Iniesta – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Thu, 05 Sep 2013 22:37:10 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Die Bayern machen alles richtig – historischer 4:0-Sieg über Barcelona! https://ballverliebt.eu/2013/04/24/die-bayern-machen-alles-richtig-historischer-40-sieg-uber-barcelona/ https://ballverliebt.eu/2013/04/24/die-bayern-machen-alles-richtig-historischer-40-sieg-uber-barcelona/#comments Tue, 23 Apr 2013 23:28:17 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8700 Die Bayern machen alles richtig – historischer 4:0-Sieg über Barcelona! weiterlesen ]]> Na bumm! Die Bayern schlagen den FC Barcelona im Halbfinal-Hinspiel der Champions League mit 4:0 – und das Resultat ist kein Zufall. Im Spiel von Peps zukünftiger Mannschaft gegen Peps ehemaligem Team setzten die Münchner den Katalanen vor allem mit dem Mut zu, selbst hoch zu pressen und sich nicht hinten einzuigeln. Barça hatte letztlich keine Chance und wurde in der zweiten Hälfte sogar regelrecht zerlegt.

Bayern München - FC Barcelona 4:0 (1:0)
Bayern München – FC Barcelona 4:0 (1:0)

So sehr Bayern München schon Barcelona ähnelt, bevor Pep Guardiola im Sommer übernehmen wird – bei Ballbesitz und Passgenauigkeit ist europaweit nur der FC Bayern halbwegs in der Nähe der Katalanen – war doch klar, dass sich eher die Bayern auf die Gäste einstellen würden als andersrum. So gab es einige sehr zentrale Faktoren in diesem Spiel.

Das Pressing der Bayern

Was das Pressing angeht, sind das ohne Zweifel die beiden weltbesten Mannschaften. Die Bayern hatten wiederum einen recht genauen und differenzierten Plan (wie das schon im Viertelfinale gegen Juventus der Fall war): Diesmal befand sich die Pressing-Linie etwa auf Höhe der Mittellinie, bzw. leicht in der gegnerischen Hälfte. Gomez stand recht tief und ging auf Busquets bzw. die Innenverteidiger, dazu rückten Schweinsteiger und Martínez oft rasch auf und stellten die Wege zu.

So taten sich die Gäste trotz 62 % Ballbesitz in der ersten halben Stunde – was für Barcelona-Verhältnisse eh relativ wenig ist – extrem schwer, wirklich in das Angriffsdrittel zu kommen und es wurden ungewöhnlich viele lange Bälle versucht. Ohne den wirklich durchschlagenden Erfolg, es dauerte bis zur 42. Minute, ehe die Gäste den Gastgeber erstmals mit spielerischen Mitteln wirklich am Strafraum herumhetzen konnte.

Hinzu kam, dass die Bayern, wenn sie den Ball halbwegs sicher hatten (Barcelona presst unter Vilanova auch nicht mehr ganz so exzessiv wie unter Guardiola), die Abwehrkette extrem weit nach vorne zu schieben traute. Das ist gegen Barcelona aufgrund ihrer Stärke im Bälle in den Rücken der Abwehr spielen extrem gefährlich, weil aber das Barça-Zentrum gut angegangen wurde, funktionierte das.

Der Kampf im Mittelkreis

Busquets, Xavi und Iniesta standen im Zentrum Schweinsteiger, Martínez und Müller gegenüber. Die Bayern agierten in diesem Bereich relativ strikt Mann gegen Mann – so übernahm Schweinsteiger die Bewachung von Xavi, sobald dieser die Mittellinie überquerte, und zwar auch horizontal. Ähnliches galt für Javi Martínez und Iniesta, während Müller in höherer Position zumeist gegen Busquets am Werk war.

Dieses theoretische 3-gegen-3 versuchten die Bayern zu ihren Gunsten zu drehen, indem sich Gomez oft recht tief fallen ließ und/oder Robben von der rechten Seite weit in die Mitte zog, um in diesem Bereich eine Überzahl herzustellen. Genau dieses zentrale Vorhaben sprach Müller nach dem Spiel auch im TV-Interview mit Sky an. Das Pressing (weiter hinten) setzte vor allem Xavi und Busquets zu, während Iniesta mit dem robusten Spiel von Martínez extreme Probleme hatte, zwar oft am Ball war, aber praktisch nichts Konkretes zu Stande brachte.

Die Herangehensweise auf den Flügeln

Mit den Flügel-Achsen Lahm/Robben und Alaba/Ribéry hatten die Bayern nominell einen haushohen Vorteil, was das Bespielen der Außenbahnen angeht, weil Barcelona üblicherweise die Flügel nur jeweils nur mit einem Spieler besetzt, mit Dani Alves rechts und Jordi Alba links. Wie massiv der Respekt von Vilanova gegenüber der Bayern-Flügelzange ist, zeigte die Art und Weise, wie er seine Außenstürmer Pedro und Sánchez spielen ließ. Diese agierten nämlich extrem zurückgezogen und testeten Lahm und Alaba kaum, sondern erwarteten die Vorwärtsläufe dieser beiden recht tief, während Dani Alves und Jordi Alba die vertikale Arbeit verrichteten.

Auf der linken Seite arbeitete Ribéry extrem viel nach hinten mit und half Alaba gegen Dani Alves, sodass dieser kaum einmal wirklich ein offensiver Faktor war. Erstaunlich, dass sich Pedro dennoch nie wirklich dazu durchringen konnte, konstruktiv in dieser Zone des Feldes mitzuarbeiten. Auf der anderen Seite rückte Robben wie erwähnt recht hoch ein und überließ Lahm die Seite, und weil auch hier Alba die Hilfe von Sánchez fehlte – und Lahm eine ausgezeichnete Partie ablieferte – brannte nichts an.

Die Vertikal-Läufe von Schweinsteiger und Martínez, die als Nebeneffekt Platz für die aufrückenden Außen der Bayern schafften, wurden hingegen nicht konsequent genützt.

Messi und die Bayern-Innenverteidigung

Keine Frage – von „wirklich fit“ oder „annähernd 100 %“ war Messi drei Wochen nach seiner im Hinspiel gegen PSG erlittenen Verletztung meilenweit entfernt. Ihm fehlte die gewohnte Spitzigkeit, die Mobilität und die Fähigkeit, unerwartete Haken zu schlagen. Ihm fehlte aber auch die Unterstützung der in diesem Spiel massiv gebundenen Xavi und Iniesta. Das erlaubte es den Bayern, eine relativ unkomplizierte Taktik im Verteidigen von Messi zu spielen.

Diese stützte sich in erster Linie auf Dante. Der brasilianische Wuschelkopf spielt ganz generell eine herausragende Saison, zudem hat er die Fähigkeit, ein Spiel zu lesen, ist sehr passsicher und auch ziemlich resistent gegen Pressing. Gegen den oft Richtung Pedro bzw. Xavi driftenden Messi geriet Dante nie in Panik, im Gegenteil, er rückte wenn nötig geschickt heraus und wurde von Boateng bzw. Alaba abgedeckt. Was auch möglich war, weil aus dem Barcelona-Mittelfeld zu wenig nachgerückt wurde und Pedro überhaupt keine Bedrohung darstellte.

Das logische Manöver, um die Bayern an der Spieleröffnung zu hindern, wäre ein konsequentes Anpressen von Boateng gewesen. Der ist ein solider Innenverteidiger, aber kein Künstler und auch keiner von der vor allem mentalen Statur eines Dante. Alleine – es passierte nicht.

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Dante war der Chef in der Bayern-IV, Boateng das brave Helferlein.

Obwohl Boatengs Rolle hauptsächlich in der von Dantes treuem Helferlein bestand. Drei von vier Bällen, die Boateng spielte, lieferte er bei Dante selbst oder bei Neuer ab; wenig überraschend passierten ihm dabei auch keine Fehler. War der Pass für jemand anderen gedacht (also für Lahm und Robben, in erster Linie), kamen fast die Hälfte der Bälle nicht an. Anspiele auf Javi Martínez gab’s praktisch keine.

Ganz anders bei Dante: Dieser gab den Ball oftmals kurz zum zurückgerückten Schweinsteiger, sehr oft rückte er auch hinaus auf die linke Seite und eröffnete von dort für die dann aufgerückten Alaba und Ribéry, während Schweinsteiger abkippte und im Zentrum absicherte.

Die Tore

Dass sich der Gegentor-Schnitt von Barcelona von 0,55 pro Spiel (2010/11) auf mittlerweile über eines pro Spiel verdoppelt hat, liegt sicher zu einem großen Teil auch an der zunehmenden Verletzungsanfälligkeit von Puyol, dazu fehlte auch Mascherano; Adriano Correia (der im Viertelfinale gegen PSG innen spielte) ist eher Außenverteidiger, Busquets wurde im Mittelfeld gebraucht – so musste Marc Bartra ran. Der ist zwar grundsätzlich auch kein Schlechter, aber es ist sicherlich kein Zufall, dass drei der vier Tore aus knapp der Grundlinie entlang gespielten Querpässen resultierten (das erste, das zweite und das vierte).

Hinzu kommt, dass sich Barcelona vor allem bei Kopfbällen oft erstaunlich billig ausmanövrieren ließ – dabei wäre Gerárd Piqué 1,92 Meter groß. Dass das zweite Tor Abseits war und das dritte wegen den Blocks von Müller an Alba auch nicht zählen hätte dürfen, soll nicht verschwiegen werden – allerdings hätten auch die Bayern einen Hand-Elfmeter zugesprochen bekommen müssen und dass kurz vor dem Ende Alba nicht die rote Karte sah, als er Robben den Ball ins Gesicht warf, ist ebenfalls kaum nachvollziehbar. Viktor Kassai – der schon ein CL-Finale (das von Barcelona gegen Man Utd 2011), ein WM-Halbfinale (jenes zwischen Deutschland und Spanien 2010) und ein Olympia-Finale (das 1:0 von Argentinien gegen Nigeria 2008) leitete – hatte einen ganz schlechten Tag, benachteiligte aber beide Teams.

Barcelona lässt Raum und wird bestraft

Nach dem 2:0 kurz nach dem Seitenwechsel rückte das Mittelfeld von Barcelona auf, um für mehr Druck zu sorgen – was letztlich dazu führte, dass Heynckes mit Luiz Gustavo (statt Gomez) mehr Stamina ins Zentrum brachte. Dabei vernachlässigte die Innenvertigung mit Piqué und Bartra aber das Nachrücken, wodurch zwischen diesem Duo und Busquets ein ziemlich massives Loch entstand.

Die Bayern zermürbten Barcelona schon vor dem Seitenwechsel mit ihrem blitzschnellen Umschalten von Defensive auf Offensive und sorgten in der Barça-Abwehr damit für einige Verwirrung, mit dem Platz zwischen den Reihen in der zweiten Halbzeit hatten sie folglich ihre helle Freude. Der Konter über Ribéry, der via Schweinsteiger zu Robben flink auf die andere Seite verlagert wurde, wo die Abwehr aus der Position gezogen war (und Alba, nachdem er von Robben überwunden war, von Müller weggecheckt wurde), war dafür ein Paradebeispiel. Genauso wie der Konter über Alaba, der zum 4:0 führte.

Fazit: Bayern von A bis Z besser

Ein bärenstarker Müller, der das Barcelona-Mittelfeld zur Verzweiflung trieb. Ein gewohnt laufstarker Schweinsteiger, der jener Regisseur war, der Xavi hätte sein sollen. Ein extrem cooler Dante, der sich um (einen zugegebenermaßen waidwunden) Messi kümmerte und das Spiel von hinten eröffnete: Die Bayern waren von Abwehr bis Angriff dem FC Barcelona klar überlegen. Den Katalanen gelang es gegen das geschickte Pressing der Bayern, die gerade im Mittelfeld ihre Physis extrem intelligent ausspielten, nie, ihren Ballbesitz wirklich dauerhaft in die Nähe des Bayern-Strafraums zu verlegen.

Dazu fehlte es auch an den Impulsen von der Bank. Es ist seit Jahren der wohl größte Kritikpunkt an Barcelona, dass es keinen Plan B gibt. Das galt aber in der Regel für Spiele gegen Teams, die sich mit neun Feldspielern hinten einigeln – nicht, wenn man selbst im Mittelfeld angepresst wird und der Gegner sich traut, selbst aktiv zu werden. Damit hatte etwa Spanien im EM-Semifinale gegen Portugal schon ganz große Probleme, und die Bayern setzten diese Taktik gnadenlos um. Nicht, indem sie versuchten, Barcelona jetzt zwingend den Ballbesitz zu nehmen. Sondern ohne den Ball die Kreise des Gegners einzuengen und mit dem Ball schnell umzuschalten und die defensiven Fragezeichen von Barça zu nützen.

Letztlich ist der Sieg vielleicht um ein Tor zu hoch, aber dennoch ist dies das erste Mal, dass Barcelona von einem Gegner nicht nur kontrolliert wird, sondern die Schwächen gnadenlos aufgedeckt werden und das Team komplett zerlegt wird. Inwieweit das ein Wendepunkt der Geschichte ist, um mal das ganz große Ganze anzusprechen, wird sich zeigen, schließlich hat derzeit bis auf die Bayern praktisch keiner die Qualität, dieses Spiel gegen Barcelona so durchzuziehen (wie ernst man die Clásico-Niederlagen zuletzt in Cup und vor allem der längst entschiedenen Meisterschaft nehmen kann, ist eine Streitfrage).

Aber auf jeden Fall haben die Bayern gezeigt: Barcelona ist zu schlagen, auch, wenn man sich nicht hinten einigelt.

(phe)

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Ohne Xavi und ohne Abwehr – aber Barça sieht noch stärker aus als vorher! https://ballverliebt.eu/2011/08/29/ohne-xavi-und-ohne-abwehr-aber-barca-sieht-noch-starker-aus-als-vorher/ https://ballverliebt.eu/2011/08/29/ohne-xavi-und-ohne-abwehr-aber-barca-sieht-noch-starker-aus-als-vorher/#comments Mon, 29 Aug 2011 21:33:04 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5601 Ohne Xavi und ohne Abwehr – aber Barça sieht noch stärker aus als vorher! weiterlesen ]]> Pep Guardiola ist drauf und dran, die Pyramide wieder umzudrehen! Ohne Xavi und ohne Puyol und Piqué, mithin eigentlich ohne Abwehr, kommt mit Fàbregas eine neue Komponente ins Barça-Spiel. Das sah gegen Villarreal wie ein 3-3-4 aus, mit dem man dem Gegner gehörig den Hintern versohlte.

FC Barcelona - Villarreal CF 5:0

Große Mannschaften versinken immer wieder – weil sie zu lange im eigenen Saft schmoren und sich in Zeiten des Erfolgs, bis zu einem gewissen Grad natürlich verständlich, nicht erneuern. Weil es ein Risiko mit sich bringt: Was, wenn das Neue nicht funktioniert? Dann wäre eine Blütezeit mutwillig früher zerstört worden, als es notwendig gewesen wäre.

Genau das macht der FC Barcelona nicht. Von vielen als beste Fußballmannschaft aller Zeiten gefeiert, holte man sich im Sommer neben Alexis Sánchez auch Cesc Fàbregas, und nicht wenige fragten sich: Wo soll der Ex-Arsenal-Kapitän in die Mannschaft passen, bevor Xavi altersbedingt kürzer treten muss; und was heißt das für Supertalent Thiago Alcantara? Und neben dieser geht Pep Guardiola auch andere Fragen nach der langfristigen Strategie schon jetzt auf den Grund. Wie etwa der Nachfolge von Carles Puyol.

Fusion der Positionen hinten…

Ein Blick in eine mögliche Zukunft ohne Xavi und Puyol lieferte das erste Spiel von Barcelona in der neuen Saison der Premiera Division gegen Villarreal, denn weder Puyol noch Xavi konnten auflaufen. So krempelte Guradiola nicht nur die Aufstellung um, sondern auch das System. Denn ein 4-3-3 war das beileibe nicht. Was es genau war? Das sprengt die geläufigen Zahlenkombinationen.

Hinten stand in jedem Fall eine Dreierkette, besetzt mit nur einem gelernten Verteidiger – Eric Abidal. Zentral (Sergio Busquets) und rechts (Javier Mascherano) waren zwei Sechser, zwei Spieleröffner aufgestellt. Ein Zugeständnis an die Spielweise praktisch aller Gegner von Barcelona, die sich hinten reinstellen: Eine echte Verteidigung ist schlicht nicht notwendnig. Busquets und Mascherano fangen mit ihrem überragenden Stellungsspiel viele Konter ab, vor allem durch ihre extrem hohe Positionierung oft schon im Keim.

…bedeuten mehr Optionen vorne

Was weiter vorne bedeutet, dass Guardiola mehr Optionen hat, weil er hinten Verteidiger und Sechser de facto fusioniert hat. Das öffnet die Tür für eine Formation mit Messi UND Fàbregas. Die sich in den Halbfeldern schräg vor Keita breitmachten, während auf den Einsatz von Außenverteidigern vom Stile eines Dani Alves – er war gesperrt – verzichtet wurde. Mascherano und Abidal mussten defensiv die Flanken dicht halten.

Somit waren sechs Spieler mit dezidiert offensiver Grundausrichtung übrig, die hinter sich nur potentielle Ballverteiler und Spieleröffner hatten. Vorne bildeten sich drei Pärchen: Auf der rechten Seite Thiago Alcantara hinter Alexis Sánchez, auf der linken Seite Iniesta hinter Pedro, und zentral Fàbregas und Messi.

Endzweck bleibt, der Weg dorthin nicht

Das heißt, dass auch ohne aufrückende Außenverteidiger der Druck über die Flügeln aufrecht erhalten wurde, was für den Plan im Zentraum auch dringend notwendig ist. Denn während die verteidigenden Außen (diesmal Oriol und Zapata) mit den Duos an der Seitenlinie beschäftigt waren, versuchten Messi und Fàbregas in der Mitte, durch ihre unberechenbaren Laufwege Löcher im Deckungsverbund zu reißen.

Durch das Spiel mit gleich zwei falschen Neunern bekommt Barcelona zwar aus dem Fluss heraus keinen Zugriff auf den Strafraum, das ist aber auch gar nicht das Ziel. Das war es und bleibt es auch weiterhin, das sich unweigerlich früher oder später auftuende Loch durch einen schnellen Lochpass auf den hineinsprintenden Spieler zu nützen. Und weil nun eben mit Fàbregas ein zweiter Spieler da ist, der sowohl das Auge hat solche Pässe zu spielen, als auch das Spielverständnis, sie zu antizipieren und als Empfänger bereit zu sein, wird es für eine Abwehr so gut wie unmöglich, über 90 Minuten den Einschlag zu verhindern.

Auch Villarreal spielt mit neuem System – umsonst

So war es auch diesmal – und wohlgemerkt, Villarreal ist nicht irgendeine Mannschaft. Das Team von Trainer Juan Carlos Garrido kam in praktisch gleicher Besetzung in der letzten Saison ins Semifinale der Europa League und wurde immerhin Vierter in der spanischen Meisterschaft. Für dieses Spiel rückte er von seinem vertrauten 4-2-2-2 ab und stellte sich in einem 4-2-3-1 auf, um nicht im Mittelfeld gnadenlos in Unterzahl zu kommen. Vergeblich.

Beim ersten Tor nahm Fàbregas Alcantara mit, dieser zog alleine zum Strafraum und schoss aus 15m zum 1:0 ein; kurz vor der Pause nützten Messi und Fàbregas ein sich bietendes Loch zum 2:0. Kurz nach dem Seitenwechsel reichte ein genialer langer Pass von Alcantara auf Sánchez, um die zu hoch stehenden Villarreal-Abwehr auszutricksen, und auch beim 4:0 lief es nach dem gleichen Muster: Ein schneller Pass reichte aus, um einen kleinen Stellungsfehler blitzschnell auszunützen. Villarreal musste mehr oder minder hilflos zusehen, wie aus allen Richtungen die Bälle einschlugen, die Verzweiflung ob dieser absoluten Chancenlosigkeit war etwa Borja Valero ins Gesicht geschrieben – er schien den Tränen nahe.

Luft raus nach dem 4:0

Nach einer Stunde war mit dem 4:0 natürlich längst alles entschieden, und so gab sich die Gelegenheit für Guardiola, ein wenig zu wechseln: Xavi (für Iniesta) und Jonathan (für Fàbregas) nahmen ziemlich exakt die gleichen Positionen ein, Villa tendierte etwas mehr zur Mitte als der für ihn aus dem Spiel gegangene Pedro.

Villarreal-Coach Garrido gab das Spiel dann auch auf und ramschte sein Mittelfeld mit Defensivleuten voll, um Messi und Fàbregas enger zu nehmen und so ein noch ärgeres Debakel zu verhindern. Nun stand vor der Vierer-Abwehrkette eine Dreierreihe aus defensiven Mittelfeldspielern (Senna, Marchena und Soriano), flankiert von zwei zumeist tief stehenden Flankenspielern (Wakaso links und Camuñas rechts). Ganz klappte das mit dem sicher stehen aber immer noch nicht: Ein flinker Pass von Messi raus auf Alcantara, ein punktgenauer Pass zurück, und schon stand’s 5:0. Die Luft war in der letzten halben Stunde aber schon deutlich entwichen.

Fazit: Dieser FC Barcelona muss einem Angst machen

So unglaublich es klingt: Dieser FC Barcelona, ohne Xavi als Ballverteiler im Zentrum und ohne Puyol als Vieh in der Abwehr, macht einen potentiell noch stärkeren Eindruck. Weil es dank des Verzichts auf eine nominelle Abwehr mehr Ballverteiler gibt, weil die Breite dennoch gegeben ist, und weil Messi und Fàbregas jetzt schon zuweilen miteinander harmonieren, als spielten sie schon seit Jahren zusammen.

Zudem macht das Spiel mit zwei technisch so unglaublich starken falschen Neunern das Verteidigen für die gegnerische Innenverteidigung de facto unmöglich: Bleibt man hinten, gewährt man den beiden Platz vor dem Strafraum. Rückt man raus, folgt sofort der Lochpass in den entstehenden Raum im Rücken und es schlägt ein.

Villarreal, wie erwähnt eine der stärksten Truppen aus dem Land des Weltmeisters, fehlte komplett der Plan, wie man gegen dieses Barcelona agieren soll und so bekamen die Submarinos Amarillas gehörig den Hintern verhauen. Sie werden aber garantiert nicht das letzte Team sein, dem es so geht.

Jonathan Wilson beschreibt in seinem Standardwerk „Inverting The Pyramid„, wie aus dem 2-3-5 der Anfangszeit immer mehr ein defensivdominiertes Spiel mit zuweilen einem 5-3-2 wurde. Pep Guardiola ist gerade dabei, die Pyramide mit diesem 3-3-4-ähnlichen System wieder zurückzudrehen. Womit er potentiell ein neues Kapitel der Fußballgeschichte aufschlägt.

(phe)

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Luiz Adriano beschenkt Barcelona https://ballverliebt.eu/2011/04/07/luiz-adriano-beschenkt-barcelona/ https://ballverliebt.eu/2011/04/07/luiz-adriano-beschenkt-barcelona/#comments Wed, 06 Apr 2011 23:47:54 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4512 Luiz Adriano beschenkt Barcelona weiterlesen ]]> Das 5:1 sieht klar aus. Die Spielanteile waren auch, wie immer, klar auf Seiten von Barcelona. Aber dennoch haben die Katalanen auch Glück, dass vor allem Luiz Adriano mehrere Sitzer vergab und so Shachtar der realistischen Möglichkeit beraubt, ins Semifinale einzuziehen…

FC Barcelona - Shachtar Donetsk 5:1

Was kann man gar nicht brauchen, wenn man für ein Champions-League-Viertelfinale ins Camp Nou fährt? Genau – zwei verletzte Stamm-Innenverteidiger… Shachtar-Coach Mircea Lucescu musste auf Tchigrinski und Kutcher verzichten, und die Vertreter Ischenko und Rakitski waren der Aufgabe nicht ganz gewachsen. Das waren einige andere in der Mannschaft der Ostukrainer aber auch nicht.

Lucescu ließ sein gewohntes 4-2-3-1 auflaufen, mit den vier Brasilianern in der Offensive. Vor allem zu Beginn waren die vier auch durchaus im Spiel, mit schnellen Kontern über vor allem über Jadson versuchten die tief stehenden Ukrainer, Nadelstiche zu setzen und auch zu Zählbarem zu kommen. Das hätte auch ein, zweimal tatsächlich funktioniert – auch, weil Barcelona nach der frühen Führung durch Iniesta kurzzeitig etwas nachlässig agierten.

Einziger kleiner Hingucker in der Aufstellung von Barcelona war die Tatsache, dass David Villa auf der rechten Seite spielte, statt auf der linken – dort agierte diesmal Iniesta, mit Seydou Keita dahinter im Halbfeld. Ansonsten war das natürlich Barcelona, wie man Barcelona kennt: Viel Ballbesitz, schnelle Pässe, große Flexibilität im Positionsspiel und, zumindest zu Beginn, massiven Pressing nach Ballverlusten.

Shachtar lässt sich auseinander reißen

Die Katalanen machten einen hervorragenden Job darin, die Formation der Ukrainer auseinander zu ziehen und in die entstehenden Löcher zu stoßen. Shachtar versuchte, zentral dicht zu stehen und machte den Strafraum zu, davor waren mit Mchitarian und Hübschmann zwei zusätzliche dezidiert defensive Leute aufgestellt.Angesichts der Tatsache, dass vor allem Rat (aber auch Srna) oft weit einrückten und die brasilianischen Flügel vor ihnen die entstehenden Ecken nicht schlossen – sie passten auch auf Villa und Iniesta auf – gelang es Barcelona, mit hohen und schnellen Seitenwechseln den Gegner zu schnellem Verschieben zu zwingen, was nicht immer gelang.

Dani Alves und Adriano Correia bearbeiteten die Flügel und verursachten bei Rat und Srna durchaus Unsicherheiten. Denn gingen sie mit den offensiven Außenverteidigern mit, konnten Iniesta und (vor allem) Villa in ihrem Rücken in den Strafraum stechen; blieben sie etwas zentraler in Strafraumnähe, flankten Alves und Adriano ins Zentrum. Und dort war vor allem Ischenko ein Unsicherheitsfaktor.

Schon nach einer Viertelstunde versandeten die davor durchaus gefährlichen schnellen Gegenstöße von Shachtar zunehmend und es wurde (zu bald, aus Sicht der Gäste) eine reine Abwehrschlacht. Die Ukrainer versuchten so gut es ging, Barcelona um den Strafraum herum spielen zu lassen bzw. den Gegner möglichst von selbigem wegzuhalten, doch auch das funktionierte nicht immer – so fand ein toller Pass von Iniesta aus dem linken Halbfeld den von der rechten Seite in den Strafraum stürmenden Dani Alves. Ischenko hatte das Abseits aufgehoben, und schon stand es 2:0.

Luiz Adrianos schlimmer Tag

Die Spielweise von Lucescus Mannschaft war zwar ungewohnt defensiv, aber angesichts des Gegners durchaus verständlich. Und hätte Sturmspitze Luiz Adriano nicht gar so einen schlechten Tag gehabt, es hätte dennoch ein gutes Resultat werden können. Nachdem er schon in der ersten Halbzeit ein, zwei sensationelle Möglichkeiten kläglich vergab, versprang dem Brasilianer auch kurz nach Wiederbeginn eine punktegenaue Flanke von Razvan Rat.

Doch anstatt den 1:2-Anschluss zu erzielen, ließ sich Luiz Adriano kurz darauf von einer ins Backfield gespielten Xavi-Ecke düpieren, er ließ Piqué unbedrängt abziehen, und es stand 3:0 für Barcelona. Die Endscheidung in diesem Spiel, aber für Shachtar ging es weiterhin darum, sich eine zumindest machbare Ausgangsposition für das Rückspiel zu verschafffen – und angesichts der Heimstärke dürfen die Ukrainer da mit Fug und Recht vielleicht sogar als leichter Favorit gesehen werden. Und als Rakitski einen Srna-Freistoß zum 1:3-Anschlusstor ins Netz ablenkte, schien dieses Vorhaben trotz Luiz Adrianos Horror-Tag zu gelingen.

Barça lässt Ball und Gegner laufen

Wenn nicht 54 Sekunden später Keita sofort das 4:1 erzielt hätte. Mit dem erneuten Drei-Tore-Vorsprung im Rücken und gegen eine nun doch sichtlich geknickte Mannschaft aus Donetsk fiel es Barcelona nun nicht allzu schwer, den Ball im Mittelfeld zu kontrollieren, ohne wirklich noch zwingend auf einen fünften Volltreffer zu gehen. Daran änderten auch Lucescus Wechsel (Fernandinho statt Jádson im Zentrum, Teixeira statt Willian auf links) nichts.

Und doch war es zehn Minuten vor Schluss wieder Luiz Adriano, der mit seinem Pfostenschuss einen weiteren Sitzer vergab. Und 2:4 wäre noch ein erträgliches Resultat gewesen – doch Xavi machte im Gegenzug nach einer Hereingabe des überragenden Dani Alves das 5:1. Damit ist nach menschlichem Ermessen im Rückspiel nicht mehr mit einem Ausscheiden von Barcelona zu rechnen. Der Clásico im Semifinale kann kommen!

Fazit: Shachtar macht’s sich selbst schwer

Natürlich, Donetsk spielte defensiv. Das hätte aber wunderbar funktioniert, wenn nicht Luiz Adriano alleine von den drei Toren, die er mit seinen Chancen machen MUSS, kein einziges tatsächlich macht. So steht statt einem 3:5 oder 4:5 ein äußerst ernüchternden 1:5, das den eigentlich so bärenstarken Ukrainern jede realistische Chance nimmt, noch ins Halbfinale einzuziehen. In der Tat hat Shachtar in dieser Saison jedes Spiel in der Champions League gewonne – bis auf dieses hier und das 1:5 im Herbst bei Arsenal, als man den Gunners ins offene Messer lief. Das de facto als ukrainischer Meister feststehende Team wird auch kommende Saison ein Team sein, mit dem man rechnen muss.

Barcelona hat das gespielt, was Barcelona immer spielt. Und trotz der fünf eigenen Treffer muss Barça durchaus froh sein, dass die blitzschnellen Konter, mit denen vor allem Busquets als Aushilfs-Innenverteidiger nicht immer mitkam, vom Gegner nicht kosequenter ausgenützt wurde. Klar waren die Hausherren überlegen und gewannen auch verdient, aber so klar, wie es am Ende aussieht, hätte es beileibe nicht kommen müssen.

Gut für Barcelona aber, dass man nun nicht mehr mit einem allzu knappen Ergebnis in den Hexenkessel Donbass-Arena fahren muss.

(phe)

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Finale – Fußballer vs. Zerstörer 1:0 https://ballverliebt.eu/2010/07/12/finale-fusballer-vs-zerstorer-10/ https://ballverliebt.eu/2010/07/12/finale-fusballer-vs-zerstorer-10/#comments Mon, 12 Jul 2010 15:27:48 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2452 Finale – Fußballer vs. Zerstörer 1:0 weiterlesen ]]> Südafrika 2010 – Finale | Danke, Iniesta: Er bewahrte die Fußballwelt vor einem Weltmeister, der über 120 Minuten nur getreten, gemotzt und zerstört hat und gar nicht erst versucht hat, Fußball zu spielen. Das späte 1:0 macht aus Spanien einen korrekten Titelträger.

Spanien – Holland 1:0 n.V.

Spanien - Holland 1:0 n.V.

ARD-Stammtischbruder Paul Breitner hatte Recht. „Weil’s nix bringt“, meinter er auf die Frage, warum das deutsche Team im Semfinale gegen Spanien nicht körperlicher gespielt habe. „Du kriegst Gelb, dem Spanier ist die Attacke aber wurscht und er wickelt dich zwei Minuten später genauso ein. Und du kannst nimmer gscheit hingehen, weilst sonst vom Platz fliegst!“ Die Holländer hatten ihn offenbar nicht gehört, denn das Hauptkonzept von Oranje im Finale war: Niedertreten, alles was nicht bei drei auf den Bäumen ist.

Zu Beginn des Spiels lief alles wie erwartet: Spanien krallt sich sofort den Ballbesitz, die Holländer stehen – wie schon die Deutschen im Semifinale – zunächst zu tief. Die Folge: Schon nach zehn Minuten hatten die Spanier drei hochkarätige Tormöglichkeiten vorgefunden. Die Seleccion trat ebenso wie das Oranje-Team in der erwarteten Aufstellung an, jedoch spielte Pedro nicht so aktiv wie im Semifinale. Er war nominell auf der rechten Außenbahn aufgestellt, hielt sich aber tatsächlich sehr viel in der Mitte auf, beinahe als hängende Spitze hinter Villa.

So blieb Ramos die rechte Seite weitgehend alleine überlassen, was zu Beginn gegen den langsamen Van Bronckhorst auf ganz gut funktionierte. Ramos und Cadevila die Dribbler über die Außen, Xavi und Iniesta die schnellen Passgeber im Zentrum – alles keine Überraschung. Nach etwa einer Viertelstunde fingen die Holländer allerdings zum einen an, höher zu stehen und wesentlich früher und wesentlich konsequente zu Pressen, zudem stiegen sie nun desöfteren ziemlich rustikal ein. Nicht nur die Brutalo-Fouls von Van Bommel (der Iniesta aus vollem Lauf das Standbein umtrat) und De Jong (der Kickboxer gegen Xabi Alonso), die beide ohne Wenn und Aber mit klaren roten Karten geahndet hätten werden müssen – es gab jeweils nur Gelb – sondern viele kleine Fouls im Mittelfeld, um den Spielfluss der Spanier zu stören.

Was wunderbar funktionierte. Den Spaniern gelang es nun praktisch gar nicht mehr, wirklich konstruktiv in Richtung des holländischen Strafraums zu kommen, Kuyt drängte Ramos vermehrt nach hinten (wodurch Van Bronckhorst deutlich entlastet wurde) und Robben beschäftigte nun Capdevila, der oft von Xabi Alonso beim Doppeln von Robben unterstützt wurde. Somit erfüllten Robben und Kuyt ihre Aufgabe: Das Abstellen der spanischen Flanken. Denn wenn man den Spaniern die Seite nimmt und das Aufbauspiel ins Zentrum zwingt, lassen sich Räume gut zustellen. Das schafften Podolski/Boateng und Lahm/Trochowski im Semifinale nicht, den Holländern gelang es schon.

Allerdings hieß das, das auch das Oranje-Aufbauspiel über das Zentrum zu gehen hatte. Kuyt beschäftigte zwar Ramos, kam aber sonst nicht zur Geltung und mehr als Eckbälle konnte der auf sich alleine gestellte Robben nicht produzieren. So blieb den Holländern nur noch die Option über 50m-Pässe in Richtung Van Persie und Sneijder (letzterer agierte wie gewohnt als hängende Spitze), welche aber entweder sichere Beute von Casillas, Puyol und Piqué wurden, oder – noch viel öfter – gleich irgendwo im Nirvana endeten, ohne Chance, jemals einen Mitspieler zu erreichen. Das logische Resultat zur Pause war somit das 0:0.

Nach der Pause taute dann Iniesta, der von Mark van Bommel ziemlich in die Mangel genommen worden war, deutlich auf. Er wich nun vermehrt auf die linke Seite aus, wo der holländische Außenverteidiger Gregory van der Wiel keinen allzu guten Tag hatte. Wenn immer sich Iniesta nun aus der Umklammerung von Van Bommel lösen konnte, wurde es gefährlich, vor allem, nachdem auch Innenverteidiger John Heitinga nach seiner Verwarnung viel vorsichtiger in die Zweikämpfe gehen hatte müssen. Iniesta rochierte zudem mit Villa, sodass Van der Wiel, sollte Iniesta doch wieder in die Mitte ziehen, weiterhin beschäftigt war.

Nach einer Stunde brachte Del Bosque dann Jesús Navas für den diesmal eher enttäuschenden Pedro, um die Oranje-Schwachstelle Van Bronckhorst kosequenter anzubohren. Mit Erfolg: Navas brachte über seine linke Seite nun viel mehr Wirbel, als der nicht allzu positionstreue Pedro das vor ihm tat. Offensiv war Van Bronckhorst nun komplett aus dem Spiel, defensiv hatte er einige Probleme. Durch Iniesta (mit dem fleißigen Capdevila) auf der einen und dem wuseligen Navas auf der anderen Seite gelang es den Spaniern, ihre vor der Pause abgeschalteten Flügel wieder deutlich zu beleben.

Alleine, Torerfolg wollte keiner gelingen. So hätten sich die Spanier nicht wundern müssen, hätte Robben eine der beiden krassen Unachtsamkeiten in der Defensive ausnützen konnte: Die Abwehrreihe war jeweils zu weit aufgerückt, ein Pass in den Lauf des nun auch mehr durch die Mitte ziehnten Robben, und zwei Mal wäre es fast geschehen, allerdings klärte in beiden Szenen Casillas hervorragend – in der zweiten hatte Puyol zudem etwas Glück, nicht mit seiner zweiten Gelben vom Platz zu müssen. In diesen wenigen Szenen blitzte auf, dass die Holländer ja durchaus ansehnlichen Fußball spielen könnten.

Was man den Spaniern hoch anrechnen muss ist die Tatsache, dass sie sich (von Iniestas kurzem Auszucker abgesehen) von den holländischen Härteeinlagen nie wirklich aus der Ruhe bringen ließen, und auch keine dummen Fouls begingen – die meisten Verwarnungen für die Spanier nach der Pause resultierten aus notwendigen, taktischen Vergehen. Auf der anderen Seite gab es nun zwar keine wirklich böswilligen Attacken mehr auf die Gesundheit der Gegenspieler, aber durch permanentes In-den-Mann-Gehen schafften es die Holländer auch in der zweiten Hälfte, einen wirklich durchgängigen Spielfluss bei den Spaniern nie aufkommen zu lassen. Diese zogen zwar in einzelnen Szenen immer wieder das Tempo an (vor allem Navas, aber auch Iniesta), wirklich schwere Bäller musste Oranje-Keeper Stekelenburg aber nicht pararieren – so ging es also in die Verlängerung.

Fàbregas, der für Xabi Alonso gekommen war, ermöglichte es Xavi, nun etwas mehr aus der Tiefe zu kommen. Die Spanier haben eingesehen, dass sie zu ihrem Kurzpass-Spiel in diesem Finale nicht mehr kommen würden, und stellten dahingehend um – Xavi als Passgeber, um die Offensivkräfte vor ihm für Sololäufe in Szene zu setzen. Navas, Iniesta und Fàbregas fanden in der ersten Hälfte der Verlängerung jeweils schon auf diese Art und Weise Möglichkeiten vor.

Van Marwijk nahm mit De Jong einen Sechser raus und brachte mit Rafael van der Vaart einen weiteren Offensiven – zumindest nominell. In der Praxis musste nämlich Van der Vaart beinahe auf einer Höhe mit Mark van Bommel ebenso im defensiven Mittelfeld auflaufen und konnte so offensiv für keinerlei Akzente sorgen. Das sollte aus Sicht der Holländer jedoch Edson Braafheid, der zwar ebenso Linksverteidiger ist wie der mit Navas leicht überforderte Giovanni van Bronckhorst, für den er gekommen war, allerdings zum einen als schneller gilt (was gegen Navas wichtig war), als auch als mutiger in der Vorwärtsbewegung.

Als dann mit John Heitinga sich dann endlich doch noch ein Holländer den wohlverdienten Ausschluss abgeholt hatte, musste Mark van Bommel in die Abwehrzentrale zurück. Der für Villa ins Spiel gekommene Torres (der einmal mehr wirkungslos blieb und nur durch seine Zerrung ohne Fremdeinwirkung auffiel) konnte dies nicht nützen, die Überzahl half aber ohne Frage beim entscheidenden Tor. Dieses fiel nämlich genau über das Loch, das der Neu-Verteidiger Van Bommel im Mittelfeld riss und welches Van der Vaart nicht gut genug abdecken konnte. Abseits war es keines, Van der Vaart stellte sich etwas ungeschickt an, und Iniesta traf völlig freistehend zum verdienten 1:0. Das war natürlich die Entscheidung: Mit einem Mann weniger und einem solchen Nackenschlag im Gepäck war es den Holländern nicht mehr möglich, nach 115 Minuten Zerstören plötzlich auf Fußball umzustellen.

Fazit: Mit Worten wie „armselig“, „erbärmlich“, „widerlich“, „ekelhaft“ und „skandalös“ warf sky-Kommentator Marcel Reif im Zusammenhang mit dem Holzhacker-Auftitt der Holländer nur so um sich – und er hatte mit jedem einzelnen damit absolut Recht. Noch schlimmer ist es allerdings, dass sich Oranje nach dem Spiel ausgerechnet auf Schiedsrichter Howard Webb ausredeten. Das einzige, was man dem Engländer vorwerfen muss ist, dass er nicht schon viel früher angefangen hat, Holländer vom Platz zu stellen.

Was das Spiel selbst angeht sind die Spanier ohne jeden Zweifel der verdiente Sieger, weil sie diejenige Mannschaft waren, die zumindest versuchten, ein Fußballspiel zu absolvieren und sie haben sich von der Brutalo-Gangart der Holländer praktisch nicht aus der Fassung bringen lassen. Mit der Ruhe, welche die Spanier schon im ganzen Turnierverlauf auszeichnete, wartete die Seleccion geduldig auf die Chancen, und letztlich wurde eine davon genützt.

(phe)

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