Jacobs – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Fri, 20 Jul 2012 22:32:39 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Riddersholms Crossover-System: Wer was probiert, hat zumindest eine Chance https://ballverliebt.eu/2012/07/20/riddersholms-crossover-system-wer-was-probiert-hat-zumindest-eine-chance/ https://ballverliebt.eu/2012/07/20/riddersholms-crossover-system-wer-was-probiert-hat-zumindest-eine-chance/#comments Fri, 20 Jul 2012 00:05:06 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7675 Riddersholms Crossover-System: Wer was probiert, hat zumindest eine Chance weiterlesen ]]> Am Ende hatte der Favorit mit 4:2 gewonnen. Was aber nicht darüber hinweg täuschen kann, dass das taktische Konzept des Crossover-Systems von Glen Riddersholm seinem Team dazu verholfen hat, beim FC Kopenhagen bis eine Viertelstunde vor Schluss 2:0 zu führen. Was vordergründig eine Analyse eines Spiels des FC Midtjylland ist, darf aber als Beispiel für alle Underdogs gelten: Wer sich was überlegt und etwas probiert, hat zumindest die Chance auf eine Überraschung.

FC Kopenhagen – FC Midtjylland 4:2

Nein, ein klingender Name ist der FC Midtjylland nicht. Aber was der Dritte der letzten Saison der dänischen Superliga im Saison-Opener beim FC Kopenhagen zeigte, war vor allem taktisch hochinteressant. Dass man trotz nicht unverdienter 2:0-Führung in der letzten Viertelstunde noch komplett einging und 2:4 verlor, verleiht der Leistung des Außenseiters schon eine gewisse Tragik.

Mixtur aus 4-1-4-1 und Tannenbaum

Der Trainer des Klubs aus Herning, der mit schöner Regelmäßigkeit international vertreten ist, heißt Glen Riddersholm. Der langjährige Jugend-Trainer verpasste seiner Mannschaft (in der niemand spielt, den man außerhalb der Grenzen Dänemarks kennt) ein System, das eine Mischung aus 4-1-4-1 und Tannenbaum ist.

Durch das Einrücken der Mittelfeld-Außen (schwarz) verengte Midtjylland das 4-4-2 des FC Kopenhagen. Die Außenverteidiger (rot) hatten damit viel Freiraum.

Die beiden Außenspieler im Mittelfeld, die Nigerianer Sylvester Iboun und Rilwan Hassan (im Bild unten schwarz markiert), spielten offensiv eine eher untergeordnete Rolle. Im Ballbesitz rückten die beiden ein und überließen den Außenverteidigern (Kibebe und Joelsgaard, im Bild rot markiert) die Flanken.

Das funktionierte prächtig: Durch die fünf Mann im Zentrum wurde das Mittelfeld der Hauptstädter eng – ein logischer Nachteil des 4-4-2, mit dem der neue Trainer Ariel Jacobs sein Team auflaufen ließ. Wie im Bild gut zu sehen, schuf sich Midtjylland Raum auf den Flügeln. Die Gäste gingen nach nur neun Minuten durch einen Schuss von der Strafraumgrenze in Führung und konnten sich umso mehr auf ihr Konzept des frühen Störens verlegen.

Albæk und Olsen agierten im Verbund und störten das flache 4-4-2 der Weißen nahezu perfekt

Den Tannenbaum-Touch brachten mit Mads Albæk und Danny Olsen die beiden zentralen Spieler hinter Sturmspitze Tim Janssen ins System. Denn während, wie erwähnt, die jeweiligen Außen tendenziell einrückten, machten die beiden nach vorne Betrieb. Und zwar immer im Verbund: Sie rückten fast immer gemeinsam nach rechts, gemeinsam nach links, gemeinsam nach vorne. Dort fanden sie im extrem mobilen Janssen einen willigen Partner für Kombinationen.

Dass Midtjylland nach dem schnellen 1:0 nicht nachsetzen konnten, lag in erster Linie an der gegen über dem FC Kopenhagen deutlich geringeren individuellen Qualität. Allerdings war das taktische Konzept mit der Führung im Rücken ideal: Denn bis auf ein paar wenige Ausnahmen konnte man den Favoriten kontrollieren.

Ariel Jacobs und sein 4-4-2

Schon beim RSC Anderlecht war das flache 4-4-2 Ariel Jacobs‘ bevorzugtes System, davon geht er auch bei seinem neuen Arbeitgeber nicht ab. Der dänische Abo-Meister FC Kopenhagen erlitt in der letzten Saison einen Kollaps epischen Ausmaßes, verpulverte in den letzten fünf Runden einen Sechs-Punkte-Vorsprung und wurde hinter den No-Names des FC Nordsjælland nur Vize-Meister.

Das ausrechenbare System von Jacobs wurde wegen der intelligenten Rolle von Albæk und Olsen durchaus zum Problem. Weil durch den permanenten Druck des Midtjylland-Duos die Zentrale des FC Kopenhagen mit Claudemir und Kristensen völlig aus dem Spiel war – und der Brasilianer zudem dazu neigte, das Spiel zu verschleppen und das Tempo heraus zu nehmen – wurde das Aufbauspiel auf die Außenbahnen gedrängt. Genau darauf hatte sich Midtjylland aber eingestellt und ließ den klar favorisierten Gegner an der ausgestreckten Hand verhungern.

Jacobs reagierte für die zweite Hälfte genau gar nicht auf die allzu offensichtlichen Probleme und quasi als Strafe gab’s nach einer Stunde das 0:2. Wenn schon nach vorne nichts geht, dann darf die Defensive nicht patzen. Tat sie aber.

Erst Dezimierung leitet Wende ein

Nun nahm Jacobs einen Doppelwechsel vor – Jørgensen (der sich bei Lautern und Leverkusen nicht durchsetzen konnte) und Cornelius kamen für Mos Abdellaoue (den kleinen Brunder von Hannover-Stürmer Mohamed) und Bolaños. Das passierte aber alles innerhalb des Systems, weil Nicolai Jørgensen, an sich ja Stürmer, auf die linke Seite ging. Er interpretierte diese Rolle zwar deutlich offensiver als Vingaard (der nun auf rechts spielte), übte dadurch auch mehr Druck auf den auch schon gelb-belasteten Kibebe aus. Der Favorit wurde besser, aber die eigentliche Wende wurde erst durch den Ausschluss von Claudemir eingeleitet.

Nach Claudemirs Ausschluss in der 71. Minute

Der Brasilianer hatte erst einen Ellbogen-Schlag, dann einen Kopfstoß angedeutet. Für den jungen Referee Kehlet (seit der gerade begonnenen Saison auch international unterwegs) genug für die rote Karte.

Das hatte aber keinen nachteiligen Effekt auf den FC Kopenhagen. Im Gegenteil: Ohne den Brasilianer wurde das Spiel des Favoriten deutlich direkte, deutlich zielstrebiger und im Gefühl, vom Referee benachteiligt worden zu sein, stellte sich auch sichtbar eine „Jetzt-erst-Recht“-Attitüde ein. Nach einem feinen Doppeplass mit Vingaard netzte Santin in der 75. Minute, vier Minuten nach Claudemirs Ausschluss zum 1:2 ein.

Midtjylland stehend K.o.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Midtjylland den Klub aus der Hauptstadt, flapsig formuliert, an den Eiern. Nun aber entglitt Riddersholm und seinem Team das Spiel. Aus zwei Gründen.

Erstens: Ohne Claudemir spielte der FCK in einem 4-3-2, mit nur einem Mann im Zentrum. Es wurde nun also gar nicht mehr versucht, über die Mitte nach vorne zu kommen – und auf den Außenbahnen hatten Vingaard und EM-Fahrer Jacobsen bzw. Oviedo und Jørgensen klare Vorteile.

Vor allem, weil zweitens Midtjylland ob der kräfteraubenden Spielanlage, die man 70 Minuten lang hervorragend praktizierte, schlicht und einfach mit den Kräften völlig am Ende war. Es wurde nicht mehr verlorenen Bällen nachgegangen, es wurde nicht mehr konsequent in die Zweikämpfe gegangen, so hatte der FCK immer mehr den nötigen Platz, um sich zu entfalten.

Der Ausgleich zum 2:2 (78.) war ein Resultat fehlender Hilfe im Abwehrverbund, als kein Mitspieler einen von Igboun an sich gut abgegrätschten Ball klärte. Dass Midtjylland auch den Punkt nicht halten würde können, schien da schon klar, umso mehr, als zehn Minuten vor Schluss Innenverteidiger Sviachenko mit Gelb-Rot vom Platz musste. Beim 3:2 in Minute 85 staubte Oviedo ab, nachdem die Midtjylland-Abwehr nur bewundernd zugesehen hatte, wie sich Santin und Cornelius durch den Strafraum doppelpassten, und das 4:2 in der Nachspielzeit machte den Deckel drauf.

Fazit: Wer sich überlegt, hat zumindest die Chance zu gewinnen

Natürlich: Am Ende steht Midtjylland mit einem 2:4 und ohne Punkte da. Was aber nichts daran ändert, dass Glen Riddersholm das taktische Duell gegen Ariel Jacobs haushoch gewonnen hat. Sein Team, individuell klar schwächer besetzt als jedes des FC Kopenhagen, war mit dem Crossover-System aus 4-1-4-1 und Tannenbaum perfekt auf die Spielanlage des Favoriten eingestellt, neutralisierte diesen lange und hätte sich zumindest einen Punkt verdient.

Dass daraus nichts wurde, liegt wohl auch zu einem Teil daran, dass Igboun nach einer Stunde nur den Pfosten traf, anstatt das 3:0 zu schießen. Doch in erster Linie spielten dem Underdog die Kräfte einen Streich: Just zu der Zeit, als der FC Kopenhagen nach dem Ausschluss richtig Gas gab, kickte Midtjylland diesbezüglich völlig ein.

Womit sich letztlich zwar der Favorit durchgesetzt hat. Aber die ausgeklügelte taktische Marschrichtung von Glen Riddersholm seinem Team zumindest eine ernsthafte Chance gegeben hat, die Überraschung zu schaffen.

(phe)

PS: Kleine persönliche Anmerkung aus österreichischer Sicht noch: Ich habe mir auf diesem Trip auch zwei Spiele der schwedischen Liga angesehen (Helsingborg-Syrianska und Malmö-GAIS), nach den Eindrücken dieser Partien ist die Allsvenskan vom Niveau her durchaus unter die heimische Bundesliga zu stellen.

Das hier analysierte Spiel lässt aber den Schluss zu, dass unsere Liga mit jener aus Dänemark sicherlich nicht mithalten kann. Vom Tempo her schon mal auf gar keinen Fall, auch die individuelle Klasse wusste durchaus zu gefallen. Und mit interessanten taktischen Varianten wurden wir zuletzt in Österreich bekanntlich ja nicht gerade verwöhnt.

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Anderlecht über die Flügel besser und mit weniger Fehlern – Sturm verliert 0:2 https://ballverliebt.eu/2011/10/21/anderlecht-uber-die-flugel-besser-und-mit-weniger-fehlern-sturm-02/ https://ballverliebt.eu/2011/10/21/anderlecht-uber-die-flugel-besser-und-mit-weniger-fehlern-sturm-02/#respond Thu, 20 Oct 2011 23:14:07 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5977 Anderlecht über die Flügel besser und mit weniger Fehlern – Sturm verliert 0:2 weiterlesen ]]> Zweimal flaches 4-4-2, zweimal die gleiche Spielanlage, zwei Teams, die die Spielgestaltung nicht direkt erfunden haben – das Match zwischen Sturm und Anderlecht war kein grandioses. Und der 2:0-Sieg der Belgier war auch keine Frage der Taktik, sondern eine von Klasse und individuellen Fehlern.

Sturm Graz - RSC Anderlecht 0:2

Ein Duell zwischen zwei Teams mit einem flachen 4-4-2 sieht man heutzutage im internationalen Fußball nur noch äußerst selten – bei der Partie zwischen Sturm und Anderlecht war es aber mal wieder so weit. Eine entsprechend eher eindimensionale Angelegenheit war dann die Partie auch.

Gleichförmiges Zentrum

Flaches 4-4-2 heißt in der Praxis: Ein echter Spielaufbau kann mangels eines Spielers im offensiven Zentrum nur über die Flügel aufgebaut werden. Die beiden Duos im zentralen Mittelfeld – Säumel und Weber bei Sturm, Biglia und Kljestan bei Anderlecht – standen sich so ein wenig gegenüber wie die Linemen im American Football. Sie stehen sich auf ähnliche Weise gegenüber, belauern sich, haben aber in der Gestaltung des Spiels eigentlich nicht wirklich etwas mitzureden.

Natürlich, ganz so drastisch war es nicht – vor allem der argentinische Olympiasieger Lucas Biglia zeigte seine Spielübersicht in einigen Szenen, spielte gute Pässe, versuchte den Ball schnell in die Spitze zu bringen und wurde dabei von Weber auch nicht so richtig behindert. Aber dennoch, die Musik spielte in diesem Match eindeutig auf den Flügeln.

Anderlecht im Flügel-Duell besser…

Und da hatte, was das gestalterische Element betrifft, Anderlecht die Nase vorn. Bei Sturm waren die Positionen der Außenverteidiger mit Klem und Ehrenreich eher mit der zweiten Garnitur besetzt, und die beiden hatten defensiv mit Gillet und Jovanovic auch so viel zu tun, dass ihnen die Gelegenheit und auch so ein wenig der Mut fehlte, wirklich etwas nach vorne zu machen.

Das machten Wasilewski und Safari bei den Belgiern deutlich aktiver, wodurch die Gäste ein deutlich merkbares Übergewicht auf den Flanken erarbeiten konnten. Hinzu kam, dass sich vor allem Stürmer Mbokani, der sich letzte Saison in Wolfsburg nicht hatte durchsetzen können, gut bewegte und versuchte, immer anspielbar zu sein. Burgstaller hatte mit dem Kongolesen viel Mühe.

…und daher mit Chancen-Plus

So erarbeitete sich Anderlecht in der ersten Halbzeit nach dem immer gleichen Strickmuster mehr Chancen als die Grazer: Ball von hinten auf die Flügel spielen, nach der Mittellinie nach innen ziehen und den Stürmer mit einbeziehen, zum Anschluss kommen. Das war alles nicht besonders ausgeklügelt, funktionierte aber gut, weil der Versuch, in den Raum zwischen Mittelfeld und Abwehr hineinzustoßen, immer wieder erfolgreich war – und weil Anderlecht einfach die höhere individuelle Klasse hatte.

Hinzu kam, dass es die Belgier schafften, auf den Flügeln eine Überzahl herzustellen, in dem Biglia und Kljestan gut innen zumachten und vor allem auf der Seite von Klem und Kainz dem ballführenden Grazer die Zeit und den Raum zu nehmen. So blieb als letzter Ausweg oft nur der lange Ball, der im Nirvana landete.

Grazer machen entscheidenden ersten Fehler

Mit den Gästen, die ihre Angriffe besser aufzogen und den Hausherren, die das mit einigen Ausnahmen ganz okay verteidigten, sah das Spiel so ein wenig nach einem 0:0 aus – wenn nicht Thomas Burgstaller, bei dem man schon vor der Pause in einigen Situationen ausmachen konnte, dass er an diesem Tag der schwächste Grazer war, und Silvije Cavlina im Sturm-Tor sich im Strafraum gegen Jovanovic gegenseitig behindert hätten und Gillet zum billigen 1:0 für die Belgier abstauben konnte.

Und also ob es des Schlechten nicht schon genug gewesen wäre, flog Burgstaller wenige Minuten später auch noch mit Gelb-Rot vom Platz – nach einem eher sinnlosen Foul auf Höhe der Mittellinie. Foda musste also Umstellen: Feldhofer kam statt des blassen Kainz, Szabics ging auf die linke Flanke und der kurz zuvor für Bodul eingewechselte Mario Haas blieb alleine vorne.

Sturm fehlen die Mittel

An der Spielanlage von Sturm änderte sich im Grund nicht viel, im nunmehrigen 4-4-1 gabe es halt vorne eine Anspielstation weniger. Und als sich Sturm eine Viertelstunde vor Schluss aus einem Einwurf tief in der gegnerischen Hälfte übertölpeln ließ und Suárez cool zum 2:0 einschob, war die Partie entschieden. Sturm fehlte es nun nicht nur an den Mitteln, das Ruder noch einmal herumzureißen. Sondern auch am Glauben daran, dass es noch möglich wären.

Fazit: Qualität entschied, nicht die Taktik

Das Gestalten eines Spiels gegen einen ähnlich aufgestellten Gegner haben beiden Teams ganz deutlich nicht erfunden. Das Zentrum war sowohl bei Anderlecht als auch bei Sturm eine Zone, die am Weg nach vorne eher umgangen als miteinbezogen wurde. Diese Gleichförmigkeit im Spielansatz hatte ein Spiel zur Folge, in dem sich beide Mannschaften mit den selben Mitteln zu schlagen versuchten.

So war es letztlich keine Frage der Taktik, sondern eine der Qualität und des Vermeindens von Fehlern in der eigenen Defensive, die dieses Spiel entschieden. Bei den Belgiern gab es die höhere inidviduelle Klasse, bei Sturm zwei entscheidende Schnitzer in der Abwehr – das machte den Unterschied aus.

(phe)

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