hiddink – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Tue, 21 Aug 2012 10:45:47 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Zenit das klar bessere Team – aber Hiddinks Anshi nimmt einen Punkt mit https://ballverliebt.eu/2012/08/21/zenit-das-klar-bessere-team-aber-hiddinks-anshi-nimmt-einen-punkt-mit/ https://ballverliebt.eu/2012/08/21/zenit-das-klar-bessere-team-aber-hiddinks-anshi-nimmt-einen-punkt-mit/#comments Tue, 21 Aug 2012 10:45:47 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7739 Zenit das klar bessere Team – aber Hiddinks Anshi nimmt einen Punkt mit weiterlesen ]]> Luciano Spalletti hat aus Zenit St. Petersburg nicht nur den russischen Meister der letzten zwei Jahre gemacht, sondern dabei auch noch extrem attraktiven Fußball spielen lassen. Guus Hiddink hat den Emporkömmling Anshi Machatshkala in der letzten Saison zumindest in die Europa League geführt. Das direkte Duell zeigte aber deutlich auf, wie weit Anshi von der Spitze noch entfernt ist.

Anshi Machatshkala – Zenit St. Petersburg 1:1

In der russischen Liga lässt sich mittlerweile richtig viel Geld verdienen – das ist nicht nur für Spieler ineterssant, sondern auch für Trainer. So strotzt die Liga, die erstmals nicht mehr als Kalenderjahres-Meisterschaft ausgetragen wird, nur so vor interessanten Leuten auf den Trainerbänken: Unai Emery bei Spartak, Slaven Bilic bei Lokmotiv, natürlich Leonid Slutski bei ZSKA. Und Weltenbummler Guus Hiddink, der als Coach von Anshi Machatshkala auf Luciano Spallettis Team von Zenit St. Petersburg traf.

Das ist Zenit

Der langjährige Roma-Coach Spalletti hat in den zweieinhalb Jahren, in denen er bei Zenit ist, das Team zu einem der attraktivsten in ganz Europa gemacht. Warum, wurde auch bei diesem Spiel in der Hauptstadt von Dagestan klar. Obwohl er gegenüber dem 5:0 gegen Spartak eine Woche davor mit RV Anyukov und die ZM Semak und Shirokov auf drei prominente Spieler verzichtete, ebenso fehlte der langfristig verletzte Flügelstürmer Danny und auch Kershakov war nicht mit dabei; Arshavin ist wieder zurück bei Arsenal. Das Konzept ist aber schon so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass andere Spieler auf dem Feld stehen können, und dennoch keine Abstriche gemacht werden müssen.

Das Grundgerüst der russischen Nationalmannschaft stellt Zenit, auch das 4-3-3 und das grunsätzliche Konzept hatte Dick Advocaat bei der EM von Zenit übernommen. Das Auffälligste beim amtierenden Meister ist die unglaubliche Flexibilität, die im Positionsspiel gegeben ist. Grundsätzlich ist Denisov als Taktgeber eingeplant und die ihn flankierenden Djordjevic und Siryanov als Unterstützung für die Außenverteidiger und -stürmer. Die Dreiecke, die an den Flanken gebildet werden, sind allerdings geprägt von der Tatsache, dass die Laufwege völlig unberechenbar sind.

Flexibilität und Direktheit

Da geht der Flügelstürmer schon mal ganz nach hinten, rückt der Außenverteidiger Richtung Strafraum und besetzt der aus dem Halbfeld kommende Mann die Außenbahn. Alle Varianten sind da möglich, was es dem Gegner unmöglich macht, sich wirklich darauf einzustellen. Dabei kann es aber genauso vorkommen, dass der Spieler aus dem linken Halbfeld plötzlich rechts auftaucht, dass sich Denisov nach vorne einschaltet und ein anderer absichert, und so weiter.

Die Spielweise von Zenit ist aber nicht nur von einer enormen Flexibilität geprägt, sondern auch von einer großen Direktheit im Spiel nach vorne. Es wird immer versucht, den Ball schnell durch die sich zwangsläufig bildenden Lücken im Abwehrverbund des Gegners nach vorne zu bringen. Zumeist passiert das mit Steilpässen in die Schnittstelle zwischen gegnerischen Innen- und Außenverteidigern, seltener durch Diagonalpässe. Hier kommt wieder die Flexibilität ins Spiel: Weil es für den Gegner kaum zu antizipieren ist, welcher der drei (wenn man den sehr fleißigen Mittelstürmer Kanunnikov dazurechnet, sogar vier) möglichen Angreifer steil geht, fand Zenit fast immer eine Anspielstation, während sich die Mitspieler postieren konnten.

So dominierte Zenit das Spiel klar und ging auch nach 20 Minuten hochverdient in Führung: Die Anshi-Abwehr schaffte es einmal mehr nicht, auf alle Akteure von Zenit aufzupassen, sodass Konstantin Siryanov nach einem geschickten Haken unbedrängt einschieben konnte.

Das ist Anshi

Der von Milliardär Suleyman Kerimov finanzierte Klub aus dem Krisengebiet Dagestan machte in den letzten Jahren vor allem durch große Transfers auf sich aufmerksam: Erst holte man sich Roberto Carlos (der jetzt Co-Trainer ist), dann erschlug man Samiel Eto’o mit Geld, und trainiert wird das Team von Guus Hiddink. Der gegen Zenit aber vor dem Europacup-Spiel gegen Alkmaar auf Eto’o und Zehner Mbark Boussouffa verzichtete.

Im Gegensatz zum sehr fluiden, hochattraktiven Spiel von Zenit sah Anshi hingegen fast enttäuschend normal aus – vor allem, wenn man bedenkt, dass ein Hiddink auf der Bank sitzt. Das Team spielt in einem klassischen 4-2-3-1, in dem der Brasilianer Jucilei als aus der Tiefe agierender Spielmacher die Akzente setzen soll. Das gelang dem 24-Jährigen, der vor anderthalb Jahren von den Corinthians gekommen war, aber überhaupt nicht – weil er und sein Nebenmann, Sharif Mukhammad, extrem viel in der Defensiv-Arbeit gebunden waren.

Das Spiel von Anshi wirkte vor allem deshalb langsamer, weil die Bälle viel länger gehalten wurden. Anstatt schnell den nächsten Mitspieler einzubinden, ging man bei Anshi deutlich öfter ins Dribbling, verschleppte so ein wenig das Tempo. Es wurde nach einer Option gesucht, die sich wegen den mitunter etwas lethargischen Spiels ohne Ball kaum ergab.

Wenig Struktur, viele lange Bälle

Es gelang aber auch durch das dezente, aber wirkungsvolle Pressing von Zenit, überhaupt nicht, mal selbst so etwas wie Struktur ins eigenen Angriffsspiel zu bekommen. Zudem schaffte es Anshi praktisch nie, das Tempo und die Wucht von Juri Shirkov auf der linken Außenbahn ins Spiel zu bekommen. Der Ex-Chelsea-Spieler, der bei der Euro 2008 so zu begeistern wusste, war kaum mehr als ein Mitläufer.

Und weil eben auch die Außenverteidiger mit der Übermacht von immer drei Gegenspielern pro Seite alle Hände voll zu tun hatten, blieb Anshi praktisch nur noch die Option, mit langen Bällen auf Eto’o-Vertreter Lacina Traoré vor das Zenit-Tor zu kommen. Die umsichtige Defensive mit dem Belgier Lombaerts und dem Slowaken Hubocan machte aber nicht nur in der Spieleröffnung einen guten Eindruck, sondern auch in der Defensiv-Arbeit.

Ausgleich und Umstellung

Ab ca. 60. Minute

Das Einzige, was sich Zenit vorwerfen lassen muss: Den Sack nicht zugemacht zu haben. Denn so sicher die St. Petersburger die 1:0-Führung auch verwalteten – einer kann immer reinspringen. Wie nach rund einer Stunde, als sich die Abwehr von einem eckball-gleichen Einwurf von Rasim Tagirbekov überrumpeln ließ und Oleg Shatov den Ausgleich besorgen konnte.

Hiddink hatte in der zweiten Hälfte leichte Veränderungen an seiner Formation vor. Mit Mukhammad gab er seinen zweiten Sechser auf und brachte mit Georgi Gabulov einen offensiveren Spieler, der gegen den Ball zwar neben Jucilei zurück wich, ansonsten aber aufrückte. Zudem agierte Shirkov nun wesentlich höher, zuweilen als zweite Spitze neben dem für Traoré eingewechselten Fjodor Smolov.

So versuchte Anshi, in den Rücken der Halbfeldspieler zu kommen, wenn man schon gegen die Außenverteidiger keine Chance hat. Die Überlegung gegen einen in der Intensität etwas nachlassenden Gegner war grundsätzlich nicht verkehrt; aber die höhere Qualität lag dennoch weiterhin bei Zenit.

Die Gäste waren auch in der Schlussphase einem Siegtor deutlich näher als Anshi (wiewohl es bei einem Handspiel von Lombaerts eigentlich Elfmeter für die Hausherren geben hätte müssen). Der gelang nicht, so blieb es beim Remis.

Fazit: Anshi so kein Titelkandidat – Zenit hätte klar gewinnen müssen

Die Erkenntnis, dass Zenit eine wundervolle Mannschaft ist, wurde in diesem Spiel einmal mehr bestätigt. Direktes Spiel nach vorne, hohe Flexibilität, in vielen Situationen schlicht nicht ausrechenbar – alleine der letzte Punch vor dem gegnerischen Tor ging ein wenig ab. Aber generell ist der amtierende Meister natürlich auch in dieser Saison der Favorit auf den Titel und dürfte uns auch in der Champions League wieder einiges an Freude bereiten.

Dagegen verblasste das enttäuschend unoriginelle Spiel von Anshi durchaus. Das Team von Guus Hiddink hatte lange massive Probleme, die Außenbahnen zu verteidigen. Zeigte keinen echten Plan, mit spielerischen Mitteln nach vorne zu kommen. Und wurde letztlich nur aus Standards gefährlich genug, um die Zenit-Abwehr vor Probleme zu stellen. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass das mit Boussouffa und Eto’o deutlich besser aussieht.

Doch so oder so: Mit dem Resultat darf Hiddink deutlich zufriedener sein als Spalletti, dessen Team eigentlich klar hätte gewinnen müssen. In dieser Form ist Anshi weit davon entfernt, ein ernsthafter Titelkandidat zu sein. Eine erneute Qualifikation für den internationalem Bewerb muss nach dieser Leistung als realistischere Zielsetzung gelten.

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Euro-Classics 2008 – Den Sieg erzwungen / Zum Glück gezwungen https://ballverliebt.eu/2012/06/07/euro-classics-2008-den-sieg-erzwungen-zum-gluck-gezwungen/ https://ballverliebt.eu/2012/06/07/euro-classics-2008-den-sieg-erzwungen-zum-gluck-gezwungen/#comments Thu, 07 Jun 2012 00:04:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7389 Euro-Classics 2008 – Den Sieg erzwungen / Zum Glück gezwungen weiterlesen ]]> In den Halbfinals der Euro 2008 sahen jeweils klare Favoriten (Deutschland und Spanien) gegen zwei Außenseiter mit dem Turnierverlauf auf ihrere Seite (Türkei und Russland). Letztlich setzten sich die Favoriten durch, aber nicht ohne besondere Umstände. Die einen mussten den Sieg erzwingen, die anderen wurden von der Verletzung des Torschützenkönigs zum Glück gezwungen…

Na, wer fehlte den Türken denn diesmal? Antwort: Servet, Aşık, Güngör, Emre (alle verletzt), dazu Demirel, Arda und Nihat (gesperrt). Sprich: Den Türken stand für das Halbfinale gegen Deutschland ein flotter 15-Mann-Kader zur Verfügung. Darunter noch genau ein einziger Innenverteidiger. Kein Wunder, dass Fatih Terim im Vorfeld nur halb im Scherz meinte, dass womöglich der dritte Torwart Tolga als Feldspieler eingewechselt werden müsse.

Deutschland - Türkei 3:2 (1:1)

Freilich: Das war natürlich auch ein wenig Geplänkel, um die Deutschen in Sicherheit zu wiegen. Und das gelang auch, bis zu einem gewissen Grad. Dass sich die DFB-Elf aber generell schwer tat, ein Spiel selbst zu gestalten, war dem türkischen Trainer-Fuchs natürlich nicht entgangen und es spielte auch voll in seine Karten.

Es wären auch nicht typisch für die Türken in diesem Turnier gewesen, wenn sie nicht wieder in einem komplett neuen System angetreten wären. Nach einem symmetrischen 4-2-2-2 (gegen Portugal), einem 4-2-3-1 (gegen die Schweiz), einem assymmetrischen 4-2-2-2 (gegen Tschechien) und einem 4-3-3 (gegen Kroatien) war es diesmal ein ganz klares 4-1-4-1 mit einer wie auf einer Perlenkette aufgereihten Mittelfeldreihe.

Dahinter war Mehmet Aurélio weniger die klassische Absicherung, sondern vielmehr ein recht konsequenter Manndecker für Michael Ballack. Die Türken überließen den Deuschen recht bereitwillig den Ball, pressten ab der Mittellinie mit der Viererkette im Mittelfeld recht aggressiv, und nahmen den recht statischen und einfallslosen Deutschen die Anspielstationen vorne.

Die türkischen Außen, also Kâzım rechts und Boral links, rückten zudem immer wieder ein und wurden von Sabri und Balta hinten abgedeckt, sodass im Zentrum zuweilien vier Türken gegen maximal drei Deutsche standen. Bei Ballgewinn wurden bei den Türken schnell umgeschaltet – wie beim Lattenschuss nach rund zehn Minuten. Inhaltlich waren die Roten die klar bessere Mannschaft, und nach 22 Minuten wurde auch die defensive Passivität von Podolski ausgenützt: Er verhinderte Sabris Flanke nicht, und Boral verwertete den Abstauber, nachdem der Ball an die Latte geprallt war.

Die spielerische Brillanz bracht Jogi Löw erst in Richtung der WM in Südafrika in seine Mannschaft. Für das Team in diesem Turnier gab es im Grunde nur zwei Wege zum Torerfolg: Freistöße (einer gegen Österreich und zwei gegen Portugal) und Flanken von der linken Seite (einmal gegen Kroatien und einmal gegen Portugal). So war es auch in diesem Spiel. Podolski konnte in der ganzen ersten Hälfte nur zweimal in den Raum geschickt werden, einmal brachte er eine Flanke in die Mitte, wo Schweinsteiger verwertete – eine Kopie des ersten Tores gegen Portugal.

Konkreter wurden die Aktionen nach dem Seitenwechsel auch deshalb nicht, weil Rolfes verletzt ausscheiden musste und durch Frings ersetzt wurde. Kein guter Tausch – schließlich konnte Rolfes zumindest noch Ansatzweise sinnbringende Pässe nach vorne spielen, Frings war ein reiner Zerstörer.

So plätscherte das Spiel recht ereignisarm über weiter Strecken der zweiten Hälfte. Ehe die Deutschen aus einem Freistoß (wie auch sonst) etwas unverhofft zum 2:1 kamen – Rüştü kam aus seinem Tor, kam aber nicht mehr rechtzeitig vor Klose an den Ball, dessen Kopfball landete im Netz. Doch auch hier gilt: Die Türken wären nicht die Türken, wenn sie nach diesem Nackenschlag nicht doch wieder ausgleichen hätten können.

Terim brachte Gökdeniz (für den müde gelaufenen Boral auf links) und mit Mevlüt statt Ayhan eine zumindest hängende Spitze zu Semih dazu. Und natürlich war es auch wieder die Seite des defensiv recht, nun ja, passiven Lukas Podolski, über die Sabri durchging, sich auch gegen Lahm durchsetzte und einen Pass parallel zur Toraus-Linie zur Mitte brachte – wo Semih die Kugel an Lehmann vorbei ablenkte. Das 2:2.

Nun aber ging bei den Türken die Ordnung verloren. Was zuvor vorne klar strukturiert war und wo jeder seine genauen Aufgaben kannte, herrschte nach dem 2:2 etwas Chaos, und in der Rückwärtsbewegung war Sabri nicht so konsequent wie er hätte sein müssen. So war in der Nachspielzeit bei Deutschland wieder die Variante „Angriff von links“ an der Reihe, und Lahm wühlte den Ball zum 3:2 durch die Abwehr. Nun hatten die Türken keine Antwort mehr.

Nach 80 Minuten gegenseitiger Neutralisation und zehn Minuten wilden Treibens war Deutschland im Finale, das soll aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Offensivleistung mehr als mau war. Ohne den komplett neutralisierten Ballack war kaum Kreativität vorhanden. Podolski sorgte auf der linken Seite zwar für einige gute Aktionen und war letztlich auch an allen Toren irgendwie beteiligt, war aber doch ein extremes Sicherheits-Risiko nach hinten. Und die Zentrale konnte mit dem aggressiven türkischen Mittelfeld kaum umgehen.

Eigentlich hatte Fatih Terim mit seinem verbleibenden Mini-Kader alles richtig gemacht. Doch ein beinahe klischeehaft erkämpfter, „typisch deutscher“ Sieg bedeutete für eine der faszinierendsten Teams des Turniers das Aus im Halbfinale.

Luis Aragonés hasst Gelb. Er hasst es. Und doch musste seine Mannschaft in den gelben Ausweich-Trikots zum Halbfinale gegen Russland antreten. „Dabei ist das nicht mal ein richtiges Gelb“, brummte der spanische Teamchef noch, „sondern mehr sowas Senf-ähnliches.“ Gelbe Trikots hin oder her, Aragonés wusste, dass er Juri Shirkov stoppen musste, um nach dem 4:1 im ersten Gruppenspiel auch im Halbfinale die Oberhand gegen die Russen zu behalten.

Spanien - Russland 3:0 (0:0)

Er wies Rechtsverteidiger Sergio Ramos an, so hoch wie möglich zu stehen, Shirkov schon in der russischen Hälfte festzunageln, und so dem Aufbauspiel der Russen die größte Waffe zu nehmen. Der Effekt für die russische Mannschaft war verheerend. Weil Shirkov der einzige Spieler war, der überhaupt auf diesem Flügel aufgeboten wurde, fehlte die Breite, wodurch die Sbornaja ins Zentrum gezwungen wurde – wo sie wegen den einrückenden Silva und Iniesta immer wieder in eine 3-gegen-4-Unterzahl gerieten.

Andrej Arshavin versuchte zwar, über seine Positionierung über die halbrechte Seite zu retten, was zu retten war und den Rückraum hinter Ramos zu nützen, aber weil Puyol sehr aufmerksam agierte, funktionierte das gar nicht und Arshavin war genauso aus dem Spiel genommen wie Shirkov.

Und damit das Tempo im Spiel der Russen. Die hatten zwar zunächst sogar mehr Ballbesitz, konnten aber nie Tempo aufbauen und wussten so nicht so recht, was sie mit der Kugel anfangen sollten. Allerdings kamen durch das extrem enge eigene Spiel auch die Spanier nicht so recht durch. Das änderte sich erst durch die Verletzung von David Villa nach einer halben Stunde.

Es wäre natürlich etwas hart, zu sagen, die Verletzung von Villa wäre das beste gewesen, was Spanien in diesem Spiel passieren hätte können. Was aber nichts daran ändert, dass es stimmt. Denn mit Cesc Fàbregas kam genau jener Spieler rein, der in der Folge den Unterschied ausmachte. Durch die tiefere Positionierung von Fàbregas gegenüber Villa hatten die Spanier nun teilweise eine Zwei-Mann-Überzahl im Zentrum, das sich brutal auswirkte.

Und nach dem Seitenwechsel schnell für die Vorentscheidung sorgte. Die Russen hatten nun auf so viele Spanier aufzupassen, dass Prioritäten gesetzt werden mussten, und in der Nähe des eigenen Strafraums lagen diese eher auf Torres, Silva und Fàbregas – nicht aber auf Xavi. Bei Inestas Flanke fünf Minuten nach Wiederanpfiff hatten die Russen Xavi einfach nicht auf der Rechnung. Sie ließen ihn gewähren, er traf zum 1:0, und die Russen waren schwer getroffen.

Mit Fàbregas im Mittelfeld dominierte Spanien nun nach Belieben. Shirkov blieb abgemeldet, Arshavin isoliert und mit Ausnahme von fünf Minuten in der ersten Halbzeit war auch von Pavlyuchenko nicht viel zu sehen. Stattdessen drehten die Spanier an der Temposchraube und verwirrten die Russen mit ihren ständigen Rochaden immer mehr. Torres wurde in der Folge fast im Minutentakt bedient, er vernebelte aber die besten Chancen – ehe der halb durch die zweite Hälfte für ihn eingewechselte Güiza in der 73. Minute mit seinem 2:0 den Deckel draufmachte.

Bei den Russen waren zuvor Sychov für Saenko gekommen (rechte Angriffsseite), und mit Bilyaletdinov statt Semshov (der sich erfolglos darum bemüht hatte, Xavis Kreise einzuengen) sollte etwas mehr Punch nach vorne kommen – doch mit dem 2:0 und mit der Einwechslung von Xabi Alonso für Xavi, um die vorgezogene Positionierung von Bilyaletdinov auszugleichen, war alles vorbei. Das 3:0 durch den großartig aufspielenden David Silva war nur noch die Draufgabe.

So wurde Luis Aragonés mehr oder weniger zu seinem Glück gezwungen – die Einwechslung von Fàbregas bescherte seinem Team den entscheidenden Vorteil im Mittelfeld und damit den letzlich ungefährdeten Sieg.

(phe)

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Euro-Classics 2008 – Zwei Korken-Knaller https://ballverliebt.eu/2012/06/04/euro-classics-2008-zwei-korken-knaller/ https://ballverliebt.eu/2012/06/04/euro-classics-2008-zwei-korken-knaller/#respond Mon, 04 Jun 2012 06:48:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7244 Euro-Classics 2008 – Zwei Korken-Knaller weiterlesen ]]> Spanien? Trotz starkem Kader noch immer irgendwie gescheitert. Griechenland? Den Spielverderber der spielerisch ansonsten grandiosen EM vier Jahre davor wollte keiner sehen. Schweden? Immer dabei, meistens ganz gut, aber selten wirklich aufregend. Die Russen? Zwanzig Jahre her, dass die eine relevante Mannschaft hatten. Kaum jemand interessierte sich vor der Euro2008 für die eher unscheinbare Gruppe D. Zu Unrecht, denn zumindest zwei Teams drückten dem ganzen Turnier ihren Stempel auf!

Spanien - Russland 4:1 (2:0)

Spanien – Russland 4:1 (2:0)

Luxusprobleme plagten Luis Aragonés vor dem Turnier-Start seiner Spanier. Im Mittelfeld hatte er Silva, Xavi, Iniesta und Fàbregas, dazu Xabi Alonso und Senna zur Verfügung. Vorne David Villa und Fernando Torres. Wen sollte der 69-jährige Griesgram da draußen lassen? Und doch nahm vor dem Turnier niemand die Spanier für voll. Weil sie noch immer einen Weg gefunden hatten, kolossal zu scheitern.

Gegen Russland ging Aragonés von seinem aus der Quali gewohnten 4-1-4-1 ab und brachte Villa UND Torres, Senna statt Xabi Alonso und beließ Fàbregas auf der Bank. Senna war der tiefste Spieler im Mittelfeld, Silva besetzte die linke Flanke und Iniesta nominell die rechte. Letzterer orientierte sich aber eher in die Mitte Richtung Xavi. Villa agierte als hängende Spitze und bewegte sich über die komplette Breite des Feldes.

Die Spielweise der Spanier war aber jener, die Barcelona in den folgenden Jahren praktizierte, bestenfalls ähnlich. Ja, Xavi verteilte aus der Tiefe die Bälle und es wurden die Lücken gesucht, die vor allem Villa durch seine hervorragenden Laufwege riss. Aber es gab kein Pressing. Nach Ballverlust zog sich die Mannschaft zurück, verhielt sich abwartend.

Bei den Russen hatte es Guus Hiddink geschafft, aus der eher rustikalen Mannschaft, die in den vielen Jahren davor staubtrockenen und in jeder Hinsicht un-aufregenden Fußball gespielt hatte, komplett umzupolen. Das wurde hier auch deutlich, obwohl Andrej Arshavin, der Top-Star des überragenden Uefa-Cup-Siegers Zenit St. Petersburg, in den ersten zwei Spielen gesperrt war. Hiddink setzte auf ein 4-2-3-1, in dem der Achter Konstantin Siryanov viel aufrückte, Die Flügelspieler Bilyaletdinov und Sychov viel einrückten und die Außenverteidiger – vor allem Juri Shirkov auf der linken Seite – brutal nach vorne preschten. In der Zentrale tummelten sich dann bis zu fünf Russen, die fächerartig ausscherten.

Das Resultat war in diesem Fall ein hochklassiges Spiel, der erste Spielabschnitt war zweifellos eine der herausragenden Halbzeiten des kompletten Turniers. In der beide Teams Chancen hatten – so wie Siryanovs Pfostenschuss nach 23 Minuten – aber weil sich die Russen hinten etwas naiv anstellten, scorte Spanien zweimal. Kolodin und Shirokov, fußballerisch deutlich die schwächsten Russen, standen zuweilen arg weit auseinander und zeigten sich vor allem schnellen spanischen Steilpässen aus der Tiefe nicht gewachsen. Erst legte Torres nach einem solchen für Villa quer, dann steckte Xavi für den Torjäger von Valencia durch.

Hiddink brachte für die zweite Hälfte mit Bystov einen neuen Mann für die linke Angriffsseite, er wollte damit dessen Tempo die vermeintliche spanische Schwachstelle, Linksverteidiger Capdevila, anbohren. Doch Bystrov versteckte sich von der ersten Minute an. Zudem kamen in der Folge bei den Spaniern Fàbregas (für Torres) und Cazorla (für den nach einer Lebensmittelvergiftung nicht ganz fitten Iniesta). Diese Wechsel nahmen Russland aus dem Spiel: Denn mit Cazorla (rechts) und Silva (links) waren nun beide der extrem offensiven russischen AV gebunden, im Mittelfeld stand es durch die tiefere Positionierung von Fàbregas nun endgültig 3 gegen 3, und vorne war Villa ein ständiger Gefahrenherd.

Hiddink nahm in der 70. Minute den Totalausfall Bystrov wieder vom Platz, aber das Pendel war längst in Richtung der Spanier umgeschwungen. Umso mehr, als Villa einmal mehr Shirokov austanzte und zum 3:0 traf. Die Russen waren inhaltlich übervorteilt worden, damit auch psychisch geschlagen. Der Anschlusstreffer durch Pavlyuchenko kurz vor dem Ende war nur ein kleines Aufflackern, das (Abseits-)Tor von Fàbregas in der Nachspielzeit zum 4:1 kaum noch mehr als Kosmetik.

Griechenland – Schweden 0:2 (0:0)

Griechenland - Schweden 0:2 (0:0)

War das erste Spiel an diesem Tag noch zumindest eine Stunde lang uneingeschränkt großartig, bot das Abendspiel in Salzburg die mit Abstand ödesten 90 Minuten des Turniers.

Ottos Titelverteidiger aus Griechenland kamen wie schon 2004 mit einem klassischen Libero (Dellas) und zwei Manndeckern daher (Kyrgiakos gegen Ibra, Antzas gegen Henke Larsson). Das stellte sich defensiv als Fünferkette dar, im Ballbesitz gingen alle Spieler bis auf die drei hinten und noch Basinas weit nach vorne. Die Folge: Minutenlanges Hin- und Herschieben des Balles in der eigenen Hälfte, ehe ein komplett sinnbefreiter langer Ball in die grobe Richtung des gegnerischen Tores folgte. Bezeichnend dafür etwa der 70m-Torschuss von Dellas nach einer halben Stunde, der näher an der Eckfahne landete als am schwedischen Tor. Von einem der sich schlecht bis gar nicht bewegenden Mitspieler ganz zu schweigen.

Das unglaublich langsame Tempo der Partie war aber auch möglich, weil es die Schweden tunlichst vermieden, den ballführenden Griechen auch nur im Ansatz unter Druck zu setzen. Das flache 4-4-2 von Lars Lagerbäck war extrem statisch, im Umschalten langsam, ohne jedes Pressing und bar jeder Kreativität. Kurz: Hölzern. Die besten Szenen gab es, wenn Chippen Wilhelmsson die Seite wechselte und Seitaridis einen zweiten Gegenspieler hatte.

Erst nach dem Seitenwechsel rückten die Schweden etwas auf, um nicht das ganze Spiel zuzusehen, wie sich die Griechen, in ihrer Hälfte alleine gelassen, die Zeit runterspielten. Das behagte den Griechen zwar nicht, aber weil Kyrgiakos seinen Gegenspieler Ibrahimovic auf Schritt und Tritt verfolgte, kamen die Schweden kaum zu Torchancen. Erst nach 67 Minuten entwischte Ibra seinem Bewacher und er traf mit einem sehenswerten Schuss ins lange Eck. Wenige Minuten später nudelte der aufgerückte Innenverteidiger Petter Hansson den Ball zum 2:0 über die Linie, das Spiel war entschieden. Rehhagel löste zwar seine Dreierkette auf (nominell zuindest, weil nun dafür Seitaridis hinten blieb), aber zu viele Abspielfehler, technische Unzulänglichkeiten und fehlende Kreativität verhinderten griechische Torchancen.

Stand nach dem ersten Spieltag: Spanien 3, Schweden 3, Griechenland 0, Russland 0.

Schweden - Spanien 1:2 (1:1)

Schweden – Spanien 1:2 (1:1)

Der Ansatz von Aragonés, mit Villa UND Torres zu spielen, hat sich gegen Russland ausgezahlt. Darum war der Ansatz und die Aufstellung gegen die Schweden exakt gleich. Doch stellte sich schnell ein Lerneffekt ein: Mit langen Bällen in die Spitze wird’s gegen die robuste und vielbeinige schwedische Defensive nicht viel zu holen geben. Dem 1:0 durch Torres nach einem Eckball zum Trotz.

Das Trekronor-Team tat Spanien nämlich nicht den Gefallen, wie Russland mitspielen zu wollen, sondern stellte sich tief. Lediglich die Mittelfeld-Außen Ljungberg und Elmander schauten, dass sie halbwegs hoch standen, um den Vorwärtsdrang von Ramos und Capdevila zu bremsen. Die Spielanlage der Schweden war zumindest in der ersten Hälfte aktiver als noch gegen die Griechen, der Ausgleich durch Ibrahimovic nach einer halben Stunde war die Belohnung.

Dennoch: Je länger das Spiel dauerte, umso passiver wurden die Schweden, und umso mehr ähnelte das Spiel der Spanier nun doch jener ballbesitz-orientierten Kurzpass-Orgie an, für die Xavi, Iniesta und Co. bekannt sind. Es fehlte den Spaniern an der Breite und die Schweden machten im Zentrum hervorragend die Räume dicht.

Aragones reagierte nach einer Stunde darauf und brachte, wie schon in der ersten Partie, Cazorla für Iniesta; dazu Fàbregas statt Xavi. Die Neubesetzung auf den Flügeln hatte die Folge, dass neben Elmander (und später Seb Larsson) auch Ljungberg mehr in die Defensive eingebunden war. Schweden war extrem passiv, ließ das Spiel der Spanier über sich ergehen und wollte nur noch den einen Punkt über die Zeit mauern – die Einwechslung eines zusätzliches Sechsers (Källström) für Henke Larsson war ein klares Indiz dafür.

Es gelang allerdings nicht. Weil David Silva in der Nachspielzeit doch noch eine Lücke erspähte, in die er Villa schickte. Dieser ließ noch Mellberg aussteigen und schob zum 2:1 ein. Praktisch in letzter Sekunde, aber hochverdient.

Griechenland – Russland 0:1 (0:1)

Griechenland - Russland 0:1 (0:1)

Nachdem die Russen Spanien ins offene Messer gelaufen waren, agierten sie gegen Griechenland deutlich vorsichtiger. Semshov spielte zurückgezogen, mit Siryanov war eher ein gelernter Achter auf der rechten Außenbahn aufgestellt. Arshavin saß das letzte Spiel seiner Sperre ab.

Auf der anderen Seite trauten sich die Griechen mehr zu als beim Auftritt gegen Schweden, für den sie mörderische mediale Prügel bezogen hatten. Weil die Russen nur mit einem Stürmer spielten, sparte sich Rehhagel den zweiten Manndecker, mit Patsatzoglou kam dafür ein dritter Spieler ins zentrale Mittelfeld. Somit war dort wieder Gleichstand hergestellt. Zudem sorgte die hohe Positionierung von Charisteas und Amanatidis dafür, dass die sonst so aktiven russischen Außenverteidiger nicht so zur Geltung kamen wie noch gegen Spanien.

So trafen sich die Teams ziemlich in der Mitte. Das Spiel war geprägt von langen Bällen, wenig zusammen hängenden Aktionen und generell überschaubarem Niveau. Es gelang den Russen nicht, das Spiel breit zu machen und damit Räume zu schaffen – schließlich war die Grundausrichtung der Griechen immer noch defensiv und darauf bedacht, den Gegner nicht zur Geltung kommen zu lassen.

Die Griechen erinnerten in diesem Spiel deutlich mehr an jene Leistungen, die ihnen vier Jahre zuvor den Titel beschert hatten: Hinten nicht viel zulassen, aber zweikampfstark im Zentrum und stark über die Flügel. Seitaridis preschte bis zu seinem Austausch (Muskelzerrung) kurz vor der Halbzeit so die Flanke auf und ab, wie er das in Portugal gemacht hatte und bereitete so auch die eine oder andere Chance vor.

So brauchten die Russen einen ziemlich derben Fehler von Torhüter Nikopolidis, um zum 1:0 zu kommen: Der Torhüter lief einer Bilyaletdinov-Flanke am Tor vorbei nach, Semak brachte den Ball zurück zur Mitte und Siryanov konnte aus zwei Metern mühelos verwerten. Nach dem Seitenwechsel brachten die Russen mehr Leute in die gegnerische Hälfte, weil sie merkten, dass sie von den Griechen ohne Seitaridis auf der Außenbahn nicht mehr viel zu befürchten hatten. Es blieb aber eine schwache Partie mit vielen Fehlpässen. Und die schwächste Leistung der Russen in diesem Turnier.

Stand vor dem letzten Spieltag: Spanien 6, Schweden 3, Russland 3, Griechenland 0.

Griechenland – Spanien 1:2 (1:0)

Griechenland - Spanien 1:2 (1:0)

Die Spanier waren nicht mehr von Platz eins zu verdrängen, so konnte es sich Luis Aragonés erlauben, gegen die Griechen die Reservisten auflaufen zu lassen, lediglich Iniesta blieb in der Startformation. Statt Akteuren von Barça und Real waren das nun Spieler von Valencia und Liverpool. Also immer noch nominell stark genug, um die Griechen in Schach zu halten.

Bei den Hellenen zeigte sich in diesem Spiel wiederum deutlich, dass man zu deutlich besseren Leistungen in der Lage ist, wenn man nicht selbst Gestalten muss. Im Zentrum standen den drei spanischen Pass-Gebern drei recht defensive Gegenspieler gegenüber, so konnten die Spanier ihr Kurzpass-Spiel nicht aufziehen – ganz davon abgesehen, dass das Team nicht eingespielt war und auch das Tempo fehlte.

Und die Breite. Sergio García und Iniesta zogen zur Mitte, wurden aber von den etwas zu vorsichtigen Arbeloa und Navarro nicht hinterlaufen. Nikopolidis wurde, durchaus bewusst, immer wieder aus der Distanz getestet. Nicht ohne Grund, schließlich machte der Torhüter keinen sicheren Eindruck.

Der Spielaufbau bei den Griechen stützte sich einmal mehr auf viele lange Bälle. So wurde man nach vorne kaum gefährlich, zumal Salpingidis recht hoch stand und sich zwischen den spanischen Reihen positionierte – grundsätzlich keine dumme Idee, nur kamen die Anspiele auf ihn nicht an.

Dennoch: Wie in der Partie gegen die Russen zeigten die Griechen auch hier deutliche Ähnlichkeit mit ihrem Spiel bei der Euro 2004. Hinten wenig zulassen, über die Flügel für Entlastung sorgen (das machten Vyntra und Spiropoulos recht anständig) und im Zweifel auf Standards hoffen. Freistoß-Flanke Karagounis, Kopfball-Tor Charisteas: Das 1:0 kurz vor der Pause war wie aus dem Turnier von 2004.

Die Spanier schalteten nach dem Seitenwechsel einen Gang nach oben, die Außenverteidiger machten mehr, und mit der Zeit passte auch die Abstimmung. Für den Ausgleich musste zwar dennoch ein langer Ball herhalten (Güiza legte diesen auf De la Red ab, der verwertete dann), aber die Griechen ließen sich doch zu weit nach hinten drängen. Zusätzliche Probleme gab es, nachdem Kyrgiakos angeschlagen raus musste und Antzas gegen den beweglichen Güiza zunehmend schlecht aussah.

Rehhagel hatte keine echten Alternativen auf der Bank. Die Einwechslung von Tziolis für Karagounis machte sein Team zwar frischer, aber nicht besser. Spanien wartete geduldig auf die Chance, ließ den Griechen keinen Raum mehr. Und kurz vor dem Ende löste sich Güiza entscheidend vom schläfrigen Antzas, köpfte die Flanke von der rechten Seite mühelos ein – und Spanien hatte 2:1 gewonnen.

Russland - Schweden 2:0 (1:0)

Russland-Schweden 2:0 (1:0)

Im letzten Quali-Spiel, einem mühsamen 1:0 in Andorra, holte sich Andrej Arshavin eine rote Karte ab. Im letzten Spiel der Gruppe gegen Schweden war er wieder dabei. Gerade rechtzeitig für dieses „Achtelfinale“.

Das Russland gewinnen musste, den Schweden reichte ein Remis. Hiddink ließ, wie gewohnt, seine Außenverteidiger sehr weit nach vorne schieben. Kapitän Semak agierte als Sechser sehr tief und ließ sich immer wieder auf eine Höher mit den IV fallen – eher allerdings auf die Seite von Shirkov. In den ersten Minuten tat sich Russland etwas schwer, in die Gänge zu kommen.

Das änderte sich, als sich Semshov im Zentrum etwas fallen ließ. So wurde das Loch zwischen Defensive und Offensive geschlossen und die russische Show konnte beginnen. Mit Shirkov und Anyukov extrem hoch, Bilyaletdinov und Siryanov auf den Halbpositionen, dem aufrückenden Semshov und dem extrem aktiven Arshavin als hängende Spitze wurde ein Tempo-Fußball aufgezogen, mit dem die Schweden nicht mitkamen.

Vor allem die linke Abwehr-Seite mit Nilsson und Hansson wurde als Schwachstelle ausgemacht. Kein Zufall, dass das schon zu diesem Zeitpunkt überfällige 1:0 nach 20 Minuten über diese Seite aufgebaut wurde: Siryanov mit Lochpass für Anyukov, dessen Flanke verwertete Pavlyuchenko.

Die Schweden waren biedern, geradezu hölzern. Die Mittelfeld-Zentrale mit Svensson und Andersson stand oft viel zu hoch und kam überhaupt nicht in die Zweikämpfe, hielt also nichts her. Elmander und Ljungberg waren gegen die extrem offensiven Außenverteidiger komplett hinten gebunden und vorne standen zwei Stürmer, die kaum am Spiel teilnehmen konnten. Henke Larsson war wegen seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr der Schnellste, Ibrahimovic wegen hartnäckigen Problemen im linken Knie, die ihm schon die halbe Saison bei Inter gekostet hatten. Das Trekronor-Team konnte von Glück reden, dass die ein Feuerwerk abbrennenden Russen nicht schon längst viel höher führten.

Die Russen ließen zu Beginn der zweiten Hälfte ihre Stärken erneut aufblitzen: Schnelles Denken, schnelles Umschalten, schnelles Handeln. Ein langer Ball der Schweden wurde von Shirkov abgefangen, der legte zu Arshavin quer und startete sofort einen Sprint nach vorne, bekam den Ball in den Lauf gespielt, spielte 50 Meter oder sechs Sekunden später, längst im schwedischen Strafraum angekommen, auf Arshavin quer – dieser war ebenso schnell nach vorne gesprintet – und dieser erzielte das 2:0. Ein Weltklasse-Konter, die Schweden waren damit komplett überfordert.

Nach dem 2:0 schalteten die Russen zurück, sie waren ein ungeheures Tempo gegangen. Lagerbäck erlöste danach Daniel Andersson und versuchte, mit Kim Källström die Lücke im Offensiv-Zentrum ein wenig zu schließen. Dass dieser nicht schon in den Spielen vorher eingesetzt worden war, liegt vermutlich an einem internen Machtkampf – Källström und Ibrahimovic können sich bis auf den Tod nicht ausstehen. Lagerbäck hielt Källström wohl für verzichtbarer als Ibra. Mit dem neuen Mann und somit mehr Spielkultur und durch die gemächlichere Gangart der Russen bekamen die Schweden nun etwas Kontrolle über das Mittelfeld, viele Chancen kamen dabei aber nicht heraus.

Ehe in der Schlussphase, nachdem Lagerbäck seine Viererkette zugunsten eines neuen Stürmers (Allbäck für Nilsson) aufgelöst hatte, drückten die Russen wieder etwas aufs Gas – und kamen prompt wieder zu einigen guten Tormöglichkeiten. Es blieb beim 2:0. Ein Ergebnis, das den Russen das Viertelfinale bescherte – und den Schweden schmeichelt.

Endstand der Gruppe: Spanien 9, Russland 6, Schweden 3, Griechenland 0.

Alles auf Ibrahimovic‘ Knie oder interne Störungen zu schieben, ginge aber am Kern vorbei: Schweden war einfach zu alt, zu überholt, zu statisch, zu wenig kreativ, kurz, zu schwach. Die Zeit jener Generation, die 2002, 2004 und 2006 immer die Vorrunde überstanden hatte und zweimal heftig an die Tür zur zweiten K.o.-Runde angeklopft hatte, war schlicht vorbei. Genau wie die 12-jährige Amtszeit von Lars Lagerbäck nach der verpassten Quali für die WM 2010.

Die Griechen machten sich mit ihrem peinlichen Auftritt im ersten Spiel viel kaputt, denn in den verbleibenden Spielen war das durchaus halbwegs vernünftig. Was dem Titelverteidiger allerdings eklatant fehlte, war eine ordnende Hand im Zentrum. Das war beim Titelgewinn 2004 Theodoros Zagorakis gewesen, ohne ihm fehlte den Griechen die Schaltstelle und damit jegliches spielerische Moment.

Was bei den Russen und den Spaniern hingegen im Übermaß vorhanden war. Schon nach der ersten Halbzeit im ersten Spiel konnte kaum ein Zweifel daran bestehen, welche beiden Teams aus dieser Gruppe ins Viertelfinale einziehen. Zwar liefen die Russen den Spaniern dann ins offene Messer und so agierten sie gegen die Griechen übervorsichtig, aber dennoch war zu den beiden anderen Teams ein Klassenunterschied erkennbar.

Was den Spaniern ein Viertelfinale gegen Italien bescherte. Und Guus Hiddink eines gegen seine Heimat.

(phe)

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Pro: Foda als Teamchef https://ballverliebt.eu/2011/09/12/pro-foda-als-teamchef/ https://ballverliebt.eu/2011/09/12/pro-foda-als-teamchef/#comments Mon, 12 Sep 2011 21:04:48 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5708 Pro: Foda als Teamchef weiterlesen ]]> Foda ist seit Ende der Saison 06/07 zum zweiten Mal Trainer des SK Sturm. Unter ihm gelang den Steirern nach der Beinahe-Pleite auch die sportliche Rehabilitation. In den vergangenen vier Saisonen schaffte der Deutsch es, die Mannschaft beständig in den oberen Tabellenregionen zu platzieren. Neben einem unglücklichen Ausscheiden gegen Zürich im UI-Cup zog Sturm heuer zum zweiten Mal in die Gruppenphase der Europa League ein, nachdem der Verein in der Vorsaison den dritten Meistertitel feiern konnte. Auch der Cupsieg 2009/10 soll nicht unerwähnt bleiben.

Soweit die Zahlen und Bilanzen. Foda gilt aber auch als Trainer, der Wert auf Taktik legt. Einer von vielen und dazu einer der wichtigen Faktoren, die den ernsten Ex-Kicker vom mürrischen Tiroler Didi Constantini unterscheiden. Sturm arbeitet mit kleinem Finanzrahmen und geringer Kaderdichte. Was Foda geleistet hat ist also ungleich schwerer zu bewältigen als etwa für Budgetkrösus Red Bull Salzburg oder die Wiener Großklubs. Ich würde gerne sehen, was er aus dem durchwegs guten Spielermaterial machen kann, aus dem er als Nationaltrainer schöpfen kann.

Eine Frage der Optionen

Bringt Foda die Qualifikation mit, um diesen Posten zu bekleiden? Sehr wahrscheinlich. Gibt es Alternativen? Realistisch gesehen: kaum. Gludovatz will nicht. Beenhakker und Rehhagel sind keine Zukunftsversprechen und vermutlich nicht ganz billig. Herzog fehlt außerhalb des ÖFB die Erfahrung, dazu haftet ihm leichtes Verhaberungs-Odeur an. Marco Pezzaiuoli war U17-Europameister mit Deutschland. Freilich, auch er ist für einen Trainer jung, gilt als Taktikfuchs und wäre leistbar. Bis auf ein halbes Jahr bei Hoffenheim mangelt es aber auch ihm an Erfahrung im Profibereich.

Und für die Utopisten: Wenger und Hiddink sind noch im Amt, teuer und vermutlich nicht bereit, sich den ÖFB langfristig anzutun. An die typischen „österreichische Lösungen“ verschwende ich keine Gedanken. Daran, dass man Personalien wie Walter Schachner aus den Untiefen der österreichischen Trainerriege herbeibeschwören könnte, will ich diesmal einfach nicht glauben. Bei aller Borniertheit muss der österreichische Fußballbund aus den letzten Jahren und der Ära Constantini genug gelernt haben, um einen solchen Fehler nicht jetzt schon wieder zu begehen.

Der Richtige unter den Möglichen

Ob Foda ein Strukturbrecher ist, der beim Bund organisatorisch was bewegen kann? Ich weiß es nicht. Es ist auch nicht wichtig, weil eine Verbandsreform längst nicht vom Trainerteam alleine getragen werden kann. Und Sturm? Die Blackies könnten mit ihrem Trainer bis Jahresende weiterarbeiten. Zeit genug, ausführlich nach dem richtigen Nachfolger zu sondieren.

Dass in Graz nach der Winterpause noch Europa League-Spiele stattfinden, ist bei allem Optimismus nicht zu erwarten. Selbst wenn Foda bei Sturm bliebe, wäre das aber keine Garantie für seinen langfristigen Verbleib. Kolportierterweise hätte er bereits die Chance gehabt, einen deutschen Bundesligisten zu betreuen. Gute Trainer sind begehrt, ausnahmsweise auch einmal vom ÖFB, wie es scheint.

Das Wunschprofil der Taktikgemeinde ist „zukunftsfähig und spielerisch versiert“. Der Fußballbund sucht einen Coach, der Deutsch spricht und nicht all zu viel kostet.Nein, Foda ist nicht der beste Teamchef, den das Nationalteam haben könnte. Betrachtet man die verfügbaren Optionen aber realistisch, so ist er der Richtige. (gpi)

Dieser Text ist Teil eines Pro/Contras. Die Contra-Haltung hat Tom eingenommen. In der Umfrage seid ihr am Wort.

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Mäßige Türken, biedere Österreicher, logisches 0:0 https://ballverliebt.eu/2011/09/06/masige-turken-biedere-osterreicher-logisches-00/ https://ballverliebt.eu/2011/09/06/masige-turken-biedere-osterreicher-logisches-00/#comments Tue, 06 Sep 2011 21:52:20 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=5647 Mäßige Türken, biedere Österreicher, logisches 0:0 weiterlesen ]]> 0:0 gegen die Türkei – keine komplette Enttäuschung aber auch nichts, was dem ÖFB-Team und dem Teamchef wirklich weiterhilft. Auch, weil die Leistung zwar okay war, aber von „überzeugend“ doch noch ein schönes Stück entfernt. Was im Übrigen auch für die Türken gilt, die in dieser Form sicher keine EM-Reife besitzen.

Österreich - Türkei 0:0

Didi Constantini ist noch im Amt – aber die Spatzen pfeifen nicht nur von den Dächern, dass das nicht mehr lange so sein dürfte, nein, sie trompeten es im dreistelligen Dezibelbereich heraus. Ein überzeugender Auftritt mit einem Sieg gegen die Türken, die zuletzt mit einem Last-Minute-Sieg gegen Kasachstan ja auch nicht übertrieben stark aufgetreten sind, hätte für einen Umschwung aus Sicht des Tirolers wohl Wunder bewirkt.

Sein Gegenüber Guus Hiddink hatte einiges an Personalproblemen – mit Sahin, Ekici und Kapitän Emre standen ihm drei Schlüsselspieler nicht zur Verfügung. Und das merkte man. Der holländische Teamchef der Türken brachte ein 4-2-3-1 auf das Feld, das erstaunlich vorsichtig eingestellt war. Die beiden Sechser Topal und Selcuk hielten sich sehr zurück, und mit Yekta setzte auch der nominelle Zehner (der tendenziell über halbrechts kam) keine Akzente. Das hieß: Scharner und Baumgartlinger hatten Platz und Zeit.

Großes Loch

Die Türken machten mit dem österreichischen Zentrum also genau das nicht, was die Deutschen beim 6:2 gemacht hatten: Den numerischen Vorteil in der Zentrale durch Pressing noch zu verstärken. Es dauerte aber eingige Zeit, bis sich Baumgartlinger und Scharner etwas weiter aufzurücken trauten.

So war die Formation der Österreicher eher ein 4-2-2-2, in dem Alaba und Royer auf den Außenpositionen recht hoch standen und auch – vor allem Alaba – recht weit innen. Der Effekt war vor allem in der Anfangsphase, dass das Loch zwischen den sechs defensiven Spielen und den vier offensiven sehr groß war und trotz den komplett fehlenden Drucks der Türken ein geregelter Spielaufbau schwer fiel.

Die besten Aktionen ergaben sich, wenn Alaba mit Tempo durch die Reihen ging und versuchte, sich mit Arnautovic zu verbinden. Vor allem Geschwindigkeit war ein Mittel, mit dem den Türken absolut beizukommen gewesen wäre, aber es wurde zu selten eingestzt. Außerdem gelang es durch die einrückenden Flügelspieler nie, die türkische Viertekette auseinander zu ziehen, wodurch sich für Arnautovic und Harnik kaum Lücken boten.

Türkei schwach

Das Team aus der Türkei präsentierte sich absolut enttäuschend. Die beiden Sechser Topal und Selcuk waren sehr erpicht darauf, möglichst Harnik und Arnautovic aus dem Spiel zu halten und machten sehr wenig nach vorne, und Yekta setzte weder irgendwelche Akzente, noch presste er auf die beiden österreichischen Sechser. So lag es an Arda Turan und Burak Yilmaz, zumindest von der Seite für Gefahr zu sorgen, aber aufgrund der fast schon beängistigenden Behäbigkeit im Spielaufbau hatten die Österreicher zumeist kaum Mühe, die Flügel ruhig zu halten und somit auch den türkischen Angriff.

Lediglich Christian Fuchs, der auch nach vorne einiges an Abspielfehlern anbot und seine aktuelle Formdelle bestätigte, ließ sich nach zehn Minuten einmal überlaufen; Ekrem Dag montierte Arda Turan sehr gut ab. Das hatte den Vorteil, dass Daniel Royer durchaus Freiheiten im Spiel nach vorne hatte und sich immer wieder als Anspielstation für lange 50-Meter-Pässe quer über den Platz (oftmals von Pogatetz geschlagen) anbot. Doch auch hier galt: Da war kein Tempo dahinter, das war für die türkische Defensive kein echtes Problem.

Wenig Überzeugendes

So plätscherte das Spiel weitgehend ereignisarm vor sich hin und es wurde ersichtlich, warum die Deutschen in der Gruppe allen anderen um Lichtjahre voraus sind – nicht nur wegen der Spielerqualität, sondern auch aufgrund der Spielweise. Die Türken prassten zaghaft bis gar nicht, bei den Österreichern schmiss sich eigentlich nur David Alaba wirklich mit Imbrunst den Gegenspielern entgegen.

So ist es auch zu erklären, dass Österreich trotz der nominellen Unterzahl im Zentrum das Spiel ganz ordentlich im Griff hatte und nicht allzu viel zuließ. Durch das fehlende Tempo, der nicht vorhandnen Breite im Spiel und die beiden türkischen Sechser zwischen Mittelfeld und Angriff ist es aber auch kein Wunder, dass nach vorne beim ÖFB-Team nicht allzu viel ging.

Mehr über die Flügel

Das Manko des mangelhaften Spiels über die Flanken hatten wohl beide Trainerteams erkannt und in der Halbzeit angesprochen, denn nach dem Seitenwechsel waren sowohl die Österreicher als auch die Türken sichtlich bemüht, die Außenverteidiger mit mehr Nachdruck nach vorne zu bringen als das in der ersten Hälfte der Fall war. Fuchs nützte nun endlich den Platz, den ihm der nach innen ziehende Alaba freiräumte, auch wenn sich die Türken davon nicht beeindrucken ließen.

Auch bei der Mannschaft von Guus Hiddink ging es nun schneller im Bedienen der Außenspieler. Hakan Balta machte auf seiner linken Außenbahn nun mehr Betrieb als zuvor und drückte Royer nach hinten. Der Neo-Hannoveraner arbeitete auch durchaus brav nach hinten und unterstützte Ekrem Dag, so gut er konnte – in dieser Hinsicht eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Spiel in Gelsenkirchen, wiewohl nach vorne auch diesmal nicht allzu viel kam.

Hiddink schaltet einen Gang nach vorne

Während Constantini nach etwa einer Stunde Jimmy Hoffer für Royer brachte (Harnik übernahm die Royer-Position, Hoffer ging nach vorne, Arnautovic spiele hängend), stellte Hiddink innerhalb seines Systems um und somit einen Gang nach vorne: Burak Yilmaz, der üblicherweise die Solospitze gibt, gesellte sich nun zu Bulut nach vorne. Das hieß, dass der türkische Schlüsselspieler nun Rechtsverteidiger Sabri wurde: Denn er musste nicht nur defensiv gegen Alaba dicht halten, sondern nun auch die Agenden im Spiel nach vorne übernehmen.

Das machte der 27-jährige von Galatasaray aber hervorragend, und das stellte das österreichische Team in der Schlussphase durchaus vor Probleme – weil es nun bei den Türken neben dem Flügelspiel auch einen wirklich präsenten Stürmer im Zentrum gab. Das war der eher alleingelassene Umut Bulut zuvor ganz und gar nicht.

Und auch, wenn die Abseitsentscheidung gegen Martin Harnik kurz vor Schluss knapp war: Die Türken waren dem einen Tor schon ein Stück näher. Was beinahe noch belohnt wurde, als die weit aufgerückten Österreicher in der 90. Minute in einen Konter liefen und Pascal Grünwald bei seinem Länderspiel-Debüt Burak Yilmaz klar foulte. Doch der Austrianer parierte den Elfmeter von Arda – und so gab’s ein 0:0.

Fazit: Maues Spiel, korrekterweise ohne Sieger

Offenbarung war es bei Gott keine, was die Österreicher in diesem Spiel zeigten – aber es war zweifellos besser als in Gelsenkirchen. Defensiv stand das ÖFB-Team über weite Strecken ganz ordentlich, was aber auch am fehlenden Pressing von Seiten der Türken lag. Das machte es dem gegen die mit drei Mann anfliegenden Deutschen noch überforderte österreichischen Zentrum nicht allzu schwer.

Was nicht ganz verständlich war: Die komplette erste Halbzeit krankte das Spiel nach vorne beim Österreich daran, dass zwischen dem defensiven Mittelfeld und den beiden Stürmern kein einziger Österreicher, aber immer mindestens zwei, zumeist aber drei Türken standen. Warum wurde hier zur Halbzeit nicht reagiert? Über die Flanken neutralisierte sich das Spiel, aber im Zentrum fehlte es an einem Spieler, der die Mauer durchbrechen hätte können. So blieb das Spiel nach vorne auch weiterhin bieder und ohne Nachdruck.

Vom türkischen Team darf man durchaus enttäuscht sein. Ja, es fehlten drei absolute Stützen – aber ist das eine Erklärung, warum die Überzahl im Mittelfeld nicht ausgenützt wurde? Warum es am Druck und am Pressing auf die Österreicher fehlte, die mit einem 2:6 im Rücken daherkamen? Warum das Tempo vor allem vor der Pause bei jeder Gelegenheit verschleppt und nicht verschärft wurde?

Ja, die Türkei wird nach menschlichem Ermessen Gruppenzweiter werden. Aber im Playoff wird es mit so einer schwachen Leistung sicher nicht reichen.

(phe)

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Erst zu feig, dann zu harmlos https://ballverliebt.eu/2011/03/29/erst-zu-feig-dann-zu-harmlos/ https://ballverliebt.eu/2011/03/29/erst-zu-feig-dann-zu-harmlos/#comments Tue, 29 Mar 2011 20:54:26 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4445 Erst zu feig, dann zu harmlos weiterlesen ]]> Letzte Chance… vorbei? Das 0:2 in Istanbul offenbarte altbekannte Schwächen beim ÖFB-Team: Eine allzu vorsichtige Herangehensweise. Daraus folgend Harmlosigkeit in der Offensive. Und hinten gegen einen abgezockten Gegner nicht fehlerfrei. Hoffnungen auf die EM? Nur noch theoretisch.

Türkei - Österreich 2:0

Spiel der letzten Chance? Charaktertest? Beides. Verlieren verboten? Eigentlich auch. Vor dem Spiel war es als 4-3-3 oder als Tannenbaum interpretiert worden – aber letztlich war das, was Constantini da auf’s Feld des Stadions von Fenerbahçe schickte, ein Hosenscheißer-4-1-4-1 mit zwei eher defensiv orientierten Zentralspielern im Mittelfeld – Baumgartlinger halbrechts und Scharner halblinks. Pehilvan gab den klassischen Sechser. Ihre Aufgabe war klar definiert: Sahin und Ekici nicht durch die Mitte kommen zu lassen.

Was zur Folge hatte, dass es die Türken umso mehr über die Außenbahnen versuchten. Das System von Guus Hiddink war schon deutlich näher an einem 4-3-3. Allerdings kein symmetrisches, sondern mit Ekici deutlich höher auf halbrechts als Nuri Sahin auf der anderen Seite. Während der Borusse Sahin, wie es seinem Spiel entspricht, eher aus dem Backfield kam, drehte der Clubberer Ekici ziemlich am Tempo und unterstützte Kapitän Altintop und den auch immer wieder nach vorne stürmenden Gökhan Gönül sehr gut. Die Folge: Die Türken waren über die rechte Flanke wesentlich gefährlicher.

Zudem pressten sie nach Ballverlusten schnell auf die Gegner aus Österreich, wodurch hier kaum ein sinnvoller Spielaufbau möglich war. Es war an Harnik und (vor allem) Alaba, die auch einmal für ein paar Minuten die Seiten tauschten, über schnelle Konter für Entlastung zu sorgen. Gerade Alba agierte wesentlich sicherer als noch gegen Belgien. Das ging gut, solange die beiden Sturmspitze Maierhofer nicht ins Spiel brachten. Denn bei allem Einsatz, den der Lange an den Tag legt, er zeigte wieder ein Spiel wie das in Litauen, welches in einem durchaus bekannten YouTube-Video festgehalten wurde. Bei ihm verhielt sich der Ball wie eine Flipperkugel – er konnte also Bälle nicht halten, was wichtig gewesen wäre, um dem Mittelfeld Zeit zu geben, aufzurücken. Deshalb kamen Chancen für Österreich nur aus schnellen und geradlinigen Aktionen zu Stande, in denen Maierhofer Abwehrspieler band, aber nicht aktiv eingriff.

Nach 1:0 reagierten die Türken, nicht Österreich

So waren die Türken überlegen (70% Ballbesitz) und hatten die eine oder andere Chance (wie Burak schon in der 3. Minute), die rot-weiß-rote Abwehr hielt aber dicht – bis zur 28. Minute. Ausgerechnet Ekrem Dag ließ sich nach einem simplen Einwurf übertölpeln, Aleks Dragovic ließ sich ebenso ausspielen, und Arda Turan schoss einigermaßen ungehindert zum 1:0 für die Türken ein. Ein verdientes Tor, die Gastgeber waren die klar bessere Mannschaft.

Was die Österreicher komplett vermissen ließen, während der gesamten Spielzeit, war jegliche Form von Pressing – wenn hie und da mal einer halbherzig einen Schritt Richtung Gegner macht, reicht das einfach nicht, um einer technisch so guten Truppe wie jener der Türken auch nur auf irgend eine Weise beikommen zu können. Daran änderte sich auch nach dem Rückstand nichts, als das ÖFB-Team erstens einem Rückstand hinterher lief und zweitens durch die längere Behandlungspause von Arda kurz nach der Führung auch einige Zeit lang in Überzahl agierte. Davon merkte man nichts.

So reagierte Constantini erst mal gar nicht auf den Rückstand, sehr wohl aber Guus Hiddink auf die Führung. Er beorderte Hamit Altintop auf die rechte Seite, ließ Sahin und Inan nun tatsächlich im Zentrum ziemlich auf einer Höhe spielen und legte es nun mit einem 4-4-2 auf mehr Sicherheit in der Rückwärtsbewegung an. Der Holländer hatte zweifellos gemerkt, dass die Österreicher erst einmal keine Anstalten machen, das Heft in die Hand zu nehmen. So konnte das türkische Team im Bedarfsfall mit zwei Viererketten hinten den Raum gegen die nun natürlich endgültig gnadenlos unterbesetzte österreichische Offensive noch enger machen.

Türkei - Österreich (ab Min. 45)

Hoffer statt Baumgartlinger

Für die zweite Hälfte kam mit Jimmy Hoffer ein zweite Stürmer, für ihn musste Julian Baumgartlinger weichen. Der Austrianer hatte keinen guten Tag – wie Alaba gegen Belgien gingen bei ihm viele Bälle billig verloren. Und das lag nicht nur daran, dass sich selten jemand anbot.

Mit Hoffer war das ÖFB-Team nun in einem klaren Old-School-4-4-2 aufgestellt. Die Türken registrierten das und gingen umgehend wieder zu ihrer Raumaufteilung von vor der Führung zurück – klar, so gab’s wieder Überzahl im Zentrum. Mit der neuen Ausrichtung gelang es zwar nun, die Türken defensiv besser in Schach zu halten, aber nach vorne ging nichts. Die offene Frage in dieser Phase war natürlich: Ruhten sich die Türken auf ihrer Führung und der österreichischen Harmlosigkeit nur aus oder hatten sie tatsächlich schon abgestellt?  Constantini jedenfalls ging nun das Risiko, das er aufgrund des Spielstands und der Gesamtsituation gehen musste: Sechser Pehlivan (leicht angeschlagen) raus, Flügelflitzer Ümit Korkmaz rein.

Arnautovic bringt Unruhe – ins eigene Team

Der Bochum-Legionär nahm die Position im linken Mittelfeld ein, dafür ging Alaba ins defensive Zentrum – am 4-4-2 änderte sich nichts. Aber immerhin war noch eine Ordnung erkennbar. Mit der war’s vorbei, als Arnautovic für den (leider erneut enttäuschenden) Harnik kam. Arnautovic kann ein Spiel beflügeln, aber auch komplett ruinieren, und hier war es klar Letzteres. Nicht nur, dass er sich erstens – nicht zum ersten Mal, wenn man sich an die U21-Partie gegen Weißrussland erinnert – überhaupt nicht um Positionsspiel gekümmert hat, sondern sich immer dort herumgetrieben hat, wo’s ihm gerade gepasst hat. Mal links, mal rechts, mal im Halbfeld: Korkmaz konnte sich nur noch darauf konzentrieren, die Launen von Arnautovic auszugleichen und verpuffte selbst somit gänzlich.

Zweitens, und das ist gerade in seinem Fall beinahe noch schwerwiegender: Anstatt mit seiner Technik und seinem Tempo das Spiel schnell zu machen, verschleppte er es bei jedem Ballkontakt völlig. Er blieb stehen, er drehte sich ein, in Position laufende Mitspieler rannten umsonst, weil kein Zuspiel kam, und wenn doch, dann zu spät. Und so kam, was kommen musste: Christian Fuchs stand bei einem Lochpass des eingewechselten Semih auf den nach vorne stürmenden Gönül nicht richtig, dieser ließ im Strafraum dann auch Pogatetz aussteigen – und das 2:0 für die Türken war gefallen. Schade gerade für Christian Fuchs – denn er hatte in der zweiten Hälfte immer mehr, wie es sich für einen Kapitän gehört, das Spiel an sich gerissen und versuchte sehr viel.

Das war natürlich die Vorentscheidung in dieser Partie – und dass Stefan Maierhofer danach noch den (großzügigen) Elfer nicht zum Torerfolg nützte, passt letztlich zum recht harmlosen Spiel des ÖFB-Teams.

Fazit: Bemühter, aber ähnlich ungefährlich

Verglichen mit dem 0:2 gegen Belgien war die Leistung der Österreicher in Istanbul zwar schon bemühter, letztlich aber genauso harmlos und so reichte den Türken eine ordentliche, aber sicher nicht überragende Partie zu einem ebenso verdienten wie ungefährdeten 2:0-Heimsieg. Die Mannen von Guus Hiddink pressten besser (bzw., pressten überhaupt…) und ließen jene von Constantini nie wirklich zur Entfaltung kommen.

Die Herangehensweise der Österreicher mag angesichts der eher mauen Vorstellung gegen Belgien bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar sein, zielführend war sie allerdings nicht. Als das Vorhaben „Zerstören und ein 0:0 ermauern“ nicht mehr realisierbar war, kamen zwar die entsprechenden Wechsel, die Türken waren aber clever genug um sich immer darauf einzustellen. Und das mit Arnautovic ist immer ein Risiko – beim 4:4 in Brüssel ging’s gut, heute nicht.

Die Türken liegen nun einen Punkt hinter Belgien auf Rang drei, haben aber ein Spiel gut. Und Österreich? Da stehen noch beide Spiele gegen Deutschland bevor, plus die haarigen Auswärtsspiele in Astana und Baku. Die EM in Polen und der Ukraine wird ohne das ÖFB-Team stattfinden.

Es wäre an der Zeit, nun einen Teamchef die Mannschaft übernehmen zu lassen, der etwas mit ihr anzufangen weiß. Das ist ein „Ceterum Censeo“, ja. Aber es wird nicht weniger wahr, je öfter man es sagt.

(phe)

Bisherige Spiele der Österreicher in der EM-Quali: 0:2 gegen Belgien, 4:4 in Belgien, 3:0 gegen Aserbaidschan, 2:0 gegen Kasachstan.

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Bären, Falken und Pharaonen – Gemeinsam im Urlaub https://ballverliebt.eu/2010/04/22/baren-falken-und-pharaonen-gemeinsam-im-urlaub/ https://ballverliebt.eu/2010/04/22/baren-falken-und-pharaonen-gemeinsam-im-urlaub/#comments Thu, 22 Apr 2010 12:07:33 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=1935 Bären, Falken und Pharaonen – Gemeinsam im Urlaub weiterlesen ]]> WM-SERIE: “LEIDER NEIN”, Teil 2 | Russland, der EM-Semifinalist? Nicht dabei. Schweden, Dauergast seit vielen Jahren? Auch nicht dabei. Ägypten, zuletzt dreimal in Serie Afrikacup-Sieger? Auch nicht! Nicht alle Favoriten haben’s nach Südafrika geschafft…

Es war eine vermeintlich leichte Aufgabe. Slowenien. In einer leichten Gruppe an die zweite Stelle gespült worden. Für einen amtierenden EM-Semifinalisten doch kein Problem! Und genauso traten die Russen im Playoff-Hinspiel in Moskau auch auf: Drückend überlegen, dem Gegner in allen Belangen überlegen. Nur das mit dem Torabschluss, das wollte nicht so richtig klappen – so stand es kurz vor Schluss nur 2:0 für den schon zu dem Zeitpunkt als WM-Mitfavoriten gehandelten russischen Bären. Es hätte mindestens 5:0 stehen müssen! Doch so kam wie aus dem nichts Nejc Pečnik und erzielte das Auswärtstor für die Slowenen. So gewannen die Russen ein hochüberlegen geführtes Match nur mit 2:1. Immer noch kein Problem, beim Rückspiel in Maribor ist auch ein knapper Vorsprung eigentlich nur da, um über die Zeit gebracht zu werden. Aber dann…

Aber dann spielten die Slowenen, die plötzliche WM-Chance vor Augen, groß auf und gingen vor der Halbzeit durch Bochum-Legionär Zlatko Dedič in Führung. Und die Russen warfen die Nerven weg! Alexander Kershakov flog nach 65 Minuten vom Platz, der Ausgleich wollte nicht gelingen. Und spätenstens, als in der Nachspielzeit auch noch Juri Shirkov vorzeitig vom Platz musste, war klar: Russland ist raus! Ein hoch gehandelter Mitfavorit, mit Trainerfuchs Guus Hiddink, mit so vielen Klassespielern in den eigenen Reihen – gescheitert an der eigenen Überheblichkeit. Das Desater kostete Hiddink den Job, vielen Spielern ihr gutes Image in Russland. Und einem wie Andrej Arshavin verhagelte es die komplette Saison bei Arsenal, er wirkte daskomplette restliche Jahr deutlich gehemmt.

Die Russen bauen nun schon vor, in Richtung Euro2012. Dick Advocaat ist neuer Teamchef, eine logische Wahl, schließlich holte der Holländer schon mit Zenit St. Petersburg 2008 zum ersten Mal einen Europacup nach Russland. Er vollzog einen fliegenden Wechsel von Belgien nach Russland, um es besser zu machen als sein Landsmann.

Nicht nur die Russen sind es allerdings, die die Qualifikation als zumindest sicherer Tipp für die Endrude verpasst haben. Auch die Schweden haben es nicht geschafft. Erstmals seit der WM 1998 sind die Skandinavier damit nicht dabei, Teamchef Lars Lagerbäck nahm seinen Hut selbst, Zlatan Ibrahimovic zumindest bis zum nächsten Turnier ebenso. Bei den Schweden muss allerdings angemerkt werden, dass sich ihr Scheitern schon bei ihrer äußerst matten EM in Österreich angedeutet hat. Das überalterte Team wirkte langsam und hölzern, wurde so vor allem von den Russen regelrecht vorgeführt. In der Gruppe zogen die Schweden gegen Dänemark und Portugal den Kürzeren, immerhin konnten die Ungarn noch eingeholt werden.

Auf ein Neues nach der WM heißt es auch bei den Tschechen, bei dene nach dem unnötigen Vorrudenaus in der Schweiz das pure Chaos folgte. Neuer Teamchef, neue Verbandsspitze, und eine Horror-Qualifikation. Als Verbandsboss Hašek für die letzten Spiele selbst den Teamchef-Posten übernahm, war es schon zu spät und die Tschechen in einer wirklich leichten Gruppe an der Slowakei und Slowenien gescheitert. Michal Bilek ist der neue sportliche Verantwortliche. Für die nächste Europameisterschaft soll der Generationswechsel, wie bei den Schweden, vollzogen sein.

Und um den Haken zu den Russen zu schlagen: Auch der zweite unterlegene Semifinalist der letzten Europameisterschaft hat den Sprung nach Südafrika verpasst. Die Türken! Sie standen gegen die überragenden Spanier und die dank ihrer Weltklasse-Offensive tatsächlich bärenstarken Bosnien von Anfang an auf verlorenem Posten. Der Nachfolger von Fatih Terim auf der Kommandobrücke? Ausgerechnet der mit den Russen gescheiterte Guus Hiddink… Die Türken eliminierten im Viertelfinale von Wien die Kroaten, welche ebenso fehlen. Zweimal gegen England verloren, zweimal gegen die Ukraine nicht gewonnen – das war zu viel. Und von den beiden Gastgebern der nächsten Europameisterschaft schaffte es kein einziger zur WM-Endrunde. Die Ukrainer blieben im Playoff gegen die Griechen hängen. Und die Polen waren in der leichten Tschechien-Gruppe sogar noch schlechter als der Nachbar…

Verlassen wir aber nun Europa – denn auch anderswo blieben namhafte Mannschaften auf der Strecke. Wie etwa in Afrika! Die „Pharaonen“ aus Ägypten sind zweifelsfrei die beste Mannschaft ihres Kontinents, gewannen die Afrikacups von 2006, 2008 und 2010. Und scheiterten dennoch auch dieses Mal! Ausgerechnet gegen Erzfeind Algerien, im Entscheidugsspiel – weil am Ende der Gruppenphase die beiden Teams exakt punkt- und torgleich waren. Zuzuschreiben haben sich die Ägypter das Aus vor allem selbst, denn hätten sie im Heimspiel gegen Sambia nicht Punkte gelassen, alles wäre im Lot gewesen. Auch Tunesien scheiterte vornehmlich an sich selbst: Der WM-Teilnehmer von 98, 02 und 06 hatte Nigeria im Griff und hätte in Mosambik wohl nur ein Remis gebraucht. Die Tunesier verloren aber mit 0:1, so schnappten ihnen die Nigerianer im letzten Moment doch noch das WM-Ticket weg!

Meilenweit von einer Teilnahme entfernt waren indes die Marokkaner – sieglos, mit nur drei Toren in den sechs Finalrundenspielen müssen sie daheimbleiben. Wie auch der Senegal, der Viertelfinalist von 2002! Die neue Generation der Senegalesen überstand nicht einmal die Vorrunde, wie auch Angola. Der Gastgeber des Afrikacups hielt sich zwar dort mit dem erneuten Viertelfinal-Einzug schadlos, aber die WM geht ohne die „Schwarzen Antilopen“ in Szene.

Ordentlich gerupft wurde in der Qualifikation vor allem der arabische Raum. Neben den Ägyptern verpassen schließlich auch Stammgäste wie der Iran (trotz nur einer Niederlage, aber mit zu vielen Remis) und die „Falken“ aus Saudi-Arabien (im Playoff gegen Bahrain) das WM-Ticket. Und Bahrain zog ja dann auch noch gegen Neuseeland den Kürzeren! Auch der amtierende Asien-Meister Irak fehlt. Und die Chinesen standen völlig auf verlorenem Posten.

Vor alle diese Teams gilt nun die Hoffnung auf die Endrunde in Brasilien 2014. Dort wollen sie alle wieder dabei sein. Aber sicher nicht alle werden es auch schaffen!

Ballverliebt-WM-Serie | Leider Nein!
Teil 1 – Zwerge / Teil 2 – Favoriten / Teil 3 – Stars

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Russland – Spanien https://ballverliebt.eu/2008/06/27/russland-spanien/ https://ballverliebt.eu/2008/06/27/russland-spanien/#comments Thu, 26 Jun 2008 22:14:32 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=234 Russland – Spanien weiterlesen ]]> Guus Hiddink wollte sich kein zweites Mal überrumpeln lassen, das war von Anfang an zu bemerken. Der spanische Coach Aragones hingegen – wohlwissend die Sbornaja in der Vorrunde schon einmal klar in die Schranken gewiesen zu haben – ging mit breiter Brust in die Partie. Und das sah man dann auch, je länger das Spiel dauerte. Der Offensivdrang des eurasischen Überraschungsteams, mit dem sie die in der Vorrunde brillierenden Holländer bezwungen hatten, war viel weniger spürbar. Und wenn dann doch einmal der Zug zum Tor da war, fiel sofort die schwache Tagesform des Wunderkinds Arschawin ins Gewicht.

Das war am Anfang noch in Ordnung, denn die Spanier kamen selbst noch nicht so richtig auf Touren, und wirkten verkrampft. Eine durchaus gut anzusehende Partie wog mit wenig zwingenden Gelegenheiten hin und her, mit leichter Feldüberlegenheit für die Iberer. Dann musste Villa verletzt ausgetauscht werden. Für den einen Weltklassekicker kam in Minute 35 ein anderer: Cesc Fabregas. Ich weiß nicht warum, aber in Folge dieses zwangsweisen Wechsels wurde aus Spaniens leichter Dominanz bis zur Pause eine eindeutige. Zur Pause war der Spielausgang trotzdem noch offen: 0-0.

Hiddink nutzte die Gelegenheit zum Wechsel nicht. Auch eine wirkliche Änderung der Spielanlage konnte ich nicht ausmachen, als das zweite Halbfinale in die zweiten 45 Minuten ging. Fünf Minuten später rächte es sich, als Xavi zu einem scharfen Querpass nur noch den Fuß richtig hinhalten musste. Akinfeev, an dem der Ball nur wenige Zentimeter vorbeiflog, sah nicht ganz glücklich aus, hatte aber aus der Distanz faktisch keine Chance zu reagieren.

Zwei weitere Wechsel (Biljaletdinow, Sytschew) änderten an den sich zuspitzenden Kräfteverhältnissen nichts. Russland rannte nun stärker an, versuchte Chancen zu erzwingen und über schnelle Angriffe in den Strafraum vorzustoßen, vergaben aber die wenigen sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Als es dank Guiza zum 2-0 krachte, stellte Hiddink als allerletzte Möglichkeit das System um. Das Mittelfeld rückte vor, eine hängende Spitze kam hinzu, die Abwehr spielte größtenteils nur noch Dreierkette. Doch so wirklich ins Trudeln mochte die Defensive der Seleccion nicht kommen. Es dauerte trotzdem knapp zehn Minuten, bis Villa, Iniesta und der Rest begriffen, dass die junge Sbornaja ihnen da die Räume im Angriff weit aufgemacht hatte. Acht Minuten vor Ende der regulären Spielzeit klingelte es dann zum dritten Mal im Kasten von Akinfeev. Spätestens da war sicher, dass für den Zweiten der Gruppe D der Traum vom Finale dahin war.

Spanien gewann dank ihrer Erfahrung und den sich daraus ergebenden Klasseunterschieds. Die zusammengewürfelten Einzelkämpfer von 2006 wurden von Aragones zu einem funktionierenden Kollektiv gemacht, dass nun aus der Summe seiner Genies profitiert. Für Russland bleibt der Ruhm als größte Überraschung dieser Europameisterschaft, als auch die Erkenntnis heute auf klare Grenzen gestoßen zu sein. Selbst wenn Arschawin heute „funktioniert“ hätte, wäre es nicht viel anders gekommen.

Spanien ging verdient als Sieger vom Platz. Das Ergebnis dürfte freilich etwas schmeichelhaft sein.

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