holland – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Fri, 18 Jun 2021 08:11:33 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Erschütternd harmlos: Österreich in Holland ohne echte Torchance https://ballverliebt.eu/2021/06/17/erschuetternd-harmlos-oesterreich-in-holland-ohne-torchance/ https://ballverliebt.eu/2021/06/17/erschuetternd-harmlos-oesterreich-in-holland-ohne-torchance/#comments Thu, 17 Jun 2021 21:57:52 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17552 Erschütternd harmlos: Österreich in Holland ohne echte Torchance weiterlesen ]]> Mit einer ausgesprochen dünnen Vorstellung verliert Österreich das zweite Gruppenspiel der EM gegen Holland in Amsterdam mit 0:2. Nach dem frühen Rückstand gab es keine Idee, wie man in Abschlusspositionen kommen sollte. Je länger das Match dauerte, umso mehr fiel das österreichische Spiel in sich zusammen. Letztlich muss man nach dieser erschütternd harmlosen Darbietung froh sein, nur 0:2 verloren zu haben.

Holland – Österreich 2:0 (1:0)

Die Formationen

Foda brachte die exakt gleiche Formation im grundsätzlich gleichen System wie beim Auftaktsieg gegen Nordmazedonien. Einziger Unterschied: Gregoritsch begann in der Spitze statt Kalajdzic. Im Ganzen standen die Wing-Backs aber deutlich tiefer. War vor allem Ulmer im ersten Spiel noch auf Höhe des gegnerischen Sechzehners herumgeturnt, war gegen die Niederlande das System ein klares 5-3-2.

Bei Oranje war De Ligt nach seiner leichten Blessur zurück, er spielte zentral in der Abwehr-Dreierkette; De Vrij rückte nach rechts, Timber rotierte auf die Bank. Wie beim turbulenten 3:2 gegen die Ukraine war es wieder ein 3-5-2 mit einem sehr fluiden Mittelfeld-Zentrum.

Die Anfangsphase

Die Niederländer überließen Österreich zu Beginn den Ball und ließen es zu, dass das ÖFB-Team sich damit ins Mittelfeld spielt – dort wurde aber schnell um den Ballführenden verdichtet und österreichische Ballverluste provoziert. Die Österreicher liefen ihrerseits bereits die holländische Spieleröffnung an und es wurde in dieser Anfangsphase auch gut von hinten nachgepresst – so hatten es auch die Gastgeber schwer, sich zu befreien.

Aus einem der provozierten Ballverluste im Mittelfeld resultierte letztlich auch die Szene nach acht Minuten, in der Alaba Dumfries an genau dem einen Körperteil traf, den der Holländer innerhalb des Strafraumes hatte. Depay ließ sich die Chance nicht entgehen und traf per Elfmeter zum frühen 1:0 für die Niederlande.

Holland mit vollem Zugriff im Zentrum

Gegen die Ukraine wirkte das extrem fluide Zentrum mit De Jong, De Roon und Wijnaldum eher wie ein Risikofaktor. Das war gegen Österreich anders, und das hatte einen simplen Grund: Die Ukraine zwangen Holland den Ball auf – nun hatte Österreich den Ball. So konnte sich das Trio genüsslich so positionieren, dass man idealen Zugriff auf den ballführenden Österreicher bekam bzw. die Dreierkette des ÖFB-Teams so anlaufen, dass deren Möglichkeiten im Aufbau streng limitiert waren.

So stellte sich nämlich Wijnaldum, nominell als Zehner aufgeboten, gegen den Ball de facto als Rechtsaußen auf und verunmöglichte so Martin Hintereggers Eröffnungspässe sehr geschickt. Weil auch Alaba und Dragovic mit Weghorst und Depay quasi direkte Gegenspieler hatten, die sie beim Herausspielen störten, kam das ÖFB-Spiel nie mehr wirklich in Schwung.

Österreich macht Pressinglöcher auf

Nach etwa 25 Minuten rückte Xaver Schlager von der Sechs vermehrt nach vorne auf, um im Anlaufen der holländischen Eröffnung zu helfen. Anders als in den ersten 10 Minuten des Spiels erfolgte nun aber keinerlei Abdecken im Rücken der „Pressing“-Welle mehr, wodurch sich Löcher ergaben.

Noch deutlich auffälliger war dies bei Konrad Laimer, der in mehreren Situationen einen Holländer anlief – zumeist war es De Jong – aber Lainer hinter ihm nichts tat, um zu verhindern, dass die Gastgeber genau in den in Laimers Rücken entstandenen Freiraum spielen konnte. Dadurch passierte genau das und der Ball war in kürzester Zeit am österreichischen Strafraum.

Lainer offensiv ohne Impulse – aus Gründen

War Lainer gegen Mazedonien noch ein offensiver Schwungbringer auf der rechten Außenbahn, gab es diesmal praktisch überhaupt keine Impulse von ihm. Das hat einen ganz simplen Grund: Er war einfach völlig in der Defensive gebunden, da das Quartett mit Blind, De Jong, Van Aanholt und Depay nach Belieben schalten konnte und mit Laimer und Lainer nur zwei echte Gegenspieler auf dem Weg nach vorne hatte.

So war das österreichische Team im 5-3-2 nach hinten gedrückt, ohne jegliche Strategie, wie man mit der limitierten Manpower nach vorne kommen sollte, geschweige denn, sich in Abschlusspositionen zu bringen. Der Expected-Goals-Wert in der ersten Hälfte betrug erschütternde 0,06 Tore – verglichen mit 1,68 bei den Niederländern. Neben dem Elfmeter hatte Depay noch zwei weitere gute Chance (24., Außennetz sowie 40., aus kurzer Distanz drüber); auch Wijnaldum hätte schon für das 2:0 sorgen können (41.).

Das Spiel zerfällt in die Einzelteile

Für die zweite Halbzeit war genau gar kein Impuls zu sehen, der dem Team in der Pause mitgegeben worden wäre. Im Gegenteil: Man lief die Holländer immer wieder an, aber völlig ohne Strukturen dahinter. Man versuchte schon aufzubauen, aber ohne jeden Esprit und Plan. Man war schon versucht, keinen weiteren Gegentreffer zu kassieren, aber konsequent verteidigt wurde auch nicht.

Das Spiel des ÖFB-Teams zerfiel komplett in seine Einzelteile. Es wirkte, als wären elf Spieler auf dem Feld, von denen jeder einzelne eine Idee suchte, wie man das Match irgendwie in die Hand nehmen könnte, und letztlich spielten darin alle aneinander vorbei.

Keine Idee vorhanden

Holland überließ Österreich in dieser Phase wieder mehr den Ball – am Ende standen 53 Prozent Ballbesitz für das ÖFB-Team zu Buche – und die Österreicher rückten auch mit der Abwehrlinie bis zur Mittelinie auf. Es waren nur überhaupt keine Laufwege zu erkennen, kein übergeordneter Plan. So war der Raumgewinn überschaubar, es gab keinen Druck auf den Gegner bei den sich nun dramatisch häufenden Fehlpässen.

Beim 0:2 nach rund einer halben Stunde wurde einer dieser Ballverluste genützt, um schnell umzuschalten, innerhalb von wenigen Sekunden in eine gute Abschlussposition zu kommen und durch den rechten Wing-Back Dumfries zu treffen.

Österreich hingegen blieb behäbig, ideenlos und auf der Suche nach Einzelaktionen, die nicht kamen. Der ballführende Österreicher musste stets schauen, sich selbst aus Drucksituationen zu befreien, weil niemand zur Hilfe kam.

Seltsame Umstellung

Nach 70 Minuten wechselten Alaba und Hinteregger wieder ihre Plätze. Der Move, der gegen die Mazedonier das Spiel wieder unter Kontrolle brachte, verpuffte aber wirkungslos. Etwa zur gleichen Zeit kam Lazaro für Baumgartner, wodurch sich bei Österreich ein eher seltsames 3-1-5-1 ergab. Auch diese Umstellung verpuffte: Weder erhielt man dadurch verstärkten Zugriff auf das Zentrum, noch wurde dadurch irgendetwas in puncto Strafraumbesetzung besser.

Ab der 70. Minute packte Österreich endgültig die Brechstange aus – aber mit nur einem Stürmer (Kalajdzic), und selbst der zog sich immer wieder ins Mittelfeld zurück.

Im Gegenteil, der nach einer Stunde für den wirkungslosen Gregoritsch eingewechselte Kalajdzic ließ sich teilweise sogar in die eigene Hälfte fallen, um sich dort die Bälle abzuholen. Erst die Einwechslung von Onisiwo in den letzten Minuten brachte eine Ahnung von Schwung ins österreichische Spiel, aber es war natürlich too little, too late.

Fazit: Man machte es Holland leicht

Der holländische Sieg stand spätestens mit dem Tor zum 1:0 nach elf Minuten niemals auch nur im Ansatz in Frage. Der Umstand, dass das ÖFB-Team zunächst im Mittelfeld die Nerven verlor und Pressingläufe nicht abgedeckt wurden, machte es Oranje leicht, Kontrolle auszuüben. Dass die Vorstellung des österreichischen Teams in der zweiten Halbzeit selbst mit „Stückwerk“ noch wohlwollend umschrieben ist, erlaubte der Niederlande einen Heimsieg, der ohne größere Anstreungung unter Dach und Fach gebracht werden konnte.

Man konnte die eklatanten Schwächen des ÖFB-Teams durch die offenkundig nicht vorhandenen einstudierten Spielzüge mit Leichtigkeit nützen. Man konnte den ballführenden Österreicher stets schnell isolieren, weil niemand zum helfen nachrückte. Man konnte die hohe Abwehrlinie der Gäste nützen, weil Österreich extrem viele leichte Ballverluste provozierte. Und man kam defensiv nie ins Wackeln, weil das Team von Franco Foda stets das Tempo herausnahm, anstatt im Vorwärtsgang Tempo aufzunehmen.

Eben weil niemand da war, der die gleiche Idee hatte wie ein Teamkollege.

Das 0:2 bedeutet nun, dass ein Remis gegen die Ukraine nicht reicht, um die Gruppe als Zweiter zu beenden. Die Rechnung ist nun also relativ leicht: Besiegt man die Ukraine, ist Österreich als Gruppenzweiter weiter und trifft höchstwahrscheinlich im Achtelfinale auf Italien. Mit einem Remis ist man auf vier Punkten und damit als Gruppendritter so gut wie sicher auch im Achtelfinale. Und bei einer Niederlage muss man hoffen, dass es sich mit drei Punkten und einer negativen Tordifferenz noch ausgeht.

Das kann klappen. Kann aber auch danebengehen.

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ÖFB-Frauen bestätigen EM-Form bei Test gegen Holland https://ballverliebt.eu/2017/10/20/oesterreich-holland-test-frauen-nebel/ https://ballverliebt.eu/2017/10/20/oesterreich-holland-test-frauen-nebel/#comments Fri, 20 Oct 2017 08:56:22 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=14244 ÖFB-Frauen bestätigen EM-Form bei Test gegen Holland weiterlesen ]]> Österreichs Fußball-Frauen zeigen im Testspiel gegen Europameister Holland eine stabile Defensivleistung, dazu gab es insgesamt drei Stangen- bzw. Lattenschüsse. Der „Nebel-Test“ von St. Pölten, welcher nach zwei Gegentoren aus Standards mit einer 0:2-Niederlage endete, bestätigte die bei der EM gezeigte, grundsätzliche Stärke des Teams.

Rein von der Systemgestaltung spielte Österreich wie bei der EM: Ein 4-1-4-1 im Ballbesitz und ein 5-4-1 mit Puntigam in der Abwehr, wenn der Europameister aus den Niederlanden den Ball hatte – und zuweilen, das war neu, auch eine Sechserkette hinten. „Um die Flügelspielerinnen besser kontrollieren zu können“, wie ÖFB-Teamchef Thalhammer erklärte. Diese Variante kam situativ vor allem in der Anfangsphase des Spiels zum Einsatz.

In Grundzügen war es jene Spielweise, die auch schon im EM-Viertelfinale Spanien nicht knacken konnte. Im Hinblick auf das WM-Quali-Spiel gegen Spanien in Palma de Mallorca in einem Monat war es also eine Schärfung der Stärken.

Der Nebel beeinträchtigte vor allem die Beobachtung des Spiels, aber auch auf dem Feld war er durchaus ein Thema, wie Jackie Groenen nach dem Match bestätigte: „Wenn der Ball normal im Spiel war, ging’s, aber wenn die hohen Bälle kamen, war das diffus blendende Flutlicht schon ein Problem, weil man den Ball nicht auf sich zukommen sah!“

Ich habe ehrlich versucht, Taktik-Bilder zu machen. Aber bei dem Nebel… sinnlos.

Da das Spiel grundsätzlich der gewohnten Grund-Strategie folgte, hier einige Detail-Betrachtungen.

Gegner auf Vertikalspiel limitiert

Der Europameister verzichtete auf Flügelrakete Van de Sanden (verletzt, statt ihr spielte Beerensteyn) und zunächst auch auf Sturmspitze Miedema (angeschlagen). Jill Rood spielte als nominelle Center-Stürmerin in einem 4-3-3, aber tatsächlich rückte die gelernte Mittelfelspielerin in ihr gewohntes Umfeld zurück, agierte als Falsche Neun.

Vermutlich erhoffte sich Bondscoach Sarina Wiegman dadurch einen numerischen Vorteil im Raum zwischen Fünfer-Abwehr und Vierer-Mittelfeld bei Österreich, aber der Effekt verpuffte – Österreich kontrollierte den Zwischenlinienraum wieder sehr gut und limitierte Holland (ähnlich wie Spanien im EM-Viertelfinale) auf Querpässe zwischen Mittelinie und österrechischen Sechserraum.

Räume für Ballführende gut eng gemacht

Früher oder später war Holland gezwungen, mal einen Risikoball zu spielen. Dieser Pass kam auch immer wieder an, aber Österreich schaffte es durch schnelles Doppeln sehr gut, den Raum für die Ballführende eng zu machen, sie in einen Zweikampf zu verwickeln und den Schwung aus dem gegnerischen Angriff zu nehmen. Sehr selten gelang es Holland, sich in den Strafraum der Österreicherinnen zu spielen. Es gab längere Ballbesitzphasen, aber wenige Lösungen. Fast folgerichtig fielen beide Tore zum 2:0-Sieg der Europameisterinnen aus Standards (erst Freistoß, dann Ecke).

Holland wirkte auch deswegen so statisch, weil mit der bulligen Beerensteyn statt der Sprinterin Van de Sanden auf dem rechten Flügel ein wichtiges Element im Spiel der Oranje Leeuwinnen fehlte. Van de Sanden kann mir ihrem Tempo seht gut Abwehrreihen auseinander ziehen und Unordnung in den Gegner bringen. Ohne Van de Sanden gelang es Holland nie, Tempo ins Spiel zu bringen.

Ganz anders war es noch bei Österreichs Test in Holland im Juni: Da waren den ÖFB-Frauen die holländischen Tempo-Gegenstöße nur so um die Ohren geflogen, wenn sie gefühlt auch nur zwei Meter aufgerückt waren.

Hohes Aufrücken in Ballbesitzphasen

Wenn Österreich den Ball erkämpft hatte, ging es im Umschalten sehr schnell in die vertikale Richtung. Dabei fehlte zwar oft die Präzision und es war auch oft ein wenig Kopf-durch-die-Wand, dennoch gelang es immer, sich halbwegs im Angriffsdrittel festzusetzen.

Wenn die ÖFB-Frauen in Ballbesitz waren und sie den Ball in der gegnerischen Hälfte fixiert waren, trauten sie sich, hoch aufzurücken – und zwar mit der Abwehr-Kette an die Mittellinie. Das mahnte Carina Wenninger auf dem Feld auch selbst ein. „Dennoch: Es geht gegen Holland immer auch um die Konterverhinderung“ meinte Dominik Thalhammer nach dem Spiel.

Schiechtl gegen Martens

Die lange, wegen ihrer Größe etwas starksig wirkende Katharina Schiechtl gegen die kommende Weltfußballerin, die trickreiche und flinke Lieke Martens – ein übles Mis-Match? Auf den ersten Blick schon – aber dennoch kam Martens nicht annähernd so zur Entfaltung, wie es aufgrund ihrer Klasse zu befürchten gewesen wäre. Dabei hätte Holland ihre Ideen angesichts des eigenen, relativ statischen Spiels gut brauchen können.

Schiechtl aber ließ Martens selten zur Geltung kommen. Einmal tanzte sich die Barcelona-Spielerin die halbe Abwehr aus – es war ihre einzige wirkliche Torchance. Da und dort packte sie ihre Tricks aus, aber zumeist stand ihr Schiechtl auf den Zehen und ließ Martens nicht gewähren.

Fazit: Bestätigung des EM-Niveaus

Verglichen mit dem Lehrgeld-Test im Juni war es deutlich besser – auch, weil man das Spiel anders anlegte. „Damals wollten Österreich uns niederpressen und wir haben sie zweimal schnell ausgekontert“, erinnerte sich Bondscoach Sarina Wiegman, „daraus haben sie viel gelernt – das hat man auch bei der EM gesehen. Diese Aggressivität im Mittelfeld und ihre sichere Abwehr haben es uns heute extrem schwer gemacht.“

Für die ÖFB-Frauen war es das erste Spiel seit der EM gegen einen wirklich starken Gegner – das lockere 4:0 in Serbien fällt eher in die Kategorie „Pflichtaufgabe“. Dieser Test bestätigte aus österreichischer Sicht, dass man gegen starke Teams wenig zulassen kann. An der Präzision im Umschaltspiel fehlte es aber, wie auch schon im EM-Viertelfinale gegen Spanien und dem EM-Halbfinale gegen Dänemark.

Insgesamt war es trotz der Niederlage ein feiner Test gegen die derzeit vermutlich stärkste Mannschaft Europas (wiewohl diese nicht in kompletter Bestebesetzung angetreten ist), der gezeigt hat, dass die Leistungen bei der EM kein Zufall waren.

Seitenblick Dänemark

Das Team aus Dänemark, welches bei der EM im Halbfinale Österreich im Elferschießen besiegte und im Finale dann Holland unterlag, ist hingegen nicht aus sportlichen Gründen im Gespräch. Die Spielerinnen streiken, um zu erreichen, dass sie für sich und die U-21-Burschen ein professionelleres Umfeld erhalten (also ein Staff wie bei den Herren) und für die Zeit ihres Dienstes beim Nationalteam vom Verband versichert werden (was in Österreich der Fall ist). Derzeit fungiert die DBU juristisch als Reiseveranstalter – womit er naturgemäß im Fall der Fälle Kosten spart.

Das erste Quali-Spiel im September (in Ungarn) wurde im letzten Moment gerettet, weil man sich auf nach dem Spiel vertagen konnte. Nun, vor den Spielen in Schweden und Kroatien, spielte die DBU wieder auf Zeit. Hintergrund: Bei den letzten Verhandlungen mit den Herren gab der Verband nach einer Streikdrohung des Teams klein bei und fühlte sich danach über den Tisch gezogen. Nächstes Jahr stehen wieder Verhandlungen mit den Herren an – da will der dänische Verband keinen Präzedenzfall schaffen. Lieber versenkt man also die Frauen, die amtierender Vize-Europameister sind, als dass man den Herren nächstes Jahr wieder etwas mehr zahlen muss.

Das Spiel in Schweden wurde abgesagt (und wird vermutlich mit 3:0 für Schweden gewertet) – womit der Gruppensieg praktisch definitiv kein Thema mehr ist. Platzt auch das Spiel in Kroatien (am Dienstag), kann sich Dänemark auch das Playoff der vier besten Gruppenzweiten aufmalen. Es besteht sogar die Gefahr, dass Dänemark ausgeschlossen wird.

UPDATE: Man hat sich nun doch wieder auf einen temporären Deal geeinigt, der zumindest das Spiel in Kroatien sichert. Ausgestanden ist die Thematik damit aber sicher noch nicht.

Seitenblick England

Auch in England sind es spannende Zeiten. Mark Sampson, der die Lionesses als Teamchef in die Halbfinals von WM 2015 und EM 2017 geführt hat, hatte dunkelhäutige Spielerinnen mit rassistischen Sprüchen beleidigt – die langjährige Nationalspielerin Eni Aluko hatte die Sache intern angesprochen, woraufhin sie sofort suspendiert wurde. Es gab zwei Untersuchungen, die aber nur den Zweck hatten, Sampson reinzuwaschen: Mit den betroffenen Spielerinnen wurde nicht einmal gesprochen.

Als nun öffentlich wurde, dass sich Sampson bei seinem früheren Verein schon ungebührlich auch gegenüber Minderjährigen verhalten haben soll (was laut Insidern ein offenes Geheimnis in der Szene war), war Sampson aber nicht mehr zu halten und wurde wenige Tage nach dem 6:0 über Russland zum Start in die WM-Qualifikation entlassen. U-19-Teamchefin Mo Marley übernahm das Team vorerst interimistisch.

Eine dritte, unabhängige Untersuchung hat nun auch die Rassismus-Vorwürfe gegenüber Sampson bestättigt. Nun steht die Verbands-Spitze um den FA-Vorsitzenden Greg Clake unter Beschuss. Als Clarke vor zwei Jahren via E-Mail von den Vorwürfen der Spielerin erfahren hat, bestand seine Antwort auf die Spielervereinigung nur aus zwei Sätzen, deren Inhalt sinngemäß war: „Und warum genau sollte mich das interessieren?“

Clarke und FA-Geschäftsführer Martin Glenn mussten sogar vor dem Parlamentarischen Kommitee aussagen. Sie dürfen ihre Jobs behalten, aber die von Guardian aufgedeckte und auch von der BBC breit gespielte Affäre hat ihre Positionen sicher nicht gestärkt.

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Test gegen EM-Gastgeber: ÖFB-Frauen chancenlos https://ballverliebt.eu/2017/06/14/oesterreich-frauen-holland-chancenlos/ https://ballverliebt.eu/2017/06/14/oesterreich-frauen-holland-chancenlos/#comments Tue, 13 Jun 2017 22:20:56 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=13560 Test gegen EM-Gastgeber: ÖFB-Frauen chancenlos weiterlesen ]]> 0:1 nach 64 Sekunden, 0:2 nach 161 Sekunden – wahrlich, das Testspiel in Holland hätte für die ÖFB-Frauen kaum schlimmer beginnen können. Bei der 0:3-Niederlage gegen den ungemein starken EM-Gastgeber bekam Österreich aufgezeigt, was man gegen ein solches Team eher nicht kann bzw. nicht machen sollte. Und man zeigte einmal mehr Spirit.

Holland – Österreich 3:0 (3:0)

Gleich hoch pressen, voll draufgehen, Holland hinten reindrängen: Das war die offensichtliche Devise gleich nach dem Anstoß. Und zack, riss die Sprinterin Van de Sanden den Konter an und Österreich war schon hinten. Österreich ging wieder nach vorne, diesmal zog Martens den Konter an, und die Abwehr stand völlig verkehrt.

Der Moment der Flanke von Martens zu Miedema zum 2:0 in der 3. Minute

Dennoch ließen sich die ÖFB-Frauen auch weiterhin nicht irritieren und versuchten immer noch, nach vorne zu agieren. Weitere Male musste Zinsberger in höchster Not retten. Die Linie zwischen mutig und naiv ist schmal.

Nach zehn Minuten jedenfalls zog sich Österreich merklich zurück (gut hörbar auch die Anweisung „Tiefer!“ von Teamchef Thalhammer), es wurde nun in gleicher Weise agiert wie in der ersten Hälfte beim letzten Testspiel in England – so lange da die taktische Disziplin gewahrt wurde, hatte das dort gut funktioniert.

Holland: Schnell

Gegen die im Vergleich mit England ungleich schnelleren Holländerinnen funktionierte das nicht so gut. Österreich versuchte, das Zentrum zuzumachen, aber auf den Flügeln waren die trickreiche Lieke Martens (gegen Kirchberger) und die schnelle Shanice van de Sanden (gegen Aschauer) kaum zu stoppen. Sie narrten ihre Gegenspieler, was bei denen auch deutliche mentale Spuren hinterlassen hat.

Dass Holland das derzeit wohl schnellste Team der Welt ist, wusste man. Das Österreich seine Stärken genau eher nicht im Tempo hat, auch. Der Unterschied wurde in vielen, einzelnen Szenen deutlich.

Hier muss man dazusagen, dass in Holland die Mädchen deutlich länger mit den Burschen trainieren – bis 16 Jahren – als in praktsich allen anderen Ländern. In Österreich erfolgt die Trennung nach der U-14. So haben vor allem die jungen Holländerinnen einen ungemeinen Vorteil was Tempohärte, Auffassungsgabe unter Druck und Handlungsschnelligkeit betrifft. Das wurde in diesem Spiel sehr deutlich.

Österreich hat Probleme

Wenn Österreich über mehrere Stationen aufbauen wollte, stellte Holland extrem schnell die Passwege zu, presste die Ballführende an, oder lief dieser routiniert und mit hoher Geschwindigkeit agierend den Ball ab.

Wenn Holland in Angriffssequenzen rochierte, half es Schnaderbeck und Wenninger wenig, dass sie ihre Klubkollegin Miedema in- und auswendig kennen: Die 20-Jährige (in ihrem 50. Länderspiel, unglaublich) war ihnen einfach zu schnell. So entstand immer wieder Unruhe in der österreichischen Abwehrlinie und Chancen für Holland.

Und wohlgemerkt: Schnaderbeck und Wenninger sind ein ungemein eingespieltes Abwehr-Duo – sie sind seit über zwei Jahren in praktisch jedem Länderspiel gemeinsam im Innenverteidiger-Einsatz und noch dazu seit der Jugend Klubkollegen – wenn auch Schnaderbeck erst in den letzten Jahren von der Sechs in die Abwehr gerückt ist.

Stabilität nach Wechseln und mit System-Adaptierungen

Nach einer Stunde – beim Stand von 3:0 für Holland, Lieke Martens hatte in der 37. Minute getroffen – änderten Wechsel die Balance auf dem Feld. Bei Österreich war der entscheidende Wechsel der von Kathi Schiechtl (für Kirchberger auf der RV-Position) und bei Holland jener von Renate Janssen von Van de Sanden. So hatten die ÖFB-Frauen nun die linke Abwehrseite (durch die Abwesenheit von Van de Sanden) und auch die rechte (durch die Anwesenheit von Schiechtl) besser im Griff.

Außerdem adaptierte Thalhammer die Systeme ein wenig. Phasenweise rückte RM Feiersinger nach hinten und Österreich spielte ein 5-3-2. Phasenweise rückte ZM Puntigam nach hinten und die AV Schiechtl und Aschauer gingen in den Sechserraum für ein 3-2-4-1. Aus dieser Formation heraus konnte auch schnell ein 4-2-3-1 werden, in dem Billa etwas aus der Tiefe kam.

Zudem hatte man erkannt, dass man nicht schnell genug ist, um kontrolliert aufzubauen und man versuchte, die eigene mentale Schnelligkeit mehr ins Spiel zu bringen, wenn schon die körperliche fehlte.. So wurde im Verlauf der zweiten Hälfte immer mehr auf ein Dump-&-Chase-Spiel umgestellt: Den Ball nach vorne schießen und nachpressen. So ist Japan immerhin 2011 Weltmeister geworden und ein Jahr später ins Olympia-Finale gekommen.

Natürlich waren auch die Gastgeberinnen vom Gas gegangen, aber in der letzten halben Stunde, nach diesen Adaptierungen, hatte Holland nur noch eine einzige gute Torchance – während sich Österreich halbwegs gut aus der Umklammerung lösen konnte. Dass es nicht mehr zu einem eigenen Tor reichte, lag vor allem an der gut gespielten holländischen Abseitsfalle.

Diese brachte vor ein paar Tagen schon Japan in einem Testspiel gegen die Niederlande auf die Palme – gefühlte 15-mal.

Fazit: Chancenlos, aber gut gegengesteuert

Die erste Hälfte war wirklich nicht gut, Österreich hatte Glück, nicht schon deutlich höher als 0:3 im Rückstand zu liegen. Entsprechend war auch die Laune von Dominik Thalhammer auf der Bank – grimmig. Der Plan, Holland aktiv anzugehen und selbst nach vorne zu arbeiten, ging spektakulär nach hinten los. Österreich hat fünf Wochen vor dem ersten EM-Spiel – übrigens in genau diesem Stadion in Deventer – hochverdient verloren, war im Grunde genommen chancenlos (zwei ernst zu nehmende Torschüsse).

Immerhin wurden die richtigen Schlüsse gezogen, um gegenzusteuern. Erst wurde von Aggressivspiel auf Verteidigungsblock umgestellt, dann die richtigen Wechsel vollzogen und auch die Spielanlage so umgestellt, dass das eigene Pressing-Spiel doch halbwegs zur Geltung kommen kann. Und der Zusammenhalt und der Spirit dieser Truppe ist sowieso über jeden Zweifel erhaben.

Was in den EM-Vorbereitungsspielen gegen Top-Gegner auffällt: 0:1 in Deutschland nach acht Minuten, 0:1 in England nach fünf Minuten, 0:2 in Holland nach drei Minuten. Das darf bei der EM nicht passieren.

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Österreich gewinnt den Cyprus-Cup (plus: noch viel mehr) https://ballverliebt.eu/2016/03/12/oesterreich-cyprus-olympia-frauenfussball-shebelieves-nadeshiko/ https://ballverliebt.eu/2016/03/12/oesterreich-cyprus-olympia-frauenfussball-shebelieves-nadeshiko/#comments Sat, 12 Mar 2016 19:30:40 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=12148 Österreich gewinnt den Cyprus-Cup (plus: noch viel mehr) weiterlesen ]]> Ein Freistoß von der halbrechten Seite segelt in den polnischen Strafraum, eine Abwehrspielern verlängert die Kugel genau vor Katharina Schiechtl – und die Bremen-Legionärin sagt „Danke“. Das entscheidende 2:1 im Finale des Cyprus Cup für Österreich, es war die 89. Minute. Der erste Sieg bei einem der renommierten März-Turniere für Österreich.

Dies ist ein ziemlich ausführlicher Artikel. Zur Übersicht, folgende Themen werden behandelt: Erst geht es im Österreich beim Cyprus Cup, die ÖFB-Frauen haben mit drei Siegen und einem Remis das durchaus namhafte Turnier gewonnen. Dann werfen wir einen Blick auf das europäische Olympia-Quali-Turnier und dort im Speziellen auf das Team der Schweiz. Außerdem fand noch der hochkarätig besetzte SheBelieves Cup in den USA statt, wo die vier derzeit besten Nationalteams der Welt untereinander waren. Und am Ende geht der Blick noch nach Japan, weil der Teilnehmer an den letzten drei Finals von großen Welt-Turnieren die Qualifikation für Olympia sensationell verpasst hat.

Österreich gewinnt den Cyprus Cup

„Im Herbst haben wir mit zwei Sechsern gespielt“, erklärt Teamchef Dominik Thalhammer, nun nur noch mit einem. Das Grundgerüst mit dem Ball war ein 4-1-4-1 bzw. 4-3-3, mit nur einer defensiven Mittelfeld-Spielerin. Durch die doppelte Besetzung auf der Acht/Zehn konnten die Außenstürmer auch wirklich außen bleiben. „Im alten System tendierten die Mittelfeld-Außen dazu, früh einzurücken. So hat uns die Breite gefehlt, wenn die Außenverteidigerinnen nicht sehr weit nach vorne gerückt sind“, so der Teamchef.

Nun kann die Abwehrkette ein wenig flacher bleiben, mit zwei hohen Außenstürmern und zwei offensiv denkenden Achtern stellt man die Abwehr eines destruktiven und tief stehenden Gegners vor die Frage, wie sie es anstellen soll, nicht auseinander gezogen zu werden.

Experiment gegen Irland

Österreich - Irland 2:0 (1:0)
Österreich – Irland 2:0 (1:0)

Gegen Irland im ersten Spiel probierte man aber noch eine weitere Neuerung aus: Aus der Abwehr rückte Viki Schnaderbeck in den Sechserraum auf. So standen zwei Sechser (eher eng), davor zwei Achter (mit größerem Abstand), zwei weit agierende Außenstürmer und Mittelstürmerin Nina Burger. Ein wenig in Richtung WM-System, so wie ganz früher, mit einem aufbauenden, zentralen Viereck.

Wirklich funktioniert hat es offenbar noch nicht, die Abstände zwischen den Spielerinnen waren oft nicht optimal, „aber das ist nicht ungewöhnlich, wenn man etwas zum ersten Mal in einem echten Match ausprobiert“, so der Trainer. In jedem Fall aber hat man Irland doch einigermaßen verwirrt, mit dieser Raumaufteilung, und mit zwei vertikalen Pässen (einmal an die Strafraumgrenzen und einmal in den Rücken der aufgerückten irischen Abwehr) wurden die beiden Tore zum 2:0-Sieg eingeleitet.

In der letzten halben Stunde, nach dem Tor zum 2:0, zog sich das österreichische Team etwas zurück und testete das staubige Nach-Hause-Bringen eines Ergebnisses. Die Folge war eine optische irische Überlegenheit, die aber nicht wirklich etwas einbrachte.

Riegelknacken gegen Ungarn

Österreich - Ungarn 2:1 (0:0)
Österreich – Ungarn 2:1 (0:0)

Die Irinnen wollten durchaus mitspielen, Ungarn zwei Tage später nicht. Das war genau so erwartet worden; die ÖFB-Frauen stellten sich in einem 4-3-3 auf, erstmals mit Barbara Dunst in der Startformation. Die 18-Jährige vom nationalen Meister FSK St. Pölten ist eine Starkstrom-Spielerin, rastlos und unangenehm für jede Gegenspielerin. Mit ihr war der Teamchef auch recht zu zufrieden.

Die Vorgabe für dieses Spiel war, Geduld zu haben. „Oft wurde in der Vergangenheit zu schnell der vertikale Pass gespielt, obwohl dieser nur mit hohem Risiko oder nur ungenau spielbar war“, so Thalhammer. Die Schlussfolgerung: Länger den Ball auch öfter mal quer spielen, den Gegner zum Verschieben zwingen, Löcher abwarten. Eine Vorgabe, die erfüllt wurde: „Das erste Tor entstand aus dem 14. Ballkontakt dieser Ballbesitz-Phase“, freut sich der Teamchef, Sarah Zadrazil war als letzte am Ball, als kurz nach dem Seitenwechsel das 1:0 fiel.

Am Ende stand ein 2:1 (Billa erzielte nach einer Ecke das Siegtor, Bernadett Zágor hatte entgegen des Spielverlaufs den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielt) zu Buche, und weil Italien gegen Irland nur zu einem Remis kam, bedeutete das: Ein Punkt im letzten Gruppen-Match, und Österreich würde im Finale stehen.

Defensiv-Test gegen Italien

Österreich - Italien 0:0
Österreich – Italien 0:0

Das Spiel gegen den laut Weltrangliste stärksten Teilnehmer am Cyprus Cup, Italien (Nr. 13, Österreich ist derzeit 27.), war eher eine Trockenheizer-Partie. Die spanische Unparteiische Frías Acedo pfiff auf beiden Seiten viel ab, es gab viele Standard-Situationen, aber sehr wenig Spielfluss.

Italiens Teamchef Antonio Cabrini, Weltmeister von 1982, ging in diesem Turnier vom gewohnten 4-3-3 ab und spielte mit einem 4-4-2 durch. Sprich: konsequentere Besetzung der Außenpositionen und zwei Mittelstürmer, dafür ein Posten weniger zum Aufbauen. So segelten vor allem die langen Bälle von den Vieren hinten auf die Vier da vorne, bzw. die Flanken von den Mittelfeld-Außen in Richtung Strafraum. Italien hatte aber grundsätzlich zunächst mehr vom Spiel und traf auch einmal die Torumrandung.

Nach einer halben Stunde lief die österreichische Pressing-Maschine dann an, was Italien merklich zu schaffen machte und sichtlich nervte, auch kam die Defensive der Azzurre schon ein wenig ins Schwimmen, wenn Druck auf sie ausgeübt wurde. Halb durch die zweite Halbzeit änderte sich das Spiel wiederum radikal, weil Sarah Puntigam nach einem Handspiel mit Gelb-Rot vom Platz musste. Der erste Ausschluss bei den ÖFB-Frauen seit 21 Jahren (damals Gerti Stallinger in einem EM-Quali-Spiel im Horr-Stadion gegen Jugoslawien).

In den verbleibenden 25 Minuten konnte Österreich damit die Variante „Abwehrschlacht“ probieren – das entspricht nicht den Vorstellungen und dem Naturell des Teams, kann aber auch mal nötig sein. Italien machte wiederum Druck, vor allem über die Außenpositionen. „Da haben wir zu viel zugelassen“, moniert Thalhammer, „die Flanken müssen wir besser verteidigen.“ Vor allem, da Norwegen (in vier Wochen Gegner in der EM-Quali) auf eine praktisch idente Spielanlage baut wie Italien in diesem Spiel. Allerdings sagt Thalhammer auch: „Ausgespielt haben die uns nicht!“ Womit es beim 0:0 blieb, Nina Burger hatte in der Nachspielzeit sogar noch die Chance auf den Siegtreffer.

Mühsam gegen Polen

Österreich - Polen 2:1 (1:1)
Österreich – Polen 2:1 (1:1)

In der anderen Gruppe hatte sich Polen durchgesetzt, war deshalb der Finalgegner des ÖFB-Teams. Schnaderbeck rückte für die gesperrte Puntigam auf die Sechs, dafür verteidigte hinten Gini Kirchberger von Köln neben Carina Wenninger von den Bayern innen.

Polens Teamcher Wojciech Basiuk, das wurde schnell deutlich, wusste, wie Österreich spielen will. Er wies seine Spielerinnen an, dem ÖFB-Team gar nicht erst die Gelegenheit zu geben, in das Pressingspiel zu kommen, indem die Bälle schnell los zu werden waren – und zwar hoch und weit in die Richtung von Stürmerin Ewa Pajor. Das funktionierte einerseits ganz gut, weil Österreich tatsächlich nicht so richtig ins gewünschte Spiel kam (dem frühen 1:0 durch Nina Burger zum Trotz), andererseits aber wiederum nicht so richtig, weil Pajor alleine relativ wenig ausrichtete und der Ball zumeist längst wieder bei Österreich war, ehe das polnische Mittelfeld aufrücken konnte. Der Ausgleich (rund 10 Minuten nach dem 1:0) kam hingegen zustande, weil es Polen einmal schaffte, auf spielerischem Weg die erste Pressinglinie zu umspielen, die folgende Flanke verwertete Ewelina Kamczyk (die 19-Jährige stieg vor zwei Jahren direkt von der U-17 ins A-Team auf).

Dieses Spiel zeigte, dass gerade Topf-3-Teams, die sich etwas überlegen, Österreich zuweilen noch vor Probleme stellen können (wie im Herbst auch Wales mit einem durchaus geschickt aufgestellten 3-4-3). Das schnelle Rausbringen des Balles aus der Abwehr in Verbindung mit „drei, vier sehr schnellen Spielerinnen“ (O-Ton Thalhammer) machte Polen zu einem unguten Gegner. Österreich hatte in der Folge mehr vom Spiel, traf auch einmal die Latte (Billa), zwingende Torchancen gab es aber kaum – ehe Schiechtl aus einem Standard kurz vor dem Ende doch noch das Tor erzielte.

Bilanz

„Im Grunde haben wir alle Ziele erreicht“, ist Teamchef Thalhammer zufrieden: „Es war eine Weiterentwicklung in allen Bereichen und wir arbeiten gezielt an Details. Es gab einige gute Erkenntnisse was das Offensivspiel betrifft und unser Verhalten im Ballbesitz, aber auch bei Pressing-Situationen. Da sind wir oft nicht genau genug im Anlaufen, und das Gegenpressing ist manchmal etwas zu ungestüm.“ Sprich: Wenn man im Gegenpressing ein Foul verursacht, ist das nicht so furchtbar hilfreich.

Und Negatives? „Da kann ich nichts finden“, überlegt der Trainer, „alle sind fit wieder heimgekommen, das ist sehr wichtig. Außerdem haben wir gesehen, dass da ein Team auf dem Platz steht, das sehr stabil ist, egal was passiert. Ob es nun ein vermeidbares Gegentor, ein Ausgleich oder gar ein Ausschluss ist.“

Die nächsten Aufgaben warten am 6. und am 10. April im Vorwärts-Stadion von Steyr. Da kommen in der EM-Qualifikation Kasachstan (sollte ein klarer Sieg für Österreich werden) und Gruppenfavorit Norwegen. Und, nur um es noch einmal zu erwähnen: Die ÖFB-Frauen sind nun seit 17 Spielen oder ziemlich exakt zwei Jahren ungeschlagen, Gegner waren in dieser Zeit etwa Australien (WM-Viertelfinalist), Finnland (EM-Teilnehmer), Spanien (WM-Teilnehmer) und Italien (EM-Viertelfinalist).

Die Olympia-Quali

Schweden - Norwegen 1:0 (1:0)
Schweden – Norwegen 1:0 (1:0)

Norwegen spielte parallel zum Cyprus Cup in der europäischen Olympia-Qualifikation (Deutschland und Frankreich sind wegen ihrer WM-Leistungen schon qualifiziert, hier ging es um den dritten und letzten UEFA-Platz) und verpasste das Turnier in Rio, für das in der Vierergruppe (mit Schweden, Schweiz und Turnier-Gastgeber Holland) der ersten Platz notwendig gewesen wäre.

Unter Roger Finjord, seit einem halben Jahr Chef-Trainer, spielt der Weltmeister von 1995 und Olympiasieger von 2000 in einem 4-4-2, das im Aufbau eigentlich ein 4-2-4 ist: Zwei statische Sechser im Zentrum, gelernte Außenstürmer an den Flanken, eine bullige und eine trickreiche Stürmerin im Zentrum.

Wenn Norwegen aber gezwungen ist, das Spiel gegen einen Gegner von halbwegs Klasse zu gestalten, wird das alles sehr bieder – was aber zum insgesamt eher enttäuschenden Niveau bei diesem Mini-Turnier passt. Schweden etwa machte in erster Linie zu (passive Viererkette hinten, drei zentrale und defensiv denkende Leute im Mittelfeld), schlich und mauerte und mogelte sich zum Gruppensieg (frühes Tor und dann nix mehr beim 1:0 gegen Norwegen, klares Abseits-Tor beim 1:0 gegen die Schweiz, profitiert von einem Mörder-Bock in der holländischen Abwehr beim 1:1).

Schweden hat sich seit der Heim-EM 2013 in eine gravierende spielerische Krise manövriert, auch wegen personeller Aderlässe: Öqvist ist Mama, Göransson in der Anonymität von Mittelständler Vittsjö untergetaucht, Sjögran ist Sportdirektorin in Malmö und die dünnhäutige Asllani hat sich mit der zuweilen undiplomatischen Teamchefin Pia Sundhage überworfen. Kurz: Schweden hat derzeit nicht das Personal für ein Offensivspiel der Marke Sundhage, weshalb Pia den pragmatischen Weg gewählt hat und mauerte.

Holland war die einzige Mannschaft, die konsequent versucht hat, selbst ein Spiel aufzuziehen, das diesen Namen auch verdient, zerlegte so die Schweiz, aber gegen Schweden und Norwegen fehlte die individuelle Klasse (wohl auch, weil Außenstürmerin Lieke Martens und Abwehrchefin Stefanie van der Gragt verletzt fehlten). Der Weg zur Heim-EM im kommenden Jahr stimmt bei Oranje unter Bondscoach Arjan van der Laan aber.

Die Sache mit der Schweiz und Martina Voss

Holland - Schweiz 4:3 (1:1)
Holland – Schweiz 4:3 (1:1)

Das einigermaßen deutlich schwächste Team im Turnier war das aus der Schweiz. Das lag zum einen daran, dass Führungsspielerinnen wie Ramona Bachmann und Lara Dickenmann komplett von der Rolle waren. Aber auch daran, dass das System und die Spielanlage an Naivität kaum zu überbieten waren.

Die deutsche Trainierin Martina Voss-Tecklenburg stellte nach der WM vom flachen 4-4-2 auf ein 4-1-3-2 um, in dem die Außen im Mittelfeld recht breit stehen. Ziel: Mit vier Offensiven auf der ganzen Breite angreifen, plus einen zentralen Zehner, plus offensiv denkene Außenverteidiger (wie Ana Maria Crnogorcevic, die eigentlich Außenstürmerin ist). So überfährt man unterklassige Gegner wie Georgien und Nordirland in der EM-Quali im Herbst 4:0 und 8:1, eh klar. Beim 3:0 in Italien im Oktober hatte man schon Glück, dass Italien (damals im 4-3-3) die klare Überzahl im Zentrum wegen akutem Kreativitätsmangel nicht nützte – und, dass Azzurre-Goalie Giuliani zweimal grob daneben griff; das Resultat von 3:0 täuscht darüber hinweg, dass die Schweiz in Cesena sicherlich nicht die bessere Mannschaft war.

Italien - Schweiz 0:3 (0:0)
Italien – Schweiz 0:3 (0:0)

Nun ging es aber gegen wirklich gute Gegner, und schon die realtiv spielstarken Holländerinnen machten die offenen Halbräume, die Schweiz über 70 Minuten nicht zumachte, zu ihrem persönlichen Spielplatz. Spielerinnen wie Trainerin beklagten sich nach der Lehrstunde (in der man nur wegen konditioneller Mängel bei Holland in der Schlussphase noch von 1:4 auf 3:4 verkürzt hatte) über „zu große Räume“, die man Oranje im Mittelfeld gewährt hatte. Das ist aber außschließlich Voss anzukreiden.

Die Erkenntnisse der WM und der Spiele seither sprechen eine eindeutige Sprache: Geht es gegen deutlich schwächere Teams (wie Ecuador bei der WM), spielt man die individuelle Überlegenheit und die relative Offensivstärke gnadenlos aus. Gegen stärkere Gegner aber passt man die Strategie nicht an und rennt blindlings in offene Messer. So war es bis zu einem gewissen Grad beim eher peinlichen 1:2 gegen Kamerun bei der WM, so hätte es in Cesena gegen Italien werden können (wenn die es etwas intelligenter gespielt hätten), und so war es absolut bei 3:4 in Holland nun in der Olympia-Quali.

Immerhin: Gegen die zentral stark aufgestellten Schwedinnen stellte Voss tatsächlich auf ein 4-2-3-1 um (mit Zehnder und Wälti auf der Sechs) und hielt Schweden halbwegs an der Leine, ehe man das Pech hatte, dass das Referee-Gespann ein Tor für das Trekronor-Team anerkannte, bei der Torschützin Caroline Seger auf der Torlinie stand, also klar Abseits war. Im letzten Spiel gegen Norwegen (als die Schweiz schon aus dem Rennen um das Olympia-Ticket war) kam wieder das offene 4-1-3-2 zum Einsatz, was nur deshalb funktionierte, weil Norwegen eben ohne Aufbau via Zentrum spielt.

Österreich - Schweiz 1:2 (0:1)
Österreich – Schweiz 1:2 (0:1)

Martina Voss war als Spielerin gemeinsam Europameisterin und Vize-Weltmeisterin mit Silvia Neid, und gemeinsam ist ihnen das Vertrauen auf individuelle Klasse, das Überrennen der Gegner über die Flügel und offenbar auch die Abneigung, den eigenen Matchplan auf den Gegner anzupassen (womöglich, weil sie es unter ihrem damaligen Teamchef Gero Bisanz auch nicht anders gelernt hatten). Für die EM im kommenden Jahr wird sich die Schweiz natürlich völlig ohne Probleme qualifizieren, aber dort wird es das nächste Mal wieder spannend, inwieweit sich Voss da auf starke Gegner anpasst. Interessant wäre wieder mal ein Spiel der Schweiz gegen Österreich: Derzeit sieht es so aus, als wäre die Schweiz individuell besser aufgestellt, Österreich inhaltlich.

Das letzte Duell gab es im August 2012 in Altach, die Schweiz gewann damals 2:1 (Tore von Moser und Dickenmann bzw. Puntigam). Gerade Österreich, damals noch am Anfang der Entwicklung ist inhaltlich aber überhaupt nicht mit 2012 zu vergleichen.

Das Turnier der Großen in den USA

Das März-Turnier mit dem vermutlich dämlichsten Namen aller Zeiten („SheBelieves Cup“) war jenes mit dem wohl höchsten Niveau aller Zeiten. Gastgeber und Weltmeister USA gewann die Premiere mit drei Siege in drei Spielen vor Deutschland (6 Punkte), England und Frankreich (je 1 Punkt). Nun haben manche das Turnier ernster genommen (USA) als andere (Frankreich), ein paar schöne Erkenntnisse lassen sich auch dem durchaus ansehnlichen Cup aber schon ziehen.

USA - England 1:0 (0:0)
USA – England 1:0 (0:0)

Erstaunlich ist vor allem, dass die USA ohne Abby Wambach (der Sturmtank hat aufgehört) und Megan Rapinoe (die oft eigensinnige Flügelflitzerin riss sich das Kreuzband) viel flexibler ist. Im aktuellen Mix aus 4-2-3-1 und 4-4-1-1 kippen die beiden Sechser in der Regel seitlich ab, um die aufrückenden AV abzusichern; WM-Final-Star Carli Lloyd nimmt sich im Dienste der Mannschaft eher zurück. Und: Trainerin Jill Ellis baut jetzt, noch vor Rio, die Jungen ein.

Lindsey Horan, eigentlich ein Offensivgeist, fremdelt mit ihrer Rolle im defensiven Mittelfeld noch etwas. Emily Sonnett, der Nr.-1-Draft-Pick, spielte in der Innenverteidigung auf sicher und hielt sich an der routinierten Becky Sauerbrunn an. Und Mallory Pugh ist the real deal: Das 17-jährige Mädel (die schon vor anderthalb Jahren bei der U-20-WM die einzige US-Spielerin war, die auf der Höhe des Geschehens war) ist unerhört schnell, technisch schon extrem gut und hat auch durchaus Spielverständnis.

Allerdings: Furchtbar viel kommt, von diesen drei abgesehen, auf absehbare Zeit auch nicht nach und Trainerin Ellis rotiert auch eher ungarn. Mit Crystal Dunn als bullige und Christen Press als international routinierte Alternative für Pugh, und eher wieder mit Julie Johnston (wie bei der WM) statt Sonnett wird Ellis so in die Olympischen Spiele gehen. Ob Rapinoe rechtzeitig fit wird, muss sich zeigen – und ob ihre Rückkehr dem US-Spiel überhaupt gut täte, ebenso.

2016 03 03 Ger-Fra 1-0Bei Deutschland wurden von Noch-Bundestrainerin Silvia Neid ein paar neue Leute ausprobiert (Kerschowski und Blässe am Flügel, Hendrich als RV, Doorsoun als LV), andere Leute weiter mit einer kaum nachvollziehbahren Nibelungen-Treue bedacht (die IV mit Krahn, 30, und Bartusiak, 33, beide eher von der Holzfuß-Fraktion und nicht gerade die weiblichen Wiedergänger von Javi Martinez und Jerome Boateng) und im ersten Spiel mit einem 4-1-4-1 geteasert.

Dieser System-Test wurde aber extrem halbherzig absolviert, schnell kam man wieder auf das gewohnte, berechenbare Neid’sche 4-4-2, das dann auch beinhart durch das restliche Turnier durchgezogen wurde. So als ob Neid sagen würde: Ich habe mich zehn Jahre nicht um die Entwicklung einer taktischen Alternative geschert, warum sollte ich jetzt, ein paar Monate vor Ende meiner Amtszeit, damit anfangen. Nach Olympia übernimmt Steffi Jones, ob sie das Amt der Bundestrainerin etwas weltoffener anlegt als Neid, weiß noch niemand.

England zeigte sich etwas weniger systemvariabel als sonst, spielte aus einem 4-1-3-2 heraus das Turnier weitgehend durch und testete vor allem das Stören des Aufbaus von spielstärkeren Teams. Das gelang gut: Die USA fand trotz des 1:0-Sieges nie eine wirkliche Lösung, genauso die berechenbaren Deutschen (die nur wegen eines Eigentors und eines geschenkten Elfers 2:1 gewannen) und das Spiel gegen Frankreich endete 0:0. Zwar holte England also nur einen Punkt aus den drei Spielen, furchtbar unzufrieden wird Trainer Mark Sampson aber nicht sein.

Dafür spielte Frankreich diesmal ein bisschen „Little Britain“ und variierte das System (4-1-4-1 gegen Deutschland, 4-4-2 gegen die USA, 4-2-3-1 gegen England) – wenn auch nicht die Spielanlage. Frankreich will natürlich immer noch den Ball, ist technisch exzellent, erarbeitet sich Chancen – braucht aber zu viele und im entscheidenden Moment klappts einfach nicht. Irgendwie wie immer halt. Immerhin: Kheira Hamraoui zeigte im DM auf und ist eine echte Alternative zu Cammy Abily und Amandine Henry.

Was das für Rio bedeutet? Einerseits sollte man natürlich erst einmal die Auslosung der drei Gruppen am 14. April abwarten. Aber: Weltmeister USA ist stärker als bei der WM im letzten Jahr und ist der klare Favorit auf die fünfte Goldmedaille im sechsten olympischen Frauen-Turnier. Frankreich – bei der WM die deutlich stärkste Mannschaft, aber im Viertelfinale im Elferschießen an Deutschland gescheitert – hat es drauf, muss es aber erst einmal im Kopf zusammenbringen.

Deutschland wird genauso daherkommen wie immer und von jedem Gegner mit einem kleinen Stück Hirnschmalz und der nötigen individuellen Klasse dazu vor gravierende Schwierigkeiten gestellt werden. Algarve-Cup-Sieger Kanada ist Außenseiter, Veranstalter Brasilien (beim heuer mäßig besetzten Algarve Cup immerhin im Finale) ist nicht so gut und hat den größten Druck.

Sayonara, Norio-san

Und Japan? Nun ja: Jenes Team, das in allen drei großen Finals seit 2011 stand (2x Weltmeisterschaft und 1x Olympia) ist die größte Sensation der #RoadToRio. Nach einem verdienten 1:3 gegen Australien, einem peinlichen 1:1 gegen Südkorea und einem bitteren 1:2 gegen China stand schon nach drei der fünf Spiele fest, dass die Nadeshiko keine Chance mehr auf eines der beiden asiatischen Tickets für Olympia hat.

Trainer Norio Sasaki, der vor acht Jahren ein Mitläufer-Team übernommen und es zur zeitweise deutlich besten Mannschaft der Welt gemacht hat, nahm seinen Hut. Das blamable Scheitern ist zu einem gewissen Grad auch seine Schuld: Er hat es verabsäumt, einen wirklichen Generationswechsel zu vollziehen. Das Team, das sich letztes Jahr ins WM-Finale schleppte, hatte ein geradezu biblisches Durchschnitts-Alter, bis auf Homare Sawa (die 36-jährig ihre Karriere beendete) sortierte er aber weiterhin niemanden aus.

Ob Sasaki aber auch an der Schlampigkeit im Passspiel Schuld ist, das sein Team bei dem Olympia-Quali-Turnier gezeigt hat? Japans Anlage ist auf präzisen Pässen in der gegnerischen Hälfte ausgelegt, um die körperlichen Nachteile auszugleichen. Ständig aber musste Spielerinnen ungenauen Pässen nachlaufen, passierte billige Abspielfehler, wurde das Tempo heraus genommen. So kann man selbst als Japan Teams wie Australien und China nicht unter Druck setzen, selbst gegen die beiden koreanischen Teams mühte man sich ab. Eine entsetzte Homare Sawa gab zu Protokoll, dass der Fokus fehle, die Bereitschaft, auch wenn es nicht läuft konzentriert zu bleiben. Kurz: Japan wirkte alt und satt.

Aya Miyama, die das Spiel gestalten soll, spielt nur Alibi-Pässe. Die routinierte Yuki Ogimi konnte sich im Strafraum überhaupt nicht durchsetzen, die Zeit von RM Shinobu Ohno ist längst vorbei. Und Innenverteidigerin Azusa Iwashimizu, die wirklich schon alles gesehen hat, ist seit dem für sie desaströsen WM-Finale gegen die USA und Carli Lloyd komplett neben der Spur.

Wer auch immer Norio Sasaki nachfolgt – heißeste Kandidatin ist Japans Junioren-Teamchefin Asasko Takakura – hat nun gemütlich drei Jahre Zeit, um bis zur WM 2019 in Frankreich einen Generationswechsel zu vollziehen. Normalerweise dürften aus der aktuellen Stammformation dann kaum noch mehr als drei oder vier Leute übrig sein.

By the way: Australien und China fliegen für den asiatischen Verband nach Rio.

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Europas „Große“ bei der WM: Zwei stark, einer so naja – aber drei griffen völlig in den Dreck https://ballverliebt.eu/2014/07/19/zwei-stark-einer-so-naja-aber-drei-von-europas-grossen-griffen-voellig-in-den-dreck/ https://ballverliebt.eu/2014/07/19/zwei-stark-einer-so-naja-aber-drei-von-europas-grossen-griffen-voellig-in-den-dreck/#comments Sat, 19 Jul 2014 00:24:38 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10440 Europas „Große“ bei der WM: Zwei stark, einer so naja – aber drei griffen völlig in den Dreck weiterlesen ]]> Erst Italien, dann Spanien, nun Deutschland: Wenn man nur rein die Siegerliste betrachtet, die die letzten drei WM-Turniere hervorgebracht haben, sieht das nach einer brutalen europäischen Dominanz aus. Die Wahrheit ist aber viel eher: Die Breite an gutklassigen Teams macht’s. Denn genau wie schon 2006 und 2010 haben auch diesmal einige von Europas Big Guns ziemlich daneben gegriffen – am kolossalsten natürlich Titelverteidiger Spanien. ABer ein Europäer kommt halt immer durch. Das war diesmal eben Deutschland. Und das verdient.

Deutschland: Krönung eines langen Weges

Das war kein Glücksrittertrum wie beim eher zufälligen Finaleinzug 2002, das war von langer Hand geplant und ist eigentlich zwei Jahre zu spät gekommen. Seit Löw vor zehn Jahren zur Nationalmannschaft kam, wurde um einige Stützen herum konsequent ein über Jahre hinweg eingespieltes Team geformt. Lahm, Schweinsteiger und Klose waren von Beginn an dabei, der Rest wuchs homogen dazu, und im richtigen Moment ging es auch auf.

Deutschland
Deutschland: Als Khedira und Schweinsteiger fit genug waren, beide 90 Minuten durchzuhalten, durfte Lahm endlich nach rechts hinten. Von da an hatten die Gegner keinen Spaß mehr.

Dabei ist Löw ein großes Risiko gegangen, nach einigem Experimentieren sich so spät – nämlich erst ein halbes Jahr vor der WM – auf das bei den Guardiola-Bayern praktizierte 4-3-3 zu verlegen. Er hatte mit sechs bis sieben Bayern-Spielern einen großen Block, der das Gerüst darstellte und in der Vorbereitung klappte es nicht immer nach Wunsch. Auch, weil Löw Lahm wie bei den Bayern in die Mitte stellte, obwohl damit eine Baustelle rechts hinten aufgemacht wurde.

Der Gamble zahlte sich aus. Als sich Khedira (nach Kreuzbandriss im Herbst) und Schweinsteiger (nach vielen Blessuren in den letzten Jahren) halb durchs Turnier fit für 90 Minuten meldete, konnte er endlich Lahm dorthin stellen, wo es für das Team am Besten war. Mit Erfolg: Gab es davor mit allerhand Notvarianten auf rechts hinten (Boateng, Mustafi) eher Bauchweh, flutschte es mit Lahm dort – und das Mittelfeld-Trio mit Schweinsteiger, Khedira und Kroos blühte auf.

Löw war flexibel genug, sich kurz vor dem Turnier auf das 4-3-3 draufzusetzen, aber stur genug, um im ganzen Turnier mit der Ausnahme der zweiten Hälfte des Finales zu keiner Minute davon abzurücken, egal, in welcher personellen Aufstellung, egal, wie sehr auch erschreckend viele Medien das ab dem Viertelfinale offiziell angegebene 4-2-3-1 blind übernahmen.

Der Titel ist vor allem für Löw eine Genugtuung, weil ihm in Deutschland immer wieder vorgehalten wurde, mit seinem intellektuellen Zugang, seinem Faible für flache Hierarchien und ohne, wie sich Leute wie Effenberg gerne bezeichnet, „Typen“ (wiewohl etwa Müller und Schweinsteiger durchaus etwas zu sagen haben), zu weich und zu wenig Siegermentalität für einen großen Titel mitzubringen. Für die nun endgültig große Generation war er der Höhe- und gleichzeitig der Schlusspunkt: Lahm hat nach zehn Jahren im Nationalteam mit 116 Länderspielen adé gesagt, Klose wird sicher folgen, auch bei Schweinsteiger wäre das keine Überraschung und Podolski war bei dieser WM bestenfalls ein Nebendarsteller.

Wenigstens kommt Löw dann nicht in die Verlegenheit, aus überzogener Loyalität zu lange an zu vielen alten Recken festzuhalten.

Niederlande: Eine Bronzemedaille für Van Gaals Ego

Nicht wenige bezeichneten diese WM als gigantischen Ego-Trip des neuen Manchester-United-Managers Louis van Gaal. Er hat für dieses Turnier den holländischen Fußball einmal auf links gedreht und alles anders gemacht, als es die Granden bei Oranje für gut befanden. Dreiekette und Konterfußball statt 4-3-3 und schöngeistigem Spiel, dazu eine Horde von international unbekannten und unerfahrenen Leuten in der Defensive. Keine Frage, Van Gaal ging großes Risiko. Mit Aktionen wie dem Torhüter-Tausch in der 120. Minute im Viertelfinale gegen Costa Rica ebenso wie mit dem generellen Stil.

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Holland: Konsequent mit drei Innenverteidigern und Konterfußball. Das Risiko ging auf, weil das Star-Offensiv-Trio vorne die Räume gut nützte.

Vor allem, weil ja angesichts der Gruppengegner Spanien und Chile ein frühes Aus mehr als nur einen Fuß in der Tür der Wahrscheinlichkeiten hatte. Hollands Glück: Im ersten Spiel brach Gegner Spanien völlig auseinander, die Kontertaktik ging voll auf und nach dem unglaublichen 5:1-Erfolg über den Titelverteidiger hatten auch die Spieler selbst den Beweis, dass es mit dem 3-4-1-2-System funktionieren kann.

In der Tat brannte im ganzen Turnier hinten sehr wenig an (Elfmeter-Gegentor gegen Spanien, ein Glücksschuss und ein Elfer gegen Australien, ein Weitschuss gegen Mexiko) und vorne richtete es das individuelle Talent des Dreigestirns mit Sneijder, Robben und Van Persie, das die Räume hervorragend nützte, die angreifende Gegner ihnen anboten. Das war keine besonders aufregende Oranje-Truppe, aber für das vorhandene Spielermaterial passte die sehr pragmatische Herangehensweise.

Das ist natürlich kein Modell für die Zukunft, denn auf Dauer kann es sich ein Bondscoach nur mit Erfolgen leisten, das typisch holländische Spiel derart zu verraten. Zudem ist die Eredivisie ja auch nicht direkt für ihre kompromisslosen Defensiv-Konzepte bekannt – Angriff ist einfach in der orangen DNA.

Lieber verliert man formschön, als dreckig zu gewinnen. Obwohl eine defensive Grundhaltung das Team 2014 fast ins Finale geführt hätte und 2010 eine sehr pragmatische und auch nicht wirklich aufregende Herangehensweise beinahe den Titel gebracht hätte.

Frankreich: Deschamps braucht einen Deschamps

Irgendwie war dieses Turnier aus französischer Sicht nicht Ganzes und nichts Halbes, damit der letzten EM nicht ganz unähnlich. Dabei wäre so viel Talent in diesem Kader, auch der Ausfall von Franck Ribéry (der aber ohnehin eine ziemlich schwache Rückrunde gespielt hatte) wog nicht allzu schwer. Mit Honduras hatte man keinerlei Probleme, die Schweiz nahm man auseinander, aber danach war es wie abgebrochen.

Frankreich:
Frankreich: Seltsam führungslos im Zentrum. Da half auch ein wirklich starker Benzema nicht viel.

Als es hart wurde, also gegen die recht direkten Nigerianer und vor allem dann gegen die geschickt im Mittelfeld agierenden Deutschen, zeigte das zentrale Trio der Franzosen zu wenig Präsenz. Das kann man auch von einem Pogba trotz seines jungen Alters schon erwarten, vor allem hätte aber mehr von Cabaye und Matuidi kommen müssen. Die beiden müssen durchaus als die Verlierer des Turniers aus französischer Sicht gelten, denn beide haben schon ein Alter erreicht, in dem es nicht mehr viele Endrunden zu spielen gibt.

Besonders erschreckend war aber die Tatsache, dass man beim Viertelfinal-Aus gegen Deutschland über sieben Kilometer weniger gelaufen ist als der Gegner, obwohl man 80 Minuten im Rückstand lag. Das ist nicht mit der Hitze zu erklären, die für den Gegner ja genauso war. Das spricht entweder gegen die Fitness der Franzosen oder gegen den Willen. Denn von besonderen Anstrengungen, das Spiel noch herumzureißen, war wenig zu erkennen.

Deschamps fehlte ein Spieler wie Deschamps, ein verlängerter Arm des Trainers im Mittelfeld. Das kann Pogba werden. Noch war es der hoch veranlagte U-20-Weltmeister aber nicht.

England: Ja, die waren auch dabei

Die Three Lions haben so wenig Eindruck hinterlassen, dass man fast vergessen könnte, dass die überhaupt dabei waren. Dabei war die spielerische Intention von Roy Hodgson gar nicht so dermaßen steinzeitmäßig bieder wie das noch vor zwei Jahren der Fall war. Aber die Mischung passte nicht. Die Jungen sind noch zu jung, die alten über dem Zenit und die dazwischen reißen’s nicht heraus.

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England: Nicht Fisch, nicht Fleisch. Produkt eines im Schneckentempo vollzogenen Umbruchs.

Diese drei Gruppen hat Hodgson nicht zu einem funktionierenden Ganzen vereinen können. Rooney im Speziellen ist nach zehn Jahren Spitzenfußball körperlich ruiniert wie andere Anfang, mitte dreißig, dazu wird er seit einigen Jahren sowohl bei United als auch im Nationalteam so wahllos hin- und hergeschoben, dass sich kein Rhythmus einstellen kann. Gerrard hat zwar einen Rhythmus, aber die lange und emotional aufwühlende Saison bei Liverpool hat ihre Spuren hinterlassen.

Die können Henderson, Sterling und Sturridge noch besser verkraften, aber ihnen fehlte zum einen ein Spieler wie sie ihn bei Liverpool in Suárez hatten, und zum anderen der internationale Vergleich, weil sie ja kaum oder noch wenig Europacup gespielt haben. Teams, die von der Insel kommen, spielen halt nicht wie Italiener oder Urus.

Und eine Abwehrreihe mit Baines, Jagielka, Cahill und Johnson ist nichts anderes als aller-grauster Durchschnitt. So hochgelobt Baines seit Jahren wird (warum auch immer), so lange Johnson schon dabei ist – aber England hat mit einiger Sicherheit das schlechteste AV-Pärchen aller europäischen Teilnehmer gehabt. Ihre Vorstöße wirkten beliebig, ihre Flanken hatten zuweilen Regionalliga-Format (vor allem die von Johnson, eine Frechheit).

England wirkt wie in einem Umbruch, der seit vier Jahren im Gange ist und ohne wirkliche Überzeugung betrieben wird. Man will die Alten raushaben, nimmt aber dennoch Gerrard UND Lampard mit. Man ersetzt den gefühlt seit den Achtzigern gesetzten Ashley Cole mit einem Spieler, der nur vier Jahre jünger ist und trotzdem erst eine Handvoll Europacup-Einsätze hinter sich hat. Man kommt endlich vom bald greisen Rio Ferdinand weg, und stellt einen 31-Jährigen und einen 28-Jährigen vor Joe Hart hin.

Der englische Verband blickt seit Jahren voller Bewunderung auf den Erfolg, den Deutschland nach dem radikalen Schnitt 2004 hat. Einen ähnlich radikalen Schnitt zu vollziehen, traut man sich auf der Insel aber nicht. Und genau darum wurschtelt man sich seit Jahren mittenrein in die weltfußballerische Anonymität.

Italien: Mischung aus Klima, Qualität und Form

Langsam war das alles. Die Hitze, sie setzte Andrea Pirlo und Daniele de Rossi schon extrem zu. Nach dem hart erkämpften Auftakt-Sieg gegen England in der Hölle von Manaus gab’s einen erschreckend leblosen Auftritt in der Tropenhitze von Recife, wo man gegen Costa Rica verlor. Und wirkliche Überzeugung und Verve war auch nicht zu erkennen, als man im schwülheißen Natal von Uruguay aus dem Turnier gebissen wurde.

Italien
Italien: Der zweite Außenverteidiger, das langsame Zentrum, biedere Offensiv-Kräfte: Prandelli hatte mit zu vielen Brandherden zu kämpfen.

Da halfen alle taktischen Überlegungen von Fuchs Cesare Prandelli nichts. Die höhere Grundposition von Pirlo, um ihn näher an die Passempfänger zu bringen, ebenso wenig wie der Einsatz von Abschirm-Jäger De Rossi und der Einsatz von Pirlo-Kopie Verratti neben dem alten Herrn. Weil neben dem wirklich braven Darmian es keinen zweiten Außenverteidiger gab, der sinnbringend im Spiel gewesen wäre – nicht der gelernte Innenverteidiger Chiellini, nicht der farblose Abate, nicht der als Wing-Back etwas hilflose De Sciglio.

Was auch ein Problem des Nachwuchses ist. Keine große Liga in Europa hat bei den Kadern der Vereine einen so geringen Anteil an bei den Klubs ausgebildeten Spielern wie die Serie A. Wie in Italien generell üblich, wird lieber an alten, verkrusteten Strukturen festgehalten, als mal etwas Neues zu probieren, weil es immer irgendein Gremium, einen 80-Jährigen Betonschädel, einige polemisierende Medien gibt, die das zu verhindern wissen.

Die Folge ist, dass Prandelli, fraglos einer der besten Trainer des Kontinents, hilflos zusehen musste, wie seine Mannschaft verglühte. Das Erreichen des EM-Finales vor zwei Jahren war kein Zufall, aber die Mischung aus den klimatischen Bedingungen und fehlender Form (wenn etwa Neu-Dortmunder Immobile so spielt, wie er heißt; ein Candreva halt nicht mehr als ein Durchschnitts-Kicker ist, Insigne von seinem Punch genau nichts zeigte, Cassano ein müder Abklatsch von 2012 ist und mit Parolo ein 29-Jähriger neu in den Kader kommt) killte Italien.

Spanien: „Generation Xavi“ entmachtet

Es kommt die Zeit, da bricht alles irgendwie in sich zusammen. Zumindest oft. Das war bei Frankreich 2002 so, das war bei Italien 2010 so, und jetzt hat’s die Spanier erwischt. Zu lange festgehalten an einer Spielweise, die die alternden Spieler nicht mehr auf dem höchsten Niveau zu spielen im Stande waren. Und gerade beim Ballbesitz-Fußball spanischer Prägung ist das unbedingt vonnöten.

Spanien
Spanien: Die Änderungen nach dem 1:5 gegen Holland waren zu spät und halfen zu wenig.

Aber Xavi wurde von den geschickten Holländern so kontrolliert, dass er danach nicht mehr ins Geschehen eingriff. Xabi Alonso nahm von den wie wild pressenden Chilenen ein veritables Trauma mit. Und ohne diese beiden Säulen im Zentrum mäanderte der Rest kopflos durch die Partien. Diego Costa konnte nie so eingesetzt werden, dass er seine Stärken ausnützen hätte können. Zu viele Spieler waren zu langsam oder zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um jenes Gegenpressing zum Funktionieren zu bringen, das ja das eigentliche Erfolgsgeheimnis Spaniens war.

Und vor allem fehlte es dem Abwehr-Duo Ramos und Piqué vor allem gegen Holland, aber auch gegen Chile an der Gedankenschnelligkeit und der Abstimmung – auch, weil Busquets mehr vorne helfen musste als auf die Absicherung nach hinten achten zu können. Die gigantischen Löcher, die entstanden, waren ein Fest für die Holländer und die Hilflosigkeit gegen das chilenische Pressing wurde schnell deutlich.

Das allerdings war schon vorher klar: Von einem mutigen Gegner selbst angepresst zu werden, gefällt den sonst ja selbst pressenden Spaniern gar nicht – wie es etwa Portugal im EM-Halbfinale 2012 machte.

Und dann machte auch noch Iker Casillas jene dämlichen Anfängerfehler, die er nach einem Jahrzehnt auf Top-Niveau zuletzt auch bei Real Madrid immer häufiger wieder eingestreut hatte.

Wie so viele große Trainer vor ihm hat nun also auch Vicente del Boque zu lange an altverdienten Spielern festgehalten. Es sagt sich aber andererseits leicht, er hätte Xavi, Xabi Alonso und womöglich auch Iniesta und Casillas nach drei Titel in Folge eliminieren müssen. Die zu erwartenden Prügel von Medien und Fans will sich niemand antun. Verständlich.

Nicht, dass die Spanien jetzt Sorgen machen müsste – die letzten zwei U-21-Europameisterschaften gewann man, es rückt viel nach. Aber die „Generation Xavi“ ist hiermit an ihrem leider etwas unrühmlichen Ende des Weges angekommen.

Nächste Kontinental-Meisterschaft: Juni 2016 in Frankreich

Die Hälfte von Europas Großen hat komplett enttäuscht, aus den verschiedensten Gründen. Bei England wird sicherlich nichts besser, wenn man weiterhin so lauwarm vor sich hinlebt, bei Italien muss man abwarten, ob Biedermann Mancini übernimmt, Choleriker Conte oder doch Tüftler Guidolin (oder auch ganz wer anderer, Allegri ist ja für die Squadra Azzurra vom Markt). Keiner der drei wird aber die grundsätzlichen Probleme im italienischen Fußball lösen können, da ist der Verband gefragt.

Frankreich braucht für die Heim-EM mehr Persönlichkeiten im Mittelfeld, überall sonst ist die Equipe Tricolore gut aufgestellt. Deutschland wird zumindest zwei, vielleicht sogar drei absolute Schlüsselspieler auf dem Weg zur EM in zwei Jahren ersetzen – ob das ohne Reibungsverluste geht, muss man erst einmal sehen. Erstaunlicherweise sieht aus dem jetzigen Blickwinkel Holland als diejenige Mannschaft aus, die das wenigste Bauchweh haben muss: Der junge Kader hat die Erfahrung einer starken WM, muss praktisch nicht umgebaut werden und Guus Hiddink ist ein ganz erfahrener Trainer, der ein Team völlig anders führt als Van Gaal, sich aber um seine Autorität nicht sorgen muss.

Die Gelegenheit für Teams aus der zweiten Reihe, bei der EM die Arrivierten in den Schatten zu stellen, ist also gegeben. Sie müssten sich jetzt nur noch trauen.

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WM-Geschichte für Einsteiger (4) https://ballverliebt.eu/2014/06/12/wm-geschichte-fuer-einsteiger-4/ https://ballverliebt.eu/2014/06/12/wm-geschichte-fuer-einsteiger-4/#comments Thu, 12 Jun 2014 04:16:12 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10312 WM-Geschichte für Einsteiger (4) weiterlesen ]]> Eine Weltmeisterschaft, das war immer auch ein Treffen der Weltanschauungen. Die spielerischen Brasilianer, die giftigen Argentinier und die bärbeißigen Urus aus Südamerika. Dazu die athletischen Deutschen, die disziplinierten Italiener, die kampfstarken Engländer, die schöngeistigen Holländer und die permanent unter Wert geschlagenen Spanier. Dazu ein paar lustige, aber chancenlose Farbtupfer von anderswo her. In den 1990er-Jahren aber weichte dieses Bild aber zunehmend auf. Außenseiter aus allen Kontinenten stießen plötzlich in ungeahnte Gefilde vor. Die Fußballwelt globalisierte.

1994 – Auf zu neuen Ufern

Bei der 15. Endrunde betrat man erstmals geographisches Neuland – bis dahin hatte die WM immer in Europa oder Lateinamerika stattgefunden. Das Globalisierungsdenken der FIFA führte dazu, dass man Fußball-Entwicklungsland USA das Turnier veranstalten lässt, einem Land, das neun Jahre nach dem Ende der NASL nicht mal eine eigene Liga hatte, das seit 44 Jahren kein WM-Spiel gewonnen hatte und 1990 erstmals nach 40 Jahren überhaupt dabei war. Dennoch war der Zuschauer-Zuspruch enorm, der Schnitt von 69.000 pro Match wurde nie wieder auch nur annähernd erreicht. Es hat aber auch sonst kein Land eine derartige Masse an Riesen-Arenen, der NFL sei Dank.

Und waren es bislang immer nur einzelne Außenseiter, die im Turnierverlauf weit kommen, startete nun die Zeit, in der das zum Massenphänomen wurde. Natürlich auf Kosten der arrivierten Teams. Argentinien etwa wurde durch Diego Maradonas positiven Dopingtest nicht stärker, blieb im Achtelfinale hängen – an Rumänien. Top-Favorit Deutschland schwächte sich durch die Stinkefinger-Affäre von Stefan Effenberg selbst, scheiterte im Viertelfinale – an Bulgarien. Kolumbien, als Mitfavorit zur WM gefahren, überstand nicht einmal die Vorrunde und Verteidiger Andres Escobar wurde zehn Tage nach seinem Eigentor gegen die USA in der Heimat umgebracht. Andererseits kamen krasse Außenseiter mit gutklassigen Kadern und Spielern, die in ganz Europa verstreut spielten, sehr weit – wie die Semifinalisten Schweden und Bulgarien, wie Viertelfinalist Rumänien. Die Zeiten, in denen nur Nationalmannschaften aus Ländern mit starken Ligen erfolgreich sein konnten, war vorbei, weil nun auch die Kicker aus anderen Ländern in diesen guten Ligen spielten.

Brasilien - Italien 0:0 n.V., 4:2 i.E.
Brasilien – Italien 0:0 n.V., 4:2 i.E.

Nur zwei „Große“ hatten die Viertelfinals überstanden, und letztlich trafen sich Brasilien und Italien dann auch im Finale. Die Azzurri unter Arrigo Sacchi spielten jenes kompakte Raumdeckungs-Spiel, mit dem das große Milan unter Sacchi so erfolgreich war. Bei Brasilien wurde der etatmäßige Kapitän Raí schon in der Vorrunde wegen Verhaltens-Auffälligkeiten rasiert. Carlos Alberto Parreira ließ ein zutiefst un-brasilianisches Spiel spielen, pragmatisch, sichere Defensive, nichts zulassen. Die Folge war ein Finale, das sich zog.

120 Minuten lang kaum eine echte Torchance produzierte. Und so das erste WM-Finale wurde, das im Elfmeterschießen entschieden wurde. Nach dem Fehlschuss von Roby Baggio jubelte die Seleção über den vierten Titel. Dass Carlos Dunga, der wegen seiner taktischen Disziplin „der Deutsche“ genannt wurde, Kapitän dieses Teams war, war kein Zufall.

1998 – Intervention von oben

Auf der Bank saß beim Triumph in der Rose Bowl bereits ein 17-jähriger Nachwuchsstürmer, der vier Jahre später der große Star des Turniers in Frankreich werden sollte: Ronaldo. Mit Mario Zagallo hatte der Weltmeister-Trainer von 1970 das Ruder wieder übernommen und von einer (bedeutungslosen) Niederlage im letzten Gruppenspiel gegen Norwegen abgesehen ging zunächst auch alles glatt. Was man von anderen nicht behaupten konnte, setzte sich doch der schon in Amerika begonnene Trend der starken Außenseiter und der schwächelnden vermeintlichen Top-Teams fort.

Spanien etwa blieb nach einer Pleite gegen Nigeria schon in der Vorrunde kleben, die Deutschen würgten sich ins Viertelfinale und wurden dort von Kroatien zerlegt, England spielte einen schönen Mist und musste nach Beckhams Auszucker im Achtelfinale auch früh heim. Dafür zeigte Dänemark herzerfrischenden Fußball und brachte Brasilien im Viertelfinale an den Rand der Niederlage, butterte Kroaten bei der ersten WM-Teilnahme als eigener Staat auf, wirbelte sich ins Halbfinale und führte dort sogar

Bei Gastgeber Frankreich war der störrische Teamchef Aimé Jacquet schon vor dem Turnier ein Feinbild der Medien, weil der Erz-Pragmatiker Weltklassespieler wie Eric Cantona und David Ginola nicht berief und er stattdessen auf eine gut zusammengeschweißte, aber auch irgendwie langweilige Truppe setzte. Verlängerung gegen Paraguay, Elferschießen gegen Italien, purer Wille gegen Kroatien – aber man schaffte es ins Finale.

Frankreich - Brasilien 3:0 (1:0)
Frankreich – Brasilien 3:0 (2:0)

Vor dem Ronaldo einen epileptischen Anfall erlitt, er daher auch von Zagallo nicht in die Start-Elf berufen wurde, zur allgemeinen Verwirrung. Es muss Druck von oben gegeben haben – Verband? Nike? Vielleicht sogar die FIFA? – jedenfalls spielte Ronaldo dann doch. Oder besser: Er war auf dem Platz, taumelte aber mehr nur über das Spielfeld und war von seiner Top-Form, die er beim Turnier zeigte, meilenweit entfernt.

Mit de facto zehn Mann am Platz und mit ihrem Besten im Grunde nicht involviert fand Brasilien keine Antwort auf die beiden Kopfballtore, die Zinedine Zidane jeweils nach Eckbällen erzielte. So gewann der aufstrebende Star seiner Zeit nach verlorenen Europacup-Finals 1996, 1997 und 1998 nun doch endlich mal was Großes. Nicht mal Marcel Desaillys Ausschluss halb durch die zweite Hälfte konnte daran etwas ändern und Emmanuel Petit sorgte in der Nachspielzeit den 3:0-Endstand. Frankreich war der erste neue Weltmeister seit 20 Jahren.

2002 – Sportliches Chaos

Die Equipe Tricolore dominierte in den Jahren danach den europäischen Fußball, wurde als klar beste Mannschaft des Turniers 2000 Europameister. In der Tat hieß es vor der WM 2002 in Japan und Südkorea – wieder betrat man mit der ersten Endrunde in Asien Neuland – dass nur zwei Teams Weltmeister werden können, weil sie um so viel besser sind als alle anderen: Frankreich und Argentinien.Schon im Achtelfinale aber war keines der beiden Teams übrig.

In einer WM, die man nicht nach rationalen Gesichtspunkten erklären kann. Japan und Südkorea, zwei historische Feinde, wurden zusammengespannt, aber jeder wollte eigentlich seine eigene WM haben. So kam jedes der beiden Länder mit zehn modernen Stadien daher – also 20 Arenen für die 64 Spiele. Durch die extreme Klub-Saison in Europa mit der Zwischenrunde in der Champions League, durch den ungewöhnlich frühen Start der WM bereits im Mai und durch die hohe Hitze und die Luftfeuchtigkeit waren alle Prognosen schnell für die Würste.

Neben Frankreich und Argentinien war auch EM-Halbfinalist Portugal schon nach der Vorrunde draußen, eine seltsam leblose italienische Auswahl nach dem Achtelfinale, mit der Folge, dass Perugia-Präsident Gaucci den bei ihm angestellten Ahn Jung-Hwan, dessen Tor Italien besiegt hatte, feuern wollte. Dafür trumpften Außenseiter auf. Der Senegal etwa, der Frankreich im Eröffnungsspiel besiegt hatte, eine davor und danach im Weltfußball absolut inexistente Mannschaft, kam ins Viertelfinale. Die Türkei, die eine der aufregendsten Mannschaften waren, kamen ins Halbfinale, ebenso wie Co-Gastgeber Südkorea (wenn auch mit ein wenig Hilfe der Referees), ein ausgesprochen biederes US-Team hatte im Viertelfinale Deutschland am Nasenring durchs Stadion gezogen und verlor mit sehr viel Pech 0:1.

In Deutschland hatte man im Vorfeld angesichts der nicht vorhandenen Klasse diskutiert, ob man überhaupt nach Asien fliegen und sich die Blamage des allseits erwarteten Vorrunden-Aus überhaupt antun sollte, Brasilien spielte eine Katastrophen-Quali, verschliss dabei zwei Trainer und erst Luiz Felipe Scolari brachte Ruhe rein und den RoRiRo-Angriff mit Ronaldo, Rivaldo und Ronaldinho so richtig zum funktionieren. Dass sich Kapitän und Mittelfeld-Stratege Emerson bei einem Jux-Kick im Training, wo er aus Gaudi als Torwart agierte und dabei die Schulter auskegelte, hatte angesichts des puren Chaos dieses Turniers keine aufhaltende Wirkung.

Brasilien - Deutschland 2:0 (0:0)
Brasilien – Deutschland 2:0 (0:0)

Vor allem, weil Ronaldo nach einer Serie von schweren Verletzungen und nach Jahren des Leidens ein nicht mehr für möglich gehaltenes Comeback feierte. Er traf in jedem einzelnen WM-Spiel und profitierte auch davon, dass sich der einzige Grund für die Final-Teilnahme der deutschen Mannschaft – der überragende Torhüter Oliver Kahn – seinen ersten echten Fehler bei diesem Turnier für die 67. Minute des Finales aufgehoben hatte. Kahn ließ, nachdem Deutschland auch ohne den gelbgesperrten Michael Ballack eine erstaunlich gute Figur gemacht hatte, einen Schuss von Rivaldo prallen und Ronaldo staubte ab. Elf Minuten später ließ Rivaldo für Ronaldo durch, dieser zog ab, das 2:0. Die Entscheidung, der fünfte Titel für Brasilien und die persönliche Wiedergutmachung für Ronaldo.

2006 – Sommermärchen

In Deutschland passierten 2006 drei erstaunliche Dinge, mit denen nach den Erfahrungen der Vergangenheit nicht unbedingt zu rechnen war. Zum einen, dass das Team des Gastgebers nach wenigen guten, aber ziemlich vielen ziemlich schlechten Turnieren seit dem Titel 1990 plötzlich wieder ein ernst zu nehmender Faktor war, den man sich angesichts der flotten Spielweise auch gut ansehen konnten. Zweitens, dass das im Land der Humorlosen und Stocksteifen so etwas wie einen neuen Patriotismus auslöste, bei dem man sich nicht gleichzeitig für den 2. Weltkrieg entschuldigen muss – Stichwort „Sommermärchen“.

Und drittens, dass es plötzlich mit allen anderen sportlichen Überraschungen vorbei war. Zwei Jahre davor hatte Griechenland noch die Europameisterschaft gewonnen, aber nach den vielen Mittelklasse-Teams in Viertel- und Halbfinals bei den drei WM-Turnieren davor lief nun wieder alles erstaunlich nach Plan. Schon im Viertelfinale war nur noch ein einziges Team dabei, das man dort vor dem Turnier nicht unbedingt erwartet hatte, und die Ukraine haben auch nur aufgrund einer günstigen Auslosung und eines Elferschießen-Sieges gegen die Schweizer im Achtelfinale dorthin. Und war beim 0:3 gegen Italien auch chancenlos. Doch sonst war alles irgendwie wie früher: Den Teams, die in der Vorrunde aufgeigen (diesmal: Argentinien, Spanien) ist ein frühes Aus beschieden. Den Teams, die langsam loslegen (diesmal: mal wieder Italien und ganz extrem Frankreich) gehören die entscheidenden Spiele. So beendete Italien mit Toren in den Minuten 119 und 122 die Finalhoffnungen der Gastgeber und in Zidanes letztem Turnier ein Elfer im Halbfinale die Finalhoffnungen von Figo in seinem letzten Turnier.

Italien - Frankreich 1:1 n.V. (1:1, 1:1), 5:3 i.E.
Italien – Frankreich 1:1 n.V. (1:1, 1:1), 5:3 i.E.

Wie schon 1982 kam Italien mit einem Serie-A-Skandal im Rücken zur Endrunde, und wie 1982 war es auch ein davon ausgelöstes „Jetzt-Erst-Recht“-Gefühl, das die Mannschaft immer mehr zusammen schweißte. Im Finale brachte ein frühes Gegentor von Zidane aus einem unter die Latte gezitterten Elfer Italien auch nicht aus der Ruhe, wenige Minuten später glich Innenverteidiger Materazzi nach einer Ecke aus.

Bei diesem 1:1 blieb es auch lange, bis in die Verlängerung, bis auch zu jenem Zeitpunkt, an dem sich Zidane vom nicht gerade mit Universitäts-Diploma überhäuften Materazzi provozieren ließ und zum Stier wurde, der seinen Gegner per Kopfstoß in die Brust fällte. Die rote Karte für Zidane in seinem letzten Spiel, einem WM-Finale, gab zwar ein emotionales Bild ab, als er am bereitstehenden Pokal vorbei in die Katakomben schlich, hatte aber für den Ausgang des Spiels bzw. des Elferschießens keine Auswirkung. Zidane wäre im Shoot-Out als letzter Franzose drangewesen. Dazu kam es nach Trezeguets Lattenschuss aber nicht mehr. Italien war Weltmeister.

2010 – Öööööööööööööööööööööööö

Sepp Blatter war beleidigt. Der FIFA-Boss hätte schon 2006 die WM gerne in Südafrika gesehen, das Exekutiv-Komitee machte ihm aber einen Strich durch die Rechnung. Also erfand sich der Blatter-Sepp ein wunderbares Prinzip, um seinen Willen durchzusetzen: Die Kontinental-Rotation. Blatter sagt, für die WM 2010 dürfen sich nur afrikanische Länder bewerben. Prompt bekam er mit Südafrika seinen Wunsch. Und nachdem auch endlich Südamerika 2014 wieder eine WM bekam, mit Brasilien als einzigem Bewerber (die wohl langweiligste Host Selection ever), war’s mit der Kontinental-Rotation auch schon wieder vorbei.

Schnell vorbei war die WM 2006 ja für Brasilien gewesen, man agierte wie eine Ansammlung von Feuerhydranten (eher bewegungsarm) und schied im Viertelfinale aus. Für das Turnier in Südafrika sollte Carlos Dunga die richtige Mischung aus Pragmatismus und Angriff finden – umsonst, wieder war im Viertelfinale Schluss. Der andere Favorit, Europameister Spanien, setzte dafür eher auf die ultimative Form des Defensiv-Fußballs – Ballbesitz Ballbesitz Ballbesitz. Und die Zuseher in Südafrika setzten auf ihr bewährtes Mittel zur Herstellung von Stadion-Sound: der Vuvuzela. Ööööööööö.

Auch die gewöhnungsbedürfte Kulisse konnte aber nicht verhindern, dass Südafrika als erster Gastgeber überhaupt jemals die Vorrunde nicht überstand. Einige Nebengeräusche gab es auch bei Frankreich, wo die Spieler ihren Teamchef Domenech, der ihnen mit seiner schrulligen, esoterischen und gleichzeitig überstrengen Art schon seit Jahren mächtig auf den Sack gegangen war, boykottiertern. Deutlich unspektakulärer war da schon das Vorrunden-Aus von Titelverteidiger Italien. Man war einfach nicht gut genug.

Das Turnier verlief weitgehend pannenfrei (wenn man vom englischen Torhüter Rob Green absieht) und es gab auch wieder die eine oder andere Überraschung, allen voran Uruguay. Das kleine Land zwischen Argentinien und Brasilien, das zuletzt über 50 Jahre davor so etwas wie echte fußballerische Relevanz hatte, schaffte es angetrieben von Diego Forlán und der Handarbeit von Luis Suárez bis ins Halbfinale. Auch mit Ghana und Paraguay unter den letzten Acht konnte man nicht unbedingt rechnen. So sehr das Turnier aber lange ein Festival der südamerikanischen Teams war – nur eines der 14 Vorrunden-Spiele verlor das CONMEBOL-Quintett und auch im Achtelfinale flog man nur gegen Seinesgleichen aus dem Turnier – trafen sich im Finale dennoch mit Europameister Spanien und mit Holland zwei euopäische Teams. Womit erstmals ein solches außerhalb des eigenen Kontinents Weltmeister wurde.

Spanien - Niederlande 1:0 n.V.
Spanien – Niederlande 1:0 n.V.

Im Endspiel tat Oranje dann alles, um das mühsam über Jahrzehnte aufgebaute Image des schöngeistigen Angriffs-Fußballs in Rekordzeit zu zerstören. Man trat auf alles ein, was sich nicht rechtzeitig aus dem Staub machen konnte, Nigel de Jong durfte trotz eines Kung-Fu-Tritts gegen Xabi Alonso weitermachen, insgesamt verteilte Referee Webb zehn gelbe Karten alleine gegen Holland, davon zwei gegen John Heitinga. Spanien behielt aber immer den Kopf oben, ließ sich nicht zu Revanche-Fouls hinreißen und wurde dafür belohnt, indem Arjen Robben alleine auf Casillas zulaufend vergab.

Als man sich schon auf ein Elfmeterschießen nach 120 torlosen Minuten eingestellt hatte, traf Andrés Iniesta nach 116 Zeigerumdrehungen doch noch zum Sieg. Womit Spanien der erste Premieren-Weltmeister seit Brasilien 52 Jahre davor wurde, der den ersten Titel nicht im eigenen Land eingefahren hat. Einen neuen Weltmeister kann es 2014 auch geben. Aber ein neuer Weltmeister mit Heimvorteil? Das geht sich nicht aus.

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1974 – BRD Weltmeister, DDR sei Dank

Erst zwei Jahre waren vergangen, seit dem Terror-Anschlag auf die Olympischen Spiele in München. So gesehen war die erstmalige Teilnahme der Nachbarn aus dem Real Existierenden Sozialismus, der zwei Jahre davor Olympia-Bronze geholt hatte und zwei Jahre danach sogar Gold in die DDR heimbringen würde, angesichts der Spannungen zwischen Berlin und Bonn auch nicht ganz unheikel. Zumal die DDR nicht nur in der Vorrunde gegen die BRD gelost wurde, sondern das zweite Gruppenspiel gegen Chile ausgerechnet in West-Berlin austragen musste. Für die DDR-Führung, die West-Berlin nie anerkannte, ein politischer Affront – und dass die DDR-Auswahl gnadenlos niedergepfiffen wurde, obwohl sich in Chile gerade eine überaus brutale Militär-Diktator verdingte, machte die Sache nicht besser.

Das BRD-Team, das 1972 mit Netzer als Regisseur glanzvoll Europameister geworden ist, spielte beim 1:0 gegen Chile unterirdisch, und kaum besser beim 3:0 gegen Australien. Das Flügelspiel mit Flohe und Grabowski lahmte, der alte Overath (30), der statt des formschwachen Netzer spielte, fand nicht ins Turnier, Antreiber Hoeneß agierte mit angezogener Handbremse. So war es nicht ganz unlogisch, dass im Duell gegen die DDR in Hamburg – in dem es dank der geistlosen gegenseitigen Manndeckung praktisch auf dem ganzen Feld vor allem auf den Willen und die Galligkeit ankam – ein spätes Tor von Jürgen Sparwasser den 1:0-Sieg für die DDR brachte.

Was für die BRD nur gut war. Zum einen übernahm Kapitän Beckenbauer (28) in der Nacht danach bei einer heftigen Aussprache im Teamcamp in abgeschiedenen Nest Malente de facto das Kommando in der deutschen Delegation, ein reinigendes Gewitter war das. Und zum anderen kam die DDR als Gruppensieger in die Zwischenrunden-Staffel mit den grandios aufspielenden Holländern, Weltmeister Brasilien und den unguten Argentiniern. Die BRD hatte mit Jugoslawien, Schweden und Polen die deutlich leichteren Gegner erwischt.

Deutschland - Niederlande 2:1 (2:1)
Deutschland – Niederlande 2:1 (2:1)

Dennoch brauchte es auch Glück, um das Finale zu erreichen – hätte es im letzten Spiel gegen Polen nicht aus Kübeln gegossen und auf dem Swimming-Pool-ähnlichen Platz in Frankfurt nicht eine veritable Lotterie gegeben, die Polen hätten vermutlich gewonnen. So aber wurschtelten sich die Deutschen ins Finale, in dem Holland wartete.

Feyenoord und Ajax hatten zuvor viermal hintereinander den Meistercup nach Holland geholt und der junge Bondscoach Rinus Michels (42) brachte die Idee vom „Totaalvoetbal“ um Johan Cruyff auch in die Nationalmannschaft. Es funktionierte: Da jeder alles spielen konnte und es auch tat, waren die zu jener Teil starr in der Idee der Manndeckung agierenden Gegner heillos überfordert.

Im Finale ging Holland durch einen (korrekten) Elfer in der 2. Minute früh in Führung und hatte alles unter Kontrolle, bis Deutschland durch einen (zumindest harten) Elfer zum Ausgleich kam. Kurz vor der Pause legte Gerd Müller das 2:1 nach, ehe sich die Deutschen darauf verlegte, irgendwie das Resultat über die Zeit zu retten. Was dank eines herausragenden Sepp Maier im Tor auch gelang.

1978 – Unappetitlicher Weltmeister

Als die FIFA die folgende Endrunde zwölf Jahre im Voraus nach Argentinien vergab, herrschte dort noch keine brutale Militär-Diktatur. Als das Turnier 1978 kam allerdings sehr wohl. Eines der unappetitlichsten Regimes des 20. Jahrhunderts nützte die Endrunde natürlich schamlos zu Propaganda-Zwecken aus. Sätze wie jener des deutschen Kapitäns Berti Vogts, er habe keine politischen Gefangenen gesehen und darum könnte es ja nicht so schlimm sein, wirken angesichts der wohl ingesamt rund 30.000 beseitigten Regimegegnern wie blanker Hohn.

Um den inneren Widerspruch perfekt zu machen, wurde Argentinien bei der Heim-WM von einem offen linken, langhaarigen Philosophen trainiert. Kettenraucher César Luis Menotti (39), wegen seiner hageren Gestalt „El Flaco“ genannt, der Dürre, verköperte alles, was das Regime verachtete. In der Vorrunde quälte sich sein Team zu zwei knappen Siegen gegen Ungarn und Frankreich und verlor dann gegen Italien – die Druck des Gewinnen-Müssens belastete die Albecelete. Zum einen wegen des Fans, die wegen der eigenen Titellosigkeit gegenüber den drei Erfolgen der Brasilianer bereits einen Minderwertigkeitskomplex entwickelten. Und wegen des Regimes, für das nichts anderes als der Sieg zählte.

Aber auch andere Teams blieben hinter den Erwartungen. Schottland etwa, hoch gewettet, verlor gegen Peru und war schnell draußen. Auch die Spanier, die gerade von einer Militär-Diktatur befreit worden waren, blieben früh hängen. Weltmeister Deutschland gewann weder gegen Polen noch gegen Tunesien, kam aber noch weiter. Die Leistungen wurden nicht besser und die Mini-Chance auf das kleine Finale zerstoben mit einem 2:3 im letzten Zwischenrunden-Spiel gegen die positive Überraschung des Turniers – jene Österreicher, die erstmals nach zwanzig Jahren wieder bei einer WM waren.

In der anderen Gruppe brauchte der Gastgeber einen hohen Sieg gegen Peru, um noch das Finale gegen die weiterhin starken Holländer zu erreichen. Peru legte sich auf den Rücken und ließ sich 6:0 überrollen. Man kann es als erwiesen betrachten, dass Argentinien dem befreundeten Regime in Lima gigantische Lebensmittelmengen als Gegenleistung lieferte und unliebige Oppositionelle beseitigte.

Argentinien - Niederlande 3:1 n.V. (1:1, 1:0)
Argentinien – Niederlande 3:1 n.V. (1:1, 1:0)

Auch vorm Endspiel wurde mit allen Mitteln gearbeitet, um Argentinien einen Vorteil zu verschaffen: Für den holländischen Bus gab es bei der Anfahrt keine adäquate Eskorte, dann ließ die Albiceleste den Gegner minutenlang vorm Anpfiff alleine am Rasen warten, wo sie dem Furor der Menge ausgeliefert war und bewegte sich erst zum Anstoß, als die Handmanschette von René van de Kerkhof entfernt war – die war während des ganzen Turniers kein Problem gewesen.

Das Team um Libero Daniel Passarella (25), den zierlichen Giftzwerg Osvaldo Ardiles (26) und den kraftvollen Torschützenkönig Mario Kempes (24) hatte das Spiel unter Kontrolle, ging nach einer halben Stunde durch Kempes in Führung und hielt die von Ernst Happel betreuten Holländer lange gut in Schach. Bis Joker Dick Nanninga zehn Minuten vor Schluss das 1:1 besorgte und Rob Rensenbrink in der Nachspielzeit noch eine Riesenchance hatte, aber nur den Pfosten traf.

So ging’s in die Verlängerung, wo erst Mario Kempes das 2:1 besorgte und dann Rechtsaußen Daniel Bertoni mit dem 3:1 den Deckel draufmachte. Holland hatte zum zweiten Mal hintereinander ein WM-Finale verloren.

Das einzige WM-Finale nach 1938 und bis 2006 im Übrigen, in dem weder Brasilien noch Deutschland vertreten war.

1982 – Durchgebrunzt

Im Sommer 1982 wurde Spanien von einer fast noch nie gesehenen Hitzewelle überzogen – praktischerweise genau während der WM. Die dennoch einige Glanzlichter sah, vor allem von den Brasilianern. Die Seleção um Sócrates und Zico verzauberte die Welt mit wunderschönem Fußball. Dass sie das Turnier gewinnen würden, stand früh außer Frage, bis ein 2:3 in der Zwischenrunde gegen Italien doch alles zunichte machte.

Weil sich bei den tropischen Bedinungen diejenigen Teams am besten hielten, die möglichst langsam anfingen. So wie Italien – mit drei Remis in der Vorrunde in einer Gruppe mit Polen, Kamerun und Peru durchgebrunzt. Wie die Deutschen, sie sich nach einer erstaunlichen Auftaktpleite gegen Algerien mit einem Nichtangriffspakt gegen Österreich in die Zwischenrunde schummelten. Wie EM-Finalist Belgien, der El Salvador 1:0 bewzang – vier Tage, nachdem die Mittelamerikaner in ein 1:10 gegen Ungarn gelaufen waren.

Die Italiener, die von einem Wettskandal in der Serie A erschüttert nach Spanien fuhren, fanden immer besser zusammen und zwei Tore von Paolo Rossi, einem Hauptbeteiligten an dieser unschönen Sache, sicherten das 2:0 im Halbfinale gegen Polen. Während Europameister Deutschland gegen Frankreich alles in die Waagschale werfen musste. Vor lauter Einsatz rammte etwa Goalie Toni Schumacher Gegenspieler Battiston mehrere Zähne aus dem Gebiss. Nach einem 1:1 war Frankreich in der Verlängerung schon 3:1 voran, letztlich gewann aber Deutschland im Elferschießen.

Italien - Deutschland 3:1 (0:0)
Italien – Deutschland 3:1 (0:0)

Im Endspiel trafen sich dann eine wenig spektakuläre italienische und eine wenig spektakuläre deutsche Mannschaft in einem auch nicht besonders spektakulären Spiel. Erst nach einer Stunde brach Paolo Rossi die Gegenwehr, die körperlich erledigten Deutschen konnten nicht mehr kontern. Ehe Paul Breitner das Ehrentor erzielen konnte, hatten Marco Tardelli und der früh für den verletzten Graziani eingewechselte Alessandro Altobelli schon eine komfortable 3:0-Führung heraus geschossen.

Italien schloss mit dem dritten Titel, dem ersten nach 44 Jahren, mit Brasilien auf, war damit Rekord-Weltmeister – und wurde als solcher in der folgenden EM-Quali Gruppenvierter. Hinter Rumänien, Schweden und der Tschechoslowakei.

1986 – Die Hand Gottes

Deutschland quaifizierte sich zwar, krachte aber schon in der Vorrunde raus und schasste Bundestrainer Jupp Derwall. Für ihn kam der mittlerweile 39-jährige Franz Beckenbauer, ohne Trainerlizenz, aber mit großen Hoffnungen.

Mexiko durfte 16 Jahre nach dem ersten Mal schon wieder eine Endrunde ausrichten. Weil Kolumbien sich mit der Ausrichtung der WM finanziell zu überheben drohte, sprang Mexiko kurzfristig ein. Wieder waren es dabei die Höhenlage und die Hitze, die den Teams zu schaffen machte. Und wieder waren es die weniger glanzvoll agierenden Teams, die letztlich auftrumpften.

Allen voran waren es nämlich die Dänen, die im Vorfeld schon als heißer Titelkandidat gehandelt wurden und entsprechend spektakulär durch die Gruppenphase schnitten – etwa mit einem 6:1 gegen Uruguay und einem 2:0 gegen Deutschland, ehe man im Achtelfinale Spanien ins offene Messer lief. Auch Brasilien zeigte wieder Fußball für’s Auge, scheiterte aber im Viertelfinale an Frankreich.

Womit wieder die Stunde der Durchwurschtler schlug – die der Deutschen. Ziemlich harzige Vorrunde, ein Gequäle beim 1:0 gegen Marokko, ein Gewürge mit Sieg im Elferschießen gegen Mexiko, eine Zitterei bis zum Schlusspfiff im Halbfinale gegen Europameister Frankreich. Schlimm war das. Und schlimm war auch, wie Argentinien im Viertelfinale England bezwang – mit einem wunderschönen Solo von Maradona und einer nicht so schönen Handarbeit von Maradona. Der trotz eindeutiger Beweise darauf beharrte, es wäre die Hand Gottes gewesen, die den Treffer erzielt hätte. Ja, eh.

Argentinien - Deutschland 3:2 (1:0)
Argentinien – Deutschland 3:2 (1:0)

Das Argentinien von 1986 hatte rein gar nichts mehr mit dem von 1978 zu tun. Unter Carlos Bilardo wurde ein strenger Defensiv-Fußball gespielt, mit einem Libero, zwei Manndeckern, zwei Außendeckern und drei Abfangjägern.

Vor und nach dem 1:0 durch Libero José Luis Brown – Schumacher hatte eine hohe Flanke falsch eingeschätzt – blieb es auch im Endspiel eher mäßig unterhaltsam, was auch an der Anstoßzeit von 12.00 Uhr Mittags lag – es war einfach zu heiß für grandiosen Tempo-Fußball. Und als Jorge Valdano nach einer Stunde auf 2:0 stellte, glaubte niemand mehr daran, dass die biedere Arbeiter-Truppe aus Deutschland das noch aufholen könnte.

Vor allem, weil Argentinien nun die Schotten dicht machte. Dass man Deutschland nie abschreiben soll, auch wenn man noch so eine durchschnittliche Truppe am Start hat, zeigte sich aber auch in diesem Spiel: Zwei Ecken, zwei Tore – eins von Kapitän Karlheinz Rummenigge, eins vom eingewechselten Rudi Völler – sorgten in den Minuten 74 und 81 für den Ausgleich.

Entscheidend war aber letztlich dennoch das Genie von Diego Maradona – sein Zuckerpass in eine entblößte Abwehr auf Burruchaga brachte das 3:2 und den zweiten Titel für Argentinien.

1990 – Höhepunkt der Langeweile

Mit Holland wurde eine absolut offensiv orientierte Mannschaft Europameister, aber die generelle Tendenz im Weltfußball war klar defensiv. Die Spiele waren immer mehr geprägt von Sicherheitsdenken, und die Endrunde in Italien bildete den Höhepunkt davon. Alleine im Spiel gegen Deutschland fabrizierte etwa der Außenseiter aus der Vereinigten Arabischen Emiraten über 50 Rückpässe, die Muhsin Musabah allesamt sehr zeitintensiv mit der Hand aufnahm – das Resultat dieses generellen Trends zum Sicherheitsdenken kulminierte in einem Turnier voller quälend langweiliger Spiele, für die sich das Heimpublikum aus der Serie A begeistern konnte, der Rest der Welt aber nicht. Direkte Folge: Die Rückpassregel.

Was der Rest der Welt sah, war ein Titelverteidiger, der über weite Strecken agierte wie in der ganzen Zeit seiner Regentschaft: Eine seltsam leblose Truppe, die sich eine Ohrfeige nach der anderen abholte – zunächst auch, nachdem der zunehmend panische Verband im Vorfeld der WM Carlos Bilardo als Teamchef zurück holte. Im Eröffnungsspiel gab’s gleich mal ein 0:1 gegen Kamerun, der Weltmeister schummelte sich als Gruppendritter noch irgendwie ins Achtelfinale. Nach einer Vorrunde, in der nur ein einziges der 24 Teams mehr als sechs Tore zustande gebracht hatte. Und war die Vorrunde zumindest nur spielerisch nicht schön, wurde es im Achtelfinale richtig ekelhaft, als Frank Rijkaard zielsicher in die Lockenpracht von Rudi Völler spuckte.

Das einzige Team, das alle mit seiner positiven Herangehensweise auf seine Seite schlug, war Kamerun. Nach dem überraschenden Sieg im Eröffnungsspiel wurde das Team um Oldboy Roger Milla (38) Gruppensieger und eliminierte im Achtelfinale die hochgewetteten Kolumbianer um den wandelnden Wischmop Carlos Valderrama. So wurde Kamerun das erste afrikanische Team in einem WM-Viertelfinale, und hätte man nicht gegen ein (wie es dem Zeitgeist halt entsprach) sehr diszipliniertes, aber nicht gerade funkeldes Team aus England im Viertelfinale nicht äußerst unglücklich und unverdient nach Verlängerung verloren, man wäre sogar das erste und bis heute einzige afrikanische Team in einem Halbfinale gewesen.

Von allen guten Teams die stabilsten waren die Deutschen und die Italiener. Die Gastgeber kassierten auf ihrem Weg ins Halbfinale nicht ein einziges Gegentor und man hatte mit Toto Schillaci den überraschenden Torschützenkönig in seinen Reihen, aber gegen Argentinien war im Elfmeterschießen Schluss. Und auch das andere Halbfinale ging ins Shoot-Out, dieses entschied Deutschland gegen England für sich – so gab es eine exakte Neuauflage des Finales von 1986. Das einzige Mal, das es zweimal hintereinander die gleichen Länder ins Endspiel geschafft hatten.

Deutschland - Argentinien 1:0 (0:0)
Deutschland – Argentinien 1:0 (0:0)

Diesmal war aber alles umgekehrt. Deutschland war eine stabile, gutklassige Mannschaft, die den amtierenden Europameister besiegt hatte, die die starken Tschechoslowaken auch mit einer schlechten Leistung bezwangen. Argentinien hingegen mogelte sich so ins Finale, wie das vier Jahre davor die Deutschen getan hatten: Zitter-1:0 gegen Brasilien, Elferschießen gegen Jugolsawien, Elferschießen gegen Italien, in keinem Spiel die bessere Mannschaft. Ein zynisches Team, das noch mehr als das von 1986 von Maradona lebte. Von einer humorlosen Defensive. Und von einer Spielweise, die mit Fug und Recht als „schmutzig“ zu bezeichnen ist.

Das Endpsiel von Rom beendete Argentinien nach den Ausschlüssen von Dezotti und Troglio mit acht Feldspielern, dennoch brauchte es einen späten Elfmeter für den hochverdienten Sieg der Deutschen. Andi Brehme versenkte den Ball im rechten Torwart-Eck und Deutschland hatte nach zwei verlorenen Finals endlich den dritten Titel in der Tasche. Nachdem man vier der vergangenen fünf Endspiele erreicht hatte war man nun gemeinsam mit Brasilien und Italien Rekord-Weltmeister.

Und weil die gut ausgebildeten Spieler der ehemaligen DDR nach der Endrunde zum deutschen Team stießen, ließ sich der scheidende Teamchef Beckenbauer zu dem Sager hinreißen, dass Deutschland nun „auf Jahrzehnte hin unschlagbar sein“ werde. Der Kaiser irrte. Rom war nicht der Startpunkt einer deutschen Ära. Sondern ihr Ende. Die Globalisierung des Fußballs hielt Einzug, eine Entwicklung, die Deutschland komplett verschlief. Aber mehr dazu in Teil 4!

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Island sensationell im Viertelfinale – der letzte freie Platz könnte aber ausgelost werden! https://ballverliebt.eu/2013/07/18/island-sensationell-im-viertelfinale-der-letzte-freie-platz-konnte-aber-ausgelost-werden/ https://ballverliebt.eu/2013/07/18/island-sensationell-im-viertelfinale-der-letzte-freie-platz-konnte-aber-ausgelost-werden/#respond Wed, 17 Jul 2013 23:14:28 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9129 Island sensationell im Viertelfinale – der letzte freie Platz könnte aber ausgelost werden! weiterlesen ]]> „Unsere Handball-Herren haben 2008 Olympia-Silber geholt“, sagte Islands Teamchef Siggi Eyjólfsson nach dem 1:0 seiner Fußball-Frauen über Holland, „aber gleich danach kommen jetzt wir, sporthistorisch gesehen!“ Als größter Außenseiter des Turniers gestartet, holten die Kickerinnen von der 300.000-Seelen-Insel ein Remis gegen Norwegen und nun auch einen Sieg gegen Holland. Womit sensationell das Viertelfinale erreicht wurde.

Der deutschen 0:1-Niederlage gegen Norwegen zum Trotz – das den Effekt hatte, dass man nun im vermeintlich leichteren Turnier-Ast „umzieht“ und Frankreich erst im Finale bekommen zu können: Island war die eigentliche Story des Tages.

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Die Ketten zusammen schieben, Holland nicht das Tempo von Spitze Manon Melis ausspielen lassen. Nach Ballgewinn schnell umschalten, über die Außenbahnen kommen, den Weg zum Tor suchen – so sah der Plan von Island aus. Die Holländerinnen? „Wir haben zu viel Platz im Zentrum gelassen“, war Bondscoach Reijners zerknirscht, „die zwei im defensiven Mittelfeld standen zu tief, die vier vorne waren zu viel auf sich alleine gestellt!“ Darüber hinaus war bei Holland viel zu wenig Bewegung ohne Ball, es gab oft keine sinnvollen Anspielstationen im Aufbau.

Holland - Island 0:1 (0:1)
Holland – Island 0:1 (0:1)

Und Island hatte Platz zum Kontern, erwischte Holland immer wieder auf dem falschen Fuß. Dass nur der Versuch von Dágny Brynjársdóttir nach einer halben Stunde zum 1:0 im Tor war, schmeichelte Holland durchaus. Für die zweite Hälfte brachte Reijners mit Dekker statt Slegers einen neuen Achter, dazu tauschten Solo-Spitze Melis und LM Martens die Plätze. Durch das Tempo von Melis bekam Oranje nun deutlich mehr Zugriff auf dieser Außenbahn und drückte Island ordentlich hinten rein.

Aus eigenen Aktionen wurde Holland zwar kaum gefährlich, aber Island ist nun mal immer für einen Schnitzer in der Abwehr gut. Aber nachdem Torfrau Guðbjörg Gunnarsdóttir zweimal in höchster Not rettete, war das 1:0 nach einer Abwehrschlacht in der zweiten Hälfte über die Zeit gebracht. Island im Viertelfinale – da sprangen sogar die isländischen Journalisten beim Schlusspfiff auf und jubeleten.

Auch die Journalisten aus Island waren aus dem Häuschen
Auch die Journalisten aus Island waren nach dem Schlusspfiff aus dem Häuschen

Margrét-Lara Viðarsdóttir (im Jubelbild oben die Blonde mit der Nr. 9), die auch schon für Duisburg und Potsdam in Deutschland gespielt hat und nun für Kristiansand in der Damallsvenskan in Schweden unter Vertrag steht, ist gemeinsam mit Sara-Björk Gunnarsdóttir (von Malmö) die einzige echte Top-Spielerin im Team. Sie sicherte mit ihrem Tor gegen Norwegen im ersten Gruppenspiel den ersten Punkt. Sie sagt: „Unsere große Stärke ist, an verrückte Sachen zu glauben!“

Margrét-Lara, ihr seid gerade zum Vorbild für andere Länder geworden – auch mit wenig Einwohnern kann man gleich viele Punkte holen wie Deutschland!

Es ist schon verrückt, wenn man nur daran denkt. In Island leben so viele Menschen wie in Berlin in einer Straße. Aber wenn man an etwas glaubt und eine Gruppe von Leuten hat, die alle an einem Strang ziehen, ist alles möglich. Das haben wir gezeigt.

Wenn man sich die Wettquoten vorm Turnier angesehen hat, war kein Team beim Turnier ein so großer Außenseiter wie ihr. Spielte bei euch auch eine „Wir-zeigen-es-euch-allen“-Mentalität mit?

Natürlich. Das entspricht auch der isländischen Mentalität. Obwohl wir so klein sind, und so wenige – wenn uns andere nicht ernst nehmen, sind wir am Besten. Denn dann rücken wir zusammen und schaffen Außergewöhnliches. Und ich bin auch sehr stolz, Isländerin zu sein und Teil dieser Gruppe zu sein. Jetzt leben wir natürlich schon in so etwas wie einem Traum. Jetzt sind wir im Viertelfinale und haben natürlich das Halbfinale im Sinn.

"Nach unseren Handball-Herren kommen in Island historisch gesehen jetzt schon wir": Teamchef Siggi Ejyolfsson
„Nach unseren Handball-Herren kommen in Island historisch gesehen jetzt schon wir“: Teamchef Siggi Ejyolfsson

Noch vor ein paar Monaten bezog Island beim Algarve-Cup ziemliche Prügel, kassierte ein 1:6 gegen Schweden und ein 0:3 gegen die USA – allerdings auch ohne dich und ohne Sara-Björk Gunnarsdóttir. Was ist jetzt anders, macht ihr beiden so einen Unterschied aus?

Es ist schon entscheidend, dass wir unsere besten Leute alle beisammen haben, weil wir einfach ein weniger großes Reservoir haben als Deutschland, Schweden und die anderen großen Länder. Aber es ist einfach wichtig, dass wir einen guten Team-Spirit haben. Das ist unsere große Stärke: Positiv zu denken und an verrückte Sachen zu glauben. Wir haben Europa gezeigt, dass wir bei der EM sind, um auch etwas zu erreichen – und nicht nur, um halt dabei zu sein.

Im ersten Spiel gegen Norwegen hast du mit deinem 1:1 kurz vor Schluss den ersten EM-Punkt überhaupt für Island gesichert. Wäre eine Leistung und ein Ergebnis wie jetzt beim 1:0 über Holland ohne dieses Erfolgserlebnis überhaupt möglich gewesen?

Der Punkt gegen Norwegen war extrem wichtig. Wir wussten, dass es auf diesen Punkt ankommen kann, und jetzt haben wir schon vier, wie Deutschland, und sind fix durch. Wir haben auch gegen Deutschland gekämpft, da hat es halt nicht geklappt, wir haben 0:3 verloren, die Deutschen waren halt besser. Aber gegen Holland waren wir in der ersten Hälfte das bessere Team. Wir wussten, dass wir das 1:0 über die Zeit bringen müssen und sind dann sehr tief gestanden. Aber es hat funktioniert.

Gab’s einen Zeitpunkt im Spiel, an dem dir klar war: Das wird klappen, Holland wird noch bis Mitternacht spielen können und kein Tor schießen?

Schwer zu sagen. Ich musste nach einer Stunde mit einer Muskelzerrung raus, und wenn man draußen sitzt und zusehen muss, wie Holland uns ziemlich hinten reindrückt, ist man schon nervös. Aber es sah schon so aus, als könnten wir noch zwei Stunden spielen und das Zu-Null halten, weil wir so gut gestanden sind und Guðbjörg im Tor so fantastisch war und der Team-Spirit so toll… Heute passte einfach alles!

Die Sache mit den zwei besten Dritten

tabellenIsland ist mit den vier Punkten auf der sicheren Seite, ist fix einer der beiden besten Gruppendritten. Aber wer wird der andere Dritte, der in die Runde der letzten acht kommt? Nicht ganz unwahrscheinlich ist, dass darüber das Los entscheidet. Weil Gruppen natürlich unterschiedlich stark sind, haben es manche Teams leichter, auf eine gute Tordifferenz zu kommen, als in anderen – was bei Punktgleichheit zwischen mehreren Gruppendritten ja durchaus den Ausschlag geben kann. Zudem wissen die Kandidaten aus den hinteren Gruppen genau, welches Resultat reicht, die aus den vorderen natürlich nicht.

So taten sich vor vier Jahren im letzten Gruppenspiel Schweden und Italien nicht mehr weh – die einen waren mit einem Punkt Gruppensieger, die anderen kamen mit einem Punkt noch auf einen der besseren beiden dritten Plätze. Es endete 1:1, Italien war weiter, Dänemark – zwei Tage zuvor schon fertig – war raus.

Weshalb sich die UEFA etwas ziemlich sportliches ausgedacht hat: Wenn mehrere Gruppendritte punktgleich sind, zählt nicht mehr die Tordifferenz – nein, dann wird sofort ausgelost, wer weiterkommt und wer nicht. Dann nämlich, wenn Russland oder England mit zwei Punkten Dritte werden – also es zu einem Remis gegen Spanien bzw. die fast sicher mit der Zweier-Panier spielenden Französinnen kommt. Dann hätte der Dritte der Gruppe C ebenso zwei Punkte wie mit Dänemark jener der Gruppe A.

Deutschland: Niederlage als Vorteil?

„Die Neid hat Angst vor Spanien und Frankreich“, konstatierten deutsche Fans nach ihrer Rückkehr nach Växjö vom 0:1 der DFB-Auswahl 75 Auto-Minuten entfernt in Kalmar gegen Norwegen. Der ersten EM-Endrunden-Niederlage seit zwanzig Jahren. Denn mit der Pleite gegen Norwegen und einer, wie man hört, recht uninspirierten Leistung verhindert man ein Viertelfinale gegen Spanien (gegen dieses Team gab’s in der Quali ein 2:2) und vor allem ein Halbfinale gegen jene Französinnen, die bisher die ganz klar stärkste Mannschaft im Turnier waren.

Kommt Deutschland nun über Italien im Viertelfinale drüber, wartet im Semifinale fast sicher Schweden. Zwar gegen 13.000 gelb-blaue Fans in Göteborg, aber sportlich wäre Schweden wohl ein leichterer Kontrahent als Frankreich.

(phe)

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Deutschland zeigt Oranje, wie’s gemacht wird – verdienter 2:1-Sieg https://ballverliebt.eu/2012/06/14/deutschland-zeigt-oranje-wies-gemacht-wird-verdienter-21-sieg/ https://ballverliebt.eu/2012/06/14/deutschland-zeigt-oranje-wies-gemacht-wird-verdienter-21-sieg/#respond Thu, 14 Jun 2012 00:05:48 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7483 Deutschland zeigt Oranje, wie’s gemacht wird – verdienter 2:1-Sieg weiterlesen ]]> Schaut her, Holländer, so geht das – Deutschland lieferte zumindest eine Stunde lang Anschauungs-Unterricht. Bert van Marwijk hingegen machte den gleichen Fehler wie gegen Dänemark und setzte auf eine extrem statische und unbewegliche Mittelfeld-Zentrale, die wurde von den Deutschen zerstört wurde. Dennoch gibt’s für Holland immer noch die Chance auf das Viertelfinale, weil Portugal die Dänen mit 3:2 besiegt. Trotz eines Riesen-Lochs hinter Cristiano Ronaldo.

Deutschland - Holland 2:1 (2:0)

Vorne wird gepresst, hinten wird gewartet – das war eines der größten Probleme der Holländer beim 0:1 gegen Dänemark: Die Mannschaft zerfiel in zwei Teile, einen offensiven und einen defensiven, die wenig miteinander zu tun hatten. Dänemark nützte diese fehlende Balance bei Oranje aus. Genau wie das extrem passive Spiel von De Jong und Van Bommel im Zentrum, die sich beide als reine Zerstörer ohne Aufgabe nach vorne verstanden.

Holland statisch und vorsichtig

Dennoch vertraute Bondscoach Bert van Marwijk der selben Formation wie gegen Dänemark (von der Rückkehr des von einer Verletzung genesenen Stamm-IV Joris Mathijsen mal abgesehen). Anstatt also weiterhin hoch zu pressen und dahinter das Mittelfeld aufrücken zu lassen, verzichtete Van Marwijk auf das Pressing der vier Offensiv-Leute. Anstatt also selbst zu versuchen, das Kommando zu übernehmen, Ballverluste bei den Deutschen zu provozieren und dazu Schweinsteiger und Khedira unter Druck zu setzen, passierte genau das Gegenteil.

Die Holländer standen zwar sehr kompakt, dabei aber auch extrem statisch. Wieder kam von De Jong und Van Bommel in der Vorwärtsbewegung nichts, das Tempo wurde verschleppt, es wurde kaum einmal ein Risiko-Pass versucht, sondern viel eher immer wieder hinten herum gespielt. Kurz: Es fehlte das Überraschungsmoment, es fehlte die Dynamik, es fehlte der Zug zum Tor. Viel gefährlich man mit direkten Pässen sein konnte, wurde in einigen Situationen in der ersten Viertelstunde zwar offensichtlich, aber dennoch kamen solche Versuche viel zu selten.

Deutschland macht’s richtig

Wie man es richtig macht, zeigte die deutsche Mannschaft. Hummels und vor allem Badstuber versuchten, wann immer möglich, den Vorwärtspass; Schweinsteiger und Khedira schalteten sich mit ihrer Dynamik immer wieder nach vorne ein. Der ballführende Holländer wurde immer mit zwei Leuten angepresst, so wurden auch die sich ständig wiederholenden harmlosen Querpässe bei Oranje provoziert. Es wurde konsequent nachgerückt, um keine Löcher zwischen den Reihen aufzureißen. Und im Umschalten wurde sofort Zug zum Tor entwickelt.

Mit seinen intelligenten Laufwegen schuf Özil auch immer wieder Platz für die nachrückenden Mitspieler aus dem Zentrum. Weil De Jong dem deutschen Zehner in Manndeckung nahm, um ihn aus dem Spiel zu halten, blieb oft dem langsamen Van Bommel mehr Arbeit im Zentrum gegen den sich diesmal oft zurückfallen lassenden Gomez und den aufrückenden Schweinsteiger und Khedira.

Dazu waren die Deutschen einfach auch gedankenschneller, was durch die beiden hervorragend herausgespielten Tore verdeutlicht wurde. Die Laufwege von Özil, die Übersicht von Schweinsteiger, der Torriecher von Gomez – all dem hatten die statischen und phantasielosen Holländer praktisch nichts entgegen zu setzen. Die 2:0-Führung von Deutschland zur Pause ging vollauf in Ordnung.

Anderes Bild nach der Pause

Dass es nach dem Seitenwechsel nicht in ähnlicher Manier weiter ging, lag an zwei Faktoren. Zum einen ließ die Intensität im deutschen Spiel nach: Es wurde nicht mehr so konsequent gepresst, man ließ sich etwas weiter hinten hineindrängen. Zudem wurde nicht mehr so direkt und so schnell der Weg nach vorne gesucht. Man hatte den Eindruck, die Deutschen betrachteten insgeheim das Spiel bereits als gewonnen, nachdem es vor der Pause gar so leicht gegangen war, und legten den Schongang ein.

Zum anderen natürlich, und das trug sicher noch viel mehr zum völlig anderen Bild in der zweiten Hälfte bei, waren die zwei Wechsel von Bert van Marwijk, der damit einhergehenden System-Änderung und der anderen Spielweise bei den Holländern. Statt des einmal mehr ausnehmend schwachen Van Bommel und des einmal mehr komplett wirkungslosen Afellay kamen Van der Vaart und Huntelaar ins Spiel.

Wirkung entfaltet sich erst nach und nach

2. Halbzeit

Wobei das in den ersten Minuten nach Wiederanpfiff noch gar keine so große Wirkung zeigte. Nicht nur, weil Van Persie, der nun auf der rechten Seite agierte, isoliert blieb und sich Sneijder und Robben oft gegenseitig behinderten, weil beide von der linken Flanke kommen wollten. Sondern auch, weil Van der Vaart seine Rolle im zentralen Mittelfeld zunächst ähnlich tief stehend anlegte wie Van Bommel. Mitunter war Van der Vaart noch wesentlich tiefer als De Jong positioniert, stand gegen den Ball auf einer Höhe mit den Innenverteidigern, und holte sich die Bälle von hinten ab.

Aber immerhin: Nun kamen aus dem Mittelfeld-Zentrum auch konkrete Pässe für den Spielaufbau, nun wurde vorne auf die Gegner gepresst – wiewohl auch diesmal nicht in ausreichendem Maße nachgerückt wurde. Außerdem löste sich der Knoten auf der linken Seite, als Robben wieder auf rechts ging und Van Persie als hängende Spitze hinter Huntelaar agierte.

Nach und nach traute sich auch Van der Vaart wirklich nach vorne aufzurücken, sodass sich ein etwas schiefes 4-1-3-2 bildete. Von den fünf Defensiv-Spielern kam zwar immer noch zu wenig, aber dennoch hatten die Holländer hier – zwischen der 65. und der 80. Minute – ihre beste Phase. In die fiel auch das verdiente Anschlusstor durch Van Persie.

Eine Schwachstelle blieb aber: Arjen Robben. Nach seinem Horror-Saisonfinale mit den Bayern steht er immer noch komplett neben sich. Ihm fehlt nicht nur die Form, sondern ganz offensichtlich vor allem die innere Ruhe, um seine Leistung zu bringen. Wäre die rechte Seite nicht wieder ein Komplett-Ausfall gewesen, hätten die Holländer für noch viel mehr Druck sorgen können.

Hummels mit Problemen

Was auch daran lag, dass Mats Hummels zunehmend Probleme mit seinem Stellungsspiel bekam. Die Anwesenheit eines zweiten Stürmers schien ihn deutlich mehr zu verunsichern als Holger Badstuber, jedenfalls ermöglichten eher billige Fehler des gegen Portugal noch so starken Dortmunders, dass sich in dieser Phase immer wieder etwas Chaos in der deutschen Abwehr breitmachte.

Löw versuchte, mit Kroos statt Özil einen frischen Mann für die Zentrale zu bringen, um Van der Vaart wieder etwas weiter nach hinten zu drücken und so den Holländern jenen Punch aus dem Mittelfeld zu nehmen, der in den Minuten davor für das Aufkommen von Oranje verantwortlich war. Das, wie auch die Hereinnahme des geschickt an der Zeit drehenden Lars Bender (für Müller), ging auf und Deutschland gewann mit 2:1.

Fazit: 45 Minuten zu spät, Bert van Marwijk…

Die zweite Hälfte hat ganz eindeutig gezeigt, was Holland in der ersten gefehlt hat. Man kann Bert van Marwijk zu Gute halten, dass er seine massiven Fehleinschätzungen für die Startformation erkannt und sie für die zweite Hälfte erfolgreich korrigiert hat. Man könnte aber auch sagen: Das statische Mittelfeld-Zentrum hat gegen Dänemark schon nicht funktioniert, wie hätte es dann gegen Deutschland funktionieren sollen – noch dazu, wenn man das Spiel eigentlich gewinnen muss? Dass im holländischen Kader durchaus das Potential vorherrscht, aus dem Mittelfeld nachzurücken, dort Kreativität und Druck zu entwickeln, wurde in der zweiten Hälfte klar. Zu spät, denn ein 0:2 gegen Deutschland aufzuholen, ist kaum möglich.

Für Deutschland muss die zweite Hälfte als Warnschuss gelten. Man hat das Spiel dank einer intelligenten Vorstellung in der ersten Halbzeit gewonnen, aber nach dem Seitenwechsel ließ man sich zu leicht zurückdrängen, ließ sich die Initiative zu leicht nehmen – und das noch dazu gegen einen schwer verunsicherten Gegner, der gerade komplett umgestellt hatte. Anstatt in die Findungsphase der Holländer, die ja immerhin eine Viertelstunde dauerte, voll hinein zu bohren, wurde es dem Gegner ermöglicht, ins Spiel zurück zu kommen.

Das kann Löw nicht gefallen.

Gegen Deutschland war es ein recht klares 4-1-4-1, in dem die Portigiesen spielten. Gegen Dänemark war es nun eine anderen Situation: Nicht nur, dass der Gegner nicht so stark ist wie das deutsche Team, nein, vor allem mussten die Portugiesen gewinnen. Weshalb sich die Spielanlage etwas offensiver gestaltete. Was auch heißt: Nani und vor allem Cristiano Ronaldo spielten wesentlich höher, was aus dem System eher ein 4-3-3 machte.

Portugal - Dänemark 3:2 (2:1)

Vor allem Cristiano Ronaldo stand nicht nur recht hoch, sondern auch recht zentral. Zudem presste im Zentrum vor allem Meireles zuweilen recht heftig gegen das dänische Duo mit Kvist und Zimling. Dass letzterer schon nach einer Viertelstunde verletzt raus musste und statt ihm Jakob Poulsen kam, trug nicht gerade zur Sicherheit der dänischen Zentrale bei.

Zumal sich auch keiner der beiden, wie noch gegen Holland, zwischen die Innenverteidiger fallen ließ. Das war gegen Portugal, wo es keinen zentral spielenden offensiven Spieler gibt, nicht nötig. Doch gegen die aggressiven Gegenspieler schafften sie es nicht, für Struktur im dänischen Spiel zu sorgen. Auch, weil es diesem an der Breite fehlte: Krohn-Dehli und Rommedahl zogen sehr früh nach innen.

Das Problem dabei war, dass wenn die Außenverteidiger Jacobsn und Simon Poulsen aufrückten, war man für das extrem schnelle Umschalten der Portugiesen von Defensive auf Offensive anfällig. Vor allem über die Seite von Cristiano Ronaldo ging da relativ viel, weil Jacobsen gegen ihn und Coentrão nicht selten auf sich alleine gestellt war.

Dänen fehlen die Mittel

Als die Dänen noch überlegten, wie sie denn nun sinnvoll vor das gegnerische Tor kommen sollten, stand es dann auch schon 0:2 – erst verwertete Pepe eine Ecke, dann ließ man sich von einem schnellen Gegenstoß versenken.

Es gelang den Skandinaviern nicht, in den Rücken der Abwehr zu kommen und auch zu selten, den viel auch nach hinten arbeitenden Bendtner einzusetzen. Pepe und Bruno Alves machten, wie schon im Deutschland-Spiel gegen Gomez, zumeist einen guten Job. Den Anschlusstreffer kurz vor der Pause, eingeleitet durch einen klugen Flankenwechsel und eine Rückgabe vor die zu weit nach hinten gerückte Innenverteidigung, konnten sie aber nicht verhindern.

Selbst als sich Portugal in der zweiten Halbzeit merklich zurückzog und noch mehr auf Konter lauerte, gelang es zu selten, Überzahl-Situationen herzustellen. Nicht auf der Seite von Rommedahl, weil sich dieser dafür zu zentral positionierte. Nicht über jene von Krohn-Dehli, weil dieser gegen João Pereira keinen Stich machte und ebenfalls zur Mitte tendierte – dort aber von den aggressiven Moutinho und Meireles aus dem Spiel genommen wurden. Ebenso wie Eriksen, dem Veloso auf den Füßen stand.

Gefahr nur über die rechte Seite

Am gefährlichsten wurde es, wenn es Rechtsverteidiger Lars Jacobsen im Rücken des nicht gerade mit vollem Einsatz verteidigenden Ronaldo gelang, Coentrão entweder auszuspielen oder den Platz zu nützten, den dieser gab, wenn er eingerückt war. Solche Situationen ergaben sich aber erst dann immer öfter, als Rommedahl schon nicht mehr im Spiel war und durch Tobias Mikkelsen ersetzt worden war. Wenig überraschend fiel auch der Ausgleich, erneut durch Bendtner, nach einer präzisen Flanke über diese Seite.

Portugals Teamchef Paulo Bento musste nun natürlich alles riskieren und brachte Silvestre Varela für Meireles – der gleiche Wechsel wie gegen Deutschland. Erstaunlicherweise schaffte es Portugal tatsächlich, nach einer eher lethargisch geführten zweiten Hälfte den Schalter wieder umzulegen – das sehenswerte Siegtor von Varela belohnte das.

Fazit: Dänen stoßen an Limits, aber auch Portugal nicht frei von Sorgen

Als Dänemark gegen Holland das Spiel vom Gegner auf sich zukommen sah, verstand es die Mannschaft gut, die Kontrolle über das Mittelfeld zu bekommen und über Gegenstöße zum Erfolg zu kommen. Als man nun selbst das Spiel gestalten musste, und das gegen einen im Mittelfeld recht geschickt pressenden Kontrahenten, der noch dazu blitzschnell umschalten kann, wurden die Limits dieser Mannschaft offensichtlich. Noch dazu, nachdem mit Niki Zimling ein guter Taktgeber verletzt ausgefallen war.

Die Portugiesen sind wieder zurück im Turnier, weil sie sich bei aller Vorsicht und trotz der sehr reaktiven Spielweise wesentlich frecher und flinker zu Werke gingen als beim 0:1 gegen Deutschland. Dass allerdings hinter Cristiano Ronaldo ein ziemlich fieses Loch in der Defensiv-Arbeit klaffte, darf durchaus Grund zur Sorge geben. Nicht nur, weil die Dänen beide ihre Tore über diese Seite eingeleitet haben. Sondern auch, weil man nun gegen Holland spielt – ein Team, das gewinnen muss. Portugal wird daher wohl auch im dritten Gruppenspiel nicht die Spielgestaltung selbst übernehmen müssen; aber sicherlich die Flanke hinter Ronaldo besser schließen als gegen Dänemark

(phe)

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Deutschland rettet sich, Holland nicht https://ballverliebt.eu/2012/06/10/deutschland-rettet-sich-holland-nicht/ https://ballverliebt.eu/2012/06/10/deutschland-rettet-sich-holland-nicht/#comments Sun, 10 Jun 2012 02:36:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7425 Deutschland rettet sich, Holland nicht weiterlesen ]]> Euro 2012 / Tag 2 | Eine schwere Geburt war es, das erste Turnier-Spiel für den Mit-Favoriten aus Deutschland. Selbst hatte man großen Respekt vor den portugiesischen Flügeln, der Gegner machte das Zentrum zu – so gab’s eine recht statische Partie. Die Deutschen retteten den 1:0-Sieg, für Holland ging es nicht so gut aus: Nach dem nicht unverdienten 0:1 gegen Dänemark steht der Vize-Weltmeister schon jetzt mit dem Rücken zur Wand.

Deutschland - Portugal 1:0 (0:0)

Ganz klar: Der gegenseitige Respekt war vorhanden. Nein, mehr als das: Er war riesengroß. Das wurde in der Herangehensweise beider Mannschaften in diesem Spiel klar. So wussten die Portugiesen: Vor allem durch das Zentrum sind diese Deutschen mit den bei Real Madrid extrem gereiften Özil und Khedira, sowie mit Schweinsteiger, brandgefährlich. Das – und die Tatsache, dass es im portugiesischen Kader einfach keinen klassischen Spielgestalter gibt – führte zu einer sehr vorsichtigen Spielanlage.

Wirklich interessant war aber das Spiel über die Flanken. Cristiano Ronaldo (links) und Nani (rechts) zogen sich gegen den Ball sehr weit zurück, sodass bei Portugal ein recht klares 4-1-4-1 entstand. Ziel war es, die beiden nach Ballgewinn schnell steil zu schicken, um vor allem bei Ronaldo die klaren individuellen Vorteile gegenüber Jeroma Boateng zu nützen.

Auch deutsche Flügel vorsichtig

Allerdings wussten natürlich auch die Deutschen, welche Gefahr über Ronaldo und Nani ausgeht. Daher hatte Boateng als Rechtsverteidiger gegen Ronaldo praktisch ausschließlich defensive Aufgaben zu erfüllen und schaltete sich praktisch gar nicht in das Spiel nach vorne ein. Zwar wurde in einige Szenen der Klasseunterschied zum Superstar der Portugiesen schon deutlich, aber Boateng machte grundsätzlich einen sehr soliden Job: Er verzögerte gut, drängte Ronaldo ab und bekam auch gute Unterstützung; vermied es aber, allzu forsch an den Mann zu gehen.

Die sehr konservative Spielweise von Boateng bedeutete, dass Müller vorne ohne seinen Außenverteidiger auskommen musste. Das versuchten die Deutschen auzugleichen, indem Mesut Özil vom Zentrum immer wieder auf den rechten Flügel ging und Müller entweder kurz anspielte, oder es dem Bayern-Spieler ermöglichte, selbst an die Grundlinie oder – noch häufiger – Richtung Strafraum zu ziehen. Coentrão war damit beschäftigt und auch zumeist keine Hilfe für Ronaldo.

Auf der anderen Flanke wusste auch Philipp Lahm um die Stärke von Nani. Daher hielt sich auch der Kapitän der deutschen Mannschaft sehr zurück und beschränkte sich zumeist darauf, den Flügelspieler von Manchester United nicht zur Geltung kommen zu lassen. Auch hier hieß das, dass Lahms Vordermann (Podolski) ohne viel Hilfe von hinten auskommen musste. Podolski nützte das, um recht hoch zu stehen und João Pereira festzunageln, bzw. um zu Gomez in den Strafraum zu ziehen.

Statisches Spiel

Die Folge war ein recht statisches Spiel, in dem die Portugiesen darauf achteten, nichts durch die Mitte zuzulassen und den Raum zwischen Mittelfeld und Abwehr gering zu halten, um Özil nicht seine große Stärke, die Bewegung zwischen den Linien, zuzugestehen. Und die Deutschen danach trachteten, Ronaldo und Nani unter Kontrolle zu halten, während sie gleichzeitig wussten, dass sie durch das Zentrum nichts zu befürchten hatten.

Torchancen blieben Mangelware; die beste hatte vor der Pause Portugal mit Pepes Lattenpendler nach einem Eckball. Selbst nach dem Seitenwechsel änderte sich am Bild des Spiels wenig: Das Tempo blieb überschaubar, die Vorsicht regierte auf beiden Seiten und kein Team schaffte es, das Defensiv-Konzept des jeweils anderen auszuhebeln.

Deutsche Führung, Varelas Freiräume

Nach etwa einer Stunde allerdings hatten die Deutschen einen Weg gefunden, um in den Rücken der Abwehr zu kommen. Sie hatten sich dafür Bruno Alves und Coentrão zurecht gelegt: Es gelang nun nämlich besser, Alves im Zentrum zu binden, wenn Coentrão sich etwas nach vorne bewegt. Das ermöglichte es Müller, aber auch Özil und dem gegenüber Schweinsteiger deutlich offensiveren Khedira, Flanken Richtung Gomez zu schlagen. Einige Versuche schlugen fehl, aber in der 72. Minute fand eine abgefälschte Flanke den Mittelstürmer, der per Kopf zum 1:0 traf.

Paulo Bento musste nun natürlich alles auf eine Karte setzen und brachte Silvestre Varela für Meireles. Der Mann vom FC Porto ist zwar eher ein Flügelstürmer, agierte nun aber halbrechts offensiv und sorgte so für ein personelles Übergewicht in diesem Spielfeld-Bereich. Weil Lahm weiterhin auf Nani aufpassen musste und Schweinsteiger nach seiner Muskelverletzung offensichtlich die Zweikämpfe noch etwas scheute, hatte der neue Mann viele Freiheiten und nützte diese auch zu einer handvoll richtig guter Tormöglichkeiten.

Die Deutschen brauchten in dieser Phase dringend die Paraden von Torhüter Manuel Neuer, um das Spiel über die Zeit zu bringen. Und Neuer hielt die drei Punkte fest.

Fazit: Daran wird sich Deutschland gewöhnen müssen

Ein nicht besonders spektakuläres Spiel, aber nach der deutschen Führung durchaus spannend und am Ende, als Portugal vehement auf den Ausgleich drängte, sogar dramatisch. Die Partie war vom Vorhaben geprägt, nur ja die Stärken des Gegners zu neutralisieren um in dieser schweren Gruppe nur ja keine vermeidbare Niederlage einzustecken.

Deutschland fand mit den Flanken von der rechten Seite ein wirksames Mittel und schlugen daraus letztlich entscheidend zu. Es war beileibe kein Feuerwerk, aber das DFB-Team wird sich daran gewöhnen müssen, dass sich die Gegner äußerst defensiv verhalten, um Özil und Co. keine Räume zu geben. Da wird für das spielstarke deutsche Team Lösungen finden müssen.

Souveräne Qualifikation, dort Portugal distanziert, und trotzdem traute denen Dänen kaum jemand zu, in dieser Gruppe mehr als eine Statistenrolle zu spielen. Großer Fehler! Denn die Mannschaft von Teamchef Morten Olsen präsentierte sich gegen den Vize-Weltmeister als extrem kompakte Truppe, die defensiv extrem aufmerksam agierte und den Holländern einen ziemlichen Fehlstart verpasste.

Holland - Dänemark 0:1 (0:1)

Dänemark stellte sich zunächst einmal tief auf und erwartete Oranje mit der vordersten Front (Eriksen und Bendtner) etwa auf Höhe der Mittellinie, mit Zimling und/oder Kvist als Unterstützung, wenn es darum ging, auf Van Bommel und De Jong zu pressen. So zwangen die Dänen Holland ein überschaubares Tempo auf. Hinzu kam, dass Mathijsen-Ersatz Ron Vlaar in der Innenverteidigung in der Spieleröffnung komplett unbrauchbar ist und mit Jetro Willems ein international völlig unerfahrender Jungspund stand.

Die Flügelspieler im dänischen Team kamen zunächst kaum zur Geltung. Vor allem Krohn-Dehli machte aber defensiv gemeinsam mit Poulsen gegen Robben grundsätzlich keine so schlechte Figur, indem der half, mit Simon Poulsen gemeinsam Robben permanent doppelten. Was sie allerdings nicht verhindern konnten, waren dessen Pässe auf den sich nach außen orientierenden Van Persie. Hier war Agger zwei, drei Mal etwas unaufmerksam.

Perfekt organisiert

Was vor allem in den ersten rund 20 Minuten des Spiels häufig passierte. Holland kam zu einigen guten Chancen, und die Dänen machten da noch keine wirklich gute Figur im Spiel nach vorne. Krohn-Dehli war sehr defensiv unterwegs, Bendtner wurde kaum ins Spiel gebracht und die wenigen Vorstöße blieben harmlos. Ehe ein Pressball von Simon Poulsen eher zufällig zu Krohn-Dehli kam, dieser in den Strafraum zog und durch die Beine von Stekelenburg zum 1:0 traf.

Mit der Führung wurde die dänische Brust extrem breit. Immer deutlicher wurde nun, wie perfekt diese Mannschaft eingestellt war. Und zwar von vorne bis hinten. Denn nun rückten die Außenvertedigier Jacobsen und Poulsen immer weiter auf und beschäftigten so Robben und Afellay. Das war auch deshalb möglich, weil sich einer aus dem defensiven Mittelfeld – zumeist Niki Zimling – zwischen die Innenverteidiger fallen ließ. Kjær und Agger konnten somit nach außen absichern. Im Zentrum verblieb Kvist, bzw. die etwas einrückenden Rommedahl und Krohn-Dehli.

Holland ratlos

Damit konnte zwar die Geschwindigkeit vor allem von Rommedahl kaum ins Spiel gebracht werden, aber die Raumaufteilung war exzellent und mit den sich gut bewegenden und fleißig pressenden Bendtner und Eriksen vorne hatten die Holländer größte Probleme, das eigene Spiel aufzuziehen. Vor allem die Breite fehlte, weil Van der Wiel (schwach) und Willems (überfordert) sich viel zu wenig trauten und so auf den Flügeln eine permanente Unterzahl herrschte. Die einzige Möglichkeit der Holländer, zu Torchancen zu kommen, war über individuelle Klasse.

Die Niederländer wirkten zunehmend ratlos. Wesley Sneijder veruschte, sich dem gut abgestimmten Zentrum mit Kvist und dem sehr beeindruckenden Zimling zu entgehen, indem er sich vermehrt Richtung linke Außenbahn bewegte. Dort war Rommedahl nicht ganz so viel in die Arbeit nach hinten eingebunden wie Krohn-Dehli auf der anderen. Er brachte auch Bälle in den Strafraum, aber dort machten Kjær und Agger eine sehr starke Partie.

Spielkontrolle ohne hohe Bälle

Sehr beeindruckend war bei den Dänen, wie ruhig und diszipliniert sie agierten, wenn sie holländische Angriffe stoppten und selbst in Ballbesitz kamen. Denn weggedroschen wurde hinten gar nichts – es wurde immer versucht, den Ball ruhig in den eigenen Reihen zu halten, sich gar nicht erst auf Kopfballduelle nach 50m-Befreiungsschlägen einzulassen und so die Kontrolle über das Spiel zu übernehmen.

Vor allem mit der Maßnahme, wie schon bei der WM in Südafrika einen Sechser zwischen die Innenverteidiger zu schieben und so die Flanken zu stärken. Rund 20 Minuten vor Schluss stellte Bondscoach Van Marwijk dann um: Mit Huntelaar (statt Afellay) kam ein echter Strafraumstürmer zu dem extrem weite Wege gehenden Van Persie, Sneijder ging nun ganz auf die linke Seite; dazu kam mit Van der Vaart ein neuer Achter/Zehner für das Zentrum statt De Jong.

Morten Olsen konterte sofort, indem er mit Lasse Schøne einen gegenüber dem ausgewechselten Eriksen etwas defensiveren Spieler für die Sicherung im Zentrum brachte, dazu hielten Jacobsen und Poulsen auf den Außen nun ihre defensiven Positionen ein und die beiden Sechser machten das Zentrum auf einer Höhe dicht. Die Folge: Holland fand auch weiterhin kaum Wege Richtung Andersens Tor. Und wenn, verdaddelten sie die Chancen.

Fazit: Durchaus verdienter dänischer Sieg

„Wir waren das bessere Team“, gab Dänemarks Teamchef Morten Olsen  nach dem Spiel zu Protokoll, und man kann ihm kaum Widersprechen. Die Organisation der Dänen war nahezu perfekt, vor allem Niki Zimling zeigte eine beeindruckende Leistung. Aber auch die Innenverteidigung war sehr aufmerksam, die Außenverteidiger zeigten gute Spielintelligenz und das permanente Anpressen der holländischen Spieleröffnung machte Oranje doch zu schaffen.

Natürlich ist der Vize-Weltmeister individuell deutlich besser besetzt als Dänemark, aber dennoch müssen sie sich neben einigen vergebenen Chancen vorwerfen lassen, einfach keine gute Leistung abgeliefert und keine Strategien entwickelt zu haben, wie man den Rückstand noch zumindest ausgleichen hätte können. Zu viel baute auf Einzelaktionen und dem Vertrauen auf individuelle Klasse auf. Das war zu wenig

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