Frauenfußball – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Tue, 02 Aug 2022 11:14:50 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 1:0 über Norwegen: ÖFB-Frauen im EM-Viertelfinale! https://ballverliebt.eu/2022/07/16/10-ueber-norwegen-oefb-frauen-im-em-viertelfinale/ https://ballverliebt.eu/2022/07/16/10-ueber-norwegen-oefb-frauen-im-em-viertelfinale/#comments Sat, 16 Jul 2022 09:51:02 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=18209 1:0 über Norwegen: ÖFB-Frauen im EM-Viertelfinale! weiterlesen ]]> Immer schon rein in die Wunde und darin herumbohren! Die ÖFB-Frauen haben in ihrem De-facto-Achtelfinale gegen Norwegen eine knappe Stunde lang alles getan, um sich einen Sieg zu verdienen. Sie gaben den mental nach dem 0:8 gegen England lädierten Gegner lange keine Gelegenheit, zu sich zu finden und am Ende wurde der 1:0-Erfolg über die Zeit verteidigt. Damit wurde wie 2017 die EM-Vorrunde überstanden, nun wartet im Viertelfinale Deutschland.

Irene Fuhrmann musste auf die corona-positive Katharina Naschenweng verzichten, dafür war die corona-genesene Laura Wienroither wieder mit dabei. Dunst (links) und Hickelsberger (rechts) spielten also auf den Außenstürmer-Positionen im österreichischen 4-3-3. Norwegens Teamchef Martin Sjögren griff auf das Team zurück, das zum Auftakt 4:1 gegen Nordirland gewonnen hatte – nur Innenverteidigerin Maria Thorisdottir, die beim 0:8 gegen England unter vielen Schlechten die Allerschlechteste war, musste draußen bleiben. Bergsvand spielte statt ihr.

Immenses Gegenpressing

Österreich machte sich von Anpfiff weg daran, Norwegen gar nicht erst Selbstvertrauen aufbauen zu lassen. Mit einem aggressiven Pressing wurde die Ballführende – wie kaum anders zu erwarten war – schnell gedoppelt und Abspielfehler somit provoziert, und zwar schon im Angriffsdrittel; rund um die Mittellinie sowieso.

Norwegen kam damit gar nicht dazu, auch nur mehr als zwei oder drei Pässe hintereinander spielen zu können und ein geregelter Aufbau war sowieso unmöglich. Nur über Einzelaktionen – und hier vor allem über Caroline Hansen – schafften sie es situativ, für so etwas wie Entlastung zu sorgen.

Hegerbergs Präsenz war spürbar

Man merkte den ÖFB-Frauen aber an, dass schon die schiere Präsenz von Ada Hegerberg für Respekt sorgte. Anstatt im Mittelfeld quer zu spielen und bei einem möglichen Ballverlust womöglich gleich Hegerberg gegen sich zu haben, wurde immer wieder lange Rückpässe auf Zinsberger gespielt, um dieses Risiko zu minimieren. Und auch im Aufbau von hinten galt eher die Devise „Lang und weit bringt Sicherheit“: Keine kurzen Pässe auf Puntigam wurden gespielt, die Kugel ging auf möglichst direktem Weg ins Angriffsdrittel.

Das spielte aufgrund der Gegebenheiten – den spielerischen wie den psychischen – Österreich in die Hände. Die ÖFB-Frauen gingen immer schön rein in die norwegischen Schwächen und die damit beim 0:8 aufgerissenen mentalen Wunden und bohrten mit Genuss darin herum. Das 1:0 durch Billa nach 37 Minuten war überfällig und hochverdient.

Kein Fuß auf den Boden

Denn Linksverteidigerin Blakstad sah gegen Hickelsberger null Land, brachte in der ersten Hälfte gefühlt keinen einzigen Vorwärtspass an die Mitspielerin. Reiten war bei Wienroither weitgehend abgemeldet, Engen ließ schon nach einer Viertelstunde die Schultern hängen, Bergsvands Stellungsspiel stand in puncto haarsträubend jenem von Thorisdottir gegen England um nichts nach und Mjelde rammte einmal das Knie und einmal den Ellbogen in Billas Gesicht – ungestraft.

Das scharfe Gegenpressing der ÖFB-Frauen lähmte die norwegischen Lebensgeister und  Österreich hingegen spielte die Mind-Games auch genüsslich aus. Wenningers ewig hinausgezögerter Freistoß aus der eigenen Hälfte machte die Norwegerinnen sichtbar fuchtig, beispielsweise. Auch die Verletzungspause von Torhüterin Pettersen brach Österreichs Rhythmus nicht.

ÖFB-Druck lässt nach

Erst nach 50 Minuten nahmen die ÖFB-Frauen erstmals den Fuß ein wenig vom Gas. Man ging dazu über, Norwegen eher an der Mittellinie zu erwarten und nicht mehr im Angriffsdrittel schon draufzugehen. Allzu kreativ ist diese Truppe nicht, sie war aber sehr wohl bemüht, diesen kleinen österreichischen Finger zu nehmen und sich so die ganze Hand zu schnappen. „Wir können nicht 95 Minuten lang nur draufdrücken“, hatte Irene Fuhrmann schon vor der EM gesagt, „das geht sich athletisch einfach nicht aus.“

Was sich aber nicht änderte, war die generelle Panik in der norwegischen Abwehr, wenn sich ein Ball näherte. Da wurde nichts gesichert, sondern nur rausgedroschen – bis irgendwann keine Österreicherin mehr nachlief, die gefährlich werden konnte. Torhüterin Guro Pettersen mühte sich, Sicherheit auszustrahlen und sie hielt, was zu halten war, aber ein bisschen wackelig wirkte sie dennoch immer.

Norwegen macht Druck

Nach einer Stunde versuchte Norwegens Teamchef Martin Sjögren nachzulegen, stellte Hansen auf ihre beste Position (am rechten Flügel) und bracht datür in Ildhusöy eine neue Stürmerin statt Eikeland auf das Feld. Wenig später brachte Tuva Hansen eine scharfe Flanke vor das Tor, die an allen vorbei zischte – die wohl heikelste Szene.

Nach 20 Minuten mit mehr Abwehr- als Angriffsarbeit erlöste Fuhrmann die erschöpfte Hickelsberger und wechselte Lisa Makas ein, die sich gleich einmal mit einem etwas zu zögerlichen Abschluss alleine vor Torhüterin Pettersen einführte. Das 2:0 in dieser 75. Minute wäre die Entscheidung gewesen. So aber war Norwegen immer mehr bemüht, irgendwie den Ball in den Strafraum zu bekommen, um dort die Kugel über die Linie stochern zu können. Viel Plan war nicht dahinter, eher Brechstange und Mut der Verzweiflung

Die Vermutung liegt nahe, dass dieses sich Zurückdrängen lassen zumindest in diesem zeitlichen Ausmaß wohl eher nicht geplant war – denn statt einem weiteren offensiven Wechsel wurde in der Schlussphase eher noch mehr der Rückwärtsgang eingelegt. Statt Stürmerin Billa kam Verteidigerin Georgieva, mit einem 5-4-1 wurden die restlichen Minuten über die Zeit gebracht. Einmal war Zinsberger vor Hegerberg am Ball, einmal lenkte sie einen Ildhusoy-Schuss noch knapp über die Latte. Norwegen hätte einen Sieg gebraucht, es gab nicht mal das Remis.

Fazit: Nein, 2017 war kein Zufall

Erstmals in seiner 32-jährigen Geschichte hat das ÖFB-Frauen-Nationalteam einen Sieg gegen einen Weltmeister gegeben. Der Lohn für den 1:0-Erfolg gegen den Welt-Champion von 1995 ist das zweite Erreichen der K.o.-Runde bei der zweiten EM-Teilnahme. War 2017 noch eine Überraschung, bei der man unvorbereitete Gegner mit dem Ausmaß der eigenen Stärke düpiert hat, ist diese zweite Viertelfinale-Teilnahme die Bestätigung, dass 2017 keine Eintagsfliege war.

Jetzt kennen die Gegner Österreich. Und trotzdem ist Österreich weiter – gerade nach diesem Spiel, zumindest den ersten 50 Minuten davon, sowas von verdient. Norwegen sah nicht aus wie eine Frauenfußball-Großmacht mit dem Selbstverständnis, auch nach einer bitteren Niederlage natürlich ein gutes Mittelklasse-Team wie Österreich zu besiegen. Sondern wie ein vom Anlass eines Entscheidungsspiels komplett überfahrenen Duckmäuser, der hofft, das Ausmaß der sportlichen Katastrophe möge sich im ertragbaren Rahmen halten. Nein, ein 0:8 wurde es nicht. Aber die Art und Weise, wie man 50 Minuten lang von Österreich vorgeführt wurde, kann nach dem Debakel gegen England nur bedeuten, dass der ohnehin in der Kritik stehende Martin Sjögren seinen Hut nehmen muss. Wie es mit Ada Hegerberg weitergeht, die den gleichen leeren Gesichtsausdruck hatte wie nach dem punkt- und torlosen Vorrunden-Aus vor fünf Jahren, wird sich weisen.

Für Österreich gibt es nun hingegen die nächste Belohnung nach dem Eröffnungsspiel im Old Trafford (übrigens: Norwegen hat 0:8 gegen England verloren und Nordirland 0:5, Österreich „nur“ 0:1). Am Donnerstag gibt es im Stadion von Brentford das Viertelfinale gegen Deutschland. Das wird wieder eine komplett andersartige Partie: Die DFB-Elf hat bisher vollends überzeugt, strotzt vor Selbstvertrauen und geht auf den EM-Titel los – und will nicht, so wie Norwegen, nur eine totale Blamage verhindern.

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Österreichs EM-Gruppengegner: England, Nordirland, Norwegen https://ballverliebt.eu/2022/07/05/osterreichs-em-gruppengegner-england-nordirland-norwegen/ https://ballverliebt.eu/2022/07/05/osterreichs-em-gruppengegner-england-nordirland-norwegen/#respond Tue, 05 Jul 2022 19:43:19 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=18155 Österreichs EM-Gruppengegner: England, Nordirland, Norwegen weiterlesen ]]> Überraschen werden die ÖFB-Frauen bei ihrer zweiten EM-Teilnahme keinen mehr – die Fußballwelt kennt sie mittlerweile. Auch die Gegner sind keine Unbekannten: England und Nordirland hat Österreich in der aktuell laufenden WM-Qualifikation ebenso als Kontrahenten, Norwegen gehört zum Frauenfußball-Inventar. Was kommt in der Gruppe A auf die Österreicherinnen zu?

England: The Contender

Mittwoch, 6. Juli um 21 Uhr in Manchester

Die nationale Liga hat internationalen Appeal, darin unterscheidet sich die WSL nicht von der Premier League. Die Großklubs von Chelsea über City und United bis Arsenal sind die Lokomotiven, aber auch die zweite Reihe der WSL – Everton, Tottenham, West Ham, usw. – sind attraktive Ziele für Spielerinnen vom Kontinent. Im Europacup können diese Klubs aber nicht ganz mit Lyon, PSG und Barcelona mithalten. Umso wichtiger ist es den Engländern, dass die Lionesses bei einem möglichst großartigen Heim-Turnier möglichst den Titel holen. Es wäre der erste.

Nachdem die FA den früheren Teamchef Phil Neville, der dem starken Kader inhaltlich nicht gewachsen war, elegant an die MLS losgeworden ist, angelte sich der Verband Sarina Wiegman. Sie führte das Team aus ihrer niederländischen Heimat zum EM-Titel 2017 und ins WM-Finale 2019. Tatsächlich ist in dem knappen Jahr, in dem sie nun das Zepter schwingt, jene klare Handschrift zu erkennen, die zuvor unter Neville gefehlt hat.

Die Lionesses unter Wiegman sehen frappant wie die Oranje Leeuwinnen aus, nur eben in weißen Trikots (oder in grell-orangen, wie zuletzt im Test ausgerechnet gegen Holland) und noch aggressiver, weil es die Qualität in der Defensive auch hergibt. Im Angriffsdrittel wird Jagd auf den Ball gemacht, es geht sehr athletisch zu, mit Kraft und Tempo sollen die Gegnerinnen eingeschüchtert werden. Es gibt eine klare Aufgabenverteilung im 4-2-3-1: Zehner Fran Kirby hat viele Freiheiten und verbindet individuelle Genie-Momente mit ständiger Erreichbarkeit. Georgia Stanway auf der Acht sucht mit vertikalen Laufwegen die Schnittstellen bzw. reißt diese auf; Hemp und Mead auf den Außenbahnen pressen, rücken ein und sollen auch den Abschluss suchen. Hinzu kommen nach vorne marodierende Außenverteidigerinnen – Lucy Bronze rechts sowie Daly, Greenwood oder Stokes links.

In den 14 Spielen unter Wiegman gab es zwölf Siege und zwei Remis bei nur zwei Gegentoren, man schenkte Deutschland drei Tore ein, der Schweiz vier und Titelverteidiger Holland gar fünf. Schon bei der WM 2019 sah England wie das kompletteste Team Europas aus, daran hat sich nichts geändert, nur dass es nun auch eine Trainerin gibt, die damit was anfangen kann. Bei den letzten drei Turnieren – WM 2015, Euro 2017, WM 2019 – war England stets im Halbfinale, das ist nun nicht mehr genug.

Das letzte Duell mit Österreich gab es im November 2021 in der WM-Qualifikation, England hatte das Spiel im Griff, gewann aber doch nur relativ knapp mit 1:0. Gesamtbilanz: Sieben Spiele, sieben England-Siege.

Nordirland: True Grit

Montag, 11. Juli um 18 Uhr in Southampton

Durch ein 1:1 auswärts und ein 0:0 daheim gegen Wales schlich Nordirland dank gewonnenem Direktvergleich auf Platz zwei der EM-Qualigruppe hinter Norwegen (ähem, 0:6 und 0:6). Als schlechtester Gruppenzweiter bekam man im Playoff den zweitschlechtesten zugelost (keine Setzung, mind you), und irgendwie kam man gegen die zunehmend frustrierten Ukrainerinnen durch. Und jetzt ist Nordirland bei der EM – mit exakt zwei Spielerinnen, die regelmäßig in einer vernünftigen Liga zum Einsatz kommen.

Rebecca Holloway (die als Linksverteidigerin, in der Fünferkette oder im Mittelfeld spielen kann) wechselte nach Saisonschluss von WSL-Absteiger Birmingham nach Amerika, Stürmerin Simone Magill kam als Joker bei Everton regelmäßig zu 15-Minuten-Einsätzen. Der Rest: Reserve in Schweden, zweite englische Liga oder, die meisten, gar daheim in Nordirland. Was der Green And White Army aber an individueller Qualität abgeht, versucht sie durch Hingabe wettzumachen und der selbst gestellten Aufgabe, den Frauenfußball in Nordirland zu positionieren, so wie ihn die ÖFB-Frauen 2017 in Österreich positioniert haben.

Teamchef Kenny Shiels mag es nicht, wenn sein Team die Bälle hinten rausbolzt, sondern will einen kontrollierten Aufbau sehen. Diese Form von Spielkultur hat geholfen, sich an Wales vorbeizudrücken, birgt auf EM-Niveau aber Risiken. Schon in den beiden WM-Quali-Spielen gegen Österreich war Nordirland damit extrem anfällig beim aggressiven Angriffspressing der ÖFB-Frauen, gegen das ebenso erbarmungslose und noch bessere englische Team setzte es zwei derbe Niederlagen (0:4 im Wembley und 0:5 vor Rekord-Kulisse im Windsor Park).

In der Vorbereitung gab es nur ein einziges Testspiel, ein 1:4 in Belgien, und Shiels äußerte offen die Befürchtung, man gehe „undercooked“ ins Turnier. Es erschiene folgerichtig, wenn Nordirland gritty und plucky auftreten würde, in dem 5-4-1 wie in Belgien zuletzt, sich heldenhaft wehrt und so die Herzen der Leute daheim mit irischem Kampfgeist zu gewinnen trachten würde. Denn das 2:2 gegen Österreich in Belfast letzten Herbst hat sehr wohl gezeigt: Wer gegen dieses Team mal hinten ist, hat ein Problem. Nordirland kann dann nämlich sehr gut das Tempo und vor allem den Rhythmus rausnehmen, gegnerische Passwege kappen und damit das Nervenkostüm der Favoriten bearbeiten.

Österreichs Spiele im Sturm von Seaview im Herbst 2021 (2:2) und im Wolkenbruch von Wr. Neustadt im Frühjahr 2022 (3:1) waren die bisher einzigen Duelle.

Norwegen: The Muse

Freitag, 15. Juli um 21 Uhr in Brighton

Ada Hegerberg ist wieder da: Nach der katastrophalen EM 2017, als Norwegen punkt- und torlos in der Vorrunde ausschied, zog sie sich vom Nationalteam zurück. Begründung der Lyon-Superstürmerin: Fehlendes Engagement und vor allem fehlender Plan des Verbandes in puncto Frauenfußball. Nun ist Norwegen nicht irgendwer – Weltmeister 1995, Olympiasieger 2000, zweimal Europameister – aber in den kommenden vier Jahren wurde jede Maßnahme, die gesetzt wurde, mit dem sorgenvollen Blick nach Lyon verbunden, ob Hegerberg auch wohlwollend nicken möge. Die Wahl von Ex-Teamspielerin Lisa Klaveness zur Verbandspräsidentin schließlich verbesserte das Verhältnis von Ada und NFF schnell.

Vier Monate vor der EM ritt die Weltfußballerin, die zwischenzeitlich auch einen Kreuzbandriss abgesessen hat, als Rittersdame auf dem scheinenden Pferd nach fast fünf Jahren im selbstgewählten Exil zur Kvinnelandslaget zurück. Norwegen war ohne Ada kein komplett heilloses Team, keineswegs, bei der WM 2019 kam man ins Viertelfinale und nach den dünnen Jahren nach dem EM-Finale 2013 (das mit einem sehr alten Team erreicht wurde) gibt es mit Guro Reiten, Frida Maanum und Ingrid Engen nun auch wieder ernsthafte Qualität im Mittelfeld. Das Problem ist nur: So richtig Flair verbreiten auch sie nicht. Nordisches 4-4-2, gerne darf der Gegner den Ball haben, und vorne sollen Caroline Hansen (die auf dem Flügel vermutlich wertvoller wäre) und nun eben wieder Ada Hegerberg für die Tore sorgen.

Als Teamchef Martin Sjögren 2019 mit diesem Fußball zur WM kam, ging es „nur“ darum, gegenüber 2017 Fortschritte sichtbar zu machen. Das sah etwas öde aus, aber es ging. Jetzt, drei Jahre später, ist man inhaltlich aber kein Stück weiter gekommen. Beim Algarve Cup setzte es im Februar sogar eine Niederlage gegen Portugal, danach dünne Siege gegen Polen und Neuseeland. Im letzten Test besiegte man Dänemark 2:1, ein Ausrufezeichen im engeren Sinn war die Darbietung aber auch nicht.

Norwegen hat mit Hegerberg und Hansen das wahrscheinlich beste Sturm-Duo des Turniers und ein Mittelfeld, das zumindest bisher mehr verspricht als es hält. Die Abwehr mit dem Innen-Duo Mjelde und Thorisdottir hat Erfahrung, aber es fehlt eklatant an Tempo – was ein Grund für die bedächtige Spielweise der Mittelfeld-Kette sein könnte. Und im Tor fehlt Einser-Keeperin Cecilie Fiskerstrand verletzt, vermutlich wird Guro Pettersen ihren Platz einnehmen, vor vier Monaten hatte noch keine der drei Torhüterinnen im Kader ein Länderspiel absolviert.

Norwegen muss den Anspruch haben, zumindest das Viertelfinale zu erreichen, alles andere wäre angesichts der individuellen Qualität vor allem in Angriff und Mittelfeld eine Blamage. Auch gegen Österreich ist Norwegen zu favorisieren, aber unverwundbar ist man gegen das ÖFB-Team sicher nicht. Beim letzten Duell im Juni 2016 gab es in Oslo in der EM-Qualifikation ein 2:2, das für Österreich hochverdient war. Es war der erste Punktgewinn im fünften Spiel gegen Norwegen.

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Österreichs Frauen vor der EM: Auf Kante genäht https://ballverliebt.eu/2022/07/04/osterreichs-frauen-vor-der-em-2022/ https://ballverliebt.eu/2022/07/04/osterreichs-frauen-vor-der-em-2022/#comments Mon, 04 Jul 2022 05:30:09 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=18143 Österreichs Frauen vor der EM: Auf Kante genäht weiterlesen ]]> Zum zweiten Mal sind die ÖFB-Frauen bei einer Europameisterschaft dabei. Wie steht der heimische Frauen-Kick vor dem Turnier da, was ist vom Erfolg des Halbfinal-Einzuges 2017 geblieben? Wo reiht sich Österreich im internationalen Vergleich ein – auch, was Struktur in Verband und Vereinen sowie den Zuspruch der Öffentlichkeit angeht? Und was ist heute anders als vor fünf Jahren?

Ein Triumph des Teams

Nina Burgers Fingerzeig an die verstorbene Mama nach dem Siegtor gegen die Schweiz, das die EM für Österreich mit einem Knall eröffnet hatte. Lisa Makas‘ Urschrei nach ihrem Tor beim Remis gegen Frankreich, als der Frust von zwei Kreuzbandrissen rausgebrüllt wurde – wenige Tage vor ihrem dritten. Manuela Zinsbergers imaginäre Bowlingkugel in Richtung der am Mittelkreis aufgefädelten Kolleginnen nach dem 3:0 gegen Island, dem souveränsten und wohl besten Spiel dieser Truppe. Sarah Puntigams entspannt lächelndes Gesicht, bevor sie den entscheidenden Elfmeter im Viertelfinale gegen Spanien in die Maschen drosch.

Die Boombox von Jasmin Eder, von Marina Georgieva an der Spitze der Feier-Polonaise durch die Mixed-Zones getragen. Sarah Zadrazil, die ein lädiertes Syndesmoseband durch die Matches trug. Viktoria Schnaderbeck, die gerade von einer Knieverletzung genesen prompt beinahe aus dem Turnier getreten wurde. Verena Aschauer, die mittlerweile Hanshaw heißt und damals ins All-Star-Team gewählt wurde. Dominik Thalhammer, der als Teamchef die ÖFB-Frauen praktisch von Null weg aufgebaut hat.

Die EM-Premiere der ÖFB-Frauen 2017 hatte viele Gesichter. Die Rasselbande mit dem Adler am Trikot, das nach Einsatzzeit jüngste Team des ganzen Turniers, wurde innerhalb von zwei Wochen von einem unbeachteten Nobody zu Everybody’s Darling: Die Mannschaft wurde zum Star. Eine Handvoll Spielerinnen, die zusammen Europas Spitze ärgern konnten, ohne selbst zu Europas Spitze zu gehören. Österreich spielte die EM de facto mit 14 Leuten durch, es war alles auf Kante genäht.

International anerkannt

Fast forward, fünf Jahre später. Österreich ist wieder bei der EM dabei und das fühlt sich schon fast wie ein Stück Normalität an. Nicht so sehr in Österreich selbst, wo jede Endrunden-Teilnahme andächtig registriert und als kleines Wunder gefeiert wird, das ist schön und kann ruhig so bleiben. Aber im europäischen Kontext ist Österreich längst wie selbstverständlich in den fixen Kreis der zweiten Reihe aufgenommen worden. Die Schweiz, Belgien, Island, bis vor ein paar Monaten Russland: Keine Spitzenteams, aber na eh klar sind die bei einer EM dabei. Was auch sonst.

Die ÖFB-Frauen sind international keine Unbekannten mehr, auch ihre Spielerinnen nicht. Sarah Zadrazil fungiert in vielen internationalen Vorschauen als das Gesicht des Teams. Dazu Manuela Zinsberger, in der abgelaufenen Saison mit dem „Goldenen Handschuh“ der englischen WSL als Torhüterin ausgezeichnet, die am öftesten ohne Gegentor geblieben war. Und Nici Billa, Torschützenkönigin in Deutschland 2021, mit 14 Toren in den letzten 15 Länderspielen.

„Wir sind breiter aufgestellt als vor fünf Jahren“, sagt Teamchefin Irene Fuhrmann. Sie war damals als Co von Dominik Thalhammer dabei, nach seinem Wechsel zum LASK vor zwei Jahren war die damals 39-Jährige die logische Nachfolgerin. Eine Achse von Unverzichtbaren gibt es aber weiterhin – Zinsberger im Tor, Wenninger davor, Rekord-Teamspielerin Puntigam auf der Sechs, Zadrazil auf der Acht und Billa ganz vorne. Aber rundherum gibt es tatsächlich einige Optionen mehr als 2017.

Der erste EM-Test gegen Dänemark kam für beide im Aufbautraining und beiden Teams fehlten einige Stammkräfte. In Belgien beim letzten Test zeigte Österreich eine gute, konzentrierte Leistung.

Erwachsen geworden

Und auch von der Gefühligkeit im Team gibt es Unterschiede. Damals war man der freche Halbwüchsige, ohne Genierer und ohne Respekt, der sich an die Älteren heranschleicht, ihnen aus dem Hinterhalt eine überwimmst und sich feixend aus dem Staub macht, bevor die anderen realisiert haben, was los ist.

Heute ist man der gesettelte Mittzwanziger, im echten Leben angekommen; bestärkt von der allgemeinen Aufbruchstimmung im Frauenfußball. Man weiß, wer man ist und steht dazu, selbstbewusst weiblich und stolz darauf, gleichzeitig mit beiden Beinen im echten Leben, ambitioniert aber nicht übermütig. Man will als Truppe ambitionierter Leistungssportler wahrgenommen werden, nicht als Kuriosität.

Neue Generation, neue Weltsicht

Dabei sind gerade die Älteren – Carina Wenninger, Sarah Puntigam, Viktoria Schnaderbeck, auch Sarah Zadrazil – in einer Doppelfunktion tätig: Als Routiniers auf dem Platz und als Brückenschlag zur jungen Generation. „Sie waren schon dabei, als es die Annehmlichkeiten, die heute selbstverständlich sind, noch nicht gab“, sagt Irene Fuhrmann, selbst bis 2008 sieben Jahre lang aktive Teamspielerin. Als man noch mit einem Mini-Stab unterwegs war, die Betreuung minimal, der Wertigkeit bei Null, ein paar Hobby-Kickerinnen auf Tour. Ernst Weber machte den Frauen-Teamchef quasi nebenbei. Wenn seine U-17-Burschen gleichzeitig gespielt haben, mussten Olga Hutter, Paul Gludovatz oder Johannes Uhlig bei den Frauen einspringen.

„Die Mädchen, die heute in der ÖFB-Akademie in St. Pölten ausgebildet werden und auf den Erwachsenenfußball losgelassen werden, kennen das alles nicht“, erklärt Fuhrmann. „Sie sind damit aufgewachsen, dass es die volle Betreuung gibt, sie überspitzt formuliert nur noch das bereitgelegte Trikot und die geputzten Schuhe anziehen müssen und los geht’s. Das ist einerseits gut, weil sie sich auf das Spiel konzentrieren können und es ein Zeichen dafür ist, wie weit der Frauenfußball in Österreich schon gekommen ist“, sinniert Fuhrmann, „aber die Demut vor und die Dankbarkeit für den jetzigen Gegebenheiten ist schwerer zu vermitteln geworden.“

Bringschuld und Holschuld

Der Kader ist ein Mix aus jenen Spielerinnen, die 2017 dabei waren und nun das routinierte Rückgrat bilden und jenen neuen Kräften, die in den letzten zwei, drei Jahren dazugestoßen sind. „Talente haben wir genug, fußballerisch ist es kein Problem“, sagt Carina Wenninger: „Ich sehe es dabei auch als unsere Aufgabe als Routiniers, die jungen Spielerinnen heranzuführen. Es ist eine Entwicklungsphase, was die menschliche Reife angeht. Da müssen sie jetzt von uns was mitnehmen, um dann selbst vorangehen zu können.“

Eine Bringschuld der Älteren, aber auch eine Holschuld der Jüngeren. „Die Kunst ist“, so Fuhrmann, „wenn du eine Truppe von 23 Spielerinnen hast, sind einige zehn, zwölf Jahre dabei. Andere sind in ihrem zweiten Lehrgang. Da geht es bei denen auch um die Eigenverantwortung, zu kommen – zu mir, zu den Analysten, wem auch immer – und sich die Infos zu holen. Am Platz ist keine Zeit zum Nachdenken, da geht es darum, alles intuitiv parat zu haben.“

Zehn Spielerinnen haben in den zwei Jahren unter Fuhrmann schon debütiert. Maria Plattner, Lisa Kolb und Celina Degen gehören zum erweiterten Stamm und sind auch in England nicht nur dabei, weil man halt 23 Namen nennen muss. Vor der EM 2017 ging es zwischen Jennifer Klein und Laura Wienroither, beide damals bei null Länderspielen, wer den letzten Kaderplatz auffüllen darf (der Zuschlag ging damals an Klein). Diesmal konnten sich Katja Wienerroither, Annabel Schasching und Julia Magerl, teilweise mit mehr als einer Handvoll Einsätzen, ernsthaft Chancen auf einen EM-Platz ausrechnen, sie blieben aber übrig.

Personelle Alternativen: Bei Testspiel gegen Montenegro wurden erstmals überhaupt alle elf Spielerinnen im Laufe des Matches getauscht.

Verpasste Chance 2017

Die Spitze ist in Ordnung und mittelfristig muss man sich wohl keine Sorgen um ein Absacken machen. The Kids Are Alright, die Jahrgänge 2001 (Degen, Plattner, Kolb, Wienerroither) und 2002 (Schasching, Kröll) sind schon da, die 2003er (Magerl, Brunmair) und 2004er (El Sherif, Mädl, Wirnsberger) sehen gut besetzt aus. Aber: Die Zahl der angemeldeten Fußballerinnen stagniert, hier hat 2017 nicht für einen nachhaltigen Boost gesorgt. Dass man mit dem damaligen Erfolg und der plötzlichen Aufmerksamkeit überfordert war, räumten jüngst auch ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel und ÖFB-Geschäftsführer Bernhard Neuhold ein. Schöttel war damals noch gar nicht im Amt; Neuhold schon.

Dominik Thalhammer hat damals lange gezögert, sich nach der EM weiter für den ÖFB zu committen und hat das auch damit begründet, dass der ÖFB mit zu wenig Nachdruck auf dem Erfolg aufzubauen schien und es auch ihm selbst gegenüber die Wertschätzung fehlte. Der ehemalige Teamchef äußerte sich auch im persönlichen Gespräch nie über sein Verhältnis mit Willi Ruttensteiner, der ihn 2011 in den Frauenfußball geholt hatte. Hinter vorgehaltener Hand hieß es aus dem Umfeld des Teams aber, dass es zumindest schwierig war. Im Oktober 2017 war Ruttensteiner beim ÖFB Geschichte, im Dezember 2017 band man Thalhammer per unbefristetem Vertrag an den Verband, dazu übernahm er die Leitung der Trainerausbildung.

Tönerne Füße

Man beteuert beim ÖFB, dass „uns kein Talent in Österreich entgeht“, aber wie viele mögliche Talente gehen verloren, weil sie mangels Unterstützung im Verein mit dem Kicken aufhören, bevor es wirklich losgegangen ist? Nicht jedes Mädchen hat eine Familie wie Sarah Puntigam, die es einst gegen den ausdrücklichen Willen des Vereins durchgesetzt hat, dass die siebenjährige Sarah überhaupt spielen darf. Nicht jedes Mädchen hat einen Verein mit Frauen-Team in der Nähe, wenn sie ab dem 15. Lebensjahr nicht mehr mit den Burschen spielen darf.

Dänemark hat um ein Drittel weniger Einwohner als Österreich, aber doppelt so viele registrierte Fußballerinnen in den Vereinen. Die Dänen können mit einem viel größeren Pool an nachdrückenden Talenten arbeiten als Peter Grechtshammer, Leiter der ÖFB-Frauen-Akademie in St. Pölten (und natürlich auch die regionalen Akademien und Leistungszentren etwa in Graz oder Linz). Wenn es in einem Jahrgang keine zehn Mädchen gibt, die das Potenzial für die Nationale Akademie haben, wird es mit der breiteren Spitze schwierig.

ORF geht in Vorleistung

Die Hoffnung nach dem Hype durch die EM 2017 war, dass die Zahlen steigen, diese Hoffnung wurde enttäuscht. Der ÖFB wirft auch nicht gerade alles ins Zeug, um die Zuschauerzahlen beim Team in die Höhe zu treiben, die 3.600 vom Playoff-Hinspiel gegen Russland vor zehn Jahren (!) bleiben bis heute Rekord, in Wr. Neustadt (2.700 Sitzplätze) ist dieser selbst theoretisch nicht zu knacken. Immerhin werden Spiele nicht unter dem Deckmantel der „Familienfreundlichkeit“ an Wochentagen um 14.00 Uhr versteckt, um sie irgendwie ins TV zu bringen. Der ORF ist diesbezüglich deutlich progressiver als ARD und ZDF.

In Österreich sind (mit der logischen Ausnahme der Parallelspiele am letzten Gruppenspieltag) sämtliche Spiele der EM auf dem Einser zu sehen, obwohl in Wahrheit schon die Coverage auf ORF Sport plus bei EM 2017 und WM 2019 vorbildlich gewesen ist und niemand ernsthaft 2022 etwas anderes erwartet hätte – die Österreich-Spiele auf ORF1, ja, aber die anderen? Der oft geschmähte Küniglberg zeigt damit großen Mut und wird angesichts der zu erwartenden derben Seher-Rückmeldungen dazu eine dicke Haut brauchen. Der Frauenfußball ist ein besonders beliebtes Ventil für Unmutsäußerungen.

Nobody cares?

Die Quizshow von Oliver Polzer wochentags um 18.00 Uhr wabert in der Regel zwischen 60.000 und 80.000 Zusehern und einem Marktanteil zwischen vier und sieben Prozent. Das ist für das öffentlich-rechtliche Flaggschiff eigentlich eine Blamage, aber immer noch erheblich besser als die zwei Prozent bei den x-ten Wiederholungen von Malcolm In The Middle oder den Simpsons zuvor. Weniger werden die kommentierenden Kollegen bei Schweden-Schweiz auch nicht haben. Die Übertragungen zum Hauptabend werden ein Zuschauerminus gegenüber Hanno Setteles „DOK1“ und dem Comedy-Freitag bringen, da muss man kein Prophet sein, aber Zahlen von „Thor 3“ am letzten fußballfreien Donnerstag (9 Prozent MA) sollten nicht außer Reichweite sein.

Der Ticketverkauf läuft gut, die abgesetzten Karten lassen einen Zuschauerschnitt von mindestens 16.000 vermuten – das wird mehr als das Doppelte der EM-Turniere von 2013 und 2017 und die Marke der WM 2019 (rund 21.000) scheint nicht völlig außer Reichweite zu sein. Das theoretische Maximum aufgrund der Stadionkapazitäten liegt bei 25.500 Zusehern pro Spiel.

Sichtbarkeit schaffen

Nirgendwo ist die Sichtbarkeit größer als bei EM und WM und auf Vereinsebene ist die alltägliche Wahrheit natürlich eine andere. Die US-Liga ist mit rund 6.500 Zusehern pro Spiel das weltweite Aushängeschild, dort ist der Frauenfußball aber traditionell populär. In der neuen mexikanischen Liga waren es in der Premierensaison 2.700 Zuseher; in Europa sind die Zahlen der Saison 2021/22 aufgrund der Corona-Beschränkungen nicht alle aussagekräftig; auf nordamerikanische Verhältnisse fehlt aber viel, auch in den Top-Ligen in England, Frankreich und Deutschland.

One-Offs wie in der Women’s Champions League, als der FC Barcelona die beiden K.o.-Runden-Heimspiele gegen Real Madrid und VfL Wolfsburg vor jeweils über 90.000 Leute im Camp Nou absolvierten, waren natürlich auch das Resultat von massenhaft billigen Karten, die auf den Markt geworfen wurden. Gerade das Viertelfinale war aber ein Zeichen dafür, dass es ein Spiel eines Teams des FC Barcelona gegen eines von Real Madrid war und es den Leuten nicht egal war, nur weil das auf dem Feld Frauen waren.

In Österreich teilten sich ORF und ÖFB-TV letzte Saison 20 Spiele auf, davon konnte man vor einigen Jahren nur träumen und beim meisterschaftsentscheidenden Spiel zwischen SKN St. Pölten und Sturm Graz waren erstmals bei einem heimischen Liga-Match mehr als 1.000 Zuschauer vor Ort. Im Normalfall kommen kaum 200 bis 300 Menschen zu den Spielen, aber das Bewusstsein für die Frauen ist auch bei Österreichs Klubs angenommen.

Immer mehr bekannte Namen

Selbst Rapid konnte sich eben nun auch nicht mehr gegen die Etablierung eines Frauen-Teams wehren; die Fans von Blau-Weiß Linz haben Kleinmünchen schnell adoptiert und brachten an die 300 Leute zum letzten Saisonspiel auf den Wiener Sportclub-Platz, um ihre Mädchen zum Aufstieg anzufeuern; der LASK ist ambitioniert, wenn auch im Playoff am Aufstieg in die 2. Liga gescheitert, Vorderland spielt seit Bestehen der Kooperation mit Altach nur noch im Schnabelholz. Andererseits ist die Austria seit einem Jahr alleine unterwegs, das Engagement wirkt aber kaum weniger halbherzig als zu Zeiten der Zusammenarbeit mit dem USC Landhaus. Vielleicht ist der Rapid-Einstieg der Tritt in den Hintern, der hier notwendig wäre.

Das wird die Zuschauerzahlen im Alltag nicht dramatisch nach oben reißen, aber im Idealfall die Bedingungen professionalisieren – das Thema „Equal Pay“ ist im heimischen Frauenfußball keines, die EM ist mit Reise, Unterkunft und Staff ein Minusgeschäft für den ÖFB, dennoch zahlt man den Frauen Prämien. Die sind nicht üppig, aber mehr als in der Vergangenheit.

Ein viel bedeutenderes Schlagwort ist „Equal Opportunities“, gleiche Möglichkeiten. Sturm Graz betreibt eine eigene Akademie, bringt jedes Jahr eine neue Spielerin heraus: Katharina Naschenweng, Celina Degen, Lisa Kolb, Katja Wienerroither, Maria Plattner und Annabel Schasching; Hillebrand, Magerl und Kröll werden die nächsten sein, es folgen El Sherif und Wirnsberger. Der SKN ist der unumstrittene Primus in Österreich, aber der Appeal liegt nicht an der Stadt St. Pölten oder dem tollen Namen des SKN.

Professionelle Möglichkeiten

SKN-Macher Willi Schmaus ist, was Gerhard Traxler (letztes Jahr 81-jährig verstorben) bei Landhaus und Bruno Mangl (vor fünf Jahren einem Krebsleiden erlegen) bei Neulengbach vor ihm waren: Der eine, der in seiner Zeit die beste, professionellste Infrastruktur auf die Beine gestellt hat. Bestmögliche Opportunities eben. Während der SKN auf die Spitze geht und auch in Deutschland problemlos im Mittelfeld mithalten könnte, hat Sturm seine Nische als Ausbildungsklub gefunden, die Vienna hat sich – der Geschichte um die Missbrauchsvorwürfe am im Mai entlassenen Trainer zum Trotz – mit Nina Burger an der Spitze zum zielstrebigsten Wiener Klub gemausert, der Austria den Rang ablaufend.

Rund 1.100 Zuseher waren beim Match, das die Meisterschaft für den SKN St. Pölten entschied.

Sie alle aber können nur mit den Spielerinnen arbeiten, die es gibt und hier kommt wieder die fehlende Breite im heimischen Frauenfußball ins Spiel. Es gibt mit Mühe und Not genug Spielerinnen, um die halbe Liga einigermaßen konkurrenzfähig zu halten. Altenmarkt dafür war in der abgelaufenen Saison nie in Abstiegsgefahr – obwohl man in den 18 Matches nur 12 Punkte geholt hat. Meister St. Pölten hat ein einziges Gegentor kassiert. Bei Absteiger FC Südburgenland waren es 95 Stück.

Signale an die Basis

Natürlich ist der FC Südburgenland ein Familienbetrieb ohne fixe Heimstätte, daheim im letzten Winkel Österreichs, die Spielerinnen treten um ein Taschengeld an und mit den vorletzten Plätzen von 2017, 2018, 2019 und 2021 hat Süd schon lange angeklopft, bis es heuer knapp nicht mehr gereicht hat. Aber Aufsteiger Kleinmünchen/Blau-Weiß Linz wird ein hartes Jahr vor sich haben, der einen oder anderen Tracht sportlicher Prügel inklusive – weil es die personellen Möglichkeiten einfach nicht gibt.

Und darum ist die Sichtbarkeit des Frauenfußballs in Österreich bei der EM so wichtig, vermutlich noch wichtiger als ein gutes Abschneiden der ÖFB-Frauen. Nicht nur für fußballbegeisterte Mädchen, die den Traum haben, ganz offiziell beispielsweise das Rapid-Trikot zu tragen, jenes von Bayern München oder Real Madrid oder auch den ÖFB-Dress, oder sich – wie so viele junge Männer bis runter in Regional- und Landesligen – mit dem Kicken zumindest das Studium zu finanzieren. Sondern auch für der Basis, bei den Klubs, damit hier auch Mädchen aufgenommen und in ihren Ambitionen respektiert und gefördert werden.

Sonst wird an der Spitze des heimischen Frauenfußballs auch weiterhin alles auf Kante genäht bleiben.

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Das ist Österreichs EM-Kader für England 2022 https://ballverliebt.eu/2022/07/01/osterreich-em-kader-england-2022/ https://ballverliebt.eu/2022/07/01/osterreich-em-kader-england-2022/#respond Fri, 01 Jul 2022 08:28:17 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=18130 Das ist Österreichs EM-Kader für England 2022 weiterlesen ]]> Seit spätestens 2017 weiß die breite heimische Öffentlichkeit, dass es sie gibt. Aber die Spielerinnen selbst stehen natürlich nicht so im Mittelpunkt, das jeder was mit ihnen anfangen könnte. Daher sind hier alle 23 Kaderspielerinnen, die Teamchefin Irene Fuhrmann zur EM nach England mitgenommen hat, im Kurzportrait. Vorsicht, kann Spuren von sprachlicher Flapsigkeit enthalten.

Manuela Zinsberger (26)

Tor – Arsenal/ENG – 79 Länderspiele

Niederhollabrunn, Bezirk Korneuburg, Niederösterreich

Die Humörbombe in der Kabine und der Rückhalt im Tor. Die Wirtstochter aus dem Weinviertel nervte schon als 16-jährige beim Europacup-Debüt den schwedischen Meister mit Seger und Fischer, das ist fast elf Jahr her. Räumte nach ihrem Wechsel zu den Bayern Tinni Korpela aus dem Tor und nach ihrem Wechsel zu Arsenal den „Goldenen Handschuh“ der englischen Liga ab. Unverwüstlich optimistisch, immer einen flotten Spruch auf den Lippen, ebenso vorlaut wie ehrgeizig. Bringt nicht nur Krone-Redakteure beim „Wer bin ich?“ aus dem Konzept, sondern auch gegnerische Stürmer. Hat mörderische Reflexe, ist stark auf der Linie. Gehört absolut zum Kreis der besten Torhüterinnen Europas.

#2 Marina Georgieva (25)

Verteidigung Innen – Sand/GER – 13 Spiele, 0 Tore

Hainburg, Bezirk Bruck an der Leitha, Niederösterreich

Ihr Idol als Kind war Ronaldinho, und das als Innenverteidigerin: Die Mariandl hat heute noch ein Faible für künstlerisch wertvollen Ideen, wenn sie den Ball hat. Wurde einst als Wunderkind gefeiert und war Teil des 1997er-Jahrganges mit Dunst und Naschenweng, der bei beiden U-Endrunden war, bekam in Potsdam aber keinen Fuß in die Tür. Der Move zu Sand vor vier Jahren war ein guter, denn sie wurde Stammkraft und damit auch zur ernsthaften Option im Nationalteam. Die Lady mit der Boombox, dem kurzen Weg zwischen Genie und Wahnsinn und den bulgarischen Wurzeln engagiert sich in Sand für Kinder mit Migrationshintergrund.

#3 Katharina Naschenweng (24)

Linke Außenbahn – Hoffenheim/GER – 30 Spiele, 3 Tore

Spittal an der Drau, Kärnten

Sie hat ein Jahr länger den Sturm-Dress in Österreich getragen als notwendig und sich gleich nach der Ankunft in Hoffenheim das Kreuzband gerissen. Die schmale Naschenweng mit dem dicken Wumms im linken Fuß hat zwar schon vor sechs Jahren im Team debütiert und war Kaderspielerin ohne Einsatz bei der EM 2017. So richtig ist ihre Karriere aber erst in den letzten zwei Jahren losgezogen: Stammkraft in Hoffenheim, Spiele in der Champions League, und Irene Furhmann findet auch fast immer einen Platz für sie. Links in der Kette, links im Angriff, oder gar als Rechtsaußen. Und nein: Sie ist nicht mit Melissa Naschenweng verwandt.

#4 Celina Degen (21)

Innenverteid./MF Def. – Hoffenheim/GER – 5 Spiele, 1 Tor

Fernitz, Bezirk Graz-Umgebung, Steiermark

Naschenwengs Nachfolgerin als Primus-Talent von Sturm, ging ein Jahr nach ihr auch zu Hoffenheim. Riss sich zwar nicht das Kreuzband, aber Corona raffte praktisch ein ganzes Jahr für die TSG-Reserve dahin. Hat jetzt endlich Spielpraxis und die lange Steirerin mit den blonden Haaren kann man schon jetzt als die legitime Nachfolgerin einer anderen langen Steirerin mit blonden Haaren sehen, und schneller als Wenninger ist sie obendrein. Hat sich in der Kampfmannschaft von Hoffenheim festgespielt und die Spielpraxis tut ihr sichtbar gut.

#5 Maria Plattner (21)

Mittelfeld Offensiv – Potsdam/GER – 9 Spiele, 4 Tore

Axams, Bezirk Innsbruck-Land, Tirol

Als Irene Fuhrmann im Frühjahr 2021 mal alle Mädchen einberief, die mittelfristig für das Team in Frage kommen, fehlte die Tirolerin – Kreuzbandriss. Das Debüt wurde im Herbst nachgeholt, beim Quali-Spiel in England musste sie erstmals in der Startelf ran, überzeugte sofort. Kraftvoll, überlegt, furchtlos und ein giftiger Horror für jede Gegenspielerin. Die Gewinnerin der EM-Vorbereitung: Könnte Marie Höbinger aus der Start-Elf gespielt haben. Heimische Bundesliga in Bergheim, reift bei Turbine Potsdam zur Klassespielerin. Parallelen mit Sarah Zadrazil sind nicht ganz zufällig.

#6 Katharina Schiechtl (29)

Verteidigung Rechts – Bremen/GER – 62 Spiele, 8 Tore

Imsterberg, Bezirk Imst, Tirol

Überragend auf jedem Teamfoto (1,85 Meter), jahrelang unverzichtbar als Rechtsverteidigerin. Dort montierte die starksig wirkende Tochter des langjährigen Wacker-Innsbruck-Zeugwarts, von der Statur eher innen als außen daheim, regelmäßig mit Freuden Gegenspielerinnen ab, bis ein Knochenmarködem vor zwei Jahren ein Stoppschild setzte. War ein Jahr später zurück, ihren Platz hatte Laura Wienroither eingenommen. Ihre Präsenz bleibt aber wichtig, dank ihrer Routine und ihrer Kopfballstärke. Ist mittlerweile länger bei Werder Bremen als Andi Herzog. Treue.

#7 Carina Wenninger (31)

Verteidigung Innen – Bayern/GER – 116 Spiele, 6 Tore

Graz, Steiermark

Die Zuverlässigkeit in Pension. Seit Wenninger, die zwar in Thal angefangen hat aber in Graz geboren wurde und aufgewachsen ist, das Jahr 2014 von einem Kreuzbandriss genesen ist, stand sie in jedem der 32 Pflichtspiele seither in der Startformation. Nach 15 Jahren Bayern München – niemand spielte jemals länger für den Verein – macht ihr keiner mehr was vor. Die ausgebildete Autoverkäuferin eröffnet das Spiel von hinten heraus, ist stark beim Kopfball, kann ein Spiel lesen und entsprechend dirigieren. Wenninger hat Tempo-Defizite, dafür weiß sie, wie sie um diese Schwäche drumrum spielt. In Thal gibt es ein Arnold-Schwarzenegger-Museum, der Sportplatz ist aber noch nicht nach Carina Wenninger benannt. Da besteht Nachholbedarf.

#8 Barbara Dunst (24)

Außenbahn, MF Off. – Frankfurt/GER – 54 Spiele, 9 Tore

Feistritz bei Anger, Bezirk Weiz, Steiermark

Wuchs literally zehn Meter neben einem Fußballplatz auf und sagte schon als Zehnjähige, dass sie am liebsten im Mittelfeld die Bälle verteilt. Machte als Starkstrom-Spielerin bei LUV Graz auf sich aufmerksam und sorgt längst auch im Nationalteam für Ampere im Angriffspressing, neigt im Stress aber zum Hudeln. Als quasi elfte Feldspielerin die Nachfolgerin von Nadine Prohaska in dieser Rolle, kann wie sie innen und außen offensiv spielen, hat von ihr auch die Rückennummer übernommen. Trägt ihr Herz auf der Zunge und wird nach der Karriere eher nicht in den diplomatischen Dienst eintreten.

#9 Sarah Zadrazil (29)

Mittelfeld Zentral – Bayern/GER – 96 Spiele, 14 Tore

St. Gilgen, Bezirk Salzburg-Land, Salzburg

Sie ist das internationale Gesicht des Teams. Hat seit Jahren einen Werbevertrag von Adidas und als erste Fußballerin überhaupt einen von Red Bull und ist Vloggerin für die UEFA. Auch auf dem Platz ist der Achter das Um und Auf: Sie treibt an, sie dirigiert die Mitspielerinnen, sie ist erste Anläuferin im Pressing und erste Kampfsau im direkten Duell. Ging einst von Hof bei Salzburg in die USA, kam als Studierte mit Erfahrung von NWSL-Trainingscamps zu Potsdam, wurde dort Kapitänin. Verließ die Komfortzone im „Karli“, stellte sich dem Konkurrenzkampf bei den Bayern, setzte sich durch und wurde noch besser. Großer Fan vom Wolfgangsee, gar kein Fan von Spinnen. Ein Viertelfinale wäre ihr 100. Länderspiel.

#10 Laura Feiersinger (29)

Außenbahn, MF Off. – Frankfurt/GER – 93 Spiele, 16 Tore

Saalfelden, Bezirk Zell am See, Salzburg

Hat den Schalk im Nacken, Nofretete als Tätowierung auf dem Körper, ein Faible für Fashion und sowohl im Klub als auch beim Team den Adler auf der Brust. Die dank vieler gemeinsamerer Jahre beste Freundin von Verena Hanshaw trägt einen berühmten Namen, hat sich schon lange einen solchen für sich selbst gemacht. Die ultimative Torgefahr ist von ihr nie ausgegangen, aber mit ihrer Routine und ihrem Einsatz und weil sie nie lange braucht, um in ein Spiel zu finden, ist sie auch als Einwechselspielerin von enormem Wert. Hat sich von Nina Burger die Nummer 10 geschnappt, stand auch wegen einiger Wehwehchen nur in zwei der letzten acht Länderspiele in der Start-Elf.

#11 Viktoria Schnaderbeck (31)

Innenverteidigung – Tottenham/ENG – 80 Spiele, 2 Tore

Kirchberg an der Raab, Bezirk Südoststeiermark, Steiermark

Das Metronom von hinten heraus mit einem fast schon unheimlichen Gefühl für die Balance: Das erste Mädchen, das einst Aufnahme im LAZ Weiz gefunden hat, ist seit neun Jahren die etatmäßige Kapitänin. Seit einer Meniskus-Verletzung im Herbst 2016 kämpft sie aber mehr mit dem Knie als mit den Gegenspielerinnen, hat nur 28 der letzten 61 Länderspiele absolviert und mehr als Teilzeit ist wohl auch bei der EM nicht drin. Ist als zentrale Mittelfeldspielerin bei Bayern München gereift und im Team ab 2014 eine Kette nach hinten gewandert. War im Herbst 2021 die erste Aktive, die ihre Beziehung zu einer Frau öffentlich gemacht hat und hält seither auch Vorträge, um jungen Menschen Mut zu machen, zur eigenen Identität zu stehen.

#12 Laura Wienroither (23)

Verteidigung Außen – Arsenal/ENG – 23 Spiele, 1 Tor

Frankenburg, Bezirk Vöcklabruck, Oberösterreich

Was ihr an Körpergröße und Tempo fehlt, macht Wienroither durch Spielübersicht und viel Energie wett. Die 1,65 Meter kleine Laura, eher Lady Stromgnom als Major Leuchtturm, startete als Stürmerin in Kleinmünchen, wurde in Neulengbach und St. Pölten zur Linksverteidigerin und wanderte dank Schiechtls Ausfall im Team nach rechts. Hatte durch ihre körperlichen Nachteile einen schweren Stand bei Thalhammer, hat durch ihr Dasein als Mentalitätsmonster ein Stein im Brett bei Furhmann. Laura W., nach der EM 2017 eine Zeit lang mit der gleichen Zöpfchenfrisur unterwegs wie Teamkollegin Laura F., ist glühender BVB-Fan: Wenn die Borussia noch ein paarmal aufsteigt, könnte sich das zum Karriereende hin noch ausgehen.

#13 Lisa Kolb (21)

Angriff – Freiburg/GER – 8 Spiele, 1 Tor

Vöcklabruck, Oberösterreich

„Noch kleiner als Wienroither, aber doppelt so schnell“, sagte mal jemand über die Offensiv-Allrounderin, die einst als eine Hälfte der Kleinmünchner „Lili-Flügelzange“ mit Linda Mittermair die Gegner aufmachte, ehe ihr Rücken sie fast ins Karriereende trieb: Fehlstellung in der Wirbelsäule. Nach anderthalb Jahren ohne Einsatz startete sie bei Sturm Graz durch, wurde Spielerin der Saison und mit einem Freiburg-Vertrag belohnt. Wird wegen ihres Rückens nie eine Spielerin sein, die 30 Spiele pro Saison machen kann, ist richtig dosiert aber durchaus eine Waffe. Will Physiotherapeutin werden: Als Nachfolgerin von Maggie Sperrer? Die seit 25 Jahren amtierende Masseurin der ÖFB-Frauen stammt schließlich auch aus Vöcklabruck.

#14 Marie-Therese Höbinger (21)

Mittelfeld Zentral – FC Zürich/SUI – 19 Spiele, 5 Tore

Hinterbrühl, Bezirk Mödling, Niederösterreich

Entschied sich mit 13 Jahren, von der Polgargasse nicht in die ÖFB-Akademie nach St. Pölten zu gehen, sondern nach Potsdam umzuziehen. Dort reifte sie vom spielstarken Mädchen, das halb so groß wie die Gegnerinnen aussah, zu einer reifen Persönlichkeit mit Radaraugen auf dem Platz. Schon Dominik Thalhammer war von ihrem Spielverständnis beeindruckt, unter Irene Fuhrmann wurde sie zur Stammkraft und blieb es zunächst auch, nachdem sie in die Schweiz verliehen wurde: Ihre schmale Statur passte nicht zum athletischen Auf-die-Fresse-Fußball von Turbine-Coach Chahed. Spielte beim FCZ groß auf und verwandelte den entscheidenden Penalty zum Meistertitel.

#15 Nicole Billa (26)

Angriff – Hoffenheim/GER – 79 Spiele, 42 Tore

Angerberg, Bezirk Kufstein, Tirol

Braucht noch elf Tore, um den Allzeit-Rekord von Nina Burger zu brechen, und hat noch 30 Spiele Zeit, das in weniger Einsätzen als die Grande Dame zu bewerkstelligen, die mitterlweile Vienna-Sportchefin ist. Billa, Torschützenkönigin und Spielerin der Saison 2020/21 in Deutschland, war 2013 die erste Spielerin aus dem Nationalen Zentrum (heute: ÖFB-Frauen-Akademie), die im Team debütierte. Der Sachertorten-Fan neigt manchmal dazu, sich die Bälle selbst auf dem Flügel holen zu wollen und fehlt dann in der Box, eine zweite Billa hat Österreich nicht, die anderen haben aber nicht mal die eine. War dreifache Junioren-Weltmeisterin im Kickboxen und ist ausgebildete Kindergarten-Pädagogin. Kommt ihr also nicht blöd, liebe Eltern.

#16 Jasmin Eder (29)

Mittelfeld Defensiv – St. Pölten – 55 Spiele, 1 Tor

Bezirk Donaustadt, Wien

Besuchte sowohl das Austria-AHS Polgargasse als auch das Rapid-ORG Maroltingergasse, war schon mit 14 im U-19-Nationalteam und ist die unumstrittene Königin der Einwechslungen: Kam 43x im im Team-Dress von der Bank. Bei Dauermeister St. Pölten der Anker auf der Sechs, ist studierte Grafikdesignern und gelernte Spielkontrolleurin – als solche kommt sie auch im Teamdress, mit dem Ed Sheeran im Happelstadion gespielt hat, auf das Feld. Eder ist die ÖFB-DJane in der Kabine, sie ist in der Frauenfußball-Abteilung des ÖFB angestellt und weiß, was sich gehört: Als Medaillenüberreicherin bei der Zweitligs-Meisterfeier von Kleinmünchen/Blau-Weiß behängte sie das mitgebrachte Bilde der letztes Jahr verstorbenen Linzer Klub-Pionierin Andrea Binder mit einer eigenen Meister-Medaille.

#17 Sarah Puntigam (29)

Mittelfeld Defensiv – Montpellier/FRA – 120 Spiele, 18 Tore

Raning, Bezirk Südoststeiermark, Steiermark

Als die kleine Sarah einst in der U-8 von Gnas spielen wollte, sagte man ihr, Mädchen dürfen das nicht. Eltern und Onkel kämpften für sie, 22 Jahre später ist Punti Rekord-Teamspielerin. Stopft auf der Sechs die Löcher, führt die wichtigen Zweikämpfe, bewahrt die Übersicht und verteilt die Bälle. Hat selbst keinen großen Vorwärtsdrang, trifft aber öfters mal aus der Distanz oder per Freistoß, viermal aus elf Metern und einmal per direkter Ecke. Studiert Wirtschaftspsychologie und hat wenige Wochen vor der EM als erste aktive ÖFB-Teamspielerin ihre Lebensgefährtin geheiratet. War mega-cool beim Verwerten des entscheidenden Elfers gegen Spanien im EM-Viertelfinale; war mega-erschrocken, als sie die Szene danach im Video sah.

#18 Julia Hickelsberger-Füller (22)

Offensive Außenbahn – St. Pölten – 17 Spiele, 5 Tore

Neulengbach, Bezirk St.-Pölten-Land, Niederösterreich

Die unumstrittene österreichische Meisterin im Dem-Gegner-Davonlaufen hatte das Glück, in Neulengbach aufzuwachsen, damals der Nabel der heimischen Frauenfußball-Welt. Folgte den Fußstapfen ihrer großen Schwester Sonja, die es dort bis zur Kapitänin geschafft hat. Julia fühlte sich 2018 bei der ersten ÖFB-Einberufung noch schwer überfordert, riss im Herbst 2019 aber mit ihrem Tempo als letzte echte Neue unter Thalhammer Löcher in die Abwehrreihen der Gegner, dann riss im ersten Länderspiel nach dem großen Lockdown das Kreuzband. Es sollte 18 Monate dauern, ehe sie wieder in einem Bewerbsspiel auf dem Platz war. Plant nach der Fußballkarriere eine Laufbahn als Volksschullehrerin, erst geht’s aber zum Kicken nach Hoffenheim.

#19 Verena Hanshaw (28, geb. Aschauer)

Verteidigung Links – Frankfurt/GER – 85 Spiele, 10 Tore

Groß-Enzersdorf, Bezirk Gänserndorf, Niederösterreich

Als sie noch Aschauer hieß, war die Linksverteidigerin im Team des Turniers bei der EM 2017 und ihren Joe, den sie vor fast exakt einem Jahr geehelicht hat, hat sie dort auch kennengelernt. Mangels Antritts-Explosivität anfällig gegen kleine, quirlige und sprintstarke Gegenspielerinnen, weiß aber im Normalfall um diese Schwachstelle herumzuspielen. Zeigt ihren Vorwärtsdrang eher durch geschickte und hohe Positionierungen, weniger als Roberto-Carlos-Gedächtnis-Wuchtbrumme. Der auf den linken Oberschenkel tätowierte Kompass mit Engel sollte der mit 16 Jahren aus Wien ins ferne Herford ausgezogenen Verena den Weg weisen, auch in schweren Zeiten. Hat funktioniert.

#20 Lisa Makas (30)

Angriff, Außenbahn – Austria Wien – 71 Spiele, 19 Tore

Weißenbach an der Triesting, Bezirk Baden, Niederösterreich

Als St. Pölten 2014/15 erstmals Meister wurde, schoss das Sturmduo Billa/Makas die Liga mit 47 Toren in 18 Spielen kaputt, Lisa war auch im ÖFB-Team in der Traumform ihres Lebens. Statt des internationalen Durchbruchs in Freiburg gab’s aber für Makas, die einen guten Schmäh hat und vor allem in jungen Jahren mit Anna-Carina Kristler für das Entertainment zuständig war, den ersten Kreuzbandriss und ein halbes Jahr danach den zweiten. Wurde für die WM 2017 fit, schrie nach dem Tor beim 1:1 gegen Frankreich den Frust raus und lag eine Woche später mit dem dritten Kreuzbandriss darnieder, ein Jahr später mussten auch noch Meniskus und Knorpel dran glauben. Die gelernte Restaurantfachfrau biss sich immer wieder zurück, wenngleich ihrer großen Stärke – dem explosiven Antritt – beraubt.

#21 Isabella Kresche (23)

Tor – St. Pölten – 2 Spiele

Deutschfeistritz, Bezirk Graz-Umgebung, Steiermark

Ach, wenn nur Bellas Knie nicht wäre! Dann wäre Kresche schon längst in Deutschland Bundesliga-Goalie. Womöglich hätte sie dann aber auch den Bachelor in BWL noch nicht. Mit 1,83 Metern hat sie Gardemaß für Torhüterinnen, und vom stürmenden Bruder, der sie als Sparringspartnerin eingeteilt hat, auch schon früh viel Training erhalten. Ihr Talent ist unbestritten, die Fragilität ihres Knies leider auch. 2016 Talentproben im Europacup, dann Kreuzbandriss, EM verpasst, es hieß, in dem rechten Knie wäre alles völlig zerfetzt. 2018 wieder Kreuzband- und Meniskusriss, ab 2019 weitgehend verletzungsfrei, bis zu einer weiteren Meniskus-OP im Herbst 2021. Liest gerne englische Bücher, hat aber hoffentlich in den nächsten Jahren nicht so viel Zeit dafür.

#22 Stefanie Enzinger (31)

Angriff Zentral, Außenbahn – St. Pölten – 30 Spiele, 6 Tore

Mittersill, Bezirk Zell am See, Salzburg

Hat die Lehre zur Bürokauffrau mit Auszeichnung bestanden, hat einen Bachelor in Betriebswirtschaft und bald auch den Master in Training und Sport, und das alles neben einer Bundesliga-Karriere, die mit Toren gepflastert ist (122 Stück). Gelegenheiten, ins Ausland zu gehen, nahm sie nicht wahr – die Ausbildung war wichtiger, nach drei Kreuzbandrissen in ganz jungen Jahren nicht ganz überraschend. Einsatzstark und athletisch, erlebt sie unter Fuhrmann ihre beste Zeit im Nationalteam, vornehmlich über die Außen, wie auch beim SKN, wiewohl sie ursprünglich von ganz vorne kommt. Wird für die neue Saison spielende Athletik-Trainerin in St. Pölten.

#23 Jasmin Pal (25)

Tor – Sand/GER – 2 Spiele

Innsbruck, Tirol

Als die torhütende Diplom-Krankenschwester einst bei Wacker Innsbruck als Stürmerin aushelfen musste, hörte man allenthalben, dass sie auch die beste Feldspielerin gewesen wäre. Die blitzgescheite Jassi (hat die achte Schulstufe übersprungen) musste ihr erstes Deutschland-Engagement verletzungsbedingt früh abbrechen, nach vollendeter Ausbildung klappte es im zweiten Anlauf: Einsergoalie beim SC Sand, auch wegen eines Kreuzbandrisses im Winter aber machtlos gegen den Abstieg. Bleibt dank des Wechsels nach Köln in der Bundesliga. Hat mehr Erfahrung als Kresche, aber zehn Zentimeter weniger Körperhöhe.

Zwei Spielerinnen sind als Back-Up mitgekommen und rutschten zwei Tage vor dem ersten Spiel noch ins eigentliche Aufgebot: Maria Plattner musste mit einem Schlüsselbeinbruch w.o. geben, Lisa Kolb hatte nach einem positiven Corona-Test gar nicht erst nach England mitfliegen können.

#5 Annabel Schasching (19)

Mittelfeld Offensiv – Sturm Graz – 3 Spiele, 1 Tor

St. Aegidi, Bezirk Schärding, Oberösterreich

Und dann ist doch noch eine aus der U-17-EM-Truppe von 2019 in den Kader gerutscht: Zum Fußball ist die Spielerin der Bundesliga-Saison 2021/22 über den Vater gekommen, der die U-8-Kiddies daheim in St. Aegidi trainiert hat – Annabel war das erste kickende Mädel im Verein. Punktet mit schnellem Denken und gutem Antizipieren auf dem Platz und mit ihrer Torgefahr: Als Achter Torschützenkönigin werden, ist schon sehr bemerkenswert. Kam vor Corona zwar beim SKN schon regelmäßig zum Einsatz, reifte danach bei Sturm dank der Verantwortung, die sie mit ihren Leistungen übernahm, zur Teamspielerin. Ist quasi als „Babybel“ das Kader-Küken: Am Tag nach dem Viertelfinale gibt’s den 20. Geburtstag.

#13 Virginia Kirchberger (29)

Verteidigung Innen – Frankfurt/GER – 87 Spiele, 2 Tore

Wien

Nach ihrem Schien- und Wadenbeinbruch Ende November 2021 wurde der Wettlauf gegen die Zeit eigentlich verloren. Die bezaubernde Gini, in der überwiegenden Abwesenheit Schnaderbecks eigentlich in der Innenverteidigung gesetzt, hat – obwohl schon als Kind sportlich – erst mit 13 Jahren ernsthaft mit dem Kicken begonnen und war drei Jahre später schon in Deutschland aktiv. Die Nichte von Schauspielerin Sonja Kirchberger hat sich mit erstaunlicher Hartnäckigkeit seit einem Jahrzehnt im Team festgespielt, obwohl sie weder die schnellste noch die technisch beste Verteidigerin ist – aber Zweikampfstärke, Übersicht und Durchhaltevermögen sind bei der Business-Management-Studentin stark ausgeprägt.

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Olympia in Japan: Wildes Turnier als große Zäsur https://ballverliebt.eu/2021/08/23/olympia-in-japan-wildes-turnier-als-grosse-zaesur/ https://ballverliebt.eu/2021/08/23/olympia-in-japan-wildes-turnier-als-grosse-zaesur/#comments Mon, 23 Aug 2021 10:27:48 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=17772 Olympia in Japan: Wildes Turnier als große Zäsur weiterlesen ]]> Was für ein chaotisch-schönes Turnier – und so viele Aspekte und Storylines, die sich daraus ergeben. Nicht die WM vor zwei Jahren wird die große Generationen-Zäsur sein, auch nicht die Corona-Pandemie, die im Frauenfußball für noch viel größere Löcher gesorgt hat als bei den Männern. Sondern es ist dieses Olympia-Turnier in Japan.

Hier ist so viel Entwicklung hineinkulminiert, so viele unerwartete Twists haben sich ergeben und so viele Keimzellen für Neues sind entstanden. Vom überraschenden Gold-Gewinner Kanada bis zum erfrischenden Debütanten Sambia, von der Schwedischen Renaissance über die bröckelnde USA-Dominanz bis zum chinesischen Team, von dem nur Ruinen übrig sind.

Amerikanischer Umbruch – aber mit wem?

Eine taktische Maßnahme, die gut gemeint ist, geht nach hinten los und der Gegner bohrt die Schwächen an, nützt sie aus und gewinnt 3:0. An sich ist so etwas nicht ungewöhnlich und kann schon mal passieren. Wenn es aber dem Frauen-Team der USA passiert, das die letzten zehn Jahre beinahe nach Belieben dominiert hat, bekommt ein Match wie das allererste des haushohen Favoriten bei diesem Turnier eine geradezu seismische Dimension.

Die übelste Zurichtung des USWNT seit dem 0:4 im WM-Halbfinale von 2007 gegen Brasilien hat den Ton für das ganze restliche Turnier gesetzt, das Teamchef Vlatko Andonovski, Nachfolger von Doppel-Weltmeisterin Jill Ellis, mit massiv ramponiertem Standing hinterlässt. Was war passiert? Aus dem üblichen 4-3-3 ließ er einen der Achter auf die Zehnerposition nach vorne schieben.

Erstes Gruppenspiel: Schweden besiegt die USA 3:0 (1:0)

Dadurch wurden die Flügelstürmerinnen aber weiter nach außen gedrängt, was das üblicherweise sehr gute Zusammenspiel der Front-Three massiv behinderte. So konnte das US-Team kaum Bälle im Angriffsdrittel festmachen, gleichzeitig hetzte Schweden die per Notlösung zur Außenverteidigerin umgeschulte Stürmerin Crystal Dunn von einer defensiven Verlegenheit in die nächste.

Nach dem Katastrophen-Start schleppte man sich ins Halbfinale gegen Kanada, wo man es mit viel Kopf durch die Wand und ohne viel Zusammenspiel versuchte und ein drittes Mal im fünften Spiel ohne eigenen Treffer blieb. Gegen Australien im Bronze-Spiel rettete man ein 4:3. Und jetzt?

Morgan oder Lloyd? Rapinoe oder Heath? Press oder Williams? Vorne tauschte Andonovski wild durch. So entstand kein Rhythmus

Bei einem erfolgreichen Olympia-Turnier wäre es völlig selbstverständlich gewesen, dass dieses Team in dieser Besetzung auch die WM noch macht. Das olympische Fiasko aber – und das war dieses Turnier für die USA ohne Frage – stellt dieses Vorhaben in Frage. Einerseits.

Denn andererseits hat die einzige junge Spielerin, die in Japan wirklich Einsatzzeit bekommen hat – Verteidigerin Tierna Davidson – im Halbfinale den entscheidenden Elfmeter verschuldet und im Bronze-Spiel mit einem haarsträubenden Querpass vor dem eigenen Strafraum den zwischenzeitlichen Ausgleich ermöglicht. Catarina Macario, das von WoSo-Krösus Lyon aufgeschnappte Nachwuchs-Juwel, bekam ein paar Minuten gegen Neuseeland. Und die drittjüngste Spielerin im Kader war schon Rose Lavelle mit ihren 26 Jahren.

Das Jahr 2020 hat die NWSL coronabedingt de facto komplett verloren, damit auch junge Spielerinnen die (theoretische) Chance auf Einsatzzeit. Es kommt aber auch kaum was nach. Vom 21-köpfigen Kader, der 2018 bei der U-20-WM war und in der Vorrunde gescheitert ist, sind aktuell nur vier überhaupt Stammkräfte in der amerikanischen Liga (Smith, Hiatt, Fox und Sanchez). Mehr als steckengebliebene Talente (Pugh) und Mitläuferinnen bei Liga-Klubs ist in den Jahren davor auch nicht gewesen. Mit Carli Lloyd ist der erste Stein schon aus der Mauer gefallen. Die Heldin des WM-Triumphs von 2015, gerade 39 Jahre alt geworden, hat ihr Karriereende nach der laufenden Saison angekündigt.

Die Generation um Rapinoe, Morgan, Sauerbrunn und Co. wird die WM 2023 wohl noch machen. Aber es fühlt sich nach diesem Turnier eher nach Mangel an Alternativen an, weniger nach der historischen Chance, dass die Truppe in dieser Besetzung den historischen WM-Threepeat quasi im Vorbeigehen mitnimmt – fast genau zehn Jahre nach der Geburtsstunde dieser Generation mit „THAT Goal“ in Dresden.

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Kanada: Wie einst Portugal

2016 in Rio war Kanada das beste Team des Turniers, brachte die PS aber im Halbfinale gegen Deutschland nicht auf den Boden und musste sich mit Bronze begnügen. Der Titelgewinn nun fühlt sich ein wenig an wie jener von Portugals Herren bei der EM 2016: Eher so ein wenig für das Lebenswerk, begünstigt von äußeren Umständen, mit nicht gerade attraktivem Defensiv-Fußball und mit dem ersten großen Titel für den großen, alternden Star (damals Ronaldo, jetzt Sinclair).

Erster großer Titel: Kanada

Dabei kann das Team von Neo-Teamchefin Bev Priestman, die jünger ist als ihr Superstar Sinclair, kräftig danke sagen. Danke, dass Japan es verbockt hat und man so Gruppenzweiter wurde. Dass man damit im Viertelfinale nicht auf Schweden traf, sondern ein brasilianisches Team, dem genauso nichts einfiel wie Kanada selbst. Dass man im Halbfinale die USA traf, die das schlechteste Turnier seit sicher über einem Jahrzehnt gespielt hat. Dass Schweden im Finale zwar überlegen war, aber man eben – wie schon beim 0:0 gegen Brasilien und dem 1:0 über die USA – standhielt und im Shoot-Out die etwas weniger schlechten Elfmeter fabrizierte.

Eine Feel-Good-Story oder der Beginn einer großen Zeit für Vanessa Gilles, Jessie Fleming, Janine Beckie und Co.? Mal sehen.

Schweden: Ja, aber doch… leider nein

Ja, Schweden. „Die Farbe der Medaille mag sich gegenüber 2016 nicht verändert haben“, meinte Englands Frauenfußball-Lexikon Sophie Lawson nach dem Turnier, „aber diese beiden Teams sind Welten voneinander entfernt!“ Schweden, Finalist von Rio 2016, ist als Mitfavorit ins Turnier gegangen und setzte mit dem zuvor erwähnten 3:0 über die USA sofort ein Zeichen. Es folgte ein 4:2 über Australien, ein 2:0 der B-Elf gegen Neuseeland. Im Viertelfinale kickte man Japan aus dem Turnier. Als einziges Top-Team hatte Schweden aber sowas von abgeliefert.

Hauchdünn am verdienten Titel vorbei geschrammt

Aber was passierte dann? Es schien, als hätte man – wie Kanada 2016 – im Halbfinale plötzlich realisiert, dass man ja wirklich das beste Team war und das Gold vermeintlich zum Abholen bereit lag. Sowohl im Halbfinale gegen Australien (1:0) als auch im Finale gegen Kanada (1:1) war Schweden das bessere Team, aber die Souveränität war weg, der Schwung, die Überzeugung in sich selbst. Vielleicht auch die Puste? Alle drei Tage ein Spiel, und es ist keine junge Truppe mehr.

Das finale Elfmeterschießen war ein Clusterfuck, Caroline Seger verballerte den vermeintlich siegbringenden Schuss, gerade Seger, die große Alte Dame. Aber niemand hat gut geschossen.

Und doch, dem verpassten Titel zum Trotz, darf Schweden das olympische Turnier als Erfolg betrachten, weil man – anders als in Rio – nicht im ultra-defensiven Survival-Modus mit nur einem Sieg nach 90 Minuten zu Silber geschlichen war. Pia Sundhage hatte das Team bis 2015 kaputt gemacht und bis 2017 jegliches Leben aus der Truppe heraus gesaugt. Peter Gerhardsson hat aus dem Scherbenhaufen eine Mannschaft gemacht – nicht ohne Umwege, aber doch – die legitim als Top-3 in der Welt zu betrachten ist.

Holland: Vorne irre, aber ohne Sechser ist es schwer

Ob das auch Europameister und WM-Finalist Holland ist, kann man nicht eindeutig behaupten. Denn das Abschiedsturnier von Sarina Wiegman stand ganz im Zeichen des verletzungsbedingten Fehlens von Sechser Sherida Spitse.

So mussten die Niederlande ohne eine echte defensive Mittelfeldspielerin ran. Roord und Groenen sind spielgestaltende Achter, aber keine Balleroberer und das merkte man. Zehn Tore gegen Sambia, drei gegen Brasilien, nochmal acht gegen China. Nach vorne: Ein Hammer. Die Wahrheit ist aber auch, dass schon die drei Gegentore beim 10:3 gegen Sambia die Alarmglocken schrillen lassen mussten.

Ohne echten Sechser gab es 10 Gegentore in 4 Spielen

Eben drei Gegentore gegen Sambia und Brasilien, nochmal zwei gegen China: Ohne Deckung aus dem Mittelfeld stand die Abwehr eher hilflos da. Aniek Nouwen (die zu Chelsea geht) ist großartig in der Eröffnung, aber wenn da schnelle Gegenspielerinnen mit Tempo durch den freien Raum gelaufen kommen, waren sie und Stefanie van der Gragt machtlos.

So wurde die WM-Final-Revanche gegen die USA im Viertelfinale eben nicht eine glanzvolle Revanche und das aufgelegt beste Spiel des Turniers, sondern ein nervöses Fehlpass-Festival zweier Teams, die wussten, dass ihnen ein wichtiger Teil ihres Spiels fehlte – hier der Fels auf der Sechs, an der alles abprallt, dort das Selbstverständnis im Angriff, das durch allzu viel Rotation und eine ungewohnte Formation zerschossen wurde. Lieke Martens hatte zehn Minuten vor Schluss den Sieg am Fuß, sie verschoss aber einen Strafstoß. Es blieb beim 2:2, die USA gewann das Elfmeterschießen.

So wurde Sarina Wiegmans letztes Hurra als Bondscoach weder ein Erfolg noch ein Fehlschlag, sondern ein unbefriedigendes Was-wäre-wenn-Turnier, 23 Toren in vier Spielen zum Trotz. Mark Parsons, übernehmen Sie – und ja, die Aussicht auf den Erfolgstrainer der Portland Thorns in Europa ist überaus attraktiv. Es spricht auch für die Zugkraft des Angebotes, denn das Traineramt im Frauenfußball-Mekka Portland kann durchaus als das so ziemlich attraktivste der Welt angesehen werden.

Japan: Unter dem Druck erstarrt

Asako Takakura ist in den letzten fünf Jahren full-circle gegangen: 2016 hat sie Weltmeister-Trainer Norio Sasaki ersetzt, nachdem Olympia in Rio mit einer überalterten Truppe kläglich verpasst wurde. Ihre Aufgabe: Für Olympia in Tokio ein neues, junges, schlagkräftige Team aufbauen und dort möglichst Gold holen. Bei der WM 2019 sah das schon gut aus und man scheiterte als besseres Team mit viel Pech im Achtelfinale. Und nun? Ein Murksturnier und das Ende mit Ansage im Viertelfinale.

Der Verband hat es noch nicht offiziell bestätigt, aber die japanischen Spatzen pfeifen Takakuras Rauswurf von den Dächern. Futoshi Ikeda, ihr Nachfolger als U-20-Trainer, wird demnach auch ihr Nachfolger als Teamchef der Nadeshiko.

Was war passiert? Das 1:1 im Auftaktspiel gegen Kanada war eigentlich recht passabel. Man geriet früh in Rückstand, kann passieren, man war letztlich nur einen in der Schlussphase vergebenen Elfmeter vom Sieg entfernt. Der eigentliche Knackpunkt war das zweite Spiel gegen das Team GB. Takakura räumte völlig um: Hasegawa statt links plötzlich vorne, Einser-Stürmerin und England-Legionärin Iwabuchi nicht mal eingewechselt, dafür Sechser Hina Sugita auf der linken Außenbahn – mutmaßlich als Bremse für Englands Offensiv-Außenverteidigerin Lucy Bronze.

Das Spiel plätscherte vor sich hin und Japan war offenkundig zufrieden damit, die Britinnen zu kontrollieren, was an sich gut klappte. Bis man in der 74. Minute ein halbes Eigentor produzierte und 0:1 verlor. Damit brauchte es gegen Chile mutmaßlich einen Sieg, und es folgte eine unsagbar schlechte Vorstellung, unzusammenhängender Murks. Hasegawa war nun rechts, es spielte die dritte Linksverteidigerin im dritten Spiel, Stabilisator Nakajima blieb draußen, es ist einfach alles in sich zusammen gebrochen. Sicher ist Chile ein unguter Gegner, aber die hatten kaum Mühe, das 0:0 zu halten.

Man quälte sich zu einem späten 1:0-Sieg, aber im Viertelfinale stand Schweden da. Es gab auch tatsächlich eine vorzeigbare Leistung, sicher die beste im Turnier, aber als Japan beim Stand von 1:2 einen sehr soften Hand-Elfmeter hinnehmen und das 1:3 schlucken musste, war es vorbei.

Die Nadeshiko verfügen über sehr viel Talent und sind an guten Tagen so gut wie unschlagbar. Was Takakura aber nicht geschafft hat war, solche guten Tage regelmäßig produzieren zu lassen. Grandiose Vorstellungen wechselten sich mit kompletten Desaster-Tagen ab. Nach dem unglücklichen Punktverlust gegen Kanada drückte Takakura den Panik-Button und verunsicherte ihr Team zusätzlich. Das olympische Heim-Turnier war ein kompletter Fehlschlag.

Australien: Plötzlich gut dabei

Der Co-Gastgeber des nächsten Welt-Turnieres, der WM 2023, machte es genau anders als Japan: Vor Olympia musste man Schlimmes befürchten, aber Australien wurde mit jedem Spiel besser, gefestigter, mutiger, man stieß erstmals überhaupt in ein großes Halbfinale vor und verpasste Bronze nach einem wilden 3:4 im kleinen Finale gegen die USA nur knapp.

Australien ist immer besser geworden

Der Wechsel zum 3-4-3 vor einigen Monaten hat die davor besorgniserregend offene Defensive massiv stabilisiert, aber nach vorne ist nicht viel gegangen. Nun, mit einigen Spielen in kurzer Zeit, hat sich auch das gebessert. Es half, dass man mit dem 2:1-Sieg über Neuseeland schon nach dem ersten Match das Minimalziel Viertelfinale de facto gebucht hat. Man gab Schweden beim 2:4 einige Hausaufgaben und erreichte gegen das (zugegeben gerade in diesem Spiel sehr ambitionslose) US-Team problemlos ein 0:0. Das Viertelfinale gegen GB war aber wohl die eigentliche Geburtsstunde von Gustavsson-Australien.

Man ging zunächst in Führung, ehe England+ zwei Schnitzer nützte und 2:1 in Front ging – dann aber zu früh abstellte. Australien roch den Braten, ging aufs Ganze, glich noch aus und gewann nach Verlängerung. Und schwupps, plötzlich stand man im Halbfinale, wo man wiederum Schweden vieles abverlangte. Am Ende reichte es zwar nicht für eine Medaille, aber die Matildas gehören zu den klaren Gewinnern von Tokio.

Team GB: Muster ohne Wert

Ein britisches Team, das an sich das bessere in dem Match ist, zurecht führt, aber zu früh abschaltet und dafür bestraft wird. Klingt vertraut? Wie es Englands Herren im EM-Finale gemacht haben, hat es auch England+ beim olympischen Frauen-Turnier gemacht. Nur halt schon im Viertelfinale. Keine Medaille also.

England plus zwei Schottinnen (Little und Weir) und einer Waliserin (Ingle), die zweimal auf der Sechs startete.

Aus englischer Sicher war dieses Turnier immer ein Extra ohne Aussagekraft. Die drei Fremd-Spielerinnen, vor allem Little und Weir, werteten das Zentrum massiv auf, aber sie stehen als Schottinnen dem englischen Team danach nicht mehr zur Verfügung. Hege Riise war immer eine Interims-Lösung, zwischen dem zunehmend überforderten Phil Neville (als er zu Spezi Beckham nach Miami ging, lachten sie sich bei der FA einen Holzfuß, ihn so billig los zu sein) und Sarina Wiegman, die erst nach Tokio übernimmt.

Riise vertraute einem starken Block von Vizemeister Man City, war logisch ist, weil hier 80 Prozent der Einsatzzeit auf Engländerinnen fällt (verglichen mit 28% bei Meister Chelsea und 26% beim Dritten Arsenal); auch Caroline Weir spielt bei City. Team GB kam zu einem Arbeitssieg gegen Chile, bekam von Japan in einer 0:0-Partie den Sieg geschenkt und im letzten Gruppenspiel gegen Kanada durch ein spätes Eigentor das 1:1.

Auch gegen Australien war England+ nicht aufregend, aber grundsolide, ohne große Schnitzer, durchaus eingespielt und auf dem Weg zum Sieg. Bis man eben zu früh abdrehte und in der Verlängerung ein abgefälschtes Zufalls-Tor kassierte. Shit happens. Was bleibt? Nicht viel.

China: Blamage mit Anlauf

„Nicht viel“ ist es auch, was von den Steel Roses bleibt. „Eine Viertelfinal-Niederlage gegen die USA wäre zu verkraften. Ein Vorrunden-Aus, weil man es gegen Sambia verdaddelt hat, wäre hingegen ausgesprochen peinlich“, hieß es in unserer Turnier-Vorschau. Und China, äääh…. hat genau das geschafft. Unglaublich aber wahr: China, das stolze China, landete in seiner Gruppe sogar HINTER Sambia. Gerade mal so gegen den Debütanten nicht verloren, beim 4:4. Davor ein 0:5 gegen Brasilien. Und dann ein 2:8 gegen Holland. Acht!

Das völlig umformierte und vor allem defensiv komplett überforderte Team aus China

Olympia war für China eine Blamage mit Ansage, wiewohl das Ausmaß der sportlichen Katastrophe dann doch etwas gar extrem daher kam. Der Kader wurde für das Turnier auf den Kopf gestellt, viele neue Spielerinnen ohne internationale Erfahrung wurden nominiert und auch eingesetzt. Es gab gerade in der Offensive phasenweise gute Strecken – wie in der ersten Hälfte gegen Sambia – aber die Defensiv-Strukturen waren nicht vorhanden und vor allem gegen hohes Tempo war China heillos überfordert.

Den Sinn dahinter, neue Kräfte für ein Welt-Turnier zu nominieren, die noch nie in Nationalteam waren, wenn coronabedingt ohnehin niemand mehr als zehn Spiele in den letzten anderthalb Jahren in den Beinen hat, ist hinterfragenswert. Ebenso, ob es überhaupt die Entscheidung von Teamchef Jia Xiuquan war, zumal es heißt, er wäre kaum mehr als ein „ausführender Trainer“ ohne echte Entscheidungsgewalt. So oder so lässt einen China etwas ratlos zurück.

Brasilien: Old Girls On The Block

Wenn Pia Sundhage wirklich einen Generationswechsel bei Brasilien moderieren soll – und bei ihren bisherigen Stationen hat die Star-Trainerin diesen stets konsequent verweigert – wird er wohl bestenfalls „Step by Step“ geschehen, nicht „Tonight“. Beim olympischen Turnier war von großen Änderungen gegenüber ihrem mittlerweile verstorbenen Vorgänger Vadão nicht viel zu sehen.

Es waren die selben Namen wie immer – Himmel, sogar Formiga war mit ihren 43 Jahren immer noch dabei. Es war auch dieselbe Spielweise wie immer: Stabil im Zentrum, nach vorne auf den Außenbahnen. Immer ein wenig uninspiriert, immer getragen von individueller Qualität (vor allem von Marta, Debinha und Tamires). Immer noch ohne den echten Punch, wenn der Gegner defensiv etwas drauf hat. Das Viertelfinale gegen Kanada waren 120 nur sehr schwer ertragbare Minuten.

Das Durchschnittalter betrug 31,8 Jahre, selbst die gefühlt relativ neuen Kräfte wie Debinha und Beatriz gehen schon auf die 30 zu. Die Jungen, die beim SheBelieves-Cup im Februar mal große internationale Luft schnuppern haben dürfen, bekamen entweder Mini-Einsätze (Giovana, Julia Bianchi) oder waren gar nicht erst im Tokio-Kader dabei (Ivana Fuso, Tainara). Wo sonst, wenn nicht jetzt in Japan hätte Sundhage etwas mehr einbinden können? Angesichts des Chaos bei China war ein Vorrunden-Aus ohnehin praktisch ausgeschlossen.

Für Brasilien war es im doppelten Sinn ein verlorenes Turnier. Weder spielte man seriös um eine Medaille mit, noch trieb man die dringend nötige Verjüngung voran.

Neuseeland: Anwesend.

Neben Australien ist auch Neuseeland Ausrichter der WM in zwei Jahren und für die Ferns waren die drei Spiele in Japan ihre überhaupt ersten seit dem Corona-Ausbruch vor eineinhalb Jahren. Wie gewohnt saß man die drei Partien mehr oder weniger ab, man ließ das Spiel der überlegenen Gegner über sich ergehen (1:2 gegen Australien, 1:6 gegen die USA, 0:2 gegen Schwedens B-Elf), ohne an die eigenen Chancen zu glauben.

Erst 5-4-1, dann 4-4-2, aber stets nur auf Schadensbegrenzung aus

Mehr war angesichts der nicht vorhandenen Möglichkeiten einer Vorbereitung nicht zu erwarten, aber in den nächsten zwei Jahren wird man kräftig Gas geben müssen. Sobald der Nachfolger für Tom Sermanni in Amt und Würden ist, gibt es noch 12 Länderspiel-Fenster bis zur Endrunde. Es gilt weiterhin, dass Neuseeland eine vernünftige erste Elf stellen kann, es aber kaum Alternativen gibt. Es wird Testgegner auf Augenhöhe brauchen – also nicht die USA oder Australien, aber auch nicht Fidschi und die Salomonen, wie üblicherweise in der Qualifikation – und eine aktivere Spielidee, die man dann auch durchzieht. Nicht wie Sermanni, der bei der WM 2019 Angst vor der eigenen Courage bekommen hat.

Und: Lockerere Reisebestimmungen könnten helfen, schließlich sind von den Spielerinnen Nr. 15 aufwärts praktisch alle in Australien und Neuseeland aktiv. Beide Länder schotten sich bekanntermaßen komplett von der Corona-Außenwelt ab.

Chile: Wieder ein guter Eindruck

Auch alle drei Spielen verloren, aber einen deutlich gefestigteren Eindruck als Neuseeland hat Chile hinterlassen. Gut organisiert, für jeden Gegner eine eigene Idee – gegen Japan ging man es in einem 5-2-1-2 an, mit dem die Nadeshiko überhaupt nicht zurecht kam – und mittlerweile auch mit einer gewissen Routine auf der Weltbühne.

Chile: Unangenehm für jeden Gegner

Und natürlich verfügt Chile auch über eine Top-Torhüterin in Person von Christiane Endler. Trainer José Letelier hat weiterhin einen patente Truppe beinander, die das Maximum aus den Möglichkeiten herausholt. Der langsam etwas alternde Kader, seit dem überraschenden zweiten Platz bei der Südamerika-Meisterschaft 2018 praktisch unverändert, hat das WM-Turnier in zwei Jahren noch drin. Aber mittelfristig wird es davon abhängen, was nachkommt – sonst bleibt es eine gute Generation und Chile verschwindet wieder von der Bildfläche.

Sambia: Hinten naiv, vorne aufregend

Einen ausgesprochen erfrischenden Auftritt hat der afrikanische Vertreter aus Sambia hingelegt. Als bestenfalls fünft- oder sechstbestes Team vom Kontinent eher durch Zufall für Olympia qualifiziert, spielte man flockig-frech nach vorne. Alleine in den ersten beiden Spielen gegen Europameister Holland und das chinesische Team erzielten die flinken Stürmerinnen aus Sambia sieben (!) Tore und beinahe hätten sie gegen China sogar gewonnen.

Sambia: Flink und gefährlich vorne, ziemlich naiv hinten

Die andere Seite der Medaille war, dass man bei allem Drang nach vorne hinten oft haarsträubend offen war. Zehn Gegentore gegen Holland, nochmal vier gegen China (und alleine in der ersten Hälfte hätten es da schon fünf oder sechs sein müssen) – ja, der Grat zwischen mutig und naiv ist ein schmaler. Aber wenn schon sonst nichts, hat man sich und den Frauenfußball in der Heimat mal auf die Landkarte gebracht.

Wie es jetzt weitergeht

Corona als Ganzes und auch die damit einhergehende Olympia-Verschiebung um ein Jahr hat den ganzen Kalender ein wenig durcheinander gewirbelt.

In Europa steht im Sommer 2022 die ebenso um ein Jahr verschobene EM an. Österreich ist mit dabei und im dritten Topf, die Auslosung für die Endrunde in England erfolgt Ende Oktober. Schon davor startet im September die reguläre Qualifikation für die WM 2023 in Australien und Neuseeland. Europa hat elf Fixplätze und einen im interkontinentalen Playoff, Österreich ist in der Gruppe u.a. mit den EM-Teilnehmern England und Nordirland.

In der Nord- und Mittelamerika-Zone wurden WM-Quali für 2023 und Olymia-Quali für Paris 2024 zusammengelegt, statt in zwei separaten Turnieren ausgespielt zu werden. Wie es die Concacaf-Chefitäten geschafft haben, diese Streichung eines ganzen Turniers mit einer Steigerung an Spielen zu verkaufen, ist ein mathematischer Extrem-Stunt, auf den jeder Finanzminister dieser Welt stolz wäre.

In Asien geht es im September mit der Quali für den Asien-Cup in Indien im Jänner 2022 los, der wieder als WM-Quali (Australien plus fünf Fix-Tickets) dient. Running Gag: Nordkorea wäre nach der Doping-Sperre für 2015 und der Strafversetzung in den letzten Lostopf für 2019 nun wieder gesetzt gewesen, hat die Teilnahme aber auch schon wieder zurückgezogen.

In Afrika geht es nächstes Jahr in Marokko um die kontinentale Meisterschaft und um vier direkte WM-Tickets; das Feld wurde von acht auf zwölf Teams aufgestockt. Südamerika spielt kommendes Jahr ebenfalls kontinental-Meisterschaft/WM-Quali, wo weiß man noch nicht, aber es geht um drei Fix-Tickets. Und das mit Ozeanien wird im Sommer 2022 nur funktionieren, wenn sich an der Corona-Lage etwas ändert. Es geht um einen Platz im interkontinentalen Playoff, Neuseeland ist als WM-Gastgeber ja ohne Qualifikation mit dabei.

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Und doch haben sich seit März einige Dinge getan – nicht nur der Transfer von Sarah Zadrazil von Turbine Potsdam zu Bayern München.


WM-Vergabe als Macht-Match FIFA gegen UEFA

Die Weltmeisterschaft 2023 wird in Australien und Neuseeland stattfinden. Die Ozeanien-Bewerbung hatte von allen Kandidaten den bestbewerteten Antrag gestellt und die vermeintlich größten Konkurrenten Japan (wegen der Olympia-Verschiebung) und Brasilien hatten im Vorfeld der Vergabe zurückgezogen. Und doch wurde es gegen Kolumbien, dessen Bewerbung objektiv kaum mehr als ein mittelguter Scherz war, eine Zitterpartie.

Denn UEFA und der Südamerika-Verband CONMEBOL stimmten für Kolumbien – um sich der Blutsbrüderschaft für der Vergabe der Herren-WM 2030 zu versichern und um die eigene Macht gegenüber der FIFA zu testen. Hätten sie die Stimmen der afrikanischen Delegierten für sich und gegen Infantinos FIFA gedreht, wäre die WM nach Kolumbien gegangen.

„Ich bin echt froh, dass es Australien und Neuseeland geworden sind“, freut sich auch ÖFB-Teamspielerin Sarah Zadrazil: „Die haben in den letzten Jahren einiges auf die Beine gestellt und gut besuchte Stadien. Ich bin mir sicher, dass das ein Mega-Event wird!“ Österreich rechnet sich Chancen auf die Teilnahme aus, auch weil das Teilnehmerfeld von 24 auf 32 erweitert wird.

Das Finale geht im Olympiastadion von Sydney über die Bühne, das Eröffnungsspiel in Auckland. Zwei der fünf Städte in Australien werden wohl noch rausfallen, am ehesten wohl Launceton in Tasmanien und Newcastle. Perth dürfte als Heimatstadt von Australiens Stürmerin Sam Kerr, ein tatsächlicher Superstar Down Under, gesetzt sein.

EM von 2021 auf 2022 verlegt

Die Europameisterschaft in England wurde im Zuge der Corona-Verschiebungen von 2021 auf 2022 nach hinten gespült. Rein vom Verlauf der EM-Qualifikation wäre dies nicht notwendig gewesen, die im Frühjahr abgesagten Spiele werden im Herbst nachgeholt, statt Mitte September werden die Matches nun bis Anfang Dezember absolviert.

Aber durch die Olympia-Verlegung auf Sommer 2021 würden sich die beiden Turniere überschneiden bzw. direkt hintereinander gespielt werden und gegen die ebenfalls auf Sommer 2021 verschobene Herren-EM käme man auch medial nicht zur Geltung. Im Sommer 2022 gibt es keine Herren-WM (Katar, Dezember, eh schon wissen), dort passt die Frauen-EM wunderbar rein.

Die bei den ÖFB-Frauen für April bzw. Juni geplanten Quali-Spiele finden nun im Herbst statt (27. Oktober gegen Frankreich, 27. November in Frankreich, 1. Dezember gegen Serbien). Das ursprünglich als Abschluss angesetzte Auswärtsspiel in Kasachstan ist weiterhin am 22. September geplant.

War bzw. ist die lange Pause ohne Kader-Zusammenkunft ein Problem? „Nein, die ist kein Problem“, beruhigt Teamchef Dominik Thalhammer: „Wir hatten einen virtuellen Lehrgang. Nur: Es ist gut, dass im September Kasachstan der Gegner ist und nicht Frankreich.“ So bekommt man noch eine Chance, sich auf den Gruppenfavoriten einzuschießen, so wie das eigentlich beim Trainingslager Anfang März der Fall war.

Abbrüche und Notprogramme

Direkt nach diesem Trainingslager erwischte Corona Europa und in allen europäischen Ligen bis auf Deutschland und Dänemark wurde die Saison komplett abgebrochen.

In den USA wird aktuell mit einem Mini-Turnier in Utah zumindest ein Meister mit Sternchen ermittelt – ohne Orlando, wo nicht rechtzeitig alle Beteiligten coronanegativ wurden, dafür mit einem eleganten Fersen-Volley-Assist von Washingtons Ashley Sanchez.

In Österreich kam es ein paar Tage vor dem am 21. März geplanten Rückrundenstart zur Unterbrechung. Zumindest die Frage nach dem Meister war zwar schon beantwortet, offiziell wird der Titel 2020 aber nicht vergeben.

Dass Auf- und Abstieg ausgesetzt wurden, ist gut für Wacker Innsbruck, aber schlecht für die Vienna. Diese wurdem am Weg zum souveränen Zweitliga-Titel ausgebremst, die Ambitionen bleiben aber. Rekord-Teamspielerin Nina Burger ist neue Sportchefin, Gina Babicky und Claudia Wasser wurden von De-facto-Meister St. Pölten verpflichtet.

Wenn der Aufstieg 2021 gelingt, stellt die Vienna sofort einen Kader, der für die obere Bundesliga-Tabellenhälfte reicht – was wiederum zeigt, dass man gerade in Österreich bei den Frauen mit vergleichsweise geringem finanziellen Einsatz relativ schnell vorne mitmachen kann. Auge, Rapid (gar kein Frauenteam) und Austria (maximal halbherziges Engagement bei Landhaus).

ÖFB-Spielerinnen in den Top-Ligen

Der DFB drückte die sechs fehlenden Spieltage ab Ende Mai durch, mit dem erwarteten Meister (zum vierten Mal in Folge Wolfsburg) und dem erwarteten Zweiten (zum vierten Mal in Folge Bayern München). Zittern musste Wolfsburg nur im Cup-Finale, das man nach einem 3:3 gegen Essen im Elfmeterschießen gewann.

Für die zahlreichen Österreicherinnen war es im Ganzen eine recht erfolgreiche Saison. Nici Billa behauptete mit 18 Treffern ihren zweiten Platz in der Torschützenliste und hatte mit Hoffenheim bis zum letzten Spieltag die Chance, sogar Zweiter zu werden. Auch Laura Wienroither und Katharina Naschenweng kamen im Frühjahr bei Hoffenheim oft zum Einsatz.

Carina Wenninger war in der Abwehr von Vizemeister Bayern gesetzt, ebenso die bei in Potsdam vor einem Jahr zur Kapitänin aufgestiegene Sarah Zadrazil sowie Marie Höbinger im Turbine-Mittelfeld; dank eines starken Endspurts setzte man sich im Kampf um Platz vier gegen Essen und Frankfurt durch.

In Frankfurt, wo nun die Fusion mit der Eintracht vollzogen wird, kam Barbara Dunst in allen 22 Saisonspielen zum Einsatz, Verena Aschauer stand seit September stets in der Startformation. Laura Feiersinger, die im Frühjahr verletzt war, ist rechtzeitig für die sechs Geisterspieltage genesen, Yvonne Weilharter wurde regelmäßig eingewechselt. Ein Frankfurt-Transfer von Gini Kirchberger, die als Stamm-Innenverteidigerin in Freiburg im soliden Mittelfeld landete, wird kolportiert. Frankfurt stellt einen sehr jungen, sehr talentierten Kader und Essen verliert praktisch alle Top-Spielerinnen an finanzkräftigere Klubs. So sollte Platz vier 2021 das Frankfurter Minimalziel sein.

Auch Viktoria Pinther (drei Tore seit Neustart) und Nadine Prohaska erreichten mit Sand (wo Marina Georgieva weiterhin nicht sehr oft zum Einsatz kommt, nun dafür Innsbruck-Torhüterin Jasmin Pal kommt), was erreichbar war. Lisa Makas, die weiterhin Probleme am oftmals kreuzbandverletzten Knie hat, konnte Duisburg nach der Corona-Pause nicht mehr helfen, sie wird nach St. Pölten zurück kehren. Der MSV schaffte dennoch hauchdünn vor Köln mit Sabrina Horvat den Klassenerhalt.

Die 2. Liga wurde nicht fertig gespielt, der überlegene Tabellenführer Werder Bremen (mit Katharina Schiechtl und Julia Kofler) darf aber dennoch aufsteigen.

In der englischen Liga hat es Manuela Zinsberger und Viktoria Schnaderbeck bei Arsenal ein bissi blöd erwischt. Nach dem Herbstmeistertitel haben sie die beiden direkten Duelle gegen Chelsea und Manchester City verloren, sind dadurch auf den dritten Platz abgerutscht und die Saison wurde nicht mehr fortgesetzt – damit ist das Finalturnier im Europacup im August die letzte Chance, 2020/21 auch international spielen zu dürfen. Erstaunlich: Liverpool, Meister von 2013 und 2014, hat das Frauen-Team in den letzten Jahren grob vernachlässigt und muss nun sogar absteigen.

Auch in Frankreich wurde die Saison beim üblichen Stand (Lyon vor PSG) nach 16 von 22 Spieltagen abgebrochen, Sarah Puntigam belegte mit Montpellier zu diesem Zeitpunkt den vierten Platz – weit weg vom Dritten Bordeaux, aber auch sehr deutlich vor dem Rest der Liga.

Sarah Zadrazil: Schritt zum Großklub

Vier Jahre war Sarah Zadrazil der Fixpunkt im Mittelfeld-Zentrum des zweimaligen Champions-League-Siegers Turbine Potsdam. „Es war eine unglaublich schöne Zeit“, bilanziert die Salzburgerin, „ich habe hier Freunde für’s Leben kennen gelernt und mich auch sportlich super entwickelt.“ Einziger Wermutstropfen: „Leider konnte ich mit Turbine keine Titel gewinnen!“

Und es ist gut möglich, dass die vier Zadrazil-Jahre mit den Plätzen drei, vier, drei und vier überhaupt die letzten Saisonen waren, in denen Turbine des des oberen Tabellendrittels war. Die Entwicklung, dass die großen Vereine aus dem Männer-Bereich den Frauenfußball immer mehr übernehmen, stellt alteingesessene Frauen-Klubs wie Potsdam zunehmend in den Nachteil. Nicht zuletzt deshalb wird bei Turbine ab sofort mit Hertha BSC eng kooperiert.

 

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Jetzt ist es offiziell! Ich freue mich wirklich sehr ab der kommenden Saison Teil der @fcbfrauen zu sein! 🔴⚪ #newchapter

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In der jungen Truppe von Turbine gehörte die 27-Jährige längst zu den absoluten Routiniers, nun setzt Zadrazil den Schritt zu einem Top-Klub – nämlich zu Bayern München. Der Abo-Vizemeister ist trotz guter Kader-Besetzung in der inhaltlichen Entwicklung zuletzt eher stagniert, das Spiel war oft ein wenig zu umständlich. Zwar fügte man dem VfL Wolfsburg dessen einzige beiden Punktverluste in dieser Saison zu, es gab aber auch Niederlagen gegen Leverkusen und Hoffenheim sowie ein Remis gegen Duisburg.

Nun verliert Bayern die DFB-Teamspielerinnen Leupolz (Chelsea) und Hendrich (Wolfsburg), rüstet dafür kräftig auf: Neben Zadrazil kommen Lea Schüller und Klara Bühl für die Offensive, die Französin Viviane Asseyi für den Flügel, die Schwedin Hanna Glas als Turbo auf der rechten Seite sowie Marina Hegering als spielstarke Innenverteidigerin. Zadrazil weiß, dass es keine Ausreden gibt: „Das Ziel sollte sein, nächste Saison um alle Titel mitzuspielen.“

Nici Billa mit der Saison ihres Lebens

Dabei verbrachten die Bayern-Frauen die Saison 2019/20 eher damit, sich den Angriffen von Hoffenheim zu erwehren und zumindest Platz zwei zu retten. Erst der 3:0-Sieg im direkten Duell nach der Corona-Pause brachte die Münchnerinnen wirklich auf Kurs. Dazu war das im Vergleich deutlich weniger prominent besetzte Team aus Hoffenheim spielerisch das deutlich attraktivere und in sich gewachsene Team als die Bayern, die zuweilen eher wie eine Ansammlung von Einzelspielerinnen wirkten.

„Wir haben gezeigt, dass wir eine super Mannschaft haben, die sehr viel Ehrgeiz und Wille mitbringt“, bilanziert Billa die für sich selbst ebenso wie für den Klub erfolgreichste Saison überhaupt bisher und auch Zadrazil bestätigt: „Hoffenheim hat in den letzten Jahren hinweg eine super Entwicklung gezeigt, ist eine sehr eingespielte Mannschaft, die mehr über den Teamgeist als über Einzelspieler kommt.“

Ob Hoffenheim auch nächstes Jahr um den zweiten Platz mitspielt? Da bremst die Zweite der Torjägerliste: „Unser Trainer Jürgen Ehrmann hat nach zwölf Jahren sein Amt an Co-Trainer Gabor Gallai weitergegeben, man kann also nicht automatisch sagen, Platz zwei ist unser Ziel.“ Aber: „Weiterentwickeln wollen wir uns auf jeden Fall!“

Das soll auch individuell für Celina Degen gelten. Die zentrale Mittelfeldspielerin von Sturm Graz, die letztes Jahr auch schon beim A-Nationalteam zumindest Kaderluft schnuppern durfte, stößt für 2020/21 als nächste Österreicherin zum Klub – während Jenny Klein, die in ihren zwei Jahren in Hoffenheim keinen Fuß in die Bundesliga-Tür bekommen hat, ebenso wie Adina Hamidovic von Bremen zu St. Pölten zurückkehrt.

Weitere Personalien

 

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Very happy to announce the extension of my contract 😁 @mhscofficiel @11friends_agentur

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Sarah Puntigam kam in allen 16 Liga-Spielen von Montpellier zum Einsatz – damit hat sie vor 18 Monaten zuletzt ein Match verpasst – und ihr Vertrag wurde zuletzt auch verlängert. Zu ihren neuen Teamkolleginnen für 2020/21 gehört auch die junge Holländerin Ashleigh Weerden, die als kommende Weltklasse-Offensivspielerin gilt.

Auch Viktoria Schnaderbeck bleibt ihrem aktuellen Verein treu, bei Arsenal schätzt man ihre Spielintelligenz. „Sie kann gut aufbauen, aber sie ist vor allem außergewöhnlich gut im Spiel gegen den Ball und im Organisieren von defensiven Umschaltsituationen“, so Trainer Joe Montemurro. Schon vor der Corona-Pause waren sich die Londoner und die Steirerin mehr oder weniger einig, die letzten Details zu Vertragsverlängerung wurden dann eben online finalisiert.

Wien, nur Wien, äh, Göteborg

Ende August wird aus den acht noch verbliebenen Europacup-Teilnehmern (neben Arsenal noch Lyon und PSG, Wolfsburg und die Bayern, Barcelona und Atlético Madrid sowie Glasgow City) der Sieger der Women’s Champions League gekürt. Allerdings nicht im Wiener Austria-Stadion, sondern im Baskenland.

Bitter für Wien: Während alle anderen geplanten Europacup-Finalorte von 2020 nun eben 2021 drankommen, wurde Wien ersatzlos gestrichen. Nächstes Jahr ist das Endspiel, wie festgelegt, in Göteborg: Die Schweden bestanden auf den Termin, weil nächstes Jahr dort 400 Jahre Stadtrecht gefeiert wird und das Finale ein Fixpunkt in den Planungen ist. Wien kann sich wieder bewerben, aber frühestens für 2024. Zuvor sind noch Turin und Eindhoven dran.

Willkommen, Schalke und Real Madrid

Der spanische Großklub hatte den Zeitplan schon 2019 angekündigt, Corona hat an dem Plan auch nichts geändert: Real Madrid wird ab der Saison 2020/21 offiziell ein eigenes Frauen-Team stellen. Letztes Jahr wurde das Team von CD Tacón übernommen, dieses spielte noch ein Jahr unter altem Namen, aber schon im Di-Stéfano-Stadion von Real Madrid.

So ließ man das Lehrgeld (1:9 und 0:6 gegen den FC Barcelona, uiuiui) noch Tacón abholen. Mehr als ein anonymer Mittelfeldplatz war nicht drin, weil man die meisten Gegentore der Liga (!) geschluckt hat – dafür ist die durchaus prominent besetzte Offensive um die schwedischen WM-Dritten Asllani und Jakobsson schon im oberen Drittel dabei. Dass es in der kommenden Saison und nach zahlreichen Transfers um den Titel gehen soll, liegt auf der Hand.

Und auch Schalke 04 hat sich nun für den Frauenfußball entschieden. Anders als in Madrid geschieht das in Gelsenkirchen allerdings quasi organisch, von unten, in der Kreisliga B. Damit wandern die Augen diesbezüglich auch wieder auf Borussia Dortmund, wo man sich dem Frauenfußball noch immer strikt verweigert.

Neben einer ziemlich dämlichen Ausrede (der Frauenfußball hätte im Klub keine Tradition, najo, wie auch, wenn man ihn nicht reinlässt) gibt der BVB aber auch einen validen Grund an: Man möchte die gewachsenen Frauenfußball-Klubs in der Region nicht kannibalisieren. Damit ist wohl vor allem der langjährige Erstligist SGS Essen gemeint. Nach der Fusion in Frankfurt und der Kooperation Potsdam-Hertha haben nur noch zwei der zwölf Erstligisten weder Namen noch Unterstützung eines großen Herren-Klubs: Essen und Sand. Selbst Absteiger FF USV Jena hat sich nun beim FC Carl Zeiss eingegliedert.

Dies ist ein Trend, der auch ohne Corona passiert wäre, aber von den ungewöhnlichen Umständen beschleunigt werden: Die Folgen der Professionalisierung im Frauenfußball hat nun mal zur Folge, dass man ohne den finanziellen Hintergrund der großen Herren-Klubs nicht mehr mithalten wird können.

Frag nach in Neulengbach.

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100 Spiele für Österreich: Sarah Puntigam im Interview https://ballverliebt.eu/2020/03/04/100-spiele-fuer-oesterreich-sarah-puntigam-im-interview/ https://ballverliebt.eu/2020/03/04/100-spiele-fuer-oesterreich-sarah-puntigam-im-interview/#respond Wed, 04 Mar 2020 20:33:28 +0000

Die ÖFB-Teamspielerin Sarah Puntigam wird 100 Länderspiele alt. Wir haben sie zum Podcast gebeten und sie spricht über ihre Anfänge im Nationalteam, die völlig geänderte Lebensrealität von Fußballerinnen, über ihre beste Gegenspielerin und räudige Plumpsklos, über ihren Kreuzbandriss 2011 und die seltsame Häufung von Klassekickern in der Südoststeiermark.

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Cyprus Cup: Wilde Rochaden und das Comeback des Eisbergs https://ballverliebt.eu/2019/03/07/cyprus-cup-wilde-rochaden-und-das-comeback-des-eisbergs/ https://ballverliebt.eu/2019/03/07/cyprus-cup-wilde-rochaden-und-das-comeback-des-eisbergs/#comments Thu, 07 Mar 2019 10:52:12 +0000 https://ballverliebt.eu/?p=15544 Cyprus Cup: Wilde Rochaden und das Comeback des Eisbergs weiterlesen ]]> Ungeschlagen, als Gruppensieger und mit dem vierten Platz im Gepäck reisen die ÖFB-Frauen vom Cyprus Cup nach Hause. Mindestens ebenso wichtig wie die beiden Siege (4:1 gegen Nigeria und 1:0 über die Slowakei) sowie die beiden 0:0-Remis gegen Belgien sind aber die inhaltlichen Fortschritte. Vor allem beim radikalen neuen Ansatz in der Spieleröffnung ist einiges weitergegangen.

Dynamische Raumbesetzung

Dieser Cyprus Cup – ein Trainingslager mit vier offiziellen Länderspielen – hatte einen klaren Schwerpunkt für die ÖFB-Frauen: Die dynamische Raumbesetzung der Abwehr bei der Spieleröffnung. Zur Illustration, das ist gemeint:

Video mit freundlicher Genehmigung von Dominik Thalhammer

Das bricht mit allem, was man konventionell an Vorstellungen von Positionierung in der Abwehrkette hat. Es sieht nach hohem Risiko aus, der Instinkt sagt: Ballverlust bedeutet sofort Unordnung. Teamchef Dominik Thalhammer widerspricht: „Das ist nur bedingt riskant. Es gibt auch in der Defensive Struktur, weil die Restverteidigung ja geschlossen bleibt. Vor allem in der zentralen Spur gibt es immer Überzahl und man ist numerisch stark im Gegenpressing.“

Mentale Hürde überwinden

Die dynamische Raumbesetzung ist mit hohem Aufwand verbunden. Körperlich, vor allem aber mental. Es ist nicht nur für den Beobachter ungewohnt, sondern umso mehr für die Akteure am Feld.  „Es braucht viel Überzeugungsarbeit und alle Spielerinnen müssen sich wirklich voll darauf einlassen“, bestätigt der Trainer: „Aber wenn es funktioniert, ist es ein echter Mehrwert. Man spürt auch, dass die Mannschaft großen Tatendrang zeigt.“

Für den Gegner ist dieses Rochaden-Spiel schwierig bis unmöglich zu lesen: „Damit zwingen wir den Gegner, Entscheidungen zu treffen, die er nicht will. Es öffnen sich somit Räume für uns.“ Extrem wichtig sind dabei natürlich Erfolgserlebnisse. Bei der Premiere, dem 4:1 daheim gegen Finnland im Spätsommer 2018, war der Gegner einfach zu porös, um als Härtetest gelten zu können. Bei den deutlichen Niederlagen gegen Deutschland und England stand die Idee auf zu wackeligen Füßen.

In dieser intensiven Woche auf Zypern konnte man sich eingehend mit diesem Thema beschäftigen. „Es ist viel weitergegangen, wir haben auch auch gesehen, an welchen Dtails wir noch feilen müssen“, bilanzierte der Teamchef nach der Woche in Zypern.

Die personellen Fragen

Die österreichisch-deutsche Doppelstaatsbürgerin Elisabeth Mayr kam in allen vier Spielen zum Einsatz. Die Stürmerin sollte ihre Stärken im Halten der Bälle und in puncto physischer Präsenz ganz vorne einbringen. Das hat sie getan. „Ich sehe etwas in ihr, ja“, bestätigt Thalhammer. Ihre Herausforderung: Die Gruppe kennt fordernden Vorgaben des Trainers seit Jahren. Selbst die nachrückenden Talente sind im Nationalen Zentrum innerhalb der Spielphilosophie herangeführt wurden. Mayr kommt völlig neu in dieses Umfeld.

Die erste Bilanz der 23-Jährigen kann sich dennoch sehen lassen: Gleich beim Debüt gegen Nigeria hat sie in den 20 Minuten nach ihrer Einwechslung zwei Tore aufgelegt. Man merkt ihr aber an, dass sie bei Bayer Leverkusen eine völlig andere Spielidee ausführen muss. Sprich: Im Pressing fehlt es noch ein wenig. Ist aber logisch. Bei Bayer, Aufsteiger in der deutschen Bundesliga, ist kompaktes Stehen gefragt.

Auch von Laura Wienroither (drei Einsätze, davon zwei von Beginn an) war der Trainer durchaus angetan. Sollte sie tatsächlich in Hoffenheim nun regelmäßig in der Kampfmannschaft zum Einsatz kommen, wird ihr das auch im Nationalteam zu Gute kommen. Julia Hickelsberger-Füller (drei Einsätze, davon einer von Beginn an) deutete ebenso ihr Potenzial an.

Sabrina Horvat und Yvonne Weilharter mussten bei ihrem jeweils einzigen Einsatz relativ früh verletzt ausgewechselt werden. Horvat ist nun aber immerhin die erste Vorarlbergerin mit einem Teameinsatz seit Jasmine Kirchmann (2011) bzw. die erste in der Startformation seit Sonja Spieler (2010).

Bis auf Celina Degen, die beiden Back-up-Torhüterinnen Abiral und Gurtner sowie die für Weilharter nachnominierte Georgieva kamen alle Spielerinnen zum Einsatz. Die meisten Minuten absolvierte Manuela Zinsberger (alle 360), es folgen Puntigam (315), Schiechtl (311), Zadrazil (300), Dunst (285), Feiersinger (282), Aschauer (260), Billa (251), Kirchberger (245), Wenninger (225) und Prohaska (210). Weiters Klein (189), Wienroither (156), Eder und Mayr (je 111), Burger (108), Pinther (79), Hickelsberger (78), Weilharter (45) und Horvat (29).

4:1 gegen Nigeria

Österreich – Nigeria (4:1) zu Spielbeginn (links) bzw. ab ca. der 15. Minute (rechts)

Das werde jetzt langsam auffällig, brummte der Teamchef nach dem Match gegen Afrikameister Nigeria. Man beobachtet Gegner, weiß wie sie spielen. Und dann, gegen Österreich, spielen sie auf einmal ganz anders. Geht’s den ÖFB-Frauen nun also so, wie es ihren Gegnern über Jahre gegangen ist? Teamchef Dominik Thalhammer überlegt kurz. „Ja“, meint er dann, „das könnte man so sagen.“

Statt dem gewohnten 4-3-3 stellte sich Nigeria plötzlich in einer Dreierkette mit vorgeschobenen Außenverteidigern auf. Die Raumaufteilung im 3-1-4-2 der ÖFB-Frauen passte nicht mehr. Daher wurde schnell auf 4-3-3 umgestellt. Da Nigerias Torhüterin Oluehi schon nach fünf Minuten vom Platz flog (sie hatte außerhalb des Strafraums vor der heranstürmenden Dunst mit der Hand geklärt), agierte Nigeria in der Folge noch defensiver als erwartet: Selbst in Bestbesetzung ist das Team spielerisch schwach, ohne die individuell guten Flügel-Stürmerinnen Ordega und Oparanozie ist noch weniger los.

„Mir wäre lieber gewesen, der frühe Ausschluss wäre nicht passiert“, sagte Thalhammer nach dem Spiel. Die Kombination aus unerwartetem System beim Gegner und früher Unruhe im Spiel sorgte für Ungenauigkeit und Ungeduld bei den ÖFB-Frauen. Zudem suchte Nigeria nach Ballgewinnen direkt die pfeilschnelle Stürmerin Oshoala.

Das wurde nach der Pause besser. Mit mehr Ruhe am Ball und besseren Positionierungen der Außenspielerinnen gelang es, sich im Angriffsdrittel festzusetzen. Nach kurzer Video-Analyse in der Halbzeitpause wurde durch adaptierte Positionierung der Abwehr stets schnell Überzahl gegen Oshoala hergestellt. Als die Sprinterin vom FC Barcelona doch einmal durchkam und ein Tor erzielte, lagen die ÖFB-Frauen längst 2:0 voran.

Burger und Billa hatten nach dem Seitenwechsel schnell getroffen, der Anschlusstreffer wurde prompt mit dem 3:1 durch Feiersinger beantwortet. In der Schlussphase traft Jenny Klein mit ihrem ersten Nationalteam-Tor zum 4:1-Endstand. Ein hoher Sieg gegen einen Gegner von relativ hohem Profil: Das ist Balsam auf die im letzten Herbst geschundenen Seelen. „Erfolg ist wie ein Eisberg: Man sieht nur, das oben rausschaut – nicht, was unter der sichtbaren Oberfläche verborgen ist“, so Thalhammer Sprich: Die harte Arbeit wurde belohnt. Der Eisberg feierte ein Comeback, wenn man so will.

0:0 gegen Belgien

Österreich – Belgien 0:0

Das zweiten Gruppenspiel gegen Belgien fand vom Spielverlauf her in geordneteren Bahnen statt, dafür kam die dynamische Raumbesetzung in der Defensive intensiv zum Einsatz. Mit Erfolg.

Die Belgierinnen hatten keinen Zugriff. So wurde viel probiert, um der österreichischen Spieleröffnung habhaft zu werden. Die Positionen wurden immer wieder getauscht, Wullaert von Man City ließ sich mal auf die Sechs fallen, ging dann wieder ganz nach vorne. Mal wurde versucht, das ÖFB-Team höher zu attackieren und vorne zuzustellen, dann ließ man wieder ein wenig ab.

Aber all das fruchtete kaum. Aus dem Spiel heraus kam Belgien kaum zum Zug. Die einzige echte Torgelegenheit resultierte aus einem schnellen Umschalten nach einem österreichischen Ballverlust. Das war nach etwa einer Stunde.

Andererseits gelang es auch dem österreichischen Team nicht, sich gegen die gewohnt sichere Defensive Belgiens viele Torchancen zu erarbeiten. Kurz vor der Pause kam Schiechtl einem Tor am nächsten, nach einer Stunde parierte Evrard stark gegen die eingewechselte Nina Burger, Gini Kirchberger kam kurz vor Schluss nach einer Ecke zum Abschluss, Pinther versuchte mit einem Distanzschuss – bei aller inhaltlicher Überlegenheit klappte es im Angriffsdrittel nicht ganz nach Wunsch.

Trainer Thalhammer: „Von der Leistung und der Umsetzung unseres primären Plans war es sehr gut, aber wir hätten uns natürlich schon gewünscht, das Spiel auch zu gewinnen.“

1:0 gegen die Slowakei

Österreich – Slowakei 1:0 (0:0)

Mit der Slowakei wartete im dritten Spiel der erste Gegner, der tatsächlich deutlich unter die ÖFB-Frauen zu stellen ist – und mit den Deutschland-Legionärinnen Škorvanková und Vojteková waren die beiden besten Spielerinnen nicht einmal in der Startformation.

Das slowakische Team hat zuweilen versucht, schon im Mittelfeld zu stören, wo man ob der Raute eine personelle Überzahl hatte – im Grunde kontrollierte Österreich das Spiel aber zu jedem Zeitpunkt. Nur die Suche nach einer Lücke im slowakischen Defensiv-Verbund gestaltete sich mühsam. Nach dem Seitenwechsel und dem schnellen Tor zum 1:0 durch Nici Billa kam mehr Schwung in den österreichischen Angriff.

Dieser wurde aber durch den einsetztenden Starkregen neutralisiert. In der 60. Minute schickte Referee Lehtovaara die Teams in die Kabinen. Zehn Minuten später ging es zwar weiter, aber der völlig durchnässte Boden ließ kein seriöses Spiel mehr zu. „Das war ziemich grenzwertig, man konnte überhaupt keine Pässe mehr spielen“, so der Trainer.

Beim 1:0-Sieg blieb es, und weil Belgien im Anschluss auch nur 1:0 gegen Nigeria gewann, schlossen die ÖFB-Frauen die Gruppe als Sieger ab – punktgleich mit Belgien, dank der mehr erzielten Tore.

0:0 gegen Belgien im Spiel um Platz drei

Österreich – Belgien 0:0

Weil die anderen beiden Gruppensieger jeweils neun Punkte sammelten (Italien und Nordkorea), trafen die ÖFB-Frauen im Spiel um Platz drei auf den besten Zweiten. Das war wieder Belgien. Das vierte Duell in den letzten zwei Jahren. Ein bissi fad, oder? „Nein, gar nicht: Das ist ein interessanter Gegner auf Augenhöhe“, gab der Teamchef zu Protokoll. Das wären die anderen Gruppenzweiten, Mexiko und Tschechien, eher nicht gewesen.

Belgiens Trainer Serneels ließ eine ganze Reihe seiner Stammkräfte draußen – Wullaert, Cayman, Biesmans, Coutereels, Deloose, De Neve, Missipo. Außerdem ließ er seinen Sechser, die Debütantin Charlotte Tison, im Spiel gegen den Ball nach hinten fallen. Österreich sah sich also einem engmaschigen 5-3-1-1 gegenüber.

Das sorgte für eine zähe Partie. Zusätzlich war der Kräfteverschleiß im vierten Spiel innerhalb von acht Tagen deutlich zu sehen. Vor allem vor der Halbzeitpause war das Tempo überschaubau und Ideen Mangelware. Nach dem Seitenwechsel konnte Belgien einen Zacken zulegen, hatte durch Van Kerkoven auch eine riesige Torchance, welche Manuela Zinsberger mit einem starken Reflex parierte. Am Ende war Belgien etwas besser, aber nicht besser genug, um auch zu gewinnen. „Wir haben uns schwer getan“, bestätigte dann auch Thalhammer, „und waren im vierten Spiel in so kurzer Zeit doch am Limit.“

So endete das dritte der letzten vier Duelle zwischen den ÖFB-Frauen und den Belgian Red Flames ohne Sieger (1:1, 0:2, 0:0, 0:0). Im Elfmeterschießen, das nach 90 Minuten einen Dritten und einen Vierten ermittelte, setzte sich Belgien 3:2 durch.

Die anderen Turniere

Traditionell findet in der ersten März-Woche ein ganzer Schwung von Einladungsturnieren statt und für die meisten Teams bedeuten diese den Startschuss ins Länderspiel-Jahr. Hier geht es auch für praktisch alle Teilnehmer deutlich mehr um das „Wie“, weniger um das „Was“. Es wird viel probiert, auch personell, sodass man die Resultate nicht ganz ernsthaft bewerten kann.

Das wurde auch beim SheBelieves Cup in den USA deutlich. Der Turniersieg von England ist insofern erstaunlich, da die USA und Japan komplettere Leistungen gebracht haben. Vor allem Japan setzte ein Ausrufezeichen: Nach recht radikalem Generationswechsel und drei Jahren Suche nach dem eigenen Spiel agierte man wieder so wie beim WM-Titel 2011. Giftig, aggressiv, unermüdlich den Gegner nerven, ihm keine Zeit am Ball lassen, schnelle Kurzpässe, zwischendurch wieder ein langer Pass und das Pressen auf den zweiten Ball. Das US-Team hatte beim 2:2 sichtbar keinen Spaß an der japanischen Spielweise.

England zeigte solides Spiel gegen den Ball, aber keine zündende Idee in der Spielgestaltung. Man wirkte vor allem beim Sieg gegen Brasilien seltsam planlos. England rang dann aber den USA einen Punkt ab und versuchte im letzten Spiel, Japan mit Robustheit anzugehen. Es gab ein 3:0, das dem Spielverlauf zwar ganz und gar nicht entsprach, aber doch den Gestamtsieg brachte.

Weltmeister USA hat im Gegensatz zu Japan mit dem Einser-Personal durchgespielt, ohne viel zu rotieren. Deutlich abgefallen ist nur Brasilien. Es bleibt dabei: Das Potenzial wäre höher als das Gezeigte. Gegen ernsthafte Kontrahenten bleibt unter Teamchef Vadão alles behäbig, vorhersehbar und zuweilen einfältig.

Einige seltsame Resultate gab es beim Algarve Cup. Vor allem Polen überraschte: Nachdem die WM-Mitfavoriten Spanien und Holland (2:0) in einem zerfahrenen Kick beide versuchten, ihr Spiel durchzubringen (Ballbesitz und hohes Pressing bei Spanien, Tempo-Umschaltsspiel bei Holland), sind beide gegen Polen gestolpert. Polen – ein unauffälliges Topf-3-Team – konterte sich, angeführt von Wolfsburg-Legionärin Ewa Pajor, ins Finale. Dort unterlag man dem spielerisch eher ärmlichen Norwegen deutlich.

Dass Australien den neuen Cup of Nations daheim in Down Under gewinnt, ist nicht überraschend. Das war viel mehr der Rauswurf des langjährigen Erfolgstrainers Alen Stajcic vor ein paar Wochen: Es soll um Zwist im Staff gegangen sein, ist aber alles recht dubios. So stand der neue Teamchef Ante Milicic vor einer undankbaren Aufgabe: Die Spielerinnen, die fast geschlossen den Stajcic-Rauswurf scharf verurteilt hatten, für sich zu gewinnen. Es gab bei seiner Premiere drei klare Siege, wenn auch gegen bestenfalls mittelgute Konkurrenz (Südkorea, Neuseeland, Argentinien).

Laut FIFA- und UEFA-Ranking ist Serbien das beste Team vom Balkan. Bei der Premiere des Croatia Cup in Zagreb mit fast allen Teams aus dem ehemaligen Jugoslawien gab es auch deutliche Siege in der Gruppe. Im Finale aber düpierte Slowenien jenes serbische Team mit 2:0, das ab Herbst wieder in Österreichs EM-Quali-Gruppe ist. Für St.-Pölten-Stürmerin Mateja Zver und ihr slowenisches Team ist dies ein schöner Erfolg.

Völlig wertlos dürfte schießlich der im Gold City Resort außerhalb von Alanya ausgespielte Turkish Women’s Cup gewesen sein. Frankreichs B-Team verteidigte mühelos den Titel, während sich neu gebildete Team aus Turkmenistan bei den allerersten Spielen überhaupt nicht gerade teuer verkaufte. Sogar gegen Indien – ein Team, das in Österreich wohl selbst in der 2. Frauen-Liga kaum konkurrenzfähig wäre – ließ man sich zweistellig abschießen. Rumänien macht sich Hoffnungen, 2021 bei der EM dabei zu sein, ging aber im Finale 0:7 gegen die französische B-Auswahl ein. Nun ja.

Und eines wäre da noch…

Frankreich – Deutschland 0:1 (0:1)

Das A-Nationalteam von WM-Gastgeber Frankreich testete derweil gegen Deutschland. Beim DFB-Team war es das Debüt der neuen Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. Es gab einen etwas schmeichelhaften 1:0-Erfolg für das deutsche Team. Man konnte schon erkennen, wohin die Reise gehen dürfte: Weg vom spielerischen Fokus unter Horst Hrubesch, wieder hin zu einem Hier-wird-hart-gearbeitet-Fußball.

Die auf der Sechs aufgestellte Melanie Leupolz kippte teilweise deutlich hinter die Innenverteidigung ab (auch irgendwie gestrig, mittlerweile). Der Aufbau erfolgte folgerichtig vornehmlich über die Flügel. Die umsichtige, aber nicht übertrieben schnelle Marozsan hat als hängende Spitze massiv Laufarbeit zu verrichten.

Das sah alles sehr klassisch deutsch aus: Zweikämpfe sind wichtig, Einsatz und Athletik sind wichtig. Große Ideen oder taktische Kniffe sind hingegen nicht zu erwarten.

Deutsch-österreichische Gemeinsamkeit

Das unterscheidet das DFB-Team, welches sich im nächsten Länderspiel in der großen Stockholmer Friends-Arena mit Schweden messen wird, deutlich vom ÖFB-Team.

Die Gemeinsamkeit ist, dass auch Österreich das nächste Match gegen Schweden austragen wird. Und zwar am 9. April in der Südstadt, drei Tage nach der Partie in Stockholm. Das heißt: Nach dem Highlight in der Friends Arena vor vermutlich um die 30.000 Zusehern dürfte Schwedens Trainer Peter Gerhardsson im beschaulichen Admira-Stadion wohl etwas rotieren.

Wird trotzdem ein feiner Test gegen einen gutklassigen Gegner.

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Europa, Südamerika, Asien: Die Frauen-WM-Quali kommt in Schwung https://ballverliebt.eu/2018/04/02/europa-suedamerika-asien-die-frauen-wm-qualifikation-2019/ https://ballverliebt.eu/2018/04/02/europa-suedamerika-asien-die-frauen-wm-qualifikation-2019/#respond Mon, 02 Apr 2018 12:01:52 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=14541 Europa, Südamerika, Asien: Die Frauen-WM-Quali kommt in Schwung weiterlesen ]]> Die Qualifikation für die Frauen-WM 2019 in Frankreich nimmt nun, nach der Winterpause, endgültig Schwung auf. In Europa fallen jetzt vermehrt Vorentscheidungen. In Asien und Südamerika werden die kontinentalen Champions und gleichzeitig die jeweiligen WM-Teilnehmer gesucht. Und in Deutschland wurde erstmals eine Bundestrainerin gefeuert.

Ein Round-up.

WM-Qualifikation in Europa

First things first: Steffi Jones ist nicht mehr DFB-Bundestrainerin. Nach einer schwachen EM mit frühem Aus, einer peinlichen Heimniederlage in der WM-Quali im Herbst gegen Island, kaum mehr zu rechtfertigenden Auftritten beim SheBelieves Cup und einer ungeschickten bis boshaften Handhabung des 100. Länderspiels von Lena Goeßling (Einwechslung in der Nachspielzeit) hatte der DFB genug.

Horst Hrubesch, einst Kopfball-Monster und Kurzzeit-Austria-Coach, zuletzt seit fast zwei Jahrzehnten höchst erfolgreich Trainer im Jugendbereich des DFB (zweimal U-21-Europameister, einmal U-19-Europameister, einmal Olympia-Silber), hat das Team jetzt mal für die beiden Quali-Spiele gegen Tschechien und Slowenien übernommen. Wer der Nachfolger oder die Nachfolgerin wird, ist noch völlig offen.

Es werden übrigens die ersten Spiele seit 22 Jahren sein, in denen die DFB-Frauen von einem Mann trainiert werden.

Kurz noch einmal der Modus: Die sieben Gruppensieger sind fix qualifiziert, die vier besten Zweiten spielen um einen weiteren Platz. Alles zur Österreich-Gruppe 7 gibt es hier.

In dieser der Österreich-Gruppe steigt das Rückspiel zwischen den beiden topgesetzten Teams (eben Österreich und Spanien) schon jetzt, in manchen anderen Gruppen kommt es nun erst zum Hinspiel. Die individuell starke Schweiz und das unter der neuen Trainerin Kerr mit starken Resultaten aufzeigende Team aus Schottland kreuzen erstmals die Klingen, auch die EM-Teilnehmer Italien und Belgien sind vor ihrem ersten direkten Duell beide noch ohne Punktverlust.

Von den Favoriten sind neben Spanien (4:0 daheim gegen Österreich) auch Schweden (strafbeglaubigtes 3:0 gegen Dänemark), Europameister Holland (Last-Minute-1:0 gegen Norwegen) und England (6:0-Kantersieg gegen Russland, jetzt geht’s in Southampton gegen das stark gestartete Topf-3-Team Wales) auf dem programmierten Weg. Deutschland hat sich mit dem 2:3 gegen Island blamiert, hat aber immer noch alles in der eigenen Hand – auch, weil Island danach gegen Tschechien nur 1:1 spielte.

Und Portugal hat nach dem starken dritten Platz beim Algarve Cup nun beim Match in Belgien die letzte Chance, doch noch in Richtung Platz zwei zu schnuppern

Women’s Asian Cup

Die Top-2 jeder Gruppe sind fix für die WM qualifiziert (und spielen sich dann in Semifinale und Finale den Kontinental-Meister aus), die beiden Gruppendritten spielen in einem Entscheidungsspiel um das fünfte WM-Ticket. Eigentlich sind die Top-5 des Kontinents auch recht eindeutig (Japan, Australien, China, Nordkorea, Südkorea). Zwei Umstände verleihen dem Asien-Cup in Jordanien aber die Chance auf ein wenig Unberechenbarkeit.

Zum einen, da Nordkorea (Weltranglisten-Zehnter, amtierender U-17- und U-19-Weltmeister) gar nicht mehr dabei ist – eine Spätfolge des Doping-Skandals bei der WM 2011 (fünf positive Doping-Tests). In der Vorqualifikation musste man gegen Südkorea ran und zog knapp den Kürzeren. Und zum anderen, weil Gastgeber Jordanien als Gruppenkopf gesetzt ist und Südkorea bei der Auslosung in die schwerere Gruppe gekommen ist.

Gruppe mit China – Duell Jordanien vs. Thailand

China spielt mit dem isländischen Trianer Siggi Eyjólfsson (der sein Heimatland 2013 ins EM-Viertelfinale geführt hatte) einen biederen 4-4-2-Zerstörerfußball, der so gar nicht zur Mentalität der flinken und technisch gut gedrillten, allerdings körperlich nicht besonders robusten Mannschaft passen will. Beim Algarve Cup erlitt man damit völligen Schiffbruch, für den Asiencup-Gruppensieg muss es schon wegen der individuellen Qualität aber trotzdem locker reichen.

Den zweiten Fixplatz und den Spot im Entscheidungsspiel machen sich Thailand und Gastgeber Jordanien aus – der Dritte aus dieser Gruppe wird aber höchstwahrscheinlich das Entscheidungsspiel verlieren. Jordanien spielt einen gepflegten Ball mit Drang nach vorne. Sollte Jordanien bei der WM dabei sein, werden auch erstmals Spielerinnen mit Kopftuch bei einer WM spielen: Rechtsverteidigerin Anfal Al-Sufy, Sechser Rima Yasen Tasnim und Außenstürmerin Luna Al-Masri.

Thailand war 2015 schon bei der WM dabei (mit dem Platz, der wegen der Nordkorea-Sperre frei geworden war), gab dort zuminest kein allzu peinliche Figur ab und gewann sogar ein Spiel (3:2 gegen die Elfenbeinküste). In den letzten Monaten gab es einen Testspiel-Sieg gegen die Ukraine (Europa-Topf 3) und ein 0:0 gegen Neuseeland. Das Team ist gegenüber der WM praktisch unverändert, ist also eingespielt und hat Routine.

Das Team der Philippinen – eine Mischung aus in den USA geborenen College-Spielerinnen und Kräften aus der eigenen, recht schwachen Liga – ist chancenlos. Das gilt auch für die Mannschaft aus Vietnam in der anderen Gruppe: Vor vier Jahren hat man das Entscheidungsspiel knapp gegen Thailand verloren, diesmal wird Vietnam dieses wegen der Auslosung kaum erreichen können.

Gruppe mit drei WM-Kandidaten (AUS, JPN, KOR)

Es ist ein bissi bitter für Südkorea – in der anderen Gruppe hätte man sich keine echten Sorgen um das WM-Ticket machen müssen. So aber steht ihnen als etatmäßigen Dritten der Gruppe vermutlich ein Do-or-Die-Spiel gegen Jordanien oder Thailand ins Haus. Natürlich: Südkorea, Achtelfinalist bei der WM 2015, sollte sich durchsetzen, aber nachdem man in der Vorqualifikation schon Nordkorea eliminieren musste, werden nun die nächsten Brocken vorgesetzt. Den leichten Weg zur WM nimmt das Team nicht.

Unmöglich ist es für Südkorea aber auch keineswegs, vor Japan zu landen und direkt zur WM zu fahren. Japan, Weltmeister 2011 und WM-Finalist 2015, hatte das Olympia-Turnier 2016 (neben Niederlagen gegen China und Australien) auch durch ein 1:1 gegen Südkorea verpasst. Das einzige Duell seither hat Japan mit viel Mühe und ein spätes Tor 3:2 gewonnen. Seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren hat Teamchefin Asako Takakura das damals heillos überalterte Team deutlich verjüngt. Aber was die Spielidee betrifft, probiert und versucht und experimentiert Takakura herum, ohne bisher auf einen grünen Zweig gekommen zu sein. Die Defensive ist beim Verteidigen schneller Vertikalbälle zu langsam, der Aufbau zu schlampig.

Die andere Richtung hat zuletzt Australien eingeschlagen. Man war nach 2007 und 2011 auch 2015 im WM-Viertelfinale, hat sich aber erst in den letzten vier Jahren tatsächlich zu einem Team aus der erweiterten Weltklasse entwickelt. Angeführt von Sam Kerr (der derzeit deutlich weltbesten Stürmerin) und ausgestattet mit einer eingespielten und mittlerweile auch routinierten Mannschaft sowie einer klaren Spielidee (Vorwärtsverteidigen) sind die „Matildas“ zwischenzeitlich auf Platz vier in der Weltrangliste geklettert – Rekord – und klarer Favorit auf den Turniersieg.

Bisherige Titelträger: 1975 Neuseeland, 1977 1979 1981 Taiwan, 1983 Thailand, 1986 1989 1991 1993 1995 1997 1999 China, 2001 2003 Nordkorea, 2006 China, 2008 Nordkorea, 2010 Australien, 2014 Japan.

Copa América Femenino

Die Top-2 jeder Gruppe qualifizieren sich für die Finalrunde, wo noch einmal jeder gegen jeden spielt. Der Sieger und der Zweite des in Chile ausgetragenen Turniers fahren direkt zur WM (das werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Brasilien und Kolumbien sein), weshalb es in Wahrheit wohl nur darum geht, wer Dritter wird und ins Playoff gegen den Concacaf-Vierten (also wohl Costa Rica oder Mexiko) einzieht.

Die Favoriten

Bei Brasilien herrscht nach der schlimmen WM 2015 (Aus im Achtelfinale) und dem enttäuschenden olympischen Heim-Turnier 2016 (nur Vierter) latente Unruhe. Der weithin als unfähig betrachtete Teamchef Vadão musste gehen, mit Emily Lima wurde erstmals eine Frau engagiert. Nach nur einem Jahr wurde Lima letzten Herbst aber nach Niederlagen gegen Deutschland, USA und Australien – also die Creme de la Creme – wieder entlassen.

Vadão wurde zurückgeholt, mutmaßlich nur, weil er ein Mann ist. Empört traten langjährige Stammspieler wie Cristiane und Rosana umgehend aus dem Team zurück – zumindest vorläufig, denn Cristiane ist wieder im Kader zurück. Einem Kader, bestehend fast ausschließlich aus USA- und Europa-Legionären – dieser ist absolut erweiterte Weltklasse, auch die langjährige Neulengbach-Verteidigerin Mônica ist mit dabei. Der Trainer kann da wohl nicht ganz mithalten.

Bei Kolumbien gibt es deutlich weniger individuelle Qualität, aber dafür deutlich mehr Ruhe und Kontinuität. Seit 2017 gibt es auch eine nationale Meisterschaft, letztes Jahr hat der langjährige Co-Trainer Nelson Abadia den Posten des Teamchefs übernommen (Vorgänger Taborda wurde Sportdirektor), und mit Catalina Usme und Yoreli Rincon gibt es auch gute Spielerinnen – aber die Leistungsdichte dahinter ist nicht ganz höchstes Niveau.

Die Außenseiter

In der (wohl etwas stärkeren) Brasilien-Gruppe ist Argentinien der Favorit auf Platz zwei. Das Team war die traditionelle zweite Kraft am Kontinent, bis Kolumbien vor knapp zehn Jahren etwas mehr Ernsthaftigkeit zeigte und locker vorbeizog. Die letzten zwei Pflichtspiele gegen Brasilien konnte die Albiceleste um Estefanía Banini (von US-Profiklub Washington Spirit) sogar gewinnen. Eines davon war aber gegen ein B-Team der Seleção bei den Südamerika-Spielen (mit nur vier brasilianischen A-Stammspielerinnen, ohne Marta und Cristiane).

Der andere Sieg, bei der letzten Südamerika-Meisterschaft (die auch als WM-Quali diente), brachte nichts: Nach dem 2:0 über Brasilien verlor man im entscheidenden Spiel gegen Ecuador nach schneller 2:0-Führung noch 2:3. So löste damals Ecuador das WM-Ticket. Bei diesem Team ist aber das ganz Drama des südamerikanischen Frauenfußballs sichtbar: Auf der Verbands-Homepage wurde das Team bis eine Woche vor Turnierstart nicht einmal erwähnt, das letzte Länderspiel datiert aus dem Juli 2015 und nach 18 inaktiven Monaten flog Ecuador aus der Weltrangliste raus. Damals war man so um Platz 50 herum klassiert.

Daher ist Venezuela vermutlich der größere Konkurrent für Argentinien. Dieses Team verfügt mit Deyna Castellanos über den wohl größten Social-Media-Star der Frauenfußball-Welt. Die bald 19-Jährige hat zweifellos großes Talent. Aber sie spielt US-College-Liga und ihr größter Erfolg ist Platz vier bei der U-17-WM (zweimal) – dennoch pushten sie ihre vielen Follower zu Platz drei bei der letzten Wahl zur Welt-Fußballerin des Jahres. Hier gibt es auch Österreich-Bezug: Kapitänin und Stürmerin Ysaura Viso hat 2017 den FFC Vorderland in die Bundesliga geschossen (und sich dann schwer verletzt) und ist im Winter nach Kolumbien gewechselt. Ihre Landsfrauen Yaribeth Ulacio und Sheila Sanchez spielen immer noch für den Klub aus Vorarlberg, stehen aber nicht im Team-Kader.

In der anderen Gruppe wird höchstwahrscheinlich Turnier-Gastgeber Chile mit Kolumbien in die Finalrunde einziehen. Seit man sich vor einem Jahr entschlossen hat, das Turnier auszurichten, wurde viel im Bereich Frauenfußball gemacht; Chile fegte in Testspielen 5:0 über die Argentinierinnen (die da aber ohne die Legionäre gespielt haben) und gar 12:0 über Peru hinweg, gegen Frankreich gab es eine erstaunlich knappe 0:1-Niederlage.

Mangels Konkurrenz hat der Titel selbst nicht den ganz großen Stellenwert – zumindest nicht für Brasilien. Sollte Kolumbien den Abo-Champion entthronen, wäre das sehr wohl ein riesiger Erfolg.

Bisherige Titelträger: 1991 1995 1998 2003 Brasilien, 2006 Argentinien, 2010 2014 Brasilien.

Hier gibt’s den genauen Zeitplan über die Spiele.

Auch in Afrika gibt’s Spiele: Hier wird die erste Qualifikationsrunde für den Afrikacup im Herbst ausgespielt. Der sportliche Wert ist dabei aber überschaubar und große Konsequenzen werden diese Matches auch nicht haben.

Von den fünf besten Teams im FIFA-Ranking haben vier für diese Runde ein Freilos (Nigeria, Kamerun, Südafrika und Äquatorialguinea), der fünfte (Ghana) ist als Endrunden-Veranstalter sowieso für das mit acht Teilnehmern ausgetragene Turnier gesetzt. Äquatorialguinea übrigens kann sich für den Afrikacup qualifizieren, nicht aber für die WM: Die FIFA hat den Verband wegen allzu kreativer Auslegung von Einbürgerungs-Zertifikaten für die Endrunde 2019 gesperrt.

Die Elfenbeinküste, WM-Teilnehmer von 2015, muss jetzt schon ran (gegen Marokko). Auch Simbabwe, Olympia-Teilnehmer von 2016, hat schon zwei K.o.-Spiele vor sich (gegen Namibia) – allerdings waren beide Teams recht überraschend bei den jeweiligen Turnieren dabei und es wäre eine große Überraschung, wenn sie sich auch für die WM 2019 in Frankreich qualifzieren würden.

Es gibt in Afrika auch zahlreiche Verbände, die gar kein Frauen-Team stellen: Ägypten beispielsweise, aber auch Tunesien, die DR Kongo oder der Benin.

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Was in den Männer-Ligen geht, die Frauen-WM-Quali und ein Stargast https://ballverliebt.eu/2017/11/22/was-in-den-maenner-ligen-geht-die-frauen-wm-quali-und-ein-stargast/ https://ballverliebt.eu/2017/11/22/was-in-den-maenner-ligen-geht-die-frauen-wm-quali-und-ein-stargast/#respond Tue, 21 Nov 2017 23:34:47 +0000 Heute haben wir viel für euch: Es ist wieder einmal Zeit für eine Podcast-Folge, die sich die internationalen Top-Ligen ansieht: England, Spanien, Italien und Deutschland – was läuft da so? Ihr habt uns Fragen geschickt, wir beantworten sie euch!

Es ist auch absolut wieder Zeit für einen Blick zum österreichischen Frauen-Nationalteam, denn es stehen wichtige Frauen-WM-Quali-Spiele an. Wir bereden das!

Und dann haben wir noch einen Stargast für unser erstes Podcast-Interview bei uns: Europameisterschafts-Dritte Sarah Puntigam beantwortet die Frage, die ihr euch schon immer gestellt habt: Was hat sie mit Paul Breitner gemeinsam? Und: Hat Sarah Puntigam ihre deutschen Teamkolleginnen gehänselt? Es ist alles da!

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Credits: Intro-Soundkomposition von Ballverliebt.eu mit Sounds von paulw2k, Wanga, CGEffex. Swoosh von GameAudio. Background von orangefreesounds

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