Die Zusammensetzung von Fodas erstem Kader ließ eher ein System mit Dreier-Abwehr vermuten. Die Realität war aber ein 4-4-2 mit dem einzigen Rechts- und dem einzigen Linksverteidiger im Aufgebot – Bauer und Ulmer.
Ein, klassisches flaches 4-4-2 kam im Nationalteam unter Koller nur sehr punktuell zum Einsatz (Constantini verwendete es in seinem ersten Jahr als Teamchef 2009 zuletzt auf längerer Basis), und selbst Foda hat sein einstiges Stamm-System schon längere Zeit nicht mehr verwendet. So wirkte die erste Hälfte des ÖFB-Teams auch irgendwie wie vor zehn Jahren; altbacken und etwas ratlos.
Baumgartlinger und Grillitsch konnten im zentralen Mittelfeld nichts gestalten, weil zwischen ihnen und dem nächstvorderen Spieler meist drei, vier Uruguayer platziert waren. Es blieb der Weg über die Außenspieler, in der Passmap spricht man von einer „U-Form“: Viel Passverkehr in der Abwehrkette und zwischen den Außenverteidigern und ihren Mittelfeld-Außen, wenig Konstruktives aus dem Zentrum, praktisch keine Bälle für die beiden Stürmer.
Die Mittelfeld-Außen Sabitzer und Kainz viel damit beschäftigt, einzurücken und die Halbfelder gegen den gegnerischen Aufbau zuzumachen. Ein Pressing wie vor allem in der Frühphase der Koller-Ära war überhaupt nicht mehr vorhanden.
Die Urus spielten aus einer 4-1-4-1-Grundordnung heraus, dieses wurde aber flexibel interpretiert: Giorgian de Arrascaeta rückte von der linken Seite situativ in den Angriff neben Cavani auf; auch wechselte er mit Jonathan Urretaviscaya zuweilen sie Seiten. Fix blieb nur das Zentrum mit Sechser Vecino und den ihn flankierenden Jungspunden Betancur (20) und Valverde (19). Diese drei riegelten die Passwege durch das Zentrum ab.
Im Aufbau wurde in der Regeln zunächst der kurze, sichere Pass gesucht – meist tat sich Uruguay damit aber schwer, weil die Österreicher schnell beim Passempfänger waren und so einen geordneten Aufbau von Uruguay ganz gut verhinderten. Häufig spielte Uruguay daher lange Diagonalbälle in die Schnittstelle zwischen ÖFB-LV Ulmer und IV Dragovic – oder, wie bei Cavanis Tor zum 1:1-Ausgleich, auf die linke Angriffsseite, wo Bauer zu weit eingerückt war.
Uruguay erarbeitete sich neben dem Tor – das vom ÖFB-Team von A bis Z horrend schlecht verteidigt war – noch zwei, drei weitere sehr gute Chancen. Vor allem Hereingaben in den Rückraum waren ein Mittel, das Österreichs Defensive öfters in Verlegenheit brachte. Dass es zur Halbzeit 1:1 stand, schmeichelte Österreich.
Foda hatte erkannt, dass das flache 4-4-2 null Torgefahr brachte (die frühe Führung durch Sabitzer war auch nur durch einen seltsamen Ausflug von Uru-Keeper Martín Silva möglich), und wechselte die Raumaufteilung für die zweite Hälfte. Arnautovic, der seine Stärken als abgeschnittene Sturmspitze zuvor überhaupt nicht einbringen konnte, spielte nun auf seiner Stammposition im linken Mittelfeld, dafür übernahm Kainz (und zehn Minuten später Louis Schaub) die Zehn in einem 4-2-3-1.
Nun hatten die drei Uruguayer im Zentrum einen dritten Spieler zu beachtet, wodurch sich mehr Räume und mehr Passoptionen für Baumgartlinger und Grillitsch ergaben. Zudem rückte oftmals Baumgartlinger oder (eher) Grillitsch neben Schaub auf; diese gegenüber der ersten Hälfte deutlich gesteigerte Mobilität stellte Uruguay vor Probleme.
Vor allem Grillitsch zeigte in dieser Phase erneut eine großartige Leistung: Er erkennt Räume und sich ergebende Passwege, verteilt die Bälle ungemein intelligent. Wenn der Hoffenheim-Legionär am Ball ist, kann man sich fast sicher sein, dass die folgende Aktion Hand und Fuß hat.
Das ÖFB-Team wurde zwar nicht torgefährlich, hatte aber das Zentrum im Griff und damit Uruguay an der kurzen Leine. Uruguays Langzeit-Teamchef Óscar Tabárez sah sich das veränderte Geschehen 20 Minuten lang an und reagierte dann.
Aus dem 4-1-4-1 wurde ein 4-3-1-2, womit Uruguay wieder Überzahl im Zentrum hatte. Mit dem österreichischen Schwung war es damit wiederum vorbei, zumal wenig später auch Grillitsch ausgewechselt wurde und die vielen personellen Änderungen generell den Spielfluss brachen.
Die Gäste waren in der Schlussphase dem Siegtreffer wiederum näher als das ÖFB-Team. Aber es war eine Freistoß-Flanke von Louis Schaub, die sich hinter dem verdutzten Martín Silva, Keeper von Brasiliens Erstliga-Klub Vasco da Gama, ins Tor senkte.
Die Vorstellung beim ersten Spiel von Marcel Koller war bemüht, aber unausgewogen. Jene bei der Constantini-Premiere war furchtbar, obwohl es einen Sieg gab. Das erste Spiel der Amtszeit von Franco Foda war auch keine Offenbarung, vor allem die erste Halbzeit war Anlass zur Verwunderung: Was dieses flache 4-4-2 sollte, ist rätselhaft.
Foda zeigte aber die grundsätzliche Bereitschaft zu taktischen Umstellungen, auch ohne das Personal dafür zwingend tauschen zu müssen. Die Änderungen für die zweite Hälfte waren die richtigen Antworten auf ein nicht funktionierendes System. So zog man die Initiative im Spiel auf seine Seite – zumindest für eine halbe Stunde. Dass es einen Sieg gab, ist für das öffentliche Standing von Foda sicher von Vorteil.
Im Trainingslager ging es in erster Linie darum, dass sich Spieler und Trainerteam kennen lernen und ein Gefühl füreinander entwickeln. Das Spiel war wohl kaum mehr als ein erster Testlauf für Foda, wie sich das Team in einem Match coachen lässt, das muss sich alles noch ein wenig finden. Ist völlig normal. Wie alle Seiten beteuern, ist die Chemie durchaus in Ordnung, das ist ein gutes Zeichen. Wenn Alaba, Ilsanker und Hinteregger wieder fit sind, hat er auch mehr Alternativen, womöglich ist auch Prödl noch ein Thema.
Viele Fragen hat diese erste Trainingswoche und das erste Spiel unter Franco Foda aber auch (logischerweise) nicht beantwortet bzw. beantworten können. Etwa, ob es ein bevorzugtes System gibt (wie unter Koller) oder dieses von Spiel zu Spiel angepasst wird (wie bei Sturm unter Foda). Oder, wo der Teamchef gedenkt, David Alaba einzusetzen – neben dem diesmal eher durchschnittlichen Baumgartlinger gab Florian Grillitsch ein nächstes, starkes Statement für sich im Mittelfeld-Zentrum ab.
Auch, ob das Pressing ein Mittel ist/bleibt oder ob man sich unter Foda weiter davon verabschiedet, werden erst andere Spiele gegen andere Gegner und mit womöglich anderem Personal zeigen können. Ob Lindner die Nummer eins im Tor bleibt, ist sicherlich ebenso noch offen.
Am 19. März kommt das ÖFB-Team das nächste Mal für einen Lehrgang zusammen. In den beiden Ende März geplanten Testspielen wird man vermutlich schon ein wenig mehr erkennen können, wohin Foda die Nationalmannschaft steuern will.
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Tatsächlich startete Österreich nicht mit dem angegebenen 4-2-3-1, sondern viel eher mit einem 3-4-3. Zentralverteidiger Danso wurde flankiert von Lienhart rechts und Wöber links, die jeweils für die Spieleröffnung zuständig waren und immer wieder auch etwas weiter aufrückten.
Davor war Julian Baumgartlinger als etwas tieferer der beiden zentralen Mittelfeldspieler positioniert. Er war der zentrale Richtungsbestimmer und Passgeber, während Grillitsch – wie schon gegen Serbien – eher selbst den Zwischenlinienraum suchte und der vielbeinigen moldawischen Defensive etwas zum Überlegen geben wollte.
Abgesehen von einer kurzen Phase gleich zu Spielbeginn, in der Moldawien hoch presste, wurde die Dreier-Abwehr mit Baumgartlinger davor defensiv kaum getestet. Die Hausherren versuchten zwar, dem ballführenden Österreicher die Zeit am Ball zu nehmen, aber es war für Baumgartlinger und auch für Grillitsch kein Problem, mit diesen Situationen umzugehen.
Als Wing-Backs sorgten Moritz Bauer rechts und Flo Kainz links für die Breite. Diese Maßnahme entfachte allerdings nicht die erhoffte Wirkung, weil bei Moldawien – das Team agierte grundsätzlich aus einem 5-4-1 heraus – der rechte Mittelfeldmann Ivanov oft weit mit nach hinten rückte, womit sich eine moldawische Sechserkette ergab.
Auf der anderen Seite hatte Kainz damit zu kämpfen, dass Platica stets extrem weit außen blieb, selbst wenn seine Kollegen aus der Dreierkette sich im Strafraum massierten – womöglich hatte ihn Teamchef Dobrovolski beauftragt, den sonst dort spielenden Arnautovic zu bewachen, so lief Platica aber eben Kainz nach.
Die Offensivreihe des ÖFB-Teams gestaltete sich asymmetrisch. Während Arnautovic und Burgstaller beide (wie schon gegen Serbien) vorne agierten, kam Louis Schaub aus der Etappe – aber nicht als Zehner, sondern aus dem rechten Halbfeld.
Österreich sammelte in der ersten Halbzeit viel Ballbesitz (über 70 Prozent) und kam nach den frühen Schecksekunden nie mehr in Gefahr, ein Gegentor zu kassieren. Der Ball lief gut und sicher, die Formation wirkte kompakt, es war immer jemand anspielbar. Aber: Man fand keine Löcher im moldawischen Defensivverbund.
Nach dem Seitenwechsel kam Marc Janko für Guido Burgstaller. Der Routinier von Sparta Prag ist ein besserer Zielspieler als der direktere Burgstaller, darum war dieser Wechsel angesichts der Probleme, im Strafraum Fuß zu fassen, nicht unlogisch. Gleichzeitig aber switchte Koller zurück auf das gewohnte 4-2-3-1. Arnautovic war nun wie gewohnt links, Schaub zentral, Kainz rechts und Wöber gab einen echten Linksverteidiger.
Es gab sofort eine Einschussmöglichkeit für Janko, aber im Ganzen wurde das österreichische Spiel dadurch nicht besser – eher im Gegenteil. Die Kompaktheit war nicht mehr da, die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen wurden nun merklich größer – daran änderte sich auch nach dem Ausschluss für den Moldawier Ionita nichts.
Die Passgenauigkeit nahm am, weil die Passwege länger wurden und Moldawien agierte mit einem Mann weniger und in Rückstand – Louis Schaub hatte nach einem Eckball zum 1:0 für Österreich getroffen – etwas risikofreudiger.
Die so strikte Defensive mit Fünfer- und zuweilen gar Sechserkette war nach dem Ausschluss von Ionita Makulatur, Dobrovolski stellte auf ein 4-4-1 um und sein Team bewegte sich durchaus geschickt in den Räumen, die das ÖFB-Team nun offen ließ. Es war zwar nicht so, dass Moldawien viele Torchancen erarbeitet hat. Aber Österreich fand – von einem Querpass-Geschenk, das Lazaro nicht verwerten konnte – kaum noch wirklich vor das Tor.
Und einen Treffer kann man sich immer mal fangen. Das war in diesem letzten Spiel von Marcel Koller nicht so – und damit steht ein 1:0-Arbeitssieg zu Buche.
Es ist ungemein schade, dass Marcel Koller erst jetzt, in den letzten zwei Spielen, wo sein Abgang schon feststand, die Experimentierkiste ausgepackt hat. Das etwas schräge 4-4-2 gegen Serbien, nun das kompakte 3-4-3 in Moldawien; mit einem großartigen Grillitsch und zwei großen Versprechen für die Zukunft in Wöber und Lienhart.
Es war kein glanzvoller Sieg, es fehlte einmal mehr am Zugriff auf den Strafraum und die wenigen Top-Chancen wurden leichtfertig vergeben. Es gab den Sieg, das ist schön und für künftige Setzlisten nicht völlig unerheblich. Man war in zehn Quali-Spielen nie komplett chancenlos, es fehlten immer nur Nuancen. Aber: Dreimal das selbe Gegentor in Belgrad, keine Adaptionen daheim gegen Irland, ein Tausendguldenschuss in Cardiff – das summiert sich halt.
Ist der vierte Gruppenplatz mit 15 Punkten eine Enttäuschung? Natürlich. Aber hätte sich Österreich dennoch für die WM qualifizieren können? Absolut – kein Gegner war außer Reichweite. Es ist müßig zu überlegen, ob uns diese Schmierenkomödie im ÖFB-Präsidium erspart geblieben wäre, wenn es diese Weiterentwicklung schon vor 12 Monaten gegeben hätte. Es ist nun mal so wie es ist.
Dass Andreas Herzog nun Teamchef wird, obwohl ein für diesen Job gänzlich ungeeignet ist, darf angenommen werden. Dann wird richtig deutlich werden, was Österreich an Marcel Koller hatte – obwohl die letzten anderthalb Jahre nicht den Erwartungen entsprachen. Aber: Alles, was auch in dieser Zeit passierte, war Lichtjahre besser als alles, was unter Constantini war.
Und vermutlich auch als alles, was unter Herzog sein wird.