griechenland – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Sun, 18 Nov 2018 11:39:13 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 U21-EM-Playoff: Österreich gerät in Griechenland in den Vorteil https://ballverliebt.eu/2018/11/16/hinspiel-im-u21-em-playoff-oesterreich-griechenland/ https://ballverliebt.eu/2018/11/16/hinspiel-im-u21-em-playoff-oesterreich-griechenland/#respond Fri, 16 Nov 2018 17:53:55 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15399 U21-EM-Playoff: Österreich gerät in Griechenland in den Vorteil weiterlesen ]]> Österreich steht nach einem 1:0-Sieg in Griechenland vor dem erstmaligen Erreichen in die U21-EM-Endrunde. Das Ergebnis schmeichelt der Leistung, stören wird das nachträglich niemanden.

Beide Teams liefen in einem 4-4-1-1/4-2-3-1 auf. Österreich ließ die Griechen im strömenden Regen in Saloniki von Beginn nicht zu Chancen kommen, hätte seinerseits aber Möglichkeiten zur Führung gehabt. Die beste Chance war eher eine Zufallsproduktion, als ein Ausputzer an Baumgartner abprallte und die Stange traf. Aber auch Danso verzog eine Chance nach 10 Minuten mit einem etwas zu hohen Schuss.

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Der Augsburger, der im Klubleben bisher als Innenverteidiger arbeitete aber zuletzt bei einem Kurzeinsatz wie auch hier als Achter eingesetzt wurde, spielte auffällig und war im Offensivspiel oft eingebunden. Mit Posch und Lienhart stehen Werner Gregoritsch bereits zwei für dieses Level starke Innenverteidiger zur Verfügung. Maximilian Wöber von Ajax fehlte ja gesperrt in diesem Hinspiel.

Die Null soll stehen

Die Österreicher spielten nach einer guten Anfangsphase strategisch verhalten und wollten spürbar vor allem kein Gegentor einstecken (anders als gestern beim A-Team gegen Bosnien genügte das vorerst ja). Sie attackierten ihre Gegner in der Regel in der Mitte des Feldes – nicht hoch, aber auch nicht zu tief stehend. Vor allem Pässe ins Mittelfeldzentrum sollten unterbunden werden. Das ging lange gut. Abgesehen von einer etwas chaotischen Szene, in der ein 30-Meter-Heber am Obernetz landete, kamen die Griechen erst nach 41 Minuten erstmals gefährlich vor das Tor.

Dann aber dafür kurz darauf gleich nochmal. Beide Mal gelang ein diagonaler Pass hinter die ÖFB-Außenverteidiger, wo die Flügel in Räume stießen konnten.  Die Pause kam im stärker werdenden Regen aus österreichischer Sicht nicht zu früh.

Nervosität nimmt zu

Die Griechen wechselten (Lamprou kam positiongetreu für Chatzigiovanis) aber am von vielen kleinen Fouls geprägten Spiel änderte sich dadurch nur wenig. Offensiv war nicht viel Konstruktives seitens der Gäste zu erkennen, die den Griechen wohl nun bewusst viel mehr vom Ball ließen aber überhaupt keine Umschaltmomente für den Konter erzeugen konnten. Ab einem gewissen Punkt war schwer zu sagen, ob vor allem die Gregoritsch-Truppe hier nicht mehr tun wollte oder nicht mehr tun konnte.

Jakupovic ersetzte nach einer Stunde Grbic, der sich beim Zustellen der Pässe offenbar müde gelaufen hatte. Kurz darauf brachten die Griechen Kotsoupolos für Androutsos.

Wechsel in der Formation

Beide Wechsel änderten nicht an der Grundformation und an der Tendenz, dass sich die Österreicher immer weiter hinten reindrücken ließen und den Gastgebern mit Fouls und bei Eckbällen immer wieder die Chance gaben, den Ball in den Strafraum zu schlagen. Auch ansonsten häuften sich die Fehler und Unachtsamkeiten unter dem zunehmenden griechischen Druck.

In der 68. Minute rettete Alexander Schlager bei einer riesigen Chance der Griechen den Rückstand. Dann nahm Gregoritsch den anscheinend müde gewordenen Danso vom Platz und brachte Dominik Baumgartner (wieder positionsgetreu).

Als Österreich das Zentrum und Spiel dadurch doch endlich wieder etwas besser in den Griff bekam und endlich auch wieder in der Gegnerhälfte auftauchte, änderte der letzte Wechsel bei den jetzt ebenfalls nicht voll bei vollen Kräften agierenden Griechen dann inhaltlich doch noch ein wenig. Zehner Bouzoukis wurde durch den zweiten Vollstürmer Kampetsis ersetzt.

Führung aus dem Nichts

Ein Versuch von Trainer Nikopolidis, bloß: Unmittelbar danach ging Österreich mit 1:0 in Führung. Jakupovic köpfelte nach einer Ecke eigentlich nicht besonders gefährlich aus lange Eck, aber der Hoffenheimer Posch irritierte mit seinem Eingreifen und seiner leichten Streifberührung den Keeper ausreichend, damit der Ball im Netz landete (84.). Das Auswärtstor war geglückt. Den Griechen viel darauf hin nichts ein, die Österreicher liefen nun doppelt motiviert. Kvasinas Einwechselung für Lovric in der 91. Minute sollte natürlich wie manch Wehwehchen nur noch Zeit von der Uhr nehmen.

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Fazit

Österreich steht mit einigem Glück vor dem Rückspiel so knapp wie zuletzt 2008 davor, bei einer U21-Europameisterschaft teilzunehmen. Vielleicht reicht es diesmal. Wichtig wäre dafür, aus dem Fehler von damals zu lernen, als die Angst vor der eigenen Courage eine zum Greifen nahe Quali vermurkste. Eine Leistungssteigerung gegenüber heute würde die Mission erleichtern. Und viel Unterstützung beim Rückspiel am Dienstag in St. Pölten sicher auch.

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UEFA-Ranking: Das Rennen um den Champions-League-Gruppenplatz 2018/19 https://ballverliebt.eu/2018/08/17/uefa-ranking-das-rennen-um-den-champions-league-gruppenplatz-2018-19/ https://ballverliebt.eu/2018/08/17/uefa-ranking-das-rennen-um-den-champions-league-gruppenplatz-2018-19/#comments Thu, 16 Aug 2018 22:13:14 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15132 UEFA-Ranking: Das Rennen um den Champions-League-Gruppenplatz 2018/19 weiterlesen ]]> Österreich hat sich in der vergangenen Saison einen sehr wahrscheinlichen Fixplatz in der Gruppenphase der UEFA-Champions-League für den Meister der laufenden Saison erspielt. Die heurigen Leistungen sollen diesen Platz für das nächste Jahr absichern. Auch wenn es angesichts der Leistungen von Sturm und der Admira eher fraglich ist, was Österreich eigentlich mit einem zweiten Quali-Starter in der Champions League und einem fünften Team in Europa wirklich anfangen soll, hoffen viele Fans natürlich, dass sich das ausgeht. Und so steht es derzeit im Rennen um Platz 11.

Wie auch in den letzten Jahren wird für Österreich viel von der Leistung von Salzburg abhängen. Die Bullen könnten sich aber heuer erstmals für die Champions League qualifizieren (dort wären sie in der Gruppenphase immerhin ein Topf 3 Team), was zwar vier Bonuspunkte für die erfolgreiche Quali bringen würde (also 0,8 für Österreich) aber das weitere Punktesammeln natürlich wegen deutlich schwierigerer Gegner ebenso schwieriger machen würde, als in der Europa League zu spielen (dort wären sie ein Topf 1-Team). Als Topf-3-CL-Team wäre es aber auch noch möglich, als Gruppendritter im Frühjahr in die Europa League zu wechseln, aber da muss die Auslosung mitspielen. Für Rapid gilt: Wenn man Steaua aus dem Bewerb werfen kann, könnte man die EL-Gruppenphase womöglich als Topf 2-Team bestreiten (dazu muss eine Handvoll Teams ausscheiden, die höher gesetzt sind – eines davon wäre aber Steaua).

Das Potential für noch einige Punkte ist also da. Nach vorne braucht man sich jedoch keine Illusionen zu machen. Zu gut abgesichert ist Platz 10 für die Türkei derzeit. Es geht rein um die Verteidigung des elften Platzes (der nach dem aktuellen Regelwerk immer dann einen CL-Fixplatz bedeutet, wenn sich der Champions-League-Sieger über seine eigene Meisterschaft qualifiziert – was meistens der Fall ist).

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Die Konkurrenz

Die größte Bedrohung von hinten für das Sichern von Platz 11 wird diesmal von Dänemark ausgehen. Die Dänen haben noch drei Teams am Start und müssen ihre Punkte durch weniger Starter teilen (jeder Punkt von Österreich wird durch fünf Starter dividiert, jeder dänische durch vier – ein österreichischer Sieg ist also zum Beispiel 0,2 Punkte wert, ein dänischer 0,25.) Bisher hatte man eine gute Saison und Kopenhagen und Midtjylland haben das Potential, in der Europa League weiter zu punkten. Bröndby wäre dort eher kein Top-Team, aber auch Kleinvieh gut.

Der alte Throninhaber waren bekanntlich die Niederlande. Für die werden die Chancen auf eine Aufholjagd davon abhängen, ob sich Ajax (gegen Kiew) für die Champions League qualifiziert. Die hätten dort ebenso wie PSV (Quali gegen BATE Borissow) sicher Schwierigkeiten, viele Punkte zu sammeln. Alle Europa League Starter sonst sind bereits rausgeflogen.

Griechenland hat bereits größeren Rückstand. PAOK (Quali gegen Benfica) und AEK (Quali gegen Vidi) sind in der Champions League Außenseiter, wären bei einem Ausscheiden dort in der EL aber wie Olympiakos größere Fische. Mehr als Punkte Rückstand sind für eine Fünf-Starter-Nationaber viel Holz.

Kroatien hat zwar nur vier Starter, kann Österreich aber normalerweise nicht gefährlich werden. 2,5 Punkte holt Zagreb nie und nimmer alleine auf. Noch einen Tick mehr muss Tschechien aufholen, das zwar noch vier von fünf Startern dabei hat, der große Run von Pilsen in der CL (die Fix-Teilnahme ist in den Punkten bereits beinhaltet) oder herausragende Saisonen von Olmütz, Jablonetz und Slavia Prag in der EL sind aber auch kaum zu erwarten

Auch für die Schweiz wird das schwer, aber da Basel in der Europa League ein gewichtiges Team wäre, auch die Young Boys (CL-Quali gegen Zagreb) dort ihre Chancen hätten, falls sie an der CL-Quali scheitern und sogar der FC Zürich dort als Topf 3 Team punkte schaffen kann, ist eine Aufholjagd nicht ganz auszuschließen.

Prognose

Die Chancen, den elften Platz zu wahren, sind gar nicht schlecht. Sowohl Salzburg als auch Rapid haben Chancen, noch einige Punkte zu sammeln. Vermutlich müsste Rapid es aber in die Gruppenphase der Europa League schaffen, damit die Verfolger auch tatsächlich auf Distanz gehalten werden können. Wenn es Salzburg wieder allein richten muss, wäre wohl eine (weitere) Wundersaison der Bullen vonnöten.

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Europas zweite Reihe bei der WM: Von „recht gut“ bis „Katastrophe“ – und mit Luft nach oben https://ballverliebt.eu/2014/07/15/europas-zweite-reihe-von-recht-gut-bis-katastrophe-und-mit-luft-nach-oben/ https://ballverliebt.eu/2014/07/15/europas-zweite-reihe-von-recht-gut-bis-katastrophe-und-mit-luft-nach-oben/#comments Tue, 15 Jul 2014 20:09:52 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10393 Europas zweite Reihe bei der WM: Von „recht gut“ bis „Katastrophe“ – und mit Luft nach oben weiterlesen ]]> Sie sind die Länder mit den nicht ganz so großen Ligen im Rücken, die Nationalmannschaften, die sich zumeist eher aus Legionären rekrutieren – sie sind Europas zweite Reihe. Die sich mit sehr unterschiedlicher Fortune in Brasilien präsentiert haben. Mit dem Erreichten können manche von ihnen, vor allem Belgien und die Schweiz, durchaus zufrieden sein. Aber was sie alle gemeinsam haben: Sie haben nicht in allen Bereichen ihr Optimum ausgeschöpft.

Belgien: Enttäuschend zum nicht enttäuschenden Ergebnis

Das mit den Belgiern ist so eine Sache. Sie galten als Geheimtipp und sie wurden dann auch Gruppensieger und schieden erst im Viertelfinale knapp gegen Argentinien aus. Eigentlich eine Super-WM für ein Team, das 12 Jahre bei keinem Turnier mehr dabei war. Aber dennoch hatte das Spiel der Roten Teufel, bei allem Talent, immer so ein wenig die Aura von Dienst-nach-Vorschrift, von Uninspiriert- und Biederkeit.

Belgien
Belgien: Das talentierte Team hatte viel Kontrolle in seinen Spielen, aber wenig echten Zug zum Tor.

Marc Wilmots hat eine kompakte Mannschaft geformt, mit einer bärenstarken Abwehr, aber man bekam das eigene Spiel nach vorne selten wirklich gefährlich aufgezogen – dazu fehlte auch so ein wenig das Tempo. Die Außenverteidiger sind umgeschulte Innenverteidiger, die zwar ihr möglichstes machten, aber kein Gegner musste ihre Flanken fürchten.

Auch Marouane Fellaini fehlte aus dem Zentrum heraus die Direktheit und der Zug zum Tor, Eden Hazard wirkte ein wenig überspielt, dazu konnte der als Stamm-Mittelstürmer ins Turnier gegangene Romelu Lukaku überhaupt nicht überzeugen und verlor seinen Platz bald an Neo-Liverpooler Divock Origi. Dries Mertens, der ebenso im Turnierverlauf ins Team rutschte, war noch der mit dem meisten Punch.

So hat Belgien mit dem Viertelfinal-Einzug nicht direkt enttäuscht, aber gemessen an den Erwartungen irgendwie doch zumindest unterwältigend agiert. Was für das Team spricht: Nur eine Stammkraft hat sicher das letzte große Turnier gespielt, bis auf Daniel van Buyten können alle noch mindestens eine WM spielen und auf den Erfahrungen aufbauen.

Schweiz: Zu konservativ für den großen Wurf

Auch noch recht jung ist das Team aus der Schweiz. Auch dieses hat mit dem Achtelfinal-Einzug ein ordentliches Resultat zu Buche stehen, auch dieses verlor wie danach Belgien knapp gegen Argentinien. Und wie die Belgier schafften es auch die Schweizer nicht so richtig, aus einer extrem talentierten Mannschaft auch einen wirklich attraktiven Fußball herauszuholen. Was auch an der konservativen Grundhaltung von Ottmar Hitzfeld liegen mag.

Schweiz
Schweiz: Ein Top-Kader und ein gutes Team, aber nicht so aufregend, wie es hätte sein können.

Denn eine außergewöhnliche Spielanlage oder gar Experimente gibt es bei dem 65-Jährigen nicht. Er verstand es, der Nati ein nicht besonders komplizierte, aber grundsätzlich funktionierende Spielweise einzuimpfen, mit einer klaren Ordenung. Zwei starke Außenverteidiger, ein kampfstarken Sechser, ein guter Passgeber auf der Acht. Nur vorne wollte es nicht so recht flutschen.

Shaqiri startete in den ersten beiden Spielen auf der rechten Seite, tauschte dann jeweils in der Halbzeit mit Granit Xhaka die Plätze, und jedesmal wurde es deutlich besser. Erst im dritten Spiel konnte sich Hitzfeld überwinden, Shaqiri von Beginn an auf die Zehn zu stellen – der Bayern-Spieler dankte es mit drei Toren gegen Honduras.

Auch in der Abwehr zögerte Hitzfeld lange, ehe er sich über die funktionierende Lösung drübertraute. Johan Djourou, der beim HSV eine Katastrophen-Saison gespielt hat, konnte sich der Nibelungentreue von Hitzfeld sicher sein – warum auch immer, schließlich war Djourou auch bei der WM ein ständiger Unsicherheitsfaktor. Nach der Verletzung von Nebenmann Steve von Bergen gab Hitzfeld aber immer noch nicht dem (von Experten schon vorm Turnier statt Djourou geforderten) Schär die Chance, sondern Senderos – und kassierte beim 2:5 gegen Frankreich die Rechnung.

Erst im dritten Spiel kam Schär, und mit ihm gab es in 210 Spielminuten nur noch ein Gegentor – das in der 118. Minute gegen Argentinien von Di María. Nun übernimmt Vladimir Petkovic für Hitzfeld, der sich nun endgültig in die Fußball-Pension verabschiedet. Der 50-Jährige, der zuletzt Lazio trainierte, übernimmt eine gutklassige Mannschaft, aus der man noch viel herausholen kann. Wenn man sich traut.

Griechenland: Wenig Glanz, aber wieder achtbar

Es ist so eine Sache mit den Griechen. Der praktisch flächendeckend als fußballhistorische Katastrophe aufgenommene EM-Titel von 2004 hängt ihnen noch immer nach. Dabei darf man aber nicht den Fehler machen, Negative Spielweise mit Pragmatismus zu verwechseln. Denn was Fernando Santos bei Hellas spielen lässt, ist nicht mehr der plumpe Destruktivismus der späten Rehhagel-Jahre, sondern einfach jene Spielweise, die am besten zu seiner Mannschaft passt.

Griechenland
Griechenland: Ein Team aus braven Arbeitern: Zusehen macht wenig Spaß, aber wieder einmal wurde die Gruppe überstanden – und das verdient.

Was aber nicht heißt, dass Griechenland immer nur verteidigt. Ganz im Gegenteil. Über weite Strecken des Spiels gegen die Ivorer waren sie die aktivere Mannschaft, was mit dem späten Siegtor und damit dem Achtelfinal-Einzug belohnt wurde. Gegen Costa Rica war man ebenso die fast über die ganzen 120 Minuten, jedenfalls aber in der letzten Stunde mit einem Mann mehr, zuweilen drückend überlegen. Und dass man in Unterzahl gegen Japan darauf schaut, das Spiel zumindest nicht zu verlieren, kann man dem Team schwer zum Vorwurf machen.

Im Grunde war Griechenland aber doch das, was Griechenland halt meistens ist: Eine nicht gerade prickelnde Mannschaft, die aus einer gesicherten Abwehr heraus vor allem dann seine Stärken hat, wenn man schnell und direkt umschalten und die Offensivkräfte die noch offenen Räume bearbeten können. Einen dezidiert kreativen Spieler im Mittelfeld gibt es nicht, es wird Fußball gearbeitet, nicht zelebriert.

Was das griechische Team unter Fernando Santos immerhin in zwei Versuchen zweimal in die K.o.-Phase einer EM bzw. einer WM gebracht hat. Und angesichts der Tatsache, dass der Kader nicht übertrieben alt ist und immer wieder Leute nachkommen – wie die U-19, die vor zwei Jahren Vize-Europameister war – muss damit auch noch nicht Schluss sein, nur weil Santos nach vier Jahren als Teamchef nicht mehr weitermacht.

Kroatien: Unter Wert geschlagen

Schon bitter. So furchtbar viel haben die Kroaten gar nicht falsch gemacht, und doch ging’s nach der Vorrunde nach Hause. Wegen eines erstaunlichen Paradoxons – obwohl man mit Modric und Rakitic zwei Gestalter im Mittelfeld-Zentrum stehen hatte und keinen Balleroberer, war es vor allem die fehlende Durchschlagskraft am Weg nach vorne, die das Aus bedeuteten. Und keine defensive Instabilität, wie man annehmen hätte können.

Team Kroatien
Kroatien: Zweieinhalb Spiele okay bis stark, aber dennoch hat es nicht fürs Achtelfinale gereicht.

Gegen Brasilien hätte man mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht verloren, wenn nicht der Referee einen Elfmeter gepfiffen hätte, den man nicht hätte pfeifen sollen. Gegen Kamerun nützte man die eklatanten Schwächen des Gegners konsequent aus. Nur gegen Mexiko wurde – vielleicht auch, weil Teamchef Kovac von seinem 4-4-1-1 abging und ein 4-3-3 versuchte, in dem sich das Team merklich nicht sonderlich wohl fühlte – es verpasst, die auf dem Papier bestehenden Stärken auszuspielen.

Weil vorne die hängende Spitze als Anspielstation fehlter – in den ersten beiden Spielen konnten weder Mateo Kovacic noch Sammir da wirklich überzeugen – war man dem mexikanischen Pressing ausgeliefert. Dennoch: Rakitic und Modric haben beide noch zumindest eine WM im Tank, mit Dejan Lovren sollte es auch bald wieder einen Innenverteidiger von Format geben, die meisten Spieler haben noch Steigerungspotenzial.

Wenn man Kovac die Zeit lässt, kann da bei der EM in zwei Jahren durchaus einiges herausschauen.

Bosnien: Zu viel Respekt gezeigt

Die große Stärke in der Qualifikation, die bei Bosnien schon lange überfällig war: Die herausragende Offensive mit dem brandgefährlichen Sturm-Duo Edin Dzeko und Vedad Ibisevic, mit Zvjedzan Misimovic dahinter an der Spitze der Mittelfeld-Raute. So fegte man über die Gegner hinweg – weshalb es schon sehr erstaunlich ist, dass Teamchef Safet Susic in der nicht gerade unüberwindbaren Gruppe mit dem Iran und Nigeria vom Erfolgs-Konzept abwich.

Bosnien
Bosnien: Beim Debüt zu wenig Mut gezeigt und auch etwas Pech gehabt. Da war mehr möglich.

Nicht nur, das er gegen Argentinien und Nigeria Ibisevic opferte und mit nur einer Spitze agierte, nein, auch sonst zeigte Bosnien vor allem im entscheidenden Spiel gegen Nigeria deutlich zu viel Respekt vor dem Anlass und deutlich zu wenig von dem Punch nach vorne, der Bosnien sonst auszeichnet. Die Herangehensweise war zu verhalten, zu langsam.

Natürlich war auch Pech dabei. Pech, dass ein korrekter Treffer gegen Nigeria nicht zählte, Pech, dass Dzeko in der Nachspielzeit den Pfosten traf, Pech, dass Messi eine leblose argentinische Mannschaft im Alleingang rettete, Pech, dass wegen der anderen Ergebnisse das Aus schon vor dem letzten Spiel feststand.

Aber das Vorrunden-Aus alleine am Pech festzumachen, würde zu kurz greifen. Der Abwehr fehlt es an internationalem Format, Misimovic ganz dramatisch am Tempo (noch ein weiterer Grund, warum es keine gute Idee war, ihm eine Anspielstation in der Spitze zu nehmen). Aber es gab auch einen Spieler, der positiv überraschte: Es ist kaum anzunehmen, dass der erst 21-jährige Sechser Muhamed Besic, der Messi an der ganz kurzen Leine hatte, noch lange bei Ferencváros in der sportlich völlig wertlosen ungarischen Liga spielt.

Vieles deutet darauf hin, dass dies eine einmalige, wenn man so will goldene Generation der Bosnier ist, die mit dem nahenden Karriere-Ende von Misimovic bald ihren ersten elementaren Baustein verliert. Wie lange man mit der Taktik auf hohem Niveau Erfolg haben wird, Flüchtlings-Kinder zu finden, die in anderen Ländern gut ausgebildet wurden, wird sich erst zeigen müssen. Die erste Teilnahme und den ersten Sieg bei einer WM kann Bosnien keiner mehr nehmen. Jedoch auch nicht die Gewissheit, dass mehr möglich gewesen wäre.

Russland: Bestenfalls biederer Durchschnitt

Furchteinflößend für die Gegner war das ja nicht von den Russen. Im Gegenteil. Die Auftritte der Sbornaja erinnerten mit einer erschreckenden Ähnlichkeit jener der Engländer vor vier Jahren. Was auch daran liegen mag, dass damals wie heute Fabio Capello der Trainer ist. Bei Österreichs Gruppengegner in der anstehenden EM-Quali stimmte über alle drei Spiele gesehen so gut wie nichts und so schaffte man es sogar in der vermutlich schwächsten Gruppe, auszuscheiden.

Russland
Russland: Weit von vergangener Form entfernt. Bieder, hölzern, harmlos und fehleranfällig.

Torhüter Akinfejev wirkte unsicher und machte teils haarsträubende Fehler. Die Innenverteidigung ist langsam und hüftsteif. Von den Außenverteidigern kommt zu wenig. Für die Position im linken Mittelfeld hatte Capello nur Notlösungen zu bieten. Kurz: Russland war von einer ungeheuerlichen Harmlosig- und Biederkeit.

Es war auch nie erkennbar, wofür diese Mannschaft eigentlich inhaltlich stehen möchte. Es gab kein echtes Pressing, keinen vernünftigen Aufbau, Alibi-Pässe im Mittelfeld. Lichtjahre von dem entfernt, was das russische Team 2008 unter Guus Hiddink zu einer der aufregendsten des Turniers gemacht hat.

Die russische Liga hat aber auch ein ähnliches Problem wie die englische, die Capello ja davor als Rekrutierungs-Becken zur Verfügung hatte, wenn auch nicht so extrem: Annährernd die Hälfte aller Spieler der russischen Liga, in der alle 23 Kader-Spieler unter Vertrag stehen, sind keine Russen – und viele besetzen bei den Klubs auch Schlüsselpositionen.

Anders gesagt: Wenn es bessere Spieler gegeben hätte, wären sie auch mit dabei gewesen. So aber konnte Capello nur Durchschnitt aufbieten, dazu sind nur zwei Stammspieler jünger als 27 Jahre. Sieht mittelfristig nicht so gut für Russland aus.

Portugal: Was schief gehen kann, ging schief

Es war ein ziemlicher Total-Kollaps, den die Portugiesen hingelegt haben – jene Portugiesen, die praktisch in der selben Besetzung vor zwei Jahren beinahe das EM-Finale erreicht hätten. Das ist aber nur in Einzelfällen wirklich Spielern anzulasten, gar beim Teamchef die Schuld zu suchen, wäre eigentlich völlig verkehrt.

Portugal
Portugal

Ob man Pepe im ersten Spiel wirklich ausschließen muss, sei mal dahingestellt, aber besonders intelligent war seine Aktion gegen Thomas Müller in keinem Fall. Nur: Fábio Coentrão schon im ersten Spiel verletzt zu verlieren, dazu mit Almeida (im ersten Spiel) und Postiga (im zweiten Spiel) mit Muskelblessuren nach jeweils 20 Minuten zu verlieren, was will man da machen.

Einen an sich verlässlicher Innenverteidiger, einen sehr guten Linksverteidiger und den Einser-Stürmer schon im ersten Spiel zu verlieren, das dann auch noch 0:4 in die Binsen ging, das verkraftet kein Team. So musste Veloso von der Sechs auf die Linksverteidiger-Position auswandern (wo er sich sichtlich unwohl fühlte), musste der international völlig unerfahrene William Carvalho auf der Schlüsselposition im defensiven Mittelfeld ran, musste der Dritte-Wahl-Stürmer Éder ganz vorne aushelfen. Und zum Drüberstreuen verletzte sich im letzten Spiel auch noch Torhüter Beto.

Derart verunsichert hätte man beinahe gegen die kampfstarken, aber individuell schwach besetzten US-Amerikaner verloren, da half dann auch der abschließende Sieg gegen Ghana nichts mehr. Und natürlich hätte Cristiano Ronaldo mehr zeigen können, aber wenn rund um ihn herum alles einstürzt, kann man das frühe Ausscheiden nicht dem Star von Real Madrid anlasten.

Es war ein Turnier nach dem Motto „Pech gehabt“. Abhaken, nach vorne schauen. Was soll’s.

Nächste Kontinental-Meisterschaft: Juni 2016 in Frankreich

Angesichts der Tatsache, dass sich neben dem Gastgeber noch 23 weitere Mannschaften für die aufgeblähte EM in zwei Jahren qualifizieren, ist anzunehmen, dass die komplette zweite Reihe aus Europa, die in Brasilien dabei war, auch dort dabei sein sollte. Einige davon werden auch sicher eine realistische Chance haben, dort gut auszusehen – vor allem Belgien, Kroatien und Portugal, aber auch die Schweizer.

Allen diesen Teams, den Mid-Majors aus dem alten Kontinent, ist beim Turnier in Brasilien aber eines gemeinsam: Bei allen herrschte Luft nach oben, niemand kann von sich sagen, das spielerische UND das resultatsmäßige Optimum herausgeholt zu haben. Die größten Sorgenkinder unter diesen Teams sind sicher die Russen (die mit Schweden, Österreich und Montenegro eine gemeine Quali-Gruppe haben) und die Bosnier, die wohl schon über dem Zenit sein dürfte (aber in der Gruppe mit Belgien, Israel und Wales kaum Probleme haben dürfte, sich zu qualifizieren).

Und klar ist auch: Viele Teams aus dieser zweiten Reihe sind nicht mehr auf Augenhöhe mit so manchem Vertreter der (vermeintlich) Großen, sondern hat diese schon überholt. Stellt sich nur die Frage, für wie lange.

(phe)

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0:2 gegen Griechenland – weil neben Kreativität auch Einsatz fehlte https://ballverliebt.eu/2013/08/15/02-gegen-griechenland-weil-neben-kreativitat-auch-einsatz-fehlte/ https://ballverliebt.eu/2013/08/15/02-gegen-griechenland-weil-neben-kreativitat-auch-einsatz-fehlte/#comments Thu, 15 Aug 2013 09:41:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=9323 0:2 gegen Griechenland – weil neben Kreativität auch Einsatz fehlte weiterlesen ]]> Ein Spiel, das die Zuschauer vom Hocker reißt, war das ja nun nicht. Österreichs 0:2 gegen Griechenland zeigte einmal mehr altbekannte Schwächen auf (eigene Spielgestaltung) und wurde auch deshalb verloren, weil das rot-weiß-rote Team zuweilen einen eher desinteressierten Eindruck machte. Griechenland spielte soliden Defensiv-Fußball – Räume eng machen, doppeln, schnell umschalten – und kam so zu einem durchaus verdienten Sieg.

Österreich - Griechenland 0:2 (0:1)
Österreich – Griechenland 0:2 (0:1)

Nichts bahnbrechend Neues: Wenn Österreich vom Gegner gezwungen wird, das Heft des Handelns selbst in die Hand zu nehmen, gibt’s Probleme. Genau das tat Griechenland – und entsprechend mühselig gestaltete sich dann auch das Spiel des ÖFB-Teams.

Geschickte Griechen

Auch im EM-Viertelfinale gegen Deutschland ließ Santos ein defensiven 4-1-4-1 spielen.
Auch im EM-Viertelfinale gegen Deutschland ließ Santos ein defensives 4-1-4-1 spielen.

Griechenlands-Teamchef Fernando Santos vertraut üblicherweise einem 4-3-3, wenn er speziell defensiv spielen will, zieht er dabei die Außenstürmer nach hinten und lässt in einem 4-1-4-1 spielen. So machte er das etwa im EM-Viertelfinale gegen Deutschland, und diese Formation testete er auch in diesem Spiel in Salzburg.

Griechenland überließ den Österreichern bereitwillig den Ball und achtete darauf, dem Gegner erstens durch aktives Angehen der Spieleröffner und zweitens durch geschicktes Engmachen der Räume bei möglichen Passempfängern die Möglichkeiten nach vorne zu nehmen.

Mit der Absicherung von Oldie Katsouranis preschten die beiden Achter, Maniatis und Tachtsidis, immer wieder nach vorne und störten so Alaba und Baumgartlinger. Diese hatten zwischen sich und dem Offensiv-Quartett damit oft drei Spieler, von denen zwei auf sie zuliefen.

Auf den Flügeln versuchten Christodoulopoulos links und vor allem Kone rechts ebenso, möglichst aktiv die österreichischen Außenverteidiger zu beschäftigen. Kone zog immer wieder zu Mitroglou in den Strafraum und zwang so einen Österreicher, zusätzlich in die Abwehrzentrale zu gehen. Oft ging auch keiner mit, dann kam Kone ungehindert zum Abschluss.

Zu wenig Bewegung

Die Griechen kappten also gut die Verbindungen zwischen österreichischer Spieleröffnung und der rot-weiß-roten Offensive – dabei half es auch nicht, dass die beiden Flügelspieler Harnik und Arnutovic nur sehr selten wirklich gewinnbringend einbringen konnten. Denn erstens waren sie beim robusten Torosidis (gegen Arnautovic) und dem giftigen, quirligen Holebas (gegen Harnik) in guten Händen und zweitens bewegten sie sich auch zu wenig und boten sich zu wenig an. Lediglich Zlatko Junuzovic ließ sich mitunter etwas fallen, um sich die Bälle von etwas weiter hinten zu holen.

Somit hatte Österreich zwar an die 60 Prozent Ballbesitz, gegen die geschickten Griechen gelang es aber nicht, echten Druck zu entwickeln, den Gegner dauerhaft in Bedrängnis zu bringen oder sich tatsächlich zwingende Tormöglichkeiten heraus zu arbeiten. Und wenn man es doch einmal schaffte, in aussichtsreiche Position zu kommen, wurde oft zu überhastet der Abschluss gesucht (Arnautovic zuweilen, vor allem aber von Weimann).

Keine echte Bedrohung

Immerhin: Vom Aufrücken Kones abgesehen, machte die österreichische Defensive einen recht guten Eindruck. Die Griechen kamen zwar selten mit mehr als zwei, drei Mann in die Gefahrenzone, aber man hatte dennoch nie den Eindruck, der Abwehrkette würden die Felle davonschwimmen. Letztlich war auch das 0:1 kurz vor der Pause eher ein Resultat eines zu offenen Mittelfelds, durch das ein schneller Steilpass in den Lauf von Mitroglou gespielt werden konnte, als ein echter Fehler in der Innenverteidigung – zumal sich Mitroglou einfach auch sehr geschickt gegen Pogatetz durchsetzte.

Außerdem merkt man es Torhüter Robert Almer bereits an, dass er nun endlich auch im Ligabetrieb auf regelmäßiger Basis seine Einsätze bekommt und er dank guter Leistungen bei Cottbus auch mehr Selbstvertrauen ausstrahlen kann als das in der Vergangenheit der Fall war. Natürlich: Er ist nicht mehr der allerjüngste und er wird auch nicht mehr der großartigster Goalie der ÖFB-Geschichte werden – aber mit regelmäßiger Spielpraxis in der durchaus gutklassigen zweiten deutschen Liga kann er zweifellos dafür sorgen, dass man sich um die Position zwischen den Pfosten, die in jüngerer Vergangenheit ja mit das meiste Bauchweh verursacht hat, keine echten Sorgen mehr machen muss.

Der Versuch des 4-1-3-2

Schlussphase
Schlussphase

Nach dem 0:2 – bei dem Mitroglou nach einer feinen Vorarbeit des guten Holebas an der Strafraumgrenze zu frei zum Schuss kam – stellte Koller um. Mit Hosiner (statt Alaba) kam eine zweite Spitze, womit in der letzten Viertelstunde ein 4-1-3-2 auf dem Feld stand. Leitgeb gab darin den Sechser, Jantscher klebte an der rechten Außenlinie, Junuzovic und Ivanschitz agierten aus dem Zentrum bzw. dem Halbfeld.

Da es nach dem 0:2 aber völlig an der Spannkraft fehlte und auch die Besetzung, die auf dem Feld war, so vermutlich nie wieder zusammen spielen wird, sind die Erkenntnisse aus diesem Versuch aber sehr begrenzt. Was aber auffiel: Es wurden deutlich mehr Flanken in den Strafraum geschlagen, weil dort nun zwei potentielle Abnehmer standen.

Nur: Die griechische Verteidigung ließ nicht allzu viel und und vor allem Weimann zeigte weiterhin eine Mischung aus Übermotivation (weil er natürlich die Chance, zu spielen, unbedingt nutzen wollte) und  Frust (weil wenig gelang).

Fazit: Wenig Relevanz, wenig Einsatz

Es ist anzuehmen, dass vor allem Irland beim WM-Quali-Spiel in Wien eine ähnliche Spielanlage haben wird und ähnlich körperlich robust zu Werke gehen wird wie die Griechen in diesem Test. Österreich fehlte es zum Teil an der Fähigkeit, gegen dieses Spiel anzukommen, in diesem Spiel aber vor allem am Schwung und am letzten Einsatz.

So können aus diesem Test kaum relevante Erkenntnisse gezogen werden, und schon gar keine neuen. Es wirkte so ein wenig wie eine Pflichtübung, von der jeder wusste, dass sie weder echte Relevanz noch echte Auswirkungen hat. Man konnte schlechte Testspielleistungen (wie gegen die Ivorer und in Wales) in jüngerer Vergangenheit schon einmal abschütteln, wenn es wirklich um etwas ging.

Ein echter Boost für’s Selbstvertrauen war es aber sicher nicht.

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Die tollen Kroaten, die feinen Bosnier, das EM-Gastgeber-Duell und das dänische 3:0 in Tschechien https://ballverliebt.eu/2013/03/25/die-tollen-kroaten-die-feinen-bosnier-das-em-gastgeber-duell-und-das-danische-30-in-tschechien/ https://ballverliebt.eu/2013/03/25/die-tollen-kroaten-die-feinen-bosnier-das-em-gastgeber-duell-und-das-danische-30-in-tschechien/#comments Mon, 25 Mar 2013 00:30:40 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=8517 Die tollen Kroaten, die feinen Bosnier, das EM-Gastgeber-Duell und das dänische 3:0 in Tschechien weiterlesen ]]> WM-Quali kompakt – quasi Häppchen in Form von Kurz-Analysen von der Jagd nach den Startplätzen für Brasilien 2014! Wo Kroatien mit einer aufregenden Mannschaft wahrscheinlich dabei sein werden. Die Bosnier, die Griechenland 3:1 besiegten, mit einem sehr schiefen 4-2-3-1 ebenso. Auch die Ukraine war systematisch schräg unterwegs und gewann auswärts in Polen. Während Dänemark in einem seltsamen Spiel in Tschechien die Chance auf das WM-Ticket wahren konnte!

Kroatien – Serbien 2:0 (2:0). Mandžukić 23, Olić 37.

Kroatien - Serbien 2:0 (2:0)
Kroatien – Serbien 2:0 (2:0)

Schon bei der EM unter Slaven Bilić war das kroatische Team eines der interessanteren des Turniers, und das ist auch unter Nachfolger Igor Štimac so. Er lässt das Team in einem Hybrid aus 4-2-3-1 und 4-4-2 antreten. Der große Rivale Serbien hatte der gewaltigen Klasse dieses Teams auf fast jeder Position nichts entgegen zu setzen.

Einzige Schwachstelle bei Kroatien ist die Innenverteidigung. Ćorluka und der alte Šimunic sind keine Spieleröffner, erstens, und könnten mit internationalen Klasse-Stürmern sicherlich nicht mithalten. Štimac geht aber deswegen keinen Kompromiss im zentralen Mittelfeld ein und stellt eine robuste Absicherung hin – nein, er wählt den Weg mit zwei Passgebern. Der gebürtige Linzer Mateo Kovačić (im Winter von Dinamo Zagreb zu Inter Mailand gewechselt) und Luka Modrić sind für die Impulse aus dem Zentrum zuständig. Vor allem der 18-jährige Kovačić beeindruckt dabei mit seiner extremen Ruhe am Ball und der Resistenz gegen Pressing-Versuche des Gegners. Was Modrić kann, ist eh bekannt.

Die beiden nominellen Außenspieler, Rakitić und Kranjčar, rücken sehr weit ein und erlauben den extrem offensiven Außenverteidigern Srna und Strinić das hinterlaufen. Damit ist nicht nur Überzahl im Zentrum hergestellt, sondern auch die Breite. Vorne steht Ivica Olić als hängende Spitze und Mario Mandžukić als Knipser. Beide arbeiten extrem viel.

Die Serben, die sich unter Teamchef Siniša Mihajlović im völligen Umbau befinden, waren komplett überfordert. Das teilweise heftige kroatische Pressing verhinderte jeden Versuch von Spielaufbau bei den Serben, die Flügelspieler waren von Strinić und Srna komplett abgemeldet, Kolarov war ein komplettes Desaster (das 1:0 für Kroatien resultierte etwa aus einem schlimmen Schnitzer von Kolarov), Ivanović wurde hinten festgenagelt und konnte Strinić und Olić trotzdem nie Einhalt gebieten. Die beiden armen Teufel, die im serbischen 4-4-1-1 vorne agierten, sahen kaum einen Ball. Kroatien kam zu einem mühelosen und nie gefährdeten 2:0-Sieg.

In der Gruppe A liegt Kroatien punktgleich mit Spitzenreiter Belgien an zweiter Stelle. In dieser Form ist davon auszugehen, dass sich die Kroaten für die WM qualifizieren werden. Dieses aufregende Team wäre sicher eine Bereicherung für das Turnier.

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Bosnien – Griechenland 3:1 (2:0). Džeko 30, 54, Ibišević 35; Gekas 90.

Bosnien - Griechenland 3:1 (2:0)
Bosnien – Griechenland 3:1 (2:0)

Dass auch die Bosnier ein ziemlich attraktives Team sind, ist schon seit längerem bekannt. Nun haben sie nach zwei Play-off-Niederlagen endlich auch eine Gruppe bekommen, in der sie sich durchsetzen sollten und endlich eine Endrunde erreichen dürften.

Der interessanteste Aspekt im Team von Safet Sušić, wie es sich beim womöglich schon vorentscheidenden Spitzenspiel der Gruppe gegen EM-Viertelfinalist Griechenland darstellte, ist die Assymmetrie im 4-2-3-1. Weil Sušić sowohl Edin Džeko von Man City als auch Vedad Ibišević von Stuttgart in seiner Start-Formation haben will, stellt er Ibišević nominell auf die rechte Mittelfeld-Seite. Er spielt aber recht weit innen und rückt auch oft ins Sturmzentrum, wodurch Rechtsverteidiger Mujdža gezwungen ist, extrem offensiv zu agieren, um die Flanke nicht offen zu lassen.

Auf der anderen Seite jedoch agiert Lulić (von Lazio) eher aus der Tiefe heraus und er hält auch die Außenbahn. Somit kann Linksverteidiger Zukanović hinten bleiben und sich, wie in diesem Spiel, um Salpingidis kümmern, ohne dass nach vorne etwas abgehen würde.

Das Hauptaugenmerk im Zentrum bei Zahirović und Medunjanin liegt im gezielten Pressing, dabei unterstützen sie vor allem Zehner Misimović. Weil sich aber die Griechen darauf recht gut eingestellt hatten und mit Torosidis und Holebas auf den Flügeln sowie dem robusten Salpingidis und dem großen Samaras vorne Anspielpunkte hatte, konnte Bosnien das gewohnte schnelle Umschaltspiel nicht etablieren. Stattdessen bestand der Spielaufbau vor allem aus langen Flankenwechseln auf Lulić oder Ibišević bzw. auf den robust verteidigten Džeko. Das klappte gar nicht.

Nach rund 20 Minuten erkannte Džeko das Problem und ließ sich extrem weit zurückfallen – also sogar hinter die Mittelfeld-Reihe – um besser anspielbar zu sein, während Misimović und vor allem Ibišević sich vorne anboten. Damit war Griechenland im Zentrum in Unterzahl und Bosnien flugs 2:0 in Front. Die Tore waren zwar ein Freistoß und ein Elfer-Nachschuss (der ziemlich erbärmlich verteidigt wurde), waren aber ein logisches Produkt der etwas veränderte Spielanlage der Bosnier.

Die das Spiel mit der Führung im Rücken in der Folge beinahe nach Belieben kontrollierten. Griechenlands Teamchef Fernando Santos nahm in der Pause Linksverteidiger Tzavellas raus und brachte mit Gekas einen neuen Mittelstürmer, dafür ging Samaras auf die linke Angriffs- und Holebas auf die linke Abwehrseite. So wollte er mehr Zug Richtung bosnischen Strafraum bringen – doch konnte diese Maßnahme nicht greifen, ehe Džeko, wieder nach einem Freistoß, das 3:0 markierte. Die Entscheidung.

Nach einer kurzen Orientierungsphase kontrollierte Bosnien also den stärksten Gruppengegner und gewann hochverdient. Damit führt man die Gruppe dank der hervorragenden Tordifferenz de facto vier Punkte vor den Griechen an und hat bereits beide Spiele gegen diese absolviert. Es sollte als endlich mit einer Endrunde klappen.

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Polen – Ukraine 1:3 (1:3). Piszczek 17; Jarmolenko 2, Gusev 6, Sosulia 45.

Polen - Ukraine 1:3 (1:3)
Polen – Ukraine 1:3 (1:3)

Die beiden Gastgeber der letzten EM sind in ihrer Gruppe (gegen England und Montenegro) beide schon ziemlich im Hintertreffen – sowohl für Polen als auch für die Ukraine war das ein Spiel der letzten Chance.

Der Schlüssel, um mit Polen umzugehen, hat sich seit der EM nicht verändert: Die extrem starke rechte Seite mit Piszczek und Błaszczykowski muss kontrolliert werden, denn der Rest der Mannschaft genügt internationalen Ansprüchen nicht. Michailo Fomenko, der das Amt des ukrainischen Teamchefs von Oleg Blochin übernommen hatte, ließ sich auch etwas einfallen: Ein extrem schiefes 3-4-3, mit dem die starke polnische Seite personell in Unterzahl gestellt werden sollte.

Während also Andrej Jarmolenko de facto alleine die rechte Angriffsseite beider Ukraine bildete und sich mit dem unauffälligen Rybus und dem schwachen Boenisch vor allem in der Anfangsphase einen Spaß machte, blieb mit Shevchuk der linke Wing-Back hinten und achtete auf Błaszczykowski, während Linksaußen Gusev an der Seitenlinie blieb und sich um Piszczek kümmerte. Unterstützt wurden die beiden, wenn es ernst wurde, von Sechser Stepanenko und dem linken Mann in der Dreier-Abwehr, Alexander Kutcher.

Der Clou war, dass dann immer noch mit Fedetski und Khacheridi zwei Innenverteidiger übrig waren, um Lewandowski nicht zur Geltung kommen zu lassen. Zusätzlich spielte den Ukrainern natürlich massiv in die Hände, mit zwei Weitschüssen in den ersten sieben Minuten – die von Boenisch bzw. Wasilewski aber leicht zu unterbinden gewesen wären – blitzschnell 2:0 in Front lagen und sich in der Folge auf die Defensive konzentrieren konnten.

Natürlich kann man Klasse-Leute wie Piszczek und Błaszczykowski nie ganz kaltstellen, wie die hervorragend herausgespielte Aktion zum Anschlusstreffer wie Piszczek zeigt, aber im Großen und Ganzen hatte die Ukraine die Angelegenheit im Griff. Und als kurz vor der Pause Boenisch einmal mehr schlief, schlug es durch den fleißig laufenden Stürmer Sosulia von Dnipropetrovsk zum 3:1 für die Ukrainer ein.

Polens Teamchef Waldemar Fornalik, der wie sein Gegenüber nach der EM übernommen hatte, brachte für die zweite Hälfte Kosecki statt Rybus und ließ den neuen Mann deutlich höher agieren, um Jarmolenko effektiver nach hinten zu drücken. Weil aber erstens mit Fedetski der rechte Mann in der Dreierkette der Ukraine mehr aufrückte und zweitens Boenisch weiterhin grobe Schwächen im Zweikampf und auch im Positionsspiel zeigte, kam Polen trotz des Wechsels nicht zurück ins Spiel – im Gegenteil, die Ukrainer hatten zwei Topchancen und hätten schon 5:1 führen können, als nach einer Stunde mit Obraniak ein neuer Zehner bei den Polen kam.

Fomenko reagierte prompt und brachte Tymoschuk statt des müdegelaufenen Stepanenko. So wurde Obraniak neutralisiert – und die Ukrainer kontrollierten den 3:1-Sieg ohne gröbere Probleme über die Zeit. Nach dem Punktverlust in Moldawien und der Heimniederlage gegen Montenegro wahrte die Ukraine somit die verbliebene Mini-Chance, aber es wurde auch deutlich, dass die spielerischen Mittel begrenzt sind – und man wird nicht in jedem Spiel zwei Weitschuss-Tore erzielen und danach kontern können.

Eine Teilnahme an der WM ist für die Ukrainer damit ebenso unwahrscheinlich wie für die Polen. Mit einer Heimniederlage gegen die Ukraine im Gepäck werden wohl zwei Überraschungen gegen England und Montenegro nötig sein, um nach von der Endrunde träumen zu dürfen. Dafür ist die Mannschaft mit der Konzentration auf die rechte Seite aber wohl zu berechenbar.

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Tschechien – Dänemark 0:3 (0:0). Cornelius 57, Kjær 67, Zimling 82.

Tschechien - Dänemark 0:3 (0:0)
Tschechien – Dänemark 0:3 (0:0)

Jeweils Unentschieden gegen die seit Jahren wertlosen, sich aber auf dem Weg nach oben befindenden Bulgaren bedeuteten sowohl für Tschechien als auch für Dänemark einen eher durchwachsenen Start in die WM-Quali.

Grundsätzlich haben sich aber beide Teams gegenüber der EM nicht großartig verändert. Tschechien ist weiterhin ein eher gesichts- und konturloses Team: Keine glanzvollen Spieler, kein ungewöhnliches System, kein besonderes Flügelspiel. Ein ordentliches, aber nicht brutales Pressing gegen die gegnerische Spieleröffnung. Solide Arbeiter, die aber auch keinen Kampf-Fußball zeigen. Auf die Frage, wofür das tschechische Team Anno 2013 steht, wird man eher ratlose Blicke ernten.

Und auch die Dänen sind sich treu geblieben: Ein 4-4-1-1 mit extrem nach vorne pushenden Außenverteidigern, die von einem zwischen die Innenverteidiger abkippenden Sechser (in diesem Fall Stokholm) abgesichert werden; einrückende Außenstürmer, in Eriksen einen trickreichen, aber noch immer nicht besonders gefährlichen zentralen Gestalter – und vorne ein Pflock von einem Stürmer. In Abwesenheit des nach einer Alko-Fahrt suspendierten Bendtner ist das der Shooting-Star der dänischen Liga, Andreas Cornelius vom FC Kopenhagen.

Dadurch, dass beide Teams darauf achteten, die Räume zwischen Mittelfeld und Abwehr eng zu halten, war im Spiel nach vorne jeweils erhöhte Präzision gefordert. Die es aber nicht gab: Viele schlampige Abspiele (vor allem von Jørgensen und Krohn-Dehli) und die Tatsache, dass Eriksen von Plašil und Darida gut in Schach gehalten wurde, hinderte die Dänen an Torchancen.

Aber auch die Tschechen konnten sich nicht nach vorne kombinieren, weil immer ein Däne da war, der das zu verhindern wusste. Mit ihrer sehr kompakten und taktisch äußerst disziplinierten Defensiv-Arbeit im Mittelfeld schafften es so auch die Skandinavier, von Tschechien nicht nachhaltig in Gefahr gebracht zu werden. Die Folge: Ein zwar intensives, aber in Ermangelung von konkreten Aktionen nicht besonders unterhaltsames Spiel und ein logisches 0:0 zur Pause.

In der zweiten Hälfte stieg bei Dänemark nach vorne die Konzentration und damit auch die Genauigkeit und Cornelius drosch bei seinem Start-Elf-Debüt nach knapp einer Stunde einen Ball, der ihm eher zufällig an der Strafraumgrenze vor die Füße gefallen war, unhaltbar für Cech in den Winkel. Der tschechische Teamchef Bilek brachte im Gegenzug mit Rosický einen echten Gestalter statt Kämpfer Jiráček. Ein guter Wechsel, denn in das auffallend unkonkrete Offensiv-Spiel der Tschechen kam sofort viel mehr Direktheit und Zug zum Tor.

Die Gastgeber waren also drauf und dran, das Spiel auszugleichen, als Simon Kjær nach einem Eckball per Kopf das 2:0 erzielte. Das lässt sich eine so kompakte Mannschaft wie jene der Dänen natürlich nicht mehr nehmen – und Zimlings 3:0 in der Schlussphase machte den Deckel drauf.

Was nichts daran ändert, dass es ein seltsames Spiel war. Keines der beiden Teams wusste wirklich zu überzeugen und vor allem in der Offensive ist extrem viel pures Stückwerk. Dennoch: Bei den Dänen ist ein konkreterer Plan zu erkennen als bei den Tschechen, denen in der Startformation eklatant die Kreativität und die Qualität im gegnerischen Strafraum abgeht. Mit David Lafata muss ein Stürmer ran, der vor Jahren bei der Wiener Austria keinen bleibenden Eindruck hinterließ.

Aber trotz des 3:0-Erfolgs vermittelte auch Dänemark nicht den Eindruck, dass man zwingend viel Geld auf eine WM-Teilnahme setzen sollte. Freilich: Viel dramatisch negatives ist resultatsmäßig noch nicht passiert (Remis gegen Tschechien und in Bulgarien, Niederlage in Italien). Aber dieser Sieg war auch das erste positive Ausrufezeichen. Sollte im nächsten Spiel daheim gegen Bulgarien ein weiterer Dreier folgen, stimmt der Fahrplan in Richtung Play-Off.

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„Real Deutschland“ ins Semifinale – dominanter 4:2-Sieg über Griechenland https://ballverliebt.eu/2012/06/22/real-deutschland-ins-semifinale-dominanter-42-sieg-uber-griechenland/ https://ballverliebt.eu/2012/06/22/real-deutschland-ins-semifinale-dominanter-42-sieg-uber-griechenland/#comments Fri, 22 Jun 2012 21:59:05 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7576 „Real Deutschland“ ins Semifinale – dominanter 4:2-Sieg über Griechenland weiterlesen ]]> Mesut Özil und Sami Khedira: Die beiden Deutschen von Real Madrid waren die dominanten Figuren beim 4:2 über Griechenland. Dass das Viertelfinale nicht schon viel früher entschieden war, lag eher an mangelnder Chancenverwertung als an den erwartet defensiv eingestellten Griechen. Letztlich war es aber ein ganz souveräner Sieg der um mindestens eine Klasse besseren Mannschaft.

Deutschland - Griechenland 4:2 (1:0)

Erstaunlich: In den neun Jahren, in denen Otto Rehhagel Teamchef war, spielte Griechenland nie gegen Deutschland. Weniger erstaunlich: Als es das erste Mal nach elf Jahren doch wieder so weit war, überließen die Griechen dem übermächtig scheinenden Gegner recht bereitwillig den Ball.

Drei Neue bei Löw

Joachim Löw nahm drei eher überraschende Veränderungen gegenüber seinem Team aus der Vorrunde vor: Gomez, Podolski und Müller blieben auf der Bank, dafür kamen Klose, Reus und Schürrle in die Partie. Dieses Trio hat andere Attribute als die „Starter“ aus den ersten drei Spielen. Bei Klose besteht der Hauptunterschied in seiner Arbeit und in seiner Bereitschaft, sich auch etwas fallen zu lassen und zwischen den Linien anspielbar zu sein.

André Schürrle (links) und Marco Reus (rechts) hingegen waren beide als Spielpartner für Mesut Özil geplant. Bei Schürrle fühlte man sich mit seinem Zug nach innen zuweilen ein wenig an Arjen Robben erinnert. Marco Reus hatte einen deutlich besseren Start: Er war mit seiner Technik und seinem Tempo sofort im Spiel. Zudem musste sich sein Gegenspieler Samaras nach einer frühen gelben Karte zurückhalten.

Die zentralen Figuren: Mesut Özil und Sami Khedira

Der Spielweise von Deutschland den Stempel aufgedrückt haben eindeutig Mesut Özil und Sami Khedira. Beide waren in diesem Spiel absolute Weltklasse, und sie teilten sich die gestalterischen Aufgaben im Mittelfeld auf.

Özil arbeitete vor allem auf den Flanken, Khedira verteilte die Bälle im Zentrum

Auffällig war, dass Özil sich fast nie im Zentrum aufhielt, sondern permanent auf die Flügel ging. So entkam er nicht nur der Bewachung der Griechen, sondern bildete mit den jeweiligen Außenspielern – also Boateng und Reus rechts, Lahm und Schürrle links – Überzahlsituationen gegen die griechische Besetzung auf den Außenbahnen. Verschärfend kommt da noch dazu, dass bei den Hellenen mit Samaras und Ninis zwei Mann dort aufgestellt waren, die mit Defensiv-Arbeit im normalen Leben überhaupt nichts zu tun haben.

Die Rolle des Ballverteilers im Zentrum übernahm dafür Özils Kollege von Real Madrid, Sami Khedira. Er zeigte sich schon in der Vorrunde enorm stark, in diesem Spiel war er nicht zu halten. Und das, obwohl im vor allem zu Beginn des Spiels Joannis Maniatis auf den Füßen stand, dieser Khedira zuweilen in Manndeckung nahm. Khedira konnte aus der Tiefe mit Tempo kommen und das Spiel gestalten.

Özil auf rechts, Özil auf links

Deutschland war dadurch zwar ein wenig vorhersehbar – es ging praktisch immer alles über jene Seite, auf der sich Özil gerade aufhielt – aber aufgrund der überlegenen individuelle Klasse war das überhaupt kein Problem. Interessant war nur, dass die Deutschen bei aller Konzentration auf das Flügelspiel auf hohe Bälle in den Strafraum komplett verzichteten. Sogar bei Eckbällen, die allesamt kurz abgespielt wurden.

Die Strategie war eine andere: Durch die horizontalen Laufwegen von Reus und Schürrle sollten ganz offensichtlich die Außenverteidiger herausgezogen werden, um Lahm bzw. Boateng (oder auch Özil) die Möglichkeit zu geben, in den Rücken der Viererkette zu kommen. Das funktionierte vor allem in der Anfangsphase und vor allem über Reus sehr gut, allerdings wurden die zahlreichen guten Chancen nicht zur Führung genützt.

Hart wurde das Leben von Schürrle und Reus erst, wenn Özil (der auf sagenhafte 109 angekommene Pässe kam) auf der jeweils anderen Seite war. Schürrle war in diesem Fall komplett isoliert, weil die Stoßrichtung von Khedira eher über die Reus-Seite war und auch, weil Boateng gegen den gelbbelasteten Samaras große Vorteile hatte. Bei Reus beeindruckte das Spiel ohne Ball: Er startete immer wieder in den Raum, versuchte Löcher zu reißen und Zug zum Tor zu entwickeln. Da konnte Schürrle nicht mithalten. Ihm fehlte nicht nur die Spritzigkeit von Reus, sondern auch die Passgenauigkeit.

Griechen in Unordnung

Bei den Griechen fiel vor allem die erstaunliche Unordnung im Zentrum auf. Vor allem in den Anfangsminuten konnten die Deutschen auch durch das Zentrum einiges an Lochpässen in den Strafraum bringen, vor allem aber blieb die genaue Aufgabenverteilung undurchsichtig – was sicher auch am Positionsspiel der Deutschen lag. Maniatis kümmerte sich zunächst vornehmlich um Khedira, das allerdings nicht besonders gut.

Vermutlich wäre es die Aufgabe von Katsouranis gewesen, auch Özil aufzupassen. Dadurch, dass dieser aber überall war, nur nicht im Zentrum, fehlte ihm so ein wenig der Auftrag. Mal stand er sehr tief, fast zwischen den Innenverteidigern, dann rückte er wieder auf und stand direkt hinter Salpingidis; ähnliche Unklarheiten in seinem Auftreten hatte auch Grigoris Makos. Dass es Deutschland erst kurz vor der Halbzeit aus einem Weitschuss von Lahm gelang, in Führung zu gehen, lag eher an mangelhafter Chancenverwertung als an der griechischen Defensiv-Arbeit.

Santos stellt mal wieder richtig um

Fernando Santos ist sehr gut, wenn es gilt, in der Halbzeit richtig umzustellen. Auch diesmal erkannte der die Problemzonen seiner Mannschaft und nahm Veränderungen vor: Linksverteidiger Tzavellas, der von Reus und Özil schwindelig gespielt worden war, musste draußen bleiben, dafür ging Torosidis von rechts nach links. Khedira-Bewacher Maniatis übernahm die Planstelle rechts hinten und Fotakis kam neu ins Mittelfeld.

Damit war die Abwehrseite gegen Reus sicherer aufgestellt und das Mittelfeld hatte etwas mehr Struktur. Darüber hinaus kam mit Fanis Gekas ein reiner Konterstürmer – auch diese Maßnahme sollte sich bezahlt machen. Denn die Griechen schalteten nun blitzschnell um und nützten dabei aus, dass die Deutschen mit der Führung im Rücken etwas nachlässig im Umschalten auf die Defensive wurden. Der erste Konter wurde noch ganz stark von Hummels abgefangen, der zweite saß – das 1:1 durch Samaras.

Deutschland macht den Sack zu

Die deutsche Mannschaft fing aber nicht zu wackeln an, sondern spielte ihr Spiel weiter und kam nur wenig später durch ein Weltklasse-Tor zur erneuten Führung. Boateng kam in den Rücken des Linksverteidigers, chippte einen Ball zur Mitte und Khedira versenkte volley. Nur wenige Minuten später war Miroslav Klose bei einem Freistoß per Kopf zur Stelle – das 3:1, die Vorentscheidung. Nun war auch die Chancenverwertung gut, das war zu viel für die Griechen.

Bei dnen nun mit Liberopoulos (statt Makos) ein zusätzlicher Stürmer für einen Mittelfeld-Mann kam. Natürlich mussten sie nun aufmachen, und das wurde auch prompt bestraft. Reus rammte einen Abpraller zum 4:1 in die Maschen – das war’s. So konnte Löw in der Schlussphase noch Mario Götze sein Turnier-Debüt ermöglichen. Und konnte über das Elfmeter-Tor von Salpingidis hinweg sehen, es hatte nur noch statistischen Wert.

Fazit: Özil und Khedira absolute Weltklasse

Vor allem die herausragenden Leistungen von Ballverteiler Khedira und dem omnipräsenten Özil bescherten dem deutschen Team den Sieg. Das DFB-Team sorgte für ständiges Übergewicht auf den Flügeln und tat den Griechen aber dennoch nicht den Gefallen, nur stupide Flanken ins Zentrum zu schlagen. Es wurde immer nach der spielerischen Lösung gesucht, diese oft auch gefunden, aber erst nach einer Stunde auch konsequent in Tore umgemünzt.

Die Griechen brauchen sich über dieses Viertelfinal-Aus nicht zu ärgern. Sie haben damit schon mehr erreicht als realistisch schien und gegen ein Deutschland in dieser Verfassung haben es auch viel bessere Mannschaften schwer. Obwohl man nicht umhin kann, den Eindruck zu haben, dass dieses deutsche Team noch immer nicht gezeigt hat, was sie wirklich kann.

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Błaszczykowski schießt Polen zurück ins Turnier – Tschechen wackeln wieder https://ballverliebt.eu/2012/06/12/blaszczykowski-schiest-polen-zuruck-ins-turnier-tschechen-wackeln-wieder/ https://ballverliebt.eu/2012/06/12/blaszczykowski-schiest-polen-zuruck-ins-turnier-tschechen-wackeln-wieder/#respond Tue, 12 Jun 2012 21:57:50 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7471 Błaszczykowski schießt Polen zurück ins Turnier – Tschechen wackeln wieder weiterlesen ]]> Nein, einen Sieg hat es für Polen auch im zweiten Spiel der Heim-EM nicht gegeben. Aber das 1:1 gegen die Russen fühlt sich fast wie einer an, zumal man es nach dem Traumtor von Błaszczykowski und einer ansprechenden Leistung in der eigenen Hand hat, ins Viertelfinale zu kommen. Jetzt muss nur noch ein Sieg gegen die Tschechen her – und das scheint möglich, weil diese trotz Blitz-Führung zum 2:0 gegen Griechenland wieder keine gute Figur gemacht haben.

Polen - Russland 1:1 (0:1)

Russland hatte gegen die Tschechen viele Freiheiten. Was daran lag, dass die Tschechen im eigenen defensiven Mittelfeld zu viel Räume gewährt haben – genau diesen Fehler wollte Franciszek Smuda, der polnische Teamchef, natürlich nicht machen. Darum machte er aus dem 4-4-1-1 der ersten Partie nun gegen die Russen ein 4-1-4-1, um eben genau den Aufbau der Russen über Shirokov und Siryanov zu verhindern, und die Sbornaja damit auf die Flügel zu drängen.

Dort lauerten zwar Arshavin und Dzagoyev, dazu die Außenverteidiger Shirkov und Anyukov, aber für erstere standen ja als Hilfe für Boenisch und Piszczek die Kollegen aus dem Halbfeld bereit, und auf Letztere sollten Błaszczykowski und Obraniak Druck ausüben, sodass diese gar nicht erst zu ihren gefährlichen Vorstößen kommen konnten.

Polens Strategie gegen den Ball

Teil A des Plans ging ganz gut auf. Shirokov versuchte zwar wiederum, mit seinen vertiaklen Vorstößen auch ohne Ball Unruhe zu stiften, aber Dudka agierte recht umsichtig und die polnische Defensive als Ganze ließ sich davon überhaupt nicht beeindrucken. Siryanov postierte sich deutlich tiefer, mitunter auf eine Höhe mit Sechser Denisov; er hatte so zwar mehr vom Ball, aber weil Polanski und Murawski die Räume exzellent zustellten, kamen kaum russische Anspiele an – da brauchte es gar kein Pressing von Seiten der Polen.

Das Verteidigen gegen die Außenstürmer Arshavin und Dzagoyev klappte dagegen nur so halb. Obraniak arbeitete sehr gut defensiv und half Boenisch – mit Abstand dem schlechtesten Teil der polnischen Mannschaft – so gut er konnte. Dzagoyev war über die meiste Zeit des Spiels kaltgestellt. Aber Arshavin war überall zu finden: Er sah schnell, dass er gegen Błaszczykowski und Piszczek wenig anrichten konnte und verlegte sich schnell darauf, sich ins Halbfeld zu positionieren, den Raum zwischen polnischem Mittelfeld und Abwehr zu bearbeiten und verließ sich auf seine Qualitäten am Ball.

Russland nicht so gut wie gegen Tschechien

Man kann auch sagen: Arshavin agierte oftmals recht eigensinnig, verpasste regelmäßig den Zeitpunkt zum Abspiel und rannte sich immer wieder in der polnischen Verteidigung fest. Aus dem Spiel heraus waren die Russen etwas zu statisch und ausrechenbar, um gegen die diszipliniert und kompakt stehenden Polen etwas auszurichten. Fast logisch daher, dass das 1:0 für Russland in der 37. Minute nach einem Standard fiel: Dzagoyev verwertete einen Arshavin-Freistoß per Kopf.

Die Polen zeigten sich gegenüber dem 1:1 gegen die Griechen also deutlich verbessert, was ihre Abwehrarbeit anging und auch, was die generelle psychische Lage betrifft: Die Übernervosität von gerade der zweiten Hälfte gegen Griechenland war deutlich verfolgen. Was aber in den vier Tagen natürlich nicht korrigiert werden kann, ist die unglaubliche Rechtslastigkeit im Spiel. Piszczek und Błaszczykowski tragen das Aufbauspiel quasi alleine.

Polen versuchen, ihre Stärken ins Spiel zu bringen

Das ist zwar sehr eindimensional, aber wenn man vorne einen Robert Lewandowski hat, kann sich das trotzdem ausgehen. In der abgelaufenen Saison gab es kaum Stürmer in Europa, die Bälle besser halten können, abdecken, Zeit gewinnen bis die Mitspieler aufgerückt sind – und dabei dennoch so gedanken- und handlungsschnell sind, dabei jederzeit den Abschluss suchen zu können. Seine unbestrittenen Tempo- und Technik-Vorteile gegen Beresutski und Ignashevitch (die beiden russischen Innenverteidiger sind fraglos die limitiertesten Kicker in ihrem Team) konnte er zwar kaum ausspielen, aber alleine seine Präsenz sorgte für Entlastung.

Bei alldem war aber doch klar, dass die Polen um den Umstand wussten, fußballerisch nicht mit den Russen mithalten zu können. Natürlich war das Einziehen einen Zerstörers im Mittelfeld und das damit verbundene Verzichten auf eine hängende Spitze dem geschuldet und, keine Frage, die Polen überließen den Russen ganz bewusst die Initiative. Weil sie wussten: Die größten Chancen, zum Torerfolg zu kommen, bestehen, wenn man nach Ballgewinn in den Rücken der aufgerückten Außenverteidiger kommt und die gegnerischen Innenverteidiger mit Tempo kommt.

Nach Ausgleich nicht auf Defensive umgestellt

Natürlich war das Ausgleichstor von Błaszczykowski nach einer Stunde in erster Linie ein herausragender Schuss, den Malafeev nie im Leben halten kann, aber die Entstehung war genau so: Schneller Gegenzug, der spätere Torschütze bekommt einen Ball in den Lauf hinter Shirkov, Lewandowski zieht einen Innenverteidiger, und Błaszczykowski kann abziehen.

Interessanterweise gab Smuda in der Folge seinen Vorsichts-Kurs auf: Er hatte einerseits bemerkt, dass die Russen an diesem Tag nicht so stark in der Vorwärtsbewegung waren und wollte daher zweitens etwas mehr Struktur in die eigene Spielgestaltung bringen. Daher nahm er Dudka vom Feld und brachte mit Mierzejewski einen kreativeren Mittelfeld-Spieler, der genauere Pässe mit mehr Übersicht spielen kann.

Und tatsächlich: Das Zentrum der Polen verlor nicht etwa an Balance, sondern konnte nun Bälle auch besser halten. Das bewirkte, dass Shirokov und Siryanov sind nun endgültig aus dem russischen Spielaufbau verabschiedeten. Advocaat versuchte daher, mit Ismailov statt dem (trotz seines Tores) diesmal nicht so starken Dzagoyev jenen Flügel zu stärken, auf dem Boenisch stand. Ein Wechsel dessen Wirkung verpuffte, womit es beim korrekten 1:1 blieb.

Fazit: Polen verdient sich den Punkt, von den Russen kam zu wenig

Die Polen haben gezeigt, dass sie mit der passenden taktischen Marschroute auch einem Gegner wie Russland Paroli bieten können. Sie haben das Zentrum der Sbornaja sehr gut neutralisiert und sie damit ausrechenbarer gemacht. Zudem gelang es Lewandowski hervorragend, die russische Abwehr zu beschäftigen und die starke rechte Seite muss als Punktsieger gegen Shirkov gelten.

Die Russen verließen sich zu sehr auf Einzelaktionen von Arshavin. Im Mittelfeld fehlte es an den nötigen Laufwegen, um das kompakte und robuste, aber spielerisch nicht unbedingt auf Top-Niveau stehende polnische Zentrum auseinander zu reißen. Vor allem Siryanov und Shirokov müssen sich anlasten lassen, einen etwas lustlosen Eindruck gemacht zu haben, als man nicht so leicht durchkam wie gegen das recht offene tschechische Zentrum.

Im Endeffekt war es ein interessantes und flottes Spiel, nachdem wohl beide Teams mit dem Resultat leben können. Die Russen, weil die die Gruppe immer noch anführen und sie mit einem Sieg gegen die Griechen diese auch gewinnen. Und die Polen, weil sie den Einzug ins Viertelfinale in eigener Hand haben: Ein Erfolg gegen Tschechien, und alles ist gut. Und der ist allemal möglich.

Überfahren ist er worden, im ersten Spiel, von Blaszczykowski und Piszczek. Dennoch durfte José Holebas auch gegen die Tschechen als Linksverteidiger anfangen – und wieder ging’s schief. Einmal ließ er Jiráček innen entwischen, einmal Gebre Selassie außen, und nach fünf Minuten waren die Tschechen schon mit 2:0 voran. Die schnellste Zwei-Tore-Führung der EM-Geschichte…

Tschechien - Griechenland 2:1 (2:0)

Was die Tschechen aber auch gut heraus gefordert haben. Michal Bilek reagierte auch von der Aufstellung her gut auf die Problemstellen beim 1:4 gegen Russland. Oder, viel mehr, setzte er dort fort, wo er schon beim ersten Spiel reagiert hatte: Statt nämlich Plašil auf die Sechs zu stellen, ohne einen Tackler um sich herum – was sie gegen die flinken Russen anfällig für Konter gemacht hatte – zog er Plašil auf die Acht und ließ Hübschmann hinter ihm die Aufräum-Arbeit machen.

Das klappte zunächst hervorragend, weil Plašil und Rosický ein ganz gutes Verständnis untereinander hatten, und weil Jirácek den defensiv wie erwähnt überforderten Holebas permanent narrte, ihn überlief, ihn aus der Position zog – was auch für den exzellenten Theo Gebre Selassie ein Fest war. Die Tschechen kontrollierten das Spiel.

Tschechen lassen Zügel schleifen

Man könnte allerdings auch sagen, dass sie sich selbst einlullten. Mit der billigen frühen Führung im Rücken ließ schon im Laufe der ersten Hälfte die Initiative immer mehr ein. Was der selbe Fehler war, den die Polen schon gegen die Griechen gemacht hatten. Und in selbem Maße kam auch Holebas, defensiv entlastet, immer besser ins Spiel.

Natürlich war das sich anbahnende Angriffsspiel der Hellenen eher durchschaubar. Setzte auf lange Bälle Richtung Samaras, mehr auf Willen als auf Klasse. Und auf die Tatsache, dass die Tschechen das Spiel schon gewonnen glaubten. Aber Maniatis und Fotakis im Zentrum bekamen nun immer mehr Zeit am Ball und das Bemühen, das Spiel von hinten heraus zu lenken, war durchaus erkennbar.

Griechen versuchen es, aber es fehlt das Zwingende

Natürlich: Dass Petr Čech den Griechen mit einem ähnlichen Aussetzer wie vor vier Jahren gegen die Türkei den Anschlusstreffer schenkte, half natürlich. Aber man darf auch nicht verschweigen, dass bei Fernando Santos wie schon im ersten Spiel die Wechsel gut funktioniert haben. Mit Gekas kam ein schnellerer, wendigerer Mann für das Sturmzentrum, dafür ging Samaras auf den Flügel; dazu konnte Fortounis seine Pässe aus dem Zentrum heraus besser gestalten als zuvor auf dem Flügel. Als Santos merkte, dass Fortounis‘ Pässe (und wohl auch seine Kräfte) nachließen, warf er Kostas Mitroglou in die Schlacht: Einen grimmigen, robusten Spieler, der den Tschechen zusätzliche Probleme bereitete.

Anders hingegen die Wechsel von Michal Bilek. Er sah sich in der Pause gezwungen, den am Rande der gelb-roten Karte wandelnden Rosický in der Kabine zu lassen. Sein Ersatz Kolař agierte zwar giftig, aber hat natürlich nicht annähernd die Klasse von Rosický, wenn es um das Lenken und das Gestalten des Spiels geht. In der Spitze bewegte sich Milan Baroš schlecht und war so kaum eine Anspiel-Option. Und Jiráček, so gut er im Vorwärtsgang ist, zeigte ungewohnte Schwächen in den Zweikämpfen.

So konnten die Griechen in der Schlussphase mit de facto vier Stürmern angreifen, aber in der letzten Konsequenz fehlte dann doch die Klasse. Die Tschechen hatten das Spiel komplett aus der Hand gegeben und hingen in den Seilen wie ein überraschend getroffener Boxer, aber die wirklich zwingenden Chancen auf das 2:2 konnten sich die Hellenen nicht mehr heraus arbeiten.

Fazit: Tschechen fühlen sich zu früh sicher, Griechen können es nicht nützen

Vielleicht ging es am Beginn des Spiels zu einfach – aber das wäre auch als Erklärung zu einfach. Die Tschechen standen zunächst zwar im Zentrum durch die höhere Positionierung und die Absicherung hinter Plašil deutlich sicherer als noch gegen die Russen, aber dennoch fehlt es im restlichen Team – den wirklich exzellenten Rechtsverteidiger Gebre Selassie mal ausgenommen – an der Qualität. Und wenn dann noch ein Gefühl von vermeintlich sicherem Sieg hinzu kommt, kann die Mannschaft den Schalter nicht mehr umlegen.

Die Griechen, das muss man ihnen zu Gute halten, sind unter Fernando Santos längst nicht mehr so negativ wie in den späten Rehhagel-Jahren (in den früheren war das ja durchaus offensiver, auch bei der vermeintlich so negativ angelegten Euro 2004). Allerdings fehlt es an einem Passgeber im Mittelfeld, der das Auge und die Klasse hat, so einem Spiel eine Struktur zu geben; an echten Flügelstürmern, die auch mal brauchbare Flanken schlagen können; an Außenverteidigern, wo man nicht entweder gegen den Ball Angst haben muss (Holebas) oder in der Vorwärtsbewegung beim Gegner keine Angst verbreiten (Torosidis).

Beide haben das Viertelfinal-Ticket zwar noch in eigener Hand. Aber ob es für die Griechen gegen die Russen reicht, nachdem diese beim 1:1 gegen Polen gesehen haben, dass es mit Halbgas nicht geht? Zweifelhaft. Und auch die Tschechen werden am letzten Spieltag gegen den Gastgeber Probleme haben, wenn man wieder so nachlässig agiert und so bereitwillig dem Gegner das Spiel überlässt.

(phe)

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Reality Check für Polen, verdienter Sieg für Russland https://ballverliebt.eu/2012/06/09/reality-check-fur-polen-verdienter-sieg-fur-russland/ https://ballverliebt.eu/2012/06/09/reality-check-fur-polen-verdienter-sieg-fur-russland/#comments Sat, 09 Jun 2012 02:29:11 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7412 Reality Check für Polen, verdienter Sieg für Russland weiterlesen ]]> EURO 2012 / Tag 1 | Die Russen machen’s nicht ungeschickt. Kräfte eher ein wenig sparen und, wie beim 4:1-Sieg zum Start in die EM gegen Tschechien, die Post nur in ausgewählten Aktionen abgehen lassen – dort aber so richtig. Beim Gastgeber Polen ging die Post nur eine Viertelstunde lang ab. Dann verlor man gegen Griechenland den Faden und letztlich sogar fast noch das Spiel…

Russland - Tschechien 4:1 (2:0)

Sie sind zur Ausnahme geworden, die Teams, die zu einem großen Teil von einem einzelnen Spieler abhängig sind. Die Tschechen aber sind so eine Mannschaft: Tomáš Rosický ausgenommen, ist das tschechische Team Anno 2012 eine recht gesichtslose Truppe, der es an der individuellen Klasse fehlt. Umso größer war die Erleichterung, dass der Mann von Arsenal doch noch rechtzeitig fit geworden ist. Oder zumindest fit genug, um dabei zu sein.

Gerenell ist bei den Tschechen das Zentrum das Prunkstück. Nicht nur wegen Rosický, sondern auch wegen Jaroslav Plašil: War er in der Vergangenheit oft am Flügel zu finden, stellt ihn Teamchef Michal Bilek als tief stehenden Sechser auf, der die Bälle verteilt. Zwischen Plašil und Rosický war dann noch Petr Jiráček zu finden, der etwas hinter Rosický versetzt ebenso viel vertikal verschob. Mit dieser gesunden Mischung aus Energie (Jiráček), Technik (Rosický) und Übersicht (Plašil) hielt man das russische Dreier-Mittelfeld zunächst gut in Schach.

Ab durch die Schnittstelle

Was auch an Theo Gebre Selassie lag. Der Rechtsverteidiger mit dem typisch tschechischen Namen nützte die zuweilen recht zentrale Positionierung von Arshavin aus um einiges an Betrieb nach vorne zu veranstalten. Gefährlich wurden die Tschechen in dieser Phase zwar nicht, aber es gelang zumindest, die Russen vom eigenen Strafraum fernzuhalten.

Die Strategie im Spiel nach vorne bei den Russen war hingegen ebenso simpel wie erfolgreich: Schnelles Umschalten nach Ballgewinn, und vor allem: Mit so wenigen Pässen wie möglich vor das gegnerische Tor zu kommen. Hoch wurde dabei gar nicht gespielt – sondern praktisch alles flach und vor allem mit einer ganz klaren Stoßrichtung: Ab durch die Schnittstellen zwischen Innenverteidiger und Außenverteidiger. Fast immer, wenn mehrere Russen auf Čech zuliefen, kam der Pass zwischen Sivok und Kadlec bzw. zwischen Hubník und Gebre Selassie durch. Was möglich war, weil Kershakov innen immer zumindest einen Innenverteidiger auf sich zog und der entsprechende Außenverteidiger im Zustellen des entstehenden Raumes den russischen Gegenspieler im Rücken aus den Augen verlor. So stand’s schnell 2:0, ohne dass die Russen viel für das Spiel gemacht hätten.

Rosickýs Bindung zum Spiel gekappt

Die Tschechen blieben zwar auch in der Folge das Team mit mehr Ballbesitz, aber weil sich Rosický innerhalb des russischen Mittelfeld-Dreiecks immer mehr aufrieb, war von ihm immer weniger zu sehen. Jiráček merkte das zwar und versuchte, durch höhere Positionierung Rosickýs fehlende Bindung zum Spiel auszugleichen, aber es gelang nicht, Zugriff auf den Strafraum zu bekommen. Baroš konnte seine Tempo-Vorteile gegenüber Ignashevich und Beresutski nie ausspielen.

Im Gegenteil: Immer mehr gelang es dem russischen Mittelfeld-Trio, das fehlen eines Tacklers im tschechischen Mittelfeld auszunützen und mit schnellem Ausschwärmen der Offensiv-Spieler – also der der Angreifer plus einem aus dem Mittelfeld – die tschechische Abwehr immer wieder in 4-gegen-4-Situationen zu verwickeln und damit schwer in Verlegenheit zu bringen.

Sicherung im Mittelfeld, aber hinten bleibt’s problematisch

Bilek erkannte das Problem und brachte mit Tomáš Hübschmann einen echten, gelernten Sechser statt des auf der rechten Flanke eher glücklosen Rezek. Das hatte den Effekt – auch nach dem Anschlusstreffer durch Pilař – dass die Tschechen im Zentrum zunächst etwas sicherer standen, es aber Rosický immer mehr an Unterstützung im Spiel nach vorne Fehler. Im Laufe der zweiten Hälfte tauchte er immer mehr unter, war fast unsichtbar. Womit seine Mannschaft im Spiel nach vorne ein ziemliches Problem hatte.

Anders als die Russen. Sie stießen weiterhin nach Ballgewinn schnell vor und durch die starken Laufwegen von Kershakov war in der tschechischen Innenverteidigung (die mit Hubník und Sivok auch nicht gerade auf internationalem Niveau besetzt ist) ständig Chaos. Mit den permanenten Schnittstellen-Pässen wurde das Duo zusätzlich zermürbt. Das ermöglichte Kershakov einige gute Möglichkeiten, die er aber allesamt recht fahrlässig vernebelte; was schade ist, denn seine Leistung an sich war ansprechend.

Die Russen schafften es gut, die Tschechen kein Tempo aufnehmen zu lassen und schonten so letztlich auch ihre eigenen. Ehe es in der Schlussphase noch zweimal gelang, die tschechische Abwehr auszuhebeln: Erst mit einem starken Steilpass auf Dzagoyev, dann mit einer starken Einzelleistung des eingewechselten Pavlyuchenko.

Fazit: Ohne große Anstrengung zum 4:1

Die Russen haben eigentlich alles richtig gemacht: Das Tempo des Spiels kontrolliert und nach dem 2:0 niedrig gehalten, somit die Kräfte nicht überansprucht und dennoch die Schwächen des Gegners gnadenlos angebohrt und letztlich klar mit 4:1 gewonnen.

Bei den Tschechen darf es durchaus für Kopfschmerzen sorgen, wie sehr die Mannschaft von Rosický abhängig ist und wie sehr sie in der Luft hängt, wenn der Mann von Arsenal vom Gegner aus dem Spiel genommen wird. Was übrig bleibt ist, wie erwähnt, eine etwas konturlose Mannschaft ohne echten Plan, wie man einen Gegner von der Klasse der Russen aushebeln kann.

Wo ist der Gastgeber aus Polen am Stärksten? Natürlich über die rechte Seite mit den Dortmunder Meister-Kickern Piszczek und Błaszczykowski. Umso erstaunlicher, wie sehr die Griechen diese Seite defensiv zunächst offen ließen! In das Eröffnungsspiel dieser Europameisterschaft startete der Champion von 2004 mit einem 4-3-3, in dem Linksaußen Giorgios Samaras sehr hoch stand und hinter ihm José Holebas (einer von drei „Deutschen“ auf dem Feld, neben Boenisch und Polanski bei den Polen) die Aufgabe überließ, mit dem Power-Duo der Borussia alleine fertig zu werden.

Polen - Griechenland 1:1 (1:0)

Wenig überraschend war der schmächtige Holebas mit den beiden, die immer wieder auf ihn zukamen, heillos überfordert und die Polen dominierten das Spiel über die rechte Seite. Auch deshalb, weil vor allem Holebas zu billigen Abspielfehlern neigte. Das Umschalten bei den Polen klappte schnell, und immer wieder wurde Lewandowski in der Mitte bedient. Das 1:0 nach einer Viertelstunde – Błaszczykowski schickt Piszczek, dessen Flanke landet bei Lewandowski – hatte sich abgezeichnet.

Schwachstelle Boenisch

So stark beim Gastgeber die rechte Seite war, so überschaubar waren die Bemühungen auf der linken. Sebastian Boenisch, der als Linksverteidiger aufgestellt war, lieferte eine zuweilien grausame Vorstellung ab. Er war nur damit beschäftigt, die Kreise des keineswegs überragenden Ninis einzuengen – was ihm auch nicht gelang, und er nur das Glück hatte, dass die Flanken von Ninis auch schwach waren. Maciej Rybus vor ihm musste viel alleine machen.

Die Polen müssen sich aber nicht nur vorwerfen lassen, aus den vorhandenen Chancen nicht das zweite und das dritte Tor nachgelegt zu haben, sondern danach auch Spiel aus der Hand gleiten lassen zu haben. Hier muss vor allem die Mittelfeld-Zentrale erwähnt werden: Murawski und Polanski brachten im Spiel nach vorne sehr wenig und das merkten die Griechen dann auch. Vor allem Maniatis auf der halbrechten Position stellte sein Positionsspiel entsprechend um.

Griechen langsam und unkreativ

War er zuvor noch eher ziellos aufgerückt und zwischen Ninis und Gekas eine verschmähte Option gewesen, beschäftigte der mit Abstand jüngste und beweglichste Grieche im Zentrum dann vermehrt Murawski. Seinen Vorwärtsdrang vermissten die Polen in der Folge, weil Polanski keine Kreativität zeigte.

Freilich: Genau diese Kreativität ging bei Griechenland komplett ab. Mehr als lange Bälle in die grobe Richtung von Samaras und Gekas gab es kaum, die Flanken von Ninis waren nicht der Rede wert, das Zentrum machte zwar gut Druck, aber verlangsamte eigene Angriffe zumeist und legte den Rückwärtsgang ein. Der (völlig überzogene) Ausschluss von Sokratis Papastathopoulos und die Änderung, die Greichenlands Teamchef Fernando Santos für die zweite Hälfte vornahm, zeigten allerdings Wirkung.

Gute Änderungen von Santos

Santos ersetzte Ninis durch Salpingidis. Er hatte natürlich erkannt, dass Boenisch die ganz große Schwachstelle in der polnischen Defensive ist, und wollte die durch den gelernten Stürmer Salpingidis vermehrt anbohren. Was der Mann von PAOK auch sehr geschickt machte, auch unterstützt von Mainatis im Mittelfeld. Dieser hat das Auge für schnelle Pässe in den Lauf. Das kam in der ersten Halbzeit nicht zur Geltung, weil niemand da war, den Maniatis schicken hätte können. Doch nun erwischten Manaitis und Salpingidis Boenisch ein ums andere mal auf dem falschen Fuß, sodass sich im Rücken von Boenisch die Griechen gut ausbreiten konnten. Auf diese Weise fiel das 1:1 wenige Minuten nach Wiederanpfiff.

Was den Griechen erlaubte, aus dem eher risikoreichen 4-2-3 in den Minuten zwischen Ausschluss und Ausgleich ein 4-4-1 machen zu können, in dem sich die Flügelspieler Samaras und Salpindigis zurückzogen. Darauf reagierten die Polen nicht besonders intelligent: Błaszczykowski zog immer mehr ins Zentrum und ließ Piszczek die Flanke alleine zur Bearbeitung. Das klappte aber nicht, weil Samaras defensiv nur deutlich mehr tat und somit auch Holebas Sicherheit verlieh. Piszczek alleine konnte das nicht aushebeln, und im Zentrum war Błaszczykowski verschenkt.

Polen immer schwächer

Ehe es in der 68. Minute einmal mehr Boenisch war, der weiteres Unheil für seine Mannschaft anrichtete. Bei einem Pass in den Rücken der Viererkette war es Boenisch, der die Abseitsfalle komplett verschlief, Salpingidis somit in eine reguläre Position stellte und dem polnischen Goalie Szczęsny nichts anderes übrig blieb, als den Griechen zu legen. Klares Foul, klare Torchance verhindert – und damit klarerweise die rote Karte. Der Keeper von Arsenal wusste, was los war, und begab sich ohne zu protestieren vom Feld.

Dass sein Ersatzmann Przemysław Tytoń den Elfmeter von Karagounis parierte, hielt die Polen im Spiel – denn angesichts der Tatsache, wie sie das Spiel ab der 20. Minute aus der Hand gegeben hatten, wären sie wohl kaum wieder zurückgekommen. Die Abstände zwischen Verteidigung und Mittelfeld waren nun oft viel zu groß, die griechischen Angreifer konnten sich dort genüsslich breitmachen. Zusammenhängende Aktionen gab es kaum noch, Lewandowski war kaum im Spiel – und auch von der Bank kamen keine Impulse. Der erzwungene Wechsel von Tytoń (für Rybus) war der einzige, den der polnische Teamchef Smuda während der gesamten Partie vornahm.

Fazit: Zumindest ist noch nichts verloren

Spannend war das Spiel, keine Frage. Aber hohe Qualität hatte es über weite Strecken nicht zu bieten: Das Aufbauspiel war langsam, baute praktisch nur auf die Eingespieltheit der Dortmund-Connection (bei den Polen) bzw. auf lange Bälle (bei den Griechen). Der Gastgeber hätte das Spiel klar gewinnen müssen, ließ sich von den leichten Adjustierungen beim Gegner aber aus dem Konzept bringen.

Dabei waren die Hauptfaktoren sicherlich zum einen die fehlende Eingespieltheit in einer doch eher bunt aus Polen, Deutschen und Franzosen zusammen gewürfelten Mannschaft – und natürlich die enorme nervliche Belastung einem EM-Spiels im eigenen Land. Die höhere Qualität haben zweifellos dennoch die Polen, und mit dem Remis ist zumindest noch nicht allzu viel in Scherben.

Aber nun wartet mit Russland die mit sehr viel Abstand beste Mannschaft der Gruppe.

(phe)

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Euro-Classics 2008 – Zwei Korken-Knaller https://ballverliebt.eu/2012/06/04/euro-classics-2008-zwei-korken-knaller/ https://ballverliebt.eu/2012/06/04/euro-classics-2008-zwei-korken-knaller/#respond Mon, 04 Jun 2012 06:48:46 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=7244 Euro-Classics 2008 – Zwei Korken-Knaller weiterlesen ]]> Spanien? Trotz starkem Kader noch immer irgendwie gescheitert. Griechenland? Den Spielverderber der spielerisch ansonsten grandiosen EM vier Jahre davor wollte keiner sehen. Schweden? Immer dabei, meistens ganz gut, aber selten wirklich aufregend. Die Russen? Zwanzig Jahre her, dass die eine relevante Mannschaft hatten. Kaum jemand interessierte sich vor der Euro2008 für die eher unscheinbare Gruppe D. Zu Unrecht, denn zumindest zwei Teams drückten dem ganzen Turnier ihren Stempel auf!

Spanien - Russland 4:1 (2:0)

Spanien – Russland 4:1 (2:0)

Luxusprobleme plagten Luis Aragonés vor dem Turnier-Start seiner Spanier. Im Mittelfeld hatte er Silva, Xavi, Iniesta und Fàbregas, dazu Xabi Alonso und Senna zur Verfügung. Vorne David Villa und Fernando Torres. Wen sollte der 69-jährige Griesgram da draußen lassen? Und doch nahm vor dem Turnier niemand die Spanier für voll. Weil sie noch immer einen Weg gefunden hatten, kolossal zu scheitern.

Gegen Russland ging Aragonés von seinem aus der Quali gewohnten 4-1-4-1 ab und brachte Villa UND Torres, Senna statt Xabi Alonso und beließ Fàbregas auf der Bank. Senna war der tiefste Spieler im Mittelfeld, Silva besetzte die linke Flanke und Iniesta nominell die rechte. Letzterer orientierte sich aber eher in die Mitte Richtung Xavi. Villa agierte als hängende Spitze und bewegte sich über die komplette Breite des Feldes.

Die Spielweise der Spanier war aber jener, die Barcelona in den folgenden Jahren praktizierte, bestenfalls ähnlich. Ja, Xavi verteilte aus der Tiefe die Bälle und es wurden die Lücken gesucht, die vor allem Villa durch seine hervorragenden Laufwege riss. Aber es gab kein Pressing. Nach Ballverlust zog sich die Mannschaft zurück, verhielt sich abwartend.

Bei den Russen hatte es Guus Hiddink geschafft, aus der eher rustikalen Mannschaft, die in den vielen Jahren davor staubtrockenen und in jeder Hinsicht un-aufregenden Fußball gespielt hatte, komplett umzupolen. Das wurde hier auch deutlich, obwohl Andrej Arshavin, der Top-Star des überragenden Uefa-Cup-Siegers Zenit St. Petersburg, in den ersten zwei Spielen gesperrt war. Hiddink setzte auf ein 4-2-3-1, in dem der Achter Konstantin Siryanov viel aufrückte, Die Flügelspieler Bilyaletdinov und Sychov viel einrückten und die Außenverteidiger – vor allem Juri Shirkov auf der linken Seite – brutal nach vorne preschten. In der Zentrale tummelten sich dann bis zu fünf Russen, die fächerartig ausscherten.

Das Resultat war in diesem Fall ein hochklassiges Spiel, der erste Spielabschnitt war zweifellos eine der herausragenden Halbzeiten des kompletten Turniers. In der beide Teams Chancen hatten – so wie Siryanovs Pfostenschuss nach 23 Minuten – aber weil sich die Russen hinten etwas naiv anstellten, scorte Spanien zweimal. Kolodin und Shirokov, fußballerisch deutlich die schwächsten Russen, standen zuweilen arg weit auseinander und zeigten sich vor allem schnellen spanischen Steilpässen aus der Tiefe nicht gewachsen. Erst legte Torres nach einem solchen für Villa quer, dann steckte Xavi für den Torjäger von Valencia durch.

Hiddink brachte für die zweite Hälfte mit Bystov einen neuen Mann für die linke Angriffsseite, er wollte damit dessen Tempo die vermeintliche spanische Schwachstelle, Linksverteidiger Capdevila, anbohren. Doch Bystrov versteckte sich von der ersten Minute an. Zudem kamen in der Folge bei den Spaniern Fàbregas (für Torres) und Cazorla (für den nach einer Lebensmittelvergiftung nicht ganz fitten Iniesta). Diese Wechsel nahmen Russland aus dem Spiel: Denn mit Cazorla (rechts) und Silva (links) waren nun beide der extrem offensiven russischen AV gebunden, im Mittelfeld stand es durch die tiefere Positionierung von Fàbregas nun endgültig 3 gegen 3, und vorne war Villa ein ständiger Gefahrenherd.

Hiddink nahm in der 70. Minute den Totalausfall Bystrov wieder vom Platz, aber das Pendel war längst in Richtung der Spanier umgeschwungen. Umso mehr, als Villa einmal mehr Shirokov austanzte und zum 3:0 traf. Die Russen waren inhaltlich übervorteilt worden, damit auch psychisch geschlagen. Der Anschlusstreffer durch Pavlyuchenko kurz vor dem Ende war nur ein kleines Aufflackern, das (Abseits-)Tor von Fàbregas in der Nachspielzeit zum 4:1 kaum noch mehr als Kosmetik.

Griechenland – Schweden 0:2 (0:0)

Griechenland - Schweden 0:2 (0:0)

War das erste Spiel an diesem Tag noch zumindest eine Stunde lang uneingeschränkt großartig, bot das Abendspiel in Salzburg die mit Abstand ödesten 90 Minuten des Turniers.

Ottos Titelverteidiger aus Griechenland kamen wie schon 2004 mit einem klassischen Libero (Dellas) und zwei Manndeckern daher (Kyrgiakos gegen Ibra, Antzas gegen Henke Larsson). Das stellte sich defensiv als Fünferkette dar, im Ballbesitz gingen alle Spieler bis auf die drei hinten und noch Basinas weit nach vorne. Die Folge: Minutenlanges Hin- und Herschieben des Balles in der eigenen Hälfte, ehe ein komplett sinnbefreiter langer Ball in die grobe Richtung des gegnerischen Tores folgte. Bezeichnend dafür etwa der 70m-Torschuss von Dellas nach einer halben Stunde, der näher an der Eckfahne landete als am schwedischen Tor. Von einem der sich schlecht bis gar nicht bewegenden Mitspieler ganz zu schweigen.

Das unglaublich langsame Tempo der Partie war aber auch möglich, weil es die Schweden tunlichst vermieden, den ballführenden Griechen auch nur im Ansatz unter Druck zu setzen. Das flache 4-4-2 von Lars Lagerbäck war extrem statisch, im Umschalten langsam, ohne jedes Pressing und bar jeder Kreativität. Kurz: Hölzern. Die besten Szenen gab es, wenn Chippen Wilhelmsson die Seite wechselte und Seitaridis einen zweiten Gegenspieler hatte.

Erst nach dem Seitenwechsel rückten die Schweden etwas auf, um nicht das ganze Spiel zuzusehen, wie sich die Griechen, in ihrer Hälfte alleine gelassen, die Zeit runterspielten. Das behagte den Griechen zwar nicht, aber weil Kyrgiakos seinen Gegenspieler Ibrahimovic auf Schritt und Tritt verfolgte, kamen die Schweden kaum zu Torchancen. Erst nach 67 Minuten entwischte Ibra seinem Bewacher und er traf mit einem sehenswerten Schuss ins lange Eck. Wenige Minuten später nudelte der aufgerückte Innenverteidiger Petter Hansson den Ball zum 2:0 über die Linie, das Spiel war entschieden. Rehhagel löste zwar seine Dreierkette auf (nominell zuindest, weil nun dafür Seitaridis hinten blieb), aber zu viele Abspielfehler, technische Unzulänglichkeiten und fehlende Kreativität verhinderten griechische Torchancen.

Stand nach dem ersten Spieltag: Spanien 3, Schweden 3, Griechenland 0, Russland 0.

Schweden - Spanien 1:2 (1:1)

Schweden – Spanien 1:2 (1:1)

Der Ansatz von Aragonés, mit Villa UND Torres zu spielen, hat sich gegen Russland ausgezahlt. Darum war der Ansatz und die Aufstellung gegen die Schweden exakt gleich. Doch stellte sich schnell ein Lerneffekt ein: Mit langen Bällen in die Spitze wird’s gegen die robuste und vielbeinige schwedische Defensive nicht viel zu holen geben. Dem 1:0 durch Torres nach einem Eckball zum Trotz.

Das Trekronor-Team tat Spanien nämlich nicht den Gefallen, wie Russland mitspielen zu wollen, sondern stellte sich tief. Lediglich die Mittelfeld-Außen Ljungberg und Elmander schauten, dass sie halbwegs hoch standen, um den Vorwärtsdrang von Ramos und Capdevila zu bremsen. Die Spielanlage der Schweden war zumindest in der ersten Hälfte aktiver als noch gegen die Griechen, der Ausgleich durch Ibrahimovic nach einer halben Stunde war die Belohnung.

Dennoch: Je länger das Spiel dauerte, umso passiver wurden die Schweden, und umso mehr ähnelte das Spiel der Spanier nun doch jener ballbesitz-orientierten Kurzpass-Orgie an, für die Xavi, Iniesta und Co. bekannt sind. Es fehlte den Spaniern an der Breite und die Schweden machten im Zentrum hervorragend die Räume dicht.

Aragones reagierte nach einer Stunde darauf und brachte, wie schon in der ersten Partie, Cazorla für Iniesta; dazu Fàbregas statt Xavi. Die Neubesetzung auf den Flügeln hatte die Folge, dass neben Elmander (und später Seb Larsson) auch Ljungberg mehr in die Defensive eingebunden war. Schweden war extrem passiv, ließ das Spiel der Spanier über sich ergehen und wollte nur noch den einen Punkt über die Zeit mauern – die Einwechslung eines zusätzliches Sechsers (Källström) für Henke Larsson war ein klares Indiz dafür.

Es gelang allerdings nicht. Weil David Silva in der Nachspielzeit doch noch eine Lücke erspähte, in die er Villa schickte. Dieser ließ noch Mellberg aussteigen und schob zum 2:1 ein. Praktisch in letzter Sekunde, aber hochverdient.

Griechenland – Russland 0:1 (0:1)

Griechenland - Russland 0:1 (0:1)

Nachdem die Russen Spanien ins offene Messer gelaufen waren, agierten sie gegen Griechenland deutlich vorsichtiger. Semshov spielte zurückgezogen, mit Siryanov war eher ein gelernter Achter auf der rechten Außenbahn aufgestellt. Arshavin saß das letzte Spiel seiner Sperre ab.

Auf der anderen Seite trauten sich die Griechen mehr zu als beim Auftritt gegen Schweden, für den sie mörderische mediale Prügel bezogen hatten. Weil die Russen nur mit einem Stürmer spielten, sparte sich Rehhagel den zweiten Manndecker, mit Patsatzoglou kam dafür ein dritter Spieler ins zentrale Mittelfeld. Somit war dort wieder Gleichstand hergestellt. Zudem sorgte die hohe Positionierung von Charisteas und Amanatidis dafür, dass die sonst so aktiven russischen Außenverteidiger nicht so zur Geltung kamen wie noch gegen Spanien.

So trafen sich die Teams ziemlich in der Mitte. Das Spiel war geprägt von langen Bällen, wenig zusammen hängenden Aktionen und generell überschaubarem Niveau. Es gelang den Russen nicht, das Spiel breit zu machen und damit Räume zu schaffen – schließlich war die Grundausrichtung der Griechen immer noch defensiv und darauf bedacht, den Gegner nicht zur Geltung kommen zu lassen.

Die Griechen erinnerten in diesem Spiel deutlich mehr an jene Leistungen, die ihnen vier Jahre zuvor den Titel beschert hatten: Hinten nicht viel zulassen, aber zweikampfstark im Zentrum und stark über die Flügel. Seitaridis preschte bis zu seinem Austausch (Muskelzerrung) kurz vor der Halbzeit so die Flanke auf und ab, wie er das in Portugal gemacht hatte und bereitete so auch die eine oder andere Chance vor.

So brauchten die Russen einen ziemlich derben Fehler von Torhüter Nikopolidis, um zum 1:0 zu kommen: Der Torhüter lief einer Bilyaletdinov-Flanke am Tor vorbei nach, Semak brachte den Ball zurück zur Mitte und Siryanov konnte aus zwei Metern mühelos verwerten. Nach dem Seitenwechsel brachten die Russen mehr Leute in die gegnerische Hälfte, weil sie merkten, dass sie von den Griechen ohne Seitaridis auf der Außenbahn nicht mehr viel zu befürchten hatten. Es blieb aber eine schwache Partie mit vielen Fehlpässen. Und die schwächste Leistung der Russen in diesem Turnier.

Stand vor dem letzten Spieltag: Spanien 6, Schweden 3, Russland 3, Griechenland 0.

Griechenland – Spanien 1:2 (1:0)

Griechenland - Spanien 1:2 (1:0)

Die Spanier waren nicht mehr von Platz eins zu verdrängen, so konnte es sich Luis Aragonés erlauben, gegen die Griechen die Reservisten auflaufen zu lassen, lediglich Iniesta blieb in der Startformation. Statt Akteuren von Barça und Real waren das nun Spieler von Valencia und Liverpool. Also immer noch nominell stark genug, um die Griechen in Schach zu halten.

Bei den Hellenen zeigte sich in diesem Spiel wiederum deutlich, dass man zu deutlich besseren Leistungen in der Lage ist, wenn man nicht selbst Gestalten muss. Im Zentrum standen den drei spanischen Pass-Gebern drei recht defensive Gegenspieler gegenüber, so konnten die Spanier ihr Kurzpass-Spiel nicht aufziehen – ganz davon abgesehen, dass das Team nicht eingespielt war und auch das Tempo fehlte.

Und die Breite. Sergio García und Iniesta zogen zur Mitte, wurden aber von den etwas zu vorsichtigen Arbeloa und Navarro nicht hinterlaufen. Nikopolidis wurde, durchaus bewusst, immer wieder aus der Distanz getestet. Nicht ohne Grund, schließlich machte der Torhüter keinen sicheren Eindruck.

Der Spielaufbau bei den Griechen stützte sich einmal mehr auf viele lange Bälle. So wurde man nach vorne kaum gefährlich, zumal Salpingidis recht hoch stand und sich zwischen den spanischen Reihen positionierte – grundsätzlich keine dumme Idee, nur kamen die Anspiele auf ihn nicht an.

Dennoch: Wie in der Partie gegen die Russen zeigten die Griechen auch hier deutliche Ähnlichkeit mit ihrem Spiel bei der Euro 2004. Hinten wenig zulassen, über die Flügel für Entlastung sorgen (das machten Vyntra und Spiropoulos recht anständig) und im Zweifel auf Standards hoffen. Freistoß-Flanke Karagounis, Kopfball-Tor Charisteas: Das 1:0 kurz vor der Pause war wie aus dem Turnier von 2004.

Die Spanier schalteten nach dem Seitenwechsel einen Gang nach oben, die Außenverteidiger machten mehr, und mit der Zeit passte auch die Abstimmung. Für den Ausgleich musste zwar dennoch ein langer Ball herhalten (Güiza legte diesen auf De la Red ab, der verwertete dann), aber die Griechen ließen sich doch zu weit nach hinten drängen. Zusätzliche Probleme gab es, nachdem Kyrgiakos angeschlagen raus musste und Antzas gegen den beweglichen Güiza zunehmend schlecht aussah.

Rehhagel hatte keine echten Alternativen auf der Bank. Die Einwechslung von Tziolis für Karagounis machte sein Team zwar frischer, aber nicht besser. Spanien wartete geduldig auf die Chance, ließ den Griechen keinen Raum mehr. Und kurz vor dem Ende löste sich Güiza entscheidend vom schläfrigen Antzas, köpfte die Flanke von der rechten Seite mühelos ein – und Spanien hatte 2:1 gewonnen.

Russland - Schweden 2:0 (1:0)

Russland-Schweden 2:0 (1:0)

Im letzten Quali-Spiel, einem mühsamen 1:0 in Andorra, holte sich Andrej Arshavin eine rote Karte ab. Im letzten Spiel der Gruppe gegen Schweden war er wieder dabei. Gerade rechtzeitig für dieses „Achtelfinale“.

Das Russland gewinnen musste, den Schweden reichte ein Remis. Hiddink ließ, wie gewohnt, seine Außenverteidiger sehr weit nach vorne schieben. Kapitän Semak agierte als Sechser sehr tief und ließ sich immer wieder auf eine Höher mit den IV fallen – eher allerdings auf die Seite von Shirkov. In den ersten Minuten tat sich Russland etwas schwer, in die Gänge zu kommen.

Das änderte sich, als sich Semshov im Zentrum etwas fallen ließ. So wurde das Loch zwischen Defensive und Offensive geschlossen und die russische Show konnte beginnen. Mit Shirkov und Anyukov extrem hoch, Bilyaletdinov und Siryanov auf den Halbpositionen, dem aufrückenden Semshov und dem extrem aktiven Arshavin als hängende Spitze wurde ein Tempo-Fußball aufgezogen, mit dem die Schweden nicht mitkamen.

Vor allem die linke Abwehr-Seite mit Nilsson und Hansson wurde als Schwachstelle ausgemacht. Kein Zufall, dass das schon zu diesem Zeitpunkt überfällige 1:0 nach 20 Minuten über diese Seite aufgebaut wurde: Siryanov mit Lochpass für Anyukov, dessen Flanke verwertete Pavlyuchenko.

Die Schweden waren biedern, geradezu hölzern. Die Mittelfeld-Zentrale mit Svensson und Andersson stand oft viel zu hoch und kam überhaupt nicht in die Zweikämpfe, hielt also nichts her. Elmander und Ljungberg waren gegen die extrem offensiven Außenverteidiger komplett hinten gebunden und vorne standen zwei Stürmer, die kaum am Spiel teilnehmen konnten. Henke Larsson war wegen seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr der Schnellste, Ibrahimovic wegen hartnäckigen Problemen im linken Knie, die ihm schon die halbe Saison bei Inter gekostet hatten. Das Trekronor-Team konnte von Glück reden, dass die ein Feuerwerk abbrennenden Russen nicht schon längst viel höher führten.

Die Russen ließen zu Beginn der zweiten Hälfte ihre Stärken erneut aufblitzen: Schnelles Denken, schnelles Umschalten, schnelles Handeln. Ein langer Ball der Schweden wurde von Shirkov abgefangen, der legte zu Arshavin quer und startete sofort einen Sprint nach vorne, bekam den Ball in den Lauf gespielt, spielte 50 Meter oder sechs Sekunden später, längst im schwedischen Strafraum angekommen, auf Arshavin quer – dieser war ebenso schnell nach vorne gesprintet – und dieser erzielte das 2:0. Ein Weltklasse-Konter, die Schweden waren damit komplett überfordert.

Nach dem 2:0 schalteten die Russen zurück, sie waren ein ungeheures Tempo gegangen. Lagerbäck erlöste danach Daniel Andersson und versuchte, mit Kim Källström die Lücke im Offensiv-Zentrum ein wenig zu schließen. Dass dieser nicht schon in den Spielen vorher eingesetzt worden war, liegt vermutlich an einem internen Machtkampf – Källström und Ibrahimovic können sich bis auf den Tod nicht ausstehen. Lagerbäck hielt Källström wohl für verzichtbarer als Ibra. Mit dem neuen Mann und somit mehr Spielkultur und durch die gemächlichere Gangart der Russen bekamen die Schweden nun etwas Kontrolle über das Mittelfeld, viele Chancen kamen dabei aber nicht heraus.

Ehe in der Schlussphase, nachdem Lagerbäck seine Viererkette zugunsten eines neuen Stürmers (Allbäck für Nilsson) aufgelöst hatte, drückten die Russen wieder etwas aufs Gas – und kamen prompt wieder zu einigen guten Tormöglichkeiten. Es blieb beim 2:0. Ein Ergebnis, das den Russen das Viertelfinale bescherte – und den Schweden schmeichelt.

Endstand der Gruppe: Spanien 9, Russland 6, Schweden 3, Griechenland 0.

Alles auf Ibrahimovic‘ Knie oder interne Störungen zu schieben, ginge aber am Kern vorbei: Schweden war einfach zu alt, zu überholt, zu statisch, zu wenig kreativ, kurz, zu schwach. Die Zeit jener Generation, die 2002, 2004 und 2006 immer die Vorrunde überstanden hatte und zweimal heftig an die Tür zur zweiten K.o.-Runde angeklopft hatte, war schlicht vorbei. Genau wie die 12-jährige Amtszeit von Lars Lagerbäck nach der verpassten Quali für die WM 2010.

Die Griechen machten sich mit ihrem peinlichen Auftritt im ersten Spiel viel kaputt, denn in den verbleibenden Spielen war das durchaus halbwegs vernünftig. Was dem Titelverteidiger allerdings eklatant fehlte, war eine ordnende Hand im Zentrum. Das war beim Titelgewinn 2004 Theodoros Zagorakis gewesen, ohne ihm fehlte den Griechen die Schaltstelle und damit jegliches spielerische Moment.

Was bei den Russen und den Spaniern hingegen im Übermaß vorhanden war. Schon nach der ersten Halbzeit im ersten Spiel konnte kaum ein Zweifel daran bestehen, welche beiden Teams aus dieser Gruppe ins Viertelfinale einziehen. Zwar liefen die Russen den Spaniern dann ins offene Messer und so agierten sie gegen die Griechen übervorsichtig, aber dennoch war zu den beiden anderen Teams ein Klassenunterschied erkennbar.

Was den Spaniern ein Viertelfinale gegen Italien bescherte. Und Guus Hiddink eines gegen seine Heimat.

(phe)

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Ballverliebt Classics: Als Europa zur Ottokratie wurde https://ballverliebt.eu/2011/12/23/ballverliebt-classics-als-europa-zur-ottokratie-wurde/ https://ballverliebt.eu/2011/12/23/ballverliebt-classics-als-europa-zur-ottokratie-wurde/#comments Fri, 23 Dec 2011 08:01:09 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=6142 Ballverliebt Classics: Als Europa zur Ottokratie wurde weiterlesen ]]> „Otto…!“ Noch heute bekommen Griechen, ganz gleich ob Fußball-Fan oder nicht, leuchtende Augen und ein breites Lächeln im Gesicht, wenn der Name „Rehhagel“ fällt. Der knorrige Deutsche hatte 2001 das seit jeher national und international absolut bedeutungslose Team der Hellenen übernommen. In nur drei Jahren machte er daraus den Europameister – eine der größten Sensationen der Fußball-Geschichte. „Bevor ich kam“, erklärte der schon während der EM 2004 ‚Rehhakles‘ Genannte, „hat jeder gemacht, was er will. Jetzt macht jeder, was er kann!“

Dabei sprach Rehhagel kein Wort Griechisch – dafür holte er sich Jannis Topalidis. Der Deutsch-Grieche aus Stuttgart wurde mehr als nur Ottos Co-Trainer: Er war Dolmetscher, Vertrauter und auch sein Sprachrohr. Zwar ging sein erstes Spiel als Teamchef mit einem 1:5 in Finnland verloren, aber der belächelte Rehhagel machte bald ernst. Er verbannte Vereinsfunktionäre und Spielerberater aus dem Umfeld der Nationalmannschaft und machte die Ansammlung von Spielern aus drei gegnerischen Lagern – Olympiakos, Panathinaikos und AEK – ein Team. Ja, mehr noch, eine Familie. Eine Gemeinschaft.

Und doch schien in der Qualifikation zur Euro2004 in Portugal alles den gewohnten Gang zu nehmen: Zwei Niederlagen zum Start, daheim gegen Spanien und in der Ukraine. Doch die Maßnahmen Rehhagels begannen zu greifen, und in den restlichen sechs Quali-Spielen gab’s kein einziges Gegentor mehr, dafür nur noch Siege. Wie das 1:0 in Saragossa gegen Spanien. Und das 1:0 am letzten Spieltag gegen Nordirland, das die direkte Qualifikation sicherte und die Spanier ins Playoff schickte.

Die Griechen wurden in die Gruppe mit Veranstalter Portugal gelost; zu den Spaniern, die trotz des Umwegs als klar besser als die Hellenen galten; dazu kamen noch die Russen. Alleine die Tatsache, dass die Griechen dabei waren – erst zum dritten Mal hatte man es bei einem großen Turnier geschafft – wurde Rehhagel als Riesenerfolg angerechnet. Nur die Mega-Außenseiter aus Lettland, die sich überraschend qualifiziert hatten, sahen die Buchmacher noch chancenloser als die Griechen. Mehr als der dritte Gruppenplatz bei einem möglichen Sieg gegen die Russen im letzten Spiel wurde als pure Träumerei betrachtet.

Das Eröffnungsspiel

Griechenland - Portugal 2:1 (1:0)

Und vielleicht wäre ja alles ganz so gekommen, wenn nicht Paulo Ferreira in der allerersten Partie des Turniers nach sechs Minuten den Ball in der Vorwärtsbewegung in die Beine von Giorgios Karagounis gespielt hätte. Und sich Fernando Couto nicht so vornehm zurück gehalten und den Richtung Strafraum ziehenden Griechen gestellt hätte. So aber zog Karagounis ab und traf aus 20 Metern zum 1:0 für Griechenland. Es war der endgültige Startschuss zu diesem hellenischen Sommermärchen.

Denn die Führung und die Tatsache, dass der ganze Druck nun umso mehr auf den Portugiesen lastete, spielte dem Außenseiter in die Hände. Bei dem die Aufteilung in der Abwehr so aussah, dass Michalis Kapsis der portugiesischen Solo-Spitze Pauleta überall hin nachlief und Traianos Dellas, Rehhagels knapp zwei Meter großer „Koloss von Rhodos“, als Libero die restliche Abwehr organisierte.

Vor der Viererkette bauten die Griechen einen weiteren Wall aus drei defensiven Mittelfeldspielern auf. Basinas war dabei ein beinahe klassischer Vorstopper, dessen Hauptaufgabe darin bestand, Rui Costa aus dem Spiel zu nehmen. Assisiert wurde er von Zagorakis rechts und Karagounis links. Dieses Trio stellte die Mitte komplett zu, sodass Rui Costa unsichtbar wurde und die Mitte als Weg für die Portugiesen dicht.

Portugal auf die Außen gedrängt

Somit blieb dem Gastgeber nur der Weg über die Außen, aber Figo und Simão hatten es dort immer mit zumindest zwei Gegenspielern zu tun, weil die Dreierkette vor der Abwehr so verschob, dass Zagorakis bzw. Karagounis immer helfen konnten und somit immer eine Überzahl auch auf den Flanken gegeben war. Um die Außenverteidiger der Portugiesen kümmerten sich mit Charisteas und Giannakopoulos die beiden Außenspieler im griechischen Fünfer-Mittelfeld.

Der Weg in den Strafraum war den Portugiesen damit komplett versperrt, Pauleta sah kaum einen Ball. So konnten es sich Seitaridis und Fyssas auch immer wieder erlauben, nach vorne aufzurücken. Das Problem, dass im portugiesischen Rückraum mit Maniche und Costinha zwei Sechser ohne Gegenspieler dastanden und so theoretisch das Spiel von hinten lenken konnten, begegneten die Griechen mit durchaus sehenswertem Pressing.

Portugals Teamchef Scolari kratzte für die zweite Hälfte nur an Symptomen, aber nicht am System. Zwar machten Cristiano Ronaldo (statt Simão) und Deco (statt Rui Costa) einen deutlich agileren Eindruck als ihre Vorgänger vor der Pause, aber die Griechen mussten ihrerseits nichts umstellen. Und nachdem der damals 19-jährige Cristiano Ronaldo in seiner ersten Defensivaktion im eigenen Strafraum den aufgerückten Seitaridis umrannte, gab’s Elfmeter und Basinas verwertete diesen unhaltbar zum 2:0.

Schlussphase im Eröffnungsspiel

Zweiter Stürmer, zweiter Manndecker

Dann erst entschloss sich Scolari, mit Nuno Gomes (statt Costinha) einen zweiten Stürmer einzuwechseln. Rehhagel ließ sich nicht darauf ein, hinten Dellas mit Manndeckung zu betrauen, sondern beorderte stattdessen Katsouranis (der zur Pause für den gelb-rot-gefährdeten Karagounis gekommen war) nach hinten, um sich des zweiten Stürmers anzunehmen. Fyssas blieb auf der Außenbahn und kümmerte sich nun praktisch alleine um diese.

Mit den aktiven neuen Spielern entwickelte das Spiel der Potugiesen einen fast schon dramatischen Linksdrall, Figo wurde überhaupt nicht mehr eingebunden, wie generell es Deco und Co. verabsäumten, die auch bei den Griechen nun unterbesetzte Seite zu bespielen. So lief sich Portugal immer wieder fest, die Abstimmung vor allem zwischen Cristiano Ronaldo und Pauleta passte überhaupt nicht, bei beiden Stürmer kamen mit der Manndeckung nicht zurecht und Dellas, ohne direkten Gegenspieler, klärte immer wieder. Das 2:1 durch Ronaldo in der Nachspielzeit (nach einer Ecke von Figo) fiel viel zu spät, die Griechen hatten die Sensation trocken nach Hause verteidigt.

Glück gegen Spanien

Griechenland - Spanien 1:1 (0:1)

Weil im zweiten Spiel die Spanier, die am Eröffnungstag die Russen mit viel Mühe 1:0 besiegt hatten, von Anfang an mit zwei Stürmern antraten, opferte Rehhagel Basinas und ließ mit Katsouranis gleich einen zweiten Manndecker auflaufen. Er kümmerte sich um Raúl, der etwas aus der Tiefe kam und somit auch seinen Gegenspieler oftmals aus der Abwehr herauszog.

Das fehlen von Basinas im Mittelfeld ließ aus der Dreierkette gegen Portugal gegen das 4-4-2 der Spanier (das eigentlich mehr ein 4-2-2-1-1 war) noch Zagorakis und Karagounis übrig. Das war aber kein Problem, weil es im Zentrum bei den Spaniern ohnehin keinen wirklich kreativen Spieler gab und somit auch keiner bewacht werden musste. So verlegte sich Zagorakis darauf, aus der Tiefe das Spiel zu lenken und Karagounis rückte immer wieder auf und presste auf Baraja und Albelda.

Die Spanier, bei denen Etxeberria von Fyssas komplett abgemeldet wurde, kamen nur über die linke Seite mit Raúl Bravo und Vicente nach vorne. Morientes und Raúl waren aber gut abgedeckt und so gab es den ersten Torschuss erst nach einer halben Stunde: Kapsis verlor den Ball leichtsinnig und Morientes nützte die plötzliche Unordnung zum 1:0 für Spanien.

Neue Situation: Man ist hinten

Das war eine komfortable Situation für die Spanier, die nun nicht mehr zwingend gegen die ungewohnte Manndeckung anrennen mussten, sondern sich ein wenig zurücklehnen konnten. Bei den Griechen wurde vor allem das Spiel über die Außenbahnen vernachlässigt. Charisteas und Giannakopoulos, die nominell über die Flanken kamen, spielten sehr weit innen und die Außenverteidigier sahen sich somit, anders als noch gegen Portugal, mit einer 1-gegen-2-Unterzahl konfrontiert.

Umso mehr, als Spaniens Teamchef Iñaki Saez nach der Pause für den unsichtbaren Etxeberria auch noch Joaquín einwechselte. Dieser machte sofort viel Wirbel und narrte Fyssas nach Belieben. Die Spanier hatten alles sicher im Griff und das zweite Tor schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, zumal Saez nach einer Stunde auch das Mittelfeld stärkte, indem er statt Spitze Morientes nun Zehner Valerón ins Spiel brachte.

Rehhagel versuchte seinerseits, mit Vassilis Zartas mit einen offensiveren Mittelfeldspieler (statt Karagounis) mehr Akzente nach vorne setzen zu können. Der neue Mann orientierte sich deutlich höher und spielte mit den Flügelspielern (Charisteas und Vryzas, nachdem Mittelstürmer Nikolaidis für den angeschlagenen Giannakopoulos eingewechselt worden war). Zartas bereitete auch gleich den Ausgleich vor, auch wenn dieser mit den Umstellungen nichts zu tun hatte, sehr viel aber mit einer Unzulänglichkeit des spanischen Innenverteidigers Helguera: Der Mann von Real Madrid berechnete einen 50-Meter-Pass von Zartas auf Charisteas völlig falsch, sprang unter dem Ball durch und Charisteas schoss aus dem nichts das 1:1.

Da bei den Spaniern nun nur noch eine Spitze übrig war (Raúl) und Valerón auf die Zehn ging, wechselten Kapsis und Katsouranis ihre Gegenspieler – Kapsis blieb hinten und rannte Raúl nach, während Katsouranis ins Mittelfeld zu Zagorakis aufrückte und dort Valerón das Leben schwer machte. Die Folge war ein ähnliches Spiel wie gegen Portugal: Durch die Mitte kam Spanien nicht durch, so musste es über die Flügel gehen. Und her machte Joaquín seinen Gegner Fyssas so sehr zu schaffen, dass Rehhagel ihn noch vor Spielende durch Venetidis ersetzen musste.

Doch trotz der drückenden Dominanz über die rechte Seite scheiterte Spanien zum einen am wieder hervorragend spielenden Nikopolidis und an der Tatsache, dass man sich in der Mitte gegen die Überzahl, welche die Griechen durch den Einsatz eines Liberos erhielten, nicht entscheidend durchsetzen konnte. So führte Rehhagels Team die Gruppe vorm letzten Spiel mit vier Zählern an, punktgleich mit Spanien, dahinter Portugal mit drei Punkten und Russland mit zwei Niederlagen.

Nach Rückstand das Spiel machen? Funktioniert nicht!

Griechenland - Russland 1:2 (1:2)

Das Turnier der Russen stand unter keinem guten Stern. Erst fiel Teamchef Georgi Jartsev mit Onopko und Ignashevitch die komplette Innenverteidigung aus, dann flog im zweiten Spiel gegen Portugal auch noch Torhüter Ovtchinnikov zu Unrecht vom Platz – so war das Aus der Sbornaja eben schon vorm letzten Gruppenspiel in Faro an der Algarve besiegelt.

Dennoch gaben sie Vollgas und brachten durch das 1:0 von Kirichenko schon in der 2. Minute die Griechen dazu, einem Rückstand hinterher laufen zu müssen. Was in diesem Fall tatsächlich so war, denn ob der Situation in der Gruppe konnte sich Griechenland alles andere als sicher sein, dass es auch mit einer Niederlage für das Viertelfinale reicht. Mit einem 0:1 standen die Chancen noch recht gut, aber als nach einer Viertelstunde aus einem Eckball das 0:2 durch Bulykin fiel, wurde der Faden dünner. So lange Portugal in deren Must-Win-Spiel gegen Spanien nicht führt, reichte das zwar noch. Aber darauf vertrauen, dass das so bleibt, durfte man natürlich nicht.

Hatten die Griechen mit ihrer Spielanlage zuvor noch davon profitiert, dass der Gegner aktiv war und man selbst reagieren konnte, war man nun gezwungen, gegen eine sich zurückziehende Mannschaft, die nach Ballgewinn schnell kontert – vor allem Gusev machte der linken Seite der Griechen enorme Probleme – das Heft des Handelns selbst in die Hand zu nehmen. Das funktionierte nicht: Basinas und Zagorakis hatten acht russische Feldspieler zwischen sich und dem Tor, aber kaum mehr als drei eigene Mitspieler. Hinzu kam, dass Seitaridis auf der rechten Seite alleine für Breite sorgen sollte (gegen zwei Russen) und schlicht das Tempo und die Ideen nach vorne fehlten.

Anschlusstor – reicht das?

Deshalb brachte Rehhagel schon vor der Pause den kreativeren Zartas statt des tief agierenden Basinas. Schon in seiner ersten Aktion holte Zartas einen Eckball heraus, aus dem der Anschlusstreffer fiel – Zisis Vryzas konnte Malafejev überwinden. Damit waren die Griechen zur Pause erst einmal auf der sicheren Seite: Eine Niederlage, die nicht höher ausfällt als eine der Spanier, reicht – sofern die Iberer dabei nicht zwei Tore mehr erzielen. Das hieß zur Halbzeit: Das 1:2 reicht nur dann nicht, wenn Spanien gleichzeitig 3:4 oder 4:5 gegen Portugal verliert. Was bei einem Pausenstand von 0:0 im Parallelspiel mehr als unrealistisch erschien. Und als die Portugiesen nach rund einer Stunde in Führung gingen, hieß das für Griechenland: Bleibt’s beim eigenen 1:2, reicht das. Ein drittes Gegentor darf aber nicht mehr fallen.

Nach dem Seitenwechsel blieb Zartas aber unauffällig, auch weil die Russen – bei denen Alentichev deutlich in seinem Aktionsradius eingeschränkt worden war – die Mitte gut zumachten und die Griechen somit gezwungen waren, ihre Angriffe über die Flügel aufzubauen. Das machte vor allem der extrem aktive Seitaridis gut, er drückte Jevsejev und Semshov (war für Karjaka gekommen) nach hinten und sorgte so dafür, dass Kirichenko vorne in der Luft hing. Auf der anderen Seite bekam Gusev nun Unterstützung von Dmitri Sychov (war für Bulykin gekommen), sodass Venetidis immer deutlich mehr Defensivarbeit verrichten musste als Seitaridis. Das Spiel der Griechen nach vorne war damit sehr eindimensional – alles über Seitaridis – und harmlos.

Die Russen versuchten schon relativ früh, das Tempo aus dem eigenen Spiel nach vorne herauszunehmen. Sie hatten erkannt, dass dem Gegner nichts einfällt, wollten den Griechen gar nicht erst die Gelegenheit geben, zu schnellen Gegenstößen zu kommen. Außerdem führten sie ja und konnten selbst mit dem Sieg den letzten Gruppenplatz nicht mehr verlassen. Wozu also das Risiko eingehen, den Griechen ins offene Messer zu laufen.

Diesen war aber, je länger es dem Ende entgegen ging, auch immer mehr klar: Diese knappe Niederlage reicht, also war es ihnen wichtiger, kein Tor mehr zu kassieren, als mit aller Kraft – die, man hatte es ja gesehen, äußerst schwach übersetzt war – auf den Ausgleich zu gehen. So gab es in der letzten halben Stunde nur noch eine nennenswerte Chance (für die Russen). Beide Teams waren mit dem Resultat einverstanden. Die Griechen waren als Gruppenzweiter weiter, Spanien nach dem 0:1 gegen Portugal im Parallelspiel raus.

Großer Erkenntnisgewinn

Das 1:2 hat außerhalb der beiden Länder kaum jemand gesehen – alles hatte sich natürlich auf die Parallel-Partie konzentriert – brachte aber für Otto Rehhagel ganz entscheidende Erkenntnisse. Selbst gegen die eher limitierten Russen – die Mannschaft war mit jener, die vier Jahre später unter Guus Hiddink so überzeugend ins Halbfinale marschiert war, nicht einmal im Ansatz zu vergleichen – war es den Griechen nicht möglich, mit eigenen Mitteln das Spiel zu machen. Das hieß im Viertelfinale gegen Frankreich umso mehr: Seine Mannschaft darf unter gar keinen Umständen in Rückstand geraten, will sie eine Chance haben. Was gegen Russland nicht geht, wird gegen den Titelverteidiger, auch wenn der keine überzeugende Vorrunde absolviert hatte, erst recht nicht klappen.

Griechenland - Frankreich 1:0 (0:0)

So stellte Rehhagel für das Spiel gegen Frankreich auch um. Seine größte Sorge galt dabei natürlich dem genialen Zinedine Zidane und dem flinken Thierry Henry. Dem Arsenal-Stürmer, der in der Premier-League-Saison vor dem Turnier 30 Tore erzielt hatte, stellte er nicht Katsouranis auf die Füße, sondern opferte Rechtsverteidiger Seitaridis, der in den Gruppenspielen so stark auf der Außenbahn agiert hatte. Der Plan dahinter war klar: Der schnelle Seitaridis hatte gegenüber Katsouranis klare Tempo-Vorteile. Die erachtete Rehhagel als wichtiger als die Vorstöße auf der rechten Flanke.

Bei Zidane kam Rehhagel entgegen, dass der französische Teamchef Jacques Santini seinen Kapitän und Superstar nicht auf der Zehn spielen ließ, sondern auf der rechten Seite in einem 4-2-2-2. Das erlaubte es Rehhagel, dem Star von Real Madrid gleich von drei Leuten umzingeln zu lassen: Linksverteidiger Fyssas, dazu den ins linke Halbfeld geschobenen Katsouranis.

Und Giorgios Karagounis. Der rückte statt eines Linksaußen (in der Vorrunde Giannakopoulos bzw. Papadopoulos) auf diese Position und lief Zidane, sofern sich dieser auf dieser Seite aufhielt, praktisch überallhin nach.

Das Fehlen von Seitaridis auf der anderen Seite glich Rehhagel aus, indem er Kapitän Zagorakis auf die Außenbahn stellte, um dort Pirès das Leben schwer zu machen; falls nötig unterstützt von Basinas und Charisteas. Was im Umkehrschluss hieß: Rehhagel hatte noch anderthalb dezidiert offensive Spieler auf dem Feld – Sturmspitze Nikolaidis, der nach drei Kurzeinsätzen nun erstmals im Turnier von Beginn an spielen durfte, und eben Charisteas.

Extrem statisches Spiel

Der Plan war damit deutlich defensiver als in den Gruppenspielen angelegt: Dem Gegner die Spielgestaltung rauben, die Angreifer somit gleich doppelt aus der Partie zu nehmen – zum einen durch strenge Manndeckung, zum anderen eben durch das Abschneiden vom Nachschub aus dem Mittelfeld. Es dauerte nicht lange, ehe Zidane – der seine Verfolger auch durch frühes Einrücken nicht abschütteln konnte – mit Pirès die Seiten tauschte. Aber auch das half nichts, weil der extrem giftige Zagorakis ein mindestens genauso unangenehmer Gegenspieler war. Wenn nicht sogar noch unangenehmer.

So wurde das Spiel extrem statisch: Den Franzosen wurde auf den Flanken und in der Spitze jede Luft zum atmen genommen und die Griechen hatten überhaupt nie die Absicht, und auch nicht das Personal, selbst etwas nach vorne zu machen. So blieb den recht hilflos im Raum stehenden Makélélé und Dacourt (der den angeschlagenen Vieira nicht einmal ansatzweise ersetzen konnte) nur die Option „lang und weit“, aber mit vier eigenen Offensivspielern gegen acht bis neun Griechen konnte das nicht gut gehen. So kamen auch keinerlei Impulse.

Eine zentrale Stärke der Griechen: Keine billigen Freistöße!

Eine ganz große Stärke der Mannschaft aus Griechenland war es bei diesem Turnier aber nicht nur, aus dem Spiel heraus wenig bis gar nichts zuzulassen – sondern, mindestens ebenso wichtig, keine billigen Freistöße in der Nähe des Strafraums zu erlauben. Bei aller Härte im Spiel gegen den Mann und aller Konsequenz im verhindern des gegnerischen Spielaufbaus verstanden es vor allem Zagorakis und Basinas, die hauptsächlich für diesen Raum zuständig waren, sich taktisch so diszipliniert zu verhalten, dass es praktisch keine Fouls in gefährlichen Lagen gab und so etwa in diesem Spiel Zidane und Henry nie die Gelegenheit hatten, mal einen Freistoß Richtung Tor zu zirkeln.

Mit der Konzentration von Zagorakis auf die Defensive war zwar die rechte Seite offensiv relativ begrenzt, was aber nicht heißt, dass der Kapitän nicht durchaus auch mal den Vorwärtsgang einlegte und schnell umschaltete, wenn sich die Gelegenheit ergab. So wie etwa in der 65. Minute, als er Lizarazu sehenswert aussteigen ließ, eine Flanke zur Mitte brachte und dort Charisteas völlig frei zum 1:0 einköpfeln konnte – weder Thuram noch Gallas fühlten sich für den Reservisten von Werder Bremen zuständig.

Zu späte Umstellung von Santini

Die ganze Problematik dieser lustlosen und satt wirkenden französischen Mannschaft manifestierte sich im Gesichtsausdruck von Teamchef Santini, der wie eine Mischung aus Hilflosigkeit und Trägheit wirkte. Es war kein Feuer erkennbar, kein Teamgeist, kein echter Plan. Wenn die Franzosen in die Nähe des griechischen Tores kamen, dann lange nur über Einzelaktionen – ein Vorstoß von Bixente Lizarazu, ein Lauf aus der Tiefe von Henry. Aber mehr Druck konnte erst aufgebaut werden, als Santini viel zu spät die völlig überflüssige Doppelsechs auflöste.

Mit Wiltord (statt den überforderten Dacourt) auf der rechten Seite und Zidane zentral konnte das Geflecht der Griechen etwas entzerrt werden, dazu bewegte sich Louis Saha (statt des von Kapsis komplett abmontierten Trezeguet) deutlich mehr und deutlich besser als sein Vorgänger. So gelang es den auch immer müder werdenden Griechen kaum noch, sich nachhaltig zu befreien. Bestes Beispiel dafür war Libero Traianos Dellas: Der 1.97m-Riese zeigte sich als reiner Holzhacker, als totaler Zerstörer unfähig zur Spieleröffnung. Er holzte die Bälle nur noch so weit wie möglich weg, nicht selten auf die Tribüne. Aber man hielt den Franzosen stand und hatte sensationell das Halbfinale erreicht.

Das beste Team des Turniers

Dort wartete aber mit den Tschechen das zweifellos beste Team des Turniers. Die große Stärke der Mannschaft von Karel Brückner war die enorme Vielseitigkeit: Da war der schnelle Milan Baroš, der schon fünf Turniertore auf dem Konto hatte. Neben ihm Jan Koller, ein Baum von einem Kerl. Und dahinter mit Pavel Nedvěd, Tomáš Rosický und Karel Poborský drei der besten offensiven Mittelfeldspieler Europas – abgesichert vom extrem verlässlichen Tomáš Galásek. Das war eine andere Hausnummer als die lustlosen Franzosen.

Griechenland - Tschechien 1:0 n.V.

Rehhagel stellte Rechtsverteidiger Seitaridis auch diesmal als Manndecker auf, er sollte den in Überform agierenden Baroš neutralisieren. Die Bewachung von Jan Koller wurde indes aufgeteilt: Aus dem laufenden Spiel heraus war Michalis Kapsis der Bewacher des Zwei-Meter-Riesen von Borussia Dortmund, im Strafraum und bei Standard-Situationen übernahm jedoch Dellas. Ganz einfach deshalb, weil der selbst annähernd zwei Meter groß war.

Auch das Mittelfeld-Trio der Tschechen wurde manngedeckt: Katsouranis kümmerte sich um Nedvěd, Fyssas degradierte Poborský zur Wirkungslosigkeit und Zagorakis wich nie weit von Rosickýs Seite. Doch mit dem hohen Tempo und vor allem der hohen Variabilität der tschechischen Offensiv-Kräfte kamen die Griechen zu Beginn kaum mit. Koller und Baroš ließen sich oft weit fallen und kamen aus der Tiefe, Nedvěd rückte viel ein und erlaubte Jankulovski das Hinterlaufen – Charisteas hatte damit große Probleme. Es brauchte schon ein paar gute Aktionen von Nikopolidis im Tor, um diese Phase unbeschadet zu überstehen.

Der zweite freie Mann: Angelos Basinas

Dass es die Griechen aber mit Fortdauer der ersten Halbzeit doch geschafft haben, das Spiel zu beruhigen und nicht mehr permanent unter Beschuss zu stehen, war vor allem einem der unbesungenen Helden dieser Mannschaft zu verdanken: Angelos Basinas. Der schmächtige Sechser mit dem schon etwas schütteren Haaransatz war, wenn man so will, der zweite Libero im System von Otto Rehhagel; der freie Mann im Mittelfeld.

Während um ihn herum alle mit klaren Mann-gegen-Mann-Zuteilungen eingedeckt waren, musste Basinas den Löcherstopfer im Zentrum spielen. Das erforderte enorme Spielübersicht, die Fähigkeit, das Spiel lesen zu können, und vor allem eine absolute Pferdelunge. Die Laufleistung von Basinas suchte seinesgleichen. Nicht nur in diesem Spiel, sondern im ganzen Turnier – nur war er gegen die quirligen Tschechen ganz besonders wichtig.

Mit seiner permanenten Unterstützung wo immer gerade eine Unterzahl-Situation zu entstehen drohte, war Basinas der große Stabilisator im Mittelfeld und entlastete vor allem Zagorakis gegen Rosický. Doppelt wichtig – denn Zagorakis hatte schon im Viertelfinale eine gelbe Karte gesehen und wäre somit bei einer weiteren Verwarnung im Finale gesperrt gewesen, und zum anderen stellte Basinas immer wieder mögliche Passwege zu, wenn Rosický unter Druck kam und zu einem schnellen Abspiel gezwungen wurde.

Pavel Nedvěd muss raus

Womöglich hätten die Tschechen das alles schon noch irgendwie austanzen können, wenn sich nicht nach einer halben Stunde ihre wichtigster Spieler verletzt hätte: Pavel Nedvěd ramponierte sich in einem unglücklichen Zweikampf mit Katsouranis sein rechtes Knie. Humpelnd versuchte er es noch ein paar Minuten, letztlich musste aber Šmicer noch vor der Halbzeitpause den Blondschopf ersetzen.

Hatte Katsouranis mit Nedvěd noch so seine Schwierigkeiten, hatte nun Šmicer ganz klar das Nachsehen. So gelang es den Griechen in der zweiten Halbzeit, mit der Manndeckung gegen Šmicer und Poborský die Flügel zu neutralisieren, mit Dellas als überzähligem Mann in der Abwehr die Stürmer zu kontrollieren und mit Basinas als überzähligem Mann im Zentrum auch dort die Tschechen immer weniger zur Geltung kommen zu lassen.

Rehhagel schaltet einen Gang hoch

Was den Teamchef der Griechen dazu veranlasste, nach 70 Minuten einen Gang nach vorne zu schalten. Er nahm den sichtlich überraschten Basinas vom Feld und brachte dafür mit dem nach seiner Zerrung wieder genesenen Giannakopoulos einen offensiveren Mann; anders als bei seinen ersten zwei Einsätzen spielte er aber nicht auf der Flanke, sondern tatsächlich im Zentrum. Es war dies eigentlich der Wechsel, der zuvor im Turnierverlauf eher Zartas ins Spiel kommen sah, aber Rehhagel wollte wohl eher einen schnellen Spieler zum flinken Umschalten als den eher statischeren Ballverteiler Zartas in der Partie haben.

Was aber nicht den gewünschten Effekt hatte – denn ohne Basinas als freien Mann im Mittelfeld hatte Rosický plötzlich wieder etwas mehr Freiräume und vor allem konnten sich Koller und Baroš durch ihr Zurückfallen lassen wieder Räume erarbeiten und ihre Tempoläufe waren immer wieder nur durch Fouls zu stoppen. Erstmals im Turnierverlauf gaben die Griechen vermehrt Freistöße in Strafraumnähe her. Ein Tor der Tschechen sah deutlich wahrscheinlicher aus als eines des Außenseiters, dennoch ging es mit dem 0:0 in die Verlängerung.

Alles auf eine Karte

In der Verlängerung

Für diese wechselte Rehhagel erneut: Statt des extrem fleißigen Stürmers Vryzas brachte er nun doch Vassilis Zartas in die Partie. Er und Giannakopoulos flankierten nun den in die Spitze aufgerückten Charisteas, gaben praktisch zwei Spielgestalter, die auch ein wenig auf die Flanken aufpassen mussten. So stellte Rehhagel, zum ersten Mal überhaupt in diesem Turnier, eine Überzahl in der kreativen Zone der gegnerischen Hälfte her.

Damit nahmen die Griechen nun tatsächlich das Heft in die Hand und die Tschechen, die damit ganz offensichtlich nicht gerechnet hatte, wussten nicht wirklich damit umzugehen. Zudem machte Petr Čech, damals noch ohne Rugby-Mütze, im Tor einen alles andere als sicheren Eindruck: Unsicher beim Herauslaufen, mit Schwierigkeiten beim Fangen des Balles.

Und so kam, was kommen musste: In der 105. Minute ließ René Bolf nach einer Ecke von Zartas den aufgerückten Dellas zum Kopfball kommen, der Libero markierte das einzige Länderspiel-Tor seiner Karriere. Und weil die Silver-Goal-Regel galt, nach der bei einem Tor der Gegner nur bis zum Ende der laufenden Hälfte der Verlängerung die Chance zum Ausgleich hatte, war das natürlich die Entscheidung – Referee Pierluigi Collina pfiff in seinem letzten Spiel bei einem großen Turnier nur noch für einige Sekunden an, ehe er nicht nur dem Spiel ein Ende machte, sondern auch dem Turnier der an sich besten Mannschaft dieser Europameisterschaft. Ohne Nedvěd hatten es auch die Tschechen nicht geschafft, ein probates Mittel gegen die Manndeckung der Griechen zu finden.

Die Krönung im „Wiederholungsspiel“

So kam es im Finale quasi zur Wiederholung vom Eröffnungsspiel – Griechenland gegen Portugal. Das Team von Luiz Felipe Scolari war im Turnierverlauf der einzige Gegner der Griechen, der mit nur einem Stoßstürmer agierte und nicht im 4-4-2, dafür mit drei Spielmachern im Mittelfeld. Darum entschied sich Rehhagel für einen anderen Ansatz als in den Partien gegen Frankreich und Tschechien, und orientierte sich wiederum am ersten Spiel: Bis auf die klare Zuteilung von Kapsis auf Solo-Spitze Pauleta gab es keine Manndeckung mehr.

Griechenland - Portugal 1:0 (0:0)

Das Team von Portugal unterschied sich gegenüber dem ersten Aufeinandertreffen drei Wochen zuvor personell auf fünf Positionen, aber nicht von der Ausrichtung her. Es war ein 4-2-3-1, das auf der iberischen Halbinsel schon länger üblich war, den echten Durchbruch aber erst zwei Jahre später bei der WM in Deutschland feiern sollte.

Rehhagel stellte gegen das Triumvirat mit Figo, Deco und Ronaldo wieder die defensive Mittelfeld-Kette mit Basinas, Katsouranis und Kapitän Zagorakis, die im Verbund verschoben und die Portugiesen kaum zur Entfaltung kommen ließen. Pauleta hing in der Luft und wurde von seinem Bewacher Kapsis zusätzlich kaltgestellt.

Griechen spielen mit

Der große Unterschied zu Viertel- und Semifinale war aber, dass Seitaridis wieder fleißig über die rechte Außenbahn nach vorne randalieren konnte. Zagorakis übernahm in diesen Fällen Cristiano Ronaldo (bzw. Figo, die beiden tauschten sehr häufig die Seiten), Valente war somit sehr viel defensiv gebunden und durch den nach innen rückenden Charisteas und den wieder enorm viel arbeitenden Vryzas enstand durchaus Arbeit für die portugiesische Defensive. Costinha holte sich schon sehr früh eine gelbe Karte ab.

Ähnlich stellte sich die Situation auf der linken Flanke mit Fyssas und Giannakopoulos dar, mit Katsouranis als Absicherung. Das Spiel der Griechen musste fast zwangsläufig über die Außenbahnen kommen, weil Basinas, anders als in den Spielen davor, nicht mehr als freier Mann vor der Abwehr agieren konnte sondern mit Deco selbst viel gegen den Mann zu arbeiten hatte. So bekamen die Portugiesen keinen Zugriff auf den griechischen Strafraum und die Mannen von Otto Rehhagel sorgten mit einigen Angriffen über Seitaridis und Fyssas gut für Entlastung.

Führeres Stören nach Seitenwechsel

Den Hausherren hat sicher auch nicht geholfen, dass nach der nach einem unglücklichen Zweikampf verletzte Rechtsverteidiger Luis Miguel kurz vor der Halbzeit ausgewechselt werden musste. Seine Energie und sein Drang nach vorne kamen zwar nicht so gut zum Tragen wie in den Runden davor beim dramatischen Viertelfinale gegen England und dem letztlich recht sicheren Halbfinale gegen die Holländer, aber der für ihn eingewechselte Paulo Ferreira hatte nicht die Präsenz von Miguel.

Zudem attackierten die Griechen nach dem Seitenwechsel schon höher und erschwerten so die Spieleröffnung der Portugiesen zusätzlich. Maniche und Co. kamen mit dem Pressing überhaupt nicht zurecht. Ebenso wie mit Angelos Charisteas bei einer Ecke von Basinas von der rechten Seite: Costinha war zu weit weg vom Mann, Carvalho stand hinter dem griechischen Stürmer, und Ricardo segelte im Herauslaufen am Ball vorbei – so konnte Charisteas tatsächlich zum 1:0 treffen.

Otto parkt den Bus

Schlussphase

Scolari wusste auf dem Eröffnungsspiel, dass er mit einem zweiten Stürmer nichts erreichen würde. Also reagierte er, indem er sofort Costinha vom Feld nahm und mit Rui Costa einen vierten Spielgestalter für das Mittelfeld brachte. Dafür rückte Deco etwas zurück und kam eher aus der Etappe. Die Griechen zogen sich nun komplett zurück und parkten den sprichwörtlichen Bus vor dem eigenen Strafraum.

Die Zauberformel blieb aber weiterhin „Überzahl herstellen“ – den vier offensiven Mittelfeld-Leuten der Portugiesen stellten sich nun neben den drei zentralen Männern bei den Griechen zusätzlich Seitaridis (gegen Ronaldo) und erst Giannakopoulos und dann Venetidis gegen Figo auf den Flügeln gegenüber. Torschütze Charisteas und der statt Vryzas gekommene Papadopoulos sollten für etwas Entlastung sorgen.

Der Plan, schon im Mittelfeld den Raum eng zu machen und nicht auf eine reine Abwehrschlacht zu vertrauen, ging auf: Kaum einmal erreichte der Ball das innere des Strafraums, obwohl die Portugiesen den Ballbesitz in lichte Höhen schraubten. So blieb ein Weitschuss von Figo in der 89. Minute, der nur um ein paar Zentimeter links am Pfosten vorbei ging, die einzige wirkliche Ausgleichschance. Die Sensation war perfekt: Griechenland war Europameister!

Resonanz zwischen Bewunderung und Verärgerung

Die wohl größte Sensation der Fußball-Geschichte – ein Exot, von dem in Wahrheit drei Niederlagen erwartet wurden, gewinnt das Turnier – hat sehr gemischte Reaktionen hervorgerufen. Vor allem in Deutschland, der Heimat von Otto Rehhagel, war man vom sensationellen Erfolg des selbsternannten „Kindes der Bundesliga“ naturgemäß begeistert, zumal nach der eigenen eher schändlichen Vorstellung (dem Vorrunden-Aus, nachdem man gegen Lettland nicht gewonnen und dann gegen ein tschechisches B-Team verloren hatte) händeringend ein Erfolg versprechender neuer Teamchef für die zwei Jahre danach anstehende Heim-WM gesucht wurde.

Ansonsten herrschte aber weniger Bewunderung über die taktisch äußerst durchdachte Herangehensweise, die sich von Spiel zu Spiel zum Teil sehr deutlich unterschied, sondern eher Verärgerung. Über die Tatsache nämlich, dass man ein Turnier, das von sensationell hohem Niveau, sehenswertem Angriffsfußball und wundervollen Spielen am laufenden Band geprägt war, vom Triumph der als äußerst negativ und ob der Verwendung von Libero und Manndeckern auch noch extrem rückständig empfundenen Griechen entwertet sah.

Die Nachwirkungen

Eine Sichtweise, die sich bei den nur noch plumpen Vorstellungen der Mannschaft bei der Euro2008 und der WM 2010 noch verstärkte. Die Gegner hatten sich auf das Spiel der Griechen eingestellt. Dabei darf man aber nicht außer Acht lassen, dass sich vor dem Triumphzug in Portugal erst zweimal überhaupt eine griechische Mannschaft für ein großes Turnier hatte qualifizieren können – für die EM 1980 und die WM 1994. Nach dem Turnier in Portugal gelang die Qualifikation für die EM-Endrunden 2008 und 2012, sowie für die WM-Endrunde in Südafrika.

Dass Griechenland sich nicht dauerhaft in der Weltspitze etablieren konnte, ist logisch und erwartbar. Aber das Team aus Hellas ist nach den drei Wochen von Portugal nicht wieder in der völligen Versenkung verschwunden, in der es sich davor befunden hatte. Griechenland wurde zum Stammgast bei großen Turnieren, und das alleine ist aller Ehren wert.

Zumal es vielen Helden von 2004 nicht beschieden war, auf Klub-Ebene an diesen Erfolg anzuknüpfen. Zerstörer Traianos Dellas etwa, Libero mit Holzfuß, konnte sich bei der Roma in der folgenden Saison zwar einen Stammplatz erkämpfen, wurde über die Zwischenstation AEK aber nur vier Jahre später, auch wegen der fehlenden Fähigkeit zur Spieleröffnung, ins Ausgedinge nach Zypern abgeschoben. Auch Michalis Kapsis, der als Manndecker in allen Spielen dabei war, hatte nur noch eine gute Saison, bei Girondins Bordeaux. Viele Verletzungen plagen ihn aber seither. Giorgos Karagounis konnte sich trotz einer starken EM auch weiterhin nicht bei Inter Mailand durchsetzen nach zwei Jahren bein Benfica kehrte er zu Panathinaikos zurück.

Zehner Vassilis Zartas ging in die zweite deutsche Liga zu Köln und trug nur vier Spiele zum Aufstieg bei, Angelos Basinas bekam nach zwei ordentlichen Jahren in Mallorca nichts mehr auf die Kette. Und Angelos Charisteas, der drei Tore erzielt hatte – darunter die goldenen gegen Frankreich und im Finale gegen Portugal – konnte sich bei Bremen weiterhin nicht durchsetzen, flüchtete nach Holland und ist danach nur noch mit unübersichtlich vielen Vereinswechseln aufgefallen. Dimitris Papadopoulos landete bei seinen Auslandsversuchen bei Dinamo Zagreb und in der zweiten spanischen Liga bei Celta de Vigo.

Aber es gibt auch positivere Karriere-Verläufe – Linksverteidiger Seitaridis etwa wechselte nach der EM zum FC Porto und war danach noch drei Jahre bei Atlético Madrid aktiv; Stelios Giannakopoulos blieb noch lange Jahre Stammspieler bei den Bolton Wanderers, Kostas Katsouranis wurde Führungsspieler bei Benfica, Torhüter Nikopolidis holte – obwohl ihm immer eher das Image eines Fliegenfängers treu blieb – noch sieben Meisterschaften mit Olympiakos, ehe er 2011 aufhörte.

Einige Europameister ihren Status in der Heimat genützt und sind in vielen verschiedenen Funktionen tätig geworden. Kapitän Theodoros Zagorakis etwa wurde Präsident von seinem Stamm-Klub PAOK, mit Zisis Vryzas als Sportdirektor. Linksverteidiger Fyssas wurde Technischer Direktor beim griechischen Verband, Flügelspieler Georgios Georgiadis, den Rehhagel bei der triumphalen EM aber nicht einsetzte, U-21-Teamchef. Lebemann Demis Nikolaidis, der unmittelbar nach dem Turnier seine aktive Karriere beendete, wurde Präsident bei seinem Klub AEK – mit mäßigen Resultaten, aber mit wirtschaftlichem Erfolg.

Und Otto? Teamchef Rehhagel trat nach dem Triumph nicht zurück und wurde klarerweise auch nicht deutscher Teamchef – da bekam Jürgen Klinsmann den Zuschlag. Er verpasste zwar knapp die WM 2006, qualifizierte sich aber für die Euro2008 und die WM 2010, nach der er dann doch Schluss machte. Nach neun Jahren auf der griechischen Bank, mit 106 Spielen – mehr als doppelt so vielen wie jeder andere Teamchef in der Geschichte des Verbandes.

Und ein Volksheld, ja, das ist der knorrige Deutsche immer noch. Er wird es bleiben.

(phe)

Der Kader…

Tor: Kostas Chalkias (30, AEK), Teofanis Katergiannakis (30, Olympiakos), Antonis Nikopolidis (33, Panathinaikos). Abwehr: Panagiotis Fyssas (31, Benfica), Nikos Dabizas (31, Leicester), Traianos Dellas (28, Roma), Mihalis Kapsis (31, AEK), Giorgios Seitaridis (23, Panathinaikos), Stylianos Venetidis (28, Olympiakos). Mittelfeld: Angelos Basinas (28, Panathinaikos), Giorgios Georgiadis (32, Olympiakos), Sylianos Giannakopoulos (30, Bolton), Jannis Goumas (29, Panathinaikos), Pantelis Kafes (26, Olympiakos), Giorgios Karagounis (27, Inter Mailand), Kostas Katsouranis (25, AEK), Vassilis Lakis (28, AEK), Theodoros Zagorakis (33, AEK). Angriff: Angelos Charisteas (24, Bremen), Demis Nikolaidis (31, Atlético Madrid), Dimitris Papadopoulos (23, Panathinaikos), Zisis Vryzas (31, Fiorentina), Vassilis Zartas (32, AEK). Teamchef: Otto Rehhagel (65).

Bild:  Fritz Duras, Austria Aktuell

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