlor.

Der Rest des untauglichen Teilnehmerfeldes bestand aus den kleinen Ländern im arabischen Raum. Also etwa die im Video gezeigte Truppe aus Kuwait, die in der Regel schon am ersten Pass aus der Abwehr heraus kläglich scheiterte. Oder die Underdogs aus Palästina, für deren Identität die Teilnahme wichtig war und sich auch im Rahmen der Möglichkeiten achtbar schlug, aber aufgrund der fehlenden Qualitäten dreimal deutlich verlor.

Zumindest einmal gewonnen hat der Oman, der in den letzten Jahren gute Ansätze zeigte, aber wo auch Paul le Guen (3x Meister mit Olympique Lyon) mit seiner Dreierkette nichts daran ändern konnte, dass Australien und Südkorea außerhalb der Reichweite bleiben. Einen Schritt zurück ging es bei Jordanien – vor vier Jahren gut organisierter Viertelfinalist, nun unter dem Engländer Ray Wilkins und seiner Mittelfeld-Raute zwar immer noch ganz okay hinten, aber völlig harmlos vorne (vom Spiel gegen die überforderten Palästinenser abgesehen). Und Bahrain konnte zwar durchaus verdient den ambitionierten Nachbarn Katar bezwingen, war aber auch meilenweit von echter Qualität entfernt.

Fazit: Negativer WM-Eindruck wurde bestätigt

Vor diesem Hintergrund ist es besonders befremdlich, dass für das Turnier 2019 (dessen Gastgeber noch nicht feststeht – im März fällt die Entscheidung zwischen dem Iran und den Emiraten) das Teilnehmerfeld von bisher 16 – was aufgrund der fehlenden Leistungsdichte schon um mindestens vier Teams zu viel ist – auf 24 aufgeblasen wird. Ein erst ab dem Viertelfinale einigermaßen kompetitives Turnier wird damit sportlich noch weiter entwertet. Annähernd zwei Drittel des Feldes wird aus teilweisen bis völligen Blindgängern bestehen.

Was dieser Asiencup bestätigt hat, war der negative Gesamteindruck, den Asiens Teams bei der WM hinterlassen haben. Australien zeigt schon in Brasilien noch das meiste ausgeschöpfte Potenzial, daran hat sich bis zu diesem Turnier nichts geändert. Von den Enttäuschten konnte weder Südkorea, noch Japan und der Iran einen wirklichen Turnaround vollziehen. Ein paar andere zeigen gute Ansätze, aber bei auf die VAE (deutlich) und China (ein wenig) wurde gegenüber 2011 sonst niemand besser.

Womit auch das Argument der arabischen Verbändie ins Leere läuft, die die Turniersieger Australien wieder aus dem asiatischen Verband werfen wollen – sie sind der Meinung, die Socceroos würden ihnen einen möglichen WM-Platz wegnehmen und nur ein zusätzlicher (und noch dazu) starker Konkurrent sein. Da es aber gerade die arabischen Teams waren, die bei diesem Turnier ganz besonders schlecht waren, ist wohl eher das Gegenteil wahr:

Im Moment bewahrt nur Australien die asiatischen Verband von der kompletten sportlichen Bedeutungslosigkeit.

(phe)

Asiencup komplett

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Standort-Bestimmung nach WM-Demütigung: Asiencup in Australien https://ballverliebt.eu/2015/01/05/asiencup_australien_vorschau_japan_korea_iran_china_saudi/ https://ballverliebt.eu/2015/01/05/asiencup_australien_vorschau_japan_korea_iran_china_saudi/#respond Mon, 05 Jan 2015 18:55:56 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10769 Standort-Bestimmung nach WM-Demütigung: Asiencup in Australien weiterlesen ]]> Asien galt als der absolute Boom-Kontinent im Weltfußball, schien Afrika nicht nur überholt, sondern längst abgehängt zu haben. Und dann das: Eine WM, bei der Asiens vier Vertreter so hergeprügelt wurden, dass am Ende drei Remis und neun Pleiten zu Buche standen, aber nicht ein einziger Sieg. Nun, ein halbes Jahr später, steigt in Australien der 16. Asiencup. Dieser wird der erste Anhaltspunkt sein, wer die Kurve am besten gekriegt hat. Die Favoriten sind die üblichen Verdächtigen: Japan, Südkorea, Australien, mit Abstrichen der Iran. Und zwei gefallene Riesen kämpfen um den Anschluss.

Titelverteidiger Japan (Gruppe D)

Japan
Japan. Teamchef: Javier Aguirre

Vor vier Jahren war Japan die deutlich beste Mannschaft des Turniers und fuhr mit einem 1:0-Finalsieg gegen Australien den verdienten Titel ein. Bei der WM vor einem halben Jahr aber zeigte man sich etwas überaltert und über dem Zenit – eine Blutauffrischung tat Not. Javier Aguirre, der schon zweimal Mexiko bei WM-Endrunden betreut hatte, übernahm von Alberto Zaccheroni und versuchte sich schon an einer sanften Verjüngung.

Die Zeit für einen echten Neuaufbau war aber zu kurz, so müssen es überwiegend noch die Alten richten – vor allem in der Mittelfeld-Zentrale gibt es Baustellen. Kapitän Hasebe und Routinier Endo haben ihre besten Jahre lange hinter sich, in den Testspielen war Dortmunds Kagawa gesetzt – trotz mangelnder Spielpraxis und völliger Formfreiheit. Auch Torjäger von internationalem Format konnte sich Aguirre in den sechs Monaten nicht schnitzen, so wird wohl wieder der Mainzer Okazaki vorne ran müssen. Der ist zwar ein guter Stürmer, wäre aber noch wertvoller auf dem Flügel.

Dorthin muss Keisuke Honda ausweichen, der aber eigentlich ein Zehner ist – wie auch Hiroshi Kiyotake von Hannover. Rechts verzichtete Aguirre auf den Schalker Uchida, dessen Klasse hat Gutoku Sakai nicht. Junge Kräfte wie Achter Gaku Shibasaki (22) und die Innenverteidiger Gen Shoji (22) und Naomichi Ueda (20, alle von den Kashima Antlers) sowie Flügelspieler Yoshinori Muto (22, FC Tokio) dürfen mal reinschnuppern, eine Hauptrolle werden sie aber kaum spielen dürfen.

Ernsthafte Konkurrenz haben die Japaner in ihrer Gruppe D dennoch nicht: Weder der Irak (Sensations-Sieger von 2007, aber sonst nicht mehr als ein beständiger Asien-Cup-Viertelfinalist) noch Jordanien (unter dem legendären Ex-Chelsea-Co-Trainer Ray Wilkins) haben die Qualität, um Japan zu gefährden. Palästina hat sich über die Runde der Fußballzwerge qualifiziert und wird dreimal deutlich verlieren.

Südkorea & Gastgeber Australien (Gruppe A)

Australien
Australien. Teamchef: Ange Postecoglou

Trotz dreier Niederlagen hat Australien von allen asiatischen Teams bei der WM den mit Abstand besten Eindruck hinterlassen. Für Teamchef Ange Postecoglou war das Turnier in Brasilien angesichts der übermächtigen Gruppengegner (Holland, Spanien und Chile) auch „nur“ ein Testlauf für den Asiencup im eigenen Land.

Schon vor der WM wurde eine radikale Verjüngung eingeleitet, von den „Alten“ sind nur noch Spielmacher Tim Cahill und die Mittelfeld-Routiniers Jedinak und Bresciano übrig. Das Team zeigte Schwung, unbändigen Willen und steckte nie auf. Die individuelle Qualität ist bei anderen Teilnehmern zweifellos zum Teil deutlich höher, aber kaum ein Titelkandidat präsentierte sich zuletzt annähernd so sehr als verschworene Einheit wie Australien.

Das alles, verbunden mit dem Heimvorteil und einem Publikum, das in den letzten zehn Jahren immer mehr seine Liebe zum Fußball entdeckt hat, macht Australien sicherlich einem der absoluten Titelkandidaten.

Südkorea. TC: Uli Stielike
Südkorea. Teamchef: Uli Stielike

Bei Südkorea musste nach der fürchterlich vercoachten WM Teamchef Hong Myung-Bo gehen, der Rekord-Teamspieler wurde durch den Deutschen Uli Stielike ersetzt. Was die Kaderqualität angeht, ist Südkorea einer der ganz großen Top-Favoriten. Die Frage ist nur, ob es in den vier Monaten von Stielikes Amtszeit gelang, aus einer extrem passiven Herangehensweise eine so aktive zu machen, wie es dem Kader entspräche.

Denn mit Leverkusens Son Heung-Min, dem Mainzer Koo Ja-Cheol und Lee Chung-Yong von Bolton ist wohl mehr Offensiv-Qualität vorhanden als in jeder anderen Mannschaft, mit dem in der Premier League gestählten Ki Sung-Yueng (Sunderland) und Park Joo-Ho (auch aus Mainz) ist auch Erfahung auf hoher Qualität im defensiven Mittelfeld vorhanden. Auch auf den Außenbahnen gibt mit Kim Jun-Su (Hoffenheim) und Cha Doo-Ri (früher Celtic und Freiburg) europäische Erfahrung. Dass es keinen Stoßstürmer von Format gibt, sollte dabei schon zu verschmerzen sein.

Schafft es Südkorea, die vorhandenen PS auf die Straße zu bringen, führt der Titel nur über dieses Team. Es wäre der erste für dieses Land seit 1960.

Mitfavorit Iran (Gruppe C)

Iran. TC Queiroz
Iran. Teamchef: Carlos Queiroz

Obwohl sie einem No-Budget-Verband unterstehen, zeigte die Mannschaft aus dem Iran eine – im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten – recht ordentliche WM. Entnervt von den vorsintflutlichen Arbeits-Bedingungen wollte Teamchef Carlos Queiroz eigentlich das Handtuch werfen, der frühere Trainer von Real Madrid und „Co“ bei Manchester United blieb dann aber doch.

Er wird beim Asien-Cup nun dem gleichen Personal vertrauen wie bei der WM in Brasilien. Es ist zu erwarten, dass der Iran nicht ganz so defensiv agieren wird wie letzten Sommer, die Probleme im Spiel nach vorne werden aber grundsätzlich die gleichen bleiben: Das zentrale Mittelfeld ist routiniert, aber nicht besonders kreativ. Der Vorwärtsgang ist nicht die Stärke, Stürmer Reza Ghoochannejhad wurde von Englands Zweitligist Charlton zuletzt nach Kuwait verliehen, Flügelspieler Jahanbakhsh spielt in Hollands zweiter Liga und Ashkan Dejagah, einst bei Wolfsburg deutscher Meister, spielt mittlerweile bei Al-Arabi – dem Neunten der Liga von Katar.

Härtester Konkurrent in der Gruppe C wird wohl Katar sein. Sieben Jahre vor der geplanten Heim-WM ist dieses Turnier ein erster wirklicher sportlicher Härtetest auf dem Weg dorthin – von dem Kader, der vor vier Jahren im eigenen Land unter dem mittlerweile verstorbenen Trainer Bruno Metsu sehr ordentlich agiert hat und im Viertelfinale am späteren Sieger Japan knapp gescheitert ist, sind nur noch sieben Spieler übrig, darunter nur drei der damaligen Stammkräfte. Im Gegensatz zu 2011 sind nun auch kaum noch Spieler dabei, die 2022 zu alt sind. Zumindest 15 Kaderspieler sind auch tatsächlich Kataris, acht eingebürgerte Kicker sind dabei. Ob der aktuelle Teamchef Djamel Belmoudi 2022 noch im Amt sein wird, ist hingegen äußerst unwahrscheinlich – seit 1984 amtierte kein Teamchef von Katar länger als drei Jahre.

Hauptgegner im Kampf um den erneuten Viertelfinal-Einzug für Katar ist das Team aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain ist mit einiger Sicherheit das schwächste Glied in dieser Gruppe.

Usbekistan und die schlafenden Riesen (Gruppe B)

Usbekistan. Teamchef Mirajlol Kosimov
Usbekistan. Teamchef Mirajlol Kosimov

Direkt sexy ist das Team aus Usbekistan, zumindest aus europäischer Sicht, ja nicht. Zwei Spieler aus der russischen Liga (Denisov von Lok Moskau und Ahmedov von Krasnodar), der Rest spielt überwiegend in verschiedenen asiatischen Ligen (China, Korea, Emirate). Auch eine prickelnde Spielweise ist vom Halbfinalisten des letzten Asiencups nicht zu erwarten.

Eher eine kompakt stehende Mannschaft, die mit guten Verteidigern daherkommt und einem routinierten Mittelfeld. Im Elo-Ranking ist Usbekistan der drittbeste Teilnehmer (hinter Südkorea und dem Iran, gleichauf mit Australien), ist daher auch als Gruppenkopf gesetzt. Deutlich interessanter sind, zumindest was die Entwicklung der jüngeren Vergangenheit angeht, allerdings die Gruppengegner China und Saudi-Arabien.

Bei beiden Ländern klaffen seit geraumer Zeit Anspruch und Wirklichkeit ganz massiv auseinander. Beide sind zuletzt in der WM-Quali nicht einmal in die mit zehn Teams besetzte Finalrunde eingezogen, beide Teams sind beim letzten Asiencup vor vier Jahren kläglich in der Vorrunde gescheitert. Und beide Länder verfügen über finanzstarke Ligen, wo es für die heimischen Spieler wenig Anreiz gibt, ins Ausland zu wechseln.

Bei den Saudis ist der Rumäne Cosmin Olaroiu seit dem Desaster vor vier Jahren bereits der vierte Teamchef, weder Ex-Barça-Coach Frank Rijkaard noch Ex-Real-Madrid-Coach Ramon Lopez Caro konnten einen Aufschwung einleiten. Die Liga, aus der sich der komplette Kader rekrutiert, ist laut AFC-Ranking die zweitbeste Asiens, Olaroiu hat acht Spieler des Champions-League-Finalisten Al-Hilal mit dabei. Das größte Problem ist aber das permanente Chaos, die fehlende Kontinuität und die Inkompetenz im nationalen Verband. Dass die Saudis ihre Teamchefs nach einem schlechten Start während der Turniere entlassen, ist eher die Regel als die Ausnahme.

In China hatte José Antonio Camacho nach den unsagbar peinlichen Vorstellungen vor vier Jahren vom heillos überforderten Teamchef Gao Hongbo übernommen, besser wurde es nicht. Im Gegenteil: Camacho kassierte fürstliche 16 Millionen Dollar in zwei Jahren, in denen er China zielsicher von Platz 47 im Elo-Ranking auf Rang 69 führte und nach einem 1:5-Debakel gegen Thailand entlassen wurde. Alain Perrin, einst Meistertrainer von Olympique Lyon, übernahm. Die mit europäischen Startrainern wie Marcello Lippi, Sven-Göran Eriksson und Radomir Antic künstlich hochgepimpte Liga ist zahlungskräftig, aber Chinas Spieler würden von mehr davon profitieren, gingen sie in sportlich bessere Meisterschaften wie jene in Japan oder Südkorea, oder gar nach Europa. Von ausrangierten Altstars wie Gilardino und Misimovic und einer Heerschaar an mittelmäßigen Brasilianern lernen sie nicht genug.

Dass bei Nordkorea die WM-Teilnahme 2010 eine Eintagsfliege war, ist mittlerweile auch evident. Zwar spielen im aktuellen Kader für das Land ungewöhnlich viele Legionäre (vier – zwei in Japan, zwei in der Schweiz). Aber der Rest schmort in der eigenen Liga, deren Klubs vom Diktator befohlen nicht einmal an Asiens Klub-Bewerben teilnehmen dürfen – und die so geheim ist, dass oft nicht einmal Tabellen oder gar Ergebnisse an die Öffentlichkeit außerhalb des Landes durchgelassen werden.

Der Modus

asiencup

Vier Vierergruppen, aus denen jeweils die besten zwei Teams ins Viertelfinale kommen – es ist genau jener Modus, der auch bei den EM-Endrunden von 1996 bis 2012 höchst erfolgreich zum Einsatz gekommen ist. Die Spiele in Melbourne, Sydney, Canberra, Brisbane und Newcastle werden wegen der Zeitverschiebung am europäischen Vormittag stattfinden und werden auf Eurosport-2 live zu sehen sein.

Australien ist erstmals Ausrichter des Asien-Cups. Rekord-Titelträger ist Japan mit vier Titeln, gefolgt von Saudi-Arabien und dem Iran mit jeweils drei Triumphen. Insgesamt ist dies die 16. Auflage des Turniers, das damit (wie auch die Copa America und der Afrika-Cup) älter ist als die Europameisterschaft. Das Finale findet im Olympiastadion von Sydney statt.

asiencup finals

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Asien bei der WM 2014: 12 Spiele, 3 Remis, 9 Pleiten https://ballverliebt.eu/2014/06/27/12-spiele-3-remis-9-pleiten/ https://ballverliebt.eu/2014/06/27/12-spiele-3-remis-9-pleiten/#comments Fri, 27 Jun 2014 19:50:45 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10348 Asien bei der WM 2014: 12 Spiele, 3 Remis, 9 Pleiten weiterlesen ]]> Auf der fußballerischen Überholspur hat sich Asien befunden. Die Versprechen, die Afrika vor 20 Jahren abgegeben hatte, schienen von den Asiaten eingelöst zu werden. Aber: Keines der vier AFC-Teams in Brasilien konnte auch nur ein Spiel gewinnen. Vor allem die vermeintlich „Großen“ Japan und Südkorea enttäuschten auf der ganzen Linie. Das Asien-Quartett fuhr in zwölf Spielen 3 Remis und 9 Niederlagen ein.

Japan: Drei Jahre zu früh gepeakt

Was war das für ein großartiges Turnier von Japan beim Asien-Cup vor drei Jahren. Wie ein Wirbelwind überzog man die Konkurrenz, und auch als es in der K.o.-Phase zum Teil etwas harzig wurde, verlor man nie die Übersicht. Kagawa (in seiner ersten Saison bei Dortmund), Honda (nach einem halben Jahr bei ZSKA Moskau) und Okazaki (ein halbes Jahr vor einem Wechsel in die Bundesliga) machten in der offensiven Dreierreihe mit ihrem Tempo und ihren unermüdlichen Rochaden die Gegner wahnsinnig, aus der Defensive stießen Hasebe (Kapitän beim gerade-nicht-mehr-amtierenden Meister Wolfsburg) und Endo nach, über die Seiten machten Uchida und Nagatomo Druck – das unglaubliche Turnier von Letzterem brachte ihm einen Vertrag und einen Stammplatz bei Inter Mailand ein.

Zu wenig Elan, zu wenig Rochade, zu wenig Überraschendes - Japan enttäuschte auf ganzer Linie.
Zu wenig Elan, zu wenig Rochade, zu wenig Überraschendes – Japan enttäuschte auf ganzer Linie.

Alberto Zaccheroni, der entnervt vom alles zerredenden Italien in Japan eine neue Heimat gefunden hatte, formte eines der zu diesem Zeitpunkt fünf besten Teams der Welt. Und das ist der Schlüsselsatz: „zu diesem Zeitpunkt“. Bei der WM in Brasilien war der ganze Schwung weg. Kagawa hat zwei Jahre auf der Bank von Manchester verschleudert, Honda hat in der Serie A noch nicht wirklich Fuß gefasst. Okazaki hat in Mainz eine tolle Saison als Mittelstürmer hinter sich, wird im Team aber auf der linken Seite gebraucht – so muss vorne ein Stürmer von einem deutschen Zweitliga-Mittelständler ran. Endo war nicht fit, Hasebe mit Nürnberg gerade abgestiegen.

Ohne die Rochaden und das wilde Tempo vorne wurde Japan ausrechenbar. Dazu fehlt auch der Druck von den Jungen: Bis auf Stürmer Maeda und den eben nicht auf der Höhe seiner Kräfte agierenden Sechser Endo sind alle Spieler, die in Katar den Asien-Titel 2011 holten, immer noch dabei, und es sind auch keine neuen Leistungsträger wirklich in Sicht: U-20-WM-Endrunden verpasst Japan in schöner Regelmäßigkeit und die jüngeren WM-Fahrer versprechen auch kaum große Entwicklungssprünge.

Diese Generation der Japaner hat sich einen glanzvollen Asien-Titel geholt, aber die WM in Brasilien kam ihr um zumindest zwei Jahre zu spät. Leider.

Südkorea: Kreative falsch oder gar nicht eingesetzt

Beste Voraussetzungen wären das für die Koreaner gewesen: Eine Generation von guten, jungen und aufstrebenden Talenten und Stammspieler in guten europäischen Ligen, gepaart mit einer echt nicht besonders guten Gruppe. Und doch fiel man komplett durch, holte nur einen Punkt und machte auch nie den Eindruck, dass wirklich mehr drin gewesen wäre.

Was bei dem Talente-Pool verwundert, allerdings kommt man nicht umhin, Teamchef Hong Myung-Bo zu unterstellen, diesen völlig verkehrt eingesetzt zu haben. Vor allem im kreativen Zentrum klaffte ein Loch, das man locker schließen hätte können – etwa mit Koo Ja-Chaol, der in Mainz eine bärenstarke Saison spielte, aber als Stürmer verschenkt war. Oder mit Ji Dong-Won, der zu Dortmund wechselt, aber weitgehend ignoriert wurde. So blieb viel zu viel an Leverkusens Son Heung-Min hängen, der die Schwächen im System aber auch nicht ausgleichen konnte.

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Großes Talent, aber auch große Passivität: Südkorea ließ das Spiel der Gegner zu oft über sich ergehen.

Denn vor allem passte die Umsetzung des Systems nicht. Hong ließ in einem flachten 4-4-2 spielen, ohne Kreativ-Spieler im Zentrum, ohne körperlich ausreichend robuste Stürmer für lange Anspiele – aber auch ohne jegliche Form von Pressing. Das war schon beim 1:1 gegen Russland augenfällig, ging aber noch halbwegs gut, weil die Russen auch so ihre Probleme hatten.

Aber dem Schwung, den Algerien vor allem im verdichteten Zentrum aufbaute, war man überhaupt nicht gewachsen. Es gab aber auch keine inhaltlichen Antworten, nur ein kurzes Aufflackern individueller Klasse zu Beginn der zweiten Hälfte gegen Algerien. Sonst nichts. Man ließ das Spiel aller Kontrahenten über sich ergehen. Das war zu wenig.

Und damit ist das sang- und klanglose Ausscheiden auch folgerichtig. Südkorea hätte den Kader für den Achtelfinal-Einzug gehabt, war aber aus 100 % eigenem Verschulden meilenweit davon entfernt, tatsächlich ins Achtelfinale einzuziehen.

Iran: Im Rahmen der Möglichkeiten ganz okay

Deutlich näher dran an der nächsten Runde war der Iran, und das mit dem vermutlich schwächsten Kader aller 32 Endrunden-Teilnehmer. Ashkan Dejagah ist als prominentester Spieler aus der Premier League abgestiegen, Stürmer Ghoochannejhad spielt bei einem englischen Zweitligisten, praktisch alle anderen in der heimischen Liga, der sogar Teamchef Carlos Queiroz „Amateur-Niveau“ bescheinigt.

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Attraktiv zum Zusehen war es nicht, , aber der Iran holte wohl das Maximum aus den Möglichkeiten.

Und doch schaffte es der erfahrene Portugiese, das Optimum aus seinem äußerst limitierten Team herauszuholen. Das strikte Defensiv-Konzept war zwar weder besonders ausgeklügelt noch besonders schön anzusehen, orientierte sich aber an den Stärken und den Schwächen seines Kaders. Robuste, aber nicht besonders schnelle Innenverteidiger. Dazu umsichtige, aber nicht besonders schnelle zentrale Mittelfeld-Spieler. Natürlich gibt’s da keinen Champagner-Fußball.

Dennoch war das Remis gegen Nigeria nie wirklich in Gefahr, hatte man Argentinien am Rande der Niederlage. Natürlich, nach vorne kamen kaum einmal drei Pässe in Folge an und es gab in drei Spielen nur ein einziges Tor. Aber gemessen an den Möglichkeiten war es ganz okay – vor allem, wenn man bedenkt, dass es keine vernünftigen Aufbaugegner gab, man in einem Flughafen-Hotel zwei Stunden vom Trainingszentrum hausen musste und offenbar sogar die Trikots beim Waschen schrumpften.

Dazu machte vor allem Torhüter Alireza Haghighi auf sich aufmerksam. Nur als Nummer drei in den Kader gerutscht, absolvierte der Portugal-Legionär letztlich alle drei Spiele und agierte umsichtig, souverän und weitgehend fehlerfrei. Dazu waren seine schwarzen Stutzen und die schwarzen Schuhe zum ansonsten knall-orangen Outfit im Spiel gegen Bosnien auch einfach stylish ohne Ende.

Australien: Erfolgreiches Test-Turnier trotz null Punkten

Das muss man sich auch erst einmal trauen: Ange Postecoglou übernahm im Herbst ein Team, das schon für die WM qualifiziert war, aber unglaublich unansehnlichen Fußball spielte und gnadenlos überaltert war. Also eliminierte er bis zur Endrunde schrittweise Spieler wie Brett Holman (63 Länderspiele), Sasa Ognenovski (35 Jahre), Josh Kennedy (31 Jahre) und Luke Wilkshere (80 Länderspiele), Carl Valeri (50 Spiele) und Chelsea-Keeper Mark Schwarzer, die vor drei Jahren beim Final-Einzug beim Asien-Cup alle noch dabei waren.

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Hungrige Junge und eine routinierte Achse: Australien verlor zwar alles, überzeugte aber.

So sank der Altersschnitt im Team schlagartig um vier Jahre und nach der Auslosung, die Spanien, Holland und Chile bescherte, gab Postecoglou die klare Direktive aus: Jungs, wir werden untergehen, aber wir werden das mit fliegenden Fahnen tun. So zeigte sich diese Mannschaft extrem hungrig, sehr kampfstark, steckte nie auf.

Und sie hat die richtige Mischung aus jung und routiniert gefunden. Mit Wilkinson, Jedinak, Bresciano und Cahill gab es eine Achse von „Alten“, um die herum sich die jungen Wilden austoben konnte. Natürlich fehlt da die individuelle Klasse und taktisch war das auch nicht besonders aufregend, aber es war trotzdem gut anzusehen und die Socceroos versprühten Freude an ihrem Tun – genau das fehlten in den letzten Jahren unter Pim Verbeek und vor allem unter Holger Osieck ja völlig.

So kommt es zu dem Paradoxon, dass die AFC-Mannschaft mit der schlechtesten Bilanz – 3 Niederlagen – den besten Eindruck hinterlassen hat. Was auch dringend nötig war, schließlich war die WM für die Australier ein Test-Turnier für den Asien-Cup. Den richtet man in einem halben Jahr nämlich selbst aus.

Nächste Kontinental-Meisterschaft: Jänner 2015 in Australien

Für die hat man sich mit den engagierten Auftritten in Brasilien in eine sehr gute Position gebracht, denn während man selbst schon voll am Weg ist und gezeigt hat, dass man die heimischen Fans trotz Niederlagen hinter sich vereinen kann, steht bei den anderen Top-Teams entweder ein Umbruch oder zumindest ein Teamchef-Wechsel (Japan, Iran), muss es große Zweifel an der Spielweise geben (Südkorea), oder ist so weit im Eck, dann man sich erstmal um sich selbst kümmern muss (China, Saudi-Arabien).

Der starke Eindruck, den nicht nur der Asien-Cup 2011, sondern auch die überwiegend guten Auftritte von Japan und Südkorea bei den WM-Endrunden seit 2002 hinterlassen hatten, ist bei der WM in Brasilien völlig an die Wand gefahren worden. Ob das ein kurzfristiges Schlagloch ist, oder eine dauerhafte Entwicklung, wird in den nächsten Jahren zu beantworten sein.

Für den Iran ist eine okaye Performance bei einer WM der Plafond, bei Australien war ein gutes Abschneiden schon nach der Auslosung kein Thema mehr, diese beiden haben nicht enttäuscht. Südkorea hat das personelle Potenzial, auch weiterhin um Achtel- und Viertelfinals mitzuspielen, man müsste es nur auch inhaltlich umsetzen.

Nur bei Japan muss man sich aktuell ernsthafte Sorgen machen.

(phe)

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