Eto’o – Ballverliebt https://ballverliebt.eu Fußball. Fußball. Fußball. Wed, 02 Jul 2014 11:33:52 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.7.2 Afrika bei der WM 2014: Super-Ansätze und Super-Chaos – einmal mehr https://ballverliebt.eu/2014/07/01/super-ansaetze-und-super-chaos-bei-afrikas-teams-einmal-mehr/ https://ballverliebt.eu/2014/07/01/super-ansaetze-und-super-chaos-bei-afrikas-teams-einmal-mehr/#comments Tue, 01 Jul 2014 10:25:22 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=10362 Afrika bei der WM 2014: Super-Ansätze und Super-Chaos – einmal mehr weiterlesen ]]> Man würde es ja so gerne sagen. Dass das Klischee vom afrikanischen Fußball, der sich durch amateurhafte und/oder korrupte Funktionäre, vorsintflutliche Strukturen, haarsträubende Fehler und ungesunder Team-Hierarchien selbst aus dem Rennen nimmt, nicht mehr stimmen würde. Das Traurige ist nur: Bei dieser WM haben vier von fünf afrikanischen Teilnehmer wieder ein unerschütterliches Talent dafür gezeigt, sich selbst ins Bein zu schießen. Manche mehr als andere natürlich, und schließlich schafften ja auch erstmals zwei CAF-Teams den Sprung ins Achtelfinale.

Das war aber eher starken Trainern zu verdanken, die ein funktionierendes Team formten und das Chaos im Umfeld abzuschirmen versuchten. Aber keiner generellen Trendwende.

Algerien: Geringer Beinschuss-Faktor

Die rühmliche Ausnahme bildete ausgerechnet jenes Team aus dem afrikansichen Quartett, von dem man sich m Vorfeld am wenigsten erwartet hatte. Weil es sich in der Quali extrem schwer tat und es jenes Team ist, von dem einem die wenigsten Spieler geläufig sind. Aber schon in unserer Abschluss-Analyse nach dem letzten Afrika-Cup sagten wir nach dem algerischen Vorrunden-Aus

„Algerien machte schon ziemlich viel richtig. Ein gutklassiger Kader mit vielen Spielern aus europäischen Top-Ligen, mit Vahid Halilhodzic ein guter Teamchef. Dazu eine aktive Spielanlage und das Bemühen, das Spiel selbst zu gestalten. Aber halt keinen, der die Tore schießt. Bis auf die Stürmerposition hat man einen deutlich besseren Fußball gezeigt hatte als zumindest vier der Viertelfinalisten.“

Algerien: Eigeninitiative, Teamwork, präzise taktische Vorbereitung. Bravo!
Algerien: Eigeninitiative, Teamwork, präzise taktische Vorbereitung. Bravo!

Was soll man sagen: Nun fielen auch die Tore. Obwohl es nicht so gut begann, mit einer für Halilhodzic ungewöhnlich defensiven Herangehensweise gegen Belgien, die am Ende auch bestraft wurde und die ihm heftige Kritik einbrachte. Die algerische Öffentlichkeit verlangte fliegende Fahnen, der Verband entschloss sich nach diesem Spiel, nach der WM nicht mit Halilhodzic weiterzumachen. Der einzige Unruheherd bei den Wüstenfüchsen – und nichts, was es in ähnlicher Form nicht auch außerhalb Afrikas gäbe.

Zumal Algerien dann gegen Südkorea alles auspackte, was man kann. Exzellente Technik, flinke Spieler, eine aktive Spielanlage und erstaunlicherweise auch sehr guter Abschluss. Wie überhaupt es Halilhodzic exzellent verstand, seine Mannschaft sehr gut auf den Gegner einzustellen. Dazu passte das Teamgefüge, keiner der vermeintlichen Stars scherte aus, jeder stellte sich immer voll und ganz in den Dienst der Mannschaft. Der erstmalige Achtelfinal-Einzug war der verdiente Lohn.

Und auch die Deutschen irritierte man völlig. Man kappte das schnelle Passspiel mit geschickten, kurzen Pressingläufen, zog das funktionierende Konzept eisenhart durch und wurde am Ende nur von einem praktisch nicht zu verteidigenden Geniestreich von André Schürrle geschlagen.

Wie sehr es im Team stimmt und wie gut die Spieler das Erreichte einordnen können, wurde nach dem Achtelfinale klar: Alle herzten ihren scheidenden Teamchef und auch im den Interviews überwog der Stolz über die großartige WM schon der Enttäuschung über das knappe Aus.

Nigeria: Großer Beinschuss-Faktor, aber starker Trainer

Mit Afrikameister Nigeria schaffte es noch ein weiteres CAF-Team über die Gruppenphase hinaus. Ganz ähnlich wie bei Algerien ist auch bei den Super Eagles ein überwiegend junger Kader unterwegs, in dem die Stinkstiefel aussortiert wurden (wie Taye Taiwo) oder erfolgreich ins Teamgefüge integriert (Yobo, Odemwingie). Der Grund dafür, dass das klappte, hat einen Namen: Stephen Keshi.

Denn was hinter den Kulissen passierte, spottete mal wieder jeder Beschreibung. Da boykottierten die Spieler das Training, weil sie die Achtelfinal-Prämien sofort haben wollten – aus alter Erfahrung, weil sie wussten, dass sie der Verband sonst einbehält. Am Ende zahlte der Staatspräsident und die offizielle FIFA-Prämien werden mal wieder in den Kassen der Funktionäre verschwinden. Keshi ist den Verbands-Oberen schon lange ein Dorn im Auge, weil er nicht, so wie andere einheimische Trainer in der Vergangenheit, kuschte – sondern jeden Missstand offen ansprach und anprangerte. Nur der Erfolg bewahrte dem unbequemen Keshi vor seiner Entlassung.

Nigiera:
Nigiera: Junge Truppe, klares Konzept, aber etwas einfallslos in der eigenen Spielgestaltung.

Dass er nun, nach einem schönen Erfolg – und das ist das Erreichen des Achtelfinals in jedem Fall – selbst den Hut nimmt, ist nur konsequent. Wie schon beim Triumph beim Afrika-Cup war die Spielanlage eher reaktiv und fußte auf schnelles Umschalten, gute Versorgung der Flügel und das Spiel aus einer guten Defensive heraus. Das geht, weil Vincent Enyeama (seinen Fehlern im Achtelfinale gegen Frankreich zum Trotz) ein Torhüter auf hohem internationalen Niveau ist und weil der alte Yobo den früh verletzten Godfrey Oboabona umsichtig ersetzte.

Nur gegen den sehr destruktiven Iran, als man gezwungen war, das Spiel selbst zu gestalten, agierte man etwas hilflos.

Aber sonst war das sehr okay. Auch das Fehlen von Stamm-Linksverteidiger Elderson Echiejile fiel nicht so sehr ins Gewicht, weil Juwon Oshaniwa einen guten Job machte. Der einzige, der wirklich abfiel, war John Obi Mikel: Der Mann von Chelsea spielte ein fürchterliches Turnier, produzierte Fehlpässe am laufenden Band, brachte nach vorne überhaupt nichts und war nach hinten zuweilen ein ziemliches Risiko.

Wie die Zukunftsprognose für Nigeria aussieht, hängt davon ab, ob es wieder einen ähnlich starken Charakter auf der Trainerbank geben wird wie Stephen Keshi. Das Talent, in den nächsten Jahren noch einiges zu erreichen, hat der ausgesprochen junge Kader allemal.

Wie man den nigerianischen Verband kennt, wird sich dieser aber davor hüten, wieder einen starken Mann zu installieren, der sich so bedingungslos vor die Mannschaft stellt. Ist schlecht fürs Geschäft.

Côte d’Ivoire: Hauptsächlich sportlicher Beinschuss-Faktor

Mit einem unglaublich dämlichen Elfmeter in der Nachspielzeit der letzten Gruppenpartie verdaddelten die Ivorer ihren sicher scheinenden Platz in der Runde der letzten 16. Was aber eigentlich wieder nur perfekt in die jüngere Geschichte der „Elefanten“ passt. Die fraglos talentierteste Ansammlung von Spielern in der Geschichte des ivorischen Fußballs hat noch immer einen Weg gefunden, grandios zu scheitern.

Côte d'Ivoire:
Côte d’Ivoire: Ausgeglichen ordentlich besetztes Team, aber wieder  bezwang man sich selbst.

Statt seit dem Durchbruch von Didier Drogba, den Touré-Brüdern so um 2004 herum einen Afrika-Titel nach dem anderen einzusacken und bei einer WM mal zumindest ins Viertelfinale zu kommen, stehen nun drei Vorrunden-Ausscheiden und kein einziger Afrika-Titel zu Buche.

Dabei hatte man auch diesmal alles in der eigenen Hand, hätte die nötige Qualität dazu gehabt und auch der Verband ist einer der besonneneren am afrikanischen Kontinent – er hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, als man etwa nach dem Viertelfinal-Aus im Afrikacup 2010 Vahid Halilhodzic in einer Panik-Aktion feuerte und Sven-Göran Eriksson, der das Teamgefüge nicht kannte, bei der WM ohne Chance war.

Nein, man hielt gegen die massive Kritik von Fans und Medien nach dem letzten Kontinental-Turnier an Sabri Lamouchi fest und versuchte, Ruhe und Geschlossenheit zu demonstrieren. Durchaus nicht un-erfolgreich. Lamouchi traute sich, den schon deutlich altersmüden Drogba auf die Joker-Rolle zu degradieren, sein „Ersatz“ Bony gab ihm mit zwei Toren in den drei Spielen auch durchaus recht.

Mit Serge Aurier hatte man einen der besseren Rechtsverteidiger im Turnier, mit Barry einen der bessern afrikanischen Torhüter. Auch abseits des Platzes machte man einen durchaus geschlossenen Eindruck. Und trotzdem hat es wieder nicht funktioniert.

Schön langsam gehen einem da die Erklärungen aus.

Ghana: Sehr hoher Beinschuss-Faktor

Vor vier Jahren waren die Black Stars nur eine von Luis Suárez‘ mittlerweile bedenklich vielen unsportlichen Aktionen bzw. einen verwandelten Elfmeter vom Halbfinale entfernt. Schlechter ist die Mannschaft, rein vom Potenzial her, seit dem Turnier in Südafrika nicht geworden. Aber Teamchef James Kwesi Appiah hat genau das, was sein nigerianischer Kollege Keshi geschafft hat, nicht auf die Reihe bekommen: Er verzichtete nicht auf die Stinkstiefel.

Ganz im Gegenteil: Mit der Nominierung des als äußerst schwierig bekannten Kevin-Prince Boateng – der seit der letzten WM ja nie für Ghana gespielt hat – machte sich Appiah ein Fass auf, das meilenweit gegen den Wind nach Fäulnis roch. Eine Entscheidung, die noch seltsamer wird, wenn man bedenkt, dass Appiah den gebürtigen Berliner im ersten Spiel auf die Bank setzte. Ungeschickt. Und zu allem Unglück ging die Partie gegen die USA dann auch noch verloren.

Ghana
Ghana: Gute Mannschaft, interessantes Konzept, aber zwischenmenschliche Problemfälle.

Spätestens da war das Tischtuch zerrissen. Gegen die Deutschen spielte Boateng zwar von Beginn an, wirklich zu funktionieren begann das ghanaische Konzept aber erst, als er wieder ausgewechselt worden war. Vor dem letzten Gruppen-Match gegen Portugal eskalierte der Streit, Boateng und sein Buddy Muntari wurden suspendiert. Und trotz allem Chaos fehlte bis zu zehn Minuten vor Schluss nur ein Tor, um trotz allem das Achtelfinale zu erreichen.

Weil das Konzept und die beteiligten Spieler durchaus gut und interessant waren und von der Raumaufteilung her an jene von Red Bull Salzburg erinnert. Ein Absicherer vor der Abwehr, vier extrem hoch stehende Offensiv-Kräfte und konsequent nach vorne preschende Außenverteidiger. Gegen die USA war man fast 90 Minuten das deutlich dominierende Team, Deutschland hatte man am Rande der Niederlage und gegen Portugal kosteten nur zwei haarsträubende individuelle Fehler den Sieg.

Dumm gelaufen für James Kwesi Appiah. Nicht seine taktischen Entscheidungen kosteten die nächste Runde, sondern seine personellen schon vor dem Turnier. Eine verschenkte Chance.

Kamerun: Extremer Beinschuss-Faktor

Er hat um seine Machtlosigkeit gewusst, das war schnell deutlich. Volker Finke wusste, dass er dem Chaos in seiner Mannschaft, in seinem Verband und im ganzen Umfeld hilflos ausgeliefert war. Seine Körpersprache zeigte während des ganzen, für Kamerun einmal mehr sehr kurzen Turniers die innere Emigration, in die sich Finke zurückgezogen hatte. Er ließ die WM über sich ergehen.

Weil Kamerun wie schon in den letzten Jahren in der Geiselhaft von Samuel Eto’o steckt. Egal, wer Trainer ist, egal, wer die Mitspieler sind: Der Rekordtorjäger bestimmt alles und ist der Hauptgrund dafür, dass die „Unzähmbaren Löwen“ tatsächlich unzähmbar sind – für ihre Trainer. Egal, ob die nun Finke heißen, Clemende, Le Guen, Pfister, Haan oder Schäfer. Niemand bekam die Macht eingeräumt, für professionelle Bedingungen zu sorgen. Das war schon vor Eto’o so und hat sich mit dem Ego-Shooter nur noch verstärkt.

Seit dem Viertelfinal-Einzug 1990 hat Kamerun bei fünf WM-Teilnahmen noch genau ein einziges Spiel gewonnen – 2002 gegen jene verunsicherten Saudis, die ein paar Tage davor 0:8 gegen Deutschland verloren hatten. Bei den letzten beiden Afrika-Meisterschaften war Kamerun nicht mal unter den 16 qualifizierten Teams. Und die WM erreichte man nur, weil Togo keine gelben Karten zusammenzählen konnte.

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Kamerun: Ein Desaster. Undiszipliniert, passiv, unwillig und zerstritten. Der arme Volker Finke.

Und auch auf dem Feld stimmte praktisch gar nichts. Teams von Volker Finke, vor allem jene in Freiburg, waren immer bekannt für eine extrem aktive Spielanlage, für Pressing, für flinke Angriffe und einen guten Teamgeist. All das war bei Kamerun nicht erkennbar.

Gegen Mexiko stand man nur doof in der Gegend herum und übte nicht den geringsten Druck auf den ballführenden Gegner aus. Gegen Kroatien fing man mit dem giftigen Aboubakar statt des verletzten Eto’o vorne zwar vielversprechend an, dafür passte hinten nichts, Song flog mit einer Aktion vom Platz, für die selbst ein Einzeller zu intelligent wäre, und dann gerieten auch noch Benoit Assou-Ekotto und Benjamin Moukandjo aneinander. Gegen Brasilien ging’s nur noch um Schadensbegrenzung.

Kamerun vereinte bei dieser WM (wie auch schon bei der letzten, als man auch alle drei Spiele verlor) alle negativen Klischees über den afrikanischen Fußball. Anzeichen auf Besserung gibt es keine.

Nächste Kontinental-Meisterschaft: Jänner 2015 in Marokko

Erstmals haben zwei afrikanische Teams das Achtelfinale erreicht und zwei weitere hatten realistische Chancen und hätten es beinahe geschafft. Eine umso erstaunlichere Quote, wenn man bedenkt, wie unglaublich niveaulos der letzte Afrikacup von anderthalb Jahren war. Was aber auch nur zeigt: Das sportliche Potenzial für erfolgreiches Abschneidens auf der großen Bühne wäre ja absolut da, aber immer noch verhindern vor allem Unprofessionalität außerhalb des Platzes gute Resultate.

Das Traurige ist: Selbst das ausgesprochen gute Abschneiden von Algerien, das gute von Nigeria und das Potenzial der Ivorer und von Ghana reicht nicht als Versprechen dafür, dass es jetzt auch gut weitergeht. Nigeria wird vermutlich wieder im Chaos versinken, wenn Keshi nicht mehr Teamchef ist. Bei den Ivorern steht ein Generationswechsel an, bei Ghana gibt es zu viele Egomanen und wie Christian Gourcuff bei Algerien das Werk von Vahid Halilhodzic weiterführt, kann auch keiner beurteilen.

Die Gefahr besteht, dass alles wieder in der Dahinwurschtelei versinkt, auch bei jenen Teams, die eigentlich auf einem guten Weg sind. So etwas wie „benefit of the doubt“ gibt es bei den Erfahrungen, die man mit afrikanischen Teams in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, ja leider nicht.

(phe)

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Ballverliebt Classics: Finale Pep gegen Sir Alex, die Erste https://ballverliebt.eu/2011/05/25/ballverliebt-classics-finale-pep-gegen-sir-alex-die-erste/ https://ballverliebt.eu/2011/05/25/ballverliebt-classics-finale-pep-gegen-sir-alex-die-erste/#respond Wed, 25 May 2011 19:20:49 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4791 Ballverliebt Classics: Finale Pep gegen Sir Alex, die Erste weiterlesen ]]> FC Barcelona und Manchester United in einem Finale der Champions League… gab’s das nicht schon mal? In der Tat: Nur zwei Jahre vor dem Endspiel von Wembley standen sich Sir Alex und Pep Guardiola schon einmal im größten Spiel von Europas Fußball gegenüber. Damals gewann Barcelona. Weil sich United nach dem frühen Rückstand zu weit auseinander ziehen ließ.

Unterschiedlicher hätte die Besetzung auf den Trainerbänken an diesem Mittwoch, es war der 27. Mai 2009, im Olympiastadion von Rom kaum sein können: Auf der einen Seite Sir Alex Ferguson, vierfacher Europacup-Gewinner, davon zwei CL-Titel mit Manchester United, seit 23 Jahren der starke Mann in Old Trafford. Auf der anderen Seite: Pep Guardiola, gefühlt bis gerade eben selbst noch aktiv, in seiner allerersten Saison als Cheftrainer. Als Meister ihrer nationalen Ligen waren zu diesem Zeitpunkt beide schon fest. Barcelona war zudem bereits Cupsieger. Zum Triple in seinem ersten Jahr als Coach fehlte Guardiola nur noch dieses Spiel.

FC Barcelona - Manchester United 2:0

Was die beiden Trainer in diesem Spiel aber verband, waren ungerechtfertigte Ausschlüsse in ihren Semifinal-Rückspielen: Beim 3:1 von Manchester bei Arsenal wurde Darren Fletcher fälschlicherweise nach einem vermeintlichen Elferfoul an Van Persie vom Platz gestellt – für ihn kam Ryan Giggs in die Mannschaft. Und bei Barcelona fehlte Linksverteidiger Abidal, obwohl er beim 1:1 an Alenka eigentlich keine Notbremse begangen hatte, ja, seinen Landsmann nicht einmal berührt hatte. Aber wir wissen ja alle noch: Referee Øvrebø hatte da generell nicht seinen besten Tag.

Was aber nicht das einzige Defensiv-Problem von Guardiola war – denn dazu fielen ihm auch noch der verletzte Rafa Márquez und der gelbgesperrte Dani Alves aus. So musste Puyol nach rechts, Silvinho kam auf die linke Seite, Piqué musste spielen und Yaya Touré von der Sechs in die Innenverteidigung zurück. Dafür kam im Defensivzentrum der unroutinierte Sergio Busquets zum Einsatz – das Semifinal-Rückspiel bei Chelsea drei Wochen zuvor war sein erstes Spiel von Belang…

Schnelles Pressing und Zwei gegen Busquets

United presste nach Anpfiff des Spiels sofort, was das Zeug hielt und drückte Barcelona von Anpfiff weg hinten hinein. Der besondere Clou von Sir Alex in dieser Anfangsphase: Mit dem tief stehenden falschen Neuner Cristiano Ronaldo und dem sehr hoch stehenden Ryan Giggs gab er Busquets einiges zu denken – und vor allem zu laufen. Dennoch: Wo immer der Jungspund sich auch hinorientierte, der jeweils andere war frei und problemfrei anspielbar. Das, kombiniert mit dem logischerweise überhaupt nicht eingespielten Innenverteidiger-Duo Touré/Piqué, verhalf United zu einigen tollen Chancen.

Das Mittelfeld der Red Devils war sehr vertikal gestaffelt – Anderson verließ kaum merkbar den Mittelkreis und Carrick stand ohnehin tief zentral, nahm defensiv Messi auf und versuchte sich mit seinen ihm typischen kurzen Pässen an der Spieleröffnung. Die Breite im Spiel von Manchester kam dennoch nicht zu kurz, weil sich Park Ji-Sung gerne tief fallen ließ, um O’Shea ins Spiel zu bringen und auf der anderen Seite Evra viel nach vorne ging, um Rooney das Einrücken zu ermöglichen. So musste Touré immer wieder weit nach außen rücken, was wiederum Platz im Zentrum offenbarte.

Barcelona rannte neun Minuten lang der Musik fast hoffnungslos hinterher, brachte kaum Bälle in die gegnerische Hälfte und schaffte es nicht, die Spieleröffnung von United unter Druck zu setzen. Bis Xavi sich ein Herz nahm, eskortiert von Anderson und Carrick mit dem Ball nach vorne marschierte und an der Strafraumgrenze Rechtsaußen Eto’o bediente. Der Kameruner ließ noch Vidic aussteigen, zog ab – und weil auch Van der Sar nicht gut aussah, stand es völlig entgegen des Spielverlaufs 1:0 für Barcelona.

9’05“

Genau neun Minuten und fünf Sekunden war Manchester am Drücker, ehe United in eine komplette Schockstarre fiel. Die erste Aktion nach dem Tor sollte zum Symbolbild werden: Giggs und Ronaldo beim Anstoß, der Ball zurück zu Carrick, der sofort raus auf O’Shea. Der, weil Henry auf ihn zukommt, zu Ferdinand – der sich sofort Messi gegenüber sieht. Darum der kurze Pass auf Vidic, doch schon stürmt schon Eto’o daher, in seiner Panik will Vidic zum Torhüter passen. Doch das missglückt völlig, in der Mitte zwischen Tor und Eckfahne kullert der Ball ins Aus. Eckball für Barcelona…

Die Katalanen merkten die plötzliche Verunsicherung natürlich und fuhren sofort das volle Pressing-Programm, um United gar nicht erst wieder zurück ins Spiel kommen zu lassen. Vor allem im Mittelfeld und in der Offensive bretterten Henry, Eto’o und Co. auf den jeweils Ballführunden zu, dass einem Angst und Bange werden musste. Kein Wunder, dass bei Manchester nun kaum noch ein Ball sinnvoll verarbeitet und an den nächsten weitergespielt werden konnte, von einem geregelten Spielaufbau ganz zu schweigen. Barcelona konnte nun ohne allzu große Gegenwehr jenes ballbesitzorientierte Spiel aufziehen, für das die Blaugrana der Generation Guardiola bekannt ist.

Sturmspitze Giggs, Schwachpunkt Carrick

Barcelona - Man Utd (nach dem 1:0)
Nach dem 1:0

Manchester reagierte auf den nun massiven Druck, indem man auf ein 4-4-2 umstellte: Anderson ging zurück und flankierte Carrick, der zunehmend Schwächen zeigte, dazu orientierten sich Rooney und Park Ji-Sung vermehrt in die Defensive, um Eto’o und Henry vom Nachschub besser abschneiden zu können.

Vorne blieben nur Cristiano Ronaldo – und Ryan Giggs. Der Waliser gab nun einen praktisch astreinen zweiten Stürmer neben dem Portugiesen und hing dabei merklich in der Luft, während sich Rooney auf dem Flügel defensiv abmühte und nach vorne kaum etwas zu Stande brachte. Angesichts der neuen Raumaufteilung bei United, die auf Busquets deutlich weniger Druck ausübte – um nicht zu sagen, gar keinen mehr – fühlte sich dieser auch gleich sichtlich wohler.

Xavi und Iniesta hatten auf der anderen Seite dafür Michael Carrick als Schwachpunkt ausgemacht, weswegen die viele ihrer Angriffe über den Raum spielten, den Carrick eigentlich abdecken sollte. So fehlte es Barcelona zwar ein wenig an der Breite, aber dafür wurde Carrick systematisch kaputt gespielt – denn wenn Anderson und Park Ji-Sung helfen kamen, ließen sie wiederum Messi bzw. Silvinho freie Bahn.

Die Unsicherheit von Carrick strahlte, je länger die erste Halbzeit lief, auch seine Mitspieler aus. Vidic etwa, der sich schon beim 0:1 eher hüftsteif ausmanövrieren gelassen hatte, war in der Spieleröffnung völlig unbrauchbar, Anderson war ob der permanenten Unterzahl im Zentrum auch keiner, an dem sich das Spiel hoch ziehen konnte, Rooney und Park waren einfach zu viel defensiv beschäftigt. Und auch Edwin van der Sar ließ sich in zwei weiteren Situationen seine flatternden Nerven durchaus anmerken.

Der Gedanke hinter der Maßnahme, Giggs vorne zu belassen und Rooney auf der Flanke Defensivarbeit aufzubürden, war zweifelsohne, dass Rooney mit seiner Körperlichkeit gegen Puyol bessere Aussichten hatte als der nicht mehr ganz junge Giggs. Dass diese Überlegung nicht aufging, war aber bald klar, und einige Minuten vor der Halbzeitpause tauchten Rooney und Giggs dann doch ihre Plätze.

Zweite Hälfte

Schwierige Balance

Sir Alex nahm für die zweite Hälfte Anderson vom Feld und brachte Carlos Tévez in dessen letzten Pflichtspiel vor seinem Wechsel zu Man City. Der Argentinier gesellte sich zu Ronaldo in die Spitze, Rooney und Park Ji-Sung tauschten ihre Flanken. Im Grunde spielte United nun mit einem 4-2-4, lediglich Carrick und Giggs blieben im Mittelfeld übrig.

Manchester tat sich mit der offensiveren Ausrichtung aber sehr schwer, die richtige Balance zu finden – einerseits durften sie der Barcelona-Offensive nicht zu viel Raum geben, andererseits brauchte es aber nun vorne zählbaren Erfolg. So war das Spiel von United aber recht leicht ausrechenbar – lange Bälle auf die vier da vorne – andererseits aber waren Carrick und Giggs, die zu zweit gegen vier Mann im Zentrum anspielen mussten, völlig chancenlos, sich auch nur ansatzweise so zu stellen, dass Xavi und Co. nicht immer wieder Platz zu schnellen Gegenstößen fanden.

Standen sie zu tief, war ein Riesen-Loch zwischen ihnen und der Offensive, wo Xavi und Busquets sich ausbreiten konnten. Rückten sie auf, ohne dass die Abwehrkette mitmachte, hatte Messi seinen Spaß zwischen den Reihen. Und wenn die Abwehrkette aufrückte und hoch stand, stießen Henry und Eto’o über die Flanken in den Raum dahinter. Kurz: Wie auch immer es United machte, es war verkehrt – auch, weil die vier Offensivkräfte kaum zur Geltung kamen. Park konnte sich gegen Puyol überhaupt nicht in Szene setzen, Rooney gelang gar nichts, Tévez und Ronaldo machten viele leere Meter.

So hatte United zwar relativ viel Ballbesitz – mitunter kam man da knapp an die 50%-Marke heran – die klar torgefährlichere Mannschaft blieb aber Barcelona. Nicht nur wegen des Pfostentreffers von Xavi aus einem Freistoß kurz nach Wiederanpfiff hatte man nie ernsthaft den Eindruck, die Red Devils könnten zum Ausgleich kommen.

Berbatov kommt, Messi trifft

Schlussphase

Nach 65 Minuten nahm Sir Alex dann Park Ji-Sung raus – Cristiano Ronaldo sollte nun für mehr Druck gegen Puyol auf der Flanke sorgen, der für den Koreaner eingewechselte Dimitar Berbatov positionierte sich leicht hinter Tévez. D0ch bevor diese Maßnahme irgend eine Wirkung zeigen konnte, schlug Barcelona doch noch einmal zu.

Xavi wurde von Giggs völlig allein gelassen, seine Flanke erreicht Messi – der sich im Rücken von Ferdinand gelöst hatte – und der Argentinier versenkte den Ball per Kopf über den chancenlosen Van der Sar hinweg im Tor. Im Grunde war damit die Entscheidung gefallen, und Guardiola nahm auch gleich Henry vom Platz: Seydou Keita sorgte für mehr körperliche Präsenz im Mittelfeld und Iniesta ging auf die Linksaußen-Position.

Das Problem, das United weiterhin nicht gelöst bekam, war jenes in der Mittelfeld-Zentrale. Giggs konnte hier genauso wenig die Kreise von Xavi und Iniesta stören, wie das Anderson vor ihm gelungen war, darum probierte Ferguson es in der Schlussphase mit einem dritten Spieler – Paul Scholes.

Attentat

Der hatte auf der Bank offenbar mehr Frust aufgestaut als seine Kollegen auf dem Platz, denn kaum auf dem Feld, versuchte Scholes (der sich sehr tief stellte, Carrick rückte etwas auf) mit aller Gewalt, den Beinen von Busquets so viele Brüche zuzufügen, wie mit einem Tritt nur möglich waren. Die einzige echte Fehlentscheidung von Referee Busacca in diesem Spiel – anstatt Scholes, dem zweifellos eine Sperre von mindestens fünf Spielen gedroht hätte, hochkant rauszuschmeißen, ließ er den Rotschopf mit Gelb leben.

Zudem wechselten Ronaldo und Rooney zehn Minuten vor Schluss noch die Seiten. Wohl aus Selbstschutz für den Portugiesen, der sich mit Puyol ein Privatduell lieferte, regelmäßig ausgefahrene Ellbogen Ronaldos inklusive. Nachdem auch er verwarnt wurde, stellte ihn Ferguson so weit wie möglich weg von Puyol, um nicht eine drohende zweite gelbte Karte zu riskieren.

Das Spiel war mit dem 2:0 aber entschieden. In den letzten 20 Minuten kam United zwar noch zu einigen Eckbällen und einer richtig guten Chance von Ronaldo, doch auch Barcelona schien jederzeit in der Lage zu sein, wenn es sein muss noch ein drittes Tor nachzulegen. Letztlich fielen aber keine Tore mehr, und es flog auch keiner mehr runter.

Fazit: United ließ die Reihen zu weit auseinander ziehen

Der absolute Schlüsselfaktor in diesem Spiel war, dass United sich sehr früh – nämlich schon nach 10 Minuten – gezwungen sah, das Mittelfeldzentrum aufzumachen um vorne mehr Anspielstationen zu haben. Hatte das dicht vertikal gestaffelte Zentrum mit Giggs und einem tief stehenden Ronaldo zu Beginn den Raum um Busquets komplett im Griff gehabt, überließ Manchester den Katalanen nach dem 0:1 das Mittelfeld. Eine Maßnahme, die Barça extrem in die Hände spielte, mit heftigem Pressing verstärkt wurde und die Ferguson nie mehr beheben konnte.

Denn Barcelona war nun nicht mehr gezwungen selbst hoch zu stehen und hinter der Verteidigungslinie Raum offen zu lassen, sondern konnte sich etwas zurückfallen lassen. Dadurch ließen sich die Offensivkräfte von United nach vorne locken, ohne dass jedoch die Defensive – angesichts der Gefahr des Trios Messi, Henry, Eto’o – mit aufrückte. Barcelona streckte so United extrem in die Länge und in jenem Platz im Zentrum, wo nur zwei Manchester-Spieler waren, konnte Xavi schalten und walten. Ferguson versuchte im Laufe des Spiels drei Nebenmänner für Carrick – Anderson, Giggs und dann Scholes – aber sie alle konnten das grundlegende Problem nicht beheben. Zudem brachte Ferguson mit Tévez und Berbatov nur zusätzliche Stürmer, was den Effekt nur verstärkte. Als Scholes kam, war schon alles zu spät.

Barcelona hatte mit zwei Faktoren Glück: Zum einen, dass United nicht in den ersten Minuten schon ein bis zwei Tore schoss, die ebenso möglich wie verdient gewesen wären – und dass in der 10. Minute Eto’o jenes 1:0 erzielte, das den Katalanen so sehr in die Hände spielen sollte.

Die Nachwirkungen…

…können zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich beschrieben werden. Zum einen ist das Spiel eben erst zwei Jahre her, zum anderen sind sieben (Barcelona) bzw. zehn (Man Utd) Spieler der Startformationen immer noch beim Klub. Auffällig ist aber, dass bei Barça nicht nur der Spielstil und das System bis heute haargenau gleich sind, sondern auch die exakte Aufgabenverteilung und Spezialaufgaben der einzelnen Positionen.

Pep Guardiola hat versucht, mit dem Stürmertausch von Eto’o zu Ibrahimovic neue Impulse zu setzen – der zwar funktionierenden, aber noch nicht dauerhaft erprobten Rolle von Messi aus dem Zentrum statt über die Flanke traute er wohl nicht so ganz. Das Resultat waren aber eher atmosphärische Störungen, weil Ibra von seinem eher egozentrischen Naturell her schwierig in das Mannschaftsgefüge passte. Sportlich hatte das letztlich kaum Auswirkungen – Barcelona wurde mit 99 Punkten Meister und schied im CL-Semifinale nur knapp gegen Inter aus – aber der Schwede ergriff nach nur einem Jahr wieder die Flucht.

So ist seit verglichen mit dem Finale von Rom den Stil der Mannschaft heute kaum einen Millimeter anders als damals. Ja, ganz so extrem mit dem Ballbesitz war es in diesem Spiel nicht. Das hängt aber sicherlich auch mit dem Gegner und dem Spielverlauf zusammen.

(phe)

Das Personal

FC Barcelona: Victor Valdes (27); Carles Puyol (31), Yaya Touré (26), Gerard Piqué (22), Silvinho (35); Xavi (29), Sergio Busquets (20), Andres Iniesta (25); Samuel Eto’o (28), Lionel Messi (21), Thierry Henry (31). Seydou Keita (29), Pedro Rodríguez (21). Trainer: Josep Guardiola (38, seit einem Jahr)

Manchester United FC: Edwin van der Sar (38); John O’Shea (28), Rio Ferdinand (30), Nemanja Vidic (27), Patrice Evra (28); Michael Carrick (27), Anderson (21), Ryan Giggs (35); Park Ji-Sung (28), Cristiano Ronaldo (24), Wayne Rooney (23). Carlos Tévez (25), Dimitar Berbatov (28), Paul Scholes (34). Trainer: Sir Alex Ferguson (67, seit 23 Jahren)

Highlights des Spiels

Aus der Reihe “Ballverliebt Classics”:
05.07.1982 | Italien – Brasilien 3:2 (Duell der Philosophien, Plan vs. Phantasie)
24.05.1995 | Ajax Amsterdam – AC Milan 1:0 (Das letzte große Ajax)
06.09.1997 | Österreich – Schweden 1:0 (Höhepunkt der ÖFB-Generation Frankreich)
16.05.2001 | Liverpool – Alavés 5:4 n.V. (Europacup-Final-Allzeit-Klassiker)

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Sneijders linke Tour und der totale Bayern-Kollaps https://ballverliebt.eu/2011/03/15/sneijders-linke-tour-und-der-totale-bayern-kollaps/ https://ballverliebt.eu/2011/03/15/sneijders-linke-tour-und-der-totale-bayern-kollaps/#comments Tue, 15 Mar 2011 22:56:38 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4375 Sneijders linke Tour und der totale Bayern-Kollaps weiterlesen ]]> Über eine Stunde wurde Inter von starken Bayern fast hergespielt – aber die Münchner machten den Sack nicht zu. Und kollabierten nach einer Stunde komplett! So kamen die Nerazzurri zu einem 3:2-Sieg und zum Viertelfinal-Einzug. Und das, obwohl die Bayern auf Sneijders linke Tour an sich gut reagiert hatten…

Bayern München - Inter Mailand 2:3

Es war am 17. April 1996 – das bisher einzige Mal, dass in der Champions League noch eine Mannschaft weiterkam, die daheim das Hinspiel verloren hatte. Es war Ajax Amsterdam mit einem 3:0 über Panathinaikos Athen – und Trainer der Holländer war damals Louis van Gaal. Diesmal machte er es umgekehrt, auch wenn er selbst nicht unmittelbar daran Schuld war. Eher schon jene Verteidigung, an der der Bayern-Coach schon die ganze Saison erfolglos herumdoktort.

Sneijders linke Tour

Die Bayern-Abwehr spielte aber lange keine Rolle. Eher schon die etwas überraschende Formation von Inter: Leonardo stellte sein Team nämlich in einem eher defensiven 4-3-3 auf, was mehr ein 4-2-3-1 war und sehr schräg in der Gegend hing (ein Trend, der seit der WM erstaunlicherweise beinahe in Vergessenheit geriet). Im Detail sah das so aus, dass Samuel Eto’o ganz vorne spielte, Goran Pandev als echter Rechtsaußen Pranjic nach hinten drückte, und vor allem Wesley Sneijder von der Zentrale auf die linke Seite rückte; Stankovic agierte zentral.

Das hatte zwei Effekte: Zum einen hatte Sneijder so nicht, wie im Hinspiel, gegen den unangenehmen Luiz Gustavo spielen, zum anderen war so Philipp Lahm zu erhöhter Vorsicht gezwungen und konnte Robben – der nach wochenlangem leichten Durchhänger mit seinem Hattrick beim 6:0 gegen den HSV am Wochenende wieder neues Selbstvertrauen getankt hatte – nicht wie sicherlich geplant unterstützen. Sneijder zog zwar immer wieder in die Mitte, aber die Bayern mieden diese Seite eher. Sei es weil Lahm nicht viel beitragen konnte, oder aus Angst, mit Ballverlusten sofort Sneijder ins Spiel zu bringen, sei dahingestellt.

Bayern fluten das Zentrum

Mit der (erfolgreichen) Maßnahme, Pranjic und vor allem Lahm in der Defensive zu binden, wollte Inter zweifellos die so starken Flügel der Bayern, die ihnen im Hinspiel noch so zugesetzt hatten, kappen. Die Bayern aber reagierten nach dem frühen Rückstand – Eto’o hatte sich im Rücken von Breno davongemacht und netzte, wenn auch aus knapper Abseitsposition, schon in der 4. Minute zum 1:0 für Interein – prompt. Indem die das Zentrum fluteten.

So machte sich Schweinsteiger im Rücken von Pandev breit und spielte de facto einen Ersatz-Linksverteidiger für Pranjic, vor ihm rückte Ribéry gerne etwas ein. Noch extremer machte es aber Robben auf der anderen Seite: Er spielte zwischen halbrechter Position und Zentrum. Müller, der deutlich mehr Defensivarbeit erledigte wie gewohnt, spielte gut um ihne herum und vorne arbeitete Gomez sehr viel und ließ sich oft auch weit nach hinten fallen, spielte zuweilen beinahe einen falschen Neuner.

So standen im Zentrum vier bis fünf Bayern-Spieler den beiden defensiven Mittelfeldspielern von Inter (Motta zentral tief, Cambiasso auf der Ribéry-Seite etwas höher) gegenüber. Die Folge: Die Bayern bekamen das Spiel sehr schnell unter Kontrolle und drückten Inter hinten rein. Die Italiener blieben gefährlich, wenn es schnell ging, vor allem wenn sich Cambiasso mit Pandev zusammenschließen konnte. Wich aber das Tempo aus dem Inter-Aufbauspiel, kamen die Bayern mit gutem Pressing schnell wieder in Ballbesitz.

Inter baut defensiven Bockmist

So war es auch folgerichtig und hochverdient, dass die deutlich überlegeenn Bayern nach einer halben Stunde den Ausgleich schafften und somit in der Gesamtbegegnung wieder in Führung gingen. Auch, wenn es erneut einen fürchterlichen Schnitzer von Inter-Torwart Júlio César brauchte, der wie im Hinspiel einen harmlosen Robben-Schuss nicht unter Kontrolle brachte und Gomez artistisch abstaubte.

Die Bayern setzten gleich nach, Inter kam bis zur Halbzeit nicht mehr ins Spiel. Und weil dann auch noch Thiago Motta patzte und Müller den Ball ideal servierte, gingen die Bayern mit 2:1 in Führung. Und nicht zuletzt, weil Júlio César bei einem Alleingang von Ribéry gleich danach gut parierte, rettete sich Inter nicht nur schwimmend, sondern schon halb untergehend mit einem 1:2 in die Kabinen. Die Bayern hätten locker schon 4:1 führen können, wenn nicht müssen: Was Inter nach dem frühen Tor anbot, war schlicht lächerlich und zeigte deutlich, warum die Serie A den internationalen Ansprüchen derzeit meilenweit hinterher hinkt.

So kam Müller zu spät, um den auf der Linie kullernden Ball einzudrücken (40.), Robben verpasste knapp (43.), und dann ließ sich Lúcio düpieren (45.) – sein Kollege Andrea Ranocchia zeigte war gute Ansätze, neigt aber zu haarsträubenden Leichtsinnigkeiten. Auch der Platztausch der beiden halb durch die erste Hälfte änderte daran wenig.

Mehr Freiheiten für Sneijder

Fünf Minuten nach dem Seitenwechsel musste Inter-Coach Leonardo endgültig gesehen haben, dass Stankovic in der Mitte nichts zu Wege brachte, er wurde wiederum von Luiz Gustavo ziemlich abmontiert und hinterde zudem mit seinem recht statischen Spiel Sneijder ein wenig an der Bewewgungsfreiheit. Für Stankovic – in Abwesenheit von Zanetti, der mit Fieber das Bett hütete, Kapitän – kam Coutinho ins Spiel, und der junge Brasilianer hatte offenbar die Aufgabe, der willfährige Löcherstopfer für Sneijder zu sein.

Der Holländer orientierte sich nun vermehrt auch immer wieder ins Zentrum, stiftete damit etwas Verwirrung zwischen Lahm und Luiz Gustavo und der quirlige Coutinho spielte praktisch komplementär zu Sneijder. Zudem rückte Pandev auf der anderen Seite nun immer mehr ein und zog so Pranjic zuweilen sehr weit aus seiner Position, was für zusätzliche Unordnung in der Bayern-Defensive sorgte. Von der sich vor allem Breno anstecken ließ: Er blieb andächtig von Eto’o und Sneijder weg, als der Kameruner für den Holländer ablegte und Letzterer für den 2:2-Ausgleich sorgte.

Die Bayern brechen weg

Was der Startschuss für einen spannende Schlussphase war. Denn die Bayern schafften es nun nicht mehr so wie zuvor, die Räume für Inter im Mittelfeld schon eng zu machen und den Nerazzurri die Zeit am Ball und zum Spielaufbau zu nehmen. Zudem musste Robben raus, nachdem er alleine durch seine Präsenz Chivu einiges an Verusicherung verliehen hatte. Sein Ersatz Hamit Altintop fiel da deutlich ab. Und der zunehmend leichtsinnige und oft eher kopflos weit nach vorne aufrückende Van Buyten musste Holger Badstuber weichen.

Inter merkte: Nach einer Stunde, indem man von starken und spielfreudigen Bayern zum Teil hergespielt worden war, gab es nun tatsächlich noch die Möglichkeit, sogar wirklich noch ins Viertelfinale einzuziehen. Vor allem Sneijder riss die Verantwortung nun an sich und sorgte dafür, dass die Münchner hinten noch mehr zu wackeln begannen und Konter der Bayern gar nicht mehr ausgespielt wurden, sondern nur noch zum Zeitgewinn genützt wurden.

Und so kam es, wie es kommen musste: Breno, dessen Leistung sich der Bewertung „katastrophal“ in der zweiten Halbzeit mit riesengroßen Schritten näherte, ließ sich viel zu billig von Eto’o austanzen und vergaß völlig auf Pandev in seinem Rücken, nachdem sich dieser auch vom ebenso heftig nachlassenden Pranjic gelöst hatte. Der Mazedonier drosch den Querpass von Eto’o in die Maschen – das 3:2 für Inter. Und das Ende für die Bayern.

Fazit: Ein lange schreckliches Inter profitiert vom Bayern-Kollaps

Das Resultat sagt deutlich mehr über die Bayern aus als über Inter. Dass eine Mannschaft, die eine halbe Stunde Zeit hat, um ein einziges Tor zu schießen, sich aufbäumt, kann man von einem amtierenden Champions-League-Sieger erwarten.

Dass die Bayern aber, die Inter komplett unter ihrer Knute hatten und schon 4:1 oder 5:1 führen hätten müssen diese Überlegenheit noch so aus der Hand geben und in der letzten halben Stunde so derart zu kollabieren, dass sich der K.o.-Schlag in Form des dritten Gegentores schon abgezeichnet hatte, ist kaum nachvollziehbar. Viele Gründe gibt es für den Zusammenbruch: Der leichtsinnige Umgang mit besten Torchancen auf der einen Seite genauso wie eine Abwehr, die ganz einfach höheren internationalen Ansprüchen in keinster Weise genügt.

Was sich letztlich auch Louis van Gaal ankreiden lassen muss, der taktisch ja eigentlich alles richtig gemacht hatte: Seine Mannschaft reagierte hervorragend auf das Manöver, Sneijder auf die Seite zu beordern und auf die vorgezogene Rolle von Pandev. Aber es war auch der Holländer, der sich weigerte, für die Abwehr – die ja letzte Saison schon das Sorgenkind war – adäquat nachzurüsten.

So gesehen haben die Bayern ihr Glück, dass die auf dem Weg ins letztjährige Champions-League-Finale gegen die Fiorentina und Man United mit auch schon teils fragwürdigen Defensiv-Leistungen strapaziert hatten, nun aufgebraucht. Und sich als an sich etwas bessere von zwei ähnlich starken Teams nun verabschiedet.

Womit sie nun vor den Trümmern einer Saison stehen

(phe)

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3 Aspekte, 2 Zäsuren und 1 Eiertor https://ballverliebt.eu/2011/02/23/3-aspekte-2-zasuren-und-1-eiertor/ https://ballverliebt.eu/2011/02/23/3-aspekte-2-zasuren-und-1-eiertor/#comments Wed, 23 Feb 2011 22:46:15 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=4173 3 Aspekte, 2 Zäsuren und 1 Eiertor weiterlesen ]]> Neun Monate ist es her, dass Inter Mailand im Finale der Champions League die Bayern mit 2:0 besiegt hatten. Nun kommt es im Achtelfinale zur Revanche – und im Hinspiel verlegten sich beide Teams auf ihre Stärken und neutralisierten sich somit auf ansprechendem Niveau. Bis zur 90. Minute…

Inter Mailand - Bayern München 0:1

Aspekt 1: Inters lahmende Flügel

Es ist keine allzu neue Erkenntnis, aber gerade in einem Spiel gegen eine so flankenorientierte Mannschaft wie die Bayern war es klar, das es für Inter (in diesem Spiel mit einem 4-3-2-1-Tannenbaum) zu einem Problem werden kann: Der Treble-Sieger von 2010 verfügt im Grunde über kein Flankenspiel. Für die Bayern natürlich eine Einladung erster Güte, Inter über die Seiten zu bearbeiten – und genau das taten sie auch. Vor allem Daniel Pranjic nagelte den gefürchteten Maicon hinten fest, dass der Brasilianer seine Offensivstärke überhaupt nicht ausleben konnte. Im Zusammenspiel mit dem diskret startenden, aber immer besser werdenden Ribéry (der in Minute 24 die Latte traf) war die linke Bayern-Seite extrem stark. Auch natürlich, weil Zanetti mit dem Tempo, das die beiden anschlugen, nicht immer mitkam.

Auf der rechten Bayern-Seite stellte sich die Sache deutlich vorsichtiger dar. Philipp Lahm hielt sich einigermaßen zurück – zum einen, weil er den Dunstkreis von Sneijder offenbar nicht allzu gerne verlassen wollte, um eine zusätzliche Absicherung zu sein. Vor allem aber, weil Esteban Cambiasso deutlich höher stand als sein Pendant Zanetti und Lahm somit deutlich früher empfangen konnte. So wa Robben zwar oft auf sich alleine gestellt, aber er machte seine Sache nicht schlecht und ließ Chivu ebenso nicht zur Entfaltung kommen. Die Folge: Die Münchner dominierten über die Flügel und Inter war gezwungen, durch die Mitte zu kommen.

Aspekt 2: Luiz Gustavo vs. Wesley Sneijder

Bayern-Coach Van Gaal wusste natürlich: Der Schlüssel zu einem Erfolg über Inter liegt nicht nur daran, die Flügel zu dominieren. Es musste auch dafür gesorgt sein, dass Wesley Sneijder nicht zur Geltung kam! Und da ist die Frage nach der Absicht und dem Plan, ob es ein gezieltes Ablenkungsmanöver war oder nicht, eigentlich zweitrangig. Gemeint ist die Tatsache, dass der gelernte Mittelfeldspieler Luiz Gustavo, wie üblicherweise in der Bundesliga auch, als Linksverteidiger spielte und der gelernte Linksverteidiger Danijel Pranjic im defensiven Mittelfeld. Zumindest zwei Minuten lang.

Dann nämlich tauschten die beiden doch die Plätze und Luiz Gustavo kümmerte sich um Sneijder. Äußerst liebevoll. Denn obwohl der schmächtige Brasilianer, der im Winter aus Hoffenheim kam, körperlich nicht gerade eine furchteinflößende Gestalt ist, nahm er den Holländer dermaßen an die Kandarre, dass diesem schnell anders wurde. Gustavo agierte als Kettenhund so konsequent (was auch beinhaltete, dass er Sneijder zweimal eher rüde anging), dass Inters Zehner schon nach zehn Minuten zurück ins hintere Mittelfeld wich, um seinem Gegenspieler aus dem Weg zu gehen.

Dass die Bayern Sneijder auf diese Weise aus dem Spiel zu nehmen versuchten (und es gelang ja auch nicht schlecht), liegt natürlich auch am Spielertyp Luiz Gustavo. Mit Mark van Bommel, der im Winter ja bekanntlich zu Inters Lokalrivalen Milan gewechselt war, hätte Van Gaal dieses Spielchen im Mittelfeld nicht aufziehen können – mit der Zecke Luiz Gustavo aber sehr wohl.

Aspekt 3: Ungleiches Duell vor dem Bayern-Tor

Was natürlich alles nicht überdecken kann, dass in der Qualität der Spieler, die sich vor Bayern-Goalie Kraft tummelten, deutliche Unterschiede zwischen den Teams gab – zu Gusten von Inter, versteht sich. Der umgelernte Tymoschuk und der (noch) nicht mit allen internationalen Wassern gewaschene Badstuber waren der Erfahrung und der Qualität eines Samuel Eto’o natürlich klar unterlegen. Weshalb es sich nicht verhindern ließ, dass Inter vornehmlich durch die Mitte immer wieder zu guten Chancen kam.

Nicht nur in der 1. Minute, als Ranocchia schon das 1:0 für das Heimteam erzielen hätte müssen, ebenso wie Cambiasso (18.) und Eto’o (33.). Und auch in der Schlussphase der Partie hatte Inter mehrere klare Gelegenheiten, das Spiel für sich zu entscheiden – wäre da nicht der sensationell agierende Thomas Kraft gewesen, der mit unglaublichen Reflexen immer wieder das Gegentor verhindert hat.

So lief die Partie, wie man es durchaus erwarten konnte: Die Bayern von der Spielanlage wie ein Heimteam, mit mehr Ballbesitz und klaren Vorteilen an den Flanken; Inter aber mit mehr klareren Chancen. Bis zur ersten Zäsur des Spiels in der 37. Minute.

Zäsur 1: Pranjic raus, Breno rein (37.)

Der so fleißige und, so lange er spielte, vor allem im Zurückdrängen von Maicon so exzellente Bayern-Linksverteidiger Danijel Pranjic musste mit einer Zerrung ausgewechselt werden. Was für die Formation hieß: Der eingewechselte Breno ging in die Innenverteidigung, von dort Badstuber auf die linke Seite.

Womit Ribéry nun die komplette Seite ziemlich alleine zu beackern hatte, denn ein schneller Spieler mit Offensivdrang ist der gelernte Innenverteidiger Badstuber natürlich nicht – und dass er sich auf der Seite auch ganz generell nicht übertrieben wohl fühlt, weiß man ja spätestens seit der WM. Erstaunlicherweise konnte Inter dieses entstandene Manko aber nicht so ausnützen, wie man das erwarten hätte können – denn Bastian Schweinsteiger übernahm die Verantwortung und machte nicht nur den umsichtigen Achter, sondern hielt angesichts der Tatsacher, dass er Zanetti aus dem Spiel nahm, auch Ribéry den Rücken frei.

Zumal Ribéry nun vollends zu seinem Spiel gefunden hatte und so Zanetti und Maicon weiterhin ziemlich beschäftigte. Die besten Chancen hatten die Bayern gegen die recht kosequenten Lúcio/Ranocchia aber dann, wenn sie etwas überraschendes probierten – so wie in der 53. Minute, als Robben von seiner „falschen“ linken Seite an der Strafraumgrenze quer nach links zog und schoss, aber „nur“ für den zweiten Aluminium-Treffer der Bayern sorgen konnte.

Zäsur 2: Ranocchia raus, Kharja rein (73.)

Inter - Bayern (Schlussphase)

Die brandgefährliche Schlussoffensive für Inter begann paradoxerweise mit der Verletzung eines Innenverteidigers. Doch mit der Einwechslung von Allround-Waffe Houssine Kharja für Ranocchia mischte Leonardo zwar nicht sein System, aber dafür bunt seine Formation durch. Der Marokkaner kann im Grunde alles spielen (wie auch seine Teamkollegen Zanetti, Stankovic, Cambiasso, usw. – unter anderem das macht Inter zu einer so interessanten Mannschaft). Der im Winter von Genoa ausgeliehene 28-Jährige machte seine ersten Spiele für Inter als Außenverteidiger, diesmal entschied sich Leonardo, den bulligen Kharja neben Sneijder in die Offensive zu stellen. Stankovic rückte dafür auf die Zanetti-Position, Zanetti auf die Chivu-Position und Chivu auf die Ranocchia-Position.

Und siehe da, Inter spielte nun wie aus einem Guss nach vorne. Schweinsteiger musste sich nun um Kharja UND Stankovic kümmern; Ribéry arbeitete zwar gut nach hinten, ihm liegt dieses Spiel aber nun mal nicht besonders. In dieser Phase war es in erster Linie Kraft, der die Inter-Führung verhinderte – vor allem mit seiner sensationellen Reaktion gegen den Kopfball von Motta (85.), kurz darauf strich ein Schuss von Eto’o nur knapp am Tor vorbei.

…und das Eiertor

Keine Frage: Die Bayern mussten, trotz des Plus an Spielanteilen und zweier Alu-Treffer, mit dem 0:0 nun mehr als zufrieden sein und froh, nach dem großen Druck, den Inter nun ausübte, zumindest nicht in Rückstand geraten zu sein. Aber dann! In der 90. Minute zog Robben aus der Distanz ab und der in letzter Konsequenz kaum geprüfte Inter-Torhüter Júlio César ließ den Ball, anstatt ihn zu fangen, nach vorne abprallen. Mario Gomez – der in den 89 Minuten davor kaum eine echte Torchance vorgefunden hatte – musste nur noch „Danke“ sagen.

Und die Bayern hatten mit 1:0 gewonnen.

Fazit: Eigentlich haben alle (fast) alles richtig gemacht

Über das komplette Spiel gesehen, wäre ein Unentschieden ein korrektes Resultat gewesen. Die Bayern dominierten (wie erwarten) die Flügel, Inter bot (wie erwartet) die höhere individuelle Qualität im Sturm dagegen. Sneijder konnte sich ob der Umklammerung von Luiz Gustavo nie wirklich entfalten.

Im Grunde genommen haben beide Mannschaften eigentlich alles richtig gemacht, weswegen das (trotz häufiger Fehlpässe im Spielaufbau) zweifellos gutklassige Spiel einem logischen 0:0 zusteuerte. So entschied nach anderthalb Stunden letztlich ein billiger individueller Fehler – und Inter steht im Rückspiel nun mit dem Rücken voll zur Wand.

Was die Vorfreude auf die Partie in München naturgemäß nicht kleiner werden lässt.

(phe)

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Unzähmbar? Längst nicht mehr. https://ballverliebt.eu/2010/05/12/unzahmbar-langst-nicht-mehr/ https://ballverliebt.eu/2010/05/12/unzahmbar-langst-nicht-mehr/#respond Wed, 12 May 2010 15:28:04 +0000 http://ballverliebt.eu/?p=2007 Unzähmbar? Längst nicht mehr. weiterlesen ]]> WM-SERIE, Teil 23: KAMERUN | Sie waren einst gefürchtet als bestes Team Afrikas. Diesen Nimbus sind die „Unzähmbaren Löwen“ los. Nicht erst seit den hölzernen Auftritten beim Afrika-Cup, wo sich das ganze Team nur auf Stürmerstar Samuel Eto’o verlassen hat.

Es hätte „seine“ WM werden sollen – doch Samuel Eto’o und sein Team aus Kamerun verpasste die Qualifikation für das Turnier in Deutschland vor vier Jahren durch einen verschossenen Elfmeter in der Nachspielzeit des letzten Spiels. Eto’o wäre bei der Endrunde vor vier Jahren 25 Jahre alt gewesen und war nach dem Sieg in der Champions League mit dem FC Barcelona auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Aber es hat nun mal nicht sein sollen – und so soll eben in Südafrika Verpasstes nachgeholt werden. Schließlich ist Eto’o, mittlerweile bei Inter Mailand unter Vertrag, immer noch der unumstrittene Star seiner Mannschaft. Und einer der ganz wenigen Spieler im Kader von Weltformat. Wenn nicht gar der Einzige.

Denn so unzähmbar, wie die Kameruner in ihrem Spitznamen geheißen werden, sind die „Löwen“ schon längst nicht mehr. Eto’o ausgenommen, gibt es im Grunde nur noch den jungen Alex Song, der mehr wäre als ein Durchschnittsspieler oder ein Hoffnung auf die Zukunft. Darum muss Paul le Guen es vor allem nach den schlechten Erfahrungen beim Afrikacup im Jänner, als für Kamerun schon im Viertelfinale Schluss war, umso mehr veruschen, mit einer guten taktischen Einstellung und Teamgeist die fehlende individuelle Klasse auszugleichen.

Natürlich sind die Spieler, die Le Guen zur Verfügung stehen, allesamt technisch auf hohem Niveau und haben in den diversen Fußballschulen vor allem in Frankreich eine ausgezeichnete taktische Ausbildung genossen, aber die Mannschaft ist nicht immer in der Lage, dieses Potential auch auszuschöpfen – vor allem, wenn es wirklich um etwas geht. In einem Testspiel in Österreich etwa spielten die Kameruner dem Gegner Knoten in die Beine, beim Afrikacup spielten sie nur hölzern aneinander vorbei und überstanden mit Ach und Krach die Vorrunde. Mit einer solchen Leistung wird es im Juni gegen Japan und Dänemark schon schwierig, gegen Holland muss so oder so eine Topleistung her. Favorit auf den zweiten Gruppenplatz ist Kamerun aber keineswegs.

Wie generell die Entwicklung in den letzten zehn Jahren stagniert. Waren die Kameruner bei der WM in Asien 2002 sogar als plausibler Geheimtipp für ganz Großes gehandelt worden, sind mittlerweile die Teams von Ghana, Côte d’Ivoire und auch Ägypten vorbeigezogen. Kaum jemand würde heute noch auf die Idee kommen, Kamerun als die zweifellos beste afrikanische Mannschaft zu bezeichnen. Nicht als Kollektiv, und schon gar nicht, was die individuelle Klasse angeht. Die alten Haudegen wie Rigobert Song und Geremi werden nur als Gnadenakt oder mangels echter Alternativen einberufen, junge Spieler wie George Mandjeck und Nicolas Nkoulou kennt im Grunde (noch) kein Mensch. Und der eine oder ander aus der heimischen Liga darf mitfahren, um mal WM-Luft zu schnuppern. Und den Marktwert vielleicht ein wenig nach oben zu treiben.

Was etwa bei Vincent Aboubakar zumindest vorerst nicht mehr nötig sein wird. Der 18-jährige Stürmer, der in der Heimat bereits als neuer Eto’o verehrt wird, hat seinen Vertrag für die nächste Saison beim französischen Mittelständler Valenciennes bereits in der Tasche. Aber Patrick Mevoungou? Ein Name, der selbst ausgewiesenen Experten völlig neu sein dürfte. Aber auch so ein wenig Sinnbild für den Kader, den der Franzose Le Guen zusammen gestellt hat. In diesem wimmelt es nämlich nur so von defensiv denkenden Spielern! Mevoungou ist, unabhängig davon, ob er den finalen Cut nun schafft oder nicht, ebenso ein defensiver Mittelfeldspieler wie Jean Makoun von Lyon, Landry Nguémo von Celtic, natürlich Alex Song von Arsenal und auch der junge Joel Matip von Schalke, der ebenso auf ein WM-Ticket hoffen darf. Die Offensivkraft, welche Kamerun seit jeher ausgezeichnet hat, manifestiert sich im Mittelfeld praktisch gar nicht. Und auch in der Abteilung Attacke fehlen neben Eto’o so ein wenig die klingenden Namen.

Denn natürlich ist der 29-Jährige von Inter Mailand im Sturmzentrum gesetzt, ganz egal, ob Le Guen nun mit einem 4-4-2 oder mit einem 4-3-3 spielen lässt. In jedem Fall ist Eto’o vorne der zentrale Mann, der sich aber – vor allem, seit er bei Inter unter José Mourinho arbeitet – gerne auch ins Mittelfeld zurückfallen lässt, um sich Bälle auch mal selbst zu organisieren. Das funktioniert bei Inter, weil er dort mit Pandev und Milito zwei fähige Nebenmänner und in Wesley Sneijder einen echten Spielgestalter hat, der auch selbst mal nach vorne geht. Aber bei Kamerun? Achille Webó und/oder Mo Idrissou sind brave Spieler, der eine ein Techniker, der andere ein Brecher. Aber keine Stürmer, die ein Spiel auf WM-Niveau alleine entscheiden könnten. Und ein offensiver zentraler Mittelfeldspieler fehlt völlig.

Deswegen sah das, was Kamerun beim Afrikacup auf den Rasen quälte, auch so holprig aus. Darum brauchte es Willenskraft und auch Glück, um die Vorrunde zu überstehen und darum war das Team dann gegen die kompakte Truppe aus Ägypten, in der jeder Spieler sich zu jedem Zeitpunkt genau an die Vorgaben hält, ohne echte Chance. Le Guen hatte aber seither nur wenig Zeit, sich des Problems anzunehmen, weshalb nicht ausgeschlossen scheint, dass das in Südafrika genauso oder zumindest ähnlich aussieht – und es wieder ein schnelles Ende nimmt.

Üblicherweise lässt Le Guen eher mit einem 4-4-2 beginnen, in der Spitze eben mit Eto’o fix und je nach Gegner einem aus dem Duo Webó/Idrissou. Der kräfitige Mo Idrissou, der seit vielen Jahren in Deutschland spielt, ist mehr der Brecher, zeigte sich beim Afrikacup aber erstaunlich lauffreudig und willensstark – zwei Attribute, die ihm in der Bundesliga eher nicht nachgesagt werden. Er bügelte viel von dem Wirbel aus, den Eto’o mit seinen Eigenmächtigkeiten verursacht hat. Achille Webó ist mit Real Mallorca bei einem wesentlich stärkeren Team aktiv als Idrissou bei Freiburg, ähnelt aber Eto’o in seinem Spielstil, ist eher als Joker vorgesehen. Spielt Le Guen mit drei Stürmern, gehen Idrissou und Webó auf die Seiten. Das ist durchaus torgefährlich und entspricht auch der Besetzung im Mittelfeld viel eher, hat aber den Nachteil, dass es dann keine echten Wechselalternativen mehr gibt. Dorge Kouemaha kommt im Team nicht oft zum Einsatz, und Aboubakar fehlt es noch völlig an internationaler Erfahrung.

Die Besetzung im Mittelfeld deutet massiv auf ein 4-3-3 hin, in welchem die Zentrale recht defensiv besetzt ist. Gesetzt ist Alex Song, der bei Arsenal schon eine fixe Größe ist. Der Neffe des großen Rigobert Song ist auch aus dem Nationalteam längst nicht mehr wegzudenken – ganz anders als sein bekannter Onkel. Ein heißer Kandidat auf die Startformation ist auch Achille Emana, weil er eigentlich der einzige Mittelfeldspieler ist, der dezidiert offensiv denkt. Er kann sowohl als zentraler Offensivmann im Mittelfeld eingesetzt werden (bei einem 4-3-3), als auch als Antreiber über die linke Seite (bei einem 4-4-2). So einen Spieler würde Eto’o eher in der Zentrale brauchen. Nur ist Emana, der beim spanischen Zweitligisten Real Betis Sevilla spielt, schon alleine von seiner Qualität her kein Wesley Sneijder. Und der Salzburger Somen Tchoyi, der einem extrem starken Herbst gespielt hatte und beim Afrikacup noch dabei war, ist nicht einmal im vorläufigen Kader vertreten.

Als rechter Mann im Mittelfeld hat sich nämlich in den letzten Monaten etwas überraschend Georges Mandjeck heraus kristallisiert. Das ist deswegen erstaunlich, weil er als Zweitliga-Spieler (Mandjeck ist gerade mit Kaiserslautern aufgestiegen) den viel routinierteren Geremi in die Viererkette zurück gedrängt und den viel offensiveren Tchoyi ganz aus dem Kader gespielt hat. Mandjeck kann aber eben auch als Rechtsverteidiger und als Sechser spielen, was ihn für Le Guen so wertvoll macht. In der Zentrale ist auch Jean Makoun von Lyon ein Kandidat, hat aber das Pech, überall eine Alternative vor der Nase zu haben. Als Solo-Sechser eben Song, als Alternative auf rechts Mandjeck, und als solche auf der linken Seite Landy Nguémo. Dieser ist zwar eigentlich auch gelernter Sechser, kann aber auch im linken Mittelfeld und zur Not sogar als Linksverteidiger agieren.

Die Defensive war beim Afrikacup das größte Sorgenkind von Le Guen. Rigobert Song zeigte recht deutlich, dass er mit dem Tempo ganz einfach nicht mehr mitkommt. Selbiges gilt auch für Rechtsverteidiger Geremi, zu dem es aber keine wirklichen Alternativen gibt – höchstens Mandjeck, der aber auch kein echter RV ist. Anders sieht die Lage auf der linken Seite aus: Hier ist Benoît Assou-Ekotto von Tottenham Hotspur die unumstrittene erste Wahl. Le Guen geht allerdings hier ein wenig Risiko, weil er mit Henri Bedimo von Lens die einzige echte Alternative nicht in den Kader berufen hat.

Zentral dürften im Jänner Aurélien Chedjou und Nicolas Nkoulou dilettieren. Beide haben durchaus taugliche Anlagen, aber gerade Nkoulou war vor allem mental mit der Belastung eines großen Turnieres noch deutlich überfordert. Die Folge waren einige derbe Schnitzer, die natürlich auch zum frühen Aus mit beigetragen haben. Mit Sébastien Bassong und Stephane Mbia gibt es nebem dem alten Rigobert Song hier durchaus Alternativen; Weltklasse-Innenverteidiger sind aber auch sie nicht. Und selbst der als so sicher geltende Carlos Kameni war von einer fehlerfreien Performance meilenweit entfernt.

Kamerun ist Anno 2010 also beileibe kein heißer Geheimtipp mehr, sondern im Grunde eine auch nicht übermäßig starke Mannschaft mit einem echten Superstar, um den sich nicht nur medial alles dreht. Gelingt im Auftaktspiel gegen Japan kein voller Erfolg, kann der Achtelfinal-Einzug womöglich schon nach dem ersten Spiel in so ernster Gefahr sein, dass ein Sieg gegen Dänemark schon zur Pflicht würde – dass gegen die Holländer nämlich viel möglich ist, darf getrost als ohne echte Hoffnung abgetan werden. Aus den „Unzähmbaren Löwen“ sind mitterweile in der Tat nur noch „Löwen“ geworden.

Unzähmbar sind sie schon längst nicht mehr.

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KAMERUN
grünes Trikot, rote Hose, Puma – Platzierung im ELO-Ranking: 20.

Spiele in Südafrika:
Japan (Nachmittagsspiel Mo 14/06 in Bloemfontein)
Dänemark (Abendspiel So 19/06 in Pretoria)
Holland (Abendspiel Do 24/06 in Kapstadt)

TEAM: Tor: Souleymanou Hamidou (36, Kayserispor), Carlos Kameni (26, Espanyol), Patrick Tignyemb (25, Bloemfontein). Abwehr: Benoît Assou-Ekotto (26, Tottenham), Sébastien Bassong (24, Tottenham), Aurélien Chedjou (25, Lille), Geremi Ndjitap (31, Ankaragüçü), Stephane Mbia (24, Marseille), Nicolas Nkoulou (20, Monaco), Rigobert Song (33, Trabzonspor). Mittelfeld: Achille Emana (29, Real Betis Sevilla), Eyong Enoh (24, Ajax Amsterdam), Jean Makoun (27, Lyon), Georges Mandjeck (21, Kaiserslautern), Joel Matip (18, Schalke), Patrick Mevoungou (23, Canon Yaoundé), Landry Nguémo (24, Celtic Glasgow), Alex Song (22, Arsenal). Angriff: Vincent Aboubakar (18, Cotonsport Garoua), Samuel Eto’o (29, Inter Mailand), Mohamadou Idrissou (30, Freiburg), Dorge Kouemaha (27, Brügge), Achille Webó (28, Mallorca).

Teamchef: Paul le Guen (46, Franzose, seit Juli 2009)

Qualifikation: 2:0 gegen die Kapverden, 3:0 auf Mauritius, 0:0 in und 2:1 gegen Tansania, 2:1 auf den Kapverden, 5:0 gegen Mauritius. 0:1 in Togo, 0:0 gegen Marokko, 2:0 in und 2:1 gegen Gabun, 3:0 gegen Togo, 2:0 in Marokko.

Endrundenteilnahmen: 5 (1982 Vorrunde, 90 Viertelfinale, 94 Vorrunde, 98 Vorrunde, 2002 Vorrunde)

>> Ballverliebt-WM-Serie
Gruppe A: Südafrika, Mexiko, Uruguay, Frankreich
Gruppe B: Argentinien, Nigeria, Südkorea, Griechenland
Gruppe C: England, USA, Algerien, Slowenien
Gruppe D: Deutschland, Australien, Serbien, Ghana
Gruppe E: Holland, Dänemark, Japan, Kamerun
Gruppe F: Italien, Paraguay, Neuseeland, Slowakei
Gruppe G: Brasilien, Nordkorea, Côte d’Ivoire, Portugal
Gruppe H: Spanien, Schweiz, Honduras, Chile

* Die Platzierung im ELO-Ranking bezieht sich auf den Zeitpunkt der Auslosung

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